XpertHandwerk

is zu 35 Stellen ausgemessen worden
war, wurde eine einigermaßen passende
Holzleiste herausgesucht. Indem der
Schuhmacher dann akribisch kleine Lederstücke
annagelte, entstand ein ganz
individuelles Fußmodell. So manche
Holzleiste, die heute in einem Museum
ausgestellt ist, steht für eine persönliche
Leidensgeschichte. So fanden sich in fast
jeder Werkstatt auch Leisten für Klumpfüße
oder durch Unfall oder Krieg verletzte
Füße.
Die Schuhe wurden mühsam per Hand
genäht – bis Mitte des 19. Jahrhunderts
Näh-, Stanz- und Besohlmaschinen das
Schuhmacherhandwerk revolutionierten.
Sie erleichterten die Arbeit der Schuhmacher
– und entzogen ihnen die Aufträge,
denn fast zeitgleich entstanden immer
mehr Schuhfabriken. 1875 wurden in
Deutschland noch über 75 Prozent der
Typisches Handwerkszeug
des Schuhmachers.
Schuhe von Schuhmachern produziert, 50
Jahre später waren es nur noch 3 Prozent.
Die neue Aufgabe der Schumacher
war es, die Fabrikware zu reparieren oder
auch für den Einsatz auf dem Feld oder
auf schlechten Wegen „nachzurüsten“.
Heute lohnt eine Schuhreparatur bei den
meisten – billig im Ausland – produzierten
Schuhen nicht mehr. Die wenigen verbliebenen
Schuhmacher haben sich auf die
Produktion von teuren Maßschuhen konzentriert.
Ob Budapester, Derby oder Oxford
– ein handgefertigter Maßschuh ist eine
Investition, kann aber bis zu dreißig
Jahre halten. Ein weiterer Schwerpunkt
des alten Handwerks ist heute die Orthopädie-Schuhmacherei.
Da immer mehr
Menschen Probleme haben, passende
Schuhe zu finden und gerade die Volkskrankheit
Rückenleiden nach perfektem
Schuhwerk verlangt, ist dies möglicherweise
eine Ausrichtung, die Zukunft hat.
Anno dazumal | 15
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Jost Amman,
Der Schuhmacher („Ständebuch“),
1568 © Wikimedia Commons