Das Urteil des OVG Bautzen vom 31.01.2007 - Brueggen-ra.de
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Im Namen <strong><strong>de</strong>s</strong> Volkes<br />
<strong>Urteil</strong><br />
In <strong>de</strong>r Verwaltungsrechtssache<br />
<strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Ralbitz‐Rosenthal<br />
vertreten durch <strong>de</strong>n Verwaltungsverband A.<br />
vertreten durch <strong>de</strong>n Verbandsvorsitzen<strong>de</strong>n<br />
prozessbevollmächtigt:<br />
Rechtsanwalt<br />
gegen<br />
<strong>de</strong>n Landkreis Kamenz<br />
vertreten durch die Landrätin<br />
Macherst<strong>ra</strong>ße 55, 01917 Kamenz<br />
wegen<br />
SÄCHSISCHES<br />
OBERVERWALTUNGSGERICHT<br />
Brüggen Rechtsanwälte<br />
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01097 Dres<strong>de</strong>n<br />
Tel: 0351 . 56 33 00 Fax: 0351 . 56 33 015<br />
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‐ Klägerin ‐<br />
‐ Berufungsklägerin ‐<br />
‐ Beklagter ‐<br />
‐ Berufungsbeklagter ‐<br />
Beanstandung <strong><strong>de</strong>s</strong> Beschlusses <strong><strong>de</strong>s</strong> Gemein<strong>de</strong><strong>ra</strong>tes Ralbitz‐Rosenthal über die St<strong>ra</strong>ßenbaubei‐<br />
t<strong>ra</strong>gssatzung <strong>vom</strong> 27.4.2000hat <strong>de</strong>r 5. Senat <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch<br />
<strong>de</strong>n Vorsitzen<strong>de</strong>n Richter am Oberverwaltungsgericht Ra<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n Richter am Oberverwal‐<br />
tungsgericht Kober und die Richterin am Verwaltungsgericht Düvelshaupt aufgrund <strong>de</strong>r<br />
mündlichen Verhandlung
<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 2 von 27<br />
am 31. Januar 2007<br />
für Recht erkannt:<br />
Auf die Berufung <strong>de</strong>r Klägerin wird das <strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Verwaltungsgerichts Dres<strong>de</strong>n <strong>vom</strong> 10.<br />
März 2006 ‐ 4 K 2523/03 ‐ geän<strong>de</strong>rt. Der Bescheid <strong><strong>de</strong>s</strong> Beklagten <strong>vom</strong> 17. Februar 2003 in <strong>de</strong>r<br />
Gestalt <strong><strong>de</strong>s</strong> Wi<strong>de</strong>rspruchsbeschei<strong><strong>de</strong>s</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Regierungspräsidiums Dres<strong>de</strong>n <strong>vom</strong> 15. Mai 2003<br />
wird aufgehoben.<br />
Der Beklagte trägt die Kosten <strong><strong>de</strong>s</strong> Verfahrens in bei<strong>de</strong>n Rechtszügen.<br />
Die Revision wird nicht zugelassen.<br />
Tatbestand<br />
Die Klägerin wen<strong>de</strong>t sich mit Ihrer <strong>vom</strong> Senat zugelassenen Berufung gegen das <strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Verwaltungsgerichts Dres<strong>de</strong>n <strong>vom</strong> 10.3.2006, mit <strong>de</strong>m ihre Klage gegen eine rechtsaufsichtli‐<br />
che Beanstandungsmaßnahme <strong><strong>de</strong>s</strong> Beklagten abgewiesen wur<strong>de</strong>.<br />
Der Gemein<strong>de</strong><strong>ra</strong>t <strong>de</strong>r Klägerin beschloss in seiner Sitzung am 27.4.2000 eine Satzung über<br />
die Erhebung von Beiträgen von Verkehrsanlagen (St<strong>ra</strong>ßenbaubeit<strong>ra</strong>gssatzung), die die bis<br />
dahin gelten<strong>de</strong> St<strong>ra</strong>ßenbaubeit<strong>ra</strong>gssatzung <strong>vom</strong> 10.4.1997 ablöste. Die St<strong>ra</strong>ßenbaubeit<strong>ra</strong>gs‐<br />
satzung <strong>vom</strong> 27.4.2000 hat u. a. folgen<strong>de</strong>n Wortlaut:<br />
„§ 1<br />
Erhebungsgrundsatz<br />
(1) Die Gemein<strong>de</strong> Ralbitz‐Rosenthal erhebt zur teilweisen Deckung ihres Aufwands für die<br />
Anschaffung, Herstellung und <strong>de</strong>n Ausbau (Erweiterung, Verbesserung und Erneue‐<br />
rung) <strong>de</strong>r in ihrer Baulast stehen<strong>de</strong>n öffentlichen St<strong>ra</strong>ßen, Wege und Plätze (Verkehrsan‐<br />
lagen) Beiträge nach Maßgabe dieser Satzung für Grundstücke, <strong>de</strong>nen durch die Mög‐<br />
lichkeit <strong>de</strong>r Inanspruchnahme dieser Verkehrsanlagen Vorteile zuwachsen. Zu <strong>de</strong>n Ver‐<br />
kehrsanlagen gehören auch Wohnwege, die aus tatsächlichen o<strong>de</strong>r rechtlichen Grün<strong>de</strong>n<br />
nicht mit K<strong>ra</strong>ftfahrzeugen befahren wer<strong>de</strong>n können und öffentliche Wirtschaftswege.<br />
(2) Der Absatz (1) gilt für die dort bezeichneten Maßnahmen nur, soweit für sie nicht Er‐<br />
schließungsbeiträge o<strong>de</strong>r Ausgleichsbeiträge nach <strong>de</strong>m BauGB zu erheben sind.<br />
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<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 3 von 27<br />
§ 2<br />
Beit<strong>ra</strong>gsfähiger Aufwand<br />
(1) Beit<strong>ra</strong>gsfähig ist insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>r Aufwand für<br />
1. <strong>de</strong>n Erwerb (einschließlich Erwerbsnebenkosten) und die Freilegung <strong>de</strong>r für die Herstel‐<br />
lung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung <strong>de</strong>r Verkehrsanlagen benötigten<br />
Grundflächen,<br />
2. <strong>de</strong>n Wert <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Ralbitz‐Rosenthal aus ihrem Vermögen bereitgestellten<br />
Grundflächen zum Zeitpunkt <strong>de</strong>r Bereitstellung,<br />
3. die Herstellung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung<br />
a) <strong>de</strong>r Fahrbahn sowie von<br />
b) Rinnen und Bordsteinen,<br />
c) Radwegen,<br />
d) Gehwegen,<br />
e) Beleuchtungseinrichtungen,<br />
f) Oberflächenentwässerungseinrichtungen,<br />
g) Böschungen, Schutz‐ und Stützmauern,<br />
h) unselbstständigen Markierungsflächen und<br />
i) unselbstständigen Grundflächen<br />
(2) Nicht beit<strong>ra</strong>gsfähig ist je<strong>de</strong>r Aufwand für Gemein<strong>de</strong>verbindungsst<strong>ra</strong>ßen.<br />
…<br />
§ 4<br />
Anteile <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Ralbitz-Rosenthal<br />
am beit<strong>ra</strong>gsfähigen Aufwand<br />
Die Gemein<strong>de</strong> Ralbitz‐Rosenthal trägt <strong>de</strong>n Teil <strong><strong>de</strong>s</strong> Aufwands, <strong>de</strong>r<br />
und <strong>de</strong>r<br />
a) nach Maßgabe <strong><strong>de</strong>s</strong> § 5 von ihr zu t<strong>ra</strong>gen ist (sog. Mehrbreitenaufwand und Gemein‐<br />
<strong>de</strong>anteil)<br />
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.../4
<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 4 von 27<br />
b) bei <strong>de</strong>r Verteilung <strong><strong>de</strong>s</strong> umlagefähigen Aufwands nach § 6 auf ihre Grundstücke, Erb‐<br />
baurechte und an<strong>de</strong>ren dinglichen baulichen Nutzungsrechte entfällt.<br />
§ 5<br />
St<strong>ra</strong>ßenarten, anrechenbare Breiten, Anteile <strong>de</strong>r Beit<strong>ra</strong>gspflichtigen<br />
(1) Die St<strong>ra</strong>ßenarten, die anrechenbaren Breiten <strong>de</strong>r Teilanlagen und <strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>r Bei‐<br />
t<strong>ra</strong>gspflichtigen am beit<strong>ra</strong>gsfähigen Aufwand wer<strong>de</strong>n wie folgt festgesetzt:<br />
St<strong>ra</strong>ßenart anrechenbare Breiten Anteil <strong>de</strong>r<br />
mit Teilanlagen Beit<strong>ra</strong>gspflichtigen<br />
1. Anliegerst<strong>ra</strong>ßen<br />
a) Fahrbahn 6,25 m<br />
b) Radweg (einschl.<br />
Sicherheitsstreifen) je 1,75 m<br />
c) Parkstreifen je 6,00 m<br />
d) Gehweg je 2,00 m<br />
e) unselbständige Grünflächen<br />
mit Bepflanzung je 2,00 m<br />
2. Haupterschließungsst<strong>ra</strong>ßen<br />
a) Fahrbahn 6,25 m<br />
b) Radweg (einschl.<br />
Sicherheitsstreifen) je 1,75 m<br />
c) Parkstreifen je 6,00 m<br />
d) Gehweg je 2,00 m<br />
e) unselbständige Grünflächen<br />
mit Bepflanzung je 2,00 m<br />
3. Hauptverkehrsst<strong>ra</strong>ßen<br />
a) Fahrbahn 6,25 m<br />
b) Radweg (einschl.<br />
Sicherheitsstreifen) je 1,75 m<br />
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10 v. H.<br />
8 v. H.<br />
6 v. H.<br />
.../5
<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 5 von 27<br />
c) Parkstreifen je 6,00 m<br />
d) Gehweg je 2,00 m<br />
e) unselbständige Grünflächen<br />
mit Bepflanzung je 2,00 m<br />
4. Wirtschaftswege<br />
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10 v. H.<br />
…<br />
Die Satzung wur<strong>de</strong> am 4.5.2000 öffentlich bekannt gemacht und t<strong>ra</strong>t am 5.5.2000 in K<strong>ra</strong>ft.<br />
Mit Schreiben <strong>vom</strong> 9.5.2000 zeigte die Klägerin die St<strong>ra</strong>ßenbaubeit<strong>ra</strong>gssatzung <strong>vom</strong> 27.4.2000<br />
beim Beklagten an. Dieser teilte da<strong>ra</strong>ufhin <strong>de</strong>r Klägerin mit Schreiben <strong>vom</strong> 4.7.2002 mit, dass<br />
die Klägerin verpflichtet sei, <strong>de</strong>n Anliege<strong>ra</strong>nteil und <strong>de</strong>n Allgemeinanteil im Sinne <strong><strong>de</strong>s</strong> § 28<br />
Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 SächsKAG vorteilsgerecht zu regeln. Die Vorteile hingen von <strong>de</strong>r<br />
Verkehrsbe<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r ausgebauten St<strong>ra</strong>ßen ab. Anliegerst<strong>ra</strong>ßen vermittelten <strong>de</strong>n Grund‐<br />
stückseigentümern im Verhältnis zur Allgemeinheit ungleich mehr Vorteile als eine St<strong>ra</strong>ße<br />
für <strong>de</strong>n überörtlichen Durchgangsverkehr. Die Gemein<strong>de</strong> müsse bei <strong>de</strong>r Bestimmung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Gemein<strong>de</strong>anteils diesem grundsätzlichen Unterschied <strong>de</strong>r durch die St<strong>ra</strong>ßen vermittelten<br />
Vorteile Rechnung t<strong>ra</strong>gen. <strong>Das</strong> im Sächsischen Kommunalabgabengesetz geregelte Vorteils‐<br />
prinzip erschöpfe sich nicht darin, <strong>de</strong>n Beit<strong>ra</strong>gspflichtigen vor zu hohen, nicht vorteilsge‐<br />
rechten Beiträgen zu schützen, son<strong>de</strong>rn regle auch eine Untergrenze für die Vorteilsbemes‐<br />
sung.<br />
Der Beklagte zeigte <strong>de</strong>r Klägerin in <strong>de</strong>m vorgenannten Schreiben <strong>de</strong>n Rahmen auf, <strong>de</strong>r sich<br />
nach seiner Auffassung aus <strong>de</strong>n Entscheidungen von Oberverwaltungsgerichten und Ver‐<br />
waltungsgerichten aus <strong>de</strong>n alten Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>län<strong>de</strong>rn zum Anteil <strong>de</strong>r Beit<strong>ra</strong>gspflichtigen ergebe<br />
und empfahl <strong>de</strong>r Klägerin, ihre gemeindliche Satzung zu überprüfen und <strong>de</strong>n Anteil <strong>de</strong>r Bei‐<br />
t<strong>ra</strong>gspflichtigen mittels Än<strong>de</strong>rungssatzung neu festzusetzen.<br />
Mit Bescheid <strong>vom</strong> 17.2.2003 beanstan<strong>de</strong>te <strong>de</strong>r Beklagte <strong>de</strong>n Beschluss <strong>de</strong>r Klägerin über die<br />
St<strong>ra</strong>ßenbaubeit<strong>ra</strong>gssatzung <strong>vom</strong> 27.4.2000 (Nr. 1), for<strong>de</strong>rte die Klägerin auf, diesen Beschluss<br />
unverzüglich, spätestens bis zum 31.3.2003 aufzuheben (Nr. 2) und ihm <strong>de</strong>n Aufhebungsbe‐<br />
schluss sowie <strong>de</strong>n Beschluss zur Neufassung <strong>de</strong>r St<strong>ra</strong>ßenbaubeit<strong>ra</strong>gssatzung anzuzeigen (Nr.<br />
3). Zur Begründung wie<strong>de</strong>rholte <strong>de</strong>r Beklagte seine Ausführungen in seinem Schreiben <strong>vom</strong><br />
4.7.2002 und führte ergänzend im Wesentlichen aus: Der <strong>de</strong>m Beit<strong>ra</strong>gspflichtigen vermittelte<br />
Vorteil hänge von <strong>de</strong>r Verkehrsbe<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r ausgebauten Verkehrsanlage ab. <strong>Das</strong> Sächsi‐<br />
sche Staatsministerium <strong><strong>de</strong>s</strong> Innern habe <strong>de</strong>utlich gemacht, dass <strong>de</strong>r Anteil <strong><strong>de</strong>s</strong> von <strong>de</strong>m Bei‐<br />
t<strong>ra</strong>gspflichtigen zu zahlen<strong>de</strong>n Aufwands sich in einem gewissen Rahmen bewegen könne.<br />
Dieser könnte für Anliegerst<strong>ra</strong>ßen und Wirtschaftswege bei 50 bis 75 v. H., bei Haupter‐<br />
schließungsst<strong>ra</strong>ßen bei 33,34 bis 50 v. H. und bei Hauptverkehrsst<strong>ra</strong>ßen bei 16,67 bis 25 v. H.<br />
.../6
<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 6 von 27<br />
liegen. Die in § 5 Abs. 1 <strong>de</strong>r St<strong>ra</strong>ßenbaubeit<strong>ra</strong>gssatzung <strong>de</strong>r Klägerin geregelten Anteile un‐<br />
terschritten die genannten Untergrenzen <strong>de</strong>r Vorteilsbemessung und seien auch nicht vor‐<br />
teilsgerecht je St<strong>ra</strong>ßenart aufeinan<strong>de</strong>r abgestimmt. <strong>Das</strong> öffentliche Interesse erfor<strong>de</strong>re ein<br />
Einschreiten <strong>de</strong>r Rechtsaufsichtbehör<strong>de</strong>, da die beschlossene Satzung die Grundzüge <strong>de</strong>r<br />
Beit<strong>ra</strong>gsbemessung verletze und die Bürger <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> die Einhaltung <strong>de</strong>r gesetzlichen<br />
Vorschriften durch <strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong><strong>ra</strong>t erwarten könnten. Zu<strong>de</strong>m gebiete <strong>de</strong>r Grundsatz <strong>de</strong>r<br />
Gesetzmäßigkeit <strong>de</strong>r Verwaltung eine Beanstandung. Dem stehe die verfassungsrechtlich<br />
ga<strong>ra</strong>ntierte Selbstverwaltung <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>n nicht entgegen.<br />
Am 4.3.2003 legte die Klägerin gegen <strong>de</strong>n Bescheid <strong><strong>de</strong>s</strong> Beklagten Wi<strong>de</strong>rspruch ein, <strong>de</strong>n sie<br />
im Wesentlichen wie folgt begrün<strong>de</strong>te: Sie habe <strong>de</strong>n ihr gesetzlich eingeräumten Ermessens‐<br />
spiel<strong>ra</strong>um mit <strong>de</strong>r <strong>vom</strong> Beklagten beanstan<strong>de</strong>ten Satzungsregelung eingehalten. Die <strong>vom</strong><br />
Gesetzgeber grundsätzlich gewollte Staffelung <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Verkehrsbe<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r ausge‐<br />
