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The Beginning of the Missunderstanding – Erik Göngrich – 2011

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<strong>The</strong> <strong>Beginning</strong> <strong>of</strong> <strong>the</strong> <strong>Missunderstanding</strong> <strong>–</strong> <strong>Erik</strong> <strong>Göngrich</strong> <strong>–</strong> <strong>2011</strong><br />

Ist ein Buch mit 544 Seiten, 17 Kapiteln, mehr als 1700 Fotos/Zeichnungen und Texten<br />

Ist ein Archiv das Geschichten erzählt.<br />

Ist ein skulpturales Manifest.<br />

Ist ein Modell der Realität.<br />

Ist eine Serie von Orten und Ideen.<br />

Hinterfragt die Bilder, die wir von gebauter Moderne haben.<br />

Denkt über Recherche-Studios als Skulptur nach.<br />

Vereint eine Sammlung vorgefundener Nutzungen des Öffentlichen.<br />

Entwickelt minimale Billboardhäuser mit maximalem gemeinsamen Raum.<br />

Sieht in historischen Erinnerungen ein identitätsstiftendes Potential für die Zukunft.<br />

Ist Inspirationsquelle und Arbeitswerkzeug für eine „realere Realität“.<br />

Bezieht sich auf Planstädte und historisch gewachsene Städte.<br />

Betrachtet Monumente als graphische Zeichen oder Wegweiser.<br />

Hat einen skulpturalen Blick auf den öffentlichen Raum.<br />

Fragt, welche Moderne uns heute noch wichtig ist.<br />

Sechs der vierzehn Fotos die Walter Gropius 1913 in dem Artikel „Entwicklung moderner Industriebaukunst“ im Jahrbuch<br />

des deutschen Werkbundes veröffentlichte.<br />

Vierzehn Fotos, vier zeigen Lagerhäuser und neun Getreidesilos, wurden 1913 im in dem Artikel<br />

„Entwicklung moderner Industriebaukunst“ von dem Architekten Walter Gropius veröffentlicht. Diese<br />

Bilder wurden zu Ikonen der modernen Architektur. Sie standen für das fortschrittliche Amerika, wo es<br />

die funktional modernen Industriebauten wie selbstverständlich an jeder Ecke gab. Es handelt sich um<br />

Bauten, die ohne Architekten entworfen und von Ingenieuren nach rein funktionalen und formalen<br />

Grundsätzen ausgeführt wurden. Die vierzehn fotografischen Abbildungen wurden für viele Jahrzehnte<br />

(zum Teil bis heute), zum Platzhalter für modernes Bauen. Die Ironie der Geschichte ist, dass diese<br />

Lager- und Silobauten für die Begründung einer europäischen Architekturmoderne herhalten mussten,<br />

während sie in Amerika schon gar nicht mehr gebaut wurden. Sie waren längst zu teuer geworden und<br />

wurden in der Folge durch eingeschossige Stahlblechboxen ersetzt, die auch heute noch in den<br />

Vororten über das ganze Land verteilt zu finden sind.<br />

Wenn das Missverständnis bereits zu Beginn des architektonischen Modernismus 1913 seinen<br />

Ausgang nahm, dann stellt sich mir heute die Frage, mit welchen Bildern der gebauten Moderne wir<br />

leben und inwiefern diese mit der Realität übereinstimmen. Spielen Abbildungen vielleicht eine größere


Rolle, als der tatsächlich er- und gelebte öffentliche Raum? Viele kennen wahrscheinlich eine<br />

Aufnahme der Parlamentsgebäude in Brasilia 01 und Chandigarh. 02 Geht es aber um die<br />

Wohnungsbauten oder öffentlichen Plätze dieser Städte, fällt es den meisten wohl schwer, sich diese<br />

vorzustellen. Es scheint, als würde die modernistische Funktionstrennung der Stadt in Wohnen,<br />

Arbeiten und Freizeit <strong>–</strong> von Verkehrsplanung und den dazwischenliegenden Freiflächen organisiert - in<br />

der Rezeption bis heute fortwirken und eine Neuordnung, beispielsweise in Haus, Straße, Stadtviertel,<br />

Stadt, Land, verhindern.<br />

Schaut man sich etwa die neuen Städte um Shanghai an, wird man feststellen, dass es sich in den<br />

meisten Fällen um eine Reproduktion von Bildern moderner Städte handelt. Selten geht es beim Bau<br />

neuer Städte, um eine Auseinandersetzung mit öffentlichem Raum oder darum, wie dieser benutzt und<br />

folglich transformiert werden kann. Oft wird er formal und rein funktional gedacht. Dennoch schleichen<br />

sich immer wieder unvorhergesehene Veränderungen ein, in Form von Objekten zum Beispiel. Diese<br />

Zufälligkeiten, die sich für eine Stunde oder mehrere Jahre ergeben sind es, die mich interessieren.<br />

Häufig sind es informelle, skulpturale oder monumentale Transformationen des öffentlichen Raumes,<br />

die mir diesen in seiner historischen Entwicklung erlebbar machen und gleichzeitig Fragen für<br />

zukünftige Entwicklungen aufwerfen. Letztendlich geht es darum, den öffentlichen Raum, mit all<br />

seinen Erinnerungen als kreatives Potential zu begreifen, das es zu nutzen gilt.<br />

