Abschlussbericht der Verbundprojekte - Universität Bayreuth
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<strong>Abschlussbericht</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Verbundprojekte</strong><br />
Berichtszeitraum:<br />
2005 – 2008<br />
Forschungsverbund Transnationale Netz-<br />
werke (fortrans)<br />
Ludwig-Maximilians-<strong>Universität</strong><br />
80539 München
2<br />
1. Opportunismus in Transnationalen<br />
Unternehmensnetzwerken<br />
Torsten M. Kühlmann / Philipp Schauwecker<br />
1. Zielsetzung und Leitfragen des Projekts<br />
Im Zentrum unseres Forschungsinteresses stand das Risiko, das durch Opportu-<br />
nismus in transnationalen Netzwerken von kleinen und mittleren Unternehmen<br />
(KMU) entstehen kann. Unter Opportunismus verstehen wir all diejenigen Hand-<br />
lungen in einer geschäftlichen Beziehung, in denen einer o<strong>der</strong> mehrere Akteure<br />
auf unlauterem Weg versuchen, zum Nachteil eines o<strong>der</strong> mehrerer an<strong>der</strong>er Ak-<br />
teure selbst zu einem Vorteil zu gelangen (vgl. Einzelantrag S. 4 f.). Dieses Risi-<br />
ko haben wir im Kontext internationaler Maschinenverkäufe zwischen Deutsch-<br />
land, den USA und Mexiko untersucht. Der Schwerpunkt lag auf dem Risiko für<br />
deutsche Herstellerfirmen. Die Verbindungen eines Unternehmens ins Ausland,<br />
zum Beispiel die Verbindungen eines deutschen Herstellers zu seinen Vertriebs-<br />
partnern und Kunden in den USA verstehen wir als ein Netzwerk. Neben dem<br />
marktlichen Austausch von Waren o<strong>der</strong> Dienstleistungen spielen dabei die Wei-<br />
tergabe von Information, die Gewährung von Ratschlägen o<strong>der</strong> die instrumentel-<br />
le Unterstützung eine wesentliche Rolle (zu den Netzwerken im Detail vgl. Kühl-<br />
mann 2008a, S. 13ff.).<br />
Abbildung 1: Beispiel für ein Exportnetzwerk eines deutschen Herstellers (weiß) mit Vertreter (schwarz) und<br />
Endkunden (grau)in den USA (eigene Darstellung)<br />
Wir entschieden uns für den Fokus auf eine Branche, da auf diese Weise Merk-<br />
male wie etwa die Spezifizität <strong>der</strong> eingesetzten Faktoren relativ konstant gehal-
ten werden können. Untersuchte man Konstellationen aus verschiedenen Bran-<br />
chen, könnten festgestellte Unterschiede zum Beispiel zwischen den Ziellän<strong>der</strong>n<br />
immer auch an <strong>der</strong> Verschiedenheit untersuchter Branchen liegen. Der Maschi-<br />
nenbau bietet sich an, da diese Branche beim Export in die USA und nach Mexiko<br />
einen prominenten Platz einnimmt und gleichzeitig stark mittelständisch geprägt<br />
ist. Außerdem handelt es sich größtenteils um Investitionsgüter mit einer hohen<br />
Faktorspezifizität, die – so die Theorie – opportunistisches Verhalten begünsti-<br />
gen.<br />
Ein wichtiges Ziel war die Systematisierung des Phänomens Opportunismus im<br />
von uns untersuchten Kontext. Trotz <strong>der</strong> Bedeutung des Begriffes im Transakti-<br />
onskostenansatz (Governancekostenansatz und Agency-Theorie) liegen kaum<br />
systematische Klassifikationsversuche vor, die über eindimensionale Kategorisie-<br />
rungen hinaus gehen (vgl. Ausführungen im Einzelantrag des Projektes). Wir<br />
stellten folgende Fragen in den Mittelpunkt:<br />
– Anhand welcher Dimensionen lässt sich opportunistisches Verhalten sinnvoll<br />
beschreiben und wie lassen sich diese Dimensionen in trennscharfe Kategorien<br />
einteilen?<br />
– Wie lassen sich die verschiedenen Dimensionen opportunistischen Verhaltens<br />
sinnvoll in ein Klassifikationssystem integrieren?<br />
Ein weiteres Ziel bestand darin, die Rahmenbedingungen von Geschäftsbezie-<br />
hungen zu erforschen, die Opportunismus begünstigen o<strong>der</strong> hemmen. Auf diese<br />
Weise sollte festgestellt werden, welche Beziehungen beson<strong>der</strong>s gefährdet sind<br />
und wie gefährdete Beziehungen gegen Opportunismusrisiken geschützt werden<br />
können. Dabei interessierte insbeson<strong>der</strong>e, wie das Opportunismusrisiko mit den<br />
Netzwerkbeziehungen zusammen hängt, in welche die internationalen Transakti-<br />
onen eingebettet sind. Folgende Fragen waren forschungsleitend:<br />
– Wie verbreitet ist opportunistisches Verhalten in transnationalen Geschäftsbe-<br />
ziehungen?<br />
– Welche Rolle spielt die Vernetzung mit Unternehmen <strong>der</strong> gleichen Funktion<br />
(z.B. Hersteller mit Herstellern), die gleichzeitig auch Konkurrenten sein können?<br />
– Welche Rolle spielt die Vernetzung mit alternativen Geschäftspartnern, durch<br />
die ein opportunistischer Partner gegebenenfalls ersetzt werden kann?<br />
– Sind deutsch-mexikanische Beziehungen stärker gefährdet als deutsch-US-<br />
amerikanische Beziehungen o<strong>der</strong> umgekehrt?<br />
3
2. Projektschritte , Einzelergebnisse und Gesamtergebnis<br />
Unsere Untersuchung bestand aus zwei Teilen, einer explorativen Drei-Län<strong>der</strong>-<br />
Studie mit 45 persönlichen Interviews in Deutschland, den USA und Mexiko,<br />
sowie einer standardisierten Telefonbefragung mit 158 deutschen Herstellerun-<br />
ternehmen. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die von uns untersuchten Unter-<br />
nehmensgruppen.<br />
Tabelle 1: Befragte Unternehmen nach Herkunfts- und Zielland <strong>der</strong> Produkte<br />
Verkauf von<br />
Deutschland – deutsche Hersteller<br />
(5 Interviews a )<br />
USA – US- Hersteller<br />
(5 Interviews)<br />
Mexiko – mexikanische Hersteller<br />
(5 Interviews)<br />
4<br />
Verkauf nach<br />
Deutschland USA Mexiko<br />
– deutsche Hersteller<br />
(5 Interviews/<br />
75 Befragungen b )<br />
– US-Händler und -<br />
Vertreter (5 Interviews)<br />
– US-Endkunden<br />
(5 Interviews)<br />
– deutsche Hersteller<br />
(5 Interviews/ 75 Befragungen)<br />
– mexikanische Händler<br />
und Vertreter<br />
(5 Interviews)<br />
– mexikanische Endkunden<br />
(5 Interviews)<br />
nicht berücksichtigt nicht berücksichtigt<br />
nicht berücksichtigt nicht berücksichtigt<br />
a „Interview“ steht hier für ein teilstandardisiertes Interview im Rahmen <strong>der</strong> Drei-Län<strong>der</strong>-Studie.<br />
b „Befragung“ steht hier für eine voll standardisierte Befragung im Rahmen <strong>der</strong> Telefonbefragung.<br />
Drei-Län<strong>der</strong>-Studie<br />
Hauptziel <strong>der</strong> Drei-Län<strong>der</strong>-Studie war es, die Erfahrungen von Unternehmensver-<br />
tretern zu erheben, die an einer internationalen Zusammenarbeit zwischen Un-<br />
ternehmen aus Deutschland und den USA sowie zwischen Unternehmen aus<br />
Deutschland und Mexiko beteiligt sind. Da es in diesem Teil um die Exploration<br />
<strong>der</strong> für unsere Untersuchung relevanten Sachverhalte ging, entschieden wir uns<br />