bauten Verkehrsanlagen und vorteilsgerecht aufeinan<strong>de</strong>r abzustimmen<strong>de</strong>n prozentualen<br />
Beit<strong>ra</strong>gssätze sei von ihr beachtet wor<strong>de</strong>n. <strong>Das</strong> Sächsische Kommunalabgabengesetz regle in<br />
§ 28 Abs. 2 lediglich prozentuale Min<strong><strong>de</strong>s</strong>tsätze für die Anteile <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Interesses an<br />
Verkehrsanlagen. Da<strong>ra</strong>us ergäben sich prozentuale Höchstsätze <strong>de</strong>r Anteile, die <strong>de</strong>n Bei‐<br />
t<strong>ra</strong>gspflichtigen auferlegt wer<strong>de</strong>n könnten. Die im Bescheid <strong><strong>de</strong>s</strong> Beklagten <strong>vom</strong> 17.2.2003<br />
aufgeführten und von <strong>de</strong>n Beit<strong>ra</strong>gspflichtigen zu t<strong>ra</strong>gen<strong>de</strong>n Min<strong><strong>de</strong>s</strong>tsätze ließen sich nicht<br />
aus <strong>de</strong>m Sächsischen Kommunalabgabengesetz herleiten.<br />
Mit Wi<strong>de</strong>rspruchsbescheid <strong>vom</strong> 15.5.2003 wies das Regierungspräsidium Dres<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Wi‐<br />
<strong>de</strong>rspruch zurück und führte unter Aufgreifen <strong>de</strong>r Grün<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>m angefochtenen Bescheid<br />
zusätzlich im Wesentlichen aus: Die beanstan<strong>de</strong>te Satzungsregelung verstoße gegen die Ge‐<br />
mein<strong>de</strong>ordnung für <strong>de</strong>n Freistaat Sachsen. Dort sei <strong>de</strong>r Einnahmebeschaffungsgrundsatz ge‐<br />
regelt, <strong>de</strong>r die Erhebung von Entgelten vor <strong>de</strong>r Nutzung an<strong>de</strong>rer Einnahmebeschaffungs‐<br />
möglichkeiten vorschreibe. <strong>Das</strong> Ermessen <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>r Festlegung <strong>de</strong>r Anteile <strong>de</strong>r<br />
Beit<strong>ra</strong>gspflichtigen am beit<strong>ra</strong>gsfähigen Aufwand in St<strong>ra</strong>ßenausbaubeit<strong>ra</strong>gsatzungen wer<strong>de</strong><br />
dadurch eingeschränkt. Der Verzicht auf die Erhebung von St<strong>ra</strong>ßenausbaubeiträgen und ei‐<br />
ne Aushöhlung <strong>de</strong>r Einnahmebeschaffungsmöglichkeit durch eine unangemessen niedrige<br />
Festsetzung <strong>de</strong>r jeweiligen Anteile stehe im Wi<strong>de</strong>rspruch zur Regelung <strong><strong>de</strong>s</strong> § 73 Abs. 2<br />
SächsGemO. Die unverhältnismäßig niedrig in <strong>de</strong>r beanstan<strong>de</strong>ten Satzung festgelegten An‐<br />
teile <strong>de</strong>r Beit<strong>ra</strong>gspflichtigen am beit<strong>ra</strong>gsfähigen Aufwand müssten von <strong>de</strong>r Klägerin durch<br />
an<strong>de</strong>re Einnahmen kompensiert wer<strong>de</strong>n. Hierfür kämen insbeson<strong>de</strong>re die Grundsteuer und<br />
die Gewerbesteuer in Bet<strong>ra</strong>cht. Dies wi<strong>de</strong>rspreche <strong>de</strong>r Verpflichtung <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>n, ihre<br />
Einnahmen vor<strong>ra</strong>ngig aus Entgelten zu beschaffen. Darüber hinaus habe <strong>de</strong>r Gesetzgeber<br />
durch die in § 28 Abs. 2 SächsKAG festgelegten Min<strong><strong>de</strong>s</strong>tsätze <strong>de</strong>r Anteile <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen In‐<br />
teresses ein Verhältnis zwischen <strong>de</strong>n Arten von Verkehrsanlagen festgeschrieben.<br />
Am 12.6.2003 erhob die Klägerin Klage und trug zur Begründung im Wesentlichen vor: Der<br />
Rechtmäßigkeit <strong>de</strong>r Beanstandungsverfügung stehe bereits <strong>de</strong>r lange Zeitabstand zwischen<br />
<strong>de</strong>r Anzeige <strong>de</strong>r Satzung und ihrer Beanstandung durch <strong>de</strong>n Beklagten entgegen. Sie, die<br />
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<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 7 von 27<br />
Klägerin, habe aufgrund <strong><strong>de</strong>s</strong> verstrichenen Zeit<strong>ra</strong>ums berechtigterweise davon ausgehen<br />
können, dass <strong>de</strong>r Beklagte als Rechtsaufsichtsbehör<strong>de</strong> keine Einwän<strong>de</strong> gegen die betreffen<strong>de</strong><br />
Satzung habe. Die für genehmigungspflichtige Satzungen gelten<strong>de</strong> Monatsfrist sei hier ent‐<br />
sprechend anzuwen<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r Sache selbst sei auszuführen, dass das Sächsische Kommu‐<br />
nalabgabengesetz keine Min<strong><strong>de</strong>s</strong>tbelastung für die Bürger mit St<strong>ra</strong>ßenbaubeiträgen vorsehe.<br />
Die Höhe <strong>de</strong>r Erhebung stehe im Ermessen <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>. Die Unterschiedlichkeit <strong>de</strong>r Arten<br />
von St<strong>ra</strong>ßen und die da<strong>ra</strong>us resultieren<strong>de</strong>n unterschiedlichen Vorteile für die Bürger seien in<br />
<strong>de</strong>r beanstan<strong>de</strong>ten Satzung berücksichtigt wor<strong>de</strong>n. Es komme hinzu, dass die Haushaltslage<br />
<strong>de</strong>r Klägerin im Gegensatz zu vielen an<strong>de</strong>ren sächsischen Gemein<strong>de</strong>n äußerst stabil sei. Die<br />
Pro‐Kopf‐Verschuldung bet<strong>ra</strong>ge ca. 260,‐ € und liege damit bei einem Drittel <strong>de</strong>r durch‐<br />
schnittlichen Verschuldung von sächsischen Kommunen. Demgegenüber sei die finanzielle<br />
Lage <strong>de</strong>r privaten Haushalte im ländlichen Gebiet äußerst schlecht. Daher habe sich die Klä‐<br />
gerin entschlossen, <strong>de</strong>n Erhebungssatz möglichst niedrig zu halten. Die <strong>vom</strong> Beklagten ge‐<br />
gen sie ergriffenen Maßnahmen verstießen zu<strong>de</strong>m gegen die Selbstverwaltungsga<strong>ra</strong>ntie.<br />
Die Klägerin beant<strong>ra</strong>gte, <strong>de</strong>n Bescheid <strong><strong>de</strong>s</strong> Beklagten <strong>vom</strong> 17.2.2003 in Gestalt <strong><strong>de</strong>s</strong> Wi<strong>de</strong>r‐<br />
spruchsbeschei<strong><strong>de</strong>s</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Regierungspräsidiums Dres<strong>de</strong>n <strong>vom</strong> 15.5.2003 aufzuheben.<br />
Der Beklagte beant<strong>ra</strong>gte, die Klage abzuweisen, und nahm zur Begründung im Wesentlichen<br />
Bezug auf die Ausführungen in seinen Beschei<strong>de</strong>n. Ergänzend wies er da<strong>ra</strong>uf hin, dass für<br />
eine Beanstandung durch die Rechtsaufsichtsbehör<strong>de</strong> Fristen nicht bestün<strong>de</strong>n. Auch könne<br />
das Beanstandungsrecht nicht verwirkt wer<strong>de</strong>n. Ein Eingriff in die Selbstverwaltungsga<strong>ra</strong>n‐<br />
tie sei ebenfalls nicht gegeben, da es hier um <strong>de</strong>n gesetzesmäßigen Vollzug gehe.<br />
Mit <strong>Urteil</strong> <strong>vom</strong> 10.3.2006 wies das Verwaltungsgericht Dres<strong>de</strong>n die Klage ab. Zur Begrün‐<br />
dung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus: Die Beanstandungsmaßnahme<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Beklagten sei rechtmäßig, weil die St<strong>ra</strong>ßenbaubeit<strong>ra</strong>gssatzung <strong>de</strong>r Klägerin <strong>vom</strong><br />
27.4.2000 in ihrem § 5 Abs. 1 gegen die Grundsätze <strong>de</strong>r Einnahmebeschaffung nach § 73 Abs.<br />
2 SächsGemO und gegen das Vorteilsprinzip <strong><strong>de</strong>s</strong> § 28 Abs. 1 SächsKAG verstoße.<br />
<strong>Das</strong> Verwaltungsgericht führte unter Berufung auf die Entscheidung <strong><strong>de</strong>s</strong> erkennen<strong>de</strong>n Se‐<br />
nats <strong>vom</strong> 23.3.2004 (SächsVBl. 2005, 112, [117]) aus, dass sich aus <strong>de</strong>r Vorschrift <strong><strong>de</strong>s</strong> § 73 Abs.<br />
2 SächsGemO eine Verpflichtung <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>n ergebe, St<strong>ra</strong>ßenausbaubeiträge zu erheben.<br />
Dem stehe nicht entgegen, dass <strong>de</strong>r Gesetzgeber in § 73 Abs. 2 Nr. 1 SächsGemO <strong>de</strong>n Grund‐<br />
satz zur vor<strong>ra</strong>ngigen Erhebung von Entgelten unter <strong>de</strong>n Vorbehalt <strong><strong>de</strong>s</strong> „soweit gebotenen<br />
und soweit vertretbaren“ gestellt habe. Der das wirtschaftliche Leistungsvermögen <strong>de</strong>r Zah‐<br />
lungspflichtigen zur Geltung bringen<strong>de</strong> Begriff „soweit vertretbar“ könne hier nicht zur Gel‐<br />
tung geb<strong>ra</strong>cht wer<strong>de</strong>n, da § 28 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG bestimme, die Erhebung von St<strong>ra</strong>‐<br />
ßenbaubeiträgen nach <strong>de</strong>n Vorteilen zu bemessen. Somit könne es auf die von <strong>de</strong>r Klägerin<br />
vorget<strong>ra</strong>gene allgemeine Belastung ihrer Bürger und ihrer unter <strong>de</strong>r Verschuldung an<strong>de</strong>rer<br />
Gemein<strong>de</strong>n liegen<strong>de</strong>n Pro‐Kopf‐Verschuldung nicht ankommen. Auch § 73 Abs. 3 SächsGe‐<br />
mO stehe <strong>de</strong>r Verpflichtung zur Erhebung von St<strong>ra</strong>ßenbaubeiträgen nicht entgegen. Die<br />
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<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 8 von 27<br />
Vorschrift regele die Sozialverträglichkeit von Abgaben und stelle dabei auf die Belastung<br />
<strong>de</strong>r Gesamtheit <strong>de</strong>r Abgabenpflichtigen durch die Gesamtheit <strong>de</strong>r Abgaben ab. Dagegen<br />
enthalte die Vorschrift keine Regelung einer Verpflichtung zur sozialverträglichen Abgabe<br />
im Einzelfall.<br />
Eine an<strong>de</strong>re rechtliche Beurteilung ergebe sich auch nicht aus <strong>de</strong>r Vorschrift <strong><strong>de</strong>s</strong> § 26 Abs. 1<br />
Satz 1 SächsKAG, wonach die Gemein<strong>de</strong>n St<strong>ra</strong>ßenbaubeiträge erheben könnten. Entwe<strong>de</strong>r<br />
folge man <strong>de</strong>r Auffassung <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts in seinem <strong>Urteil</strong> <strong>vom</strong><br />
23.3.2004, <strong>de</strong>m Wort „können“ in <strong>de</strong>r vorgenannten Vorschrift komme lediglich die Be<strong>de</strong>u‐<br />
tung eines „dürfen“ zu, ohne dass damit <strong>de</strong>r Behör<strong>de</strong> ein Ermessen habe eingeräumt wer<strong>de</strong>n<br />
sollen. O<strong>de</strong>r man verstehe <strong>de</strong>n Begriff „können“ im Sinne einer das Ermessen eröffnen<strong>de</strong>n<br />
Regelung und sehe je<strong>de</strong>nfalls im vorliegen<strong>de</strong>n Fall das dann durch § 26 Abs. 1 Satz 1<br />
SächsKAG eingeräumte Ermessen auf Null reduziert. Denn je<strong>de</strong>nfalls dann, wenn eine Ge‐<br />
mein<strong>de</strong> ‐ wie hier ‐ verschul<strong>de</strong>t sei, d. h. ihre sonstigen Einnahmen nicht ausreichten, die Er‐<br />
füllung ihrer Aufgaben zu finanzieren, wür<strong>de</strong> sich ihr Ermessen auf die Pflicht zur Beit<strong>ra</strong>gs‐<br />
erhebung aus § 73 Abs. 2 SächsGemO verdichten.<br />
Die Verpflichtung zur Erhebung von Ausbaubeiträgen habe zur weiteren Folge, dass die in<br />
<strong>de</strong>r zu erlassen<strong>de</strong>n Ausbaubeit<strong>ra</strong>gssatzung u. a. vorzunehmen<strong>de</strong> Festsetzung <strong>de</strong>r Anteile <strong>de</strong>r<br />
Beit<strong>ra</strong>gspflichtigen am beit<strong>ra</strong>gsfähigen Aufwand <strong>de</strong>n gesetzlichen Vorgaben <strong>de</strong>r § 26 ff.<br />
SächsKAG entsprechen müsse. § 28 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG gebe <strong>de</strong>n Rahmen für die Be‐<br />
stimmung <strong><strong>de</strong>s</strong> Gemein<strong>de</strong>anteils und damit in <strong>de</strong>r Kehrseite <strong><strong>de</strong>s</strong> Anwohne<strong>ra</strong>nteils am bei‐<br />
t<strong>ra</strong>gsfähigen Aufwand vor. Diese Regelung sei an <strong>de</strong>m Vorteilsgrundsatz auszurichten. Der<br />
Gesetzgeber habe in § 28 Abs. 1 Satz 2 SächsKAG <strong>de</strong>n als öffentliches Interesse an <strong>de</strong>r Ver‐<br />
kehrsanlage zu bemessen<strong>de</strong>n Anteil auf das Ausmaß <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong>r Allgemeinheit durch die Ver‐<br />
kehrsanlage vermittelten Vorteils beschränkt und sogleich eine Obergrenze für die Bemes‐<br />
sung <strong><strong>de</strong>s</strong> Gemein<strong>de</strong>anteils geschaffen. In diesem <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> vorgegebenen Rahmen habe<br />
sie die bei <strong>de</strong>r Beschlussfassung über die Satzung erfor<strong>de</strong>rliche Vorteilsabwägung durchzu‐<br />
führen. Dabei sei die Festlegung <strong>de</strong>r Anteilssätze ein Akt gemeindlicher Rechtssetzung, <strong>de</strong>r<br />
gerichtlich nur da<strong>ra</strong>uf überprüft wer<strong>de</strong>n könne, ob die Gemein<strong>de</strong> <strong>de</strong>n ihr durch das Gesetz<br />
gesteckten Rahmen überschritten habe. Dies sei im vorliegen<strong>de</strong>n Fall zu bejahen. Der durch §<br />
28 Abs. 1 und Abs. 2 SächsKAG für die Vorteilsbemessung gezogene Rahmen wer<strong>de</strong> zu<strong>de</strong>m<br />
durch die in § 73 Abs. 2 SächsGemO enthaltene Reihenfolge <strong>de</strong>r Einnahmebeschaffung be‐<br />
stimmt. Der gesetzlich vorgeschriebene Vor<strong>ra</strong>ng <strong>de</strong>r Finanzierung durch spezielle Entgelte<br />
versage es <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>, <strong>de</strong>n Anteil <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Interesses frei zu wählen. Die Gemein‐<br />
<strong>de</strong> müsse vielmehr diesen Vor<strong>ra</strong>ng nicht nur in i<strong>de</strong>eller Höhe, son<strong>de</strong>rn auch in einer seiner<br />
Be<strong>de</strong>utung zukommen<strong>de</strong>n tatsächlichen Höhe Geltung verschaffen. Die Klägerin habe mit<br />
<strong>de</strong>r Bemessung <strong><strong>de</strong>s</strong> Anteils <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Interesses mit 90 v. H. an <strong>de</strong>m beit<strong>ra</strong>gsfähigen<br />
Aufwand für Anliegerst<strong>ra</strong>ßen und im Verhältnis hierzu mit 92 v. H. Gemein<strong>de</strong>anteil bei<br />
Haupterschließungsst<strong>ra</strong>ßen, 94 v. H. Gemein<strong>de</strong>anteil bei Haupterschließungsanlagen und<br />
