Bericht - Der Landtag von Sachsen-Anhalt
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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> Drucksache 5/1916<br />
Fünfte Wahlperiode 21.04.2009<br />
(Ausgegeben am 22.04.2009)<br />
Unterrichtung<br />
Chef der Staatskanzlei Magdeburg, 9. April 2009<br />
Kinder- und Jugendbericht der Landesregierung <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 2008<br />
Sehr geehrter Herr Präsident,<br />
als Anlage übersende ich Ihnen gemäß § 16 Abs. 1 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes<br />
des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> (KJHG-LSA) vom 5. Mai 2000 (GVBl. LSA S. 236), zuletzt<br />
geändert durch Artikel 72 des Ersten Rechts- und Verwaltungsvereinfachungsgesetzes<br />
vom 18. November 2005 (GVBl. LSA S. 698, 710) den<br />
Kinder- und Jugendbericht der Landesregierung <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 2008<br />
einschließlich<br />
Vorbemerkungen der Landesregierung zur Stellungnahme des Landesjugendhilfeausschusses<br />
zum Entwurf des Kinder- und Jugendberichts 2008<br />
zur Kenntnisnahme.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
In Vertretung<br />
Olmes<br />
Verfügung des Präsidenten des <strong>Landtag</strong>es <strong>von</strong> <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>:<br />
Die Unterrichtung des <strong>Landtag</strong>es erfolgt gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 der<br />
Geschäftsordnung des <strong>Landtag</strong>es (GO.LT).<br />
Gemäß § 40 Abs. 2 GO.LT überweise ich den o. g. <strong>Bericht</strong> zur Kenntnisnahme<br />
an den Ausschuss für Soziales.<br />
Hinweis: Die Anlage ist als Objekt im Internet/Intranet beigefügt und öffnet durch Doppelklick den<br />
Acrobat Reader.<br />
Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des <strong>Landtag</strong>es <strong>von</strong> <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> erfolgen<br />
oder die gedruckte Form abgefordert werden.
Vorbemerkung der Landesregierung zur Stellungnahme des Landesjugendhilfeausschusses<br />
zum Entwurf des Kinder- und Jugendberichts 2008<br />
<strong>Der</strong> Landesjugendhilfeausschuss hat entsprechend der gesetzlichen Regelung des § 16 Abs.<br />
1 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> zu dem Entwurf des<br />
Kinder und Jugendhilfeberichtes (Stand 29.08.2008) Stellung genommen und festgestellt,<br />
dass dieser den gesetzlichen Anforderungen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes des<br />
Landes entspreche.<br />
Aufgrund der Stellungnahme des Landesjugendhilfeausschusses wurde der <strong>Bericht</strong><br />
überarbeitet:<br />
Soweit der Landesjugendhilfeausschuss beanstandet, dass Sachstandsdarstellungen und<br />
Datenmaterial nicht in vergleichbarer Tiefe und Breite in die verschiedenen Abschnitte des<br />
<strong>Bericht</strong>s Eingang gefunden hätten, und zum Beleg auf die Ausführungen über die<br />
Partizipation und internationale Jugendarbeit verweist, wurde der <strong>Bericht</strong> im Hinblick auf die<br />
genannten Passagen überarbeitet.<br />
Die Beanstandungen des Landesjugendhilfeausschusses zu den Ausführungen „Zur Lage<br />
junger Menschen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>“, der <strong>Bericht</strong> betone einseitig die aus dem demografischen<br />
Wandel folgenden Chancen für junge Menschen und gehe lediglich <strong>von</strong> einer<br />
Minderheit junger Menschen aus, denen Hilfe zur sozialen Integration anzubieten sei, sind<br />
nachvollziehbar. Die ursprünglichen Formulierungen im <strong>Bericht</strong>sentwurf waren insoweit<br />
missverständlich. Deshalb erfolgte eine entsprechende Überarbeitung. Dies gilt auch für die<br />
Ausführungen zu den Zukunftserwartungen junger Menschen. Zudem wurden –dem Hinweis<br />
des Landesjugendhilfeausschusses folgend– die Darstellungen zur Bevölkerungsprognose<br />
um einen Hinweis auf die vorerst noch steigende Zahl der Kinder ergänzt.<br />
<strong>Der</strong> Landesjugendhilfeausschuss teilt die im <strong>Bericht</strong> unter Punkt I.1.3 dargelegte Auffassung,<br />
dass es zur Reduzierung des Armutsrisikos <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen einer Überarbeitung<br />
der auf diese anzuwendenden Regelsätze nach dem SGB II und XII bedürfe.<br />
Die Anregungen und Bemerkungen des Landesjugendhilfeausschusses aufgreifend wurde<br />
der <strong>Bericht</strong>steil „II. A. 1. Bestandsaufnahme, Analyse und Weiterentwicklung der Arbeitsfelder<br />
der Kinder- und Jugendhilfe“ in Bezug auf die Ausführungen zur Partizipation und internationalen<br />
Jugendarbeit sowie Jugendarbeit im ländlichen Raum überarbeitet bzw. gekürzt (s. o.)<br />
und unter Punkt II.A. 3.5. (Außerschulische Jugendbildungsarbeit) um Anmerkungen zur<br />
–antragsbedingten– Reduzierung des Stellenvolumens der mit Landesmitteln geförderten<br />
1
Jugendbildungsreferenten und -referentinnen sowie zur Förderung der Jugendbildungsarbeit<br />
des Evangelischen Kinder- und Jugendbildungswerkes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e.V. (EKJB) ergänzt.<br />
<strong>Der</strong> Anregung des Landesjugendhilfeausschusses folgend wurde der <strong>Bericht</strong>steil II. A. 8.<br />
(Hilfen zur Erziehung) um einen Hinweis auf umfängliches Datenmaterial des Anhanges<br />
ergänzt, welcher einen Überblick u. a. über die Kindern und Jugendlichen verschiedener<br />
Altersgruppen gewährten Hilfen gibt.<br />
Die Darstellungen zum persönlichen Budget im <strong>Bericht</strong>steil III. 4. (Behindertenpolitik) wurden<br />
um die missverständliche Formulierung zur Ergänzung der bisherigen Dienst- oder<br />
Sachleistungen gekürzt.<br />
Einen Hinweis des Landesjugendhilfeausschusses aufgreifend wurde der <strong>Bericht</strong> unter Punkt<br />
III. 10. (Jugenddelinquenz) neu gegliedert und in Punkt III. 10. 5 um eine Übersicht über die<br />
Einrichtungen der U-Haft-Vermeidung ergänzt. Zusätzlich wurden die Anlagen des <strong>Bericht</strong>s<br />
zu Punkt III.10.2.2 um Übersichten zu der Entwicklung der Tatverdächtigungsbelastungszahlen<br />
zu einzelnen Deliktsarten und Altersgruppen ergänzt. In diesem Zusammenhang wird<br />
darauf hingewiesen, dass nicht ersichtlich ist, auf welche Aussagen des vorliegenden<br />
<strong>Bericht</strong>es sich die in der Stellungnahme des Ausschusses formulierte Vermutung bezieht, der<br />
Rückgang der polizeilichen Verfahren gegen Erwachsene sei durch eine Kürzung der Mittel<br />
für die Ermittlungsarbeit vor Ort begründet, wie sich beispielsweise bei der Personalausstattung<br />
des Polizeireviers Zerbst 2 für die Ermittlungstätigkeit im Bereich Rauschgiftstraftaten<br />
zeige. Hierzu wird festgestellt, dass weder Mittel gekürzt wurden noch die<br />
Mitarbeiterzahl reduziert wurde. Die in der Stellungnahme des Ausschusses erwähnten<br />
Mitarbeiter sind Angehörige des Polizeireviers <strong>Anhalt</strong>-Bitterfeld mit Sitz in Köthen und auch<br />
für Zerbst zuständig.<br />
2
Stellungnahme des<br />
Landesjugendhilfeausschusses<br />
vom 19.11.2008<br />
zum<br />
Entwurf des<br />
Kinder- und Jugendberichts der<br />
Landesregierung <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
2008<br />
3
Vorbemerkung<br />
Im Kinder- und Jugendhilfegesetz des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> vom Mai 2000 heißt es im<br />
Paragrafen 16 Absatz 1 „Die Landesregierung legt dem <strong>Landtag</strong> in der Mitte einer jeden<br />
Wahlperiode einen <strong>Bericht</strong> über die Lage junger Mensch und die Bestrebungen und<br />
Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe vor. Neben der Bestandsaufnahme und Analyse soll<br />
der <strong>Bericht</strong> Vorschläge zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe enthalten und<br />
einen Überblick über kinder- und jugendpolitische Zielstellungen der Landesregierung geben.<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bericht</strong> soll einen Überblick über die Gesamtsituation der Kinder- und Jugendhilfe<br />
vermitteln.“<br />
Stellungnahme<br />
des Landesjugendhilfeausschusses zum 5. Kinder- und Jugendbericht des Landes<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
beschlossen in der Sitzung am 19.11.2008<br />
In der Einführung wird <strong>von</strong> der Notwendigkeit gesprochen, auf aktuelle Themen einzugehen<br />
und hauptsächlich einen kurz gefassten Gesamtüberblick zu geben. Die Kriterien, nach<br />
denen eine Gewichtung stattgefunden hat, sind jedoch nicht ersichtlich. Als Beispiel sei hier<br />
der Abschnitt Partizipation genannt, der für den Untertitel „Jugendarbeit“ lediglich allgemeine<br />
Aussagen enthält, ohne dass eine Analyse angestrebt wird, obwohl im Abschnitt IV des<br />
<strong>Bericht</strong>es als zentrale Strukturmaxime der Jugendverbandsarbeit Partizipation ausdrücklich<br />
genannt wird. Im Gegensatz dazu stehen Abschnitte wie „Internationale Jugendarbeit“, in<br />
dem ein Einzelbeispiel detailliert beschrieben wird, ohne dass ein Gesamtüberblick gegeben<br />
wird. Für die Einschätzung der Rahmenbedingungen und der sich daraus ableitenden<br />
Handlungsstrategien sind jedoch Analysen aller genannten Bereiche sowie eine zum Zwecke<br />
des Vergleiches einheitliche Verwendung der Grunddaten notwendig.<br />
Zusätzlich verweist der Verfasser in der Einführung zum <strong>Bericht</strong> darauf:<br />
- das an den <strong>Bericht</strong> 2004 angeknüpft wird<br />
- das die Entwicklungstendenzen der Jugendhilfe unter besonderer Berücksichtigung der<br />
Qualitätsentwicklung dargestellt werden<br />
- und es eine Zusammenfassung der landespolitischen Maßnahmen und Leistungen für<br />
Kinder und Jugendliche gibt.<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bericht</strong> verknüpft Erkenntnisse und Ergebnisse anderer <strong>Bericht</strong>erstattungen wie z.B.<br />
2. Armuts- Reichtumsbericht, Arbeitslosenstatistik, PISA- Ländervergleich u.a.<br />
Er stellt dies bereits im Teil I. „Zur Lage junger Menschen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>“ dar, und dies<br />
zieht sich wie ein „roter Faden“ durch den Gesamtbericht, Ziele, Handlungs- und<br />
Lösungsansätze mit Blick auf Ressourcenorientierung dar. Er weist auf die facettenreichen<br />
Lebenssituationen, Lebenslagen und Lebensorte <strong>von</strong> Familien hin und stellt in den<br />
Bestandsaufnahmen, Analysen und den Impulsen zur Weiterentwicklung den Schwerpunkt<br />
Jugendhilfe, verkennt jedoch nicht die Mittelpunktstellung der jungen Menschen und widmet<br />
sich so auch dem Thema Schule.<br />
Dieser <strong>Bericht</strong> wird dem gesetzlichen Anspruch und Auftrag einen „Überblick über kinder-<br />
und jugendpolitische Zielstellungen der Landesregierung“ zu geben gerecht.<br />
4
I. Zur Lage junger Menschen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
In der Vorbemerkung wird da<strong>von</strong> gesprochen, dass der Fachkräfte- und Lehrlingsmangel<br />
schon erste Auswirkungen zeigt – verbunden mit der Aussage, dass sich für Jugendliche<br />
dadurch gute Ausgangspositionen festmachen ließen. Diese Schlussfolgerung ist einseitig<br />
und mit Skepsis zu betrachten.<br />
Wenn <strong>von</strong> einem Fachkräftemangel gesprochen wird, muss auch auf die Auswirkungen<br />
fehlender qualifizierter Personen in allen Bereichen unserer Gesellschaft hingewiesen<br />
werden. <strong>Der</strong> Mangel an Fachkräften steigert weder die Wirtschaftskraft unseres Landes,<br />
noch ist sie einer Gesellschaft mit wachsenden Problemen zuträglich.<br />
Bemerkenswert ist die Aussage, dass sich die grundlegende Situation <strong>von</strong> jungen Menschen<br />
in unserem Land signifikant verändert hat und es wird auf gute Ausgangpositionen<br />
Jugendlicher, in Bezug auf die Ergebnisse der PISA-Studie auf die Situation des Fachkräfte-<br />
und des Lehrlingsmangels verwiesen. <strong>Der</strong> <strong>Bericht</strong> stellt auch klar, dass es eine Minderheit<br />
<strong>von</strong> Jugendlichen gibt, die <strong>von</strong> diesen Veränderungen nicht profitieren und denen Hilfen<br />
anzubieten sind, damit sie Anschluss an die soziale Teilhabe finden.<br />
Ist es wirklich eine Minderheit?<br />
Weiter zur Lage junger Menschen wird auf die intensive Auseinandersetzung mit den<br />
Auswirkungen des demografischen Wandels verwiesen und bereits hier eine kinder- und<br />
jugendpolitische Zielstellung für die Politik und Gesellschaft formuliert. „Aufgabe der Politik<br />
und der gesamten Gesellschaft ist es, dieser Tendenz mit tragfähigen und überzeugenden<br />
Konzepten entgegenzutreten (Seite 9, Punkt 1., Demografischer Wandel).<br />
In der Situationsanalyse geht der <strong>Bericht</strong> <strong>von</strong> einer Schrumpfung und einer Zunahme der<br />
Alterstruktur in der Bevölkerung aus. Er verweist weiterhin auf eine niedrige Geburtenzahl in<br />
Verbindung einer Zunahme des Anteils junger Menschen aus benachteiligen, bildungsfernen<br />
Familien.<br />
Aus den Zahlen geht hervor, dass der Anteil der Kinder und Jugendlichen bis zum Jahr 2020<br />
rückläufig sein wird. Wichtig für die Kinder- und Jugendhilfe ist jedoch das Hervorheben der<br />
in diesem Abschnitt nicht berücksichtigten Tatsache, dass in den nächsten Jahren zunächst<br />
nur die für diesen Bereich relevante Gruppe der 14- bis 27-Jährigen zahlenmäßig abnehmen<br />
wird. Die Gruppe der 6- bis 14-Jährigen verzeichnet laut Bevölkerungsprognose (S. 101 des<br />
<strong>Bericht</strong>es) einen Anstieg bis ins Jahr 2012, erst danach sinkt die Zahl minimal. Im Jahr 2020<br />
wird diese Bevölkerungsgruppe immer noch ein Plus <strong>von</strong> 7 Prozent gegenüber 2005 zu<br />
verzeichnen haben, im Jahr 2025 nur um 3 Prozent weniger. Dies ist eine wichtige<br />
Grundlage für die künftige Planung und sollte nicht übersehen werden.<br />
Armutsuntersuchungen und Armutsberichterstattungen weisen hier bereits nach, dass diese<br />
jungen Menschen „bildungsbenachteiligt“ sind. Diese Gruppe junger Menschen würden zur<br />
o.g. Minderheit zählen, greifen nicht die in diesem <strong>Bericht</strong> gegeben kinder- und<br />
jugendpolitischen Zielstellungen.<br />
Sehr positiv ist die Forderung einer größeren Gewichtung <strong>von</strong> Familie, Kinder und<br />
Jugendlichen im Diskurs der Generationen und die damit einhergehende Notwendigkeit<br />
eines weiteren Nachdenkens über neue und andere Formen demokratischer<br />
Entscheidungsfindungen sowie der Etablierung erweiterter Formen der Partizipation.<br />
Festgestellt wird: „Mit dem Rückgang der Bevölkerung und der Veränderung der<br />
Altersstruktur haben sich Nachfrage- und Finanzierungsstrukturen für die Angebote der<br />
Jugendarbeit in regionalspezifischer Ausprägung verändert. Dies zielgenau und<br />
bedarfsorientiert unter Berücksichtigung demografischer Fakten zu steuern und damit zu<br />
verändern, bleibt nicht nur angesichts der knappen öffentlichen Mittel ein große<br />
Herausforderung“ (Seite 9, Punkt 1.1., Situationsanalyse).<br />
5
Die im Kapitel I „Zur Lage junger Menschen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>“ durchgängig vorgenommene<br />
geschlechtsneutrale Beschreibung unterstreicht eine Grundkritik. Es fehlen die<br />
geschlechterdifferenzierende Datenerhebung und –ausweisung sowie die<br />
geschlechtervergleichende Datenanalyse. Es ist zu bezweifeln, dass die benannte „bei<br />
Kindern und Jugendlichen vorherrschende deutlich optimistischer Grundhaltung“ (<strong>Bericht</strong> S.<br />
8) auf Jungen und Mädchen gleichermaßen zutrifft. Sonst würden nicht, wie auf Seite 9<br />
beschrieben, vorrangig junge Frauen das Land verlassen. So eine geschlechtsneutrale<br />
Beschreibung der Lebenslagen <strong>von</strong> Mädchen und Jungen führt unweigerlich dazu, dass<br />
auch die beschriebenen Ansätze der Kinder- und Jugendhilfe nicht geschlechtergerecht<br />
reflektiert werden.<br />
<strong>Der</strong> <strong>von</strong> der Wirtschaft immer wieder beklagte Mangel an vorhandenen<br />
Ausbildungsvoraussetzungen der Jugendlichen wird prozentual somit stärker ins Gewicht<br />
fallen, wo den Bereichen der Jugendsozialarbeit, insbesondere der Jugendberufshilfe, und<br />
der Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule besondere Bedeutung zukommen muss.<br />
Die Aussage, dass bei Kindern und Jugendlichen eine deutliche optimistischere<br />
Grundhaltung vorherrscht als im letzten <strong>Bericht</strong>szeitraum, ist nicht nachvollziehbar. Die<br />
Shell-Jugendstudie <strong>von</strong> 2006 besagt, dass im Vergleich zu 2004 und weiter zurückliegenden<br />
<strong>Bericht</strong>szeiträumen die Zukunftsaussichten für die persönliche Zukunft ebenso wie für die<br />
Zukunft der Gesellschaft pessimistischer geworden sind. Zwar hat die Zahl derjenigen nicht<br />
zugenommen, die die Zukunft düsterer sehen, doch steigt die Anzahl an Personen, die sich<br />
unsicher sind. Bemerkenswert ist hier, dass (ähnlich wie bei den Abwanderungszahlen) die<br />
Frauen, die höher Gebildeten bzw. die Oberschicht hervortreten. Diese Gruppen reagieren<br />
besonders stark auf die Veränderungen in der Gesellschaft.<br />
Diese <strong>Bericht</strong>saussage in Verbindung mit den Aussagen unter Punkt II.A.1.2.<br />
„Jugendhilfestrukturen und Jugendhilfeplanung in den Kreisen und kreisfreien Städten“<br />
geben hierauf bereits Antworten.<br />
Zitat:<br />
„Wenn Kinder- und Jugendhilfe Erfolg haben soll, muss sie unmittelbar vor Ort ausreichend<br />
ausgestattet sein, um bedarfsgerecht agieren und reagieren zu können. Jugendhilfe vor Ort<br />
ist abhängig <strong>von</strong> der Prioritätensetzung der Kommunalpolitik. Kinder- und Jugendhilfe in<br />
Städten und Gemeinden kann bürgernah und offensiv nur gelingen, wenn Mittel und<br />
Möglichkeiten bereitgestellt werden, die die Jugendämter befähigen, über ihre gesetzlich<br />
bestimmten Aufgaben hinaus ein Arbeitsprofil zu entwickeln, das geprägt ist <strong>von</strong> Kreativität<br />
bei der Lösung der anstehenden Aufgaben“<br />
(Seite 23, Punkt 1.2. „Jugendhilfestrukturen und Jugendhilfeplanung in den Kreisen und<br />
kreisfreien Städten“).<br />
Nimmt man die weiteren <strong>Bericht</strong>sausführungen ernsthaft zur Kenntnis, kann das Land<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> nur ein Ziel verfolgen:<br />
Die Sicherstellung qualitativ hochwertiger Landes und kommunaler Sozial-, Schul-<br />
und Jugendhilfeplanung, die die Bedarfe, Interessen und Wünsche der Bürgerinnen<br />
und Bürger erfasst, darstellt und diese kontinuierlich fortschreibt, veröffentlicht und<br />
die Grundlage ihrer Haushaltsplanungen sind.<br />
6
3. Erwerbsarbeit, Einkommen und Armut<br />
Es wird festgestellt, dass sich die wirtschaftliche und soziale Situation <strong>von</strong> Familien im Land<br />
verbessert hat, dank der positiven Arbeitsmarktsituation. Dennoch und Bezug nehmend auf<br />
den 2. Armuts- und Reichtumsbericht wird auf Seite 16 eine Armutsgefährdungsquote<br />
ausgewiesen <strong>von</strong>:<br />
- insgesamt 14%<br />
- für unter 15-jährige 17%<br />
- für über 65-jährige 3%<br />
- für alleinerziehende bei 32% und<br />
- für Familien mit Kindern, in denen keiner der Elternteile arbeitet, 49%.<br />
In Bezug auf Daten der Bundesagentur für Arbeit und der hohen Zahl der unter 15-Jährige<br />