für eine offene persönliche Befragung <strong>der</strong> Unternehmensvertreter, wobei vorab<br />
ein standardisierter Fragebogen ausgefüllt wurde (s.u.).<br />
Die Identifizierung geeigneter Unternehmen erwies sich als aufwändig, da wir in<br />
den drei Untersuchungslän<strong>der</strong>n Datenquellen finden mussten, die Informationen<br />
über Branchenzugehörigkeit, Kontaktlän<strong>der</strong> und möglichst auch Unternehmens-<br />
größe enthalten sollten. Schließlich erwiesen sich folgende Quellen als hilfreich:<br />
Key Technologies in Bavaria (www.bayern-international.de), SBA Trade Mission<br />
OnLine (dsbs.sba.gov), Techspex (www.techspex.com), Directorio de exportado-
es (diex.bancomext.gob.mx) sowie die Mitglie<strong>der</strong>liste <strong>der</strong> Deutsch-<br />
Mexikanischen Außenhandelskammer CAMEXA. Aus diesen Registern wurden die<br />
Unternehmen anhand theoretisch relevanter Kriterien (z.B. Maschinenbauer, die<br />
Investitionsgüter herstellen) und forschungspragmatischer Kriterien (regionale<br />
Nähe) ausgewählt und durch den wissenschaftlichen Mitarbeiter telefonisch für<br />
ein einstündiges persönliches Interview rekrutiert.<br />
Die Bereitschaft <strong>der</strong> Unternehmen an einem solchen Interview teilzunehmen, war<br />
erfreulich groß, insbeson<strong>der</strong>e im Ausland und insbeson<strong>der</strong>e in Mexiko. Das steht<br />
im Wi<strong>der</strong>spruch zur weit verbreiteten Annahme, in Lateinamerika könne man<br />
Untersuchungsteilnehmer nur über persönliche Kontakte gewinnen. Allerdings<br />
erwies es sich angesichts des Konfliktpotentials des Themas als unmöglich, meh-<br />
rere Akteure eines bestehenden Netwerkes aus Geschäftsbeziehung zu den darin<br />
bestehenden Problemen zu befragen.<br />
Vor Beginn des offenen Interviews wurde mit einem standardisierten Fragebogen<br />
das Netzwerk des Unternehmens im jeweiligen Zielland systematisch erhoben.<br />
Dabei wurden auch die Kontakte zwischen den Netzwerkpartnern (Alteri) berück-<br />
sichtigt. Bei bis zu drei Kontakten wurden detaillierte Fragen gestellt, unter ande-<br />
rem auch zur Häufigkeit opportunistischen Verhaltens des Partners. Ziel des<br />
offenen Teils des Interviews war es dann, konkrete Fälle opportunistischen Ver-<br />
haltens in Erfahrung zu bringen, um dann durch Nachfragen die Rahmenbedin-<br />
gungen und mögliche Ursachen für solche Vorkommnisse zu eruieren. Außerdem<br />
interessierte uns, mit welchen Strategien sich die geschädigten Unternehmen<br />
gegen opportunistische Geschäftspartner wehren würden. In den Gesprächen<br />
wurde auch auf mögliches opportunistisches Verhalten des befragten Unterneh-<br />
mens selbst eingegangen, auch wenn insgesamt häufiger von Normabweichen-<br />
den Verhalten <strong>der</strong> Geschäftspartner berichtet wurde.<br />
Die Interviews wurden vom wissenschaftlichen Mitarbeiter in <strong>der</strong> jeweiligen Lan-<br />
dessprache geführt. Als wesentliche Schwierigkeit stellte sich bei den Interviews<br />
mit den meisten mexikanischen Gesprächspartnern heraus, dass sie Hemmungen<br />
hatten, dem Gast aus Deutschland von Problemen gerade mit deutschen Ge-<br />
schäftspartnern zu berichten. Stattdessen stand bisweilen <strong>der</strong> Lob <strong>der</strong> deutschen<br />
Geschäftskultur (Pünktlichkeit, Verlässlichkeit) im Mittelpunkt. Es wurde ein Ver-<br />
such unternommen, dem geschil<strong>der</strong>ten Problem zu begegnen, indem zusätzlich<br />
Interviews von einer mexikanischen Honorarkraft erledigt werden sollten. Dem<br />
5
mexikanischen Sozialpsychologen, <strong>der</strong> für diese Aufgabe gewonnen werden<br />
konnte, wurden jedoch nur von zwei Unternehmen ein Interview gewährt.<br />
Die Interviews dauerten zusammen mit dem vorgeschobenen Fragebogen im<br />
Schnitt etwa eine Stunde. Sie wurden mit einem digitalen Aufnahmegerät aufge-<br />
zeichnet und von studentischen Hilfskräften in Deutschland und Honorarkräften<br />
vor Ort transkribiert. Dazu wurde größtenteils die Software f4 verwendet, die<br />
automatisch elektronische Verweise zum Tondokument in den Transkriptionstext<br />
einfügt. Die Auswertung <strong>der</strong> Interviewtranskripte erfolgt mit MAXqda, einem<br />
Programm für die Analyse qualitativer Daten.<br />
Abbildung 2: Klassifikationssystem für opportunistisches Verhalten anhand von sieben ausgewählten Dimensio-<br />
6<br />
nen (eigene Darstellung)<br />
Eines unserer grundlegenden Ziele war es, opportunistisches Verhalten im unter-<br />
suchten Kontext zu systematisieren. Die bisher vorliegenden Kategorisierungen<br />
verharren meist in einem theoretischen Rahmen (Williamson, 1990, Wathne &<br />
Heide, 2000, Das, 2004). Die beiden uns bekannten Klassifikationssysteme, die<br />
auf empirischen Arbeiten gründen (Karunaratna & Johnson, 1999, Obadia & Vida,<br />
2006), lassen nach unserem Ermessen einige Voraussetzungen für eine trenn-<br />
scharfe Klassifikation außer Acht. Darum legten wir auf <strong>der</strong> Grundlage unserer<br />
qualitativen Daten aus <strong>der</strong> Drei-Län<strong>der</strong>-Studie ein neues Klassifikationssystem
für opportunistisches Verhalten vor, das in Abbildung 2 dargestellt ist (für eine<br />
ausführliche Diskussion siehe Schauwecker & Kühlmann 2007).<br />
Mit diesem Klassifikationssystem lässt sich opportunistisches Verhalten anhand<br />
von sieben ausgewählten Dimensionen systematisieren. Hervorzuheben ist dabei<br />
die ausführliche Betrachtung <strong>der</strong> Informationsasymmetrie, sowie die Berücksich-<br />
tigung Dritter, die gemeinsam mit dem Opportunisten den Schaden für das Op-<br />
portunismusopfer herbeiführen. Damit ist das Netzwerkrisiko in <strong>der</strong> Klassifikation<br />
berücksichtigt. Ebenfalls neu ist <strong>der</strong> Verzicht auf eine a priori festgelegte Hierar-<br />
chie zwischen den ausgewählten Dimensionen.<br />
Telefonbefragung<br />
Ergänzend zur explorativen Drei-Län<strong>der</strong>-Studie führten wir eine voll standardi-<br />
sierte Telefonbefragung unter deutschen Maschinenherstellern durch, die in die<br />
USA und nach Mexiko verkaufen. Im Gegensatz zum theoretical sampling bei <strong>der</strong><br />
persönlichen Befragung erfolgte die Stichprobenauswahl nun zufällig aus einem<br />
möglichst vollständigen Register. Nach einer ausführlichen Recherche konnten<br />
wir eine gemeinsame Datensammlung <strong>der</strong> Industrie- und Handelskammern (IHK)<br />
als einzige Datenbank identifizieren, aus <strong>der</strong> hervorgeht, in welche Län<strong>der</strong> ge-<br />
listete Unternehmen Geschäftsbeziehungen unterhalten. Diese Datenbank ist aus<br />
den Erhebungen <strong>der</strong> regionalen IHK in Deutschland entstanden, die in regelmä-<br />