wie<strong>de</strong>rum 90 v. H. Gemein<strong>de</strong>anteil bei Wirtschaftswegen gegen <strong>de</strong>n nach § 28 Abs. 1<br />
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<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 9 von 27<br />
SächsKAG für St<strong>ra</strong>ßenbaubeiträge gelten<strong>de</strong>n Vorteilsmaßstab und gegen § 73 Abs. 2 Sächs‐<br />
GemO verstoßen.<br />
Der Beklagte habe sein nicht an bestimmte Fristen gebun<strong>de</strong>nes Beanstandungsrecht nicht<br />
verwirkt. Er habe <strong>de</strong>r Klägerin keinen Anlass gegeben, auf die Rechtmäßigkeit ihres Sat‐<br />
zungsbeschlusses zu vert<strong>ra</strong>uen.<br />
Auf <strong>de</strong>n Ant<strong>ra</strong>g <strong>de</strong>r Klägerin hat <strong>de</strong>r erkennen<strong>de</strong> Senat die Berufung gegen das <strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Verwaltungsgerichts Dres<strong>de</strong>n wegen grundsätzlicher Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Rechtssache zugelassen<br />
(Beschl. v. 1.8.2006 ‐ 5 B 282/06 ‐).<br />
Die Klägerin vertieft zur Begründung ihrer Berufung ihr bisheriges Vorbringen und trägt er‐<br />
gänzend vor:<br />
Die beanstan<strong>de</strong>te, auf <strong>de</strong>r Grundlage <strong>de</strong>r ein Ermessen eröffnen<strong>de</strong>n Vorschrift <strong><strong>de</strong>s</strong> § 26 Abs.<br />
1 Satz 1 SächsKAG ergangene satzungsrechtliche Regelung verstoße auch nicht gegen § 73<br />
Abs. 2 SächsGemO. Diese Vorschrift regle allgemeine Grundsätze <strong>de</strong>r Haushaltswirtschaft<br />
und keine F<strong>ra</strong>gen <strong>de</strong>r Beit<strong>ra</strong>gserhebung. Im Hinblick auf die <strong>de</strong>taillierten beit<strong>ra</strong>gsrechtlichen<br />
Regelungen im Sächsischen Kommunalabgabengesetz hätte es <strong><strong>de</strong>s</strong>halb nahe gelegen, dass<br />
<strong>de</strong>r Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>gesetzgeber die zwingen<strong>de</strong> Verpflichtung zur Erhebung von Beiträgen im Wort‐<br />
laut <strong>de</strong>r Vorschrift <strong>de</strong>utlich gemacht hätte, wenn er dies auch so gewollt hätte. Ein Vor<strong>ra</strong>ng<br />
<strong>de</strong>r speziellen Entgelte nach § 73 Abs. 2 Nr. 1 SächsGemO bestehe im Übrigen nur dann,<br />
wenn sie vertretbar und geboten seien. Die soli<strong>de</strong> Hauhaltslage <strong>de</strong>r Klägerin, die Belastung<br />
ihrer Bürger mit z. T. hohen sonstigen Abgaben (z. B. Abwasserbeiträge) und ihr Bestreben,<br />
eine bisher nicht erfolgte Abwan<strong>de</strong>rung von Einwohnern/Bürgern und Gewerbebetrieben<br />
weiterhin zu verhin<strong>de</strong>rn, hätten es <strong>de</strong>r Klägerin ermöglicht, auch bei Annahme einer im<br />
Recht <strong>de</strong>r Ausbaubeiträge verpflichten<strong>de</strong>n Geltung <strong><strong>de</strong>s</strong> Grundsatzes <strong><strong>de</strong>s</strong> Vor<strong>ra</strong>ngs spezieller<br />
Entgelte <strong>vom</strong> Erlass einer Ausbaubeit<strong>ra</strong>gsatzung abzusehen.<br />
Auch die vorgenommene Staffelung in § 5 Abs. 1 <strong>de</strong>r St<strong>ra</strong>ßenbaubeit<strong>ra</strong>gssatzung sei nicht zu<br />
beanstan<strong>de</strong>n. Insbeson<strong>de</strong>re könne hierin kein Verstoß gegen § 28 Abs. 2 SächsKAG gesehen<br />
wer<strong>de</strong>n. Diese Vorschrift regele nur die Min<strong><strong>de</strong>s</strong>tanteile <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Interesses und damit<br />
die von <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> zu t<strong>ra</strong>gen<strong>de</strong>n Kostenanteile je nach St<strong>ra</strong>ßenart. Nach ihrem Wortlaut<br />
lasse die Vorschrift sogar die Festlegung eines einheitlichen Anteils <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Interes‐<br />
ses für alle St<strong>ra</strong>ßen zu.<br />
Die Klägerin beant<strong>ra</strong>gt,<br />
das <strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Verwaltungsgerichts Dres<strong>de</strong>n <strong>vom</strong> 10. März 2006 ‐ 4 K 2523/03 ‐ zu än‐<br />
<strong>de</strong>rn und <strong>de</strong>n Bescheid <strong><strong>de</strong>s</strong> Beklagten <strong>vom</strong> 17. Februar 2003 in <strong>de</strong>r Gestalt <strong><strong>de</strong>s</strong> Wi<strong>de</strong>r‐<br />
spruchsbeschei<strong><strong>de</strong>s</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Regierungspräsidiums Dres<strong>de</strong>n <strong>vom</strong> 15. Mai 2003 aufzuheben.<br />
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.../10
<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 10 von 27<br />
Der Beklagte beant<strong>ra</strong>gt,<br />
die Berufung zurückzuweisen.<br />
Zur Begründung nimmt er Bezug auf die angefochtenen Beschei<strong>de</strong> sowie die Entschei‐<br />
dungsgrün<strong>de</strong> in <strong>de</strong>m <strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Verwaltungsgerichts Dres<strong>de</strong>n.<br />
Dem Senat liegen die zur Sache gehören<strong>de</strong>n Akten <strong><strong>de</strong>s</strong> Beklagten (2 Heftungen), die Verfah‐<br />
rensakte <strong><strong>de</strong>s</strong> Verwaltungsgerichts Dres<strong>de</strong>n (4 K 2523/03) sowie die Akte <strong><strong>de</strong>s</strong> Verfahrens auf<br />
Zulassung <strong>de</strong>r Berufung vor <strong>de</strong>m Sächsischen Oberverwaltungsgericht (5 B 282/06) vor. Auf<br />
sie sowie auf die zwischen <strong>de</strong>n Beteiligten im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze<br />
wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.<br />
Entscheidungsgrün<strong>de</strong><br />
Die zulässige Berufung <strong>de</strong>r Klägerin ist begrün<strong>de</strong>t. <strong>Das</strong> Verwaltungsgericht Dres<strong>de</strong>n hat ihre<br />
Klage zu Unrecht abgewiesen. Der von ihr angefochtene rechtsaufsichtliche Beanstandungs‐<br />
bescheid <strong><strong>de</strong>s</strong> Beklagten <strong>vom</strong> 17.2.2003 und <strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rspruchsbescheid <strong><strong>de</strong>s</strong> Regierungspräsi‐<br />
diums Dres<strong>de</strong>n <strong>vom</strong> 15.5.2003 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten<br />
(§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).<br />
Rechtsgrundlage <strong><strong>de</strong>s</strong> angefochtenen Bescheids ist § 114 Abs. 1 Satz 1 SächsGemO. Danach<br />
kann die Rechtsaufsichtsbehör<strong>de</strong> Beschlüsse und Anordnungen <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>, die das Ge‐<br />
setz verletzen, beanstan<strong>de</strong>n und verlangen, dass sie von <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> binnen einer ange‐<br />
messenen Frist aufgehoben o<strong>de</strong>r abgeän<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n. Diese Vo<strong>ra</strong>ussetzungen sind hier nicht<br />
gegeben, weil die Regelung <strong>de</strong>r Anteile <strong>de</strong>r Beit<strong>ra</strong>gspflichtigen am beit<strong>ra</strong>gsfähigen Aufwand<br />
in § 5 Abs. 1 <strong>de</strong>r St<strong>ra</strong>ßenbaubeit<strong>ra</strong>gssatzung ihre jeweilige Höhe betreffend we<strong>de</strong>r gegen das<br />
in § 28 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 SächsKAG geregelte Vorteilsprinzip noch gegen <strong>de</strong>n in § 73 Abs.<br />
2 SächsGemO geregelten Grundsatz <strong>de</strong>r speziellen Entgeltlichkeit verstößt.<br />
Die Rechtswidrigkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> angefochtenen Bescheids folgt allerdings nicht aus <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r<br />
Klägerin behaupteten Nichteinhaltung einer im Zusammenhang mit rechtsaufsichtlichen<br />
Maßnahmen zu beachten<strong>de</strong>n gesetzlichen Frist o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Verwirkung <strong><strong>de</strong>s</strong> Beanstandungs‐<br />
rechtes durch <strong>de</strong>n Beklagten.<br />
Entgegen <strong>de</strong>r Auffassung <strong>de</strong>r Klägerin ist § 119 Abs. 1 SächsGemO hier nicht anwendbar.<br />
Nach dieser Vorschrift darf ein Beschluss <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r nach gesetzlicher Vorschrift <strong>de</strong>r<br />
Rechtsaufsichtsbehör<strong>de</strong> vorzulegen ist, erst vollzogen wer<strong>de</strong>n, wenn die Rechtsaufsichtsbe‐<br />
hör<strong>de</strong> die Gesetzmäßigkeit bestätigt o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Beschluss nicht innerhalb eines Monats bean‐<br />
stan<strong>de</strong>t hat. Ungeachtet <strong>de</strong>r strittigen F<strong>ra</strong>ge (vgl. hierzu die Nachweise bei Schmid, in: Que‐<br />
cke/Schmid, Gemein<strong>de</strong>ordnung für <strong>de</strong>n Freistaat Sachsen, Stand: Dezember 2006, RdNr. 5 zu<br />
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<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 11 von 27<br />
§ 37), ob die Rechtsaufsichtsbehör<strong>de</strong> nach Ablauf <strong>de</strong>r Frist <strong><strong>de</strong>s</strong> § 119 Abs. 1 SächsGemO ei‐<br />
nen Beschluss <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> beanstan<strong>de</strong>n darf, wenn sie dies nicht bereits im Vorlagever‐<br />
fahren geltend gemacht hat, schei<strong>de</strong>t hier sowohl eine unmittelbare als auch eine entspre‐<br />
chen<strong>de</strong> Anwendung <strong>de</strong>r angesprochenen Norm aus. Die Vorschrift <strong><strong>de</strong>s</strong> § 119 Abs. 1 Sächs‐<br />
GemO bezieht sich nur auf die Beschlüsse <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>, die nach gesetzlicher Vorschrift<br />
<strong>de</strong>r Rechtsaufsichtsbehör<strong>de</strong> vorzulegen sind. An<strong>de</strong>re Beschlüsse, wie z. B. Beschlüsse über<br />
nach § 4 Abs. 3 Satz 3 SächsGemO <strong>de</strong>r Rechtsaufsichtsbehör<strong>de</strong> anzuzeigen<strong>de</strong> Satzungen,<br />
wer<strong>de</strong>n von dieser Regelung nicht erfasst. Eine entsprechen<strong>de</strong> Anwendung <strong><strong>de</strong>s</strong> § 119 Abs. 1<br />
SächsGemO auf solche Beschlüsse ist wegen <strong><strong>de</strong>s</strong> Fehlens einer Regelungslücke nicht zuläs‐<br />
sig. Der Gesetzgeber hat in § 119 Abs. 1 und 2 SächsGemO die Vorlage‐ und Genehmigungs‐<br />
pflicht differenziert geregelt und damit gewollt auf die Beachtung von Fristen im Zusam‐<br />
menhang mit <strong>de</strong>r Vorlage von lediglich anzuzeigen<strong>de</strong>n Beschlüssen verzichtet, so dass eine<br />
insoweit bestehen<strong>de</strong> Regelungslücke nicht angenommen wer<strong>de</strong>n kann. Die <strong>vom</strong> Beklagten<br />
beanstan<strong>de</strong>te St<strong>ra</strong>ßenbaubeit<strong>ra</strong>gssatzung <strong>de</strong>r Klägerin war nach § 4 Abs. 3 Satz 3 SächsGe‐<br />
mO <strong>de</strong>r Rechtsaufsichtsbehör<strong>de</strong> anzuzeigen, so dass Fristen hier nicht zu beachten waren.<br />
Der Beklagte hat sein Beanstandungsrecht auch nicht verwirkt, da er <strong>de</strong>r Klägerin keinen<br />
Anlass gegeben hat, da<strong>ra</strong>uf zu vert<strong>ra</strong>uen, er wer<strong>de</strong> ihr gegenüber keine Beanstandungsmaß‐<br />
nahmen im Zusammenhang mit <strong>de</strong>r St<strong>ra</strong>ßenausbaubeit<strong>ra</strong>gssatzung aussprechen.<br />
<strong>Das</strong> aus <strong>de</strong>m auch im öffentlichen Recht gelten<strong>de</strong>n Grundsatz von Treu und Glauben herge‐<br />
leitete Rechtsinstitut <strong>de</strong>r Verwirkung bezieht sich nicht nur auf Ansprüche und Rechte <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Bürgers o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r öffentlichen Hand, son<strong>de</strong>rn auch auf <strong>de</strong>n Trägern hoheitlicher Verwaltung<br />
zustehen<strong>de</strong> Befugnisse. Diese können nicht nur Leistungsansprüche gegenüber <strong>de</strong>m Bürger,<br />
son<strong>de</strong>rn auch die Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsaktes verwirken. Eine solche Be‐<br />
fugnis kann aber nur verwirkt wer<strong>de</strong>n, wenn sie zur Disposition <strong><strong>de</strong>s</strong> Inhabers <strong>de</strong>r Befugnis<br />
steht, mit an<strong>de</strong>ren Worten, wenn die Behör<strong>de</strong> auf sie verzichten darf. Hinsichtlich unver‐<br />
zichtbarer Rechte und Befugnisse und in <strong>de</strong>n Bereichen, in <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>m öffentlichen Interesse<br />
ein beson<strong>de</strong>res Gewicht zukommt, ist eine Verwirkung in <strong>de</strong>r Regel nicht möglich. Dies gilt<br />
vor allem für im öffentlichen Interesse verliehene Befugnisse und Rechte, die <strong>de</strong>r Wahrung<br />
und <strong>de</strong>m Schutz gewichtiger Gemeinschaftsgüter o<strong>de</strong>r unverzichtbarer Rechte dienen, wenn<br />
durch Gesetz nichts an<strong>de</strong>res bestimmt ist, etwa im Bereich <strong>de</strong>r Gefahrenabwehr, insbeson‐<br />
<strong>de</strong>re im Polizei‐ und Sicherheitsrecht.<br />
Die Rechtsaufsicht ist einer Anwendung <strong>de</strong>r Grundsätze über die Verwirkung grundsätzlich<br />
zugänglich. Für die Ausübung <strong>de</strong>r Rechtsaufsicht gilt das Opportunitätsprinzip. Ob und in‐<br />
wieweit die Rechtsaufsichtsbehör<strong>de</strong> einschreiten will, liegt in ihrem pflichtgemäßen Ermes‐<br />
sen. Eine Pflicht zum Einschreiten besteht nur in Ausnahmefällen (z. B. bei Verstößen gegen<br />
die Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>treue, vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.1958 ‐ 2 BvG 1/58, BVerfGE 8, 122 [137]). Da<strong>ra</strong>us<br />
folgt eine grundsätzliche Verzichtbarkeit <strong>de</strong>r Rechtsaufsichtsbehör<strong>de</strong>n auf die ihnen zuste‐<br />
hen<strong>de</strong>n rechtsaufsichtlichen Eingriffsbefugnisse mit <strong>de</strong>r Folge, dass sie diese auch verwirken<br />
können. Der Beklagte hat hier seine rechtsaufsichtlichen Befugnisse nicht verwirkt.<br />
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<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 12 von 27<br />
Ob eine Befugnis verwirkt und ihre Ausübung <strong><strong>de</strong>s</strong>halb unzulässig gewor<strong>de</strong>n ist, kann nur<br />
unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>ren Umstän<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> konkreten Falles beurteilt wer<strong>de</strong>n<br />