(32,6%) und die betroffene Aussage, das diese betroffenen Kinder ein „zentrales<br />
Zukunftsrisiko für das Land“ darstellen, muss auch den letzten „Entscheider“ zum Handeln<br />
auffordern bzw. zwingen.<br />
Bezug nehmend auf den o.g. Punkt I. Zur Lage junger Menschen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
gemachten Aussagen über eine Minderheit <strong>von</strong> Jugendlichen, die nicht <strong>von</strong> den positiven<br />
Veränderungen profitieren, kann doch spätestens nach diesen Zahlen keine Rede mehr sein!<br />
Die Forderung, „Sorge zu tragen, dass die Familien für ihre Kinder zur Verfügung stehende<br />
Mittel auch bei ihnen ankommen bzw. für sie eingesetzt werden“ (Seite 17) unterstützt der<br />
LJHA.<br />
Volle Unterstützung findet auch die Forderung nach Einführung <strong>von</strong> Mindestlöhnen, da 5%<br />
der Vollzeitbeschäftigten als armutsgefährdet gelten sowie das aktive Einbringen der<br />
Landesregierung auf Bundesebene in die Diskussion der Neuberechnung der Regelsätze.<br />
Hier wird empfohlen:<br />
- einen eigenen Regelsatz für Kinder einzuführen mit Anpassung an den notwendigen<br />
Bedarfe<br />
- die Erweiterung der Altersgruppen bei dem Regelsatz ( 0-6; 7-13;14-17;18-24<br />
Jahren)<br />
- die Berücksichtigung einer bedarfsgerechten Berechnung der Kosten für Bildung<br />
(Lernmittelfreiheit, Schulmittelbedarfsdeckung, Schulausflüge, Kosten für Vereine, ....)<br />
- bedarfsgerechte Berechnung der Kosten für Gesundheit und Ernährung<br />
Die Erhöhung des Kindergeldes und die Senkung der Arbeitslosenversicherung finden<br />
Zustimmung.<br />
4. Bildung, Ausbildung, Beruf<br />
Wie im <strong>Bericht</strong> beschrieben, kommt es spätestens ab 2009 zu einer quantitativen Entlastung<br />
auf dem Ausbildungsmarkt. Hier möchte der LJHA noch einmal darauf hinweisen, dass die<br />
Abwanderung vor allem hoch gebildete bzw. qualifizierte Jugendliche betrifft. Die qualitative<br />
Entlastung wird es demnach vermutlich nicht geben. Unternehmen werden weiterhin<br />
vergeblich geeignete Jugendliche für ihre Lehrstelle suchen. Außerdem geht aus den positiv<br />
anmutenden Zahlen nicht hervor, wie viele junge Menschen ihre Lehrstelle abbrechen bzw.<br />
dann abbrechen werden, inwieweit sich Schulabbrecher(innen) auf die Halbierung der<br />
Sekundarschulabgänger(innen)-Zahl auswirkt, noch auf Zahlen, was die Hauptschule<br />
angeht. Hier könnte der Eindruck entstehen, als läge der Fokus auf denjenigen, <strong>von</strong> denen<br />
noch am ehesten eine Ausbildung bzw. weitere Bildungskarriere zu erwarten ist. Die Kinder-<br />
und Jugendhilfe hat jedoch alle Kinder und Jugendlichen im Blick und benötigt auch hier<br />
Datenmaterial, denn diese Zielgruppe wird nicht nur prozentual in den kommenden Jahren<br />
ansteigen und Bereiche der Kinder- und Jugendhilfe bzw. Kinder- und Jugendpolitik in<br />
Anspruch nehmen müssen.<br />
An dieser Stelle sei noch einmal auf die Notwendigkeit einer Koordinierungsstelle<br />
Jugendberufshilfe hingewiesen.<br />
7
Vorschulische / frühe / frühkindliche Bildung ist oft ein kostenpflichtiges Angebot. Das steht in<br />
direktem Gegensatz zur Diskussion um den Zusammenhang zwischen Armut und<br />
Bildungskarrieren bzw. zu den Bedürftigen der frühen Bildung außerhalb des Elternhauses.<br />
Hier sei außerdem noch einmal auf die PISA-Studie und den Vergleich mit PISA-Sieger<br />
Finnland hingewiesen, wo frühkindliche Bildung durch hohe Bildung der dafür<br />
Verantwortlichen sichergestellt wird. In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> besteht in diesem Bereich in der<br />
Grundausbildung noch großer Handlungsbedarf. Für die Weiterbildung wurden bereits<br />
begrüßungswerte Angebote geschaffen.<br />
Die auf Seite 17 im ersten Abschnitt getätigte Aussage „Bildung ist in unserem Land die<br />
gesellschaftliche und individuelle Ressource. Von der Bildung der jungen Menschen hängen<br />
ihre Zukunft, ihre Chancen auf Arbeit, auf Selbstverwirklichung und Partizipation ebenso<br />
maßgeblich ab, wie auch die Zukunft des Landes“ muss Leitsatz für Politik und Gesellschaft<br />
werden bzw. sein.<br />
Bildung allein als Allheilmittel für Armut zu sehen, greift zu kurz. Eine bessere (Aus-) Bildung<br />
erhöht die Konkurrenz eines Heranwachsenden auf dem Arbeitsmarkt, ohne<br />
Erwerbslosigkeit und (Kinder-)Armut als gesellschaftliche Phänomene zu beseitigen. Hierfür<br />
bedarf es einer Umverteilung <strong>von</strong> Arbeit, Einkommen und Vermögen.<br />
5. Die Wohnsituation <strong>von</strong> Familien und jungen Menschen<br />
<strong>Der</strong> Zusammenhang zwischen höherer Mortalität bzw. Bewegungsmangel und<br />
preisgünstigeren Wohnungen ist sicherlich vorhanden, doch ist der gesamte Absatz zu<br />
pauschal, geht nur auf vereinzelte Aspekte ein und wirkt insgesamt aus dem<br />
Zusammenhang gerissen und zusammengefügt.<br />
6. Gesundheitliche Situation<br />
<strong>Der</strong> Abschnitt „Gesundheitliche Situation“ ist in der Form unzureichend. <strong>Der</strong> gesamte<br />
Abschnitt bezieht sich auf Säuglinge und Kinder bis zum Einschulungsalter. <strong>Der</strong> Kinder- und<br />
Jugendbericht sollte jedoch Daten bis zu einem Alter <strong>von</strong> 27 Jahren enthalten. Hinzu kommt,<br />
dass fast der gesamte Abschnitt nur auf die Zahlen und Daten vor dem <strong>Bericht</strong>szeitraum<br />
eingeht, entsprechende Analysen für die letzten Jahre, die diesem <strong>Bericht</strong> zugrunde liegen<br />
sollten, fehlen. Für eine Analyse bzw. eine weitere Planung, besonders in der Kinder- und<br />
Jugendhilfe, sind Daten und Auswertungen für Kinder und Jugendliche bis zum Alter <strong>von</strong> 27<br />
notwendig.<br />
8
II. Kinder- und Jugendhilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
A Bestandsaufnahme, Analyse und Weiterentwicklung der Arbeitsfelder der<br />
Jugendhilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Während in der Überschrift <strong>von</strong> der Jugendhilfe die Rede ist (fehlend sei hier auch der<br />
Zusatz „Kinder-“ und erwähnt), erscheint sie im Text nicht mehr. Stattdessen wird auf den<br />
demografischen Wandel und vor allem auf die Entwicklung der Schulen eingegangen. Hier<br />
muss eine Analyse zur Kinder- und Jugendhilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> erfolgen, da dies – wie<br />
schon in vorhergehenden Abschnitten – die Grundlage für die weitere Planung bildet.<br />
In den Abschnitten über Bestandsaufnahme, Analyse und Weiterentwicklung der<br />
Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendhilfe, in denen auf die Bevölkerungsprognosen und den<br />
schulischen Bereich eingegangen wird, wird vom Rückgang der Anzahl an Kindern und<br />
Jugendlichen im Alter <strong>von</strong> 0-3, 3-6 und 13-19 eingegangen. Das Unterschlagen der<br />
steigenden Zahl der Kinder zwischen 7 und 14 Jahren ist hier als dramatisch anzusehen.<br />
Hier könnte die Vermutung entstehen, die erwähnten Zahlen für die Argumentation der<br />
weiteren Finanzierung der Jugendhilfe zu verwenden. Außerdem wird nicht auf die Zahl der<br />
Jugendlichen über 20 Jahren eingegangen. Hier fordert der LJHA die richtige Verwendung<br />
der für die Kinder- und Jugendhilfe relevanten Zahlen und den Verzicht auf Analysen der<br />
Schullandschaft, was sehr wichtig, jedoch in einem anderen Bereich des <strong>Bericht</strong>es<br />
vorgesehen ist.<br />
1.1 Überörtlicher Träger der Jugendhilfe<br />
Hier ist wiederum nur die Theorie beschrieben bzw. die Aufgaben, die der LJHA hat.<br />
Interessant wären hier jedoch unter dem Aspekt der Bestandsaufnahme und Analyse Daten<br />
zum LJHA LSA aufzuzeigen bzw. die Beschlüsse der letzten Jahre und deren Umsetzung<br />
darzustellen.<br />
1.2 Jugendhilfestrukturen und Jugendhilfeplanung in den Kreisen und kreisfreien<br />
Städten<br />
Zu dem tatsächlichen Stand der Jugendhilfeplanung in den kreisfreien Städten und<br />
Landkreisen wird leider in diesem Abschnitt keinerlei Aussage getroffen. Die gemachten<br />
Ausführungen sind lediglich systematischer und theoretischer Natur. Aus dem Teilbericht der<br />
Jugendhilfeplanung des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> zum Thema Jugendberufshilfe geht jedoch<br />
z.B. hervor, dass eine aktuelle Jugendhilfeplanung in dem Bereich der Jugendsozialarbeit<br />
bzw. der Jugendberufshilfe nicht überall vorliegt. Neben der fehlenden Analyse des Ist-<br />
Standes, fehlen demnach Strategien, wie das Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> hier seine<br />
Steuerungsfunktion wahrnehmen kann, ohne die Selbstverwaltung der Kommunen zu<br />
untergraben.<br />
Die Angliederung anderer Aufgabengebiete (z.B. Sozialplanung und<br />
Schulentwicklungsplanung) an die Jugendhilfeplanung in den Stadt-/ Kreisjugendämtern ist<br />
vom Ansatz und der Zielsetzung begrüßenswert, birgt jedoch die Gefahr der Vermischung<br />
unterschiedlicher Aufgaben und damit die Gefahr, dass der Jugendhilfeplanung nicht mehr<br />
die im § 80 KJHG gesetzlich festgelegte Bedeutung zukommt, sondern im Verlauf der<br />
Verwaltungskostensenkung Personal eingespart werden soll. Eine enge Kooperation mit<br />
anderen Planungsbereichen erachten wir als sehr sinnvoll, eine Angliederung jedoch<br />
aufgrund o.g. Gefahr als nicht erstrebenswert.<br />
9
2. Partizipation junger Menschen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
<strong>Der</strong> gesamte kurze Text gibt lediglich die Theorie bzw. die gesetzlichen Vorgaben wieder,<br />
welche sicherlich für eine Einleitung sinnvoll sein könnten, jedoch keineswegs ausreichend<br />
unter der Überschrift „Bestandsaufnahme, Analyse und Weiterentwicklung der Arbeitsfelder<br />
der Jugendhilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>“. Hier fehlen Aussagen über die praktische Umsetzung.<br />
Weiterhin ist die Terminologie der Überschriften nicht richtig. Wenn die drei genannten<br />
Bereiche so eingeteilt werden sollen, dann müsste Punkt 2.1 „Partizipation in der<br />
Jugendarbeit“ heißen. Die Tageseinrichtungen unter Punkt 2.2 würden sonst thematisch in<br />
die Jugendhilfe hineingehören.<br />
Betrachtet man die Aufzählungen, muss festgestellt werden, dass Partizipation gerade in der<br />
Verbandsarbeit ein elementares Prinzip ist. In den Kinder- und Jugendringen sowie Kinder-<br />
und Jugendverbänden „passiert“ der größte Teil möglicher Partizipation mit den ihr eigenen<br />
Mitteln und Methoden. Die gesamte Arbeit ist auf partizipativen Strukturen aufgebaut. Allein<br />
die Existenz der Jugendverbände bestätigt die Existenz der Partizipation.<br />
Die Aussage, dass das Interesse Jugendlicher an politischen Strukturen in den letzten<br />
Jahren gesunken ist, entspricht den Angaben der Shell-Jugendstudie 2006 und ist ein seit<br />
Jahren laufender Prozess. Das Interesse an Politik jedoch ist <strong>von</strong> 34% auf 39% gestiegen<br />
(S.105). Wie schon an anderen Stellen ausgeführt, ist für eine Bestandsanalyse eine<br />
saubere Recherche der Daten notwendig, da auch hier eine veränderte Voraussetzung zu<br />
anderen Strategien führen muss. Die Kinder- und Jugendhilfe, insbesondere die<br />
Jugendverbandsarbeit, bietet Kindern und Jugendlichen, die meist ersten<br />
Partizipationsmöglichkeiten ihres Lebens. Hier lernen sie, Verantwortung zu übernehmen,<br />
mitzubestimmen und auch Funktionen zu übernehmen. Neben der Notwendigkeit, neue<br />
Beteiligungsformen zu suchen, um das politische Interesse Jugendlicher auf andere Art und<br />
Weise nutzen zu können, ist eine Sicherung der herkömmlichen Strukturen notwendig.<br />
2.1 Partizipation in der Jugendhilfe<br />
<strong>Der</strong> Bereich Mediation/ Streitschlichter(innen) gehört ebenfalls in den Bereich<br />
demokratisches Handeln. Hinterfragen sollte man an dieser Stelle jedoch das<br />
flächendeckende Angebot und wie sich die Mediator(inn)en nach Streichung der<br />
Schulsozialarbeiter(innen)-Stellen weiterbilden konnten.<br />
2.3 Partizipation in den Schulen<br />
Schulen sind nicht Bestandteil der Jugendhilfe, weshalb dieser wichtige Abschnitt an anderer<br />
Stelle besser verankert werden sollte. Im <strong>Bericht</strong> tauchen immer wieder Zahlen zum Thema<br />
Schule in der Jugendhilfe auf. Zwar gibt es eine Kooperationsvereinbarung zwischen<br />
Jugendhilfe und Schule und das ESF Programm im Bereich Schulsozialarbeit, doch ist der<br />
Bereich Schule nicht Bestandteil der Kinder- und Jugendhilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> und wird<br />
anders gefördert. Eine Trennung in Bezug auf Bestandsanalyse und Handlungsstrategien ist<br />
deshalb unerlässlich.<br />
10
3.1.2 Unterstützung <strong>von</strong> örtlichen Angeboten der Jugendhilfe (Fachkräfteprogramm)<br />
Das Fachkräfteprogramm ist ein Förderprogramm des Landes. Zur Unterstützung <strong>von</strong><br />
örtlichen Angeboten der Jugendhilfe gehört auch die Jugendpauschale des Landes. Diese<br />
sollte ebenfalls im Kinder- und Jugendbericht erwähnt werden.<br />
Im Jahr 2008 wurde in einigen Landkreisen aufgrund der prekären Situation der Haushalte<br />
zum vorläufigen Ausgleich der Kosten das Fachkräfteprogramm durch die Jugendpauschale<br />
gegenfinanziert. Diese Information wurde auch im LJHA am 9.7.2008 diskutiert. Das<br />
bedeutete, dass Mitte des Jahres noch nicht klar war, wie viel Geld den Kommunen bzw.<br />
dadurch auch den freien Trägern für die Kinder- und Jugendhilfe bzw. die Kinder- und<br />
Jugendarbeit zur Verfügung stehen würde. Eine vernünftige Arbeit ist so nicht möglich,<br />
Planungen können nicht getroffen werden. Hier besteht ein großer und vor allem dringender<br />
Handlungsbedarf mit der Einführung neuer Finanzierungswege bzw. neuer Instrumentarien,<br />
wie durch eine angemessene, langfristige und verlässliche Finanzierung eine pädagogische<br />
Arbeit erst ermöglicht werden kann.<br />
3.2 Förderung der Ehrenamtlichkeit in der Jugendhilfe<br />
Die ehrenamtlich aktiven Jugendleiter(innen) können unter bestimmten Voraussetzungen<br />
und mit dem entsprechenden Nachweis durch den Träger, bei dem sie aktiv sind, einen<br />
Bildungsgutschein im Wert <strong>von</strong> 30 Euro erhalten. Das Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> will damit das<br />
Ehrenamt der Jugendleiter(innen) würdigen. Leider wird das Angebot nicht in der Form<br />
angenommen, wie ursprünglich vorgesehen. Hier muss zeitnah ein geeignetes Instrument<br />
gefunden werden, welches ehrenamtliches Engagement wirklich würdigt.<br />
Die Vergünstigungen für die JuLeiCa-Inhaber(innen) beziehen sich leider nicht auf öffentliche<br />
Verkehrsmittel und Sport- und Kulturveranstaltungen. Es sind kleinere Geschäfte vor allem<br />
im Harz, welche sich dank des Engagements einer Mitarbeiterin des Kreiskinder- und<br />
Jugendring Wernigerode bereit erklärt haben, einen Nachlass auf Produkte zu geben.<br />
Jährlich werden in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ca. 1200 Cards ausgegeben. Die gesamte Abwicklung<br />
erfolgt durch die Servicestelle JuLeiCa, welche beim Kinder- und Jugendring <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
e.V. angesiedelt ist.<br />
3.5 Außerschulische Jugendbildungsarbeit<br />
In diesem Kapitel wird auf Quellen verwiesen, die zum Zeitpunkt dieser Stellungnahme leider<br />
nicht vorlagen. Im Text werden diese Übersichten nicht kommentiert. Hier besteht noch<br />
Bedarf.<br />
Die Senkung um 1 VbE <strong>von</strong> 2005 auf 2006 und die Senkung um 0,3 VbE ein Jahr später<br />
wird nicht begründet, sollte jedoch an dieser Stelle nachgeholt werden. Ebenfalls werden<br />
nicht die Arbeit, die Finanzierung und vor allem die Probleme analysiert. Es fehlen<br />
Ausführungen zur Eingruppierung der hochschulgebildeten Fachkräfte bzw. zu den<br />
Verfahrensgrundsätzen im Bereich Jugendbildung. Ein Überarbeitungsbedarf der<br />
Verfahrensgrundsätze zeichnete sich 2006 ab. <strong>Der</strong> Landesrechnungshof äußerte bezüglich<br />
Passagen der Richtlinien Bedenken und drängte auf eine schnelle Überarbeitung. Hinzu<br />
kam, aufgrund <strong>von</strong> veränderten Rahmenbedingungen (fachliche und inhaltliche<br />
Ergänzungen, Personal- und Sachkostensteigerungen), dass auch aus Sicht des LJHA die<br />
Richtlinien der Realität angepasst werden müssten. Da es noch immer keine neuen<br />
Richtlinien gibt, bestehen hier Unsicherheiten auf Seiten der Verbände. <strong>Der</strong> LJHA erwartet,<br />
dass die Richtlinien schnellstmöglich umgesetzt werden.<br />
<strong>Der</strong> LJHA weist darauf hin, dass es neben den vier anerkannten Jugendbildungsstätten noch<br />
die ortsungebundene Jugendbildungsstätte des EKJB gibt, die auch mit Landesmitteln<br />
gefördert wird.<br />
11
3.7 Internationale Jugendarbeit<br />
Auf diesen Seiten wird die Arbeit des Projektbüros „EXCHANgE“ in allen Einzelheiten<br />
aufgeführt. Dies ist eine Selbstdarstellung, die nicht in diesen <strong>Bericht</strong> gehört. In der<br />
Einleitung steht geschrieben, dass der <strong>Bericht</strong> einen kurz gefassten Gesamtüberblick geben<br />
soll und keine (Spezial)Themen näher beleuchtet. Hier sollte der Text zusammengefasst<br />
werden, da sonst eine Darstellung aller Kinder- und Jugendverbände und Projekte im <strong>Bericht</strong><br />
notwendig würde. Viele Kinder- und Jugendverbände beschäftigen sich mit internationaler<br />
Jugendarbeit und beteiligen u.U. mehr Kinder und Jugendliche in ihren Angeboten. Diese<br />
sollten Erwähnung finden bzw. fehlt hier wieder eine Analyse der vorliegenden Daten, denn<br />
nur daraus können sich Handlungsempfehlungen ableiten lassen.<br />
Die Aussage, dass die Arbeitgruppe bzw. das Projektbüro EXCHANgE durch das<br />
Landesjugendamt in den kommenden Jahren fachlich begleitet und finanziell gefördert wird,<br />
ist begrüßenswert und wünschenswert für die gesamte Kinder- und Jugendhilfe, steht jedoch<br />
im Gegensatz zu den sonstigen Aussagen zu Verbänden/ Projekten und dergleichen. <strong>Der</strong><br />
Kinder- und Jugendbericht hat die Aufgabe, Vorschläge für die Weiterentwicklung der<br />
Kinder- und Jugendhilfe zu geben, nicht verbindliche Aussagen zu treffen.<br />
<strong>Der</strong> LJHA erwartet, dass diese Vorgehensweise auch an dieser Stelle eingehalten wird.<br />
3.8. Geschlechtsbezogene Angebote in der Jugendarbeit<br />
Grundsätzlich möchten wir anmerken, dass ein geschlechtersensibler Blick auf die<br />
Lebenslagen <strong>von</strong> Mädchen und Jungen in unserem Bundesland Auswirkungen auf die<br />
Angebotsgestaltung der Jugendhilfe haben muss. Geschlechtergerechtigkeit ist kein<br />
Spezialthema, sondern spätestens seit der Festschreibung des Gender Mainstreaming in<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> Querschnittsaufgabe. Dies lässt sich im vorliegenden <strong>Bericht</strong> der<br />
Landesregierung nicht erkennen.<br />
In Kapitel 3.8. wird die Veränderung der Jugendarbeit seit der Verankerung des<br />
Qualitätskriteriums „Gender Mainstreaming“ im Jahr 2004 beschrieben. Benannt wird ein<br />
Anstieg geschlechtsbezogener Maßnahmen <strong>von</strong> 21 auf 53. Nicht betrachtet wird die<br />
Verteilung dieser Maßnahmen auf die einzelnen landesweit tätigen Jugendhilfeträger und die<br />
mit den Maßnahmen konkret erreichte Zielgruppe sowie Ausrichtung (Maßnahmen für<br />
Mädchen, für Jungen oder im koedukativen Rahmen). Hier sind differenzierende<br />