ßigen Abständen ihre Mitgliedsunternehmen befragen. Einige Kammern bieten<br />
die gesammelten Daten <strong>der</strong> einzelnen regionalen IHK gebündelt zum Verkauf an.<br />
Dabei kann eine Auswahl nach Wirtschaftszweigen, Anzahl <strong>der</strong> Beschäftigten,<br />
nach Regionen sowie nach Zielland und Inhalt von Auslandskontakten getroffen<br />
werden.<br />
Gemäß unserer Fragestellung for<strong>der</strong>ten wir eine Liste von solchen Unternehmen<br />
an, die anhand <strong>der</strong> deutschen Klassifikation <strong>der</strong> Wirtschaftszweige in die Abtei-<br />
lung „Maschinenbau“ fallen, weniger als 500 Mitarbeiter beschäftigen und in die<br />
USA o<strong>der</strong> nach Mexiko exportieren. Die auf diese Weise gewonnene Liste umfasst<br />
1320 Unternehmen. Da uns speziell die zwischenbetriebliche Zusammenarbeit<br />
über Län<strong>der</strong>grenzen hinweg interessiert, entfernten wir all diejenigen Unterneh-<br />
men, die angaben, im Zielland über eine Nie<strong>der</strong>lassung zu verfügen. Die verblei-<br />
benden 1109 Unternehmen stellen die Grundgesamtheit unserer Erhebung dar.<br />
Aus dieser Menge wurde eine disproportional geschichtete Zufallsstichprobe von<br />
640 Unternehmen gezogen, von <strong>der</strong> die Hälfte bezüglich ihrer Geschäftsbezie-<br />
7
hungen in die USA, die an<strong>der</strong>e Hälfte bezüglich ihrer Geschäftsbeziehungen nach<br />
Mexiko kontaktiert wurde.<br />
Die Befragungsteilnehmer wurden zu ihrem Unternehmen, zur Vernetzung des<br />
Unternehmens weltweit und im Zielland sowie zur Beziehung zu einem ausge-<br />
wählten Kunden befragt. Insbeson<strong>der</strong>e wurde anhand einer Itembatterie mit<br />
zwölf Items auf das opportunistische Verhalten des ausgewählten Kunden einge-<br />
gangen. Die Befragung sollte nicht länger als 10 Minuten dauern.<br />
Die Datenerhebung fand in <strong>der</strong> Zeit vom 16. Juni bis zum 6. Juli 2008 statt. Zur<br />
Unterstützung wurden vier studentische Hilfskräfte rekrutiert, so dass zusammen<br />
mit dem Forscher fünf Interviewer die Befragung durchführten. Vor Beginn des<br />
Pretests wurden die Hilfskräfte ausführlich geschult. Sie bekamen eine Einfüh-<br />
rung in die Thematik <strong>der</strong> Maschinenexporte, ohne dabei Einblick in die theoreti-<br />
schen Annahmen des Forschungsprojektes zu erhalten. Sie wurden für die Be-<br />
son<strong>der</strong>heiten einer Befragungssituation am Telefon sensibilisiert und über die<br />
Gefahr von Interviewereffekten informiert. Die Schulung enthielt außerdem In-<br />
terviewübungen mit gegenseitigem Befragen ohne Sichtkontakt. Noch vor dem<br />
Pretest musste je<strong>der</strong> Interviewer ein Probeinterview mit einem eingeweihten<br />
Kollegen führen, <strong>der</strong> von den Interviewern bereits für eine tatsächliche Befra-<br />
gungsperson gehalten wurde. Während <strong>der</strong> gesamten Befragungsphase und<br />
insbeson<strong>der</strong>e während des Pretests wurden auftretende Probleme mit allen In-<br />
terviewern besprochen.<br />
Die 640 zufällig ausgewählten Unternehmen wurden bis zu fünf mal kontaktiert.<br />
Jedes Unternehmen riefen wir im Schnitt gut zwei Mal an. Von den 640 Unter-<br />
nehmen in unserer Stichprobe konnten wir 158 (25%) für ein Interview gewin-<br />
nen. 221 (35%) fielen aus, da die Unternehmen entgegen <strong>der</strong> Information aus<br />
unserer Datenbank nicht o<strong>der</strong> nicht mehr ins Zielland verkauften. Bei 65 Unter-<br />
nehmen (10%) verweigerte bereits <strong>der</strong> Telefonist in <strong>der</strong> Zentrale eine Befragung,<br />
bei weiteren 45 Unternehmen (7%) verweigerte die Zielperson. Bei den verblei-<br />
benden 151 Fällen (23%) konnte auch nach fünf Kontaktversuchen die Zielper-<br />
son nicht erreicht werden.<br />
Auch im standardisierten Teil <strong>der</strong> Erhebung gingen wir dem Phänomen Opportu-<br />
nismus genauer auf den Grund. Als zentrale abhängige Variable haben wir das<br />
opportunistische Verhalten eines ausgewählten Kunden anhand einer Itembatte-<br />
rie mit zwölf Items abgefragt. Die Grundlage stellt eine bereits in vielen Studien<br />
verwendete Itembatterie zum Opportunismus dar (zuerst John, 1984). Wir haben<br />
8
uns für die Abfrage des Partnerverhaltens anhand von positiven Statements ent-<br />
schieden und die Itembatterie auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Ergebnisse unserer qualita-<br />
tiven Studie erweitert. Tabelle 2 zeigt das Ergebnis einer explorativen Faktoren-<br />
analyse <strong>der</strong> verwendeten Items.<br />
Tabelle 2: Faktorenlösung – Opportunismus<br />
Der ausgewählte Kunde…<br />
Faktorenladungen<br />
I II<br />
Kommunalitäten<br />
…zahlt pünktlich 0,78 0,18 0,65<br />
...erfüllt seine geschäftlichen Verpflichtungen uns gegenüber. 0,77 0,31 0,69<br />
...ist ein ehrlicher Geschäftspartner. 0,74 0,44 0,74<br />
...macht nur Zusagen, wenn er sie auch einhalten kann. 0,72 0,19 0,56<br />
...hält sich an vereinbarte Preise. 0,71 -0,15 0,52<br />
...hält sich an seine Zusagen. 0,67 0,38 0,59<br />
...geht vertrauensvoll mit unserem geistigen Eigentum um. 0,59 0,18 0,38<br />
...gibt alle Informationen weiter, die für uns von Interesse sind. 0,49 0,44 0,43<br />
...behandelt uns als einen gleichberechtigten Partner. 0,36 0,68 0,60<br />
...nimmt Rücksicht auf uns, auch wenn er vertraglich nicht dazu<br />
verpflichtet ist.<br />
...bemüht sich um die Qualifikation seiner Mitarbeiter, so dass sie gut<br />
mit unseren Produkten umgehen können.<br />
0,28 0,67 0,53<br />
0,13 0,65 0,44<br />
...bezieht uns bei wichtigen Entscheidungen mit ein. – 0,59 0,35<br />
Eigenwerte 5,24 1,25 6,49<br />
Basis: 118-132 <strong>der</strong> befragten Unternehmen, erklärte Gesamtvarianz: 54 Prozent<br />
Extraktionsmethode: Hauptkomponentenanalyse, Werte nach Varimax-Rotation mit Kaisernormalisierung<br />
Dabei können zwei Faktoren identifiziert werden, die zusammen 54 Prozent <strong>der</strong><br />
Gesamtvarianz erklären. Faktor I kann wohl am besten mit dem Begriff „Unzu-<br />
verlässigkeit“ umschrieben werden. Dagegen vereinen die Variablen, die auf<br />
Faktor II laden, fehlendes Engagement bzw. fehlende Rücksichtnahme in <strong>der</strong><br />
Netzwerkbeziehung. Weitere Ergebnisse finden sich in Abschnitt 9.<br />
9
3. Realisierte Kontakte und Kooperationen<br />
10<br />
3.1. Kontakte innerhalb von fortrans<br />
Beide ausländischen Untersuchungsregionen unseres Teilprojektes wurden auch<br />
von an<strong>der</strong>en Teilprojekten bearbeitet. So erforschten Haas/Rehner (FO2) infor-<br />
melle Netzwerke unter an<strong>der</strong>em in Mexiko. Moosmüller/Scheuring (FO5) unter-<br />
suchten unter an<strong>der</strong>em US-amerikanische Inpatriates. Mit diesen beiden Projek-<br />
