Umstellung des Konzernabschlusses auf IFRS (Teil I) - BW PARTNER
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Wulf, Klein, Azaiz: <strong>Umstellung</strong> <strong>des</strong> <strong>Konzernabschlusses</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> (<strong>Teil</strong> I) DStR 2005 Heft 6 260<br />
<strong>Umstellung</strong> <strong>des</strong> <strong>Konzernabschlusses</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> (<strong>Teil</strong> I)<br />
Von Martin Wulf, Michael Klein und Karim Azaiz,alle Stuttgart *<br />
In diesem Heft:<br />
1.<br />
2.<br />
3.<br />
4.<br />
5.<br />
6.<br />
Gesetzlicher Stand und aktuelle Vorschriften<br />
Wahlrecht für nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen<br />
Adressaten von Konzernabschlüssen<br />
Auswirkungen der <strong>IFRS</strong>-<strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> die interne Rechnungslegung<br />
Die einzelnen Vorschriften der International Financial Reporting Standards<br />
Im nächsten Heft:<br />
7.<br />
7.1<br />
7.2<br />
7.3<br />
7.4<br />
7.5<br />
7.6<br />
7.7<br />
8.<br />
9.<br />
10.<br />
11.<br />
Vereinfachungen zur Aufstellung der <strong>IFRS</strong>-Eröffnungsbilanz nach <strong>IFRS</strong> 1<br />
Phasen in der <strong>Umstellung</strong> von HGB <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong><br />
Analyse der Ist -Situation<br />
Analyse der Soll-Situation - wesentliche Unterschiede zwischen HGB und <strong>IFRS</strong><br />
Komponenten eines <strong>IFRS</strong>-Abschlusses<br />
Gesamtkosten- oder Umsatzkostenverfahren<br />
Planung <strong>des</strong> <strong>Umstellung</strong>svorgehens<br />
<strong>Umstellung</strong>, Erstellung und Prüfung <strong>des</strong> ersten <strong>IFRS</strong>-<strong>Konzernabschlusses</strong><br />
Vorbereitung der Mitarbeiter <strong>auf</strong> die Bilanzierung nach <strong>IFRS</strong><br />
Ziele und Risiken einer <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong><br />
EDV-technische Problemstellungen und deren Lösungen<br />
Geplante Vereinfachungsregelungen für kleine und mittelgroße Unternehmen<br />
Zusammenfassung<br />
Zukünftig wird in Deutschland die Verpflichtung zur Aufstellung von Konzernabschlüssen und<br />
<strong>IFRS</strong> erheblich ausgeweitet. Gleichzeitig wird allen nicht zur Aufstellung von <strong>IFRS</strong>-<br />
Konzernabschlüssen verpflichteten Unternehmen ein Wahlrecht zur befreienden<br />
Berichterstattung nach <strong>IFRS</strong> im Konzernabschluss eingeräumt. Vor diesem Hintergrund werden
zahlreiche Unternehmen in Deutschland ihre Konzernabschlüsse <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> umstellen. Dieser<br />
Beitrag soll allen Unternehmen eine praktische Hilfestellung bieten, die ihre Konzernabschlüsse<br />
<strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> umstellen oder eine solche <strong>Umstellung</strong> in Erwägung ziehen.<br />
1. Gesetzlicher Stand und aktuelle Vorschriften<br />
In der Europäischen Union sind kapitalmarktorientierte Gesellschaften verpflichtet, für<br />
Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. 12. 2004 beginnen, ihre Konzernabschlüsse nach den International<br />
Financial Reporting Standards (<strong>IFRS</strong>) <strong>auf</strong>zustellen 1. Soweit europäische Unternehmen in den USA bei<br />
der amerikanischen Börsen<strong>auf</strong>sichtsbehörde Securities Exchange Commission (SEC) registriert sind<br />
und bisher einen Konzernabschluss gemäß den US-amerikanischen Generally Accepted Accounting<br />
Principles (US-GAAP) <strong>auf</strong>gestellt haben, gilt für diese Unternehmen eine verlängerte Übergangsfrist<br />
bis 2007.<br />
Seit 1996 ist es kapitalmarktorientierten Unternehmen in Deutschland über § 292a HGB möglich, bei<br />
Erfüllung bestimmter Voraussetzungen Konzernabschlüsse nach international anerkannten<br />
Rechnungslegungsgrundsätzen <strong>auf</strong>zustellen. Als international anerkannte Rechnungslegungsgrundsätze<br />
gelten die <strong>IFRS</strong> und die US-GAAP. Die Öffnung <strong>des</strong> deutschen Handelsgesetzbuchs für internationale<br />
Bilanzierung über § 292a HGB wurde durch den deutschen Gesetzgeber bis zum 31. 12. 2004 befristet.<br />
§ 292a HGB tritt somit, wie 1996 für diese Übergangsregelung vorgesehen, zum 31. 12. 2004 außer<br />
Kraft. § 292a HGB ist letztmals <strong>auf</strong> Geschäftsjahre anzuwenden, die spätestens am 31. 12. 2004 enden.<br />
Am 10. 12. 2004 ist das Bilanzrechtsreformgesetz in Kraft getreten 2. Die neuen Regelungen gelten,<br />
soweit sie sich <strong>auf</strong> die Bilanzierung nach <strong>IFRS</strong> beziehen, für alle Wirtschaftsjahre, die am oder nach<br />
dem 1. 1. 2005 beginnen. Im Rahmen <strong>des</strong> BilReG wird in das Handelsgesetzbuch ein neuer § 315a<br />
HGB eingefügt. Danach sind kapitalmarktorientierte Unternehmen in Deutschland verpflichtet, einen<br />
Konzernabschluss nach <strong>IFRS</strong> <strong>auf</strong>zustellen 3. Entsprechen<strong>des</strong> gilt für Unternehmen, die für den<br />
jeweiligen Bilanzstichtag die Zulassung eines Wertpapiers 4 zum Handel an einem organisierten 5 Markt<br />
im Inland beantragt haben 6. Für kapitalmarktorientierte Unternehmen, die lediglich Schuldtitel zum<br />
Handel in einem geregelten Markt eines Mitgliedstaats der Europäischen Union zugelassen haben, gilt<br />
die Verpflichtung erst für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. 12. 2006 beginnen (Art. 57 Abs. 1<br />
BilReG). Gleiches gilt für Unternehmen, von denen Wertpapiere zum öffentlichen Handel in einem<br />
Drittstaat zugelassen sind und die zu diesem Zweck seit dem Geschäftsjahr, das vor dem 11. 9. 2002<br />
begann, international anerkannte Rechnungslegungsstandards verwenden (Art. 57 Abs. 2 BilReG).<br />
Für Konzernabschlüsse nicht kapitalmarktorientierter Gesellschaften hat die Europäische Union (EU)<br />
den EU-Mitgliedstaaten, ebenso wie für Einzelabschlüsse, für die Bilanzierung nach <strong>IFRS</strong> ein<br />
Wahlrecht eingeräumt. Vom deutschen Gesetzgeber wird dieses Mitgliedstaatenwahlrecht für<br />
Konzernabschlüsse nicht kapitalmarktorientierter Gesellschaften an die Unternehmen weitergegeben 7.<br />
Danach dürfen in Deutschland nicht kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen einen<br />
Konzernabschluss wahlweise nach <strong>IFRS</strong> oder HGB <strong>auf</strong>stellen.<br />
Wulf, Klein, Azaiz: <strong>Umstellung</strong> <strong>des</strong> <strong>Konzernabschlusses</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> (<strong>Teil</strong> I) DStR 2005 Heft 6 261<br />
Einzelabschlüsse sind in Deutschland dagegen weiterhin zwingend nach den Vorschriften <strong>des</strong> HGB<br />
<strong>auf</strong>zustellen. Der Gesetzgeber hat das Mitgliedstaatenwahlrecht für Einzelabschlüsse damit nicht an die<br />
Unternehmen weitergegeben. Auf Einzelabschlussebene kann ein Jahresabschluss nach <strong>IFRS</strong> nur für<br />
Offenlegungszwecke, und das auch nur beschränkt <strong>auf</strong> große Kapitalgesellschaften (i. S. von § 267<br />
Abs. 3 HGB) erstellt werden. Demnach kann bei der Offenlegung von großen Kapitalgesellschaften im<br />
Bun<strong>des</strong>anzeiger an die Stelle <strong>des</strong> Jahresabschlusses ein Einzelabschluss treten, der nach den<br />
internationalen Rechnungslegungsstandards <strong>auf</strong>gestellt worden ist 8. Voraussetzung für die befreiende<br />
Offenlegung eines nach <strong>IFRS</strong> <strong>auf</strong>gestellten Einzelabschlusses ist, dass Unternehmen, die für Zwecke<br />
der Offenlegung von diesem Wahlrecht Gebrauch machten, alle Regelungen der <strong>IFRS</strong> vollständig<br />
befolgen. Weitere Voraussetzung für die befreiende Wirkung der Offenlegung <strong>des</strong> nach <strong>IFRS</strong><br />
<strong>auf</strong>gestellten Einzelabschlusses ist, dass der offengelegte Bestätigungsvermerk <strong>des</strong> Abschlussprüfers
(oder der Vermerk über <strong>des</strong>sen Versagung) sich <strong>auf</strong> den <strong>IFRS</strong>-Einzelabschluss bezieht. Weiter müssen<br />
der Vorschlag und gegebenenfalls der Beschluss über die Verwendung <strong>des</strong> Ergebnisses unter Angabe<br />
<strong>des</strong> nach den Bilanzierungsvorschriften nach HGB ermittelten Jahresüberschusses oder<br />
Jahresfehlbetrags in die Offenlegung einbezogen werden. Grundlage für die Gewinnverwendung ist<br />
auch bei Offenlegung eines Einzelabschlusses nach <strong>IFRS</strong> der nach HGB <strong>auf</strong>gestellte Jahresabschluss.<br />
Zusätzlich ist der nach HGB <strong>auf</strong>gestellte Jahresabschluss mit dem dazu erteilten Bestätigungsvermerk<br />
oder dem Vermerk über <strong>des</strong>sen Versagung beim Handelsregister einzureichen. Die Offenlegung <strong>des</strong><br />
<strong>IFRS</strong> -Einzelabschlusses ist somit <strong>auf</strong> die Bekanntgabe der Abschlüsse großer Kapitalgesellschaften im<br />
Bun<strong>des</strong>anzeiger beschränkt (durch das BilReG neu eingef ügter § 325 Abs. 2b HGB).<br />
Durch die Verordnung der Europäischen Union und deren Umsetzung in deutsches Recht im Rahmen<br />
<strong>des</strong> BilReG sind kapitalmarktorientierte Gesellschaften in Deutschland verpflichtet, für<br />
Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. 12. 2004 beginnen, ihre Konzernabschlüsse nach <strong>IFRS</strong> <strong>auf</strong>zustellen.<br />
Für kapitalmarktorientierte Unternehmen, die lediglich Schuldtitel zum Handel in einem geregelten<br />
Markt eines Mitgliedstaates der Europäischen Union zugelassen haben, gilt die Verpflichtung erst für<br />
Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. 12. 2006 beginnen (Art. 57 Abs. 1 BilReG). Vor diesem rechtlichen<br />
Hintergrund steht gegenwärtig bei allen kapitalmarktorientierten Unternehmen die zwingende<br />
<strong>Umstellung</strong> von Konzernabschlüssen <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> an. Zusätzlich überlegen sich viele nicht<br />
kapitalmarktorientierte Unternehmen, ob sie das Wahlrecht zur Aufstellung eines <strong>Konzernabschlusses</strong><br />
nach <strong>IFRS</strong> aus üben sollen.<br />
2. Wahlrecht für nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen<br />
Mittelständische Unternehmen sind in Deutschland meist nicht kapitalmarktorientiert. Für diese<br />
mittelst ändischen Unternehmen besteht für Geschäftsjahre, die nach dem 31. 12. 2004 beginnen, ein<br />
Wahlrecht, Konzernabschlüsse nach <strong>IFRS</strong> oder nach HGB <strong>auf</strong>zustellen. Daher stellt sich für viele<br />
mittelst ändische Unternehmen gegenwärtig die Frage, ob sie ihre Konzernbilanzierung freiwillig <strong>auf</strong><br />
<strong>IFRS</strong> umstellen sollen. Die <strong>Umstellung</strong> der Konzernrechnungslegung und die Aufstellung von<br />
Konzernabschlüssen nach <strong>IFRS</strong> verursacht einen erheblichen Aufwand und nicht unwesentliche<br />
Kosten. Grundsätzlich kann die Entscheidung für die freiwillige <strong>Umstellung</strong> <strong>des</strong> <strong>Konzernabschlusses</strong><br />
<strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> betriebswirtschaftlich als Investitionsentscheidung gesehen werden. Unternehmen sollten sich<br />
daher vor der Investition in eine <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> die Frage stellen, ob diese Entscheidung<br />
betriebswirtschaftlich sinnvoll ist.<br />
Der aus der <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> resultierende Arbeits<strong>auf</strong>wand kann in den meisten Fällen nicht in<br />
vollem Umfang von den im Unternehmen vorhandenen Mitarbeitern abgedeckt werden. Daher greifen<br />
Unternehmen bei der Aufstellung <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> meist <strong>auf</strong> externe Berater zurück, die eine <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong><br />
<strong>IFRS</strong> schon bei anderen Unternehmen durchgeführt haben und eine effiziente und effektive <strong>Umstellung</strong><br />
ermöglichen. Oftmals resultieren aus der <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> auch erhebliche Kosten aus<br />
notwendigen Investitionen in EDV-Systeme. Neben den einmalig bei der <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong><br />
anfallenden Kosten kann auch die Erstellung von <strong>IFRS</strong> -Folgeabschlüssen im Vergleich zu einem HGB-<br />
Konzernabschluss höhere Aufwendungen verursachen. Vor allem die umfangreichen Anhangangaben<br />
bedeuten auch in Folgejahren einen nicht zu unterschätzenden Aufwand, der mit der Erstellung eines<br />
Konzernanhangs nach HGB nicht zu vergleichen ist.<br />
Im Gegensatz zu HGB waren die <strong>IFRS</strong> in den letzten Jahren sehr dynamisch und von zahlreichen<br />
Anpassungen und Erweiterungen geprägt. Es ist zu erwarten, dass sich die <strong>IFRS</strong> auch in den nächsten<br />
Jahren in erheblichem Umfang weiterentwickeln werden. Daher muss bei einer Bilanzierung nach <strong>IFRS</strong><br />
mit Folgekosten aus der Identifizierung von Änderungen und deren Umsetzung im <strong>IFRS</strong> -<br />
Konzernabschluss gerechnet werden. Nach <strong>IFRS</strong> bilanzierende Unternehmen werden daher auch über<br />
den Zeitraum der <strong>Umstellung</strong> der Rechnungslegung hinaus oftmals <strong>auf</strong> externe Berater angewiesen<br />
sein, um die praktische Umsetzung neuer Regelungen im Unternehmen zu unterst ützen. Die mit der<br />
<strong>IFRS</strong> -Bilanzierung befassten Mitarbeiter müssen durch Zugang zu <strong>IFRS</strong> -Unterlagen und fortl<strong>auf</strong>ende<br />
Schulungen über aktuelle Änderungen in den <strong>IFRS</strong> informiert werden.