Beschreibungen nötig, um über die Qualität der geschlechtsbezogenen Arbeit bei<br />
Jugendhilfeträgern Aussagen treffen zu können. Darüber hinaus wird in diesem Kapitel<br />
vorrangig die Arbeit des KgKJH beschrieben. Das ehrt diese, schränkt den Blick auf die<br />
vorhandenen Bemühungen anderer Träger allerdings stark ein. Grundsätzlich bleibt<br />
anzumerken, dass die Strategie des Gender Mainstreaming über die Jugendarbeit hinaus in<br />
allen Bereichen der Jugendhilfe verankert sein muss. Daher wirkt auch das KgKJH über den<br />
Bereich der Jugendarbeit hinaus.<br />
Unter dem Kapitel 6.4.2 wird die Beratungsstelle „ Pro Mann“ betrachtet, darüber hinaus<br />
werden unter 6.4.3. „Prävention häuslicher Gewalt“ in zwei Untertiteln Mädchen mit<br />
Behinderungen und Mädchen mit Migrationshintergrund explizit erwähnt. Auch hier ist<br />
anzufügen, dass Mädchen und Frauen mit Behinderungen oder Migrationshintergrund in<br />
allen Bereichen der Jugendhilfe mitbedacht werden müssen. Eine Eingruppierung im<br />
Themenfeld „Gewalt“ ist zu eng.<br />
Abschließend stellt der LJHA fest, das dieser Entwurf des Kinder- und Jugendberichts 2008<br />
zeigt, dass eine nachhaltige und dauerhafte Verankerung des Gender Mainstreaming im<br />
Bereich der Kinder- und Jugendhilfe <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s bisher nicht gelungen ist.<br />
12
3.9 Jugendfreiwilligendienste als Möglichkeit der Orientierung und Qualifizierung<br />
junger Menschen<br />
Das FSJ Politik kann neben den Sozial- und kirchlichen Verbänden und der Jugendpresse<br />
auch in den anderen Verbänden und Kinder- und Jugendringen abgeleistet werden.<br />
3.10 Jugend im ländlichen Raum<br />
Wenn auf den Kinder- und Jugendbericht <strong>von</strong> 2004 verwiesen wird, dann sollte dies nicht<br />
fehlerhaft geschehen. In jenem <strong>Bericht</strong> wurde der Landjugendverband nicht – wie im <strong>Bericht</strong><br />
2008 beschrieben – als alleiniger Anbieter <strong>von</strong> Kinder- und Jugendarbeit erwähnt.<br />
Positiv hervorzuheben ist, dass 2008 die Feuerwehren, die Verbände und Vereine im<br />
sportlichen Bereich und die konfessionellen Verbände die eigentlichen und oft einzigen<br />
Anbieter der Kinder- und Jugendarbeit im ländlichen Bereich sind.<br />
<strong>Der</strong> Landjugendverband leistet wichtige und sehr gute Arbeit. Die detaillierte Beschreibung<br />
jedoch steht nicht im Verhältnis zur Beschreibung anderer Verbände.<br />
Wichtig ist hier noch einmal darauf hinzuweisen, dass die o.g. und einige weitere Verbände<br />
wichtige Arbeit im ländlichen Bereich machen. In vielen Orten sind die Feuerwehren oder<br />
Sportvereine die einzigen Orte, an denen sich Kinder und Jugendlichen (pädagogisch<br />
betreut) bewegen können, abgesehen <strong>von</strong> Bushaltestellen und (wenn noch vorhanden)<br />
Kinderspielplätzen.<br />
Die Diskussion um die Auswirkungen des gesellschaftlichen Wandels auf die herkömmlichen<br />
Strukturen der Jugendarbeit führen immer wieder zu Aussagen über kurzfristigere<br />
Projektarbeit, die der langfristig angelegten Bindung an einen Verband mittel- und langfristig<br />
ersetzen wird. Einerseits ist ein Umdenken notwendig, um auf die Veränderungen<br />
einzugehen und „mit der Zeit mitgehend“ schnelllebige, kurzfristige, moderne Angebote<br />
vorzuhalten. Für Kinder und Jugendliche ist jedoch ebenso das Vorhandensein langfristiger<br />
Ansprechpartner(innen) notwendig.<br />
Wenn über Haltefaktoren gesprochen wird, wird oftmals das soziale Netzwerk genannt<br />
neben der Rückkehr zum „Bekannten“. Als wichtiger Entscheidungsfaktor für<br />
Existenzgründungen wird ebenso der „bekannte Ort“ angegeben. <strong>Der</strong> Jugendverband, der<br />
die Kinder und Jugendlichen einen Teil ihres Lebens begleitet hat, ist dabei kein<br />
unwesentlicher Bestandteil und ebenso ein weicher Standortfaktor, den es zu fördern und zu<br />
erhalten gilt.<br />
Die o.g. Verbände halten oft sowohl örtliche sowie landesweit tätige Strukturen vor. Die<br />
örtlichen Strukturen haben den direkten Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen. Die<br />
Landesverbände sind jedoch notwendig, überregionale Angebote vorzuhalten, die sich viele<br />
kleine örtliche Träger nicht leisten können bzw. dafür nicht genügend Teilnehmer(innen)<br />
finden würden, die Landesverbände können die örtlichen Träger in ihrer pädagogischen<br />
Arbeit unterstützen (oft arbeiten die örtlichen Fachkräfte und Jugendleiter(innen)<br />
ehrenamtlich) und sie können weiterbilden und auf politische Veränderungen aufmerksam<br />
machen. Es ist nicht möglich, alles zu nennen, was sowohl die Unterstützung der örtlichen<br />
Strukturen als auch der landesweiten notwendig macht.<br />
Die Jugendpfleger(innen)-Tagung ist nicht nur informativ, sondern auch im Bereich<br />
Erfahrungsaustausch und Netzwerk-Aufbau eine erfolgreiche Initiative. Das im <strong>Bericht</strong><br />
aufgeführte Thema „<strong>Der</strong> demografische Wandel in (ostdeutschen) ländlichen Regionen –<br />
eine Herausforderung für die Jugendarbeit“ wird nur durch Unterpunkte ergänzt. Die<br />
Ergebnisse der Tagung bzw. sich daraus ableitende Strategien sind auch hier wieder<br />
notwendig, da besonders dieses Thema in allen Bereichen diskutiert wird.<br />
13
4. Jugendsozialarbeit<br />
Um den Ansprüchen an die Jugendsozialarbeit gerecht zu werden, steht die Jugendhilfe vor<br />
einer riesigen Herausforderung.<br />
Das Ziel besteht darin, sozial benachteiligten bzw. individuell beeinträchtigten jungen<br />
Menschen bei der Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sowie in die Gesellschaft<br />
allgemein Hilfestellung zu geben.<br />
Hier ist selbstverständlich nicht nur das Land und in engerem Sinne die Jugendhilfe in der<br />
Pflicht. Die Situationsanalyse zur Jugendberufshilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> spricht in diesem<br />
Zusammenhang richtigerweise <strong>von</strong> vielen Leistungsträgern.<br />
Dennoch kommt der Jugendhilfe eine ganz besondere Verantwortung zu.<br />
Vor dem Hintergrund der Einführung der Hartz-IV-Gesetzgebung beschloss die<br />
Jugendministerkonferenz am 12./ 13. Mai 2005 unter anderem:<br />
„Die Jugendministerkonferenz hält eine stärkere Profilierung der arbeitsweltbezogenen<br />
Jugendsozialarbeit für erforderlich. Dies wird auch eine teilweise Neukonzipierung bisheriger<br />
Angebote nach sich ziehen. Die Jugendministerkonferenz spricht sich dafür aus, dass die<br />
überörtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe diesen Prozess anregen und fachlich<br />
begleiten“.<br />
Weiter heißt es:<br />
„Die Jugendministerkonferenz weist darauf hin, dass gerade junge Menschen mit erhöhtem<br />
Betreuungsbedarf oft erst dazu befähigt werden müssen, ihre Interessen im Rahmen der<br />
Integrationsplanung/ Eingliederungsvereinbarung zu vertreten und ihren<br />
Unterstützungsbedarf zu formulieren. (…) Die Jugendministerkonferenz sieht hier eine neue<br />
Herausforderung für die Jugendhilfe, sowohl in Bezug auf ihren Bildungsauftrag als auch auf<br />
ihre beratende und begleitende Funktion“.<br />
Im Gegensatz zu allen anderen Leistungsverpflichteten ist Jugendhilfe Interessenvertreter<br />
junger Menschen. Leistungen der Jugendhilfe insbesondere für benachteiligte Kinder und<br />
Jugendliche setzen da an, wo andere längst nicht mehr zuständig sind oder sich nicht mehr<br />
zuständig fühlen.<br />
An diesem Anspruch muss sich der Bereich Jugendsozialarbeit des Kinder- und<br />
Jugendberichtes 2008 messen lassen.<br />
Zunächst ist festzustellen, dass die Landesregierung im Rahmen der Jugendsozialarbeit die<br />
richtigen Schwerpunkte setzt.<br />
Sie unterstützt<br />
- die mobile Jugendarbeit<br />
- die Schulsozialarbeit sowie<br />
- Projekte zur Unterstützung der beruflichen Eingliederung <strong>von</strong><br />
Jugendlichen mit besonders gravierenden sozialen Problemen.<br />
Ebenfalls richtig ist die Feststellung, dass sich der überörtliche Träger vor dem Hintergrund<br />
der kommunalen Zuständigkeit auf die Förderung überregionaler Angebote sowie die<br />
Erprobung neuer Handlungsansätze konzentrieren muss.<br />
Das eingesetzte Haushaltsvolumen ist hingegen wenig aussagekräftig, da es nicht ins<br />
Verhältnis zu den Gesamtausgaben der Jugendhilfe oder zu anderen Bereichen der<br />
Jugendhilfe gesetzt wird. In diesem Zusammenhang ist auch die Frage berechtigt, ob<br />
insbesondere der mobilen Jugendarbeit mehr Bedeutung beizumessen ist.<br />
14
Sehr ausführlich wird im <strong>Bericht</strong> auf die „Jugendsozialarbeit an Schulen“ eingegangen. Es<br />
wird festgestellt, dass nach dem Auslaufen des Förderprogramms Schulsozialarbeit im Jahre<br />
2003 Zuweisungen der Jugendpauschale und des Fachkräfteprogramms an die Kommunen<br />
auch für Projekte der Schulsozialarbeit eingesetzt werden. Das ist zwar richtig, aber<br />
angesichts dessen, was bis 2003 möglich war, nur ein Tropfen auf den heißen Stein.<br />
Von 191 in den Jahren 2005/ 06 über das Fachkräfteprogramm geförderte Stellen entfielen<br />
41 auf Fachkräfte der Jugendsozialarbeit, da<strong>von</strong> maximal 6 auf Projekte der<br />
Schulsozialarbeit. Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Finanzierung <strong>von</strong> 6<br />
Schulsozialpädagogen aus dem Fachkräfteprogramm eine Erweiterung des<br />
Aufgabenspektrums ist, welches so im Fachkräfteprogramm nicht vorgesehen ist und zu<br />
Lasten anderer Bereiche geht.<br />
Spezifische Daten zur zweckgebundenen Verwendung der Mittel der Jugendpauschale<br />
liegen dem Jugendamt leider nicht vor (vgl. Situationsanalyse zur Jugendberufshilfe in<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>, Pkt. 5.2 ).<br />
Aus diesem insgesamt sehr unbefriedigenden Zustand zog die Landesregierung die richtige<br />
Schlussfolgerung, indem sie im Koalitionsvertrag vom April 2006 das Auflegen eines<br />
qualifizierten Schulsozialarbeitsprogramms formulierte.<br />
Die Förderung <strong>von</strong> Netzwerkstellen, der Einsatz <strong>von</strong> 100 Schulsozialarbeitern vor Ort und die<br />
Entwicklung und Umsetzung bildungsbezogener Angebote sind Schritte in die richtige<br />
Richtung, die eine nachhaltig positive Wirkung erzielen werden.<br />
Auch die Implementierung eines kurzfristig greifenden „kleinen Programms“ für<br />
Brennpunktschulen für den Zeitraum 2007 – 2011 ist positiv zu bewerten.<br />
Nur sehr schwer nachzuvollziehen ist allerdings, dass mehr als 2 1/2 Jahre vergehen<br />
mussten, <strong>von</strong> der Willensbekundung in der Koalitionsvereinbarung bis zum voraussichtlichen<br />
Einsatz der ersten Schulsozialarbeiter im Rahmen des eigentlichen Programms. Dass es<br />
dann nicht wenigstens gelungen ist, die Umsetzung des Programms für den Beginn des<br />
Schuljahres zu organisieren, ist ein weiterer Wehrmutstropfen, zu dem leider im <strong>Bericht</strong><br />
keine Aussage getroffen wird. Insgesamt wird dem Bereich Schulsozialarbeit im Verhältnis<br />
zu den anderen aus § 13 KJHG erwachsenden Aufgaben zu viel Platz eingeräumt.<br />
Die Überschrift zu 4.3 ist fehlerhaft, sie sollte heißen: Kooperation <strong>von</strong> Kinder- und<br />
Jugendhilfe und Schule, die Inhalte sind: Fortbildung, Fachtagungen des KJR LSA und<br />
Handreichung. Am 14. Februar 2006 haben der Kinder- und Jugendring <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
e.V., das Ministerium für Gesundheit und Soziales und das Kultusministerium des Landes<br />
die Kooperationsvereinbarung zwischen Kinder- und Jugendhilfe und Schule unterzeichnet.<br />
Daraufhin hat sich eine interministerielle Arbeitsgruppe gebildet, um – wie im <strong>Bericht</strong><br />
beschrieben – das Aufgabenfeld weiter zu entwickeln. Entgegen der Aussagen des <strong>Bericht</strong>es<br />
werden in der AG keine Projekte entwickelt. Die AG erarbeitet eine Handreichung zur<br />
Unterstützung der örtlichen Arbeit. Weiterhin führt der Kinder- und Jugendring <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> e.V. alle 2 Jahre zu diesem Thema eine Fachveranstaltung durch. Die ersten<br />
Veranstaltungen fanden 2005 und 2007 statt. Daneben führte das Landesjugendamt 2007<br />
die bereits im <strong>Bericht</strong> genannten Veranstaltungen durch.<br />
Das Thema Jugendhilfe und Schule bezieht sich auf den ganzen Bereich der<br />
Jugendhilfe und ist damit Querschnittsthema. Es gehört nicht nur in den Bereich<br />
Jugendso-<br />
zialarbeit.<br />
Ein weiterer Teil des <strong>Bericht</strong>es widmet sich der Darstellung berufsorientierender Angebote.<br />
Den Schwerpunkt auf niederschwellige, zum Teil aufsuchende Arbeit zu legen, ist ein<br />
richtiger Weg. Er berücksichtigt, dass eben gerade da die Grenzen des SGB II und des SGB<br />
III liegen.<br />
15
Mit der Förderung niederschwelliger Angebote nimmt sich die Jugendhilfe der jungen<br />
Menschen an, die sich der ARGE verweigern, die nicht mitwirken und auf deren Verhalten<br />
die ARGEN nach augenblicklichem Stand nur mit Sanktionen reagieren können.<br />
Trotz dieses positiven Herangehens stellt sich natürlich die Frage, was wird aus solchen sehr<br />
positiven Projekten wie z.B. „Aktiv“, „Fit für Arbeit und Leben“ oder anderen?<br />
Werden sie durch die Kommune weitergeführt?<br />
Werden wenigstens Ansätze übernommen?<br />
Werden die Grundideen in anderen Kommunen angewandt?<br />
Dazu fehlen Aussagen leider vollkommen.<br />
Das Kapitel Jugendsozialarbeit des Kinder- und Jugendberichtes 2008 endet schließlich mit<br />
einem ganz wesentlichen Satz:<br />
Dort heißt es „hinsichtlich des Handlungsbedarfes im Leistungsbereich Jugendsozialarbeit/<br />
Jugendberufshilfe auf örtlicher und überörtlicher Ebene wird auf den<br />
<strong>Bericht</strong> zur überörtlichen Jugendhilfeplanung „Situationsanalyse zur<br />
Jugendberufshilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>“ – vom 21.11.07 verwiesen.“<br />
Damit erhält dieser <strong>Bericht</strong> eine ganz andere Wertigkeit. Er wird damit sozusagen<br />
Bestandteil des Kinder- und Jugendberichtes 2008.<br />
In dem er klar Handlungsbedarfe definiert, deckt er einerseits die Schwächen des<br />
eigentlichen <strong>Bericht</strong>es auf und weist Wege zu deren Beseitigung.<br />
Für den überörtlichen Träger der Jugendhilfe heißt das auch im Sinne der<br />
Jugendministerkonferenz aus dem Jahre 2005:<br />
-Einrichtung einer landesweit tätigen „Koordinierungsstelle Jugendberufshilfe“ gemäß<br />
dem Beschluss des LJHA vom 21.09.2005<br />
- Entwicklung eines abgestimmten Handlungskonzeptes zur beruflichen und sozialen<br />
Integration <strong>von</strong> benachteiligten jungen Menschen<br />
-Weiterführung der Projektförderung als Beitrag zur Profilierung der JSA und zur<br />
Unterstützung der Kommunen bei der Schaffung bedarfsorientierter Angebote<br />
-Durchführung einer Befragung der Jugendämter und freien Träger, der JSA zu allen<br />
Handlungsfeldern der Jugendsozialarbeit im Hinblick auf die Auswirkungen der<br />
Gebietsreform und Ableitung <strong>von</strong> Handlungsanforderungen für den überörtlichen Träger<br />
der JSA.<br />
Im Landesjugendhilfeausschuss wurden mindestens zwei Empfehlungen zur Schaffung einer<br />
Koordinierungsstelle Jugendberufshilfe verabschiedet, die nie wieder Erwähnung fanden in<br />
Planungsinstrumentarien der dafür Verantwortlichen. <strong>Der</strong> LJHA drängt noch einmal darauf,<br />
diese Empfehlung umzusetzen, da sich die Zielgruppe in den nächsten Jahren noch weiter<br />
vergrößern wird.<br />
5. Kinder- und Jugendschutz<br />
Im Punkt Kinder- und Jugendschutz wird ein umfassender und faktenorientierter Überblick<br />
über die gesetzlichen Regelungen und Aktivitäten in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> gegeben.<br />
Die Darstellung der einzelnen Bereiche des Kinder- und Jugendschutzes (Mediengebrauch,<br />
Misshandlung, Missbrauch und Vernachlässigung <strong>von</strong> Kindern, Suchtmittelgebrauch) zeigt<br />
die Komplexität der Aufgabe. Durch die Heranziehung der Zahlen und der Definitionen laut<br />
Gesetzestext werden auch die Schwierigkeiten bei der Umsetzung verdeutlicht.<br />
Ausführlich wird auf die Hilfsangebote und vielfältigen Initiativen zur praktischen Umsetzung<br />
des Kinder- und Jugendschutzes in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> eingegangen. Hierbei wird sichtbar,<br />
dass ausgehend <strong>von</strong> der zu erwartenden Vorgabe zum „Gesetz zur Verbesserung des<br />
Schutzes <strong>von</strong> Kindern und zur Förderung der frühkindlichen Bildung“ bis hin zur Realisierung<br />
vor Ort viele Hemmnisse zu überwinden sind bzw. alle beteiligten Partner und Träger<br />
öffentlicher Jugendhilfe zusammenarbeiten müssen.<br />
16
<strong>Der</strong> per Gesetz verpflichtende Aufbau so genannter „lokaler Netzwerke Kinder- und<br />
Jugendschutz“ ist eine entscheidende Maßnahme zur Prävention <strong>von</strong> Risiken für Kinder<br />
sowie für ein abgestimmtes Handeln vor Ort.<br />
Es werden aus diesem Gesetz Unterstützungen für Kindertageseinrichtungen (zusätzliche<br />
Stundenkontingente, Ausgleich <strong>von</strong> Personalaufwand für Sprachstandserhebung und -<br />
förderung) in Aussicht gestellt. Hier bleibt die praktische Umsetzbarkeit bei dem bereits<br />
bekannten angespannten Personalbestand abzuwarten.<br />
An dieser Stelle u. a. wäre eine kritische Auseinandersetzung mit der Ist-Situation und<br />
möglichen Problemen anhand <strong>von</strong> Zahlen und bekannten Fakten wünschenswert gewesen,<br />
da die Realisierung oben genannter Vorhaben sicher flächendeckend so kurzfristig nicht<br />
machbar ist.<br />
Zusammenfassend ist aus der Darstellung zum Kinder- und Jugendschutz in diesem Kinder-<br />
und Jugendbericht 2008 eine positive Haltung und ein wirksames Handeln der<br />
Landesregierung <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> festzustellen.<br />
6. Förderung der Familie<br />
6.1.1 Schwangerschaftsberatungsstellen<br />
Schwangerschaftsberatungsstellen bieten Frauen, Männern, Paaren, und Jugendlichen<br />
Informationen, Aufklärung und Beratung in allen Fragen rund um das Thema<br />
Schwangerschaft an. Sie bieten Hilfe in Lebenskrisen und Konflikten, die mit den eigenen<br />
persönlichen Ressourcen allein häufig nicht mehr bewältigt werden können. Sie bieten<br />
bereits während der Schwangerschaft und auch nach der Geburt des Kindes Unterstützung<br />
an. Sie sind daher eine zentrale Anlaufstelle für Familien und die, die es werden. Sie<br />
erreichen somit sehr frühzeitig Frauen und Familien in schwierigen Lebenslagen. Durch die<br />
Möglichkeit der Beantragung finanzieller Unterstützung der Bundesstiftung „Mutter und Kind<br />
– Schutz des ungeborenen Lebens“ können schwangere Frauen rechtzeitig Informationen<br />
und zu Frühen Hilfen durch die Beratungsstellen erhalten.<br />
Die Stiftung “netzwerk leben“ gewährt ebenfalls auf Antrag schwangeren Frauen und<br />
Familien in Not finanzielle Unterstützung und praktische Hilfen und Begleitung durch ihre<br />
Ehrenamtsgruppen. Schwangerschaftsberatungsstellen haben somit eine besondere<br />
Verbindungsfunktion zu Angeboten des Gesundheitswesens und der Kinder- und<br />
Jugendhilfe. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit ist die Sexualpädagogische Gruppenarbeit.<br />
Dass diese auf hohem Niveau und angepasst an die Belange und Fragen der Kinder- und<br />