(vgl. BVerwG, Urt. v. 15.5.1984 ‐ 3 C 86.82 ‐, BVerwGE 69, 227 [237]; Urt. v. 25.1.1974 ‐<br />
IV C 2.72 ‐, BVerwGE 44, 294 [298]). Eine Verwirkung setzt neben <strong>de</strong>r Rechtsmissbräuch‐<br />
lichkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Verhaltens (Umstandsmoment) auch das Verstreichen eines längeren Zeit<strong>ra</strong>umes<br />
(Zeitmoment) vo<strong>ra</strong>us. Die Annahme einer Verwirkung <strong><strong>de</strong>s</strong> Beanstandungsrechts scheitert<br />
hier bereits am Vorliegen <strong><strong>de</strong>s</strong> Umstandselementes.<br />
Hinsichtlich <strong><strong>de</strong>s</strong> Umstandselementes setzt eine Verwirkung vo<strong>ra</strong>us, dass <strong>de</strong>r Pflichtige ‐ hier<br />
die Klägerin ‐ aufgrund <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>vom</strong> Inhaber <strong>de</strong>r Befugnis ‐ hier <strong><strong>de</strong>s</strong> Beklagten ‐ gezeigten Ver‐<br />
haltens unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r Gesamtumstän<strong>de</strong> nach Treu und Glauben die berechtigte<br />
Erwartung hegen darf, von <strong>de</strong>r Befugnis wer<strong>de</strong> kein Geb<strong>ra</strong>uch mehr gemacht wer<strong>de</strong>n. Die‐<br />
ser Eindruck kann nicht nur durch Erklärungen, son<strong>de</strong>rn auch durch ein bestimmtes sonsti‐<br />
ges Verhalten erweckt wer<strong>de</strong>n. Ein solches Verhalten <strong><strong>de</strong>s</strong> Beklagten vermag <strong>de</strong>r Senat nicht<br />
festzustellen. Die Klägerin hat die St<strong>ra</strong>ßenbaubeit<strong>ra</strong>gssatzung <strong>de</strong>m Beklagten mit Schreiben<br />
<strong>vom</strong> 9.5.2000, am 22.5.2000 beim Beklagten eingegangen, angezeigt. Der Beklagte for<strong>de</strong>rte<br />
die Klägerin mit Schreiben <strong>vom</strong> 19.7.2000 zur Vorlage weiterer Unterlagen auf, die von ihr<br />
mit Schreiben <strong>vom</strong> 25.7.2000, beim Beklagten am 26.7.2000 eingegangen, vorgelegt wur<strong>de</strong>n.<br />
Mit Schreiben <strong>vom</strong> 4.7.2002 teilte <strong>de</strong>r Beklagte <strong>de</strong>r Klägerin mit, dass die Rechtsaufsichtsbe‐<br />
hör<strong>de</strong> die formelle und materielle Rechtmäßigkeit <strong>de</strong>r angezeigten St<strong>ra</strong>ßenbaubeit<strong>ra</strong>gssat‐<br />
zung bisher nicht bestätigt habe, weil ein Klärungsprozess zum festzulegen<strong>de</strong>n Anteil <strong>de</strong>r<br />
Beit<strong>ra</strong>gspflichtigen notwendig gewesen sei. Die Klägerin hat da<strong>ra</strong>ufhin mit Schreiben <strong>vom</strong><br />
14.7.2002 <strong>de</strong>m Beklagten mitgeteilt, dass sie ihre St<strong>ra</strong>ßenbaubeit<strong>ra</strong>gssatzung für rechtmäßig<br />
halte und <strong><strong>de</strong>s</strong>halb keine Ve<strong>ra</strong>nlassung zu einer Satzungsän<strong>de</strong>rung sehe. Der streitgegen‐<br />
ständliche Beanstandungsbescheid erging unter <strong>de</strong>m 17.2.2003 und wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Klägerin am<br />
26.2.2003 zugestellt. Dieser aufgezeigte Verfahrensgang zeigt, dass <strong>de</strong>r Beklagte vor <strong>de</strong>m Er‐<br />
lass seines Beanstandungsbescheids we<strong>de</strong>r durch entsprechen<strong>de</strong> Erklärungen noch durch ein<br />
sonstiges Verhalten <strong>de</strong>n Eindruck erweckt hat, er wer<strong>de</strong> keine Beanstandung <strong>de</strong>r St<strong>ra</strong>ßen‐<br />
ausbaubeit<strong>ra</strong>gssatzung aussprechen. Vielmehr hat er, wenn auch erst gut zwei Jahre nach<br />
<strong>de</strong>r Anzeige <strong>de</strong>r Satzung, auf die Grün<strong>de</strong> <strong>de</strong>r zeitlichen Verzögerung hingewiesen. Die Ver‐<br />
treter <strong>de</strong>r Klägerin haben in <strong>de</strong>r mündlichen Verhandlung bestätigt, dass ihnen diese Grün‐<br />
<strong>de</strong> bekannt waren.<br />
Auch in <strong>de</strong>r Zeit zwischen <strong>de</strong>m Schreiben <strong>de</strong>r Klägerin <strong>vom</strong> 14.7.2002 und <strong>de</strong>m Erlass <strong>de</strong>r<br />
Beanstandungsverfügung ist kein Verhalten <strong><strong>de</strong>s</strong> Beklagten feststellbar und wird von <strong>de</strong>r<br />
Klägerin auch nicht behauptet, das bei ihr <strong>de</strong>n Eindruck hätte entstehen lassen können, <strong>de</strong>r<br />
Beklagte wer<strong>de</strong> im Hinblick auf ihre Darlegung ihrer Auffassung zur Rechtmäßigkeit <strong>de</strong>r<br />
St<strong>ra</strong>ßenausbaubeit<strong>ra</strong>gssatzung keine Beanstandung aussprechen.<br />
Die Beanstandungsverfügung <strong><strong>de</strong>s</strong> Beklagten ist jedoch rechtswidrig, weil die <strong>vom</strong> Beklagten<br />
beanstan<strong>de</strong>te Festsetzung <strong>de</strong>r jeweiligen Höhe <strong>de</strong>r Anteile <strong>de</strong>r Beit<strong>ra</strong>gspflichtigen am bei‐<br />
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<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 13 von 27<br />
t<strong>ra</strong>gsfähigen Aufwand in § 5 Abs. 1 St<strong>ra</strong>ßenausbaubeit<strong>ra</strong>gssatzung nicht aus <strong>de</strong>n von ihm<br />
dargelegten Grün<strong>de</strong>n mit höher<strong>ra</strong>ngigem Recht unvereinbar ist. Die Vorschrift verstößt in‐<br />
soweit we<strong>de</strong>r gegen das in § 28 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 SächsKAG geregelte Vorteilsprinzip<br />
noch gegen <strong>de</strong>n in § 73 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 SächsGemO geregelten Grundsatz <strong>de</strong>r speziellen<br />
Entgeltlichkeit.<br />
<strong>Das</strong> Verwaltungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Gemein<strong>de</strong>n grundsätz‐<br />
lich zur Erhebung von St<strong>ra</strong>ßenausbaubeiträgen und damit auch zum Erlass entsprechen<strong>de</strong>r<br />
Ausbaubeit<strong>ra</strong>gssatzungen verpflichtet sind.<br />
Der erkennen<strong>de</strong> Senat hat in seinem <strong>Urteil</strong> <strong>vom</strong> 23.3.2004 (5 B 6/03, LKV 2005, 24 = SächsVBl.<br />
2005, 112) die vorläufige Auffassung vertreten, dass die Gemein<strong>de</strong>n verpflichtet seien, Aus‐<br />
baubeiträge zu erheben und <strong>de</strong>mzufolge auch Ausbaubeit<strong>ra</strong>gssatzungen zu erlassen. Die<br />
Vorschrift <strong><strong>de</strong>s</strong> § 26 Abs. 1 SächsKAG räume <strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>n trotz <strong>de</strong>r Verwendung <strong><strong>de</strong>s</strong> Beg‐<br />
riffs „können“ kein Ermessen bei <strong>de</strong>r Erhebung von Ausbaubeiträgen ein. Vielmehr dürfte<br />
diesem Begriff die Be<strong>de</strong>utung von „dürfen“ zukommen, ohne dass damit <strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>n<br />
ein Ermessen eingeräumt wer<strong>de</strong>n solle. Der Begriff „können“ dürfte im Sinne eines „Kompe‐<br />
tenz‐Könnens“ zu verstehen sein. Die Erhebung von Ausbaubeiträgen sei <strong>de</strong>n Einnahmebe‐<br />
schaffungsgrundsätzen <strong><strong>de</strong>s</strong> § 73 SächsGemO zu unterstellen. Der in § 73 Abs. 2 SächsGemO<br />
geregelte Grundsatz <strong>de</strong>r speziellen Entgeltlichkeit dürfte zu einer Verpflichtung <strong>de</strong>r Ge‐<br />
mein<strong>de</strong>n führen, auf <strong>de</strong>r Grundlage <strong>de</strong>r in dieser Vorschriften näher geregelten Vo<strong>ra</strong>usset‐<br />
zungen Ausbaubeiträge zu erheben.<br />
Der Senat hält an dieser ‐ lediglich vorläufig geäußerten ‐ Auffassung nicht mehr fest. Die<br />
Gemein<strong>de</strong>n sind we<strong>de</strong>r nach § 26 Abs. 1 SächsKAG noch nach § 73 Abs. 2 SächsGemO ver‐<br />
pflichtet, Ausbaubeiträge zu erheben und wegen <strong><strong>de</strong>s</strong> Satzungsvorbehaltes <strong><strong>de</strong>s</strong> § 2 Abs. 1 Satz<br />
1 SächsKAG Ausbaubeit<strong>ra</strong>gssatzungen zu erlassen. Vielmehr stellt die Vorschrift <strong><strong>de</strong>s</strong> § 26<br />
Abs. 1 Satz 1 SächsKAG im Unterschied zum Baugesetzbuch, welches zur Erhebung von Er‐<br />
schließungsbeiträgen verpflichtet (§ 127 Abs. 1 BauGB), die Erhebung von Beiträgen für<br />
St<strong>ra</strong>ßenausbaumaßnahmen in das kommunalpolitische Ermessen <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>n.<br />
Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG können die Gemein<strong>de</strong>n, soweit das Baugesetzbuch nicht<br />
anzuwen<strong>de</strong>n ist, zur Deckung <strong><strong>de</strong>s</strong> Aufwands für die Anschaffung, Herstellung o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />
Ausbau von St<strong>ra</strong>ßen, Wegen und Plätzen (Verkehrsanlagen) Beiträge für Grundstücke erhe‐<br />
ben, <strong>de</strong>nen durch die Verkehrsanlage Vorteile zuwachsen. Die Fassung dieser Vorschrift<br />
(...können...) überlässt es grundsätzlich <strong>de</strong>r freien Entscheidung <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>n, ob sie über‐<br />
haupt Beiträge erheben wollen. Der Begriff „können“ in § 26 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG ist<br />
nicht im Sinne eines „Kompetenz‐Könnens“ son<strong>de</strong>rn im Sinne eines „Ermessens‐Könnens“<br />
zu verstehen. Zwar muss <strong>de</strong>m Begriff „können“ in § 26 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG nicht, wie<br />
<strong>de</strong>r Senat in seinem <strong>Urteil</strong> <strong>vom</strong> 23.3.2004 ausgeführt hat, zwangsläufig die Be<strong>de</strong>utung eines<br />
„Ermessens‐Könnens“ zukommen. Der Gesetzgeber verwen<strong>de</strong>t aber in <strong>de</strong>r Regel diesen Beg‐<br />
riff, um <strong>de</strong>utlich zu machen, dass <strong>de</strong>n normanwen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Trägern öffentlicher Verwaltung<br />
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<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 14 von 27<br />
ein Ermessen zustehen soll. Diese Be<strong>de</strong>utung kommt auch <strong>de</strong>m Begriff „können“ in § 26 Abs.<br />
1 Satz 1 SächsKAG zu.<br />
Einem solchen Verständnis steht nicht entgegen, dass <strong>de</strong>r Gesetzgeber <strong>de</strong>n gleichen Begriff<br />
in § 40 Abs. 2 SächsKAG im Sinne eines „Dürfens“ verwen<strong>de</strong>t. Diese Begriffsbe<strong>de</strong>utung folgt<br />
unmittelbar aus <strong>de</strong>m Wortlaut <strong>de</strong>r Vorschrift. Mit <strong>de</strong>r Formulierung „nur erhoben wer<strong>de</strong>n<br />
können“ stellt das Gesetz klar, dass Ausbaubeiträge für vor <strong>de</strong>m In‐K<strong>ra</strong>ft‐Treten <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsi‐<br />
schen Kommunalabgabengesetzes begonnene Ausbaumaßnahmen nur erhoben wer<strong>de</strong>n<br />
„dürfen“, wenn sie nach diesem Zeitpunkt endgültig abgeschlossen wur<strong>de</strong>n. Die Norm ist<br />
nicht im Sinne einer <strong>de</strong>n Regelungsbereich <strong>de</strong>r vo<strong>ra</strong>ngehen<strong>de</strong>n Vorschriften erweitern<strong>de</strong>n<br />
Ermächtigung zur Erhebung von Ausbaubeiträgen, son<strong>de</strong>rn vielmehr in einem die Erhe‐<br />
bungsermächtigung einschränken<strong>de</strong>n Sinne zu verstehen. Dieser Normzweck unterschei<strong>de</strong>t<br />
sich von <strong>de</strong>m Normzweck <strong><strong>de</strong>s</strong> § 26 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG als die die grundsätzliche Er‐<br />
mächtigung zur Erhebung von Ausbaubeiträgen regeln<strong>de</strong> Vorschrift und schließt damit die<br />
Übert<strong>ra</strong>gung <strong><strong>de</strong>s</strong> Auslegungsergebnisses hinsichtlich <strong><strong>de</strong>s</strong> Begriffs „können“ auf die letztge‐<br />
nannte Vorschrift aus.<br />
<strong>Das</strong> Verständnis <strong><strong>de</strong>s</strong> § 26 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG als eine Ermessensermächtigung wird<br />
durch die Motive <strong><strong>de</strong>s</strong> Gesetzgebers belegt. In <strong>de</strong>r Begründung <strong><strong>de</strong>s</strong> Regierungsentwurfes zu §<br />
26 SächsKAG, die <strong>vom</strong> Gesetzgeber aufgenommen wur<strong>de</strong>, heißt es:<br />
„Zur Deckung ihres an<strong>de</strong>rweitig nicht ge<strong>de</strong>ckten Aufwands für die erstmalige Herstellung<br />
von Verkehrsanlagen schreibt das BauGB (§§ 127 ff) <strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>n die Erhebung eines Er‐<br />
schließungsbeit<strong>ra</strong>gs von <strong>de</strong>n Grundstückseigentümern vor, die durch die Verkehrsanlage für<br />
ihre Grundstücke Vorteile vermittelt bekommen. <strong>Das</strong> BauGB regelt dagegen nicht, ob die<br />
Gemein<strong>de</strong>n auch zur Deckung ihres Aufwands für die Erweiterung, Verbesserung und Er‐<br />
neuerung bestehen<strong>de</strong>r Verkehrsanlagen (Ausbau) und die erstmalige Herstellung <strong>de</strong>r nicht<br />
von <strong>de</strong>n Vorschriften <strong>de</strong>r §§ 127 ff erfassten Verkehrsanlagen (z. B. Wirtschaftswege) Beiträ‐<br />
ge erheben können. Es stellt jedoch in § 128 Abs. 2 Satz 1 ausdrücklich klar, dass diese Mate‐<br />
rie lan<strong><strong>de</strong>s</strong>rechtlicher Gestaltung vorbehalten bleibt. Außer <strong>de</strong>m Land Ba<strong>de</strong>n‐Württemberg<br />
haben bisher alle Flächenlän<strong>de</strong>r von dieser Möglichkeit Geb<strong>ra</strong>uch gemacht. In einigen Län‐<br />
<strong>de</strong>rn ist sogar durch <strong>de</strong>n Soll‐Grundsatz die Erhebungspflicht für Ausbaubeiträge eingeführt<br />
wor<strong>de</strong>n. Der Regierungsentwurf überlässt es <strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>n, ob und in welchem Umfang<br />
sie von <strong>de</strong>r Erhebungsmöglichkeit von Ausbaubeiträgen Geb<strong>ra</strong>uch machen wollen. Es kann<br />
z. B. durchaus auch auf Ausbaubeiträge für bestimmte Verkehrsanlagen, z. B. Wirtschafts‐<br />
wege, verzichtet wer<strong>de</strong>n. Da das Flurbereinigungsgesetz die (Mit‐)Finanzierung <strong>de</strong>r Wirt‐<br />
schaftswege durch Beiträge <strong>de</strong>r Teilnehmergemeinschaft vorsieht, sollte <strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>n die<br />
Finanzierung <strong><strong>de</strong>s</strong> Ausbaus solcher Wege außerhalb eines Flurbereinigungsverfahrens über<br />