Konzernabschlüsse erf üllen grundsätzlich ausschließlich Informationszwecke. Eine <strong>Umstellung</strong> der<br />
Konzernrechnungslegung <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> ist daher nur dann sinnvoll, wenn das Ziel der Information der<br />
Adressaten von <strong>IFRS</strong>-Konzernabschlüssen besser erreicht wird und der Mehrwert aus einer<br />
verbesserten Information die Kosten aus der <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> und den eventuell höheren<br />
Folgekosten aus der Konzernbilanzierung nach <strong>IFRS</strong> übersteigt.<br />
3. Adressaten von Konzernabschlüssen<br />
Adressaten von Konzernabschlüssen sind neben Anteilseignern und Fremdkapitalgebern auch Kunden,<br />
Lieferanten, Geschäftsführung und Mitarbeiter. Somit stellt sich die Frage, inwieweit ein Unternehmen<br />
von einem Konzernabschluss nach <strong>IFRS</strong> profitieren kann. Im Folgenden werden Vor- und Nachteile<br />
erörtert, die aus einer <strong>Umstellung</strong> der Konzernbilanzierung <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> resultieren<br />
3.1 Anteilseigner<br />
Nach <strong>IFRS</strong> <strong>auf</strong>gestellte Konzernabschlüsse übertreffen den Informationsgehalt eines nach HGB<br />
<strong>auf</strong>gestellten <strong>Konzernabschlusses</strong>. Oberstes Ziel der Bilanzierung nach <strong>IFRS</strong> ist die Vermittlung eines<br />
True and Fair View, also eines Einblicks in die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse <strong>des</strong><br />
Unternehmens. Dies soll durch eine periodengerechte Gewinnermittlung erreicht<br />
Wulf, Klein, Azaiz: <strong>Umstellung</strong> <strong>des</strong> <strong>Konzernabschlusses</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> (<strong>Teil</strong> I) DStR 2005 Heft 6 262<br />
werden. Durch eine Bewertung zu Marktwerten (fair value) wird versucht, die Bildung stiller Reserven<br />
zu verhindern.<br />
Oberstes Ziel der Bilanzierung nach HGB ist dagegen der Gläubigerschutz und die Ermittlung <strong>des</strong><br />
ausschüttbaren Gewinns. Über das steuerliche Maßgeblichkeitsprinzip beeinflusst in der Praxis eine<br />
steuerpolitisch motivierte Bilanzpolitik in wesentlichem Umfang die Bilanzierung nach HGB. In der<br />
Folge steht im Mittelpunkt der Bilanzierung nach HGB die Bilanz und die Bildung stiller Reserven.<br />
Anteilseigner erhalten sowohl in wirtschaftlich für das Unternehmen guten wie auch schlechten Zeiten<br />
kein tatsächliches Bild der Lage der Gesellschaft. In guten Zeiten werden stille Reserven gebildet und<br />
das Ergebnis der Gesellschaft zu schlecht dargestellt. In schlechten Zeiten werden stille Reserven<br />
<strong>auf</strong>gelöst, was ein zu positives Ergebnis zur Folge hat. Das eigentliche Ziel der Information wird von<br />
Konzernabschlüssen nach HGB nur unzureichend erfüllt. Betriebswirtschaftliche Entscheidungen<br />
können <strong>auf</strong> Basis von HGB-Konzernabschlüssen nur unzureichend gefällt werden. Entsprechend haben<br />
sich in Deutschland auch externe und interne Rechnungslegung organisatorisch immer mehr<br />
auseinander entwickelt. Anteilseigner an Unternehmen, die Konzernabschlüsse nach HGB <strong>auf</strong>stellen,<br />
informieren sich daher über die wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens nicht über den HGB-<br />
Konzernabschluss. Die Information von Anteilseignern erfolgt in Deutschland in erheblichem Umfang<br />
über Aufsichtsgremien oder eine zus ätzliche Berichterstattung <strong>auf</strong> Basis der internen Rechnungslegung.<br />
Die untergeordnete Bedeutung der HGB-Konzernabschlüsse lässt sich in der Praxis in Deutschland<br />
auch daran erkennen, dass diese oftmals mit erheblicher zeitlicher Verzögerung <strong>auf</strong>gestellt werden 9 und<br />
damit in der Praxis als gesetzliche „Pflichtübung“ und nicht als Instrument zur zeitnahen Information<br />
verstanden werden.<br />
Konzernabschlüsse sind nicht Grundlage für Gewinnverwendungsbeschlüsse. Sie können unabhängig<br />
von steuerpolitischen Überlegungen <strong>auf</strong>gestellt werden. Bewertungswahlrechte können im HGB -<br />
Konzernabschluss zwar grundsätzlich unabhängig von den HGB-Einzelabschlüssen ausgeübt werden<br />
10, so dass nach HGB <strong>auf</strong>gestellte Einzelabschlüsse nicht zwangsläufig in die HGB-<br />
Konzernabschlüsse eingehen. In der Praxis wirkt sich in Deutschland die steuerpolitisch motivierte<br />
Bilanzierung über die einbezogenen HGB-Einzelabschlüsse dennoch oftmals direkt <strong>auf</strong> die HGB-<br />
Konzernbilanzierung aus.<br />
Die Bilanzierung und Bewertung nach <strong>IFRS</strong> ist im Vergleich zum HGB marktnäher und vermittelt
dadurch einen besseren Einblick in die wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens. Daneben<br />
enthalten <strong>IFRS</strong>-Konzernabschlüsse weitaus mehr Informationen. Die Angabepflichten nach <strong>IFRS</strong><br />
übersteigen den Anhang nach HGB bei weitem. So wird der Adressat von <strong>IFRS</strong>-Konzernabschlüssen<br />
auch umfangreich über Sachverhalte informiert, die sich nicht direkt in der Bilanz oder Gewinn- und<br />
Verlustrechnung niederschlagen bzw. aus dieser nicht ohne weitere Angaben ersichtlich sind.<br />
Aus der <strong>Umstellung</strong> der Konzernbilanzierung <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> resultiert für Anteilseigner eine deutliche<br />
Steigerung der Transparenz und ein verbesserter Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage<br />
der wirtschaftlichen Entwicklung <strong>des</strong> Unternehmens. Zumin<strong>des</strong>t in der betriebswirtschaftlichen Theorie<br />
führt die verbesserte Transparenz der Anteilseigner zu einem geringeren Risiko<strong>auf</strong>schlag und damit<br />
letztlich zu geringeren Eigenkapitalkosten f ür das bilanzierende Unternehmen.<br />
3.2 Fremdkapitalgeber<br />
Im Rahmen von Basel II wird die Kreditvergabe von Banken neu strukturiert. Bereits heute führen<br />
Banken interne Ratings zur Beurteilung von Kreditnehmern durch. Die Berücksichtigung von internen<br />
oder externen Ratings bei der Kreditvergabe wird für Banken ab dem Jahr 2007 Pflicht. In die<br />
Kreditvergabe nach Basel II fließen die Daten der letzten drei Jahre. Somit ist bereits der<br />
Jahresabschluss 2004 für Rating-Zwecke relevant.<br />
Die Finanzierung <strong>des</strong> deutschen Mittelstands ist von der steuerlichen Begünstigung von Fremdkapital<br />
geprägt. Die Folge ist im internationalen Vergleich eine überdurchschnittliche<br />
Fremdkapitalfinanzierung. Auf Grund der daraus resultierenden, relativ geringen Eigenkapitalquoten<br />
schneidet der deutsche Mittelstand im internationalen Vergleich in Ratings meist unterdurchschnittlich<br />
ab. Aus einem schlechten Rating resultieren zukünftig höhere Fremdkapitalkosten. Die <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong><br />
<strong>IFRS</strong> ist eine effektive Möglichkeit, über eine höhere Eigenkapitalquote das Ergebnis von Ratings<br />
positiv zu beeinflussen. Die Bilanzierung nach <strong>IFRS</strong> wird bei internen Ratings der Banken teilweise<br />
direkt als Kriterium für die Risikoeinstufung eines Unternehmens berücksichtigt. Zusätzlich werden<br />
Banken zukünftig bei größeren Finanzierungen Informationen anfordern, die einer Bilanzierung nach<br />
<strong>IFRS</strong> entsprechen.<br />
3.3 Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter<br />
Die Aufstellung eines <strong>Konzernabschlusses</strong> nach <strong>IFRS</strong> wird von Kunden und Lieferanten oftmals positiv<br />
wahrgenommen. Ein Unternehmen mit Bilanzierung nach <strong>IFRS</strong> wirkt innovativ, modern, dynamisch.<br />
Gerade gegenüber Kunden können <strong>IFRS</strong>-Konzernabschlüsse das Image eines Unternehmens verbessern<br />
und f ür Marketingzwecke eingesetzt werden.<br />
Auch aus Sicht von Lieferanten kann eine Bilanzierung nach <strong>IFRS</strong> die Attraktivität eines Unternehmens<br />
als Geschäftspartner steigern. Soweit Lieferanten über die Bonität ihrer Abnehmer Informationen<br />
fordern (beispielsweise <strong>auf</strong> Grund der Lieferung von Waren <strong>auf</strong> Ziel), können Konzernabschlüsse nach<br />
<strong>IFRS</strong> einen positiven Einfluss <strong>auf</strong> bestehende Lieferantenbeziehungen haben und den Aufbau neuer<br />
Lieferantenbeziehungen, gerade auch <strong>auf</strong> europäischer und internationaler Ebene, unterstützen.<br />
Die Aufstellung eines <strong>Konzernabschlusses</strong> nach <strong>IFRS</strong> steigert die Attraktivität eines Arbeitgebers.<br />
Einen direkten Einfluss <strong>auf</strong> das Arbeitsumfeld der Mitarbeiter hat die <strong>Umstellung</strong> der<br />
Konzernbilanzierung vor allem in den Bereichen Rechnungswesen und Controlling. Mitarbeiter lernen<br />
im Rahmen der <strong>Umstellung</strong> die Rechnungslegung nach <strong>IFRS</strong> kennen und erzielen einen<br />
Wissensvorsprung gegenüber Mitarbeitern, die keine <strong>IFRS</strong>-Kenntnisse haben. Für Mitarbeiter, die nicht<br />