ten bestand aufgrund <strong>der</strong> gemeinsamen Untersuchungsregionen eine enge Zu-<br />
sammenarbeit hinsichtlich organisatorischer, aber auch inhaltlicher Fragen. Mit<br />
dem Projekt Moosmüller/Scheuring (FO5) tauschten wir uns intensiv über Fir-<br />
mendatenbanken aus, die wir zur Kontaktanbahnung mit Interviewpartnern in<br />
den USA und in Deutschland benutzen. Außerdem wurden Kontakte zu An-<br />
sprechpartnern in Kammern und Verbänden vermittelt. Die Zusammenarbeit mit<br />
dem Projekt Haas/Rehner (FO2) ermöglichte uns den schnellen und unkompli-<br />
zierten Zugang zu einigen <strong>der</strong> Experten in Mexiko. Im Oktober 2007 fand eine<br />
gemeinsame Präsentation einer Auswahl von Ergebnissen <strong>der</strong> Projekte FO2 und<br />
FO4 vor Unternehmern in Mexiko statt, die von <strong>der</strong> Deutsch-Mexikanischen Han-<br />
delskammer (CAMEXA) organisiert wurde.<br />
Mit den Projekten Moosmüller/Scheuring (FO5) und Braun/Dietsche (FO1)<br />
tauschten wir uns ausführlich über methodische Fragen aus. Der Projektmitarbei-<br />
ter besuchte mit Frau Scheuring gemeinsam einen Methodenworkshop zur quali-<br />
tativen Inhaltsanalyse des Zentrums für Umfragen, Methoden und Analysen<br />
(ZUMA) in Mannheim. Mit Herrn Dietsche, dessen Projekt ebenfalls mit einer<br />
standardisierten Befragung abschließt, fand eine detaillierte Fragebogendiskussi-<br />
on statt. Im Rahmen <strong>der</strong> Interviewerschulung für die Telefonbefragung standen<br />
die beiden genannten Kollegen zusammen mit <strong>der</strong> Geschäftsführerin Frau Schu-<br />
bert freundlicherweise als Gesprächspartner für Probeinterviews zur Verfügung.<br />
An dieser Stelle seien auch <strong>der</strong> gemeinsame Besuch internationaler Konferenzen<br />
genannt. Bei <strong>der</strong> 2007er Jahreskonferenz <strong>der</strong> European International Business<br />
Association (EIBA) in Catania vertraten wir den Verbund gemeinsam mit den<br />
Projekten von Haas/Rehner (FO2), Holtbrügge/Puck (FO3) und Moosmül-<br />
ler/Scheuring (FO5). Bei <strong>der</strong> 2008er Jahreskonferenz <strong>der</strong> European Academy of<br />
Management (EURAM) in Ljubljana präsentierten wir den Verbund zusammen mit
den Projekten Braun/Dietsche (FO1) und Moosmüller/Scheuring (FO5). Zuvor<br />
wurden die Vorträge bei einem Arbeitstreffen in <strong>Bayreuth</strong> ausführlich diskutiert.<br />
Schließlich ist hier auch die gemeinsame Arbeit am Sammelband zu erwähnen,<br />
vor dessen Veröffentlichung alle Beiträge einen mehrstufigen verbundinternen<br />
Reviewprozess durchliefen.<br />
3.2 Kontakte mit externen fortrans-Partnern<br />
Die Projektmentoren aus <strong>der</strong> Unternehmenspraxis Prof. Dr. Kunstmann, Ge-<br />
schäftsführen<strong>der</strong> Gesellschafter <strong>der</strong> Intertex Holding GmbH, sowie Dr. Wirth,<br />
International Delegation Center <strong>der</strong> Siemens AG, vermittelten Adressen von<br />
Unternehmen mit Netzwerkerfahrung und wirkten an <strong>der</strong> Diskussion zu Fragen<br />
des Designs <strong>der</strong> Haupterhebung mit.<br />
Prof. Dr. Luis Rodolfo Moran Quiróz, <strong>der</strong> wissenschaftliche Kooperationspartner<br />
auf mexikanischer Seite prüfte unseren Fragenkatalog sowohl für die Voruntersu-<br />
chung als auch für die ausstehende Hauptuntersuchung. Hierbei verwies er auf<br />
verschiedene Beson<strong>der</strong>heiten des Spanischen im mexikanischen Geschäftsleben<br />
(„mexicanismos“). Die überarbeitete Version konnte unser Projektpartner erfolg-<br />
reich in einem sozialwissenschaftlichen Methodenseminar erproben. Auch die<br />
wissenschaftliche Unterstützung durch Prof. Dr. Mark Mendenhall konzentrierte<br />
sich auf die Durchsicht und Verbesserung <strong>der</strong> Untersuchungsinstrumente.<br />
Der mexikanische Unternehmerverband Centro Empresarial de Jalisco (CEJ) half<br />
bei <strong>der</strong> Identifikation von mexikanischen Kooperationspartnern deutscher Ma-<br />
schinenbauunternehmen, stellte Kontakte zu ihnen her und organisierte eine<br />
halbtägige Weiterbildungsveranstaltung für Unternehmer (Conferencia Magistral)<br />
auf <strong>der</strong> <strong>der</strong> Projektleiter über die Forschungsergebnisse berichtete und Folgerun-<br />
gen für die Unternehmenspraxis diskutierte.<br />
3.3 Kontakte außerhalb des Forschungsverbundes<br />
Zu unseren externen Kontakten aus dem Bereich <strong>der</strong> Wissenschaft zählt Herr<br />
Prof. Dr. Hoffmeyer-Zlotnik, <strong>der</strong> uns im Rahmen <strong>der</strong> Projektberatung des Zent-<br />
rums für Umfragen, Methoden und Analysen (ZUMA) in Mannheim unterstützte<br />
und als Experte für den Methodenworkshop unseres Verbundes in <strong>Bayreuth</strong> zur<br />
Verfügung stand. Als Spezialist für qualitative Forschung nahm am Methoden-<br />
11
workshop Günter Mey (Institut für Qualitative Forschung in <strong>der</strong> Internationalen<br />
Akademie an <strong>der</strong> Freien <strong>Universität</strong> Berlin) teil. Über ihn wurde die Kontaktauf-<br />
nahme zu César Cisneros von <strong>der</strong> Universidad Autónoma Metropolitana in Mexiko<br />
Stadt erleichtert. Dieser vermittelte uns eine Absolventin <strong>der</strong> Geographie, die<br />
einen Großteil <strong>der</strong> Interviews auf Spanisch transkribierte und einen Absolventen<br />
<strong>der</strong> Sozialpsychologie, <strong>der</strong> zusätzliche Interviews durchführte.<br />
Aus dem Bereich <strong>der</strong> Wirtschaftspraxis unterstützte uns die Industrie- und Han-<br />
delskammer Pfalz in Ludwigshafen, die deutschlandweit Ansprechpartner für<br />
Lateinamerika ist. Die zuständige Mitarbeiterin konnte uns in einem Expertenin-<br />
terview über die an sie herangetragenen Probleme innerhalb deutsch-<br />
mexikanischer Unternehmensbeziehungen berichten. In <strong>Bayreuth</strong> selbst stellte<br />
die örtliche IHK dem Verbund ihren Kammersaal für eine Ergebnispräsentation<br />
vor Praktikern zur Verfügung. Das Betriebswirtschaftliche Forschungszentrum für<br />
Fragen <strong>der</strong> mittelständischen Wirtschaft e.V. an <strong>der</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Bayreuth</strong> stellte<br />
uns freundlicherweise Büroräume und Infrastruktur für die Telefonbefragung und<br />
während einiger Monate auch für den wissenschaftlichen Mitarbeiter zur Verfü-<br />
gung.<br />
In den USA erfuhren wir unter an<strong>der</strong>em Unterstützung vom Georgia Small Busi-<br />
ness Development Center Network. Die Mitarbeiter informierten berichteten uns<br />
über amerikanisch-deutsche Firmenverbindungen und vermittelten uns auch<br />
direkt Kontakte zu weiteren Experten und amerikanischen KMU. In <strong>der</strong> German<br />