Beiträge <strong>de</strong>r Grundstückseigentümer jedoch nicht verschlossen bleiben. Aus <strong>de</strong>m Grundsatz<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Vor<strong>ra</strong>ngs spezieller Entgelte bei <strong>de</strong>n kommunalen Einnahmebeschaffungsgrundsätzen<br />
lässt sich aber keine Pflicht zur Erhebung von Ausbaubeiträgen herleiten, da Verkehrsanla‐<br />
gen keine öffentlichen Einrichtungen son<strong>de</strong>rn öffentliche Sachen sind, für <strong>de</strong>ren ihrer Wid‐<br />
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.../15
<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 15 von 27<br />
mung entsprechen<strong>de</strong> Nutzung nach <strong>de</strong>m gelten<strong>de</strong>n Recht keine Rechtsgrundlage zur Erhe‐<br />
bung von Leistungsentgelten besteht.“<br />
Diese Begründung <strong><strong>de</strong>s</strong> § 26 <strong><strong>de</strong>s</strong> Regierungsentwurfs, <strong>de</strong>r <strong>vom</strong> Sächsischen Landtag ohne in‐<br />
haltliche Än<strong>de</strong>rungen übernommen und beschlossen wur<strong>de</strong>, zeigt <strong>de</strong>utlich, dass <strong>de</strong>r Gesetz‐<br />
geber <strong>de</strong>n Willen hatte, die Erhebung von Ausbaubeiträgen in das kommunalpolitische Er‐<br />
messen <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>n im Sinne einer Entscheidungsfreiheit zu stellen.<br />
Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten wer<strong>de</strong>n (so aber noch <strong>de</strong>r erkennen<strong>de</strong> Senat in<br />
seinem <strong>Urteil</strong> <strong>vom</strong> 23.3.2004), <strong>de</strong>r Gesetzgeber sei von einem falschen rechtlichen Ansatz<br />
ausgegangen, wenn es im Regierungsentwurf heiße, dass sich aus <strong>de</strong>m Grundsatz <strong><strong>de</strong>s</strong> Vor‐<br />
<strong>ra</strong>ngs spezieller Entgelte keine Pflicht zur Erhebung von Ausbaubeiträgen herleiten lasse,<br />
weil Verkehrsanlagen öffentliche Sachen seien, für <strong>de</strong>ren ihrer Widmung entsprechen<strong>de</strong><br />
Nutzung nach <strong>de</strong>m gelten<strong>de</strong>n Recht keine Rechtsgrundlage zur Erhebung von Leistungsent‐<br />
gelten bestehe. Die damals geäußerte Auffassung <strong><strong>de</strong>s</strong> Senats, dass diese Einschätzung in die‐<br />
ser Allgemeinheit nicht t<strong>ra</strong>gfähig sein dürfte, ist missverständlich. Die Begründung <strong><strong>de</strong>s</strong> Re‐<br />
gierungsentwurfs übernimmt nämlich lediglich die herrschen<strong>de</strong> Auffassung, dass <strong>de</strong>r Ge‐<br />
meingeb<strong>ra</strong>uch von <strong>de</strong>m öffentlichen Verkehr gewidmeten Verkehrsanlagen kostenfrei ist<br />
und <strong><strong>de</strong>s</strong>halb eine Verpflichtung zur Erhebung von Ausbaubeiträgen allein aus <strong>de</strong>n haus‐<br />
haltsrechtlichen Einnahmebeschaffungsgrundsätzen <strong><strong>de</strong>s</strong> § 73 SächsGemO nicht hergeleitet<br />
wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Der Gesetzgeber ist somit zutreffend davon ausgegangen, dass vor <strong>de</strong>m In‐K<strong>ra</strong>ft‐Treten <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Sächsischen Kommunalabgabengesetzes eine Rechtsgrundlage zur Erhebung von Leistungs‐<br />
entgelten für die Inanspruchnahme von <strong>de</strong>m öffentlichen Verkehr gewidmeten Verkehrsan‐<br />
lagen nicht bestand. Die rechtliche Möglichkeit, Leistungsentgelte für Ausbaumaßnahmen<br />
an <strong>de</strong>m öffentlichen Verkehr gewidmeten Verkehrsanlagen zu erheben, wur<strong>de</strong> im Freistaat<br />
Sachsen erstmals mit § 26 Abs. 1 SächsKAG geschaffen. Bestand somit vor <strong>de</strong>m In‐K<strong>ra</strong>ft‐<br />
Treten <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Kommunalabgabengesetzes mangels Vorliegens <strong>de</strong>r tatbestandlichen<br />
Vo<strong>ra</strong>ussetzungen keine aus § 73 Abs. 2 SächsGemO folgen<strong>de</strong> Ermächtigung und folglich<br />
auch keine Pflicht zur Erhebung von Ausbaubeiträgen, so vermag diese Vorschrift, die Leis‐<br />
tungen <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>n im Zusammenhang mit <strong>de</strong>m Gemeingeb<strong>ra</strong>uch von Verkehrsanlagen<br />
ohne Bestehen einer entsprechen<strong>de</strong>n zur Erhebung ermächtigen<strong>de</strong>n gesetzlichen Regelung<br />
nicht erfasst, nicht <strong>de</strong>n Regelungsinhalt <strong>de</strong>r nachträglich eingeführten Erhebungsermächti‐<br />
gung zu bestimmen. Erst durch § 26 Abs. 1 SächsKAG wur<strong>de</strong> ohne ausdrückliche Bezug‐<br />
nahme auf § 73 SächsGemO und damit ohne Inkorpo<strong>ra</strong>tion <strong><strong>de</strong>s</strong> Grundsatzes <strong><strong>de</strong>s</strong> Vor<strong>ra</strong>ngs<br />
spezieller Entgelte in <strong>de</strong>n Regelungsbereich <strong><strong>de</strong>s</strong> § 26 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG erstmals die<br />
Möglichkeit geschaffen, Entgelte für Ausbaumaßnahmen an im Gemeingeb<strong>ra</strong>uch stehen<strong>de</strong>n<br />
Verkehrsanlagen zu verlangen.<br />
Die Verwendung <strong><strong>de</strong>s</strong> in <strong>de</strong>r Regel ein Ermessen eröffnen<strong>de</strong>n Begriffs „können“ sowie die<br />
Gesetzesbegründung, nach <strong>de</strong>r es <strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>n überlassen bleiben soll, ob sie von <strong>de</strong>r Er‐<br />
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.../16
<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 16 von 27<br />
hebungsmöglichkeit von Ausbaubeiträgen Geb<strong>ra</strong>uch machen wollen, zeigen somit, insbe‐<br />
son<strong>de</strong>re auch vor <strong>de</strong>m Hintergrund <strong><strong>de</strong>s</strong> Verständnisses <strong><strong>de</strong>s</strong> § 73 Abs. 2 Nr. 1 SächsGemO als<br />
eine zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t bis zum In‐K<strong>ra</strong>ft‐Treten einer entsprechen<strong>de</strong>n gesetzlichen Erhebungser‐<br />
mächtigung Ausbaumaßnahmen an im Gemeingeb<strong>ra</strong>uch stehen<strong>de</strong>n Verkehrsanlagen nicht<br />
erfassen<strong>de</strong> Regelung, dass § 26 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG nicht im Sinne einer zur Erhebung<br />
von Ausbaubeiträgen verpflichten<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn die Erhebung in das Ermessen <strong>de</strong>r Gemein‐<br />
<strong>de</strong>n stellen<strong>de</strong>n Vorschrift zu verstehen ist. Der Gesetzgeber hat sich in Kenntnis <strong>de</strong>r bis zum<br />
In‐K<strong>ra</strong>ft‐Treten <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Kommunalabgabengesetzes fehlen<strong>de</strong>n Erhebungsmöglich‐<br />
keit von Ausbaubeiträgen für eine Ermessensregelung entschie<strong>de</strong>n. Dieses war ihm auch<br />
bewusst, wie <strong>de</strong>r Hinweis in <strong>de</strong>r oben zitierten Gesetzesbegründung auf die Gesetzeslage in<br />
<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>län<strong>de</strong>rn zeigt. Hier verweist er nicht nur da<strong>ra</strong>uf, dass mit Ausnahme<br />
von Ba<strong>de</strong>n‐Württemberg alle an<strong>de</strong>ren Flächenlän<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r durch § 128 Abs. 2 Satz 1<br />
BauGB eingeräumten Möglichkeit zur Erhebung von Ausbaubeiträgen Geb<strong>ra</strong>uch gemacht<br />
haben, son<strong>de</strong>rn auch auf die teilweise Einführung einer Erhebungspflicht von Ausbaubeiträ‐<br />
gen durch die Verwendung <strong><strong>de</strong>s</strong> Soll‐Grundsatzes.<br />
Der Gesetzesbegründung kann nicht entnommen wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r Gesetzgeber habe sich im<br />
Hinblick auf <strong>de</strong>n Umstand, dass aus <strong>de</strong>n haushaltsrechtlichen Einnahmebeschaffungs‐<br />
grundsätzen <strong><strong>de</strong>s</strong> § 73 SächsGemO allein keine Ermächtigung zur Erhebung von Ausbaubei‐<br />
trägen hergeleitet wer<strong>de</strong>n kann, da<strong>ra</strong>n ‐ irrtümlich ‐ gehin<strong>de</strong>rt gesehen, im Kommunalabga‐<br />
bengesetz eine Erhebungsverpflichtung zu normieren. Vielmehr wird in <strong>de</strong>r Begründung<br />
ausdrücklich auf die in § 128 Abs. 2 Satz 1 BauGB enthaltene Ermächtigung <strong><strong>de</strong>s</strong> Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>ge‐<br />
setzgebers hingewiesen, die Erhebung von Ausbaubeiträgen gesetzlich zu regeln. Ein ein‐<br />
schränken<strong><strong>de</strong>s</strong> Verständnis <strong><strong>de</strong>s</strong> Gesetzgebers in <strong>de</strong>m Sinne, dass die Erhebung von Ausbau‐<br />
beiträgen nur als Ermessensermächtigung ausgestaltet wer<strong>de</strong>n dürfe, lässt sich dieser Be‐<br />
gründung nicht entnehmen. Es war ihm vielmehr bewusst, dass er die Erhebung von Aus‐<br />
baubeiträgen als Verpflichtungs‐ o<strong>de</strong>r Ermessensentscheidung regeln durfte.<br />
Die Gesetzesbegründung ist auch nicht dahingehend zu verstehen, <strong>de</strong>r Gesetzgeber habe mit<br />
seiner Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG <strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>n nicht die Möglichkeit eröff‐<br />
nen wollen, auf die Erhebung von Ausbaumaßnahmen generell, son<strong>de</strong>rn nur hinsichtlich<br />
von Ausbaumaßnahmen an bestimmten Verkehrsanlagen zu verzichten. Auf ein solches das<br />
Ermessen einschränken<strong><strong>de</strong>s</strong> Verständnis <strong><strong>de</strong>s</strong> § 26 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG könnte zwar die<br />
Formulierung in <strong>de</strong>r Gesetzesbegründung hin<strong>de</strong>uten, es könne „z. B. durchaus auch auf<br />
Ausbaubeiträge für bestimmte Verkehrsanlagen, z. B. Wirtschaftswege, verzichtet wer<strong>de</strong>n.“<br />
Diese Begründung kann aber nicht im Sinne einer <strong>vom</strong> Gesetzgeber gewollten grundsätzli‐<br />
chen Erhebungspflicht mit <strong>de</strong>r Möglichkeit eines nur teilweisen, auf bestimmte Verkehrsan‐<br />
lagen beschränkten Absehens von <strong>de</strong>r Erhebungspflicht für Ausbaumaßnahmen verstan<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n. Der Gesetzgeber wollte durch die Formulierung dieses Beispiels lediglich ver<strong>de</strong>utli‐<br />
chen, dass die Gemein<strong>de</strong>n Ausbaumaßnahmen an bestimmten Verkehrsanlagen von einer<br />
Erhebungspflicht ausnehmen können, ohne damit die Erhebungspflicht für sonstige Aus‐<br />
baumaßnahmen ebenfalls ausschließen zu müssen. <strong>Das</strong> Eingehen in <strong>de</strong>r weiteren Begrün‐<br />
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.../17
<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 17 von 27<br />
dung auf die Finanzierung <strong><strong>de</strong>s</strong> Ausbaus von Wirtschaftswegen in einem Flurbereinigungs‐<br />
verfahren zeigt, dass <strong>de</strong>r Gesetzgeber damit lediglich seine Absicht klarstellen wollte, Aus‐<br />
baumaßnahmen an Wirtschaftswegen außerhalb eines Flurbereinigungsverfahrens <strong>de</strong>m aus‐<br />
baubeit<strong>ra</strong>gsrechtlichen Regime mit <strong>de</strong>r Möglichkeit <strong>de</strong>r Beit<strong>ra</strong>gserhebung zu unterstellen, es<br />
aber <strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>n zu überlassen, ob sie von dieser Erhebungsmöglichkeit Geb<strong>ra</strong>uch ma‐<br />
chen wollen o<strong>de</strong>r nicht.<br />
§ 26 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG stellt es somit in das Ermessen <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>n, ob sie von <strong>de</strong>r<br />
Möglichkeit <strong>de</strong>r Erhebung von Ausbaubeiträgen Geb<strong>ra</strong>uch machen wollen o<strong>de</strong>r nicht. Dieses<br />
Ermessen wird entgegen <strong>de</strong>r Auffassung <strong><strong>de</strong>s</strong> Verwaltungsgerichts grundsätzlich nicht durch<br />
die Grundsätze <strong>de</strong>r Einnahmebeschaffung <strong><strong>de</strong>s</strong> § 73 Abs. 2 Nr. 1 SächsGemO eingeschränkt.<br />
Nach Absatz 1 dieser Vorschrift erhebt die Gemein<strong>de</strong> Abgaben nach <strong>de</strong>n gesetzlichen Vor‐<br />
schriften; nach Absatz 2 hat sie die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erfor<strong>de</strong>rlichen Einnahmen<br />
soweit vertretbar und geboten vor<strong>ra</strong>ngig aus speziellen Entgelten für die von ihr erb<strong>ra</strong>chten<br />
Leistungen und erst nach<strong>ra</strong>ngig aus Steuern zu beschaffen. § 73 Abs. 4 SächsGemO ergänzt<br />
diesen Grundsatz hinsichtlich <strong>de</strong>r Zulässigkeit <strong>de</strong>r Aufnahme von Krediten. Danach darf die<br />
Gemein<strong>de</strong> Kredite nur aufnehmen, wenn eine an<strong>de</strong>re Finanzierung nicht möglich ist o<strong>de</strong>r<br />
wirtschaftlich unzweckmäßig wäre.<br />
§ 73 Abs. 2 und 4 SächsGemO stellt folgen<strong>de</strong> verbindliche Reihenfolge <strong>de</strong>r Deckungsmittel<br />
auf:<br />
1. spezielle Entgelte<br />
2. Steuern<br />
3. Kredite<br />
Spezielle Entgelte sind Verwaltungsgebühren, Benutzungsgebühren, privatrechtliche Benut‐<br />
zungsentgelte und Beiträge. Die in § 73 Abs. 2 Nr. 1 SächsGemO geregelte Vor<strong>ra</strong>ngigkeit <strong>de</strong>r<br />
speziellen Entgelte vor Steuern folgt aus <strong>de</strong>m Verursacherprinzip und dient <strong>de</strong>m Vor‐<br />
teilsausgleich (Schmid, in: Quecke/Schmid, aaO, RdNr. 15 zu § 73). Derjenige, <strong>de</strong>r aus spe‐<br />
ziellen Leistungen <strong>de</strong>r Verwaltung individuell zurechenbare Vorteile erfährt, soll auch die<br />
dabei anfallen<strong>de</strong>n Kosten t<strong>ra</strong>gen und nicht anonym <strong>de</strong>r Steuerzahler.<br />
Diese Grundsätze <strong>de</strong>r Einnahmebeschaffung sind für die Gemein<strong>de</strong>n rechtlich verpflichtend.<br />
Die durch § 73 Abs. 2 SächsGemO bestimmte Rangfolge <strong>de</strong>r Einnahmequellen wird aller‐<br />
dings relativiert durch die unbestimmten Rechtsbegriffe <strong>de</strong>r Vertretbarkeit und <strong><strong>de</strong>s</strong> Gebo‐<br />
tenseins (vgl. § 73 Abs. 2 Nr. 1 SächsGemO) sowie <strong>de</strong>r Pflicht zur Rücksichtnahme auf die<br />
wirtschaftlichen Kräfte <strong>de</strong>r Zahlungspflichtigen, also <strong>de</strong>r Abgabenschuldner (§ 73 Abs. 3<br />