direkt von der Bilanzierung nach <strong>IFRS</strong> betroffen sind, bedeutet die Aufstellung eines<br />
<strong>Konzernabschlusses</strong> nach <strong>IFRS</strong> oftmals einen Imagegewinn <strong>des</strong> Arbeitgebers.<br />
3.4 Zusammenfassung
Ein aus praktischer Erfahrung nicht zu unterschätzender Vorteil im Hinblick <strong>auf</strong> das Ziel der<br />
Information der Adressaten der Konzernbilanzierung liegt in der weitgehenden Unabhängigkeit der<br />
<strong>IFRS</strong> -Konzernabschlüsse von den HGB -Einzelabschlüssen. Konzernabschlüsse nach HGB sind <strong>auf</strong><br />
Grund <strong>des</strong><br />
Wulf, Klein, Azaiz: <strong>Umstellung</strong> <strong>des</strong> <strong>Konzernabschlusses</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> (<strong>Teil</strong> I) DStR 2005 Heft 6 263<br />
steuerlichen Maßgeblichkeitsprinzips oftmals von steuerpolitischen Überlegungen geprägt. Weiter sind<br />
die in HGB-Konzernabschlüsse eingehenden HGB-Einzelabschlüsse Grundlage für<br />
Gewinnverwendungsbeschlüsse. Daher spielen bilanzpolitische Überlegungen in HGB-<br />
Konzernabschlüssen oftmals eine entscheidende Rolle. Durch die Aufstellung von Konzernabschlüssen<br />
nach <strong>IFRS</strong> wird der Einfluss bilanzpolitischer Entscheidungen aus den Einzelabschlüssen <strong>auf</strong> den<br />
Konzernabschluss durchbrochen.<br />
Konzernabschlüsse nach <strong>IFRS</strong> sind darüber hinaus grundsätzlich marktorientierter und spiegeln die<br />
tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens besser wider. Die im Vergleich zu HGB<br />
weitergehenden Anhangangaben führen zu einer umfassenderen Information der Adressaten <strong>des</strong><br />
<strong>Konzernabschlusses</strong>. Im Ergebnis wird das Ziel der Information der Adressaten durch<br />
Konzernabschlüsse nach <strong>IFRS</strong> besser erreicht.<br />
4. Auswirkungen der <strong>IFRS</strong>-<strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> die interne Rechnungslegung<br />
Vor allem börsennotierte Unternehmen haben in den letzten Jahren ihre Rechnungslegung <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong><br />
umgestellt. Nach den Regelwerken der Deutschen Börse AG war bereits in der Vergangenheit eine<br />
Bilanzierung nach <strong>IFRS</strong> oder US-GAAP Voraussetzung für die Zulassung zu den Börsensegmenten<br />
Neuer Markt und SMAX. Nach Neustrukturierung der Börsensegmente durch die Deutsche Börse AG<br />
ist ein internationaler Abschluss Voraussetzung für eine Notierung im Prime Standard (§ 62 Abs. 1, §<br />
71 und § 77 BörsO FWB). Bei Unternehmen, die bereits <strong>IFRS</strong> anwenden, hat sich gezeigt, dass eine<br />
<strong>Umstellung</strong> der externen Rechnungslegung <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> auch großen Einfluss <strong>auf</strong> die internen Prozesse in<br />
diesen Unternehmen hatte.<br />
Zahlreiche Unternehmen haben die <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> in der Vergangenheit genutzt, um die interne<br />
Rechnungslegung neu zu strukturieren. Mittelständische Unternehmen arbeiten überwiegend mit einer<br />
internen Rechnungslegung, die <strong>auf</strong> einer von den handelsrechtlichen Zahlen unabhängigen Basis<br />
beruht. Somit werden Geschäftsvorfälle in vielen mittelst ändischen Unternehmen in Deutschland<br />
weitestgehend doppelt erfasst: Zum einen für Zwecke der externen Rechnungslegung, zum anderen für<br />
interne, betriebswirtschaftliche Informations-, Planungs- und Kontrollzwecke. Mit der Einführung von<br />
<strong>IFRS</strong> können interne und externe Rechnungslegung aneinander angepasst werden. Da die Zahlen nach<br />
<strong>IFRS</strong> weitestgehend einer betriebswirtschaftlichen Bewertung entsprechen, kann der zusätzliche<br />
Aufwand einer ausschließlich für interne Informations -, Planungs- und Kontrollzwecke gepflegten<br />
Datenbasis entfallen.<br />
5. Die einzelnen Vorschriften der International Financial Reporting Standards<br />
Die <strong>IFRS</strong> setzen sich aus vier <strong>Teil</strong>bereichen zusammen:<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
International Financial Reporting Standards (<strong>IFRS</strong>s),<br />
International Accounting Standards (IASs),<br />
International Financial Reporting Interpretation Standards (IFRICs),<br />
Interpretations of the Standard Interpretation Committee (SICs).
Alle Standards und Interpretationen, die in einem dieser <strong>Teil</strong>bereiche veröffentlicht und nicht<br />
zurückgenommen wurden, sind bei der Bilanzierung nach <strong>IFRS</strong> zu beachten.<br />
Bei den IAS und SIC handelt es sich um die Standards und Interpretationen, die in der Vergangenheit<br />
als Rechnungslegung nach IAS bekannt waren und <strong>auf</strong> die sich § 292a HGB bezog. Sie wurden vom<br />
International Accounting Standards Committee (IASC) bzw. vom Standard Interpretation Committee<br />
herausgegeben, das am 29. 6. 1973 gegründet wurde.<br />
Im Jahr 2001 hat das International Accounting Standards Board (IASB), quasi als<br />
Nachfolgeorganisation <strong>des</strong> International Accounting Standards Committee (IASC), seine Tätigkeit<br />
<strong>auf</strong>genommen. Das IASB wurde von der International Accounting Standards Committee Foundation<br />
(IASC Foundation) gegründet und wird von dieser personell besetzt und überwacht.<br />
Das IASB ist auch für die Überarbeitung der bestehenden IAS und SIC verantwortlich und hat bereits<br />
eine umfangreiche Neufassung der IAS und SIC durchgeführt. Neue IAS und SIC werden nicht mehr<br />
verabschiedet. Die bestehenden IAS und SIC behalten aber weiter ihre Gültigkeit und werden vom<br />
IASB überarbeitet und angepasst. Alle neuen Regelungen werden zukünftig vom IASB in Form von<br />
<strong>IFRS</strong> und IFRIS herausgegeben.<br />
Gegenwärtig sind noch 32 der ursprünglich 41 verabschiedeten IAS und 11 der ursprünglich 33<br />
verabschiedeten SIC in Kraft. Daneben sind gegenwärtig 5 <strong>IFRS</strong> anzuwenden. Bei der <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong><br />
<strong>IFRS</strong> kommt <strong>IFRS</strong> 1 First-time Adoption of International Financial Reporting Standards große<br />
Bedeutung zu, da hier in einer speziellen Vorschrift für <strong>IFRS</strong>-Erstanwender spezielle Regelungen und<br />
Erleichterungsmöglichkeiten zusammengefasst sind. Ein IFRIC wurde bisher nicht ver öffentlicht.<br />
6. Vereinfachungen zur Aufstellung der <strong>IFRS</strong>-Eröffnungsbilanz nach <strong>IFRS</strong> 1<br />
Um Unternehmen die <strong>Umstellung</strong> ihrer Konzernabschlüsse von lokalem Handelsrecht <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> zu<br />
erleichtern, können Unternehmen nach <strong>IFRS</strong> 1 First-time Adoption of International Financial Reporting<br />
Standards bei der Aufstellung der <strong>IFRS</strong> -Eröffnungsbilanz zahlreiche Vereinfachungen in Anspruch<br />
nehmen. <strong>IFRS</strong> 1 ist anzuwenden, wenn ein Unternehmen erstmals einen Abschluss nach <strong>IFRS</strong> erstellt<br />
und <strong>des</strong>sen uneingeschränkte Übereinstimmung mit den <strong>IFRS</strong> erklärt. <strong>IFRS</strong> 1 soll es ermöglichen, eine<br />
<strong>IFRS</strong> -Eröffnungsbilanz mit vertretbarem Aufwand zu erstellen. Weiter soll <strong>IFRS</strong> 1 für die<br />
Bilanzadressaten die Transparenz erh öhen und die Ausgangsbasis für die zukünftige Bilanzierung nach<br />
<strong>IFRS</strong> bilden.<br />
Vor Verabschiedung von <strong>IFRS</strong> 1 war ein erstmaliger <strong>IFRS</strong> -Abschluss unter der Prämisse <strong>auf</strong>zustellen,<br />
dass schon immer nach <strong>IFRS</strong> bilanziert wurde. Daher waren alle Verm ögenswerte und Schulden so in<br />
der Eröffnungsbilanz zu erfassen, „wie wenn schon immer <strong>IFRS</strong> angewandt worden wären“.<br />
Unternehmen, die in der Vergangenheit ihre Abschlüsse erstmals nach <strong>IFRS</strong> <strong>auf</strong>gestellt haben, sind von<br />
dieser Vorschrift oftmals in erheblichem Maße abgewichen. Begründet wurden diese Abweichungen<br />
meist mit Wesentlichkeitsgründen und unverh ältnismäßig hohem Aufwand. Oftmals war es praktisch<br />
aber auch nicht mehr möglich, in der Vergangenheit liegende Bilanzpositionen rückwirkend nach <strong>IFRS</strong><br />
<strong>auf</strong>zubereiten.<br />
Vor diesem Hintergrund ist es erklärtes Ziel von <strong>IFRS</strong> 1, die Erstellung einer <strong>IFRS</strong> Eröffnungsbilanz zu<br />
vereinfachen und so den Aufwand aus der bei vielen Unternehmen anstehenden <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong><br />
zu reduzieren.<br />
Wulf, Klein, Azaiz: <strong>Umstellung</strong> <strong>des</strong> <strong>Konzernabschlusses</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> (<strong>Teil</strong> I) DStR 2005 Heft 6 264<br />
Explizit nennt <strong>IFRS</strong> 1 folgende Ziele, die in der <strong>IFRS</strong>-Eröffnungsbilanz unterstützt werden sollen:<br />
(1)<br />
Transparenz für die Bilanzadressaten und Vergleichbarkeit im Zeitabl<strong>auf</strong>.