Das, was ich „Erinnerung der Zukunft“ nenne, versucht das (Vor-)Gefundene für die Zukunft wirksam<br />

zu machen. Man wird sich in Zukunft sicher an den Entwurf einer „minimalen Wohnung“ erinnern, die<br />

funktionale Trennung aller Lebensbereiche aber vermeiden. „Minimal“ beschränkt sich dann nicht auf<br />

das die Moderne prägende Konzept der „minimalen Küche“, sondern fragt vielmehr nach den minimal<br />

notwendigen Eigenschaften von Lebens- und Wohnraum, unabhängig vom jeweiligen Einkommen. In<br />

meinen Billboard-House-Skulpturen versuche ich dieser Idee folgend Bad, Küche und Schlafraum so<br />

zu minimieren, dass der traditionelle Wohnraum durch seine Öffnung nach Außen zu einem<br />

halböffentlichen Raum wird. Dieser soll maximalen Platz für den Aufenthalt mehrerer Personen bieten<br />

und den Austausch zwischen den Bewohnern der Billboard-House-Siedlung intensivieren.<br />

Durch die Integration des öffentlichen Raumes in das eigene Wohnhaus wird dieser automatisch zum<br />

Ort des Austausches und der Erinnerung. So wird meines Erachtens die reale Erfahrung des<br />

Öffentlichen, jenseits der Konsumwelt eines Shoppingcenters und parallel zu einem virtuellen Leben<br />

im Netz, wieder an Bedeutung gewinnen. Es ist mir ein Anliegen, diesen Veränderungsprozess des<br />

Öffentlichen mit meiner skulpturalen Arbeit zu begleiten und erlebbar zu machen. Dabei kann die<br />

skulpturale Transformation der Realität durch Trivialisierung oder Übersteigerung erfolgen.<br />

Die Herausarbeitung der skulpturalen Qualitäten des Öffentlichen in all seinen Facetten durch das<br />

direkte Arbeiten vor Ort ist deshalb ein integraler Bestandteil meiner Arbeit. Ich finde es reizvoll, wenn<br />

das Forschungs-Studio zur Skulptur im Sinne einer dokumentarischen Skulptur und die Recherchezeit<br />

Teil der künstlerischen Arbeit wird. Das bedeutet für mich keineswegs eine funktionale Reduzierung<br />

auf eine Info-Box, sondern geht mit einer äs<strong>the</strong>tischen Ausformulierung einher, die mit und an sozialen<br />

und politischen Fragestellungen arbeitet. In diesem Sinne verstehe ich dieses Buch gleichzeitig als ein<br />

Archiv und Arbeitswerkzeug. Zum einen stellt es ein Erinnerungsarchiv von Orten, die ich wichtig finde<br />

zu verbinden, dar und folgt damit einem ähnlichen Prinzip wie meinen Stadtführungen. Zum anderen<br />

ist es ein Manifest für Skulpturen im Öffentlichen, ein Ort der Inspiration und ein „Modell der Realität“<br />

um deren Qualitäten herauszuarbeiten.<br />

Es ruft dazu auf, sich wieder bewusst durch den öffentlichen Raum zu bewegen, an ihm teilzuhaben<br />

und seine räumlich skulpturalen Veränderungen mitzubestimmen. Die Wahrnehmung der<br />

Veränderungen des eigenen Erfahrungsraumes rückt ins Blickfeld. Es geht um das Sammeln von


Eindrücken und Bildern, das Sichtbar machen verborgener Teile des öffentlichen Raumes und<br />

letztendlich um eine Kritik an konventioneller Wahrnehmung. Ich selbst sehe mich in der Rolle des<br />

aktiven Archivars, der vor allem an subjektiven Geschichten und Wahrnehmungen interessiert ist:<br />

Just tell a story, but tell it!<br />

CREDITS:<br />

<strong>The</strong> <strong>Beginning</strong> <strong>of</strong> <strong>the</strong> Misunderstanding<br />

<strong>Erik</strong> <strong>Göngrich</strong>, Berlin <strong>2011</strong><br />

01<br />

Brasilia, die Hauptstadt Brasiliens, wurde nach nur vierjähriger Bauzeit 1960 vom Präsidenten Jucelino<br />

Kubitschek eingeweiht. Sie wurde nach den Plänen von Lucio Costa (Städtebau) und Oscar Niemeyer<br />

(Architektur) gebaut.<br />

02<br />

Chandigarh wurde von Le Corbusier und Pierre Janneret, den nordamerikanischen Architekten Maxwell<br />

Frey und Jane Drew und von den indischen Architekten M.N. Sharma und Aditya Prakash geplant. Le<br />

Corbusier wurde im Dezember 1950 beauftragt den städtebaulichen Plan zu entwickeln. Janneret<br />

koordinierte und entwickelte die Stadt weiter von 1950 bis zu seinem Tod 1965.<br />

Drew und Frey arbeiteten in Chandigarh von 1950-54.<br />

Größe: 20,5 x 29 cm<br />

Seiten: 544<br />

Fotos/Zeichnungen: 1712 (farbig und schwarz/weiss)<br />

Druck: DZA <strong>–</strong> Druckerei Zu Altenburg, Germany<br />

ISBN 978-3-86895-171-4<br />

Price: 45,00€<br />

Editor: <strong>Erik</strong> <strong>Göngrich</strong><br />

Co-Editing: Luise Bartels<br />

Texte: Benjamin Foerster<strong>–</strong>Baldenius, Ralf F. Hartmann, Cora Hegewald, Meike Jansen,<br />

Ursula Rogg, Ines Schaber, Rodney LaTourelle<br />

Copy-editing: Cora Hegewald<br />

Translation: Rachel Hill<br />

Pro<strong>of</strong>reading: Nicola Morris<br />

Graphic design: Luise Bartels and Stephan Müller<br />

<strong>The</strong> publication was coproduced by Revolver Publishing and centre d’art passerelle,<br />

Brest and supported by Kunstfonds Bonn<br />

Revolver Publishing<br />

Immanuelkirch Str. 12<br />

D <strong>–</strong> 10405 Berlin<br />

Tel.: +49 (0)30 616 092 36<br />

Fax: +49 (0)30 616 092 38<br />

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