Jugendlichen stattfindet bedarf ständiger Fortbildung. Aktuelle <strong>Bericht</strong>e zeigen verstärkt wie<br />
wichtig eine Auseinandersetzung mit dem Thema Beziehung und emotionale Bindung ist.<br />
Die Aufklärung der Jugendlichen ist häufig <strong>von</strong> unreflektierten Informationen<br />
unterschiedlichster Medien abhängig. Für diese Arbeit benötigen die Beraterinnen und<br />
Berater eine hohe Qualifizierung und neben ausgereiften beraterischen Kompetenzen, auch<br />
fundierte Kenntnisse zu aktuellen gesetzlichen Grundlagen rund um das Thema<br />
Schwangerschaft. Schwangerschaftsberatungsstellen haben darüber hinaus eine hohe<br />
Netzwerkkenntnis und arbeiten über viele Jahre mit einem breiten Fach- und<br />
trägerübergreifenden Netzwerk verschiedenster Professionen zusammen. <strong>Der</strong> präventive<br />
Aspekt und die Schnittstellenfunktion der Schwangerschaftsberatungsstellen sind im Entwurf<br />
zum 5. Kinder- und Jugendbericht benannt. Diese als solche zu erhalten und die in allen<br />
Beratungsstellen bereits vorhandene Schnittstellenfunktion zu fördern, erfordert ggf. auch<br />
eine Förderung über den gesetzlichen Mindestschlüssel hinaus. Eine solche Zielstellung<br />
könnte in den 5. Kinder- und Jugendbericht einfließen.<br />
17
6.1.2 Familienhebammen<br />
<strong>Der</strong>zeit sind in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 32 ausgebildete Familienhebammen tätig. Um eine<br />
Niedrigschwelligkeit und ausreichende Erreichbarkeit zu gewährleisten, sollte es Ziel sein,<br />
diese Zahl noch weiter zu erhöhen. Vor allem in ländlichen Bereichen bieten die<br />
Familienhebammen ein hervorragendes Bindeglied zu weiteren Unterstützungsangeboten.<br />
Um eine Überforderung für Hebammen in Familien zu vermeiden, die weiterer Hilfsangebote<br />
bedürfen, halten wir eine enge Kooperation mit den Schwangerschaftsberatungsstellen für<br />
unerlässlich. Auch die vereinbarte Kooperation mit niedrigschwelligen<br />
familienunterstützenden Diensten und dem Allgemeinen Sozialen Dienst kann eine<br />
Entlastung für die Familienhebammen darstellen. Des Weiteren ist eine Zusammenarbeit mit<br />
passgenauen Angeboten <strong>von</strong> Familienbildungseinrichtungen angezeigt: „Eltern und<br />
Familienbildung muss frühzeitig beginnen...<br />
Die Nachsorge durch Hausbesuche <strong>von</strong> Hebammen, auf die gesetzlicher Anspruch besteht,<br />
ist mit Eltern- und Familienbildungsangeboten so zu verknüpfen, dass alle Eltern erreicht<br />
werden. In dieser Phase stellt die Beratung <strong>von</strong> Eltern zugleich die Weichen für zukünftiges<br />
Bildungsverhalten <strong>von</strong> Eltern und für ihre Fähigkeit, gegebenenfalls bei besonderem<br />
Unterstützungsbedarf notwendige Hilfe in Anspruch zu nehmen.“ (Beschluss der<br />
Jugendministerkonferenz 2003 zur Eltern- und Familienbildung).<br />
Die Zeiten für Netzwerkarbeit kann eine freie Hebamme, die als Familienhebamme tätig ist<br />
derzeit nur ehrenamtlich erbringen. Auch hier würde eine finanzielle Ausgleichsregelung<br />
hilfreich sein.<br />
Die zusätzliche Unterstützung durch Familienhebammen als präventives Angebot sollte im<br />
Interesse der Krankenkassen liegen und <strong>von</strong> diesen weitreichender finanziert werden.<br />
6.1.3 Familienpaten<br />
Die Familienpaten bieten einen weiteren Ansatzpunkt niedrigschwelliger Arbeit. Für die<br />
ehrenamtlich tätigen Familienpaten muss gesichert sein, dass sie ihren Aufwand für<br />
organisatorische Kosten (Fahrkarten u.ä.) ersetzt bekommen.<br />
Neben einer kontinuierlichen fachlichen Begeleitung muss auch bei der Auswahl der<br />
Familienpaten auf eine Absicherung im Sinne des § 72a SGB VIII geachtet werden. (ein sehr<br />
umstrittener Punkt durch die möglichen Folgekosten.)<br />
6.1.4 Maßnahmen zur Stärkung der Erziehungskompetenz<br />
Familienbildungsangebote zur Stärkung der Erziehungskompetenz haben eine nicht zu<br />
unterschätzende sozialpolitische Bedeutung. Manche Eltern suchen nach Orientierung und<br />
Unterstützung in ihren täglichen Herausforderungen. Sie mit der Bewältigung dieser Aufgabe<br />
alleine zu lassen, würde bedeuten, die Augen zu verschließen vor einer belastenden<br />
Situation, die die Familien überfordert. Dies kann und darf sich eine Gesellschaft nicht<br />
erlauben. Eltern sind vielmehr psychisch, finanziell und zeitlich in die Lage zu versetzen,<br />
Kindern ihre Grundbedürfnisse zu erfüllen und sie zu erziehen. Geschieht dies nicht, wird die<br />
Gesellschaft zunehmend die Folgen tragen müssen.<br />
Eine Korrektur zur Übersicht: Das Projekt „Kess erziehen“ wird im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
verantwortet vom Familienbund im Bistum Magdeburg und im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e.V.<br />
18
6.2.1 Kinder-Eltern-Zentren<br />
Die Weiterentwicklung <strong>von</strong> Kita’s zu Kinder-Eltern-Zentren bedarf neben einer guten<br />
Elternarbeit eines umfassenden Teamentwicklungsprozesses. Als fachlich wertvoll wird eine<br />
finanzielle Unterstützung des begleitenden Coachings angesehen.<br />
Die Förderung für die Umsetzung ist hingegen wenig bedarfsdeckend und muss mit weiterer<br />
Finanzierung durch den Träger und noch mehr zeitlichem Engagement der Mitarbeiter<br />
hinterlegt werden.<br />
Die finanzielle Unterstützung stellt für KiTa’s dennoch einen Anreiz zum Beginn eines<br />
solchen Prozesses dar und sollte wenn haushaltstechnisch möglich auch weiteren KiTa’s<br />
ermöglichet werden<br />
6.2.2 Familienzentren<br />
Das Angebot der Familienzentren umfasst in Spezifizierung zum angegeben Spektrum<br />
Leistungen zu<br />
1. Vorbereitung auf Erziehung und Elternschaft<br />
2. Erziehung und Elternschaft<br />
3. Gesundheit - Bewegung – Entspannung<br />
4. Schaffung und Unterstützung sozialer Netzwerke für und <strong>von</strong> Familien<br />
5. Öffentlichkeitsarbeit und Lobbyarbeit für Familien<br />
Familienferienstätten bieten Möglichkeiten der Erholung, Bildung und Begegnung für<br />
Familien sowie für Gruppen, die häufig vernachlässigt werden:<br />
- Kinderreiche<br />
- Alleinerziehende<br />
- Einkommensschwache<br />
- Behinderte.<br />
6.2.3 Familienbegegnung und -bildung<br />
Für die Arbeit der anerkannten Träger der freien Jugendhilfe im Bereich der<br />
familienbezogenen Maßnahmen ist das Fehlen einer angemessenen Honorarordnung<br />
hinderlich. Bei der Erarbeitung einer Honorarordnung ist darauf zu achten, dass im Bereich<br />
der Familienbildung oftmals freiberufliche und hoch qualifizierte Referent/innen tätig sind, für<br />
diese Gruppe, die im sozialen Bereich den Weg in die Selbstständigkeit gegangen sind, ist<br />
ein Stundenhonorar <strong>von</strong> 20,- Euro - wie bisher gehandhabt - nicht angemessen. Zur<br />
Orientierung für die Erarbeitung einer Honorarordnung könnte die Honorarordnung der<br />
Landeszentrale für politische Bildung dienen.<br />
6.3.1 Familienverbände<br />
In Ergänzung zu den getroffenen Aussagen umfasst das Leistungsspektrum der Familienverbände<br />
den Bereich „Familienbildung mit Qualität“ (Angebot zertifizierter Elternkurse,<br />
Familienbezogene Bildungsprojekte mit zahlreichen Kooperationspartnern zu verschiedenen<br />
Themen, Männerarbeit/ Mediation, Fortbildung <strong>von</strong> Fachkräften im Bereich der Arbeit mit<br />
Familien (Multiplikator/innen), Trägerschaft <strong>von</strong> Bildungseinrichtungen und den Bereich der<br />
„familienpolitischen Interessenvertretung“ (Interessenvertretung in verschiedenen Gremien<br />
auf Landesebene, Gespräche mit Parteien/Fraktionen/Abgeordneten und gesellschaftlichen<br />
Gruppen auf Landesebene, öffentliche Stellungnahmen, Unterstützung bei der Gründung<br />
19
lokaler/kommunaler Bündnisse für Familien, Durchführung <strong>von</strong> Fachtagungen zu familienbezogenen<br />
Themen).<br />
6.3.2 Landesbündnis für Familie<br />
Im <strong>Bericht</strong> werden die verschiedenen Arbeitsgruppen des Landesfamilienbündnisses<br />
benannt. Für die Praktiker und zahlreiche Mitglieder stellt sich jedoch häufig die Frage nach<br />
der Zielsetzung der einzelnen Arbeitsgruppen. Ebenso wie die Arbeitsergebnisse sind diese<br />
vielfach sehr unterschiedlich. Zumindest die Zielsetzungen sollten im <strong>Bericht</strong>steil<br />
umfangreicher dargestellt werden..<br />
6.4.1 Erziehungsberatung<br />
Das Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> unterstützt, neben dem örtlichen Träger der Kinder- und<br />
Jugendhilfe, Beratungsstellen, die Ehe-, Familien- und Lebensberatung,<br />
Erziehungsberatung, Beratung bei Trennung und Scheidung anbieten (§§ 16, 17, 18, 28<br />
SGB VIII). Es unterstreicht damit die Pflicht des öffentlichen Jugendhilfeträgers darauf<br />
hinzuwirken, dass die für eine bedarfsgerechte Beratung erforderlichen Einrichtungen<br />
rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen (§§ 79 Abs. 2 und 82 SGB VIII).<br />
Neben der fallbezogenen Arbeit mit Einzelnen, Paaren und Familien bieten die<br />
Beratungsstellen auch präventive Angebote, z.B. zur Stärkung der Erziehungskompetenz,<br />
an. Sie sind daher mit anderen Einrichtungen der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe, mit<br />
Schulen und dem Gesundheitswesen eng vernetzt.<br />
Durch die beraterisch/therapeutischen Kompetenzen des multidisziplinären Fachteams sind<br />
die Beratungsstellen ein wesentlicher Bestandteil im System Früher Hilfen für Eltern und<br />
Kinder. Die dort tätigen Fachkräfte für den Kinderschutz nach § 8 a SGB VIII können auch<br />
<strong>von</strong> anderen Einrichtungen und Diensten zur kollegialen Beratung und Fortbildung angefragt<br />
werden.<br />
Im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> gibt es 34 durch das Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> geförderte Ehe-,<br />
Familien-, Lebens- und Erziehungsberatungsstellen in freier Trägerschaft mit 60,75 VbE<br />
(Stand: 31.12.2005). Die Berechnungen der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung mit<br />
Stand vom 31.12.2003 weisen für <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> eine Unterversorgung mit Erziehungs-<br />
und Familienberatung <strong>von</strong> 46,9 % aus. Die Anzahl der Beratungsfachkräfte müsste um 72<br />
Planstellen aufgestockt werden, um den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation<br />
(WHO) gerecht zu werden.<br />
Eine fachlich gute, frühzeitig wirkende Arbeit zum Wohle <strong>von</strong> Kindern, Jugendlichen und<br />
deren Familien kann somit nur mit ausreichenden personellen und finanziellen Ressourcen<br />
in der Erziehungs- und Familienberatung wirklich gelingen.<br />
Die Fachkräfte in EFLEB stellen vor allem im Bereich Kinderschutz ein hohes Potenzial dar.<br />
Dieses zu nutzen, aber auch auskömmlich finanziell zu sichern sollte eine Zielstellung des<br />
Landes sein.<br />
6.4.3 Präventionsmaßnahmen zur Bekämpfung häuslicher Gewalt<br />
Häusliche Gewalt war lange ein Tabuthema und wurde durch die vom Land und den Trägern<br />
initiierten und koordinierten Maßnahmen deutlicher ins öffentliche Licht gerückt. Zukünftig<br />
sehen wir in der Sensibilisierung <strong>von</strong> Fachkräften zum Thema Kinderschutz eine wichtige<br />
Aufgabe auch Auswirkungen häuslicher Gewalt stärker ins Blickfeld zu nehmen. Die<br />
Zusammenarbeit <strong>von</strong> Interventionsangeboten, wie Frauenhäusern mit Angeboten der Kinder-<br />
20
Jugend- und Familienhilfe kann hier für beide Seiten bereichernd wirken. Diese zu<br />
unterstützen könnte eine Zielsetzung des Landes sein und im 5. Kinder- und Jugendbericht<br />
benannt werden.<br />
6.4.4 Maßnahmen der Familienerholung<br />
Verschiedene Gründe führten zum geringen Abfluss der Fördermittel durch<br />
antragsberechtigte Familien, z. B. die an sich begrüßenswerte Kopplung <strong>von</strong> Bildung und<br />
Erholung sowie der geringe Förderanteil für die Familien, der zur Deckung der Urlaubskosten<br />
unzureichend ist. Hier sind eine Konzentration des Kreises der Förderberechtigten und eine<br />
Erhöhung der dann zu erfolgenden Förderung anzustreben.<br />
8. Hilfen zur Erziehung<br />
Insgesamt ist in diesem Kapitel feststellbar, dass in der ersten Lesart, die Hilfen zur<br />
Erziehung §§ 29 bis 35a SGB VIII eine konstante Inanspruchnahme ausweisen. In Bezug auf<br />
die vorhergehenden Kapitel Armut, Demografie und damit verbundene Auswirkungen, wird<br />
sehr deutlich, dass die Hilfen zur Erziehung ein wichtiger Bestandteil in der öffentlichen<br />
Erziehung <strong>von</strong> <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> sind und offensichtlich elementare Unterstützung und<br />
Begleitung anbieten. Im Vergleich zum vorhergehenden <strong>Bericht</strong> konstatiert dieser <strong>Bericht</strong> auf<br />
Seite 12, dass 2007 im Gegensatz zu 2003 39.000 Familien weniger in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
leben. In einem unmittelbaren Vergleich der Jahre 2003 (<strong>Bericht</strong> 2004, S. 68) und dem<br />
aktuellen <strong>Bericht</strong> sind kaum Abweichungen bei der Inanspruchnahme der Leistungen nach §<br />
34 Heimerziehung und sonstige betreute Wohnformen in den absoluten Zahlen feststellbar.<br />
Im Jahr 2003 lebten 2564 junge Menschen in einer stationären Erziehungshilfeeinrichtung<br />
und 2007 2541.<br />
Unter dem Aspekt der demografischen Entwicklung sind die Hilfen zur Erziehung nicht in<br />
dem Maße reduziert, wie dies im politischen Raum z.T. auf örtlicher Ebene der Landkreise<br />
konstatiert und vielleicht auch gewünscht wurde. Die Annahme weniger Bevölkerung<br />
impliziert automatisch weniger Hilfen und damit einen geringeren finanziellen und<br />
personellen Aufwand kann und darf nicht als Schlussfolgerung im Raum stehen bleiben.<br />
Vielmehr wird deutlich, dass die Inanspruchnahme <strong>von</strong> Hilfen zur Erziehung unter dem<br />
massiven demografischen Wandel einerseits und den Armutspotentialen (Armuts- und<br />
Reichtumsbericht des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>) andererseits, weiterhin gegeben ist. Eine<br />
Abschwächung der Fallzahlen zeichnet sich nicht ab. Dies insbesondere deshalb, weil die<br />
soziodemografischen Eckdaten dazu keinerlei Anlass geben. Die Armutspotentiale und die<br />
Risikostrukturen für Kinder, Jugendliche und Familien sind so evident, dass die<br />
Inanspruchnahme <strong>von</strong> Hilfen zur Erziehung auf einem nahezu gleich hohen Niveau<br />
stattfindet.<br />
Neben den Formen der existentiellen Versorgung wie Nahrung, Kleidung, gesicherte<br />
Wohnung, Aufsicht und Teilhabe an Bildung und Schule sind insbesondere die stationären<br />
Hilfen sichere Orte des Aufwachsens, die diese grundlegenden Versorgungen sichern und<br />
gewährleisten.<br />
Im Bereich der stationären Hilfen – Pflegestellen, stationäre Einrichtungen der Jugendhilfe,<br />
betreute Wohnformen usw. – lässt sich weiterhin eine Qualifizierung und damit<br />
Differenzierung der Leistungsvielfalt feststellen. Im Vergleich der beiden Leistungsmerkmale<br />
Pflegestellen und Heimerziehung ist zu verzeichnen, dass die Zunahme an professionellen<br />
Strukturen (Pflegefamilie) und eine Differenzierung nach konzeptionellen Schwerpunkten<br />
und Zielgruppen in der Praxis anzutreffen ist. Die klassischen Heime als isolierte<br />
Institutionen sind in der Trägerlandschaft weitestgehend nicht mehr vorhanden. Stationäre<br />
Einrichtungen agieren in einem Verbund verschiedener Leistungsangebote und sich<br />
unterstützender Arrangements.<br />
21
Das Arbeitsfeld der stationären Hilfen weist in seinen Leistungsspektren – Mutter-Kind,<br />
Kinderdorfhäuser, heilpädagogische Einrichtungen, betreute Wohnformen, integrative<br />
Einrichtungen usw. – für den Zeitraum <strong>von</strong> 2004 bis 2007 unterschiedliche Entwicklungen<br />
aus.<br />
Die Anzahl der Kinderdorfhäuser als Einrichtungen ist im Zeitraum <strong>von</strong> 2004 bis 2007<br />
erheblich gesunken (um mehr als die Hälfte). Während die Kapazität an Platzzahlen in<br />
diesem Betreuungssetting um 28 Plätze im gleichen Zeitraum insgesamt zugenommen hat.<br />
Seit längerer Zeit war zu beobachten, dass junge Frauen und jugendliche Mütter bedingt<br />
durch Perspektivlosigkeit im Beruf und damit schlechterer gesellschaftlicher Etablierung als<br />
Motiv für einen Lebensinhalt einen „Kinderwunsch“ bzw. eine „Schwangerschaft“ anstrebten.<br />
Die Folge ist eine Erweiterung der Einrichtungen im <strong>Bericht</strong>szeitraum insgesamt um mehr als<br />
das Doppelte. Dies ist sicherlich auch im Zusammenhang mit der Debatte um § 8a SGB VIII<br />
„Schutzauftrag Kindeswohlgefährdung“ zu sehen.<br />
Die Jugendämter bewilligen verstärkt Hilfen im Bereich Mutter-Kind nach § 19 SGB VIII, um<br />
das Kindeswohl zu sichern.<br />
Im Bereich der Leistungsangebote nach § 32 Tagesgruppe SGB VIII wurde in den<br />
vergangenen Jahren eine Konkurrenz zwischen Ganztagsschule, Förderzentren und<br />
Tagesgruppen konstatiert. Offensichtlich ist der mancherorts vollzogenen Praxis, die<br />
erwähnten Betreuungsangebote aus Kostengründen vorzuziehen, nicht in dem Maße<br />
vollzogen worden. Ganztagsschulen und Förderzentren bieten eine ganztägige Betreuung.<br />
Das besondere an Tagesgruppen ist nicht, dass sie das auch bieten, sondern darüber<br />
hinaus eine aktive Einbeziehung der Familien und Eltern sowie des sozialen Umfeldes der<br />
Kinder. Hierin unterscheidet sich der Auftrag und die sozialpädagogische, heilpädagogische<br />
oder wie auch punktuell feststellbar, familientherapeutische Arbeit <strong>von</strong> Tagesgruppen<br />
erheblich.<br />
Tagesgruppen sind in einer sozialraumorientierten Kinder- und Jugendhilfe ein wesentliches<br />
Leistungsspektrum. Sie haben sich als feste Größe etabliert. Tagesgruppen haben einen<br />
Auftrag nach § 32 SGB VIII. Insofern unterscheidet sich die inhaltliche Arbeit und deren<br />
Methodik sowie die Arbeitsweise erheblich <strong>von</strong> der einer Ganztags- oder Förderschule.<br />
Das Leistungsspektrum der ambulanten Hilfen nach §§ 29 bis 31 SGB VIII zeigt eine weitere<br />
Differenzierung und Vielfalt an Leistungsmerkmalen. Im <strong>Bericht</strong> wird stringent darauf<br />
verwiesen, dass ambulante Hilfen zur Vermeidung stationärer Hilfen und/ oder im Anschluss<br />
an stationäre Hilfen gedeutet werden. Dies impliziert den Gedanken einer Spirale <strong>von</strong> sich<br />
verschärfenden Interventionsformen. Ambulante Hilfen sind im Kontext sozialraumorientierter<br />
Jugendhilfe angesiedelt und haben definierte Einsatzbereiche und dementsprechend<br />
Handlungsspielräume. <strong>Der</strong> Arbeitsbereich der sozialpädagogischen Familienhilfe weist ein<br />
sehr weites Spektrum an Tätigkeiten und fachlichen Unterschieden auf. In der Praxis wird die<br />
sogenannte SPFH zunehmend unter einem sogenannten „Zwangskontext“ eingesetzt. Das<br />
heißt, SPFH agiert nach der Prämisse „Kindeswohlgefährdung einzuschätzen und<br />
abzuwenden“, der Abwendung existentieller Bedrohungen – Zwangsräumung, Aufhebung<br />
<strong>von</strong> Sperren bei ARGEN, Stundung <strong>von</strong> Schulden bei Energieunternehmen usw. – und der<br />
„Hilfe zur Selbsthilfe“ bei Partnerschaftskonflikten, Überforderung in der Erziehung, Drogen-<br />
und Alkoholkonsum in Familien. Dieses Arbeitsfeld erfordert <strong>von</strong> den Fachkräften eine hohe<br />