(2)<br />
(3)<br />
Ausgangspunkt der Bilanzierung nach <strong>IFRS</strong> ist die <strong>IFRS</strong> -Eröffnungsbilanz. Die Eröffnungsbilanz ist im<br />
ersten <strong>IFRS</strong>-Abschluss nicht zu veröffentlichen. Vielmehr ist sie Ausgangspunkt für die Entwicklung<br />
der Folgebilanz.<br />
<strong>IFRS</strong> 1 bietet im Wesentlichen folgende Vereinfachungsmöglichkeiten:<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
Geeigneter Ausgangspunkt f ür die künftige <strong>IFRS</strong> Bilanzierung.<br />
Verh ältnismäßigkeit von Kosten der Anwender und Nutzen für die Bilanzadressaten.<br />
Sachanlagen können in der Eröffnungsbilanz mit Zeitwerten oder mit den bisher nach HGB<br />
bilanzierten Buchwerten angesetzt werden. Das Bewertungswahlrecht kann für jede Sachanlage<br />
gesondert ausgeübt werden. Daraus resultieren für den Erst<strong>auf</strong>steller teilweise erhebliche<br />
Bewertungsspielräume.<br />
Grundsätzlich besteht nach IAS 19 Leistungen an Arbeitnehmer ein Wahlrecht,<br />
versicherungsmathematische Gewinne und Verluste, die innerhalb eines Korridors liegen, sofort<br />
ergebniswirksam zu erfassen oder über Folgejahre zu verteilen. Um Schwankungen in der Höhe der<br />
Pensionsrückstellung <strong>auf</strong> Grund versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste zu vermeiden,<br />
wird von Unternehmen in der Praxis durchgehend der sog. Korridoransatz angewandt. <strong>IFRS</strong> 1<br />
ermöglicht es, in der Eröffnungsbilanz versicherungsmathematische Gewinne und Verluste sofort zu<br />
erfassen, auch wenn in Zukunft der Korridoransatz angewandt werden soll.<br />
Gemäß IAS 21 Auswirkungen von Änderungen der Wechselkurse sind Differenzen aus der<br />
Umrechnung von Fremdwährungsabschlüssen ergebnisneutral im Eigenkapital zu erfassen. Nach<br />
<strong>IFRS</strong> 1 ist es möglich, die Eröffnungsbilanz ohne kumulierte Differenzen aus der<br />
Währungsumrechnung zu starten.<br />
<strong>IFRS</strong> 2 Share-based Payment regelt u. a. die detaillierte Bilanzierung von Aktienoptionsplänen. <strong>IFRS</strong><br />
1 stellt es frei, ob Aktienoptionen, die am oder vor dem 7. 11. 2002 gew ährt wurden, nach <strong>IFRS</strong> 2<br />
bilanziert werden.<br />
Nach <strong>IFRS</strong> 1 muss ein Unternehmen, das erstmals einen <strong>IFRS</strong>Abschluss <strong>auf</strong>stellt, eine<br />
Eigenkapitalüberleitungsrechnung zwischen dem bisherigen HGB - und dem <strong>IFRS</strong> -Abschluss<br />
vornehmen. Bei einer Eröffnungsbilanz zum 1. 1. 2004 erfolgt <strong>auf</strong> diesen Zeitpunkt eine<br />
Eigenkapitalüberleitung. Weiter ist eine Überleitung der Gewinn- und Verlustrechnung <strong>des</strong> letzten<br />
HGB-Abschlusses <strong>auf</strong> die Gewinn- und Verlustrechnung <strong>des</strong> ersten <strong>IFRS</strong>-Abschlusses vorzunehmen.<br />
Wenn der letzte HGB-Abschluss <strong>auf</strong> den 31. 12. 2004 erstellt wird, ist die Gewinn- und<br />
Verlustrechnung 2004 von HGB <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> überzuleiten. Bei Ver öffentlichung von <strong>IFRS</strong> -<br />
Zwischenabschlüssen ist ebenfalls eine Überleitung von Eigenkapital und Gewinn- und<br />
Verlustrechnung vorzunehmen.<br />
(Der Beitrag wird im nächsten Heft fortgesetzt.)<br />
* Dipl.-Fw. (FH) Martin Wulf, Wirtschaftsprüfer/Steuerberater, ist Partner, Dipl.-oec. Michael Klein,<br />
Wirtschaftsprüfer/Steuerberater, und Karim Azaiz sind Mitarbeiter bei Kopitz Schätz Hasenclever + Partner, Stuttgart.<br />
1 Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 <strong>des</strong> Europäischen Parlaments und <strong>des</strong> Rates vom 19. 7. 2002 betr. die<br />
Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards (ABlEG L 243/2002 v. 11. 9. 2002, S. 1 ff.).<br />
2 Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung<br />
(Bilanzrechtsreformgesetz - BilReG) v. 4. 12. 2004, BGBl I 2004, 3166, im Folgenden kurz: BilReG.<br />
3 Durch das BilReG neu eingefügter § 315 Abs. 1 HGB.<br />
4 Wertpapier i. S. <strong>des</strong> § 2 Abs. 1 Satz 1 <strong>des</strong> Wertpapierhandelsgesetzes sind Aktien, Zertifikate, die Aktien vertreten,<br />
Schuldverschreibungen, Genussscheine, Optionsscheine und andere Wertpapiere, die mit Aktien oder Schuldverschreibungen<br />
vergleichbar sind, wenn sie an einem Markt gehandelt werden können.<br />
5 Organisierter Markt i. S. <strong>des</strong> § 2 Abs. 1 Satz 1 <strong>des</strong> Wertpapierhandelsgesetzes ist ein Markt, der von staatlich anerkannten
Stellen geregelt und überwacht wird, regelmäßig stattfindet und für das Publikum unmittelbar oder mittelbar zugänglich ist.<br />
6 Durch das BilReG neu eingefügter § 315a Abs. 2 HGB.<br />
7 Durch das BilReG neu eingefügter § 315a Abs. 3 HGB.<br />
8 Durch das BilReG neu eingefügter § 325 Abs. 2a HGB.<br />
9 Nach § 290 Abs. 1 HGB ist ein Konzernabschluss und Konzernlagebericht in den ersten fünf Monaten <strong>des</strong> folgenden<br />
Geschäftsjahres <strong>auf</strong>zustellen.<br />
10 § 308 Abs. 1 Satz 2 HGB.
...<br />
Wulf, Klein, Azaiz: <strong>Umstellung</strong> <strong>des</strong> <strong>Konzernabschlusses</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> (<strong>Teil</strong> II) DStR 2005 Heft 7 299<br />
<strong>Umstellung</strong> <strong>des</strong> <strong>Konzernabschlusses</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> (<strong>Teil</strong> II)<br />
Von Martin Wulf, Michael Klein und Karim Azaiz,alle Stuttgart *<br />
Im letzten Heft:<br />
1. Gesetzlicher Stand und aktuelle Vorschriften<br />
2. Wahlrecht für nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen<br />
3. Adressaten von Konzernabschlüssen<br />
4. Auswirkungen der <strong>IFRS</strong>-<strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> die interne Rechnungslegung<br />
5. Die einzelnen Vorschriften der International Financial Reporting Standards<br />
6. Vereinfachungen zur Aufstellung der <strong>IFRS</strong>-Eröffnungsbilanz nach <strong>IFRS</strong> 1<br />
In diesem Heft:<br />
7. Phasen in der <strong>Umstellung</strong> von HGB <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong><br />
7.1 Analyse der Ist-Situation<br />
7.2 Analyse der Soll-Situation - wesentliche Unterschiede zwischen HGB und <strong>IFRS</strong><br />
7.3 Komponenten eines <strong>IFRS</strong>-Abschlusses<br />
7.4 Gesamtkosten- oder Umsatzkostenverfahren<br />
7.5 Planung <strong>des</strong> <strong>Umstellung</strong>svorgehens<br />
7.6 <strong>Umstellung</strong>, Erstellung und Prüfung <strong>des</strong> ersten <strong>IFRS</strong>-<strong>Konzernabschlusses</strong><br />
7.7 Vorbereitung der Mitarbeiter <strong>auf</strong> die Bilanzierung nach <strong>IFRS</strong><br />
8. Ziele und Risiken einer <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong><br />
9. EDV-technische Problemstellungen und deren Lösungen<br />
10. Geplante Vereinfachungsregelungen für kleine und mittelgro ße Unternehmen<br />
11. Zusammenfassung<br />
Bei der <strong>Umstellung</strong> <strong>des</strong> <strong>Konzernabschlusses</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> werden Unternehmen mit zahlreichen<br />
Problemen konfrontiert. Der zweite <strong>Teil</strong> dieses Beitrags gibt einen Überblick über die Phasen der<br />
<strong>Umstellung</strong> von HGB <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> und soll allen Unternehmen eine praktische Hilfestellung bieten,<br />
die ihre Konzernabschlüsse <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> umstellen oder eine solche <strong>Umstellung</strong> in Erwägung ziehen.<br />
7. Phasen in der <strong>Umstellung</strong> von HGB <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong><br />
7.1 Analyse der Ist-Situation<br />
Ausgangspunkt jeder <strong>Umstellung</strong> der Konzernrechnungslegung <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> ist die Analyse der Ist-
...<br />
Situation <strong>des</strong> Unternehmens. Dazu ist die bisherige Rechnungslegung und der bisherige HGB-<br />
Konzernabschluss einer Analyse zu unterziehen. Für jede einzelne Bilanzposition ist vorab zu klären,<br />
inwieweit sich bei einer Bilanzierung nach <strong>IFRS</strong> Abweichungen zwischen HGB und <strong>IFRS</strong> ergeben.<br />
Dazu sollten die bisherigen Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden <strong>auf</strong> die Kompatibilität mit den<br />
<strong>IFRS</strong> -Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden hin überprüft werden. Es ist festzuhalten, in welchem<br />
Ausmaß Veränderungen vorzunehmen sind.<br />
7.2 Analyse der Soll-Situation - wesentliche Unterschiede zwischen HGB und <strong>IFRS</strong><br />
Grundlage der Bilanzierung nach HGB sind die Regelungen <strong>des</strong> deutschen HGB und andere<br />
gesellschaftsrechtliche Regelungen sowie die in § 243 Abs. 1 HGB kodifizierten Grundsätze<br />
ordnungsmäßiger Buchführung. Sie werden als Gewohnheitsrecht, Handelsbräuche und<br />
Verkehrsanschauungen angesehen. Die konkrete Ausgestaltung der Bilanzvorschriften, für die der<br />
deutsche Gesetzgeber den rechtlichen Rahmen liefert, findet sich in Deutschland in den umfangreichen<br />
Bilanzkommentaren wieder.<br />
Die <strong>IFRS</strong> sind prinzipienbasiert und stellen im Gegensatz zum HGB keine Rechtsnormen sondern<br />
lediglich von privatrechtlicher Seite gesetzte Fachnormen dar. Im Rahmenkonzept (Framework) werden<br />
Grundsätze wie Periodenabgrenzung, Unternehmensfortführung, Verständlichkeit, Relevanz,<br />
Verl ässlichkeit, Vergleichbarkeit und True and Fair View festgelegt. Die <strong>IFRS</strong>s, IASs, SICs und<br />
IFRICs enthalten konkrete Bilanzierungsvorschriften.<br />
Im Folgenden werden in einem kurzen Überblick einige konkrete Bilanzierungsvorschriften der <strong>IFRS</strong><br />
dargestellt. Dabei wird exemplarisch <strong>auf</strong> wesentliche Unterschiede zwischen einer Bilanzierung nach<br />
HGB und <strong>IFRS</strong> hingewiesen.<br />
Nach IAS 2 Vorr äte besteht für die Bestimmung der Herstellungskosten nach <strong>IFRS</strong> kein Wahlrecht. In<br />
die Herstellungskosten sind alle Kosten <strong>des</strong> Erwerbs und der Be- und Verarbeitung sowie alle sonstigen<br />
Kosten zwingend einzubeziehen, die angefallen sind, um die Vorräte an ihren derzeitigen Ort und in<br />
ihren derzeitigen Zustand zu versetzen. Im Ergebnis besteht nach <strong>IFRS</strong> eine Pflicht zur Aktivierung der<br />
produktionsbezogenen Vollkosten, die auch anteilige Kosten der Betriebsleitung und Verwaltung<br />
(beispielsweise Personalabteilung) umfassen. IAS 16 Sachanlagen bezieht sich bei der Bestimmung der<br />
Herstellungskosten <strong>auf</strong> IAS 2 Vorräte, so dass nach <strong>IFRS</strong> die Herstellungskosten einheitlich ermittelt<br />
werden.<br />
Abschreibungen für Abnutzung orientieren sich nach <strong>IFRS</strong> ausschließlich an der wirtschaftlichen<br />
Nutzung 11. Abschreibungen, die nach HGB <strong>auf</strong> Grund steuerlicher Vorschriften (umgekehrte<br />