SächsGemO).<br />
Der Grundsatz <strong><strong>de</strong>s</strong> Gebotenseins be<strong>de</strong>utet die For<strong>de</strong>rung nach einer vollen Kosten<strong>de</strong>ckung<br />
und verweist hierbei auf die Beachtung <strong><strong>de</strong>s</strong> Äquivalenzprinzips als Ausfluss <strong><strong>de</strong>s</strong> Verhält‐<br />
nismäßigkeitsgrundsatzes. Der Grundsatz <strong>de</strong>r Vertretbarkeit und das Rücksichtnahmegebot<br />
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.../18
<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 18 von 27<br />
reklamieren die He<strong>ra</strong>nziehung <strong><strong>de</strong>s</strong> Sozialstaatsprinzips, speziell <strong><strong>de</strong>s</strong> Zumutbarkeitsgedan‐<br />
kens zur Rangbestimmung. Mit diesen drei Grundsätzen bringt das Gesetz das Spannungs‐<br />
verhältnis zwischen finanzwirtschaftlichen und sozialen Anfor<strong>de</strong>rungen zum Ausdruck.<br />
Der Grundsatz <strong><strong>de</strong>s</strong> Gebotenseins führt dazu, dass eine volle Kosten<strong>de</strong>ckung anzustreben ist,<br />
wenn das wirtschaftliche Interesse <strong>de</strong>r Leistungsempfänger im Vor<strong>de</strong>rgrund steht und <strong>de</strong>m<br />
keine sozialen Aspekte entgegenstehen. Je höher das wirtschaftliche Interesse anzusetzen ist,<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong>to höher sollte <strong>de</strong>r Umfang <strong>de</strong>r Kosten<strong>de</strong>ckung sein. Da<strong>ra</strong>us folgt, dass die <strong>vom</strong> Senat in<br />
seinem <strong>Urteil</strong> <strong>vom</strong> 23.3.2004 ange<strong>de</strong>utete Auffassung, <strong>de</strong>r Grundsatz <strong><strong>de</strong>s</strong> Gebotenseins be‐<br />
grün<strong>de</strong> nur dann eine Erhebungspflicht, wenn die Gemein<strong>de</strong> nicht über ausreichen<strong>de</strong> sons‐<br />
tige Einnahmen verfüge, um die St<strong>ra</strong>ßenbaumaßnahme zu finanzieren, so nicht haltbar ist.<br />
Auf die Finanzierungsmöglichkeit mit <strong>de</strong>n vorhan<strong>de</strong>nen Mitteln dürfte es nämlich nicht an‐<br />
kommen.<br />
Der Grundsatz <strong>de</strong>r Vertretbarkeit und das Rücksichtnahmegebot geben <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> einen<br />
Gestaltungsspiel<strong>ra</strong>um. <strong>Das</strong> Äquivalenzprinzip und <strong>de</strong>r Grundsatz <strong>de</strong>r speziellen Entgelt‐<br />
lichkeit dürften jedoch <strong>de</strong>r Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte enge Grenzen setzen,<br />
soweit nicht spezielle gesetzliche Regelungen dies erlauben. <strong>Das</strong> Verwaltungsgericht ist da‐<br />
bei zutreffend davon ausgegangen, dass <strong>de</strong>r Vertretbarkeitsgrundsatz und das Rücksicht‐<br />
nahmegebot auf die Belastung <strong>de</strong>r Gesamtheit <strong>de</strong>r Abgabepflichtigen durch die Gesamtheit<br />
<strong>de</strong>r Abgaben abstellen. Nur wenn die von <strong>de</strong>r Mehrzahl <strong>de</strong>r Bürger zu leisten<strong>de</strong>n Abgaben<br />
insgesamt ein zumutbares Maß überschreiten und die Finanzk<strong>ra</strong>ft <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> es zulässt,<br />
könne Abgabensenkungen in Bet<strong>ra</strong>cht kommen.<br />
Ein solches Verständnis <strong>de</strong>r Grundsätze <strong>de</strong>r Einnahmebeschaffung verpflichtet die Gemein‐<br />
<strong>de</strong>n im Rahmen <strong>de</strong>r gesetzlichen Vorgaben spezielle Entgelte zu erheben und davon nur un‐<br />
ter <strong>de</strong>n in § 73 Abs. 2 ‐ 4 SächsGemO geregelten Vo<strong>ra</strong>ussetzungen abweichen zu dürfen.<br />
Die in § 26 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG geregelte im Ermessen <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>n stehen<strong>de</strong> Mög‐<br />
lichkeit <strong>de</strong>r Erhebung von Ausbaubeiträgen ist jedoch durch diese Grundsätze <strong>de</strong>r Einnah‐<br />
mebeschaffung nicht im Sinne einer grundsätzlichen Verpflichtung zur Erhebung von Aus‐<br />
baubeiträgen eingeschränkt. Die Ermächtigung zur Erhebung von Ausbaubeiträgen t<strong>ra</strong>t zeit‐<br />
lich nach <strong>de</strong>r Sächsischen Gemein<strong>de</strong>ordnung in K<strong>ra</strong>ft; es kann auch nicht festgestellt wer<strong>de</strong>n,<br />
dass <strong>de</strong>r Gesetzgeber die Grundsätze <strong>de</strong>r Einnahmebeschaffung <strong><strong>de</strong>s</strong> § 73 SächsGemO als<br />
<strong>de</strong>m in § 26 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG geregelten Grundsatz <strong>de</strong>r Ermessensermächtigung vor‐<br />
gehend regeln wollte.<br />
Die inhaltlichen Unterschiedlichkeiten <strong>de</strong>r Regelungen in § 73 SächsGemO (Pflicht zur Erhe‐<br />
bung von speziellen Entgelten bei Vorliegen <strong>de</strong>r tatbestandlichen Vo<strong>ra</strong>ussetzungen) und in §<br />
26 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG (Ermessen bezüglich <strong>de</strong>r Erhebung von Ausbaubeiträgen) führen<br />
zu einem Regelungskonflikt, <strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>n allgemeinen Normenkollisionsregeln zu lösen ist.<br />
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.../19
<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 19 von 27<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine Kollision innerhalb <strong>de</strong>rselben Rechtsebene, die <strong><strong>de</strong>s</strong>halb nach<br />
<strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Kollisionsregeln<br />
lex posterior <strong>de</strong>rogat legi priori<br />
und<br />
lex specialis <strong>de</strong>rogat legi gene<strong>ra</strong>li<br />
zu lösen ist. Dabei geht die zweite Normenkollisionsregel <strong>de</strong>r ersten vor, wo<strong>ra</strong>us sich die<br />
folgen<strong>de</strong> allgemeinere Kollisionsregel ergibt:<br />
lex specialis prior <strong>de</strong>rogat legi gene<strong>ra</strong>li posteriori.<br />
Ausgehend von dieser Kollisionsregel geht die Ermessensermächtigung in § 26 Abs. 1 Satz 1<br />
SächsKAG als speziellere und spätere Regelung <strong>de</strong>r allgemeinen und zeitlich vorhergehen‐<br />
<strong>de</strong>n Regelung in § 73 SächsGemO grundsätzlich vor.<br />
Der erkennen<strong>de</strong> Senat hat in seinem <strong>Urteil</strong> <strong>vom</strong> 23.3.2004 ausgeführt, dass er erhebliche Be‐<br />
<strong>de</strong>nken an <strong>de</strong>m Verständnis <strong><strong>de</strong>s</strong> § 26 Abs. 1 Satz 1 SächsKG als eine gegenüber <strong>de</strong>m § 73<br />
SächsGemO speziellere Vorschrift habe. Der Senat hält an dieser Auffassung nicht mehr fest.<br />
§ 73 Abs. 2 Nr. 1 SächsGemO bezieht sich auf Entgelte. Hierbei han<strong>de</strong>lt es sich um einen O‐<br />
berbegriff, <strong>de</strong>r neben Gebühren usw. auch Beiträge erfasst. Ausbaubeiträge hat <strong>de</strong>r sächsi‐<br />
sche Gesetzgeber gegenüber <strong>de</strong>n sonstigen Beiträgen in § 17 SächsKAG einer selbstständigen<br />
Regelung unterworfen und ihre Erhebung im Gegensatz zu Regelungen in Kommunalabga‐<br />
bengesetzen an<strong>de</strong>rer Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>län<strong>de</strong>r sehr differenziert ausgestaltet. <strong>Das</strong>s <strong>de</strong>r Gesetzgeber<br />
auch eine gegenüber <strong>de</strong>m § 73 SächsGemO speziellere Regelung gewollt hat, wird durch die<br />
Begründung <strong><strong>de</strong>s</strong> Gesetzentwurfes zu § 26 SächsKAG bestätigt. Er sah einen beson<strong>de</strong>ren<br />
Handlungsbedarf, <strong>de</strong>r allein durch die Grundsätze <strong>de</strong>r Einnahmebeschaffung nicht erfüllt<br />
wer<strong>de</strong>n konnte und hat <strong><strong>de</strong>s</strong>halb die Regelungen in <strong>de</strong>n §§ 26 ff. SächsKAG beschlossen.<br />
Ausweislich <strong>de</strong>r Gesetzesbegründung war es ihm auch bewusst, dass die Möglichkeit <strong>de</strong>r<br />
Regelung einer Erhebungsermächtigung als Erhebungspflicht bestand und hat sich aus‐<br />
drücklich für eine in das Ermessen <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>n gestellte Erhebungsermächtigung ent‐<br />
schie<strong>de</strong>n.<br />
Die Sächsische Gemein<strong>de</strong>ordnung i.d.F. <strong>vom</strong> 23.4.1993 und mit ihr die Vorschrift <strong><strong>de</strong>s</strong> § 73<br />
SächsGemO t<strong>ra</strong>ten am 1.5.1993 in K<strong>ra</strong>ft (§ 132 Abs. 1 Satz 1 SächsGemO). <strong>Das</strong> Sächsische<br />
Kommunalabgabengesetz i.d.F. <strong>vom</strong> 16.6.1993 und mit ihm die Vorschrift <strong><strong>de</strong>s</strong> § 26<br />
SächsKAG t<strong>ra</strong>ten am 1.9.1993 (§ 40 Abs. 1 SächsKAG) und damit zeitlich nach <strong>de</strong>r Sächsi‐<br />
schen Gemein<strong>de</strong>ordnung in K<strong>ra</strong>ft.<br />
<strong>Das</strong> Verständnis <strong>de</strong>r Regelungen <strong>de</strong>r §§ 26 ff. SächsKAG als gegenüber <strong>de</strong>m § 73<br />
SächsGemO speziellere Regelungen sowie die zeitliche Reihenfolge <strong><strong>de</strong>s</strong> In‐K<strong>ra</strong>ft‐Tretens <strong>de</strong>r<br />
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.../20
<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 20 von 27<br />
bei<strong>de</strong>n Regelwerke schließen somit ein Verständnis <strong><strong>de</strong>s</strong> § 26 Abs. 1 Satz 1 SächsGemO im<br />
Sinne einer Erhebungsverpflichtung von Ausbaubeiträgen aus.<br />
Eine Verpflichtung zur Erhebung von Ausbaubeiträgen folgt <strong><strong>de</strong>s</strong>halb auch nicht aus <strong>de</strong>m<br />
Umstand, dass die in § 73 SächsGemO geregelten Grundsätze über die Rangfolge <strong>de</strong>r Ein‐<br />
nahmequellen verbindliches Haushaltsrecht für die Gemein<strong>de</strong>n sind. Ob die Gemein<strong>de</strong>n bei<br />
<strong>de</strong>r Rangfestlegung, welche maßgeblich an <strong>de</strong>n die Pflicht zur Erhebung von speziellen Ent‐<br />
gelten einschränken<strong>de</strong>n unbestimmten Rechtsbegriffen „soweit vertretbar und geboten“ im<br />
Sinne <strong><strong>de</strong>s</strong> § 73 Abs. 2 Nr. 1 SächsGemO auszurichten ist, einen weiten Beurteilungsspiel<strong>ra</strong>um<br />
haben (so VGH Bad.‐Württ., Urt. v. 31.8.1989 ‐ 2 S 2805/87 ‐) ist hier nicht näher zu prüfen.<br />
Aus <strong>de</strong>n vorgenannten Grün<strong>de</strong>n steht die Vorschrift <strong><strong>de</strong>s</strong> § 26 Abs. 1 SächsKAG und damit<br />
die Erhebung von Ausbaubeiträgen nämlich grundsätzlich nicht unter <strong>de</strong>m Regime <strong><strong>de</strong>s</strong> § 73<br />
SächsGemO mit <strong>de</strong>r Folge, dass die Gemein<strong>de</strong>n bei Ausbaumaßnahmen im Sinne <strong>de</strong>r §§ 26<br />
ff. SächsKAG grundsätzlich nicht an die Rangfolge <strong>de</strong>r Einnahmequellen gebun<strong>de</strong>n sind.<br />
Eine an<strong>de</strong>re rechtliche Beurteilung dieser F<strong>ra</strong>ge könnte allerdings dann angezeigt sein, wenn<br />
die Gemein<strong>de</strong> die Ausbaumaßnahmen mit Krediten finanzieren will und die entsprechen<strong>de</strong>n<br />
Kreditverpflichtungen die dauern<strong>de</strong> Leistungsfähigkeit <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> gefähr<strong>de</strong>n. Will eine<br />
Gemein<strong>de</strong> Ausbaumaßnahmen mit Krediten (§ 73 Abs. 4 SächsGemO) finanzieren, so han‐<br />
<strong>de</strong>lt es sich dabei um Kreditaufnahmen für Investitionen, die nach § 74 Abs. 2 Nr. 1 lit. B<br />
SächsGemO als Kreditermächtigungen in die Haushaltssatzung/en <strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r <strong><strong>de</strong>s</strong> Haushalts‐<br />
jahre/s einzustellen sind, in <strong>de</strong>m/<strong>de</strong>nen die Ausbaumaßnahmen durchgeführt und die dafür<br />
erfor<strong>de</strong>rlichen Kredite aufgenommen wer<strong>de</strong>n sollen. § 82 Abs. 2 SächsGemO bestimmt, dass<br />
<strong>de</strong>r Gesamtbet<strong>ra</strong>g <strong>de</strong>r vorgesehenen Kreditaufnahmen für Investitionen und Investitionsför‐<br />
<strong>de</strong>rungsmaßnahmen im Rahmen <strong>de</strong>r Haushaltssatzung <strong>de</strong>r Genehmigung durch die Recht‐<br />
saufsichtsbehör<strong>de</strong> bedarf. Diese darf eine Kreditaufnahme grundsätzlich nur dann genehmi‐<br />
gen, wenn die materiellen und formellen Kreditvo<strong>ra</strong>ussetzungen vorliegen. Formelle Vor‐<br />
aussetzungen sind, dass die Kreditaufnahmen als vermögenswirksame Einnahmen im Ver‐<br />
mögenshaushalt ve<strong>ra</strong>nschlagt sind und <strong>de</strong>r Gesamtbet<strong>ra</strong>g <strong>de</strong>r Kredite für Investitionen und<br />
Investitionsför<strong>de</strong>rungsmaßnahmen in <strong>de</strong>r Haushaltssatzung aufgeführt ist. Zu <strong>de</strong>n materiel‐<br />
len Vo<strong>ra</strong>ussetzungen zählt grundsätzlich die Beachtung <strong><strong>de</strong>s</strong> Subsidiaritätsgrundsatzes <strong><strong>de</strong>s</strong> §<br />
73 Abs. 4 SächsGemO. Aus <strong>de</strong>n oben dargestellten Grün<strong>de</strong>n gilt dies jedoch grundsätzlich<br />
nicht für die Finanzierung von Ausbaumaßnahmen im Sinne <strong>de</strong>r §§ 26 ff. SächsKAG.<br />
Materielle Vo<strong>ra</strong>ussetzung für die auch <strong>de</strong>r Finanzierung von Ausbaumaßnahmen dienen<strong>de</strong><br />
Kreditaufnahme und damit ihrer Genehmigungsfähigkeit ist dagegen <strong>de</strong>r Grundsatz einer<br />
geordneten Haushaltswirtschaft im Sinne <strong><strong>de</strong>s</strong> § 82 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO. Nach dieser<br />
Vorschrift soll die Genehmigung <strong><strong>de</strong>s</strong> Gesamtbet<strong>ra</strong>gs <strong>de</strong>r vorgesehenen Kreditaufnahmen für<br />
u.a. Investitionen im Rahmen <strong>de</strong>r Haushaltssatzung unter <strong>de</strong>m Gesichtspunkt einer geordne‐<br />
ten Haushaltswirtschaft erteilt o<strong>de</strong>r versagt wer<strong>de</strong>n. § 82 Abs. 2 Satz 3 SächsGemO präzisiert<br />
diese Genehmigungsvo<strong>ra</strong>ussetzung dahin, dass die Genehmigung in <strong>de</strong>r Regel zu versagen<br />
ist, wenn die Kreditverpflichtungen die dauern<strong>de</strong> Leistungsfähigkeit gefähr<strong>de</strong>n. Zwar sind<br />
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.../21