Einsatzbereitschaft und Flexibilität. In kaum einem anderen Bereich der Kinder- und<br />
Jugendhilfe ist die Zunahme an therapeutischen Zusatzqualifikationen so feststellbar, wie in<br />
der SPFH. Die qualitativen Fachstandards wie Supervision, zunehmende therapeutische<br />
Zusatzausbildungen, Vor und Nachbereitung, sachliche Ausstattung der Hilfen mit Mobilfunk,<br />
PC usw., sowie eine Auslastung bezogen auf die Fachleistungsstunde bzw. den<br />
Personalschlüssel wird landesweit unterschiedlich gehandhabt. Dieses Arbeitsfeld bedarf<br />
dringend der Festschreibung <strong>von</strong> fachlichen Standards z.B. analog der Arbeitsgemeinschaft<br />
nach § 78 SGB VIII der Landeshauptstadt Magdeburg.<br />
22
Kritisch ist für Kapitel 8 anzumerken, dass zum vorhergehenden <strong>Bericht</strong> in einigen, nicht<br />
wenigen Passagen die gleichen Aussagen und Kommentierungen aus dem Jahre 2004<br />
übernommen wurden.<br />
Grundsätzlich zu vermissen ist, dass die Inanspruchnahme <strong>von</strong> Hilfen zur Erziehung nicht an<br />
Merkmalen wie dem Alter der Kinder und Jugendlichen sowie den Familienstrukturen<br />
ausgewiesen wurde. Für eine analytische Aufbereitung und Zielplanung sind dies wichtige<br />
Bestandteile, um die Lebenssituation <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen darstellen zu können.<br />
Ebenso bedauerlich ist, dass der <strong>Bericht</strong> in diesem Kapitel keine Vergleichszahlen zur<br />
bundesweiten Inanspruchnahme <strong>von</strong> Hilfen zur Erziehung und damit der Lebenssituation <strong>von</strong><br />
Kindern und Jugendlichen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ermöglicht.<br />
Während z.B. im Zeitraum <strong>von</strong> 2001 bis 2006 bundesweit, trotz zurückgegangener<br />
Bevölkerungszahlen, die Inanspruchnahme <strong>von</strong> Hilfen zur Erziehung um 11% gestiegen ist<br />
(Quelle: 16 Jahre Kinder- und Jugendhilfegesetz in Deutschland. Ergebnisse der Kinder- und<br />
Jugendhilfestatistiken Erzieherische Hilfen 1991 bis 2006 „Von der Erziehungsberatung bis<br />
zur Heimerziehung“ Hrsg. Statistisches Bundesamt, April 2008 S. 5), kann dies für <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> mit dem vorliegenden <strong>Bericht</strong> nicht verglichen werden.<br />
Insofern kann die Leistungsvielfalt und der damit verbundene Aufwand der öffentlichen und<br />
freien Träger der Jugendhilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> nicht ausreichend gewürdigt werden.<br />
Für eine zielgerichtete Entwicklung der Hilfen zur Erziehung ist die Dynamik der<br />
Hilfegewährung mit der Inanspruchnahme <strong>von</strong> Leistungen in den Feldern der ambulanten,<br />
teilstationären und stationären Hilfen abzugleichen. Vielleicht sollte im kommenden<br />
<strong>Bericht</strong>szeitraum die Hypothese untersucht werden, ob die postulierte Spirale der<br />
verschärfenden Interventionsformen zutreffend ist. Oder ob im Vorfeld gewährte ambulante<br />
Hilfen, nicht zu einer Spezialisierung <strong>von</strong> stationären Hilfen beitragen.<br />
<strong>Der</strong> Bereich Hilfen zur Erziehung arbeitet traditionell mit Familien, Kindern und Jugendlichen,<br />
die in einem höheren Maß <strong>von</strong> Armut betroffen sind, deren Klienten wiederum höhere<br />
Risikostrukturen ausweisen als in anderen Arbeitsfeldern. Insofern gibt es einen unterstellten<br />
Zusammenhang zwischen soziodemographischen Eckwerten – wie Arbeitslosigkeit,<br />
Belastungsfaktoren für Familien, Alleinerziehende Familien, usw. – und der<br />
Inanspruchnahme <strong>von</strong> Hilfen zur Erziehung, wie dies im Landesverband Württemberg -<br />
Hohenzollern durch die integrierte <strong>Bericht</strong>erstattung ausgewiesen wird. Das Land sollte im<br />
Bereich der überörtlichen Planung eine feste Stelle implementieren, in der die<br />
soziodemographischen Eckdaten mit der Inanspruchnahme <strong>von</strong> Hilfen für die Landkreise<br />
aufbereitet werden. Diese Form der Dienstleistung ist zur Unterstützung der<br />
Jugendhilfeplanung vor Ort <strong>von</strong> enormer Bedeutung und kann eine zielgerichtete<br />
Entwicklung <strong>von</strong> Konzepten und Angeboten unterstützen.<br />
<strong>Der</strong> LJHA empfiehlt den Jugendämtern der kreisfreien Städte und Landkreise <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> die Unterbringung der Kinder- und Jugendlichen in erzieherischen Hilfen nicht nach<br />
Finanzlage, sondern bedürfnisorientiert vorzunehmen.<br />
8.3 Ambulante Hilfen zur Erziehung<br />
Im Hinblick auf die Chancengleichheit behinderter Kinder und ihrer Familien besteht hier die<br />
Frage, inwieweit der <strong>Bericht</strong> auch Kinder und Jugendliche mit Behinderungen meint. So<br />
würde die Sozialpädagogische Familienhilfe beispielsweise auch für viele Familien mit<br />
behinderten Angehörigen einen besonderen Stellenwert einnehmen. Gleichfalls wird nicht<br />
erwähnt, inwieweit es im Rahmen des KJHG Tagesgruppen für behinderte Kinder oder<br />
pädagogische Einzelfallhilfe für diesen Personenkreis gibt.<br />
Es ergibt sich die Frage, wer mit Eltern behinderter Kinder arbeitet. Die Praxis ist immer noch<br />
die, dass Eltern mit behinderten Kindern und Jugendlichen Hilfen nach SGB XII (Sozialhilfe)<br />
erhalten könnten, also aus dem Hilfesystem des KJHG ausgegrenzt werden.<br />
23
Daran ändert auch das im Abschnitt „Behindertenpolitik“ gepriesene Persönliche Budget<br />
nichts. Gerade, wenn es um Hilfen für das gesamte Familiensystem aus Eltern, behindertem<br />
Kind oder Jugendlichen und nicht behinderten Geschwisterkindern geht, kann es<br />
problematisch sein, dass es das keine Beziehung mehr zwischen Kostenträger und<br />
Leistungserbringer gibt. Das Persönliche Budget ist auch schon aufgrund seiner<br />
festgesetzten Budgethöhen nicht dazu angetan, Hilfen zur Erziehung im ambulanten<br />
Bereich, wie sie Familien mit nicht behinderten Kindern erfahren, zu ersetzen. Es stellt sich<br />
die Frage, wer mit Eltern behinderte Kinder arbeitet und inwieweit Anträge oder Anfragen<br />
<strong>von</strong> Familien mit behinderten Angehörigen überhaupt statistisch erfasst werden.<br />
8.4 Eingliederungshilfen für Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bericht</strong> spiegelt wider, dass sich Leistungsträger des KJHG sehr schwer tun bei Hilfen<br />
für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und letztlich fehlende oder unzureichende<br />
Diagnosen dafür verantwortlich machen. Es liegt keineswegs an den Trägern, die diese<br />
Leistungen nicht erbringen wollen, sondern den Strukturen, die es erschweren solche Hilfen<br />
zu bezahlen. So kann es passieren, dass Kinder mit seelischen Behinderungen nicht in<br />
stationäre Unterbringungen nach § 35a KJHG kommen, sondern in die kostengünstigeren<br />
nach<br />
§ 34 KJHG eingewiesen werden und es Sache der Träger ist, damit zu recht zu kommen.<br />
Die Praxis bei Hilfen für Kinder mit Autismus ist <strong>von</strong> sehr großer Unsicherheit geprägt. Eltern<br />
müssen meist erst klagen, bis ihr Kind beispielsweise die Genehmigung für die Betreuung in<br />
einer Tagesgruppe erhält. Oft wird durch die Ämter sehr schnell auf eine stationäre<br />
Unterbringung verwiesen. <strong>Der</strong> im Abschnitt „Behindertenpolitik“ beschriebene konsequente<br />
Grundsatz „ambulant vor stationär“ scheint hier nicht zu gelten.<br />
Das Fehlen zahlenmäßiger Angaben zu stationären Hilfen nach § 35a KJHG führt zu der<br />
Annahme, dass diese Hilfen differenzierter und schneller geleistet werden müssen. Klare<br />
Diagnosen können sich hinziehen. Wenn in der Zwischenzeit keine Hilfe erfolgt, ist der<br />
Schaden für die Betroffenen und die Gesellschaft oft nicht mehr gut zu machen. Es ist ein<br />
Schritt in die richtige Richtung, dass es seit 2007 eine zahlenmäßige Erfassung gibt.<br />
Die Hilfen nach § 35a KJHG werden mancherorts mit Kooperationsmodellen zwischen<br />
stationären Jugendhilfeeinrichtungen und Psychiatrien eingeführt. Dennoch wird sehr<br />
deutlich, dass in individuellen Fällen multikomplexe Fallkonstruktionen bestehen, die<br />
manchmal nur durch individuelle Betreuungssettings begleitet werden können. Insofern ist<br />
die Kernaussage in diesem Bereich des <strong>Bericht</strong>es „Dazu bedarf es eines hohen Maßes an<br />
Flexibilität bei den Trägern <strong>von</strong> Hilfen und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern….“ (S. 85)<br />
zu bestätigen. Gleichzeitig sei darauf verwiesen, dass die Praxis zur Gewährung <strong>von</strong> Hilfen<br />
in diesem Bereich mit enormen Hürden verbunden sein kann. Nicht selten werden<br />
Anerkenntnisse in diesem Bereich durch gutachterliche Stellungnahmen verzögert, bevor<br />
eine Hilfe angeboten werden kann.<br />
B Finanzierungsgrundlagen, Fachkräfteentwicklung und demografische<br />
Herausforderungen für die Jugendhilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
1.3 Gesamtausgaben für Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland und in <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong><br />
Wichtig ist nicht nur der Gesamtbetrag, sondern auch das Verfahren und der Zeitpunkt der<br />
Ausreichung der Mittel.<br />
Inhaltlich wäre aus Sicht des LJHA zu ergänzen, welchen Anteil die Ausgaben für die Kinder-<br />
und Jugendhilfe an den gesamten öffentlichen Ausgaben im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> haben.<br />
24
Weiter wäre eine detaillierte Aufschlüsselung der Ausgaben wünschenswert. (z.B. nach Art<br />
der Einrichtung, öffentliche vs. freie Träger etc.). Rechnet man die Einnahmen und die<br />
Kosten für die Kindertageseinrichtungen (88% der Ausgaben in der Kinder- und Jugendhilfe)<br />
aus der Gesamtsumme heraus, ergeben sich ganz andere Zahlen. Hier ist eine<br />
Differenzierung unbedingt notwendig.<br />
Im <strong>Bericht</strong> wird stark auf das Verhältnis zwischen Ost- und Westdeutschland hingewiesen,<br />
aus dem hervorgeht, dass im Osten mehr für die Jugendhilfe ausgegeben wird. Aus Sicht<br />
des LJHA ist der Fokus auf dem Vergleich zu den anderen östlichen Bundesländern<br />
wichtiger als zum „gesamten Bundesgebiet“, weshalb wir die Einschätzung „vergleichsweise<br />
gute Finanzausstattung“ problematisch finden. Nur Thüringen gibt im Osten noch weniger<br />
„pro Kopf“ aus als <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>. Beide Teile Deutschlands haben im Laufe der<br />
Jahrzehnte bis zum Mauerfall eine sehr unterschiedliche Struktur aufgewiesen, die<br />
Sozialisation der Menschen verlief auf verschiedene Art und Weise. Die Zeit seit dem<br />
Mauerfall hat viel zur Annäherung beigetragen, jedoch konnten die Differenzen noch nicht<br />
ausgeglichen werden – die Elterngeneration der heutigen Jugendlichen wurde in zwei<br />
unterschiedlichen Staaten sozialisiert. Dies ist nur ein Grund für die unterschiedlichen<br />
Voraussetzungen und Probleme, denen sich Kinder und Jugendliche gegenüber sehen, und<br />
nur ein Teil des Nährbodens extremistischer Tendenzen, denen Beispiele demokratischer<br />
Lebensweise entgegenzusetzen sind, um nur ein Beispiel zu nennen.<br />
Hinzu kommt, dass es sich bei den Angaben um die absolute Summe der Ausgaben handelt.<br />
Die Qualität dieser einseitigen Aussage kann angezweifelt werden, wenn man bedenkt, dass<br />
im Zeitraum 2002-2006 die Kosten für Energie (als ein Beispiel) gestiegen sind.<br />
2.1 Wachsende Anforderungen in der Jugendhilfe an die Qualifikation des Personals<br />
Leider wird hier nur auf die Angebote des LJA eingegangen, wobei die freien Träger der<br />
Jugendhilfe ein sehr großes Angebot an Weiterbildungsmöglichkeiten schaffen.<br />
Interessant wären Teilnehmerzahlen, welche die hohe Weiterbildungsbereitschaft der<br />
Fachkräfte belegen würden und Zahlen zum Qualifikationsprofil der Mitarbeiter(innen) im<br />
Zeitvergleich bzw. zu den Eingruppierungen. Das Ziel, nur längerfristige Veranstaltungen<br />
aufzulisten, erschließt sich nicht aus dem Text, weiterhin wäre eine Differenzierung der<br />
Fachkräfte nach Fachbereichen spannend.<br />
Im Zusammenhang mit dem vorhergehenden Kapitel wäre es sinnvoll auf die hohe<br />
Kostenintensität der Weiterbildungen etc. einzugehen.<br />
3.1 Differenzierte Bevölkerungsprognose<br />
Bedauerlich ist, dass für die Jahre 2006, 2007 und 2008 Schätzwerte angegeben werden. Es<br />
ist da<strong>von</strong> auszugehen, dass die Prognose zum Zeitpunkt des Erscheinens des <strong>Bericht</strong>s etwa<br />
5 Jahre alt sein wird. Es wäre wünschenswert eine aktuellere Berechnung zu verwenden.<br />
Bemerkenswert ist, dass nach der Prognose die Gesamtzahl der 6 bis 14-Jährigen erst ab<br />
dem Jahr 2018 zu sinken beginnt. In den nächsten 10 Jahren ist folglich mit einer<br />
wachsenden Zahl <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen im Alter <strong>von</strong> 6 bis 14 Jahre auszugehen.<br />
Bezogen auf den Rückgang der Gesamtbevölkerung wächst diese Altersgruppe prozentual<br />
noch stärker an. An dieser Stelle ist eine Auswertung notwendig, die pauschale Aussage des<br />
Bevölkerungsrückgangs der unter 27-Jährigen muss zu falschen Schlussfolgerungen führen.<br />
Im <strong>Bericht</strong> wird richtig erkannt, dass gerade unter dem Gesichtspunkt der Abwanderung<br />
junger Menschen (und hier sei auch auf Tendenzen hingewiesen, die besagen, dass durch<br />
die Abwanderung junger Frauen in ländlichen Regionen der Hang zu rechtextremistischen<br />
Gruppierungen verstärkt wird) Schließungen <strong>von</strong> oder lange Wege zu Jugendeinrichtungen<br />
zu vermeiden sind, da diese durch ihre Bildungsangebote junge Menschen qualifizieren.<br />
Diese Forderung unterstreichen wir mit der Aussage, dass dieses Bildungsangebot nur durch<br />
Fachkräfte geleistet werden kann, die durch eine angemessene Bezahlung im Land gehalten<br />
werden sollten.<br />
25
Als zu stärkende Aufgaben wird unter anderem die Jugendberufhilfe erwähnt. An dieser<br />
Stelle muss noch einmal die Forderung nach Umsetzung der Empfehlung des LJHA betont<br />
werden, eine Koordinierungsstelle Jugendberufshilfe zu installieren.<br />
B.III. Leistungen in weiteren Lebensbereichen <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen<br />
1. Allgemeinbildende und Berufsbildende Schulen<br />
Die Mitglieder des LJHA begrüßen die Anstrengungen der Landesregierung zur Senkung der<br />
Zahl der Schüler(innen), die die Schule ohne Schulabschluss verlassen. Das Ziel soll für alle<br />
Schüler sein, nach einem erfolgreichen Schulabschluss, eine Berufsausbildung beginnen zu<br />
können. Dazu muss mindestens der Hauptschulabschluss erreicht werden.<br />
Ein Förderschulabschluss qualifiziert lediglich zur Ausbildung in einem Teilberuf oder sogar<br />
nur für eine Tätigkeit in einer WfbM. Interne Evaluation sollte darum auch immer im Interesse<br />
der Entwicklung des Einzelnen dienen. Dabei sollten erkennbare Probleme beim Lernen<br />
dazu führen, dass dem betreffenden Schüler individuelle Hilfen an seiner Schule geboten<br />
werden. Hierzu sind die Förderzentren heranzuziehen. Entsprechende Defizite dürfen nicht<br />
dazu führen, dass Schulen, um bei den zahlreichen externen Evaluationen besserer<br />
Ergebnisse zu erzielen, diese Kinder in Förderschulen delegieren.<br />
Einbezogen in die landesweiten Schulvergleiche sollten die Integrationsergebnisse <strong>von</strong><br />
Schülern mit Behinderungen bzw. sonderpädagogischem Förderbedarf sein. Im<br />
<strong>Bericht</strong>szeitraum lag die Integrationsquote in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> bei unter 8 % und ist die mit<br />
Abstand niedrigste in Deutschland.<br />
Als äußerst befremdlich findet der LJHA, dass die Förderzentren in diesem <strong>Bericht</strong><br />
ausschließlich im Kapitel über die Förderschulen auftauchen. Förderzentren sollten mit allen<br />
Regelschulen zusammenarbeiten. Sie sind dazu sachlich und personell zu stärken.<br />
Die Aussage, dass die Zahl der Förderschüler in Land rückläufig ist, erscheint<br />
missverständlich. Tatsache ist, dass bei allgemein sinkenden Schülerzahlen, der prozentuale<br />
Anteil an Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf stetig steigt. Aus Erhebungen<br />
des Kultesministeriums kann man erkennen, dass dieser Anstieg nicht gleichmäßig territorial<br />
verteilt ist, sondern sich in bestimmten Schwerpunktregionen verstärkt zeigt.<br />
Die im Kapitel 1.3.1 Grundschule erwähnte Schuleingangsphase muss verstärkt dazu<br />
genutzt werden, dass soziale Benachteiligungen nicht zum sonderpädagogischem<br />
Förderbedarf anwachsen. Fehlende Kompetenzen am Ende der Schuleingangsphase und<br />
am Ende der 4. Klasse dürfen nicht dazu führen, dass eine Förderschulkarriere beginnt. Sie<br />
sollten zur Feststellung des individuellen Förderbedarfs dienen. Daraus folgend sind<br />
geeignete Maßnahmen zu seiner Deckung an einer Regelschule zu ergreifen.<br />
Mit Erstaunen nimmt der LJHA zur Kenntnis, dass die Integrationsklassen, die im<br />
<strong>Bericht</strong>szeitraum erfolgreich gearbeitet haben, mit keinem Wort erwähnt worden.<br />
2. Ausbildung, Arbeitsmarkt und Beschäftigung<br />
Die Anzahl der ausbildungsfähigen Jugendlichen ist unbedingt zu erhöhen.<br />
Die hohe Zahl <strong>von</strong> Schülern, die nach dem Förderschulabschluss direkt in eine WfbM gehen,<br />
muss gesenkt werden. <strong>Der</strong> LJHA begrüßt alle Anstrengungen der Landesregierung, die dies<br />
zum Ziel haben.<br />
Auch an Berufsschulen muss es sonderpädagogische Hilfen geben, die den Erfolg der<br />
dualen Ausbildung garantieren.<br />
26
3. Gesundheit und Gesundheitserziehung<br />
Viele Einrichtungen des Gesundheitswesens, besonders ambulant tätige Kinderärzte,<br />
Psychologen und Physiotherapien, sind leider immer noch nicht für Kinder oder Eltern mit<br />
Behinderungen nutzbar. Eine freie Arztwahl oder eine breite Nutzung vernetzter Angebote<br />
gilt für diesen Personenkreis nur eingeschränkt.<br />
Die Maßnahmen zur Suchtprävention, zur gesunden Lebensführung und zur<br />
Sexualerziehung sollten wirklich allen Kindern und Jugendlichen offen stehen. Die <strong>von</strong> der<br />
Landesregierung geförderten Medien müssen deshalb auch Kindern und Jugendlichen in<br />
einer für sie lesbaren Form zur Verfügung gestellt werden (d.h. z.B. Hörbuch, Braile-Schrift,<br />
Untertitel, einfache Sprache usw.).<br />
4. Behindertenpolitik<br />
4.1 Trägerübergreifendes Persönliches Budget<br />
Zum Persönlichen Budget ist zu bemerken, dass die Formulierung „Es ergänzt die bisher<br />
üblichen Dienst- oder Sachleistungen.“ missverständlich ist. Im Rahmen des Persönlichen<br />
Budgets werden alle oder auch nur einige Sachleistungen als Geldleistungen bezahlt und<br />
erlauben dem behinderten Menschen, sich diese selbst einzukaufen. Es werden keine<br />
zusätzlichen Leistungen gewährt. Durch diese Form der Leistungsgewährung wird dem<br />
Selbstbestimmungsrecht des Menschen jedoch besser entsprochen.<br />
Die Einteilung der Kinder und Jugendlichen mit Handicap in Hilfebedarfsgruppen und daraus<br />
folgend die Eingliederung in spezielle Leistungstypen ist besonders im Kindesalter<br />
problematisch.<br />
4.2. Früherkennung und Frühförderung <strong>von</strong> Kindern mit Behinderungen bzw. <strong>von</strong><br />
Behinderung bedrohter Kinder<br />
„Die Leistungen werden künftig in interdisziplinären Frühförderstellen und in Sozialpädiatrischen<br />