Maßgeblichkeit) vorgenommen werden, sind nach <strong>IFRS</strong> nicht zulässig. Dagegen sind degressive<br />
Abschreibungen auch nach <strong>IFRS</strong> möglich, wenn diese die tatsächliche, wirtschaftliche Nutzung eines<br />
Verm ögenswerts widerspiegeln 12.<br />
Gemäß IAS 11 Fertigungs<strong>auf</strong>träge sind im Rahmen von langfristigen Fertigungs<strong>auf</strong>trägen anfallende<br />
Auftragserlöse und Auftragskosten entsprechend dem Leistungsfortschritt am Bilanzstichtag zu<br />
bewerten. Voraussetzung ist, dass eine verlässliche Schätzung möglich ist. Die Erfassung der (nicht<br />
realisierten) Gewinne erfolgt anteilig nach der Percentage-of-Completion-Methode. Die noch nicht<br />
abgewickelten Fertigungs<strong>auf</strong>träge sind unter den Forderungen (zuzüglich teilrealisierter Gewinne,<br />
abzüglich teilrealisierter Verluste und/oder abzüglich in Rechnung gestellter Abschlagszahlungen)<br />
auszuweisen. Ein negativer Saldo ist unter dem Posten „Verpflichtungen aus Fertigungs<strong>auf</strong>trägen“ zu<br />
passivieren. Gewinne aus der Bewertung von Fertigungs<strong>auf</strong>trägen sind unter den Umsatzerlösen zu<br />
erfassen und dort oder im Anhang gesondert anzugeben.<br />
Wulf, Klein, Azaiz: <strong>Umstellung</strong> <strong>des</strong> <strong>Konzernabschlusses</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> (<strong>Teil</strong> II) DStR 2005 Heft 7 300<br />
Nach IAS 12 Ertragsteuern ist <strong>auf</strong> alle temporären und quasi-permanenten Differenzen eine<br />
Steuerabgrenzung vorzunehmen (temporary concept). Sowohl für aktive wie auch für passive latente
Steuern besteht eine Bilanzierungspflicht. Auch nach <strong>IFRS</strong> sind <strong>auf</strong> den Geschäftswert keine latenten<br />
Steuerabgrenzungen zu bilden. IAS 12 basiert <strong>auf</strong> der bilanzorientierten Steuerabgrenzung nach der<br />
Liability-Methode. Die Bewertung latenter Steuern erfolgt mit dem im Zeitpunkt der Realisierung der<br />
Differenzen zu erwartenden künftigen Steuersatz <strong>auf</strong> Basis der Steuergesetze, die zum Bilanzstichtag in<br />
Kraft sind bzw. mit deren In -Kraft-Treten mit hinreichender Sicherheit gerechnet wird. Als<br />
Besonderheit sind nach <strong>IFRS</strong> beispielsweise bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen latente Steuern<br />
<strong>auf</strong> nicht ausgeschüttete Gewinne vorzunehmen.<br />
Nach IAS 14 Segmentberichterstattung haben Unternehmen im Anhang Angaben zu<br />
geschäftsfeldbezogenen und geographischen Geschäftssegmenten zu machen; die<br />
Segmentberichterstattung ist nach <strong>IFRS</strong> Bestandteil <strong>des</strong> Anhangs und kein eigenst ändiger <strong>Teil</strong> <strong>des</strong><br />
<strong>Konzernabschlusses</strong> 13. Abweichend vom HGB sind nach <strong>IFRS</strong> Segmente, deren Umsätze überwiegend<br />
<strong>auf</strong> internen Leistungsbeziehungen beruhen, nicht angabepflichtig. Solche Segmente können mit<br />
anderen berichtspflichtigen Segmenten zusammengefasst oder als nichtzuordenbarer<br />
Überleitungsposten (unallocated reconciling items) separat ausgewiesen werden.<br />
Nach IAS 16 Sachanlagen sind erwartete Aufwendungen für die künftige Demontage, Entsorgung oder<br />
Rekultivierung von Sachanlagen als Anschaffungskosten den aktivierten Anlagen hinzuzurechnen und<br />
gleichzeitig als Rückstellung zu passivieren. Die Bewertung erfolgt mit dem abgezinsten<br />
Erfüllungsbetrag. Eine Ansammlung der Rückstellung über die Nutzungsdauer ist nicht zulässig. Über<br />
die Abschreibung der aktivierten Anlagen wird der Rückstellungs<strong>auf</strong>wand wirksam.<br />
Nach IAS 17 Leasingverh ältnisse ist zwischen Finanzierungs- und Operating-Leasingverhältnissen zu<br />
unterscheiden. Bei Erfüllung bestimmter Kriterien liegt Finanzierungs-Leasing vor, was zu einer<br />
Bilanzierung <strong>des</strong> Leasinggegenstands beim Leasingnehmer führt. Wenn eine Sale-and-leaseback-<br />
Transaktion zu einem Finanzierungs-Leasingverhältnis führt, ist der Gewinn der Transaktion über die<br />
L<strong>auf</strong>zeit <strong>des</strong> Leasingverh ältnisses zu verteilen.<br />
Nach IAS 19 Leistungen an Arbeitnehmer sind Pensionsr ückstellungen nach der<br />
Anwartschaftsbarwertmethode zu bewerten. Eine Abzinsung erfolgt hier im Ergebnis mit dem<br />
Kapitalmarktzins. Erwartete künftige Gehalts- und Pensionserhöhungen sind im Rückstellungsbetrag zu<br />
ber ücksichtigen.<br />
Verpflichtungen gegenüber einer Unterstützungskasse, für die nach HGB als mittelbare<br />
Pensionsverpflichtungen ein Passivierungswahlrecht besteht 14, sind nach <strong>IFRS</strong> zwingend (mit der<br />
Nettoverpflichtung) zu passivieren. Hierbei ist das mit Zeitwerten bewertete Verm ögen der<br />
Unterstützungskasse („plan assets“) zu berücksichtigen. Die Unterstützungskasse selbst ist auch nach<br />
<strong>IFRS</strong> nicht zu konsolidieren und nicht in den Konzernabschluss einzubeziehen.<br />
Nach IAS 21 Auswirkungen von Änderungen der Wechselkurse sind sowohl<br />
Fremdwährungsforderungen wie auch Fremdw ährungsverbindlichkeiten zwingend mit dem<br />
Stichtagskurs zu bewerten. Somit kann es im Bereich der Fremdwährungsforderungen bei einem<br />
Anstieg der Fremdw ährung zum Ausweis nicht realisierter Gewinne kommen.<br />
IAS 21 Auswirkungen von Änderungen der Wechselkurse schreibt für die Umrechnung von<br />
Fremdwährungseinzelabschlüssen die Methode der funktionalen Währung vor. Im Ergebnis erfolgt eine<br />
Umrechnung der Bilanz mit dem Stichtagskurs und der Gewinn- und Verlustrechnung mit dem<br />
Durchschnittskurs der Berichtsperiode. Unterschiede aus der Fremdwährungsumrechnung zwischen der<br />
Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung werden ergebnisneutral ins Eigenkapital eingestellt.<br />
IAS 24 Angaben über Beziehungen zu nahe stehenden Unternehmen und Personen verlangt<br />
umfangreiche Angaben zu Geschäftsvorfällen zwischen dem berichtenden Unternehmen und seinen<br />
nahe stehenden Unternehmen. Unabhängig von Geschäftsvorfällen sind alle Beziehungen zu nahe<br />
stehenden Unternehmen und Personen, bei denen ein Beherrschungsverhältnis vorliegt, anzugeben.<br />
Nach IAS 33 Ergebnis je Aktie haben börsennotierte Kapitalgesellschaften im Anhang das Ergebnis je<br />
Aktie (unverwässert und durch ausstehende Aktien verwässert) darzustellen.
Gemäß IAS 37 Rückstellungen, Eventualschulden und Eventualforderungen sind<br />
Aufwandsrückstellungen nach <strong>IFRS</strong> nicht passivierungsfähig. Drohverlustrückstellungen sind auch<br />
nach <strong>IFRS</strong> passivierungspflichtig. Eine Rückstellung für Restrukturierungsverpflichtungen ist nach<br />
<strong>IFRS</strong> zwingend zu bilden wenn ein Vergangenheitsbezug besteht und eine faktische Verpflichtung <strong>des</strong><br />
Unternehmens vorliegt 15.<br />
Im Gegensatz zu HGB gibt es nach <strong>IFRS</strong> bei den Herstellungskosten keine Aktivierungswahlrechte.<br />
Herstellungskosten sind nach <strong>IFRS</strong> nach dem Vollkostenansatz zu ermitteln. Neben den in Deutschland<br />
steuerrechtlich vorgeschriebenen aktivierungspflichtigen Einzel- und Gemeinkosten sind nach <strong>IFRS</strong><br />
zus ätzlich auch zurechenbare Verwaltungsgemeinkosten (Personalabteilung, Eink<strong>auf</strong> etc.) zwingend zu<br />
aktivieren. Bei Erfüllung bestimmter Bedingungen sind nach <strong>IFRS</strong> auch Fremdkapitalkosten<br />
aktivierungsfähig (qualifying asset - allowed alternative treatment) 16.<br />
Nach IAS 38 Immaterielle Verm ögenswerte besteht für Entwicklungskosten nach <strong>IFRS</strong> eine<br />
Aktivierungspflicht, wenn bestimmte, genau umschriebene Bedingungen erfüllt sind. IAS 38<br />
unterscheidet dabei zwischen Forschungskosten (frühe Phase) und Entwicklungskosten. Für<br />
Forschungskosten besteht auch nach IAS 38 ein generelles Aktivierungsverbot.<br />
Die nach HGB mögliche Aktivierung von Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung <strong>des</strong><br />
Geschäftsbetriebs ist nach <strong>IFRS</strong> nicht möglich.<br />
Nach <strong>IFRS</strong> 3 Unternehmenszusammenschlüsse sind grunds ätzlich alle Beteiligungen zu konsolidieren,<br />
über die das bilanzierende Unternehmen die Kontrolle aus übt. Anteile an assoziierten Unternehmen<br />
sind nach IAS 28 Bilanzierung von assoziierten Unternehmen nach der Equity-Methode zu bilanzieren.<br />
Anteile an Gemeinschaftsunternehmen sind nach IAS 31 Rechnungslegung über Anteile an Joint<br />
Ventures entweder einer Quotenkonsolidierung (Benchmark-Methode) zu unterziehen oder nach der<br />
Equity-Methode (Alternativ zulässige Methode) zu bilanzieren. <strong>IFRS</strong> kennt für die Konsolidierung von<br />
Tochtergesellschaften keine Wesentlichkeitsgrenze. Somit sind nach <strong>IFRS</strong> grunds ätzlich alle<br />
Beteiligungen, die vom berichtenden Unternehmen kontrolliert werden, zu konsolidieren.<br />
Wulf, Klein, Azaiz: <strong>Umstellung</strong> <strong>des</strong> <strong>Konzernabschlusses</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> (<strong>Teil</strong> II) DStR 2005 Heft 7 301<br />
Für die Konsolidierung von Zweckgesellschaften („special purpose entitites“) enthält SIC 12<br />
Konsolidierung - Zweckgesellschaften spezielle Regelungen. Die Anzahl der nach <strong>IFRS</strong> zu<br />
konsolidierenden Unternehmen übersteigt mangels Wesentlichkeitsgrenze und <strong>auf</strong> Grund der<br />
Konsolidierung von Zweckgesellschaften regelmäßig den HGB Konsolidierungskreis.<br />
Nach <strong>IFRS</strong> 3 Unternehmenszusammenschlüsse sind Geschäftswerte, nach Identifizierung und<br />
Aktivierung aller anderen im Rahmen <strong>des</strong> Unternehmenszusammenschlusses erworbenen immateriellen<br />
Verm ögenswerte (beispielsweise Kundenlisten), aktivierungspflichtig. Im Gegensatz zu HGB werden<br />
Geschäftswerte nach <strong>IFRS</strong> nicht planmäßig abgeschrieben. Vielmehr ist jährlich ein Niederstwerttest<br />
durchzuführen und gegebenenfalls eine au ßerplanmäßige Abschreibung <strong>des</strong> Geschäftswerts<br />
vorzunehmen.<br />
7.3 Komponenten eines <strong>IFRS</strong>-Abschlusses<br />
Ein Konzernabschluss nach <strong>IFRS</strong> besteht aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung,<br />
Kapitalflussrechnung, Anhang und Eigenkapitalspiegel. Die Segmentberichterstattung ist <strong>Teil</strong> <strong>des</strong><br />
Anhangs und daher kein eigenständiger Bestandteil <strong>des</strong> <strong>Konzernabschlusses</strong>. Im Gegensatz zu den<br />
Vorschriften <strong>des</strong> HGB enthalten die <strong>IFRS</strong> keine Regelung zur Erstellung eines Lageberichts.<br />
Unternehmen, die bisher über § 292a HGB bereits einen Konzernabschluss nach <strong>IFRS</strong> erstellt haben,<br />
waren bisher gezwungen, für die Erfüllung <strong>des</strong> in § 292a HGB vorgeschriebenen Kriteriums der<br />
Gleichwertigkeit mit einem HGB-Konzernabschluss auch nach <strong>IFRS</strong> zusätzlich einen<br />
Konzernlagebericht zu erstellen und zu veröffentlichen.