American Chamber of Commerce in Chicago unterstützte man uns ebenfalls bei<br />
<strong>der</strong> Vermittlung von Kontakten zu Unternehmern und diskutierte die Projekter-<br />
gebnisse mit uns. In Mexiko wurde unser Vorhaben durch die Deutsch-<br />
Mexikanische Industrie- und Handelskammer (CAMEXA) unterstützt. Mehrere<br />
Mitarbeiter standen uns für Experteninterviews zur Verfügung und vermittelten<br />
Kontakte. Dr. Wilhelm Boucsein, Repräsentant <strong>der</strong> bayerischen Staatsregierung<br />
in Mexiko benannte uns Ansprechpartner in deutschen und mexikanischen Unter-<br />
nehmen. Die Veranstaltungsabteilung <strong>der</strong> CAMEXA organisierte für uns eine Kon-<br />
ferenz mit Unternehmern, bei <strong>der</strong> die beiden Projekte FO2 und FO4 einige ihrer<br />
Ergebnisse vor Unternehmern präsentieren konnten.<br />
12
4. Diskussionen des Projektes<br />
Eine Möglichkeit, unser Forschungsdesign ausführlich mit Kollegen zu diskutie-<br />
ren, bot sich bei einem Vortrag vor dem interdisziplinären Forschungskolloquium<br />
<strong>der</strong> Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät <strong>der</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Bayreuth</strong><br />
im Mai 2006. Bei einem Vortrag im Doktorandenkolloquium des Lehrstuhls im<br />
September 2007 wurde ein Fachartikel zur Diskussion gestellt, den <strong>der</strong> Projekt-<br />
mitarbeiter später bei <strong>der</strong> Jahreskonferenz <strong>der</strong> European International Business<br />
Association (EIBA) präsentierte.<br />
Um die methodische Qualität unseres Vorhabens sicherzustellen, nutzten wir die<br />
Möglichkeit eines Beratungsgespräches beim Zentrum für Umfragen, Methoden<br />
und Analysen (ZUMA) in Mannheim. Dort konnte uns Prof. Dr. Jürgen H.P. Hoff-<br />
meyer-Zlotnik zahlreiche Anregungen geben, die zur Verbesserung <strong>der</strong> Qualität<br />
unserer Erhebung beitragen. So setzten wir etwa seinen Rat um, dem offenen<br />
Interviewteil in <strong>der</strong> Drei-Län<strong>der</strong>-Studie einen standardisierten Fragebogen voran-<br />
zustellen. Als weiteres Angebot von ZUMA besuchte Herr Schauwecker die dort<br />
veranstalteten Methodenworkshops „Qualitative Interviews – Theorie und Praxis“<br />
unter <strong>der</strong> Leitung von Dr. Günter Mey und Dr. Katja Mruck (beide FU Beriln)<br />
sowie „Qualitative Inhaltsanalyse“ unter <strong>der</strong> Leitung von Prof. Dr. Margrit Schrei-<br />
er und Özen Odag (beide International University Bremen).<br />
Beim „2. Berliner Methodentreffen Qualitative Forschung“ besuchte Herr Schau-<br />
wecker die Workshops „Projektwerkstatt qualitativen Arbeitens“ von Dr. Katja<br />
Mruck und Dr. Günter Mey (beide FU Berlin) und „MAXQDA2 für Fortgeschritte-<br />
ne“, einer Schulung für Software zur qualitativen Datenanalyse von Dr. Thorsten<br />
Dresing (Philipps-<strong>Universität</strong> Marburg). Um die quantitative Analyse von Netz-<br />
werkdaten ging es dagegen bei <strong>der</strong> „6th POLNET International Summer School<br />
on the Analysis of Political and Managerial Networks“ an <strong>der</strong> <strong>Universität</strong> Kon-<br />
stanz, die ebenfalls Herr Schauwecker besuchte.<br />
Neben den zahlreichen Diskussionen mit an<strong>der</strong>en Wissenschaftlern, wurde unser<br />
Vorhaben und die Ergebnisse auch vielfach mit Praktikern diskutiert, so bei <strong>der</strong><br />
Veranstaltung „net’swork 2006“ <strong>der</strong> <strong>Universität</strong> Bielefeld, bei mehreren Besuchen<br />
des Centro Empresarial de Jalisco (CEJ) in Guadalajara und bei einem Besuch bei<br />
<strong>der</strong> German American Chamber of Commerce in Chicago.<br />
13
5. Vorträge, Lehrveranstaltungen, Presse<br />
14<br />
im wissenschaftlichen Bereich<br />
Kühlmann, T.M.: Vertrauen und Kontrollieren in grenzüberschreitenden Unter-<br />
nehmenskooperationen. Vortrag auf <strong>der</strong> Fachtagung „Vertrauen in deutsch-<br />
arabischen Geschäftsbeziehungen“ Heilbronn, 19. Mai 2006.<br />
Kühlmann, T.M. & Schauwecker, Ph.: Transatlantische Netzwerke von kleinen<br />
und mittleren Unternehmen (KMU): Möglichkeiten und Risiken deutsch-US-<br />
amerikanischer und deutsch-mexikanischer Unternehmensnetze. Vortrag an <strong>der</strong><br />
<strong>Universität</strong> Erlangen-Nürnberg im Rahmen des Kolloquiums „Europa – Latein-<br />
amerika – USA: Kooperationen und Konflikte im transatlantischen Raum“, Nürn-<br />
berg, 24. Mai 2007.<br />
Schauwecker, Ph: Egozentrierte Firmennetzwerke bei <strong>der</strong> Internationalisierung<br />
kleiner und mittlerer Unternehmen. Vortrag auf <strong>der</strong> Fachtagung „Ein neues Para-<br />
digma in den Sozialwissenschaften: Netzwerkanalyse und Netzwerktheorie“,<br />
Frankfurt, 27. September 2007.<br />
Schauwecker, Ph: A classification of opportunism in transnational inter-firm net-<br />
works of SMEs. Vortrag auf <strong>der</strong> 33rd Annual Conference of the European Interna-<br />
tional Business Academy (EIBA), Catania, 13.-15. Dezember 2007.<br />
Schauwecker, Ph: Embedded opportunism. Vortrag auf <strong>der</strong> European Academy of<br />
Management (EURAM) Annual Conference, Ljubljana, 13 – 15 Mai 2008.<br />
Vorträge:<br />
im öffentlichen Bereich<br />
Kühlmann, T.M. & Schauwecker, Ph.: Opportunismus in deutsch-mexikanischen<br />
Geschäftsbeziehungen. Vortrag bei <strong>der</strong> Deutsch-Mexikanischen Industrie- und<br />
Handelskammer (CAMEXA), Mexiko Stadt, 23. Oktober 2007.<br />
Kühlmann, T.M.: Oportunismo: Un riesgo para la cooperación internacional de<br />
pequeñas y medianas empresas. Vortrag am Centro Empresarial de Jalisco (CEJ).<br />
Guadalajara, 13. März 2008.<br />
Schauwecker, Ph.: Transatlantische Tricksereien o<strong>der</strong> Opportunismus in Export-<br />
netzwerken. Vortrag auf <strong>der</strong> Business-Tagung Internationale Geschäftskontakte:
Risiko- und Netzwerkmanagement in <strong>der</strong> Industrie- und Handelskammer für<br />
Oberfranken <strong>Bayreuth</strong>, 16. Oktober 2008.<br />
Presse:<br />
Benker, S. (2006). Netzwerke - gestern und heute.<br />
. Abrufdatum: 24.10.2008 (Interview mit<br />
Herrn Schauwecker für die Zeitschrift Haysworld für einen Artikel über die<br />
Geschichte von Netzwerken.)<br />
6. Reiseberichte / Teilergebnisse / Erfahrungen vor Ort<br />
Die erste Reise des Projektmitarbeiters in die USA und nach Mexiko diente vor<br />
allem dem Pretest des Interviewleitfadens mit vorangestelltem Fragebogen, <strong>der</strong><br />
damals in einer ersten Version vorlag. Wichtig war zu prüfen, ob das Instrument,<br />
das wir bereits bei deutschen Unternehmensvertretern getestet hatten, auch von<br />
ausländischen Unternehmensvertretern verstanden und akzeptiert wurde. Neben<br />