Zentren als Komplexleistung ausgeführt.“<br />
Diese Entwicklung ist im Interesse der betroffenen Kinder hinsichtlich der Bündelung des<br />
Angebotes zu begrüßen. Für Familien die in ländlichen Regionen auf den ÖPNV angewiesen<br />
sind, ist der Besuch jedoch mit erhöhten Schwierigkeiten verbunden, so dass die Gefahr<br />
besteht, dass nicht alle Kinder die auf diese Leistungen einen Anspruch haben, diese auch<br />
im gebotenen Maße erhalten. Erfolgt die Leistungserbringung im Haushalt der Betroffenen,<br />
bedarf es einer Überprüfung der Zeitvorgaben für die Leistungserbringung sowie der Vor-<br />
und Nachbereitung. Es besteht z.B. die Notwendigkeit des Herausnehmens der Fahrzeiten<br />
aus diesen Pauschalen, da sich durch die starke Zentralisierung die Wege der Therapeuten<br />
teilweise extrem verlängert haben.<br />
4.3. Unterstützung für Schwerbehinderte<br />
Den Ausführungen wäre noch hinzuzufügen, dass es nicht nur selbst behinderte Menschen<br />
sind, die Probleme auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt haben, sondern auch deren sie<br />
pflegende Angehörige. Im Sinne dieses <strong>Bericht</strong>es fehlen Angaben über Fördermöglichkeiten<br />
für Eltern, besonders Mütter, behinderter Kinder. Hier wäre u.a. an eine Förderung der<br />
Betreuungsmöglichkeiten <strong>von</strong> Familienentlastenden Diensten zu denken.<br />
27
4.4 Soziale Eingliederung/Rehabilitation durch finanzielle und andere Hilfen<br />
Eingliederungshilfe<br />
<strong>Der</strong> hier vorgenommenen Einteilung der Menschen nach der Schwere der Behinderung und<br />
der daraus resultierenden Wohnform muss widersprochen werden. Die Formeln<br />
Schwerstbehindert = Heim, etwas selbständiger = betreutes Wohnen, ziemlich selbständig =<br />
ambulant betreutes Wohnen sollte auch in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> endlich überwunden sein. Jeder<br />
behinderte Mensch hat das Recht, die Hilfen, die er benötigt, in der <strong>von</strong> ihm selbst gewählten<br />
Wohnform zu erhalten. Durch die Einführung des Persönlichen Budgets soll das Prinzip<br />
„ambulant vor stationär“ vor allem bei den Wohnformen für Menschen mit Behinderungen<br />
ermöglicht werden. Im Einzelfall heißt dies, dass auch schwerbehinderten Menschen mit<br />
einem sehr hohen Hilfebedarf ein Leben außerhalb <strong>von</strong> Einrichtungen ermöglicht werden<br />
muss.<br />
<strong>Der</strong> Satz: „Erforderliche arbeitstherapeutische Maßnahmen erfolgen an den Wohnheimen.“<br />
widerspricht dem 2-Milieu-Prinzip. <strong>Der</strong>artige Einrichtungen entstanden in einer Zeit, als es<br />
noch üblich war die Menschen mit Behinderungen zu isolieren, anstatt sie in die Gesellschaft<br />
zu integrieren.<br />
5. Kultur<br />
5.1 Ziele des Landes<br />
Dass die Kinder- und Jugendkultur einen besonderen Stellenwert erfährt, wird ausdrücklich<br />
begrüßt. Es ist aber sorgsam darauf Acht zu geben, dass nicht eine Partikularisierung erfolgt,<br />
die im Ergebnis in einer Kinder- und Jugend-"Milieukultur" stehen bleibt. Eine angemessene<br />
Berücksichtigung sowohl der neuen schöpferischen Kreativität einerseits als auch des<br />
Verstehens <strong>von</strong> Tradition und Überlieferung andererseits ist immer wieder einzufordern. Nur<br />
so kann die symbiotische Verbindung gelingen.<br />
5.2.1 Aufgaben der Kulturpolitik für Kinder und Jugendliche<br />
a)“Wettbewerbe“:<br />
Interessant wäre es zu erfahren, ob tatsächlich die Teilnahmezahlen an diesem vom Land<br />
ausgelobten Wettbewerb unter Beachtung der demografischen Entwicklung relativ steigend<br />
sind. Anderenfalls müsste über eine attraktivere Kommunikation dieses sicherlich guten<br />
Anreizes nachgedacht werden.<br />
Bei den Ausführungen zu den Kooperationsprogrammen (5.2.1. b) wäre es interessant zu<br />
erfahren, ob und inwieweit auch die Familien, insbesondere Eltern eingebunden sind. So<br />
lassen sich leicht einladende und attraktive Angebote in diesen drei Programmen generieren,<br />
die - freiwillig - auch die Teilnahme der Eltern und Geschwister ermöglichen.<br />
Mit einer gewissen Besorgnis nimmt der LJHA wahr, dass sich das FSJ Kultur und das<br />
freiwillige Jahr Denkmalpflege (FJD) im Rahmen des freiwilligen ökologischen Jahres (FÖJ)<br />
unter ökologischen Gesichtspunkten zu Lasten des klassischen Freiwilligen Sozialen Jahres<br />
(FSJ) auswirkt.. Angesichts der insgesamt knappen Mittel im sozialen Bereich muss<br />
dringend über eine finanzielle Kompensation und die Wiederabsenkung der<br />
Arbeitgeberbeteiligung beim "FSJ" nachgedacht werden.<br />
5.2.3 Soziokultur und kulturelle Bildung<br />
In dem Beitrag Soziokultur und kulturelle Bildung bleibt unerwähnt, welche konkreten<br />
Schwerpunkte durch die finanzielle Unterstützung des Landes gefördert werden sollen.<br />
Gerade angesichts der Zuständigkeiten in kommunaler und freier Trägerschaft erscheint es<br />
für eine zielgenaue Platzierung der Landesmittel erforderlich, hier entsprechende<br />
Konkretionen<br />
28
darzustellen.<br />
5.2.4 Musikschulen<br />
Ausdrücklich wird begrüßt, dass die Schülerzahl an den aus öffentlichen Mitteln geförderten<br />
Musikschulen dieses Landes in den letzten Jahren konstant geblieben ist. Die kulturelle und<br />
insbesondere musische Ausbildung an diesen Schulen stellt eine zentrale Leistung dieser<br />
Gesellschaft im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit dar. Es ist Sorge dafür zu tragen, dass<br />
diese Angebote auch bei ggf. veränderten Betreuungs- und Schulzeiträumen weiterhin in<br />
Anspruch genommen werden können. Diese Sorge gründet sich aus dem Umstand, dass z.<br />
B. Schüler/innen, die die Angebote einer Ganztagsschule in Anspruch nehmen, neben<br />
anderen Optionen auch nicht mehr die Möglichkeit zum nachmittäglichen<br />
Musikschulunterricht haben.<br />
5.2.5 Bibliotheken<br />
Ausdrücklich wird begrüßt, dass ein Drittel der Bibliotheksnutzung auf die Gruppe der Kinder<br />
und Jugendlichen entfällt. Es ist hierbei aber (genauso wie bei den Theaterbesuchen in Ziff.<br />
5.2.6) zu prüfen, inwieweit dort letztlich freiwillige Nutzungen in Betracht kommen. Die<br />
Nutzung <strong>von</strong> Bibliotheken, kombiniert mit schulischen Aufgabenstellungen ist im Internet<br />
geprägten Zeitalter eine unverzichtbare Qualifizierung für Kinder und Jugendliche. Auch hier<br />
gilt es, dass nicht nur durch die Schule, sondern mehr noch durch die familiäre Situation zur<br />
Nutzung der Bibliotheken angespornt wird.<br />
9. Demokratieförderung und Extremismusprävention<br />
Die Kinder- und Jugendarbeit ist hier sehr aktiv und leistet einen enormen Beitrag für unsere<br />
Gesellschaft. Die Jugendverbände sind demokratisch aufgebaut, sie leben das Prinzip der<br />
Partizipation. Toleranz und Demokratie, dies sind die obersten Gebote der<br />
Jugendverbandsarbeit, die Kinder und Jugendlichen lernen in demokratischen Lebensformen<br />
Verantwortung zu übernehmen. Das ist die größtmögliche Basis für das Lernen <strong>von</strong><br />
Demokratie und damit die beste Voraussetzung für die Prävention vor allem rechtextremen<br />
Gedankengutes, Handelns und rechtsextremistischer Strukturen.<br />
Hier sind Daten zur Situation (Orientierungen, Neigungen, Verbreitung rechtextremistischen<br />
Gedankengutes, Gewalt etc.) notwendig, zumal im Kap. IV unter „Schwerpunkte für die<br />
nächsten Jahre...“ unter 4.1 auf die in Kap. I Abschnitt 7 beschriebenen Projekte verwiesen<br />
wird.<br />
Zusätzlich zur basisdemokratischen Struktur der Jugendverbände selbst führen diese<br />
Veranstaltungen zu diesem Thema durch. Zusammen mit Vereinen wie Miteinander e.V., die<br />
speziell Projekte zum Thema anbieten, bilden die Jugendverbände die Struktur für<br />
Demokratieförderung und Extremismusprävention. Die Förderung der Verbände und Vereine<br />
ist deshalb notwendig, um dies zu erhalten und weiter voranzutreiben.<br />
<strong>Der</strong> vorliegende <strong>Bericht</strong> erwähnt weiter, dass knapp die Hälfte der rechtsextremen und<br />
fremdenfeindlichen Straftaten <strong>von</strong> Jugendlichen unter 21 Jahren begangen werden. Dem<br />
entspricht, dass sich in erster Linie das jugendkulturelle Segment rechtsextremer Politik- und<br />
Identitätsangebote so dynamisch entwickelt hat, dass hier<strong>von</strong> eine Gefahr für die Identitäts-<br />
und Persönlichkeitsbildung Jugendlicher und junger Erwachsener ausgeht, welche dem<br />
demokratischen Gemeinwesen schadet.<br />
Die Strategien zur Prävention <strong>von</strong> rechtsextremen und fremdenfeindlichen Einstellungs- und<br />
Verhaltensmustern bei Jugendlichen müssen die politischen Sozialisationsbedingungen der<br />
Heranwachsenden berücksichtigen. Neben den im <strong>Bericht</strong> erwähnten sozialen Lebenslagen<br />
sind hierbei jene Faktoren wie Medienverhalten, Jugendkultur und Peer-Groups, welche die<br />
Erlebnis- und Wertewelt Jugendlicher und Heranwachsender entscheidend prägen.<br />
29
Im Anschluss werden Handlungsoptionen der politischen Bildung und der pädagogischen<br />
Arbeit mit Jugendlichen erörtert, die geeignet sind, fremdenfeindliche und rechtsextreme<br />
Einstellungen bei Jugendlichen zurück zu drängen.<br />
Somit sind Demokratieförderung und Extremismusprävention unerlässlich. Auch hier sind<br />
Daten zur Situation (Orientierungen, Neigungen, Verbreitung rechtextremistischen<br />
Gedankengutes, Gewalt etc.) notwendig, zumal im Kap. IV unter „Schwerpunkte für die<br />
nächsten Jahre...“ unter 4.1 auf die in Kap. I Abschnitt 7 beschriebenen Projekte verwiesen<br />
wird.<br />
Prävention rechtsextremer Einstellungen und Verhaltensformen bei Jugendlichen und<br />
jungen Erwachsenen<br />
Geht es um rechtsextreme Einstellungen und Verhaltensformen, so stehen Jugendliche und<br />
junge Erwachsene in hohem Maße im Fokus der Wahrnehmung <strong>von</strong> Medien, Sicherheits-<br />
und Strafverfolgungsbehörden. Dies hat seinen Grund darin, dass eine große Zahl der<br />
rechtsextrem/ fremdenfeindlich motivierten Straftaten <strong>von</strong> Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen begangen wird. Diese Tatsache sollte jedoch nicht den Blick darauf verstellen,<br />
dass rechtsextreme und fremdenfeindliche Einstellungsmuster in allen Altersgruppen<br />
existent sind. 1<br />
Zudem sollte in der Diskussion um Präventionsstrategien nicht vergessen werden, dass<br />
rechte Straf- und Gewalttaten lediglich die „Spitze des Eisbergs“ rechtsextremer Tendenzen<br />
in der Gesellschaft darstellen. Ein Großteil der Aktivitäten rechtsextremer Akteure findet im<br />
legalen Rahmen statt. Rechtsextreme Organisationen sind in den letzten Jahren dazu<br />
übergegangen, die Möglichkeiten und auch die Grenzen des demokratischen Rechtsstaates<br />
in ihrem Sinne zu nutzen.<br />
Vor diesem Hintergrund sind komplexe auf die Zielgruppe angepasste Maßnahmen <strong>von</strong><br />
Nöten sowie auch Klarheit über die Grenzen der Möglichkeiten <strong>von</strong> Präventionsstrategien<br />
herrschen muss.<br />
Dennoch setzen pädagogische und politische Strategien zur Zurückdrängung<br />
fremdenfeindlicher und rechtsextremer Einstellungen aus gutem Grund primär bei<br />
Jugendlichen an.<br />
Ein Grund ist die Tatsache, dass sich im Jugendalter zwischen zwölf und zwanzig Jahren<br />
jene Identitätsfindungsprozesse vollziehen, mit denen auch die Herausbildung einer<br />
sekundären politischen Sozialisation verbunden ist. 2 Die hier erworbenen Wertehaltungen<br />
und Einstellungen haben langfristige Auswirkungen auf die Wertehaltungen in den<br />
nachfolgenden Lebensabschnitten. 3 Hier setzen zugleich die jugendkulturellen<br />
Identitätsangebote der rechtsextremen Szene an, die Jugendlichen einen emotionalen<br />
Einstieg in die rechtsextreme Lebenswelt über Musik und Gruppenidentität bietet. Daher<br />
betont auch der 18. <strong>Bericht</strong> des IMAK „Extremismusprävention“ für die Kabinettssitzung am<br />
09.09.2008: „Die präventive Kinder- und Jugendarbeit sollte sich an mehrere Institutionen<br />
(Familie, Kindertagesstätten, Schulen, Jugendtreffs etc.) gleichzeitig richten, und die<br />
verschiedenen Dienstleistungen (z.B. <strong>von</strong> Jugendämter, Sozialarbeitern etc. integrieren[...].4<br />
Dieses Ziel einer vernetzten Präventionsstrategie zu erreichen, bedarf es qualifizierter<br />
pädagogischer Mitarbeiter/innen, die über ein solides Grundwissen zur Funktionsweise der<br />
rechtsextremen Szene verfügen, um aktuelle Entwicklungen und Trends einschätzen zu<br />
1<br />
Laut Studie gab es die höchsten Zustimmungsraten zu rechtsextremen Aussagen bei den über<br />
60järhigen.Vgl. BRÄHLER, Elmar: Vom Rand zur Mitte: rechtsextreme Einstellungen und ihre<br />
Einflussfaktoren; FES Berlin 2006 S. 49.<br />
2<br />
Vgl. WASMUND, Klaus: Handbuch der politischen Sozialisation; Braunschweig 1994 S. 123ff.<br />
3<br />
Vgl. HENTIG, Hartmut <strong>von</strong>: Ach die Werte; Hanser Verlag München 2006 S. 67ff<br />
4<br />
Vgl. Entwurf 18. <strong>Bericht</strong> des IMAK „Extremismusprävention“ für die Kabinettssitzung am 09.09.08<br />
Teil 2 S.2<br />
30
können. Darüber hinaus bedarf es eines differenzierten pädagogischen Handlungsansatzes,<br />
um rechtsextrem gefährdeten Jugendlichen Grenzen zu setzen, und zugleich<br />
rechtsrechtsextreme Normalisierungsstrategien 5 eindeutig zurückzuweisen.<br />
Die Bedeutung, welche der historisch-politischen Bildung über die Zeit des<br />
Nationalsozialismus bei der Rechtsextremismusprävention zukommt 6 , ist umstritten.<br />
Zweifelsohne sollten Jugendliche ausreichende und werteorientierte Kenntnisse über die Zeit<br />
des Nationalsozialismus erwerben. Ob und in wieweit sich <strong>von</strong> diesen Rückschlüsse auf die<br />
Prävention <strong>von</strong> fremdenfeindlichen und rechtsextremen Einstellungen bei Jugendlichen<br />
ziehen lassen, ist Gegenstand einer umfangreichen pädagogisch-praktischen und<br />
wissenschaftlichen Kontroverse. 7 Im Kern geht es um die Frage, ob<br />
gedenkstättenpädagogische Maßnahmen die intendierte Wirkung bei rechtsorientierten bzw.<br />
rechtsextremen Jugendlichen haben. Dagegen spricht die hohe Integrationsfähigkeit<br />
rechtsextremer Szeneidentitäten, die bei den Jugendlichen einen identitärgruppendynamischen<br />
Abwehrmechanismus in Gang setzen, so sie ausschließlich kognitiv<br />
mit dem Nationalsozialismus konfrontiert werden. Dies spricht in Bezug auf die mit der<br />
Thematisierung des Nationalsozialismus verbundenen sozialen Lernziele dafür, auf<br />
Methoden des Erfahrungs- und Emphatielernens zu setzen, die nicht primär an die<br />
Übernahme intendierter moralisch-ethischer Lernziele appelliert, sondern Jugendlichen eine<br />
individuelle Lernerfahrung im Hinblick auf die Perspektive der Opfer des Nationalsozialismus<br />
ermöglicht.<br />
Strategien der Jugendarbeit<br />
Als Alternative zu jugendkulturellen Identitätsangeboten rechtsextremer Vergemeinschaftung<br />
brauchen Jugendliche plurale jugendkulturelle Identitätsangebote, welche den Eigenwert <strong>von</strong><br />
Individualität, Emanzipation, Respekt und Solidarität vermitteln. Die Erfahrung aus <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> 8 zeigt, dass dies dort gelingt, wo kommunale und verbandliche Jugendarbeit mit<br />
einem breiten, professionellen Angebot aufwarten kann, dessen Reichweite nicht auf den<br />
spezifischen Sozialraum der Schule, des Jugendclubs etc beschränkt ist, sondern das Klima<br />
einer Kommune oder Region aktiv gestalten. Dies bedeutet insbesondere, demokratische<br />
Jugendkulturen zu stärken und ihre Akteure partizipativ in die Prozesse der Ausgestaltung<br />
<strong>von</strong> Angelegenheiten des Gemeinwesens einzubinden. 9<br />
Die Möglichkeiten der akzeptierenden Jugendarbeit mit rechtsextrem gefährdeten und<br />
rechtsextremen Jugendlichen hingegen werden aus unserer Sicht überschätzt. In den<br />
1990er Jahren wurden in vielen Regionen der neuen Bundesländer, auch in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>,<br />
Erfahrungen mit diesem pädagogischen Ansatz gemacht. Vielfach konnten rechtsextreme<br />
Szenestrukturen unter dem Schutz sozialarbeiterischen Handelns ungehindert agieren, da<br />
sowohl das pädagogische Personal als auch der konzeptionelle Ansatz den Anforderungen<br />
an das Klientel nicht gewachsen schien. Die Schaffung <strong>von</strong> Räumen für rechte Jugendliche,<br />
um Einflussnahme auf und Kontrolle über die lokale rechte Szene zu gewährleisten, stärkte<br />
zumeist rechtes Dominanzverhalten und schwächte die Entfaltung demokratischer<br />
Jugendkulturen. Nicht zuletzt war die deutliche Kritik an dieser Form der Jugendarbeit einer<br />
der wesentlichen Gründungsimpulse des Vereins Miteinander im Jahr 1999.<br />
5 Vgl. DÖRING, Uta: Angstzonen: rechtsdominierte Orte aus lokaler und medialer Perspektive; VS<br />
Verlag 2007 S. 67ff.<br />
6 Vgl. Entwurf 18. <strong>Bericht</strong> des IMAK „Extremismusprävention“ für die Kabinettsstitzung am 09.09.08<br />
Teil 2 S. 3<br />
7 NICKOLAI, Werner: Grenzen der Gedenkstättenpädagogik mit rechten Jugendlichen; Lambertus<br />
Verlag 2002 S. 45-62<br />
8 Vgl.LYNEN VON BEGR, Heinz: Interventionsfeld Gemeinwesen; Juventa Verlag 2007<br />
9 Vgl. OLK; Thomas/ ROTH, Roland: Mehr Partizipation wagen; Bertelsmann Stiftung Gütersloh<br />
2007 S. 13ff<br />
31
Trotzdem bedarf es in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> professioneller Strukturen für die pädagogische Arbeit<br />
mit rechten Jugendlichen. Allerdings erfordert dies klare Konzepte sowie pädagogisches<br />
Personal mit fundierten Kenntnissen zu rechtsextremen Akteuren und Strukturen.<br />
Des Weiteren mangelt es an professionellen Unterstützungsangeboten für Eltern und<br />
Angehörigen <strong>von</strong> rechten Jugendlichen. Im Rahmen unserer Arbeit registrieren wir einen<br />
stetigen Bedarf an qualifizierten Beratungsangeboten.<br />
Demokratiebildung als nachhaltige Präventionsstrategie<br />
Rechtsextremismus ist kein Phänomen auf Zeit, sondern ein inhärenter Bestandteil unserer<br />
Gesellschaft. Die Ursachen rechtsextremer Einstellungsmuster und Verhaltensformen<br />
speisen sich aus einer vielschichtigen Gemengelage aus individuellen, kollektiven und<br />
gesamtgesellschaftlichen Faktoren. Die Bearbeitung des Themas Rechtsextremismus allein<br />
auf der Ebene der „sichtbaren“ zu skandalisierenden Denk- und Handlungsmuster mit Hilfe<br />
ordnungspolitischer wie sozialpädagogischer Mittel greift zu kurz. Vielmehr ist eine<br />
gesamtgesellschaftliche Strategie unabdingbar. Unser Arbeitsschwerpunkt wird auch in den<br />
kommenden Jahren in der Stärkung demokratischer, nicht-rechter Gruppen und<br />
Einzelpersonen liegen. Handlungsleitend ist hierbei die Erkenntnis, dass rechtsextreme<br />
Normalisierungsstrategien dort keine Chance haben, wo demokratische Standards und<br />
demokratische Lebenswelten sichtbar und erfahrbar einen Sozialraum (Schule,<br />
Kirchgemeinde, Kommune, Landkreis) bestimmen. Eine nicht-gelebte demokratische<br />
Alltagskultur bzw.. eine „Kultur des Schweigens“ bieten Möglichkeitsräume, in denen<br />
rechtsextreme Propagandaaktionen und rassistische Gewalt ungehindert in Erscheinung<br />
treten können.<br />
Eine demokratisch verfasste engagierte Zivilgesellschaft ist der wesentliche Schlüssel im<br />