Nach § 315a Abs. 1 HGB i. d. F. <strong>des</strong> BilReG ist auch zukünftig ein nach <strong>IFRS</strong> <strong>auf</strong>gestellter<br />
Konzernabschluss um einen nach § 315 HGB <strong>auf</strong>zustellenden Konzernlagebericht zu ergänzen. Die<br />
zus ätzliche Verpflichtung zur Konzernlageberichterstattung soll die Gleichwertigkeit eines <strong>IFRS</strong> -<br />
<strong>Konzernabschlusses</strong> mit einem HGB-Konzernabschluss sicherstellen. Vom IASB wird gegenwärtig die<br />
Entwicklung eines Standards zur Lageberichterstattung diskutiert. Vor dem Jahr 2006 ist jedoch nicht<br />
mit der Verabschiedung eines <strong>IFRS</strong> zur Lageberichterstattung zu rechnen.<br />
7.4 Gesamtkosten- oder Umsatzkostenverfahren<br />
Nach <strong>IFRS</strong> kann die Gewinn- und Verlustrechnung sowohl nach dem Umsatz- wie auch nach dem<br />
Gesamtkostenverfahren <strong>auf</strong>gestellt werden 17. In Deutschland ist das Gesamtkostenverfahren verbreitet.<br />
International üblich ist das Umsatzkostenverfahren. Auch wenn nach <strong>IFRS</strong> eine Anwendung <strong>des</strong><br />
Gesamtkostenverfahrens möglich ist, sollte erfahrungsgemäß im Rahmen der <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong><br />
auch eine <strong>Umstellung</strong> der Gewinn- und Verlustrechnung <strong>auf</strong> das Umsatzkostenverfahren erfolgen. Im<br />
Zusammenhang damit ist in den Unternehmen, die eine <strong>Umstellung</strong> der Gewinn- und Verlustrechnung<br />
vom Gesamtkosten- <strong>auf</strong> das Umsatzkostenverfahren vornehmen, regelmäßig eine<br />
Kostenstellenrechnung zu implementieren. Wenn eine solche im bilanzierenden Unternehmen bisher<br />
nicht vorhanden ist, sollte im Zusammenhang mit der Einrichtung einer Kostenstellenrechnung die<br />
gesamte interne Rechnungslegung neu ausgerichtet werden. Soweit im Rahmen der <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong><br />
<strong>IFRS</strong> auch eine Zusammenlegung von externer und interner Rechnungslegung erfolgen soll, ist die<br />
<strong>Umstellung</strong> der Gewinn- und Verlustrechnung <strong>auf</strong> das Umsatzkostenverfahren praktisch zwingend<br />
notwendig.<br />
7.5 Planung <strong>des</strong> <strong>Umstellung</strong>svorgehens<br />
Die <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> ist ein komplexes Projekt, das ohne detaillierte Planung, Abschätzung <strong>des</strong><br />
erforderlichen Zeitbedarfs und Festlegung von Meilensteinen nicht bewältigt werden kann. Im<br />
Folgenden werden die wesentlichen Determinanten einer erfolgreichen Projektplanung identifiziert:<br />
Notwendig ist die Festlegung eines realistischen Zeitplans und einer Projektplanungsübersicht. Der<br />
Zeitplan und die Projektplanungs übersicht sollten flexibel sein und während <strong>des</strong> Projektverl<strong>auf</strong>s<br />
permanent aktualisiert und angepasst werden.<br />
Praktische Erfahrungen haben gezeigt, dass eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche<br />
<strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> die Ansiedlung der Verantwortung für das <strong>Umstellung</strong>sprojekt <strong>auf</strong> der obersten<br />
Führungsebene (Geschäftsführung, Vorstand) ist. In zahlreichen Stufen <strong>des</strong> <strong>Umstellung</strong>sprojekts ist es<br />
notwendig, weitreichende strategische Entscheidungen zu treffen. So setzt beispielsweise die oftmals<br />
mit der <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> verbundene Entscheidung für eine Neuausrichtung der internen<br />
Rechnungslegung Entscheidungskompetenz <strong>auf</strong> höchster Führungsebene voraus. Bei der Umsetzung<br />
solcher Entscheidungen treten erfahrungsgemäß zahlreiche Probleme (beispielsweise politische<br />
Verteilung von Kompetenzen zwischen Abteilungen) <strong>auf</strong>, die nur durch die Hinzuziehung von<br />
Entscheidungsträgern zu bewältigen sind. Daneben müssen bereits im Rahmen der Eröffnungsbilanz<br />
zahlreiche weitreichende bilanzpolitische Entscheidungen getroffen werden, welche die zukünftige<br />
Bilanzierung nach <strong>IFRS</strong> nachhaltig beeinflussen. Die operative Umsetzung der im Rahmen der<br />
<strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> notwendigen Entscheidungen kann nicht ohne den notwendigen Rückhalt durch<br />
die oberste Führungsebene erfolgen.<br />
Der aus der <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> resultierende Aufwand sollte nicht unterschätzt werden.<br />
Voraussetzung für eine erfolgreiche <strong>Umstellung</strong> ist, dass ausreichende personelle Ressourcen<br />
bereitgestellt werden, um die operative Umsetzung <strong>des</strong> Projekts zu erreichen. Von zentraler Bedeutung<br />
ist die Bestimmung von Projektverantwortlichen, die weitestgehend von l<strong>auf</strong>enden Aufgaben<br />
freigestellt werden und die <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> verantwortlich durchführen.<br />
Zusammenarbeit zwischen Abteilungen/Bereichen: Die <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> betrifft nahezu alle<br />
Unternehmensbereiche. Nach praktischer Erfahrung sollten zumin<strong>des</strong>t die Bereiche externe
Rechnungslegung (Konzern, Einzelabschluss Mutterunternehmen, Einzelabschlüsse<br />
Tochterunternehmen), interne Rechnungslegung, EDV, Steuern und Finanzen in das<br />
<strong>Umstellung</strong>sprojekt integriert werden. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit ist unabdingbare<br />
Voraussetzung für einen erfolgreichen Projektverl<strong>auf</strong>. So benötigt die Integration von externer und<br />
interner Rechnungslegung eine umfangreiche Zusammenarbeit zwischen Abteilungen, die in bisher<br />
nach HGB bilanzierenden Unternehmen regelmäßig organisatorisch strikt getrennt waren. Die <strong>IFRS</strong><br />
stellen beispielsweise erhebliche Anforderungen an die Bilanzierung latenter Steuern und<br />
Finanzinstrumente. Unabhängig von der späteren organisatorischen Zuordnung dieser Bereiche ist hier<br />
die Hinzuziehung unternehmensinterner Experten für Steuern und Finanzinstrumente notwendig, um<br />
die Bilanzierung nach <strong>IFRS</strong> erfolgreich umsetzen zu können. Für die Anpassung der EDV-Systeme ist<br />
die Hinzuziehung von EDV-Experten notwendig.<br />
Erfahrungsgemäß können die im Rahmen einer <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> <strong>auf</strong>tretenden Probleme nicht ohne<br />
externe Experten bewältigt werden. Die Hinzuziehung von externen Experten<br />
Wulf, Klein, Azaiz: <strong>Umstellung</strong> <strong>des</strong> <strong>Konzernabschlusses</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> (<strong>Teil</strong> II) DStR 2005 Heft 7 302<br />
ist sowohl aus quantitativen wie auch aus inhaltlichen Gründen notwendig. Eine quantitative<br />
Restriktion stellen die vorhandenen personellen Ressourcen im Unternehmen dar. Im Rahmen der<br />
<strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> tritt für einen begrenzten Zeitraum ein erheblicher zeitlicher Arbeits-<br />
Mehr<strong>auf</strong>wand ein. Nach erfolgter <strong>Umstellung</strong> der Rechnungslegung wird der Personalbedarf jedoch<br />
wieder zurückgehen. Für einen begrenzten Zeitraum ist es oftmals nicht möglich bzw. ökonomisch<br />
nicht sinnvoll, qualifizierte Mitarbeiter fest anzustellen. Daher können Arbeiten, die im Rahmen <strong>des</strong><br />
<strong>Umstellung</strong>sprojekts anfallen, <strong>auf</strong> externes Personal verlagert werden. So bedeutet beispielsweise die<br />
Erarbeitung eines Kontenrahmens für die <strong>IFRS</strong> -Anpassungsbuchungen, die erstmalige Erstellung <strong>des</strong><br />
neuen <strong>IFRS</strong> Reporting Packages oder <strong>des</strong> Konzernanhangs nach <strong>IFRS</strong> (notes) im Rahmen der<br />
<strong>Umstellung</strong> einen einmaligen Mehr<strong>auf</strong>wand, der in Folgejahren <strong>auf</strong> die Anpassung an neue <strong>IFRS</strong> -<br />
Vorschriften beschränkt ist. Weiter treten im Rahmen der <strong>Umstellung</strong> erfahrungsgemäß zahlreiche<br />
Probleme und Fragen <strong>auf</strong>. Ein gro ßer <strong>Teil</strong> der <strong>auf</strong>tretenden Probleme und Fragen wiederholt sich<br />
regelmäßig bei allen <strong>IFRS</strong> -<strong>Umstellung</strong>en. Hier ist es effizienter, <strong>auf</strong> die Erfahrung externer Experten<br />
zurückzugreifen als das „Rad“ je<strong>des</strong>mal neu zu erfinden. Komplexe Bereiche wie beispielsweise die<br />
erstmalige Einrichtung der Bilanzierung von Finanzinstrumenten (IAS 39) oder latenten Steuern (IAS<br />
12) können ohne externes Wissen erfahrungsgemäß nicht bew ältigt werden.<br />
7.6 <strong>Umstellung</strong>, Erstellung und Prüfung <strong>des</strong> ersten <strong>IFRS</strong>-<strong>Konzernabschlusses</strong><br />
Für die Umsetzung der Sollvorgaben nach <strong>IFRS</strong> sind im Einzelnen folgende Schritte notwendig:<br />
Ausgehend von der Ist-Analyse müssen die Bilanzierungs - und Bewertungsprobleme gelöst werden.<br />
Hier ist erfahrungsgemäß die Hinzuziehung von externen Experten (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer,<br />
Certified Public Accountants, Controller, usw.) und die Integration dieser externen Experten in das<br />
Projektteam unumgänglich.<br />
Das bisherige, nach HGB verwendete Reporting Package ist grundlegend zu überarbeiten. Vor allem<br />
die umfangreichen Angabepflichten im <strong>IFRS</strong> -Anhang erfordern die konzernweite Erhebung<br />
umfangreicher, zusätzlicher Informationen.<br />
Weiter ist eine Entscheidung zu treffen, welche Struktur internes und externes Rechnungswesen<br />
zukünftig haben sollen. Soweit eine Zusammenlegung von externer und interner Rechnungslegung<br />
erfolgen soll, sind die Anforderungen, die die interne Rechnungslegung an die Datenbasis und<br />
Weiterverarbeitung der Daten stellt, zu analysieren. Die internen Prozessabläufe und EDV-Systeme<br />
sind entsprechend anzupassen.<br />
Zusätzlich zum bisherigen, nach HGB verwendeten Kontenrahmen, ist ein separater Kontenrahmen mit<br />
den <strong>IFRS</strong> -Anpassungskonten einzurichten. Dazu sind alle notwendigen <strong>IFRS</strong>-Anpassungsbuchungen zu
identifizieren. Die neuen Konten sind in den EDV -Systemen <strong>des</strong> Unternehmens umzusetzen. <strong>IFRS</strong>-<br />
Anpassungen müssen von allen nach <strong>IFRS</strong> zu konsolidierenden Tochterunternehmen vorgenommen<br />
werden.<br />
Es ist eine <strong>IFRS</strong>-Bilanzierungsrichtlinie zu entwickeln. Diese Bilanzierungsrichtlinie stellt eine<br />
konkrete Bilanzierungshilfe für die einzelnen Tochtergesellschaften dar. Nur durch eine<br />
Bilanzierungsrichtlinie kann eine konzernweit einheitliche Bilanzierung im Konzern sichergestellt<br />
werden. Ein weiterer Vorteil einer Bilanzierungsrichtlinie besteht darin, dass diese ein wirksames<br />
Instrument zur Festlegung der Bilanzierung unternehmensspezifischer Bilanzierungsprobleme und<br />
damit letztlich zur Steuerung der Bilanzierung darstellt. Bilanzpolitische Entscheidungen können<br />
dadurch konzernweit umgesetzt werden. Soweit nach <strong>IFRS</strong> Wahlrechte bestehen, wird durch eine<br />