<strong>der</strong> Testung des Instrumentes standen bei dieser ersten Reise die Interviews mit<br />
Experten im Mittelpunkt.<br />
Die Haupterhebung in den USA erfolgte in zwei Etappen. Die erste knapp dreiwö-<br />
chige Reise führte den Projektmitarbeiter Ende November 2006 in die Neueng-<br />
landstaaten an <strong>der</strong> Ostküste. Nachdem wir die Beschränkung auf die Maschinen-<br />
baubranche beschlossen hatten, erwies sich diese Region als günstig, da hier die<br />
Dichte von für uns relevanten Firmen höher als in an<strong>der</strong>en Regionen des Landes<br />
ist. Bei dieser Reise konnten vor allem US-Herstellerfirmen befragt werden, die<br />
nach Deutschland verkaufen, zudem auch einige Endkunden deutscher Maschi-<br />
nenhersteller. Die zweite, ebenfalls knapp dreiwöchige Erhebungsreise führte<br />
Anfang April 2008 nach Indianapolis sowie nach Chicago und Umgebung. Chicago<br />
ist ein Zentrum für den Industriezweig des Maschinenbaus und Schauplatz <strong>der</strong><br />
alle zwei Jahre stattfindenden International Manufacturing Technology Show<br />
(IMTS). Bei <strong>der</strong> zweiten Reise konnten vor allem Händler und Vertreter deutscher<br />
Herstellerfirmen sowie wie<strong>der</strong>um eine Reihe an Endkunden befragt werden.<br />
Auch in Mexiko fand die Haupterhebung in zwei Etappen statt. Dafür reiste <strong>der</strong><br />
Projektmitarbeiter zwei mal für knapp drei Wochen dorthin, einmal im Februar<br />
und einmal im Oktober 2007. Während des ersten Aufenthaltes führten ihn die<br />
Interviewtermine nach Mexiko Stadt, Querétaro, San Luís Potosí und Puebla. Bei<br />
diesem Aufenthalt konnten uns von Herrn César Cisneros, einem Kollegen in<br />
15
Mexiko Stadt zwei Absolventen als Honorarkräfte zu unserer Unterstützung ver-<br />
mittelt werden. Während des zweiten Aufenthaltes wurden Unternehmen in Gua-<br />
dalajara und in Monterrey befragt. Zu Beginn des Aufenthaltes hielten Projektlei-<br />
ter und –mitarbeiter gemeinsam mit Dr. Johannes Rehner einen Vortrag bei <strong>der</strong><br />
Deutsch-Mexikansichen Außenhandelskammer (CAMEXA).<br />
7. Eigene Veranstaltungen<br />
Bei einem Methodenworkshop Anfang Juni 2006 trafen Leiter und Mitarbeiter<br />
aller sechs Teilprojekte mit ausgewählten Methodenexperten in <strong>Bayreuth</strong> zu-<br />
sammen, um die Designs <strong>der</strong> einzelnen Projekte und das gemeinsame Vorgehen<br />
im Verbund zu diskutieren und gegebenenfalls zu verbessern. Als externe Gäste<br />
waren geladen Prof. Dr. Alexan<strong>der</strong> Gerybadze, <strong>Universität</strong> Hohenheim, PD Dr.<br />
Jürgen Hoffmeyer-Zlotnik vom Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen<br />
(ZUMA) in Mannheim, Dr. Günter Mey vom Institut für Qualitative Forschung in<br />
<strong>der</strong> Internationalen Akademie an <strong>der</strong> Freien <strong>Universität</strong> Berlin und Dr. Michael<br />
Schnegg von <strong>der</strong> <strong>Universität</strong> zu Köln. Nach einem Eröffnungsvortrag über die<br />
Vor- und Nachteile von Innovationsnetzwerken von Prof. Gerybadze präsentier-<br />
ten die einzelnen Teilprojekte Forschungsfragen und -design, worauf jeweils<br />
Kritik und Verbesserungsvorschläge eingebracht wurden. Bei einem anschließen-<br />
den Mitarbeitertreffen wurde das weitere gemeinsame Vorgehen vor dem Hinter-<br />
grund <strong>der</strong> Anregungen <strong>der</strong> Experten diskutiert.<br />
Im Juni 2007 fand auf Einladung des Projektmitarbeiters ein Gastvortrag im Rah-<br />
men des Interdisziplinären Forschungskolloquiums <strong>der</strong> Rechts- und Wirtschafts-<br />
wissenschaftlichen Fakultät <strong>der</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Bayreuth</strong> statt. Herr Wojtek Przepior-<br />
ka von <strong>der</strong> ETH Zürich referierte über die Evolution von Vertrauen und Reputati-<br />
on.<br />
Zur Vorbereitung auf die Jahreskonferenz <strong>der</strong> European Academy of Management<br />
(EURAM) in Ljubljana fand Anfang Mai ein Arbeitstreffen <strong>der</strong> Teilnehmenden<br />
Projektmitarbeiter in <strong>Bayreuth</strong> statt. Hier wurden die Vorträge ausführlich disku-<br />
tiert. Dank <strong>der</strong> Teilnahme eines Dozenten für Wirtschaftenglisch des Sprachen-<br />
zentrums <strong>der</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Bayreuth</strong> konnten Zweifelsfälle in Wortwahl und Gram-<br />
matik ausgeräumt werden.<br />
Am 16. Oktober 2008 fand im Kammersaal <strong>der</strong> IHK <strong>Bayreuth</strong> eine halbtägige<br />
Veranstaltung aller sechs Teilprojekte statt, bei <strong>der</strong> die Forschungsergebnisse an<br />
16
interessierte Unternehmensvertreter vermittelt wurden. Im Anschluss fand eine<br />
ausführliche Diskussion unter reger Beteiligung <strong>der</strong> Unternehmensvertreter statt.<br />
8. Publikationen<br />
Endrissat, N. & Kühlmann, T. M. (2005). Opportunismus – Die "dunkle Seite"<br />
internationaler Unternehmenskooperationen. In T. Emmerling (Hrsg.),<br />
Projekte und Kooperationen im interkulturellen Kontext. Interdisziplinäre<br />
Perspektiven aus Wissenschaft und Praxis (S. 52-70). Sternenfels: Verlag<br />
Wissenschaft & Praxis.<br />
Kühlmann, T. M. (2003). Selbstorganisation im Dschungel <strong>der</strong> Weltmärkte. Zukunft<br />
im Brennpunkt 2 (2003), 17-22.<br />
Kühlmann, T.M. (2008a). Opportunismus, Vertrauen und Kontrolle in<br />
internationalen Geschäftsbeziehungen. In: E. Jammal (Hrsg.): Vertrauen<br />
im interkulturellen Kontext. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften,<br />
S. 51-67.<br />
Kühlmann, T.M. (2008b). La confianzia en la colaboración empresarial germano-<br />
mexicana. In: Estudios Sociales, Nueva Época Número 3 (im Druck).<br />
Kühlmann, T.M. (2008c). Transnationale Netzwerke. In: Kühlmann T. M. & Haas<br />
H.-D. (Hrsg.): Internationales Risikomanagement. Auslandserfolg durch<br />
grenzüberschreitende Netzwerke. München: Oldenbourg, S. 13-26 (im<br />
Druck).<br />
Kühlmann, T.M. (2008d). Risiken <strong>der</strong> Kooperation in grenzüberschreitenden<br />
Netzwerken von Unternehmen. In: Kühlmann T. M. & Haas H.-D. (Hrsg.):<br />
Internationales Risikomanagement. Auslandserfolg durch<br />
grenzüberschreitende Netzwerke. München: Oldenbourg, S. 119-138 (im<br />
Druck).<br />
Kühlmann, T.M. & Haas, H.-D. (Hrsg.) (2008). Internationales<br />
Risikomanagement. Auslandserfolg durch grenzüberschreitende<br />
Netzwerke. München: Oldenbourg (im Druck).<br />
Schauwecker, Ph. & Kühlmann, T. M. (2007). A classification of opportunism in<br />
transnational inter-firm networks of SMEs. Proceedings of the 33rd<br />
European International Business Academy (EIBA) Annual Conference,<br />
December 13 – 15, Catania, Italy (CD-ROM). Abdruck in: Fortrans-<br />
17