Kampf gegen Rechtsextremismus.<br />
Es bedarf also vor allem der Unterstützung jener Personen, die bereits ein<br />
Problembewusstsein gegenüber dem Thema ausgebildet haben.<br />
Erfahrungen aus der Arbeit des Beratungsnetzwerkes<br />
Seit 2007 kann Miteinander e.V. zur Verstetigung seiner Bildungs- und Beratungsarbeit<br />
gegen Rechtsextremismus auf Regionale Beratungsteams zurückgreifen.<br />
Das Beratungsangebot richtet sich dabei auf kommunale Akteure aus Schule, Kirche,<br />
Jugendarbeit, Sportvereinen, Verwaltungen sowie auf Einzelpersonen. Die Teams arbeiten<br />
mit den Akteuren vor Ort und entwickeln gemeinsam langfristige Handlungsstrategien. In der<br />
Arbeit in den Städten und Gemeinden wird deutlich, dass es eine große Ohnmacht im<br />
Umgang mit rechtsextremen Ereignislagen (wie z.B. rechtsextreme Immobilienkäufe) gibt.<br />
Das Wissen über rechtsextreme Strukturen ist nur marginal vorhanden ist. Gleichzeitig zeigt<br />
sich in der langfristigen Arbeit mit den Akteuren oftmals ein Mangel an Erfahrungen mit<br />
demokratischen Aushandlungsprozessen und partizipative Strukturen.<br />
Hier kann allein in langfristigen vertrauensvollen Beratungsprozessen, Anreize zur Schaffung<br />
nachhaltiger demokratischer Strukturen wie z.B: Bürgerbündnisse geschaffen werden. Ein<br />
wichtiger Bestandteil ist dabei die Arbeit mit alternativen Jugendkulturen und Migrant/innen –<br />
also potenzielle Opfer rechter Gewalt. Die Beratungsteams geben dabei nur die Instrumente<br />
an die Hand, um die Akteure vor Ort zu befähigen, eigene Lösungsansätze zu schaffen.<br />
Erfolgskriterien und Evaluation<br />
Erfolge und Misserfolge, Chancen und Grenzen <strong>von</strong> Präventionsstrategien gegen<br />
Rechtsextremismus sind nur exemplarisch fassbar. Die Unterschiedlichkeit der<br />
Projektformate und die Vielfalt an lokalen Vermittlungsstrukturen erschweren<br />
allgemeingültige vergleichbare Überblicksdarstellung.<br />
32
Dabei ist zu fragen, ob Ergebnisse, die kausale Zusammenhänge wie „mehr<br />
Schulsozialarbeit = weniger rechtsextreme Propagandadelikte an Schulen“ herstellen, den<br />
realen Problemanforderungen zum Thema Rechtsextremismus genügen.<br />
Nichtsdestotrotz wurde eine Vielzahl der Programme gegen Rechts erfolgreich evaluiert und<br />
es können positive Rahmenbedingungen für erfolgreiche Projekte abgeleitet werden.<br />
Evaluationsergebnisse haben gezeigt, dass die Zielgruppe präventiver Maßnahmen vor<br />
allem die demokratischen Zivilgesellschaft ist, die durch langfristig angelegte professionalisierte<br />
Beratungsstrukturen unterstützt, eigene Gegenstrategien entwickelt. 10<br />
Angebote zur Beratung <strong>von</strong> Eltern rechtsextrem gefährdeter und rechtsorientierter<br />
Jugendlicher<br />
<strong>Der</strong> Aufbau <strong>von</strong> integrierten Beratungsangeboten für Eltern <strong>von</strong> rechtsextrem gefährdeten<br />
Jugendlichen steht in Deutschland erst am Anfang. In der Praxis sind zwei Beratungsmodelle<br />
anzutreffen.<br />
Die Berliner Initiative Exit fokussiert in ihrem Beratungsansatz auf den Ausstieg Jugendlichen<br />
und junger Erwachsener aus der rechtsextremen Szene, wozu themenzentriert Strukturen<br />
sozialpädagogischer Hilfen in Anspruch genommen werden. Im Mittelpunkt des<br />
Beratungsansatzes steht die Loslösung des Klienten <strong>von</strong> den Einstellungen und sozialen<br />
Praxen der rechtsextremen Szene.<br />
Eine Exit Elterninitiative bemüht sich um die Begleitung und Beratung betroffener Eltern mit<br />
dem Ziel, diese für die Auseinandersetzung mit ihren rechtsextremen Kindern zu stärken, zu<br />
vernetzen und Erfahrungen zu gewinnen, die Modelle für den Prozess der Distanzierung <strong>von</strong><br />
rechten Einstellungen und sozialen Praxen darstellen.<br />
Einen anderen Ansatz vertritt ein Modellprojekt des Berliner Vereins „Gegen Vergessen“.<br />
Hier sollen Träger der Jugendhilfe und Beratungseinrichtungen für den Aufbau eines<br />
integrierten Beratungsangebots gewonnen werden, in welchem die rechtsextreme<br />
jugendkulturelle Orientierung als Teil multipler individueller Gefährdungen und Problemlagen<br />
(Drogenmissbrauch, Schulabbruch) angesehen und bearbeitet werden. Die Träger der<br />
Beratungsarbeit sollen in die Lage versetzt werden, neben den klassischen<br />
sozialpädagogischen Hilfen eine qualifizierte Begleitung zum Ausstieg aus der<br />
rechtsextremen Szene zu leisten. Da dieses Projekt jedoch erst am Anfang steht, und bisher<br />
nur in einigen ausgewählten Bundesländern Anwendung findet, lassen sich bezüglich der<br />
Entwicklungsbedingungen und Erfolgskriterien bisher keine Angaben machen.<br />
Für beide Beratungsansätze sind in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> soweit ersichtlich keine Anlaufstellen<br />
vorhanden. Um ein integriertes Angebot zu entwickeln, bedürfte es in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
zunächst einer Erhebung der Bedarfslage und der Überprüfung der Reichweite bisheriger<br />
Beratungsansätze für Jugendliche und jungen Erwachsene mit mehrfach sozialen<br />
Benachteiligungen.<br />
Hernach wäre der Aufbau <strong>von</strong> Qualifizierungsangeboten für Mitarbeiter/innen <strong>von</strong> Trägern<br />
der Beratungsarbeit hinsichtlich der Prozesse rechtsextremer, jugendkultureller Sozialisation<br />
und der professionellen Begleitung des Ausstiegs notwendig. Um einen nachhaltigen Effekt<br />
der dauerhaften Loslösung der Klienten <strong>von</strong> der rechtsextremen Szene zu erreichen, darf die<br />
sozialpädagogische Begleitung des Prozesses nicht mit Maßnahmen der Sicherheitsbehörden<br />
in Bezug auf die Strafverfolgung unmittelbar verknüpft werden.<br />
Stärkung alternativer und demokratischer Jugendkulturen<br />
Ausgehend <strong>von</strong> der Analyse der jugendkulturell akzentuierten Sozialraumstrategie<br />
rechtsextremer Gruppen unterstützt der Verein Miteinander e.V. in ländlichen und kleinstädtischen<br />
Regionen soziokulturelle Jugendinitiativen, die sich gegen Fremdenfeindlichkeit<br />
und Rechtsextremismus wenden, und in ihrer kulturellen und sozialen Praxis für eine plurale,<br />
demokratische Jugendkultur eintreten.<br />
10 Vgl.LYNEN VON BEGR, Heinz: Interventionsfeld Gemeinwesen; Juventa Verlag 2007<br />
33
Dies beinhaltet die Unterstützung und Begleitung der Eigeninitiative <strong>von</strong> Jugendlichen bei<br />
der Organisation <strong>von</strong> Konzerten, Jugendwettbewerben und lokalen Jugendkulturevents,<br />
deren Charakter geeignet ist, die Verankerung und soziokulturelle Attraktivität<br />
demokratischer Jugendkulturen im lokalen und regionalen Kontext zu stärken, und somit zur<br />
Zurückdrängung der Repräsentanz rechtsextremer Inhalte in der Öffentlichkeit beitragen.<br />
10. Jugenddelinquenz<br />
10.1 Delinquenz junger Menschen<br />
Punkt 10.1 - Delinquenz junger Menschen – ist unsystematisch gegliedert. Er beginnt mit<br />
Aussagen zur Entwicklung der Jugendkriminalität, der einem Lagebericht der Justiz<br />
entspricht. Als Quelle werden die Jahresberichte der Generalstaatsanwaltschaft benannt.<br />
Notwendige Begriffserläuterungen werden erst in Punkt 10.1.1 getroffen. Im Punkt 10.1.2<br />
folgen nochmals Aussagen zur Entwicklung der Jugendkriminalität, die den Jahresberichten<br />
„Jugendkriminalität und Jugendgefährdung im Land <strong>Sachsen</strong> <strong>Anhalt</strong>“ des Landeskriminalamtes<br />
entnommen sind. Obwohl beide Aussagen ähnliche Tendenzen ausweisen, basieren<br />
sie auf unterschiedlichen Statistiken, die nicht miteinander verglichen werden können. Punkt<br />
10.1 beinhaltet Aussagen über den Geschäftsanfall bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften.<br />
Zum Thema „Delinquenz junger Menschen„ wird weder auf diesbezügliche<br />
wissenschaftliche Erkenntnisse noch auf konkrete Ursachen eingegangen.<br />
Punkt 10.1.2 beinhaltet Aussagen der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) und zeichnet ein<br />
präzises Bild der erfassten polizeilichen Daten.<br />
Ein Rückgang der Verfahren ist festzustellen. Im Bereich der Verfahren gegen Erwachsene<br />
gibt es rückläufige Zahlen.<br />
Ein wichtiger Grund hierfür ist die Kürzung der Mittel für die Ermittlungsarbeiten vor Ort.<br />
Die Reform der Polizeistruktur in Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> hat zu erheblichen Problemen bei der<br />
Verfolgung und Aufklärung <strong>von</strong> Straftaten geführt<br />
So waren z. B. im PR Zerbst 2 Ermittler für Rauschgiftstraftaten abgestellt; heute gar keiner<br />
mehr, so dass ermittelte Straftaten in diesem Bereich „Zufallsfunde“ sind. So geht natürlich<br />
die Anzahl der Betäubungsmittel-Straftaten auch zurück.<br />
<strong>Der</strong> LJHA schlägt vor, unter Punkt 10.1 Konkretisierungen der Begrifflichkeiten vorzunehmen<br />
und zu erläutern.<br />
.<br />
10.2 Präventionsprojekte gegen Kinder- und Jugenddelinquenz<br />
Da die folgenden Projekte ab Punkt 10.2.1 namentlich benannt werden, sollte die Gliederung<br />
überarbeitet werden und dies auch für das erstbenannte, die Schülergremien, gelten.<br />
Erfreulich ist, dass sehr viele Projekte vorgestellt werden, die allerdings, bis auf die<br />
Schülergremien, ganz überwiegend <strong>von</strong> der Polizei initiiert und durchgeführt worden sind.<br />
Dies vermittelt den Eindruck, die Polizei sei originär für die Kriminalprävention zuständig,<br />
was nicht der Fall ist. Sie kann nur Denkanstöße für notwendige präventive Netzwerke<br />
setzen. Vordergründig sind polizeiexterne Partner für die Umsetzung konkreter Maßnahmen<br />
und Projekte der Kriminalprävention verantwortlich. Diese Aussagen und weitere Projekte<br />
„Externer“ werden im <strong>Bericht</strong>sentwurf vermisst.<br />
34
Es sollte aber einer Tendenz der Zentralisierung solcher Maßnahmen entgegen getreten<br />
werden. Durch den Wegfall örtlicher Einrichtungen für Jugendliche und die Durchführung<br />
zentraler Maßnahmen, fehlt es an einer effektiven Arbeit vor Ort.<br />
Kleine Veranstaltungen direkt in der Umgebung der Jugendlichen sind oft effektiver und<br />
wirksamer. Sie sollten nicht aus den Programmen gestrichen werden.<br />
10.3. Täter-Opfer-Ausgleich ( TOA )<br />
Die rückläufige Tendenz der TOA-Fälle hat sicher auch ihre Ursache in dem Rückgang der<br />
verfolgten Straftaten. Die angeführte Förderung sollte ausdrücklich unterstützt werden.<br />
<strong>Der</strong> TOA ist gesetzlich als Weisung in § 10 JGG verankert und auch in geeigneten Fällen<br />
angezeigt, um eine schnelle und direkte Auseinandersetzung mit dem Opfer und den Folgen<br />
der Tat zu bewirken und einen Lernprozess einzuleiten oder zu unterstützen.<br />
Wichtig ist, wie bei allen Maßnahmen/ Strafen u.a. gegen Jugendliche, dass dies zeitnah<br />
zum Delikt erfolgt.<br />
10.4. Vermeidung oder Verkürzung der Untersuchungshaft<br />
Um zu den Projekten und ihre Arbeitsweise etwas sagen zu können, wäre es sehr hilfreich,<br />
exakte Zahlen zur Inanspruchnahme der aufgeführten Heimplätze zu erhalten.<br />
Ebenso ist unklar, wie die 19 Plätze territorial verteilt sind.<br />
Von positiven oder negativen Erfahrungen kann hierzu nichts berichtet werden.<br />
Wichtig ist aber auch hier, egal wie, es bedarf stets einer angemessenen, aber unmittelbaren<br />
und konsequenten Reaktion auf strafbares Verhalten.<br />
10.5. Jugendstrafe/Jugendarrest<br />
Mit der Jugendanstalt in Raßnitz hat das Land eine moderne und sehr gut ausgestattete<br />
Anstalt die (fast) allen Anforderungen erfüllt.<br />
Ähnliches ist auch zu der Arrestanstalt zu sagen.<br />
Noch nicht oft genug kann ein Verurteilten nach seiner Entlassungen die angefangene<br />
Ausbildung fortsetzen oder mit der beendeten Schulbildung eine Ausbildung aufnehmen.<br />
Meist werden sie nur einfach entlassen, haben keine Arbeit und kommen in die alten<br />
Verhältnisse zurück und halten so die angefangene positive Entwicklung und getroffenen<br />
guten Vorsätze nicht durch.<br />
Ein weiteres Problem sind die weiblichen jugendlichen Straftäter. Eine adäquate<br />
Haftverbüßung wie die männlichen Straftäter ist nicht möglich.<br />
<strong>Der</strong> gegenwärtige Stand der gemeinsamen Unterbringung mit Erwachsen ist nicht<br />
befriedigend und lässt den Erziehungszweck der Jugendhaft bezweifeln.<br />
Hier müsste in naher Zukunft Abhilfe geschafft werden.<br />
Beschlussvorschlag:<br />
<strong>Der</strong> LJHA nimmt gem. § 16 Abs. 3 KJHG-LSA sein Recht zur Abgabe einer Stellungnahme<br />
zum 5. Kinder- und Jugendbericht der Landesregierung <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> wahr.<br />
Er gibt zu den in der Anlage aufgeführten Punkten der Gliederung des <strong>Bericht</strong>es seine<br />
Stellungnahme ab.<br />
Die Verwaltung wird beauftragt, die Einzelstellungnahmen mit den beschlossenen<br />
Änderungen redaktionell in eine einheitliche Form zu bringen (z. B. „LJHA“ statt „ich“)<br />
und sie als Gesamtstellungnahme des LJHA schnellstmöglich an das Ministerium für<br />
Gesundheit und Soziales zu übersenden.<br />
zugestimmt: 13 Enthaltung: 1<br />
35
Kinder- und Jugendbericht<br />
der Landesregierung<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
2008<br />
(Stand: 10.03.2009)<br />
1
Inhaltsverzeichnis<br />
Inhaltsverzeichnis ______________________________________________________ 2<br />
Einführung ____________________________________________________________ 7<br />
I. Zur Lage junger Menschen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ________________________________ 8<br />
Vorbemerkung _________________________________________________________ 8<br />
1. Demographischer Wandel ________________________________________________ 9<br />
1.1 Situationsanalyse ______________________________________________________ 9<br />
1.2. Ergebnisse der 4. Regionalisierten Bevölkerungsprognose für <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> _____ 10<br />
1.3. Regionale Entwicklungen _______________________________________________ 12<br />
2. Entwicklung und Situation der Familien_____________________________________ 13<br />
3. Erwerbsarbeit, Einkommen und Armut _____________________________________ 15<br />
4. Bildung, Ausbildung, Beruf ______________________________________________ 18<br />
5. Die Wohnsituation <strong>von</strong> Familien und jungen Menschen ________________________ 19<br />
6. Die gesundheitliche Situation ____________________________________________ 20<br />
II. Kinder- und Jugendhilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> _________________________________ 23<br />
A. Bestandsaufnahme, Analyse und Weiterentwicklung der Arbeitsfelder der Kinder-<br />
und Jugendhilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ________________________________________ 23<br />
1. Jugendhilfestrukturen und Jugendhilfeplanung _______________________________ 23<br />
1.1. Überörtlicher Träger der Jugendhilfe_______________________________________ 23<br />
1.2 Jugendhilfestrukturen und Jugendhilfeplanung in den Kreisen und kreisfreien<br />
Städten _____________________________________________________________ 23<br />
2. Partizipation junger Menschen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ____________________________ 25<br />
2.1. Kommunalverfassungsrechtlich verankerte Partizipationsmöglichkeiten ___________ 25<br />
2.2. Partizipation in der Jugendarbeit __________________________________________ 26<br />
2.3 Beteiligung <strong>von</strong> Kindern in Tageseinrichtungen ______________________________ 26<br />
2.4 Partizipationsmöglichkeiten in den Schulen _________________________________ 27<br />
2.5 Fortbildung und Praxisberatung für die örtliche Ebene _________________________ 27<br />
3. Jugendarbeit _________________________________________________________ 28<br />
3.1 Teilung <strong>von</strong> Verantwortung für die Jugendarbeit mit den Trägern der Jugendarbeit___ 28<br />
3.1.1 Landesweit tätige freie Träger der Jugendhilfe _______________________________ 28<br />
3.1.2. Unterstützung <strong>von</strong> örtlichen Angeboten der Jugendhilfe________________________ 29<br />
3.2 Förderung der Ehrenamtlichkeit in der Jugendhilfe____________________________ 29<br />
3.3 Bestand an Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen __________________________ 30<br />
3.4 Investive Förderung <strong>von</strong> Einrichtungen der Jugendarbeit _______________________ 30<br />
3.5 Außerschulische Jugendbildungsarbeit_____________________________________ 31<br />
3.6 Jugendinformationsdienste ______________________________________________ 32<br />
3.7 Internationale Jugendarbeit ______________________________________________ 33<br />
3.8 Geschlechtsbezogene Angebote in der Jugendarbeit__________________________ 34<br />
3.9 Jugendfreiwilligendienste als Möglichkeit der Orientierung und Qualifizierung junger<br />
Menschen ___________________________________________________________ 35<br />
3.10 Jugend im ländlichen Raum _____________________________________________ 37<br />
4. Jugendsozialarbeit_____________________________________________________ 38<br />
4.1 Mobile Jugendarbeit / Straßensozialarbeit __________________________________ 38<br />
4.2 Sozialarbeit an Schulen_________________________________________________ 39<br />
Projekte der Schulsozialarbeit ____________________________________________ 39<br />
Projekte gegen Schulversagen ___________________________________________ 39<br />
4.2.1 ESF-Programm „Projekte zur Vermeidung <strong>von</strong> Schulversagen und zur Senkung des<br />
vorzeitigen Schulabbruchs ______________________________________________ 39<br />
4.2.2 Richtlinie über die Gewährung <strong>von</strong> Zuwendungen zur Förderung <strong>von</strong><br />
Schulsozialarbeit an Brennpunktschulen____________________________________ 43<br />
4.3 Kooperation <strong>von</strong> Jugendhilfe und Schule ___________________________________ 43<br />
4.4 Berufsorientierende Angebote und Berufsausbildung der Jugendhilfe _____________ 43<br />
5. Kinder- und Jugendschutz_______________________________________________ 46<br />
5.1 Gesetzliche Neuregelungen _____________________________________________ 46<br />
5.2 Verbesserung der staatlichen Aufsicht _____________________________________ 46<br />
2
5.3 Stärkung der Medienkompetenz __________________________________________ 47<br />
5.4. Gefährdungen <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen _______________________________ 48<br />
5.4.1 Misshandlungen und Sexueller Missbrauch <strong>von</strong> Kindern _______________________ 48<br />
5.4.2 Vernachlässigungen ___________________________________________________ 49<br />
5.4.3 Gesundheitsgefährdungen durch Tabak, Alkohol, Drogen ______________________ 51<br />
5.4.4 Kinder und Jugendliche als Betroffene <strong>von</strong> häuslicher Gewalt ___________________ 52<br />
5.4.5 Kinder im Frauenhaus __________________________________________________ 53<br />
5.4.6 Hilfsangebote im Kinder- und Jugendschutz _________________________________ 53<br />
5.5 Allianz für Kinder ______________________________________________________ 54<br />
5.6 Gesetzliche Maßnahmen zur Verbesserung des Schutzes <strong>von</strong> Kindern und zur<br />
Förderung der frühkindlichen Bildung ______________________________________ 54<br />
6. Förderung der Familie __________________________________________________ 56<br />