Bilanzierungsrichtlinie sichergestellt, dass diese konzernweit einheitlich ausgeübt werden.<br />
Die <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> setzt die Entwicklung und Implementierung neuer, unternehmensinterner<br />
Prozesse und Arbeitsabläufe voraus. Diese neuen Prozesse und Arbeitsabläufe müssen EDV-technisch<br />
umgesetzt werden.<br />
Wichtig ist die Qualifikation und Schulung der betroffenen Mitarbeiter. Im Rahmen <strong>des</strong><br />
<strong>Umstellung</strong>sprojekts müssen die Mitarbeiter das notwendige Wissen vermittelt bekommen, um eine<br />
zukünftige Bilanzierung nach <strong>IFRS</strong> sicherzustellen. Im Rahmen <strong>des</strong> Projekts sollte versucht werden, die<br />
Mitarbeiter bereits bei der <strong>Umstellung</strong> direkt in ihren jeweiligen Zust ändigkeitsbereichen zu beteiligen.<br />
Da <strong>IFRS</strong>-Anpassungsbuchungen von den einzelnen Sachbearbeitern durchgeführt werden, müssen diese<br />
über das notwendige <strong>IFRS</strong> -Wissen verfügen. Der Kosten- und Zeit<strong>auf</strong>wand für die Schulung der<br />
Mitarbeiter sollte nicht unterschätzt werden und als zentraler Punkt in die Projektplanung eingehen. Bei<br />
der <strong>Umstellung</strong> von internationalen Konzernen <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> erfordern konzernweite Schulungen<br />
erfahrungsgemäß einen erheblichen Koordinations<strong>auf</strong>wand.<br />
7.7 Vorbereitung der Mitarbeiter <strong>auf</strong> die Bilanzierung nach <strong>IFRS</strong><br />
Die <strong>Umstellung</strong> der Konzernrechnungslegung <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> hat auch Auswirkungen <strong>auf</strong> die Arbeitsbereiche<br />
von Mitarbeitern außerhalb <strong>des</strong> Rechnungswesens. Es muss analysiert werden, welche Bereiche genau<br />
betroffen sind. Die Mitarbeiter dieser Bereiche müssen über die Folgen in Kenntnis gesetzt werden und<br />
gegebenenfalls geschult werden. Beispielsweise hat ein abgeschlossener Leasingvertrag Auswirkungen<br />
<strong>auf</strong> die Bereiche Eink<strong>auf</strong> (Aushandeln von Leasingverträgen), Anlagenbuchführung, Debitoren- und<br />
Kreditorenbuchhaltung (Bilanzierung der Leasingverträge) sowie Recht (Prüfung der vertraglichen<br />
Gestaltungen).<br />
8. Ziele und Risiken einer <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong><br />
Ziel jeder <strong>IFRS</strong>-<strong>Umstellung</strong> muss es sein, die Konzernrechnungslegung mit einem angemessenen<br />
Ressourceneinsatz und Zeitbedarf umzustellen. Am Ende <strong>des</strong> <strong>Umstellung</strong>sprojektes müssen innerhalb<br />
<strong>des</strong> bilanzierenden Konzerns Strukturen vorhanden sein, welche die Erstellung eines qualitativ<br />
hochwertigen <strong>IFRS</strong>-<strong>Konzernabschlusses</strong> nachhaltig ermöglichen. Soweit im Rahmen der <strong>Umstellung</strong><br />
<strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> interne und externe Rechnungslegung zusammengef ührt werden, sollten die betrieblichen<br />
Prozesse dar<strong>auf</strong> ausgerichtet sein, die <strong>IFRS</strong> -Datenbasis für interne Informationszwecke effizient und<br />
effektiv <strong>auf</strong>zubereiten.<br />
Erfahrungsgemäß werden diese Ziele oftmals nicht vollst ändig erreicht. <strong>Teil</strong>weise l<strong>auf</strong>en<br />
<strong>Umstellung</strong>sprojekte „aus dem Ruder“ und verursachen unangemessen hohe Kosten oder l<strong>auf</strong>en über<br />
mehrere Jahre. Oftmals sind auch nach Erstellung eines erstmaligen <strong>IFRS</strong> -Abschlusses im Konzern<br />
nicht die notwendigen Strukturen vorhanden, um Folgeabschlüsse reibungslos zu erstellen. Folge eines<br />
unzureichenden <strong>IFRS</strong> Reporting Packages kann es sein, dass die <strong>auf</strong> Konzernebene vorhandenen<br />
Informationen nicht ausreichen, um alle im Anhang notwendigen Angabepflichten
Wulf, Klein, Azaiz: <strong>Umstellung</strong> <strong>des</strong> <strong>Konzernabschlusses</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> (<strong>Teil</strong> II) DStR 2005 Heft 7 303<br />
zu erf üllen. Ein unzureichender <strong>IFRS</strong>-Kontenrahmen und nicht durchdachte <strong>IFRS</strong>-Anpassungskonten<br />
beeinträchtigen die Erstellung <strong>des</strong> <strong>Konzernabschlusses</strong>. Unzureichende Schulungen der Mitarbeiter<br />
führen dazu, dass <strong>IFRS</strong> -Anpassungsbuchungen nicht oder falsch vorgenommen werden und die<br />
gemeldeten HBII-Zahlen unzulänglich sind. Unumgänglich ist die Verfügbarkeit qualifizierter<br />
Mitarbeiter, die <strong>auf</strong> Konzernebene mit der Konsolidierung und Erstellung <strong>des</strong> <strong>Konzernabschlusses</strong><br />
betraut sind. Wichtig ist es, die Mitarbeiter schon w ährend der <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> für die neue <strong>IFRS</strong> -<br />
Bilanzierung zu gewinnen. Ängste von Mitarbeitern können durch Information und gezielte Integration<br />
in Projektgruppen abgebaut werden. Als Erfolgsfaktor hat sich eine offene Kommunikation <strong>des</strong> <strong>IFRS</strong> -<br />
Projekts und die transparente Darstellung der geplanten Maßnahmen erwiesen.<br />
Die Ursachen für Zielverfehlungen divergieren. Dennoch lassen sich einige Risikofaktoren<br />
identifizieren, die oftmals bei <strong>Umstellung</strong>sprojekten mit einem unbefriedigenden Verl<strong>auf</strong> zu finden<br />
sind. Wichtigste Voraussetzung für den Projekterfolg ist, dass die obersten Entscheidungsträger im<br />
Unternehmen hinter dem <strong>Umstellung</strong>sprojekt stehen und dieses voll unterst ützen. Eine Delegation der<br />
Projektverantwortung <strong>auf</strong> Unternehmensebenen, die nicht gleichzeitig mit ausreichender<br />
Entscheidungskompetenz ausgestattet sind, funktioniert in der Praxis nicht. Ebenso spielt die<br />
Kompetenz der externen Berater und deren Erfahrung bei der Begleitung der <strong>Umstellung</strong>sprojekte eine<br />
wichtige Rolle. Auch eine funktionierende Abstimmung von Bilanzierungsfragen mit den<br />
verantwortlichen Wirtschaftsprüfern und deren Kenntnisse internationaler Rechnungslegung ist zentral.<br />
Große Bedeutung kommt auch einer EDV-technisch kompetenten Betreuung <strong>des</strong> <strong>Umstellung</strong>sprojekts<br />
zu. Wichtig ist, dass externe EDV-Berater hinzugezogen werden, die bereits <strong>IFRS</strong>-<strong>Umstellung</strong>en bei<br />
vergleichbaren Unternehmen begleitet haben.<br />
9. EDV-technische Problemstellungen und deren Lösungen<br />
Grundsätzlich erfolgt nur eine <strong>Umstellung</strong> der Konzernrechnungslegung <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong>. Die in den<br />
Konzernabschluss eingehenden Einzelabschlüsse werden weiterhin nach HGB bzw. bei ausländischen<br />
Gesellschaften nach den lokalen handelsrechtlichen Vorschriften („local GAAP“) erstellt. Die<br />
Buchhaltung <strong>des</strong> Mutterunternehmens bzw. der zu konsolidierenden Tochterunternehmen erfolgt<br />
entsprechend nach HGB bzw. „local GAAP“. Für Konzernzwecke ist in diesen Fällen regelmäßig eine<br />
Überleitung von der Buchhaltung der Einzelunternehmen (HGB bzw. „local GAAP“) <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong><br />
notwendig. Diese Überleitung von HGB bzw. „local GAAP“ <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> erfolgt nur für Zwecke der<br />
Konzernberichterstattung. Die Überleitung kann <strong>auf</strong> unterschiedlichen Wegen erfolgen. Soweit<br />
lediglich eine geringe Zahl an <strong>IFRS</strong>-Anpassungsbuchungen notwendig ist, können diese Anpassungen<br />
für HBII -Zwecke direkt im Reporting Package erfolgen. Eine solche statistische Anpassung für HBII -<br />
Zwecke wird regelmäßig nur bei kleineren Gesellschaften möglich sein, bei denen keine komplexen<br />
Abweichungen zwischen HGB bzw. „local GAAP“ und <strong>IFRS</strong> bestehen. Bei komplexeren <strong>IFRS</strong>-<br />
Anpassungsbuchungen ist eine statistische Anpassung für HBII-Zwecke dagegen nicht möglich.<br />
Unternehmen mit komplexeren Abweichungen zwischen HGB bzw. „local GAAP“ und <strong>IFRS</strong> werden<br />
daher regelmäßig ihre Buchhaltung <strong>auf</strong> Einzelabschlussebene zusätzlich <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> überleiten müssen.<br />
Eine solche Überleitung von HGB bzw. „local GAAP“ <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> ist ohne EDV-technische<br />
Unterstützung nicht möglich.<br />
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, <strong>auf</strong> Einzelabschlussebene entweder neben dem bisherigen HGBbzw.<br />
„local GAAP“-Buchungskreis einen vollen <strong>IFRS</strong>-Buchungskreis zu implementieren oder aber<br />
weiterhin einen HGB- bzw. „local GAAP“-Buchungskreis zu führen und lediglich die <strong>IFRS</strong>-<br />
Anpassungsbuchungen in einem gesonderten <strong>IFRS</strong>-Buchungskreis zu erfassen. In beiden Fällen wird<br />
der bisherige HGB - bzw. „local GAAP“-Buchungskreis fortgef ührt und zusätzlich ein neuer, entweder<br />
vollständiger oder <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong>-Anpassungsbuchungen beschränkter, <strong>IFRS</strong>-Buchungskreis eingerichtet.<br />
Wie oben ausgef ührt ist es vorteilhaft, im Zuge der <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> auch die interne<br />
Rechnungslegung <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> umzustellen und beide <strong>auf</strong> eine einheitliche Datenbasis zu stellen. Folge der<br />
Vereinheitlichung von interner und externer Rechnungslegung ist die EDV-technische Integration der
Systeme. Auf Grund der Pflicht, Einzelabschlüsse weiterhin nach HGB <strong>auf</strong>zustellen, erfolgt die<br />
Buchhaltung meist unverändert nach HGB. Anpassungen nach <strong>IFRS</strong> erfolgen in einem zusätzlichen<br />
Buchungskreis und werden <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> -Anpassungskonten gebucht. <strong>IFRS</strong>-Anpassungsbuchungen werden<br />
bereits bei der Erfassung der Ursprungsbelege berücksichtigt und direkt von den Sachbearbeitern<br />
vorgenommen. Der bisher zusätzlich entstehende Aufwand aus der Pflege einer weiteren Datenbasis für<br />
Zwecke der internen Rechnungslegung entfällt. Im Ergebnis kann durch die <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> der<br />
Aufwand im Bereich interner Rechnungslegung deutlich reduziert werden. Hier lassen sich durch die<br />
Investition in <strong>IFRS</strong> nachhaltige Kostensenkungspotenziale realisieren. Im Ergebnis bedeutet die<br />
<strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> durch die Vereinheitlichung von externer (<strong>IFRS</strong>) und interner Rechnungslegung<br />
keine Einführung einer Dritten - neben handelsrechtlicher und interner Rechnungslegung stehenden -<br />
Datenbasis. Nach der <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> besteht unver ändert die bisherige HGB-Datenbasis und eine<br />
zus ätzliche <strong>IFRS</strong>-Datenbasis, die gleichzeitig Grundlage der internen Rechnungslegung ist.<br />