18<br />
Arbeitspapier (2008): Transnational Networks – an Effective Tool for Risk<br />
Reduction? Small and Medium-Sized Companies in the Global Market<br />
Place, S. 69-90.<br />
Schauwecker, Ph. & Kühlmann, T. M. (2008). Embedded opportunism. Paper<br />
presented ath the European Academy of Management (EURAM) Annual<br />
Conference, May 13 – 15, Ljubljana, Slovenia. Eingereicht für das Special<br />
Issue „Cooperation and Trust in the Context of SMEs” des International<br />
Journal of Entrepreneurship and Innovation (IJEI).<br />
Schauwecker, Ph. (2008a). Unternehmen als Akteure egozentrierter Netzwerke.<br />
In: Stegbauer, Chr.: Netzwerkanalyse und Netzwerktheorie: Ein neues<br />
Paradigma in den Sozialwissenschaften. Wiesbaden: Verlag für<br />
Sozialwissenschaften, S.517-528.<br />
Schauwecker, Ph. (2008b). Opportunismus in transnationalen<br />
Unternehmensnetzwerken. In: Kühlmann T. M. & Haas H.-D. (Hrsg.):<br />
Internationales Risikomanagement. Auslandserfolg durch<br />
grenzüberschreitende Netzwerke. München: Oldenbourg, S. 283-304 (im<br />
Druck).<br />
9. Gesamtergebnis <strong>der</strong> Forschungsarbeit<br />
9.1 wissenschaftliche Ergebnisse<br />
Zusätzlich zu den bereits in Abschnitt 2 aufgeführten Ergebnissen, die das Op-<br />
portunismuskonstrukt näher beleuchten, sollen hier nun weitere Ergebnisse zu<br />
den eingangs aufgeführten Forschungsfragen präsentiert werden.<br />
Was die Häufigkeit opportunistischen Verhaltens angeht, so kann festgehalten<br />
werden, dass jedes <strong>der</strong> von uns persönlich befragten Unternehmen bereits Erfah-<br />
rungen mit opportunistischen Geschäftspartnern machen musste. Zugleich wird<br />
deutlich, dass ein Großteil <strong>der</strong> Beziehungen frei von <strong>der</strong> Belastung durch oppor-<br />
tunistisches Verhalten ist. Dafür sprechen auch die Ergebnisse unserer standardi-<br />
sierten Telefonbefragung. Abbildung 3 zeigt die Mittelwerte <strong>der</strong> oben bereits<br />
vorgestellten Opportunismusabfrage, aufgeschlüsselt in Beziehungen zwischen<br />
deutschen Herstellern mit US-amerikanischen Kunden und mexikanischen Kun-<br />
den.
Abbildung 3: Mittelwerte berichteten Opportunismus’ eines ausgewählten Kunden nach Zielland (N=117-135)<br />
Wie deutlich zu erkennen ist, liegen die Mittelwerte von einer Ausnahme abgese-<br />
hen allesamt unterhalb <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> fünfstufigen Skala. Aus <strong>der</strong> Abbildung lässt<br />
sich ein weiteres, für uns überraschendes Ergebnis ablesen: Vergleicht man die<br />
Beziehungen in die beiden Ziellän<strong>der</strong>, so liegen die Mittelwerte bei keinem <strong>der</strong><br />
Items weiter als 0,5 Skalenpunkte auseinan<strong>der</strong>. Zudem ist keiner <strong>der</strong> Mittel-<br />
wertsunterschiede signifikant. Die Annahme, dass opportunistisches Verhalten<br />
kulturabhängig ist (vgl. Einzelantrag des Projektes S.7 ff.)und sich Beziehungen<br />
zwischen Deutschland und den USA von Beziehungen zwischen Deutschland und<br />
Mexiko diesbezüglich unterscheiden, kann mit den Daten aus unserer Telefonbe-<br />
fragung nicht bestätigt werden.<br />
Ein weiteres zentrales Forschungsinteresse des gesamten Verbundes stellte die<br />
Frage nach dem Zusammenhang zwischen Vernetzung und Risiko dar. In unse-<br />
rem Teilprojekt bezogen wir diese Frage auf den Zusammenhang zwischen Ver-<br />
netzung und Opportunismusrisiko. Einige Aussagen und Schil<strong>der</strong>ungen in den<br />
qualitativen Daten sprechen durchaus dafür, dass ein solcher Zusammenhang<br />
bestehen kann (s. nächster Abschnitt). In den standardisiert erhobenen Daten –<br />
sowohl beim standardisierten Teil <strong>der</strong> Drei-Län<strong>der</strong>-Studie als auch bei <strong>der</strong> Tele-<br />
fonbefragung – konnten wir einen solchen Zusammenhang jedoch nicht bestätigt<br />
finden. Das gilt für die Größe <strong>der</strong> Netzwerke aus Kunden, Händlern und Vertre-<br />
19
tern (in <strong>der</strong> Drei-Län<strong>der</strong>-Studie auch für die Dichte), für verschiedene relationale<br />
Merkmale (z.B. Dauer <strong>der</strong> Beziehung, Höhe des Umsatzes) wie auch für die Ver-<br />
netzung mit alternativen Geschäftspartnern (exit networks) und Akteuren mit <strong>der</strong><br />
selben Funktion (voice networks), die wir in <strong>der</strong> Telefonbefragung erhoben ha-<br />
ben. Jenseits von fallbezogenen Zusammenhängen, ist eine generalisierbare<br />
Aussage deswegen nicht möglich. Die Korrelationsmatrix in Tabelle 3 stellt bei-<br />
spielhaft die (fehlenden) Zusammenhänge dar.<br />
Tabelle 3 : Zusammenhang zwischen Opportunismus und Vernetzung<br />
Pearsons r Opportunismusindex<br />
Anzahl an<strong>der</strong>er Zulieferer, mit denen <strong>der</strong> befragte Hersteller spricht (voice network) a<br />
Anzahl alternativer Kunden, an die <strong>der</strong> befragte Hersteller die gleichen Produkte<br />
verkauft wie an den ausgewählten Kunden (exit network des Herstellers)<br />
Anzahl alternativer Hersteller, von denen <strong>der</strong> ausgewählte Kunde die gleichen Produkte<br />
kauft wie vom befragten Hersteller (exit network des Kunden)<br />
Basis: 84-101 <strong>der</strong> befragten Unternehmen, keiner <strong>der</strong> Zusammenhänge ist signifikant.<br />
9.2 Praxis relevante Ergebnisse<br />
Anhand <strong>der</strong> Analysen <strong>der</strong> Interviewtranskripte konnten einige Empfehlungen<br />
erarbeitet werden, die Praktikern helfen sollen, den Zusammenhang zwischen<br />
Vernetzung und Opportunismusrisiko für sich nutzbar zu machen. Auch wenn<br />
sich die Zusammenhänge mit den Daten aus unserer Telefonbefragung nicht<br />
belegen lassen, erscheinen sie in vielen geschil<strong>der</strong>ten Fällen plausibel und kön-<br />
nen als Denkanstöße dienen. Maßnahmen gegen Opportunismus zielen generell<br />
darauf ab, die Bedingungen in einer Weise zu beeinflussen, dass das opportunis-<br />
tische Verhalten unwahrscheinlicher wird. Das geschieht entwe<strong>der</strong>, indem <strong>der</strong><br />
Schaden erhöht wird, den <strong>der</strong> Opportunist im Falle einer Sanktion zu befürchten<br />
hat, o<strong>der</strong> indem die Eintrittswahrscheinlichkeit <strong>der</strong> Sanktion erhöht wird. Im<br />
Folgenden beschäftigen wir uns mit den Möglichkeiten, die die Vernetzung mit<br />
an<strong>der</strong>en Akteuren bereitstellt, die entsprechenden Parameter so zu verän<strong>der</strong>n,<br />
dass die Wahrscheinlichkeit opportunistischen Verhaltens sinkt.<br />
Entscheidend ist, wie <strong>der</strong> Geschädigte mit an<strong>der</strong>en potentiellen Opfern des Op-<br />
portunisten vernetzt ist (auch voice network). Verhält sich ein Akteur in seiner<br />