<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 21 von 27<br />
diese Vorschriften nicht als Muss‐ son<strong>de</strong>rn als Soll‐ bzw. Regelvorschriften ausgestaltet. Dies<br />
be<strong>de</strong>utet jedoch, dass die Genehmigung grundsätzlich zu versagen ist, wenn die Vo<strong>ra</strong>usset‐<br />
zungen für die Kreditermächtigungen nicht vorliegen und nur in Ausnahmefällen die Ge‐<br />
nehmigung trotz Nichtvorliegens dieser Vo<strong>ra</strong>ussetzungen erteilt wer<strong>de</strong>n darf.<br />
Liegen die Vo<strong>ra</strong>ussetzungen für eine Genehmigung <strong>de</strong>r Kreditermächtigungen nicht vor und<br />
enthalten diese auch Ausbaumaßnahmen im Sinne <strong>de</strong>r §§ 26 ff. SächsKAG betreffen<strong>de</strong> Inves‐<br />
titionen, könnte dies ausnahmsweise das Ermessen <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> auf eine Erhebungspflicht<br />
reduzieren. Die in diesem Zusammenhang aufzuwerfen<strong>de</strong>n F<strong>ra</strong>gen nach <strong>de</strong>m Vorliegen <strong>de</strong>r<br />
Vo<strong>ra</strong>ussetzungen für eine fehlen<strong>de</strong> Genehmigungsfähigkeit <strong>de</strong>r in einem Haushaltsplan ent‐<br />
haltenen Kreditermächtigung, <strong>de</strong>n rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>n zur<br />
Herbeiführung <strong>de</strong>r Genehmigungsfähigkeit ge<strong>ra</strong><strong>de</strong> auch im Hinblick auf beabsichtigte Aus‐<br />
baumaßnahmen im Sinne <strong>de</strong>r §§ 26 ff. SächsKAG sowie die rechtlichen Einwirkungsmög‐<br />
lichkeiten <strong>de</strong>r Rechtsaufsicht bedürfen hier jedoch keiner weiteren Erörterung. Die Bean‐<br />
standungsverfügung wur<strong>de</strong> ausschließlich damit begrün<strong>de</strong>t, dass aus § 26 Abs. 1 Satz 1<br />
SächsKAG i. V. mit <strong>de</strong>n Einnahmebeschaffungsgrundsätzen <strong><strong>de</strong>s</strong> § 73 SächsGemO eine Pflicht<br />
zur Erhebung von Ausbaubeiträgen bestehe. Der Beklagte ging selbst nicht von einer haus‐<br />
haltsrechtlichen „Schieflage“ im Sinne <strong><strong>de</strong>s</strong> § 82 Abs. 2 SächsGemO aus. Es ist nichts dafür<br />
vorget<strong>ra</strong>gen und auch nicht ersichtlich, dass Kreditverpflichtungen die dauern<strong>de</strong> Leistungs‐<br />
fähigkeit <strong>de</strong>r Klägerin gefähr<strong>de</strong>n. Die Klägerin hat im Berufungsverfahren und auch noch‐<br />
mals in <strong>de</strong>r mündlichen Verhandlung unwi<strong>de</strong>rsprochen auf eine seit Jahren bestehen<strong>de</strong> posi‐<br />
tive Nettoinvestitions<strong>ra</strong>te hingewiesen. Die Nettoinvestitions<strong>ra</strong>te gibt an, welcher Bet<strong>ra</strong>g von<br />
<strong>de</strong>r allgemeinen Zuführung an <strong>de</strong>n Vermögenshaushalt nach Abzug <strong>de</strong>r or<strong>de</strong>ntlichen Kre‐<br />
dittilgung, <strong>de</strong>r Kreditbeschaffungskosten, <strong>de</strong>r Belastungen <strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>m Vermögenshaushalt<br />
zu ve<strong>ra</strong>nschlagen<strong>de</strong>n kreditähnlichen Rechtsgeschäften und gegebenenfalls <strong>de</strong>r Deckung<br />
von Haushaltsfehlbeträgen noch für Investitionen zur Verfügung stehen. Eine positive Net‐<br />
toinvestitions<strong>ra</strong>te schließt eine Gefährdung <strong>de</strong>r dauern<strong>de</strong>n Leistungsfähigkeit <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong><br />
aus.<br />
Die <strong>de</strong>r Klägerin somit eingeräumte Entscheidungsfreiheit über das „Ob“ bezieht jedoch<br />
nicht im gleichen Umfang das „Wie“ <strong>de</strong>r Beit<strong>ra</strong>gserhebung ein. Schafft nämlich eine Ge‐<br />
mein<strong>de</strong> durch eine St<strong>ra</strong>ßenausbaubeit<strong>ra</strong>gssatzung die Vo<strong>ra</strong>ussetzungen für die Erhebung<br />
von Ausbaubeiträgen, so ist sie hinsichtlich <strong>de</strong>r Ausgestaltung <strong>de</strong>r Satzung und damit auch<br />
<strong>de</strong>r Anteile <strong>de</strong>r Allgemeinheit und <strong>de</strong>r Anlieger am beit<strong>ra</strong>gsfähigen Aufwand <strong>de</strong>n rechtli‐<br />
chen Bindungen <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Kommunalabgabengesetzes unterworfen. Die von <strong>de</strong>n<br />
Gemein<strong>de</strong>n zu erheben<strong>de</strong>n Beiträge müssen im richtigen Verhältnis zu <strong>de</strong>n Vorteilen stehen,<br />
die <strong>de</strong>n in § 21 i.V.m. § 31 SächsKAG bezeichneten Beit<strong>ra</strong>gsschuldnern durch die Inan‐<br />
spruchnahme <strong>de</strong>r Verkehrsanlagen geboten wer<strong>de</strong>n.<br />
§ 26 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG bestimmt, dass die Gemein<strong>de</strong>n für die Deckung <strong><strong>de</strong>s</strong> Aufwands<br />
für in dieser Vorschrift näher bezeichnete Maßnahmen Beiträge für Grundstücke erheben<br />
können, <strong>de</strong>nen durch die Verkehrsanlage Vorteile zuwachsen. Die Beiträge sind gemäß § 28<br />
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.../22
<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 22 von 27<br />
Abs. 1 Satz 1 SächsKAG nach <strong>de</strong>n Vorteilen zu bemessen. Soweit Verkehrsanlagen neben<br />
<strong>de</strong>n Beit<strong>ra</strong>gspflichtigen auch <strong>de</strong>r Allgemeinheit zugute kommen, hat <strong>de</strong>r Beit<strong>ra</strong>gsberechtigte<br />
‐ die Gemein<strong>de</strong> ‐ einen angemessenen, <strong>de</strong>m Vorteil <strong>de</strong>r Allgemeinheit entsprechen<strong>de</strong>n Anteil<br />
(öffentliches Interesse) <strong><strong>de</strong>s</strong> beit<strong>ra</strong>gsfähigen Aufwands selbst zu t<strong>ra</strong>gen. Hinsichtlich <strong><strong>de</strong>s</strong> Um‐<br />
fangs <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Interesses und damit <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Anteils am beit<strong>ra</strong>gsfähigen<br />
Aufwand bestimmt § 28 Abs. 2 Satz SächsKAG, dass <strong>de</strong>r Anteil <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Interesses<br />
bei Verkehrsanlagen, die überwiegend <strong>de</strong>m Anliegerverkehr dienen, min<strong><strong>de</strong>s</strong>tens 25 <strong>vom</strong><br />
Hun<strong>de</strong>rt, bei Verkehrsanlagen, die überwiegend <strong>de</strong>m innerörtlichen Durchgangsverkehr<br />
dienen, min<strong><strong>de</strong>s</strong>tens 50 <strong>vom</strong> Hun<strong>de</strong>rt und bei Verkehrsanlagen, die überwiegend <strong>de</strong>m über‐<br />
örtlichen Durchgangsverkehr dienen, min<strong><strong>de</strong>s</strong>tens 75 <strong>vom</strong> Hun<strong>de</strong>rt <strong><strong>de</strong>s</strong> beit<strong>ra</strong>gsfähigen Auf‐<br />
wands beträgt.<br />
Der Wortlaut <strong><strong>de</strong>s</strong> § 28 Abs. 1 Satz 2 SächsKAG legt ein Verständnis <strong>de</strong>r Norm in <strong>de</strong>m Sinne<br />
nahe, die von <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> vorzunehmen<strong>de</strong> Bestimmung <strong><strong>de</strong>s</strong> Anteils <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Inte‐<br />
resses sei ausschließlich nach <strong>de</strong>m Grundsatz vorzunehmen, dass <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>anteil <strong>de</strong>n<br />
Vorteil wi<strong>de</strong>rspiegeln müsse, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Allgemeinheit im Verhältnis zur Gruppe <strong>de</strong>r Beit<strong>ra</strong>gs‐<br />
pflichtigen durch die Inanspruchnahme <strong>de</strong>r ausgebauten Verkehrsanlage geboten wer<strong>de</strong>. Ein<br />
solches Verständnis, das zwar <strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>r Bestimmung <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Anteils<br />
einen ortsgesetzgeberischen Ermessensspiel<strong>ra</strong>um einräumt, seine Ausübung aber unter <strong>de</strong>n<br />
Grundsatz <strong>de</strong>r vorteilsgerechten Bestimmung stellt, wi<strong>de</strong>rspricht <strong>de</strong>r Regelung in § 26 Abs. 1<br />
Satz 1 SächsKAG, die die Erhebung von Ausbaubeiträgen in das weite Ermessen <strong>de</strong>r<br />
Gemein<strong>de</strong> stellt. Dies lässt ein wie <strong>vom</strong> Verwaltungsgericht vertretenes Verständnis <strong>de</strong>r<br />
Regelungen über die Bestimmung <strong>de</strong>r öffentlichen Anteile am ausbaubeit<strong>ra</strong>gsfähigen Auf‐<br />
wand nicht zu. Entschei<strong>de</strong>t sich eine Gemein<strong>de</strong>, Ausbaubeiträge zu erheben, so muss das ihr<br />
zustehen<strong>de</strong> weite Ermessen bei ihrer Entscheidung über die Regelung einer Beit<strong>ra</strong>gserhe‐<br />
bung folgerichtig auch für die Bestimmung <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Anteils am beit<strong>ra</strong>gsfähigen<br />
Aufwand gelten. Eine Einschränkung erfährt dieses weite Ermessen durch die Regelung,<br />
dass die Beiträge vorteilsgerecht zu bestimmen sind und damit <strong>de</strong>r öffentliche Anteil am bei‐<br />
t<strong>ra</strong>gsfähigen Aufwand nicht in einem Umfang bestimmt wer<strong>de</strong>n darf, <strong>de</strong>r zu einem nicht<br />
mehr vorteilsgerechten Anliege<strong>ra</strong>nteil und damit Ausbaubeit<strong>ra</strong>g führt. Der Vorteilsgrund‐<br />
satz be<strong>de</strong>utet somit bei <strong>de</strong>r Festsetzung <strong><strong>de</strong>s</strong> Anteils <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Interesses eine von <strong>de</strong>r<br />
Gemein<strong>de</strong> zu beachten<strong>de</strong> Untergrenze, nicht aber auch eine wie <strong>vom</strong> Verwaltungsgericht<br />
angenommene Obergrenze. Die Bestimmung über die vorteilsgerechte Festsetzung <strong><strong>de</strong>s</strong> öf‐<br />
fentlichen Anteils dient ausschließlich <strong>de</strong>m Schutz <strong>de</strong>r Beit<strong>ra</strong>gspflichtigen und begrenzt <strong>de</strong>‐<br />
ren Beit<strong>ra</strong>gspflicht. Sie hin<strong>de</strong>rt dagegen die Gemein<strong>de</strong> nicht, <strong>de</strong>n öffentlichen Anteil über<br />
<strong>de</strong>n Vorteil <strong>de</strong>r Allgemeinheit hinausgehend und damit im Ergebnis zugunsten <strong>de</strong>r Beit<strong>ra</strong>g‐<br />
pflichtigen sich auswirkend festzusetzen.<br />
Ein an<strong>de</strong>res Verständnis <strong><strong>de</strong>s</strong> § 28 Abs. 1 Satz 2 SächsKAG wür<strong>de</strong> zu einem Regelungswi<strong>de</strong>r‐<br />
spruch/Wertungswi<strong>de</strong>rspruch führen. Eine Gemein<strong>de</strong> ist je<strong>de</strong>nfalls dann, wenn eine Haus‐<br />
haltsschieflage im Sinne <strong><strong>de</strong>s</strong> § 82 Abs. 2 SächsGemO nicht besteht, berechtigt, ohne nähere<br />
Begründung von <strong>de</strong>r Erhebung von Ausbaubeiträgen abzusehen. Verpflichtet man sie für<br />
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.../23
<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 23 von 27<br />
<strong>de</strong>n Fall, dass sie von <strong>de</strong>r Möglichkeit <strong>de</strong>r Erhebung von Ausbaubeiträgen Geb<strong>ra</strong>uch macht,<br />
<strong>de</strong>n öffentlichen Anteil am beit<strong>ra</strong>gsfähigen Aufwand in <strong>de</strong>m Sinne am Vorteilsgrundsatz<br />
auszurichten, dass sie im Rahmen <strong><strong>de</strong>s</strong> ihr zustehen<strong>de</strong>n ortsgesetzgeberischen Ermessens nur<br />
in einem eingeschränkten Umfang über das Interesse <strong>de</strong>r Allgemeinheit hinausgehen und<br />
<strong>de</strong>n öffentlichen Anteil entsprechend und damit zugunsten <strong>de</strong>r Beit<strong>ra</strong>gspflichtigen festsetzen<br />
darf, wür<strong>de</strong> dies im Ergebnis zu einer Einschränkung <strong>de</strong>r Entscheidungsfreiheit <strong>de</strong>r Ge‐<br />
mein<strong>de</strong>n hinsichtlich <strong>de</strong>r Erhebung von Ausbaubeiträgen führen. Sie müsste sich nämlich<br />
bereits bei <strong>de</strong>r F<strong>ra</strong>ge über das „Ob“ einer Beit<strong>ra</strong>gserhebung mit <strong>de</strong>r F<strong>ra</strong>ge befassen, ob sie ei‐<br />
ne Belastung <strong>de</strong>r Beit<strong>ra</strong>gspflichtigen in Kauf nehmen will, die <strong>de</strong>ren Vorteil durch die Inan‐<br />
spruchnahme <strong>de</strong>r ausgebauten Verkehrsanlage im Wesentlichen abbil<strong>de</strong>t. Will sie eine <strong>de</strong><strong>ra</strong>r‐<br />
tige Belastung <strong>de</strong>r Beit<strong>ra</strong>gspflichtigen nicht hinnehmen, sähe sie sich gezwungen, auf eine<br />
Erhebung von Ausbaubeiträgen gänzlich zu verzichten. Dies wäre jedoch mit <strong>de</strong>n oben ent‐<br />
wickelten Grundsätzen zur F<strong>ra</strong>ge <strong>de</strong>r Erhebungspflicht nicht vereinbar, da eine solche Auf‐<br />
fassung die Entscheidungsfreiheit <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>n in einem nicht unerheblichen Umfang ein‐<br />
schränken wür<strong>de</strong>.<br />
Der Senat sieht sich in seiner Auffassung nicht durch die Motive <strong><strong>de</strong>s</strong> Gesetzgebers gehin<strong>de</strong>rt.<br />
In <strong>de</strong>r Begründung <strong><strong>de</strong>s</strong> Regierungsentwurfs zu § 26 (LT‐Drucks.1/2843, S. 31) heißt es, dass<br />
<strong>de</strong>r Regierungsentwurf es <strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>n überlasse, ob und in welchem Umfang sie von <strong>de</strong>r<br />
Erhebungsmöglichkeit von Ausbaubeiträgen Geb<strong>ra</strong>uch machen wollen. Ob <strong>de</strong>r Hinweis auf<br />
<strong>de</strong>n in die Entscheidungsfreiheit <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>n gestellten Umfang in <strong>de</strong>m Sinne zu verste‐<br />
hen ist, dass <strong>de</strong>r Gesetzgeber <strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>n nicht nur Entscheidungsfreiheit über das „Ob“<br />
son<strong>de</strong>rn im gleichen Umfang auch für das gesamte „Wie“ <strong>de</strong>r Beit<strong>ra</strong>gserhebung gewähren<br />
will, kann dieser Begründung nicht zweifelsfrei entnommen wer<strong>de</strong>n. Als die Entscheidungs‐<br />
freiheit auch hinsichtlich <strong><strong>de</strong>s</strong> Umfangs <strong>de</strong>r Erhebung von Ausbaubeiträgen ve<strong>ra</strong>nschauli‐<br />
chen<strong><strong>de</strong>s</strong> Beispiel wird nämlich ausgeführt, dass „z. B. durchaus auch auf Ausbaubeiträge für<br />