Der <strong>Umstellung</strong> der EDV-Systeme kommt bei der <strong>Umstellung</strong> eines <strong>Konzernabschlusses</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> eine<br />
zentrale Bedeutung zu. Wenn mit der <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> auch die interne Rechnungslegung <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong><br />
umgestellt wird, resultieren aus der Vereinheitlichung der Datenbasis zusätzliche Anforderungen an die<br />
Weiterverarbeitung der <strong>IFRS</strong>-Daten f ür Zwecke der internen Berichterstattung. Erfahrungsgemäß ist die<br />
Annäherung von externer <strong>IFRS</strong>-Konzernrechnungslegung und einer <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong>-Daten basierenden<br />
internen Rechnungslegung schon aus Gründen der EDV-Kapazitäten zu empfehlen.<br />
Um den <strong>IFRS</strong>-Konzernabschluss und den HGB-Einzelabschluss systemtechnisch darstellen zu können<br />
empfiehlt es sich, die Buchhaltung weiterhin <strong>auf</strong> HGB-Basis fortzuführen und die Überleitung von<br />
HGB <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> über <strong>IFRS</strong>-Anpassungskonten vorzunehmen. Welche Buchungen <strong>auf</strong> den <strong>IFRS</strong>-<br />
Anpassungskonten vorzunehmen sind, ist je nach Position zu entscheiden. Im Folgenden soll kurz<br />
exemplarisch <strong>auf</strong> die Positionen Vorräte und Anlagevermögen eingegangen werden.<br />
Unterschiede bei der Bilanzierung von Vorräten nach HGB und <strong>IFRS</strong> ergeben sich im Bereich der<br />
Bewertung. Grundsätzlich können die Vorräte unterj ährig parallel sowohl nach HGB als auch nach<br />
<strong>IFRS</strong> bewertet und bebucht werden. Alternativ können die Vorräte unterjährig auch ausschließlich nach<br />
<strong>IFRS</strong> bewertet werden und nur zum Stichtag für Zwecke der Erstellung <strong>des</strong> Einzelabschlusses nach<br />
HGB bewertet werden. Soweit die Bewertung nach <strong>IFRS</strong> gleichzeitig die Grundlage für die<br />
Wulf, Klein, Azaiz: <strong>Umstellung</strong> <strong>des</strong> <strong>Konzernabschlusses</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> (<strong>Teil</strong> II) DStR 2005 Heft 7 304<br />
interne Rechnungslegung darstellt, sollte unterjährig in jedem Fall eine Bewertung nach <strong>IFRS</strong> erfolgen.<br />
Dagegen können im Bereich Anlagevermögen Unterschiede zwischen der Bilanzierung nach HGB und<br />
<strong>IFRS</strong> sowohl im Ansatz wie auch bei der Bewertung <strong>auf</strong>treten. Unterschiede im Ansatz ergeben sich<br />
beispielsweise in den Fällen, in denen Leasingverhältnisse nach <strong>IFRS</strong> abweichend vom HGB bilanziert<br />
werden oder auch im Fall der Aktivierung von Entwicklungskosten nach <strong>IFRS</strong>. Weitere Abweichungen<br />
in der Bilanzierung <strong>des</strong> Anlagevermögens resultieren aus Bewertungsunterschieden zwischen <strong>IFRS</strong> und<br />
HGB. Abschreibungen nach HGB orientieren sich oftmals an steuerlichen Nutzungsdauern und der<br />
steuerlich zulässigen, degressiven Abschreibung. Nach <strong>IFRS</strong> sind dagegen die wirtschaftlichen<br />
Nutzungsdauern maßgeblich und die Abschreibung erfolgt linear entsprechend der wirtschaftlichen<br />
Nutzung. Auf Grund dieser Abweichungen sollte das Anlagevermögen auch unterjährig parallel sowohl<br />
nach HGB als auch nach <strong>IFRS</strong> bebucht werden und die Werterfassung EDV-technisch entsprechend<br />
parallel erfolgen.<br />
Soweit im Rahmen der <strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> auch ein Übergang der Gewinn - und Verlustrechnung<br />
vom Gesamt- <strong>auf</strong> das Umsatzkostenverfahren erfolgen soll, ist es notwendig, im Unternehmen eine<br />
Kostenstellenrechnung einzuführen, soweit diese nicht bereits vorhanden ist. Für die Implementierung<br />
einer Kostenstellenrechnung müssen die EDV-technisch notwendigen Systemvoraussetzungen<br />
geschaffen werden.<br />
10. Geplante Vereinfachungsregelungen f ür kleine und mittelgroße Unternehmen
Im Rahmen der grundsätzlichen Kritik an den <strong>IFRS</strong> wird oftmals angeführt, dass diese sehr komplex<br />
sind und gerade für kleine und mittelständische Unternehmen einen kaum zu bewältigenden Aufwand<br />
bedeuten. In der Praxis hat sich gezeigt, dass insbesondere die umfangreichen Anhangangaben nach<br />
<strong>IFRS</strong> (notes) für Unternehmen im Vergleich zum HGB einen weitaus größeren Erstellungs<strong>auf</strong>wand<br />
verursachen. Vor diesem Hintergrund hat das International Accounting Standards Board (IASB) am 24.<br />
6. 2004 ein Diskussionspapier zur Entwicklung von internationalen Rechnungslegungsstandards für<br />
kleine und mittelgroße Unternehmen ver öffentlicht 18. Danach plant das IASB neben den bisher<br />
ver öffentlichten, kompletten <strong>IFRS</strong> für kleine und mittelgroße Unternehmen die zusätzliche<br />
Veröffentlichung von vereinfachten Vorschriften. Nach derzeitigem Stand sollen diese vereinfachten<br />
<strong>IFRS</strong> in einem gesonderten Band geregelt werden. Kleine und mittelgroße Unternehmen werden<br />
demnach aber weiterhin die Möglichkeit haben, auch einzelne oder alle <strong>IFRS</strong>-Regelungen freiwillig<br />
anzuwenden und so einen „großen“ <strong>IFRS</strong> -Konzernabschluss zu erstellen.<br />
Die vom IASB geplanten Erleichterungen für kleine und mittelgroße Unternehmen werden sich im<br />
Wesentlichen <strong>auf</strong> den Bereich Ausweis konzentrieren. Vor allem bei der Erstellung <strong>des</strong> Anhangs und<br />
beim Ausweis zusätzlicher Angaben soll der Arbeits<strong>auf</strong>wand für kleine und mittelgroße Unternehmen<br />
reduziert werden. Daneben erörtert das IASB auch einzelne Erleichterungen im Bereich Bewertung.<br />
Dagegen sind nach derzeitigem Stand der Diskussion Vereinfachungsregelungen im Bereich Ansatz<br />
nicht zu erwarten.<br />
11. Zusammenfassung<br />
Die <strong>Umstellung</strong> der Konzernrechnungslegung von HGB <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> und die erstmalige Erstellung eines<br />
<strong>Konzernabschlusses</strong> nach <strong>IFRS</strong> stellt für Unternehmen in der Praxis eine nicht zu unterschätzende<br />
Herausforderung dar. Gleichzeitig resultieren aus der <strong>Umstellung</strong> der Konzernrechnungslegung <strong>auf</strong><br />
<strong>IFRS</strong> zahlreiche positive Effekte für das bilanzierende Unternehmen und die Adressaten <strong>des</strong><br />
<strong>Konzernabschlusses</strong>. Darüber hinaus haben in der Vergangenheit zahlreiche Unternehmen die<br />
<strong>Umstellung</strong> <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> als Chance genutzt, um unternehmensinterne Prozesse umzugestalten und eine<br />
grundsätzliche Neuausrichtung der internen und externen Rechnungslegung vorzunehmen.<br />
Die <strong>Umstellung</strong> der Rechnungslegung <strong>auf</strong> <strong>IFRS</strong> stellt eine betriebswirtschaftliche Investition dar.<br />
Unternehmen sollten die erwarteten Vor- und Nachteile einer Investition in <strong>IFRS</strong> genau prüfen. Wenn<br />
sich ein Unternehmen für die Bilanzierung nach <strong>IFRS</strong> entscheidet, sollte das <strong>Umstellung</strong>sprojekt<br />
konsequent umgesetzt werden. Unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche <strong>Umstellung</strong> ist, dass<br />
die oberste Führungsebene die Umsetzung uneingeschränkt unterstützt. Zentrale Bedeutung kommt<br />
neben der richtigen Besetzung <strong>des</strong> für die <strong>Umstellung</strong> verantwortlichen unternehmensinternen<br />
Projektteams der richtigen Auswahl von externen Experten zu.<br />
Langfristig werden mittelständische Unternehmen an einer Bilanzierung nach <strong>IFRS</strong> nicht<br />
vorbeikommen. Es ist zu erwarten, dass in Deutschland mittelfristig auch eine Erstellung von<br />
Einzelabschlüssen nach <strong>IFRS</strong> zugelassen werden wird. Grundlegende Argumente gegen eine<br />
Bilanzierung nach <strong>IFRS</strong> <strong>auf</strong> Ebene der Einzelabschlüsse setzen in Deutschland vor allem an der<br />
Ausschüttungsbemessungsfunktion der Jahresabschlüsse und an der Maßgeblichkeit der<br />
handelsrechtlichen Jahresabschlüsse für die Steuerbilanz an. Auf Grund der Marktorientierung der <strong>IFRS</strong><br />
besteht die Gefahr, dass im Falle der Bilanzierung von Einzelabschlüssen nach <strong>IFRS</strong> nicht realisierte<br />
Gewinne ausgeschüttet werden, Unternehmen so überhöhte Gewinnaussch üttungen vornehmen und ihre<br />
Substanz verlieren. Die Problematik der Ausschüttungsbemessungsfunktion der Einzelabschlüsse stellt<br />
jedoch keinen nachhaltigen Grund dar, eine Bilanzierung nach <strong>IFRS</strong> nicht auch <strong>auf</strong> Ebene der<br />
Einzelabschlüsse zuzulassen. In den USA besteht mit den US-GAAP ein Rechnungslegungssystem, das<br />
durch eine mit den <strong>IFRS</strong> durchaus vergleichbare, starke Marktorientierung geprägt ist. In den USA wird<br />
die Höhe von Ausschüttungen durch zusätzliche Regelungen beschränkt. Als weiteres Argument gegen<br />
eine Bilanzierung <strong>auf</strong> Ebene der Einzelabschlüsse nach <strong>IFRS</strong> wird angef ührt, dass damit das in<br />
Deutschland bestehende, steuerliche Maßgeblichkeitsprinzip nicht mehr zu halten wäre. Für die<br />
bilanzierenden Unternehmen wird befürchtet, dass mit einer gesonderten Bilanzierung für Zwecke der<br />
Steuererhebung ein nicht vertretbarer Mehr<strong>auf</strong>wand verbunden wäre. Soweit Unternehmen im
Einzelabschluss ein Wahlrecht für die <strong>IFRS</strong>-Bilanzierung eingeräumt wird, bleibt den bilanzierenden<br />
Unternehmen die Entscheidung, den zusätzlichen Aufwand aus der gesonderten Aufstellung einer<br />
Steuerbilanz zu tragen, selbst überlassen, so dass diese Kritik an einer <strong>IFRS</strong> -Bilanzierung im<br />
Einzelabschluss insoweit nicht greift. Auch bedeutet die Vorschrift, Einzelabschlüsse weiter nach HGB<br />
zu erstellen, für alle Unternehmen, die Konzernabschlüsse nach <strong>IFRS</strong> erstellen, einen vergleichbaren<br />
Mehr<strong>auf</strong>wand, da auch hier Abschlüsse nach zwei unterschiedlichen Rechnungslegungssystemen<br />
<strong>auf</strong>zustellen sind.<br />
* Dipl.-Fw. (FH) Martin Wulf, Wirtschaftsprüfer/Steuerberater, ist Partner, Dipl.-oec. Michael Klein,<br />
Wirtschaftsprüfer/Steuerberater, und Karim Azaiz sind Mitarbeiter bei Kopitz Schätz Hasenclever + Partner, Stuttgart.<br />
11 IAS 16.60 ff.<br />
12 IAS 16.62.<br />
13 Nach § 297 Abs. 1 Satz 2 HGB i. d. F. <strong>des</strong> BilReG kann der Konzernabschluss um eine Segmentberichterstattung ergänzt<br />
werden. Diese Regelung gilt für alle Geschäftsjahre, die nach dem 31. 12. 2004 beginnen. Nach HGB ist die<br />
Segmentberichterstattung somit zukünftig kein Pflichtbestandteil <strong>des</strong> <strong>Konzernabschlusses</strong>.<br />
14 Art. 28 Abs. 1 Satz 2 EGHGB.<br />
15 IAS 37.80 ff.<br />
16 IAS 23.10 ff.<br />
17 IAS 1.88.<br />
18 Preliminary Views on Accounting Standards for Small and Medium-sized Entities, Discussion Paper, Published for<br />
comment by the International Accounting Standards Board, June 2004.