Beziehung mit einem seiner Partner opportunistisch und ist <strong>der</strong> Geschädigte<br />
entsprechend vernetzt, kann das dazu führen, dass nicht nur <strong>der</strong> Geschädigte<br />
selbst keine Geschäfte mehr mit dem Opportunisten machen will, son<strong>der</strong>n auch<br />
diejenigen (möglichen) Geschäftspartner des Opportunisten vorsichtig werden,<br />
20<br />
-0,02<br />
0,02<br />
0,11
die <strong>der</strong> Geschädigte vor dem Opportunisten gewarnt hat. Im transnationalen<br />
Kontext wird <strong>der</strong> Geschädigte zwar nicht unbedingt die an<strong>der</strong>en Geschäftspartner<br />
des Opportunisten in dessen Heimatland kennen, er kann aber zumindest seine<br />
Kontakte in seinem eigenen Heimatland warnen. Ein opportunistischer Vertreter<br />
in den USA o<strong>der</strong> in Mexiko wird es schwer haben, Verträge mit deutschen Her-<br />
stellern abzuschließen, die zuvor vor ihm gewarnt wurden. Auch bereits beste-<br />
hende Beziehungen können abgebrochen werden, wenn das Risiko zu groß er-<br />
scheint, ebenfalls Opfer opportunistischen Verhaltens zu werden. Daraus lässt<br />
sich die Empfehlung ableiten, dass es lohnenswert sein kann, sich mit den ande-<br />
ren Kontakten eines Geschäftspartners auszutauschen, auch wenn es sich dabei<br />
häufig um Mitbewerber handelt. Auf diese Weise kann opportunistisches Verhal-<br />
ten des Partners wirkungsvoll sanktioniert werden. Gleichzeitig kann ein solches<br />
Netzwerk als Frühwarnsystem dienen, das einen selbst vor opportunistischen<br />
Partnern warnt.<br />
Ein hilfreicher Schutz vor opportunistischem Verhalten, ist außerdem <strong>der</strong> Aufbau<br />
von alternativen Kontakten, die einen opportunistischen Partner ersetzen können<br />
(auch exit network). Nur wer über ein solches Netzwerk verfügt, kann dem Op-<br />
portunisten glaubhaft mit dem Abbruch <strong>der</strong> Geschäftsbeziehungen drohen. Ver-<br />
lässt man sich auf die Zusammenarbeit mit nur einem Partner, entsteht eine<br />
Abhängigkeit, die dieser opportunistisch ausnutzen kann. Verfügt <strong>der</strong> Opportunist<br />
über Monopolmacht, kann er diese auch ausnutzen. Immer dann, wenn <strong>der</strong> Ge-<br />
schädigte jedoch die Möglichkeit hat, sich Alternativen offen zu halten, sollte er<br />
dies auch tun.<br />
9.3 Ergebnisse <strong>der</strong> Zusammenarbeit im Verbund<br />
Ein Merkmal, das in Absprache mit den an<strong>der</strong>en Teilprojekten erhoben wurde, ist<br />
<strong>der</strong> Austausch von Rat, Information und Hilfe. Die zu prüfende Annahme lautete,<br />
dass ein Zusammenhang zwischen <strong>der</strong> Vielseitigkeit von Netzwerkbeziehungen<br />
(Multiplexität) und dem Risiko besteht, das durch eine Vernetzung mit an<strong>der</strong>en<br />
Akteuren entsteht o<strong>der</strong> minimiert werden kann. In den Aussagen <strong>der</strong> qualitativen<br />
Interviews deutet einiges darauf hin, dass das Opportunismusrisiko in einer Netz-<br />
werkbeziehung mit <strong>der</strong> Vielschichtigkeit einer Beziehung zusammen hängen<br />
kann, beispielsweise wenn sich zusätzlich zur geschäftlichen Beziehung eine<br />
Freundschaft zwischen den Geschäftspartnern entwickelt hat. So wird oft berich-<br />
tet, dass opportunistische Verhaltensweisen erst auftraten, nachdem durch einen<br />
21
personellen Wechsel, z.B. wegen eines Generationswechsels, <strong>der</strong> alt vertraute<br />
Ansprechpartner ersetzt worden war.<br />
In den Daten aus unserer Telefonbefragung kann diese Annahme teilweise bestä-<br />
tigt werden. Während sich bei den einzelnen Opportunismusitems (vgl. Ab-<br />
schnitt 2) so gut wie keine signifikanten Mittelwertsunterschiede nachweisen<br />
lassen, gelingt dies bei einem Opportunismusindex, <strong>der</strong> die zwölf Items zusam-<br />
menfasst und auch bei dem anhand <strong>der</strong> Faktorenanalyse gewonnenen Faktors II,<br />
<strong>der</strong> mit „fehlendem Engagement“ bzw. „fehlen<strong>der</strong> Rücksichtnahme“ umschrieben<br />
wurde. Tabelle 4 stellt diese Ergebnisse dar.<br />
Tabelle 4: Opportunismus in Geschäftsbez. mit und ohne Austausch von Rat und Hilfe<br />
Mittelwerte<br />
Opportunismusindex a<br />
Faktor II „fehlendes Engagement/fehlende Rücksichtnahme b<br />
22<br />
Austausch von Rat<br />
und Hilfe<br />
(n=63)<br />
Kein Austausch von<br />
Rat und Hilfe<br />
(n=35)<br />
2,2 2,5<br />
-0,22 0,26<br />
a Arithmetisches Mittel aus <strong>der</strong> Bewertung <strong>der</strong> zwölf Opportunismusitems, Skala von 1=wenig belastet bis<br />
5=stark belastet; t-Wert = 2,09; df = 65; p
Im November 2008 startet das auf drei Jahre angelegte Projekt „Netzwerk Per-<br />
sonal“, das vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur,<br />
Verkehr und Technologie sowie von <strong>der</strong> Oberfrankenstiftung durch Zuwendungen<br />
in Höhe von insgesamt 130.000 Euro geför<strong>der</strong>t wird. Ziel dieses Projektes ist es,<br />
die im Forschungsverbund FORTRANS gesammelten Chancen und Risiken <strong>der</strong><br />
Netzwerkbildung für den Aufbau und die Gestaltung eines regionalen Netzwerkes<br />
<strong>der</strong> Personalabteilungen von mittelständischen Unternehmen zu nutzen. Ein be-<br />
son<strong>der</strong>es Augenmerk <strong>der</strong> Zusammenarbeit im Netzwerk gilt den Risiken des de-<br />
mographischen Wandels für strukturschwache Regionen.<br />
Der geplante bayerische Forschungsverbund „Das Wissen (von) <strong>der</strong> Migration“<br />
(FORMIG), an dessen Konzeption <strong>der</strong> Projektleiter beteiligt ist, soll u.a. auch den<br />
Wissenstransfer von Migrantennetzwerken thematisieren.<br />
Verwendete Literatur<br />
Das, T. K. (2004). Time-span and risk of partner opportunism in strategic<br />
alliances. Journal of Managerial Psychology, 19, 744-759.<br />
John, G. (1984). An Empirical Investigation of Some Antecedents of Opportunism<br />
in a Marketing Channel. Journal of Marketing Research, 21, 278-298.<br />
Karunaratna, A. R. & Johnson, L. W. (1999). Classification Of Opportunistic<br />
Behaviour By Foreign Agents And Distributors. Marketing in the Third<br />
Millenium, the Australian and New Zealand Marketing Academy<br />
conference. Sydney, November 28 - December 1.<br />
Obadia, C. & Vida, I. (2006). Endogenous Opportunism in Small and Medium-<br />
Sized Enterprises' Foreign Subsidiaries: Classification and Research<br />
Propositions. Journal of International Marketing, 14, 57-86.<br />
Wathne, K. H. & Heide, J. B. (2000). Opportunism in interfirm relationships:<br />
Forms, outcomes, and solutions. Journal of Marketing, 64, 36-51.<br />
Williamson, O. E. (1990). Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus.<br />
Unternehmen, Märkte, Kooperationen. Tübingen: Mohr.<br />
23