bestimmte Verkehrsanlagen, z. B. Wirtschaftswege, verzichtet wer<strong>de</strong>n“ könne. Diese Be‐<br />
gründung schließt die Annahme nicht aus, <strong>de</strong>r Gesetzgeber habe <strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>n nur eine<br />
Entscheidungsfreiheit hinsichtlich <strong>de</strong>r Einbeziehung bestimmter Verkehrsanlagen einge‐<br />
räumt, nicht dagegen auch eine Entscheidungsfreiheit hinsichtlich <strong>de</strong>r Bestimmung <strong><strong>de</strong>s</strong> öf‐<br />
fentliches Interesses und damit <strong><strong>de</strong>s</strong> Allgemeinanteils am beit<strong>ra</strong>gsfähigen Aufwand, die sich<br />
zugunsten <strong>de</strong>r Beit<strong>ra</strong>gspflichtigen auswirkt. Insoweit gelten auch hier die <strong>vom</strong> Senat oben<br />
gemachten Ausführungen zu dieser Problemstellung im Zusammenhang mit <strong>de</strong>r Entschei‐<br />
dungsfreiheit, Ausbaubeiträge zu erheben o<strong>de</strong>r nicht.<br />
Die Begründung <strong><strong>de</strong>s</strong> Regierungsentwurfs zu § 28 Abs. 1 und 2, <strong>de</strong>r inhaltsgleich durch <strong>de</strong>n<br />
Landtag beschlossen wur<strong>de</strong>, enthält keine Hinweise zu <strong>de</strong>n hier aufgeworfenen F<strong>ra</strong>gen. Hier<br />
heißt es lediglich:<br />
„In § 28 Absatz 2 Satz 1 wer<strong>de</strong>n, entsprechend <strong>de</strong>n Bestimmungen in <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Län<strong>de</strong>rn,<br />
Min<strong><strong>de</strong>s</strong>tanteile für die Vorteile <strong>de</strong>r Allgemeinheit festgelegt, die <strong>de</strong>r St<strong>ra</strong>ßenbaulastträger<br />
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.../24
<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 24 von 27<br />
selbst zu t<strong>ra</strong>gen hat, soweit sie nicht durch Zuweisungen und Zuschüsse Dritter ge<strong>de</strong>ckt<br />
sind.“<br />
Die Regelung in § 28 Abs. 2 SächsKAG steht <strong>de</strong>r Annahme einer sich nicht zu Lasten <strong>de</strong>r Bei‐<br />
t<strong>ra</strong>gspflichtigen auswirken<strong>de</strong>n Entscheidungsfreiheit <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>r Bestimmung<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Anteils <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Interesses am beit<strong>ra</strong>gsfähigen Aufwand nicht entgegen. Die Vor‐<br />
schrift regelt nur Min<strong><strong>de</strong>s</strong>tsätze <strong><strong>de</strong>s</strong> Anteils <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Interesses. Sie untersagt damit<br />
<strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>n, die Anteile <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Interesses am beit<strong>ra</strong>gsfähigen Aufwand niedri‐<br />
ger als die in dieser Vorschrift bestimmten Anteilssätze festzusetzen. Die Norm hin<strong>de</strong>rt die<br />
Gemein<strong>de</strong>n jedoch nicht da<strong>ra</strong>n, die Anteile <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Interesses höher festzusetzen.<br />
Eine Verpflichtung <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>n, die Anteile <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Interesses innerhalb <strong><strong>de</strong>s</strong> ei‐<br />
nem Satzungsgeber zustehen<strong>de</strong>n ortsgesetzgeberischen Ermessens entsprechend <strong>de</strong>m Vor‐<br />
teil <strong>de</strong>r Allgemeinheit zu bestimmen und nicht zugunsten <strong>de</strong>r Beit<strong>ra</strong>gspflichtigen höher als<br />
diesem Vorteil entsprechend festzusetzen, besteht somit nicht. Eine solche Verpflichtung<br />
kann grundsätzlich auch nicht aus <strong>de</strong>n haushaltsrechtlichen Grundsätzen <strong>de</strong>r Einnahmebe‐<br />
schaffung <strong><strong>de</strong>s</strong> § 73 SächsGemO hergeleitet wer<strong>de</strong>n. Insoweit gelten die zur Erhebungspflicht<br />
von Ausbaubeiträgen entwickelten Maßstäbe. Hie<strong>ra</strong>us folgt, dass die Gemein<strong>de</strong>n grundsätz‐<br />
lich nicht verpflichtet sind, wegen <strong><strong>de</strong>s</strong> in § 73 Abs. 2 Nr. 1 SächsGemO geregelten Vor<strong>ra</strong>ngs<br />
spezieller Entgelte <strong>de</strong>n durch § 28 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 SächsKAG geregelten Rahmen bei <strong>de</strong>r<br />
Vorteilsbemessung in möglichst vollem Umfang auszuschöpfen. Etwas an<strong>de</strong>res könnte aus<br />
<strong>de</strong>n bereits oben angesprochenen Grün<strong>de</strong>n nur dann gelten, wenn die Vo<strong>ra</strong>ussetzungen für<br />
das Versagen <strong>de</strong>r Genehmigung von Kreditermächtigungen im Haushaltsplan durch die<br />
Rechtsaufsichtsbehör<strong>de</strong> nach § 82 Abs. 2 SächsGemO vorliegen. Dieser F<strong>ra</strong>ge b<strong>ra</strong>ucht <strong>de</strong>r<br />
Senat aber hier nicht nachzugehen, da im Zeitpunkt <strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rspruchsentscheidung als <strong>de</strong>m<br />
für die Beurteilung <strong>de</strong>r Rechtmäßigkeit <strong>de</strong>r Beanstandungsverfügung maßgeblichen Zeit‐<br />
punkt eine solche haushaltsrechtliche „Schieflage“ bei <strong>de</strong>r Klägerin aus <strong>de</strong>n oben dargeleg‐<br />
ten Grün<strong>de</strong>n nicht gegeben war.<br />
Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass grundsätzlich <strong>de</strong>r in § 73 Abs. 2 SächsGemO<br />
geregelte Vor<strong>ra</strong>ng <strong>de</strong>r Finanzierung von kommunalen Leistungen durch spezielle Entgelte es<br />
<strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>n nicht versagt, <strong>de</strong>n Anteil <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Interesses unter Beachtung <strong>de</strong>r<br />
zugunsten <strong>de</strong>r Beit<strong>ra</strong>gpflichtigen gelten<strong>de</strong>n Beschränkung <strong><strong>de</strong>s</strong> Anliege<strong>ra</strong>nteils durch das<br />
Vorteilsprinzip frei zu wählen.<br />
Ob, wie das Verwaltungsgericht meint, § 28 Abs. 2 Satz 1 SächsKAG durch seine Bestim‐<br />
mung <strong><strong>de</strong>s</strong> Min<strong><strong>de</strong>s</strong>tanteils <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Interesses zugleich die Verkehrsanlagen in ein bei<br />
<strong>de</strong>r Vorteilsbemessung zu berücksichtigen<strong><strong>de</strong>s</strong> Verhältnis zueinan<strong>de</strong>r gesetzt hat und die<br />
Gemein<strong>de</strong>n dieses Verhältnis bei einer von <strong>de</strong>n Min<strong><strong>de</strong>s</strong>tsätzen <strong><strong>de</strong>s</strong> § 28 Abs. 2 Satz 1<br />
SächsKAG abweichen<strong>de</strong>n Regelung <strong>de</strong>r öffentlichen Anteile beachten müssen, bedarf hier<br />
keiner Entscheidung. Mit <strong>de</strong>r Differenzierung <strong>de</strong>r Anteile <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Interesses zwi‐<br />
schen 90 bis 94 <strong>vom</strong> Hun<strong>de</strong>rt hat die Klägerin zwar nicht das möglicherweise durch § 28<br />
Abs. 2 Satz 1 SächsKAG vorgegebene Verhältnis <strong>de</strong>ckungsgleich umgesetzt. Es bewegt sich<br />
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.../25
<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 25 von 27<br />
jedoch noch in einem Rahmen, <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>m in § 28 Abs. 2 Satz 1 SächsKAG geregelten Ver‐<br />
hältnis in einem vertretbaren Umfang abweicht. Im Hinblick auf die in <strong>de</strong>r St<strong>ra</strong>ßenausbau‐<br />
beit<strong>ra</strong>gssatzung <strong>de</strong>r Klägerin vorgenommenen Differenzierung <strong><strong>de</strong>s</strong> Anteils <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen<br />
Interesses nach <strong>de</strong>n in § 28 Abs. 2 Satz 1 SächsKAG bestimmten Arten von Verkehrsanlagen,<br />
bedarf es auch nicht eines Eingehens auf die Behauptung <strong>de</strong>r Klägerin, die Festsetzung eines<br />
für alle Kategorien <strong>de</strong>r Verkehrsanlagen <strong><strong>de</strong>s</strong> § 28 Abs. 2 Satz 2 SächsKAG gleichen Anteils<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Interesses wäre mit <strong>de</strong>r vorgenannten Vorschrift vereinbar.<br />
Keiner Entscheidung bedarf auch die <strong>vom</strong> Senat in <strong>de</strong>r mündlichen Verhandlung aufgewor‐<br />
fene F<strong>ra</strong>ge, ob bei Verkehrsanlagen, die keine Anliegerst<strong>ra</strong>ßen sind, eine Differenzierung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Anteils <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Interesses hinsichtlich <strong>de</strong>r Teileinrichtungen dieser Verkehrsanlagen<br />
vorzunehmen ist. Diese F<strong>ra</strong>ge stellt sich in <strong>de</strong>m vorliegen<strong>de</strong>n Verfahren nicht, weil <strong>de</strong>r Be‐<br />
klagte seine Beanstandungsverfügung nicht auf eine entsprechen<strong>de</strong> fehlen<strong>de</strong> Differenzie‐<br />
rung gestützt hat. Sollte <strong>de</strong>r z. B. <strong>vom</strong> Nie<strong>de</strong>rsächsischen Oberverwaltungsgericht (vgl. Urt.<br />
v. 6.6.2001 ‐ 9 LA 907/01 ‐, zitiert nach juris) und <strong>vom</strong> Bayerischen Verwaltungsgerichtshof<br />
(vgl. Urt. v. 16.8.2001 ‐ 6 B 97.111 ‐) vertretenen Auffassung zur Notwendigkeit einer ent‐<br />
sprechen<strong>de</strong>n Differenzierung zu folgen sein, hätte dies zwar die Rechtswidrigkeit <strong>de</strong>r streit‐<br />
gegenständlichen Satzung zur Folge. Die Beanstandungsverfügung wäre <strong><strong>de</strong>s</strong>halb jedoch<br />
nicht rechtmäßig, weil es sich hierbei um eine Ermessensentscheidung han<strong>de</strong>lt und nichts<br />
dafür ersichtlich ist, dass <strong>de</strong>r Beklagte in diesem Falle sein Ermessen im Sinne einer Bean‐<br />
standung ausgeübt hätte. Die Vertreter <strong><strong>de</strong>s</strong> Beklagten haben in <strong>de</strong>r mündlichen Verhandlung<br />
zum Ausdruck geb<strong>ra</strong>cht, dass eine solchermaßen fehlen<strong>de</strong> Differenzierung bislang nicht<br />
durch die Rechtsaufsicht beanstan<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n sei. Dem Senat ist auch nicht bekannt, dass<br />
an<strong>de</strong>re Rechtsaufsichtsbehör<strong>de</strong>n eine solche Differenzierung verlangen.<br />
Der Berufung ist <strong><strong>de</strong>s</strong>halb stattzugeben.<br />
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.<br />
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner <strong>de</strong>r Grün<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> § 132 Abs. 2 VwGO vorliegen.<br />
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.../26
<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 26 von 27<br />
Rechtsmittelbelehrung<br />
Die Nichtzulassung <strong>de</strong>r Revision kann durch Beschwer<strong>de</strong> angefochten wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Beschwer<strong>de</strong> ist beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht, Ortenburg 9, 02625 <strong>Bautzen</strong>,<br />
innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses <strong>Urteil</strong>s einzulegen. Die Beschwer<strong>de</strong> muss das<br />
angefochtene <strong>Urteil</strong> bezeichnen.<br />
Die Beschwer<strong>de</strong> ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses <strong>Urteil</strong>s zu begrün‐<br />
<strong>de</strong>n. Die Begründung ist bei <strong>de</strong>m oben genannten Gericht einzureichen.<br />
In <strong>de</strong>r Begründung <strong>de</strong>r Beschwer<strong>de</strong> muss die grundsätzliche Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Rechtssache<br />
dargelegt o<strong>de</strong>r die Entscheidung <strong><strong>de</strong>s</strong> Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>verwaltungsgerichts, <strong><strong>de</strong>s</strong> gemeinsamen Senats<br />
<strong>de</strong>r Obersten Gerichtshöfe <strong><strong>de</strong>s</strong> Bun<strong><strong>de</strong>s</strong> o<strong>de</strong>r <strong><strong>de</strong>s</strong> Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>verfassungsgerichts von <strong>de</strong>r das Ur‐<br />
teil abweicht, o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Verfahrensmangel bezeichnet wer<strong>de</strong>n.<br />
Für das Beschwer<strong>de</strong>verfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung<br />
<strong>de</strong>r Beschwer<strong>de</strong> und für die Begründung. Danach muss sich je<strong>de</strong>r Beteiligte durch einen<br />
Rechtsanwalt o<strong>de</strong>r einen Rechtslehrer in einer Deutschen Hochschule als Bevollmächtigten<br />
vertreten lassen. Juristische Person <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Rechts und Behör<strong>de</strong>n können sich auch<br />
durch Beamte o<strong>de</strong>r Angestellte mit Befähigung zum Richte<strong>ra</strong>mt sowie Diplomjuristen im<br />
Höheren Dienst vertreten lassen.<br />
gez.:<br />
Ra<strong>de</strong>n Kober Düvelshaupt<br />
Brüggen Rechtsanwälte<br />
Passage Königst<strong>ra</strong>ße/Rähnitzgasse 23<br />
01097 Dres<strong>de</strong>n<br />
Tel: 0351 . 56 33 00 Fax: 0351 . 56 33 015<br />
info@brueggen-<strong>ra</strong>.<strong>de</strong> www.brueggen-<strong>ra</strong>.<strong>de</strong><br />
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<strong>Urteil</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Seite 27 von 27<br />
Beschluss <strong>vom</strong> 31. Januar 2006<br />
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf<br />
15.000,‐ €<br />
festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 GKG, § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr.<br />
22.5 <strong><strong>de</strong>s</strong> Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in <strong>de</strong>r Fassung <strong>de</strong>r am<br />
7./8.7.2004 beschlossenen Än<strong>de</strong>rungen, NVwZ 2004, 3127).<br />
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).<br />
gez.:<br />
Ra<strong>de</strong>n Kober Düvelshaupt<br />
Brüggen Rechtsanwälte<br />
Passage Königst<strong>ra</strong>ße/Rähnitzgasse 23<br />
01097 Dres<strong>de</strong>n<br />
Tel: 0351 . 56 33 00 Fax: 0351 . 56 33 015<br />
info@brueggen-<strong>ra</strong>.<strong>de</strong> www.brueggen-<strong>ra</strong>.<strong>de</strong><br />
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