Juli - September 2013
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Gedanken zum Monatsspruch August<br />
„Du hast mein Klagen in tanzen verwanDelt, hast mir Das<br />
trauergewanD ausgezogen unD mich mit FreuDe umgürtet.“<br />
(Psalm 30, 12)<br />
Wo fängt das Beten an? Unten, ganz<br />
unten. Bei mir selbst. Erdverbunden,<br />
alltagsnah, realistisch. „Herr, zu dir<br />
darf ich so kommen wie ich bin.“ So<br />
darf jeder seine Klage auspacken und<br />
Gott hinhalten. Wer mit David Psalm<br />
30 betet, liegt zunächst unten. Er ruft<br />
aus der Tiefe. Er fühlt sich am Ende<br />
seiner Kraft, seines Lebensmutes,<br />
seines Lebens. Der Beter spürt die<br />
Kälte des Todes. Die Sprache der Todesbedrohung<br />
in Psalmen ist offen<br />
für verschiedene Lebenssituationen<br />
von Einsamkeit bis Krankheit und viel<br />
dazwischen. Psalm 30 wurde Juden<br />
zum Festpsalm zur Wiedereinweihung<br />
des 2.Tempels (Chanukka).<br />
Gott lässt das nicht kalt. Gott hört den<br />
Schrei aus der Tiefe. Gott sieht das<br />
Ende der Kraft! Gott will nicht dein<br />
Ende! Deshalb kommt Gott herunter,<br />
zu dir und mir. Er wird Mensch - in<br />
Jesus Christus. Er beugt sich herab.<br />
Gott demütigt sich. Gott ist da! Gott<br />
setzt sich in Bewegung, damit ich in<br />
Bewegung komme: Von der Klage<br />
zum Lob. Von der Verzweiflung zur<br />
Freude. Von der Trostlosigkeit zum<br />
Jubel! Von unten nach oben: „Ich will<br />
dich rühmen, Herr, denn du hast mich<br />
aus der Tiefe gezogen.“ (Ps 30, 2). Mit<br />
Psalm 30 haben bereits die ersten<br />
Christen in der Osternacht gebetet.<br />
Beim Beten loben - das bedeutet nicht<br />
fromme Klimmzüge zu machen. Beim<br />
Beten Loben, das bedeutet Schwung<br />
zu nehmen mit der Kraft des Heiligen<br />
Geistes. Der Beter dank Gott für eine<br />
Verwandlung, die es nur bei Gott gibt!<br />
Gott zieht dem Sünder das Bußkleid<br />
und dem Lebensmüden das Trauergewand<br />
aus. Gott kleidet ihn neu<br />
ein, mit einem Festgewand. Wer erkennt,<br />
dass er schuldig geworden ist -<br />
braucht nicht mehr in Sack und Asche<br />
zu gehen, sondern darf nach Hause<br />
laufen zum Vater und erhält ein Festgewand<br />
(Lukas 15).<br />
Bei Gott gibt es die Erfahrung: „Wenn<br />
man am Abend auch weint, am<br />
Morgen herrscht wieder Jubel.“ (Ps<br />
30,6) Keiner kann dir sagen, wie lange<br />
dein Abend dauert. Wie lange es<br />
dunkel um dich herum ist. Wie lange<br />
ist die Zeit zwischen Klage und Lob?<br />
Die Erfahrung von Psalm 30 und<br />
manche seelsorgerliche Erfahrung<br />
bezeugt - in aller Verzweiflung und<br />
Trostlosigkeit eines Menschen - mit<br />
Gottes Hilfe gibt es einen Morgen.<br />
Gott lässt die Sonne wieder aufgehen!<br />
Der Abend ist nicht das Letzte! Denn<br />
Gott kann Klage in Tanzen verwandeln<br />
– zu seiner Ehre!<br />
Michael Rohde<br />
Prof. Dr. Michael Rohde ist Professor<br />
für Altes Testament und Leiter der Bibliothek<br />
am Theologischen Seminar<br />
Elstal (Fachhochschule)<br />
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