The Beginning of the Missunderstanding – Erik Göngrich – 2011
The Beginning of the Missunderstanding – Erik Göngrich – 2011
The Beginning of the Missunderstanding – Erik Göngrich – 2011
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Rolle, als der tatsächlich er- und gelebte öffentliche Raum? Viele kennen wahrscheinlich eine<br />
Aufnahme der Parlamentsgebäude in Brasilia 01 und Chandigarh. 02 Geht es aber um die<br />
Wohnungsbauten oder öffentlichen Plätze dieser Städte, fällt es den meisten wohl schwer, sich diese<br />
vorzustellen. Es scheint, als würde die modernistische Funktionstrennung der Stadt in Wohnen,<br />
Arbeiten und Freizeit <strong>–</strong> von Verkehrsplanung und den dazwischenliegenden Freiflächen organisiert - in<br />
der Rezeption bis heute fortwirken und eine Neuordnung, beispielsweise in Haus, Straße, Stadtviertel,<br />
Stadt, Land, verhindern.<br />
Schaut man sich etwa die neuen Städte um Shanghai an, wird man feststellen, dass es sich in den<br />
meisten Fällen um eine Reproduktion von Bildern moderner Städte handelt. Selten geht es beim Bau<br />
neuer Städte, um eine Auseinandersetzung mit öffentlichem Raum oder darum, wie dieser benutzt und<br />
folglich transformiert werden kann. Oft wird er formal und rein funktional gedacht. Dennoch schleichen<br />
sich immer wieder unvorhergesehene Veränderungen ein, in Form von Objekten zum Beispiel. Diese<br />
Zufälligkeiten, die sich für eine Stunde oder mehrere Jahre ergeben sind es, die mich interessieren.<br />
Häufig sind es informelle, skulpturale oder monumentale Transformationen des öffentlichen Raumes,<br />
die mir diesen in seiner historischen Entwicklung erlebbar machen und gleichzeitig Fragen für<br />
zukünftige Entwicklungen aufwerfen. Letztendlich geht es darum, den öffentlichen Raum, mit all<br />
seinen Erinnerungen als kreatives Potential zu begreifen, das es zu nutzen gilt.<br />
Das, was ich „Erinnerung der Zukunft“ nenne, versucht das (Vor-)Gefundene für die Zukunft wirksam<br />
zu machen. Man wird sich in Zukunft sicher an den Entwurf einer „minimalen Wohnung“ erinnern, die<br />
funktionale Trennung aller Lebensbereiche aber vermeiden. „Minimal“ beschränkt sich dann nicht auf<br />
das die Moderne prägende Konzept der „minimalen Küche“, sondern fragt vielmehr nach den minimal<br />
notwendigen Eigenschaften von Lebens- und Wohnraum, unabhängig vom jeweiligen Einkommen. In<br />
meinen Billboard-House-Skulpturen versuche ich dieser Idee folgend Bad, Küche und Schlafraum so<br />
zu minimieren, dass der traditionelle Wohnraum durch seine Öffnung nach Außen zu einem<br />
halböffentlichen Raum wird. Dieser soll maximalen Platz für den Aufenthalt mehrerer Personen bieten<br />
und den Austausch zwischen den Bewohnern der Billboard-House-Siedlung intensivieren.<br />
Durch die Integration des öffentlichen Raumes in das eigene Wohnhaus wird dieser automatisch zum<br />
Ort des Austausches und der Erinnerung. So wird meines Erachtens die reale Erfahrung des<br />
Öffentlichen, jenseits der Konsumwelt eines Shoppingcenters und parallel zu einem virtuellen Leben<br />
im Netz, wieder an Bedeutung gewinnen. Es ist mir ein Anliegen, diesen Veränderungsprozess des<br />
Öffentlichen mit meiner skulpturalen Arbeit zu begleiten und erlebbar zu machen. Dabei kann die<br />
skulpturale Transformation der Realität durch Trivialisierung oder Übersteigerung erfolgen.<br />
Die Herausarbeitung der skulpturalen Qualitäten des Öffentlichen in all seinen Facetten durch das<br />
direkte Arbeiten vor Ort ist deshalb ein integraler Bestandteil meiner Arbeit. Ich finde es reizvoll, wenn<br />
das Forschungs-Studio zur Skulptur im Sinne einer dokumentarischen Skulptur und die Recherchezeit<br />
Teil der künstlerischen Arbeit wird. Das bedeutet für mich keineswegs eine funktionale Reduzierung<br />
auf eine Info-Box, sondern geht mit einer äs<strong>the</strong>tischen Ausformulierung einher, die mit und an sozialen<br />
und politischen Fragestellungen arbeitet. In diesem Sinne verstehe ich dieses Buch gleichzeitig als ein<br />
Archiv und Arbeitswerkzeug. Zum einen stellt es ein Erinnerungsarchiv von Orten, die ich wichtig finde<br />
zu verbinden, dar und folgt damit einem ähnlichen Prinzip wie meinen Stadtführungen. Zum anderen<br />
ist es ein Manifest für Skulpturen im Öffentlichen, ein Ort der Inspiration und ein „Modell der Realität“<br />
um deren Qualitäten herauszuarbeiten.<br />
Es ruft dazu auf, sich wieder bewusst durch den öffentlichen Raum zu bewegen, an ihm teilzuhaben<br />
und seine räumlich skulpturalen Veränderungen mitzubestimmen. Die Wahrnehmung der<br />
Veränderungen des eigenen Erfahrungsraumes rückt ins Blickfeld. Es geht um das Sammeln von