6.1 Frühe Hilfen für Familie _________________________________________________ 56<br />
6.1.1 Schwangerschaftsberatungsstellen________________________________________ 56<br />
6.1.2. Familienhebammen ____________________________________________________ 57<br />
6.1.3. Familienpatinnen und -paten _____________________________________________ 59<br />
6.1.4 Maßnahmen zur Stärkung der Erziehungskompetenz _________________________ 59<br />
6.2. Familie bildet _________________________________________________________ 60<br />
6.2.1 Kinder-Eltern-Zentren __________________________________________________ 60<br />
6.2.2 Familienzentren _______________________________________________________ 61<br />
6.2.3 Maßnahmen der Familienbegegnung und Familienbildung _____________________ 62<br />
6.3 Familie begleiten ______________________________________________________ 63<br />
6.3.1 Familienverbände _____________________________________________________ 64<br />
6.3.2 Landesbündnis für Familien _____________________________________________ 65<br />
6.3.3 Lokale Bündnisse _____________________________________________________ 66<br />
6.4 Familie unterstützen ___________________________________________________ 67<br />
6.4.1 Familien- und Erziehungsberatung ________________________________________ 67<br />
6.4.2 Beratungsstelle „ProMann“ ______________________________________________ 69<br />
6.4.3 Präventionsmaßnahmen zur Bekämpfung <strong>von</strong> häuslicher Gewalt ________________ 69<br />
6.4.4 Maßnahmen der Familienerholung ________________________________________ 71<br />
6.4.5 Unterstützungsleistungen für Alleinerziehende/Umsetzung des UVG______________ 72<br />
7. Tagesbetreuung und Förderung <strong>von</strong> Kindern ________________________________ 74<br />
7.1 Grundzüge___________________________________________________________ 74<br />
7.2 Bildungsauftrag <strong>von</strong> Kindertagesstätten ____________________________________ 74<br />
7.2.1 Qualifizierung des Personals_____________________________________________ 75<br />
7.2.2 Kompetenzzentren ____________________________________________________ 76<br />
7.2.3 Sprachförderung ______________________________________________________ 77<br />
7.3 Integration <strong>von</strong> behinderten Kindern in Kindertagesstätten______________________ 77<br />
7.4 Nutzung der Kindertagesstätten und Entwicklung des Personals _________________ 78<br />
7.5 Investitionen _________________________________________________________ 80<br />
8. Hilfen zur Erziehung ___________________________________________________ 81<br />
8.1. Hilfen zur Erziehung mit Unterbringung außerhalb der Familie___________________ 81<br />
8.1.1 Vollzeitpflege _________________________________________________________ 81<br />
8.1.2 Heimerziehung und sonstige betreute Wohnformen ___________________________ 83<br />
8.2 Teilstationäre Hilfen zur Erziehung: Tagesgruppen____________________________ 85<br />
8.3 Ambulante Hilfen zur Erziehung __________________________________________ 85<br />
8.4 Eingliederungshilfen für Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen _____ 86<br />
9. Gerichtliche Verfahren, Pflegschaft und Vormundschaft________________________ 87<br />
9.1 Recht auf gewaltfreie Erziehung __________________________________________ 87<br />
9.2 Einheitliches Recht für eheliche und nicht eheliche Kinder ______________________ 88<br />
9.3 Gemeinsames elterliches Sorgerecht ______________________________________ 88<br />
9.4 Umgangsrecht ________________________________________________________ 90<br />
9.5 Beistandschaft ________________________________________________________ 91<br />
9.6. Fortbildung und fachlicher Austausch, Bestrebungen der Zusammenarbeit_________ 91<br />
10. Adoptionen __________________________________________________________ 92<br />
10.1 Allgemeine Entwicklungen in der Adoptionsvermittlung ________________________ 92<br />
3
10.2 Vermittlungsgeschehen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>__________________________________ 92<br />
B. Finanzierungsgrundlagen, Fachkräfteentwicklung und demographische<br />
Herausforderungen für die Jugendhilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ______________________ 94<br />
1. Finanzierung der Kinder- und Jugendhilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>____________________ 94<br />
1.1 Grundlagen der Finanzierung der Kinder- und Jugendhilfe______________________ 94<br />
1.2 Finanzierungsquellen der Jugendhilfe______________________________________ 95<br />
1.3 Gesamtausgaben für die Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland und in <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> ______________________________________________________________ 95<br />
2. Fachkräfteentwicklung und Praxisbegleitung ________________________________ 97<br />
2.1 Wachsende Anforderungen in der Jugendhilfe an die Qualifikation des Personals ___ 97<br />
2.2 Neue Anforderungen an die Fortbildung ___________________________________ 100<br />
3. Veränderte Anforderungen an die Jugendhilfe unter demographischem Druck _____ 101<br />
3.1 Differenzierte Bevölkerungsprognose _____________________________________ 101<br />
3.2 Anforderungen an die Jugendhilfe________________________________________ 103<br />
III. Leistungen in weiteren Lebensbereichen <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen _________ 105<br />
1. Allgemeinbildende und Berufsbildende Schulen _____________________________ 105<br />
1.1 Ziele_______________________________________________________________ 105<br />
1.2 Entwicklungen, Schwerpunktmaßnahmen und Qualitätssicherung schulischer Arbeit 106<br />
1.3. Allgemeinbildende Schulen _____________________________________________ 108<br />
1.3.1 Grundschule ________________________________________________________ 108<br />
1.3.2 Sekundarschule______________________________________________________ 108<br />
1.3.3 Gesamtschule _______________________________________________________ 109<br />
1.3.4 Gymnasium _________________________________________________________ 110<br />
1.3.5 Förderschule ________________________________________________________ 110<br />
1.4 Berufsbildende Schulen________________________________________________ 111<br />
1.5. Perspektiven und Herausforderungen_____________________________________ 111<br />
2. Ausbildung, Arbeitsmarkt und Beschäftigung _______________________________ 112<br />
2.1 Ziele des Landes _____________________________________________________ 112<br />
2.2 Entwicklungen und Schwerpunktmaßnahmen im <strong>Bericht</strong>szeitraum ______________ 112<br />
2.2.1 Ausbildungsrelevante Maßnahmen _______________________________________ 112<br />
2.2.2. Förderung der Erstausbildung Alleinerziehender ____________________________ 112<br />
2.2.3 Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit______________________ 113<br />
2.3 Perspektiven und Herausforderungen_____________________________________ 113<br />
2.3.1 Demographische Entwicklung und Fachkräftebedarf _________________________ 113<br />
2.3.2 Berufsorientierung in zukunftsträchtigen Berufen ____________________________ 114<br />
2.3.3 Handlungsoptionen ___________________________________________________ 114<br />
1. Säule: Betriebliche Ausbildung stärken __________________________________ 114<br />
2. Säule: Qualifizierung <strong>von</strong> Beschäftigten für und in Unternehmen unterstützen ___ 115<br />
3. Säule: Zusätzliche Fachkräftepotentiale erschließen _______________________ 115<br />
3. Gesundheit und Gesundheitserziehung ___________________________________ 118<br />
3.1 Gesundheit _________________________________________________________ 118<br />
3.1.1 Ziele_______________________________________________________________ 118<br />
3.1.2 Entwicklungen und Befunde ____________________________________________ 119<br />
3.1.3 Projekte, Perspektiven und Herausforderungen _____________________________ 121<br />
3.2 Gesundheitsförderung in der Schule ______________________________________ 122<br />
3.2.1 Ziele_______________________________________________________________ 122<br />
3.2.2 Schwerpunktmaßnahmen ______________________________________________ 123<br />
3.2.3 Perspektiven ________________________________________________________ 124<br />
3.3. Kinder- und Jugendpsychiatrie __________________________________________ 125<br />
4. Behindertenpolitik ____________________________________________________ 126<br />
4.1 Trägerübergreifendes Persönliches Budget ________________________________ 126<br />
4.2. Früherkennung und Frühförderung <strong>von</strong> Kindern mit Behinderungen bzw. <strong>von</strong><br />
Behinderung bedrohter Kinder __________________________________________ 127<br />
4.3. Unterstützung für Schwerbehinderte ______________________________________ 127<br />
4.4 Soziale Eingliederung/Rehabilitation durch finanzielle und andere Hilfen<br />
Eingliederungshilfe ___________________________________________________ 127<br />
4
4.4.1 Leistungen der sozialen Rehabilitation ____________________________________ 128<br />
4.4.2 Berufliche Rehabilitation _______________________________________________ 128<br />
5. Kultur ______________________________________________________________ 129<br />
5.1 Ziele des Landes _____________________________________________________ 129<br />
5.2 Entwicklungen und Schwerpunktsetzungen im <strong>Bericht</strong>szeitraum ________________ 129<br />
5.2.1 Aufgaben der Kulturpolitik für Kinder und Jugendliche ________________________ 129<br />
a) Wettbewerbe ___________________________________________________ 129<br />
b) Kooperationsprogramme __________________________________________ 129<br />
c) Freiwilliges Jahr Kultur (FJ Kultur) und Freiwilliges Jahr Denkmal (FJ<br />
Denkmal) _______________________________________________________ 130<br />
5.2.2 Finanzierungsrahmen _________________________________________________ 130<br />
5.2.3 Soziokultur und kulturelle Bildung ________________________________________ 130<br />
5.2.4 Musikschulen________________________________________________________ 131<br />
5.2.5 Bibliotheken _________________________________________________________ 131<br />
5.2.6 Theater ____________________________________________________________ 132<br />
5.3 Perspektiven und Herausforderungen_____________________________________ 132<br />
6. Sport ______________________________________________________________ 132<br />
6.1 Schulsport __________________________________________________________ 132<br />
6.1.1 Ziele_______________________________________________________________ 132<br />
6.1.2 Schwerpunktmaßnahmen im außerunterrichtlichen Schulsport _________________ 133<br />
6.1.3 Perspektiven ________________________________________________________ 134<br />
6.2 Sport in Freizeit und Verein _____________________________________________ 135<br />
6.2.1 Entwicklungsstand____________________________________________________ 135<br />
6.2.2 Perspektiven und Herausforderungen_____________________________________ 136<br />
7. Verkehr ____________________________________________________________ 137<br />
7.1. Vorbemerkung _______________________________________________________ 137<br />
7.2 Projekte der Verkehrssicherheitsarbeit und Mobilitätserziehung_________________ 137<br />
7.2.1 Projekt „Mobile Verkehrserziehung in Kindertagesstätten und Grundschulen“ ______ 138<br />
7.2.2 Projekt „Aus- und Weiterbildung“_________________________________________ 138<br />
7.2.3 Projekt „Mobile Verkehrserziehung Jugend und Verkehr“______________________ 138<br />
7.2.4 Projekt „Mobile Verkehrserziehung behinderter Kinder und Jugendlicher“ _________ 139<br />
7.2.5 Projekt „Sicherheitstraining“ ____________________________________________ 140<br />
7.2.6 Schulprojekt „Auf Achse mit Bus und Bahn; <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> erfahren“ ___________ 140<br />
7.2.7 Schülerferienticket ____________________________________________________ 140<br />
7.2.8 Das Fifty-Fifty-Taxi ___________________________________________________ 140<br />
7.3 Unterstützung der Polizei bei der schulischen Verkehrs- / Mobilitätserziehung _____ 140<br />
7.3.1 Projekt „Mobile Puppenbühne“ __________________________________________ 141<br />
7.3.2 Malwettbewerb zur Unterstützung der Verkehrserziehung an Grundschulen _______ 141<br />
7.3.3 Verkehrspädagogische Ausstellung „Straßenkreuze – Unorte des Sterbens“ ______ 141<br />
7.3.4 Perspektiven und Herausforderungen polizeilicher Verkehrssicherheitsarbeit ______ 141<br />
8. Umwelt_____________________________________________________________ 142<br />
8.1 Ziele_______________________________________________________________ 142<br />
8.2 Entwicklungen und Schwerpunktmaßnahmen ______________________________ 143<br />
8.2.1 <strong>Der</strong> Nachhaltigkeitsprozess_____________________________________________ 143<br />
8.2.2 Umweltbildung und Freiwilliges ökologisches Jahr ___________________________ 143<br />
8.3 Projekte, Perspektiven und Herausforderungen _____________________________ 144<br />
9. Demokratieförderung und Extremismusprävention ___________________________ 145<br />
10. Jugenddelinquenz ____________________________________________________ 146<br />
10.1 Delinquenz junger Menschen nach den Statistiken der Generalstaatsanwaltschaft __ 146<br />
10.2. Delinquenz nach der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) _____________________ 147<br />
10.2.1 Begriffserläuterungen _______________________________________________ 147<br />
10.2.2 Lagebericht zur Jugenddelinquenz _______________________________________ 148<br />
10.3 Präventionsprojekte gegen Kinder- und Jugenddelinquenz ____________________ 149<br />
10.3.1 Jugendberatung bei der Polizei __________________________________________ 150<br />
10.3.2 Präventionsmaßnahmen des Ministeriums des Innern ________________________ 150<br />
10.4 Erfahrungen mit dem Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) __________________________ 154<br />
5
10.5 Projekte zur Vermeidung oder Verkürzung der Untersuchungshaft ______________ 155<br />
10.6 Jugendstrafe/Jugendarrest _____________________________________________ 156<br />
10.6.1 Jugendstrafvollzug____________________________________________________ 156<br />
10.6.2 Jugendarrestvollzug __________________________________________________ 157<br />
10.7 Weiterentwicklung des Jugendgerichtsgesetzes_____________________________ 157<br />
10.8 Politisch motivierte Kriminalität – rechts (PMK –rechts) _______________________ 157<br />
11. Förderung des bürgerschaftlichen Engagements ____________________________ 158<br />
IV. Schwerpunkte der Kinder- und Jugendpolitik der Landesregierung für die nächsten<br />
Jahre ______________________________________________________________ 159<br />
0. Demographischer Wandel _________________________________________________ 159<br />
1. Schwerpunkt: ___________________________________________________________ 159<br />
Kinder- und familienfreundliches <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>____________________________ 159<br />
2. Schwerpunkt: ___________________________________________________________ 160<br />
Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsauftrages der Kinder- und Jugendhilfe ___ 160<br />
2.1. Fachkräfte __________________________________________________________ 161<br />
2.2. Struktur/Finanzierung _________________________________________________ 161<br />
3. Schwerpunkt: ___________________________________________________________ 162<br />
Schutz <strong>von</strong> Kindern_____________________________________________________ 162<br />
3.1. Familien ____________________________________________________________ 162<br />
3.2. Verhütung <strong>von</strong> Kindesmisshandlung und Kindesvernachlässigung ______________ 162<br />
4. Schwerpunkt: ___________________________________________________________ 163<br />
Demokratieförderung und Extremismusprävention ___________________________ 163<br />
4.1. Interministeriellen Arbeitskreises (IMAK) „Extremismusprävention“ ______________ 163<br />
4.2. Politische Bildung in der Schule _________________________________________ 163<br />
4.3. Lehrerfortbildung _____________________________________________________ 164<br />
Anlagenübersicht: ____________________________________________________ 166<br />
Datensammlung _____________________________________________________ 166<br />
6
Einführung<br />
<strong>Der</strong> Kinder- und Jugendbericht ist gemäß § 16 Abs. 1 Kinder- und Jugendhilfegesetz des<br />
Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> (KJHG – LSA) dem <strong>Landtag</strong> in der Mitte einer jeden Legislaturperiode<br />
als <strong>Bericht</strong> über die Lage junger Menschen und die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe<br />
vorzulegen. Neben der Bestandsaufnahme und Analyse soll der <strong>Bericht</strong> Vorschläge<br />
zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe enthalten und einen Überblick über<br />
die Kinder- und jugendpolitischen Zielvorstellungen der Landesregierung geben. Er kann<br />
damit nur einen Überblick über die Gesamtsituation der Kinder- und Jugendhilfe vermitteln.<br />
<strong>Der</strong> nun vorliegende <strong>Bericht</strong> umfasst den Zeitraum ab dem Jahr 2004. Er knüpft damit an<br />
den im Jahr 2004 erschienenen Kinder- und Jugendbericht an. Die 2004 erstmalig erfolgte<br />
separate <strong>Bericht</strong>erstattung hat sich bewährt und trägt der Bedeutung der Kinder- und Jugendhilfe<br />
im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> besser Rechnung.<br />
Im vorliegenden <strong>Bericht</strong> werden die Entwicklungstendenzen der Jugendhilfe unter besonderer<br />
Berücksichtigung der Qualitätsentwicklung dargestellt und es wird eine Zusammenfassung<br />
der landespolitischen Maßnahmen und Leistungen für Kinder und Jugendliche gegeben.<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bericht</strong> steht im Zusammenhang mit anderen <strong>Bericht</strong>en der Landesregierung oder<br />
der einzelnen Ressorts, die spezifische Aspekte der Lebenssituation <strong>von</strong> jungen Menschen<br />
beschreiben (z.B. Gesundheitsbericht, Armuts- und Reichtumsbericht, Berufsbildungs- und<br />
Arbeitsmarktbericht...).<br />
Bildung und Erziehung der jungen Generation ist eine umfassende gesellschaftliche Aufgabe.<br />
Deshalb ist es ein Ziel des Kinder- und Jugendberichts, die Entwicklung der Jugendhilfe<br />
und die Jugendpolitik als Querschnittsaufgabe darzustellen.<br />
Sowohl die Erfahrungen, Erkenntnisse und Einschätzungen hinsichtlich der Weiterentwicklung<br />
der Jugendhilfe als auch fachpolitisch besonders interessante Aspekte, Entwicklungen<br />
und Probleme sind in den <strong>Bericht</strong> eingeflossen. Allerdings war es angesichts des Umfangs<br />
und der Komplexität der Sachverhalte nicht möglich, alle zugearbeiteten Materialien und<br />
fachlichen Positionen ungekürzt aufzunehmen. Es musste eine Gewichtung stattfinden, die<br />
sich daran orientiert hat, auf welchen Bereichen der Fokus des Handelns und Gestaltens<br />
gelegen hat.<br />
Deshalb wird sicherlich nicht <strong>von</strong> jeder Leserin oder jedem Leser die Schwerpunktsetzung<br />
oder der Umfang der einzelnen Themen geteilt. Gerade wer sich beruflich oder aus anderen<br />
Gründen sehr intensiv und umfassend mit einzelnen und Spezialthemen des weiten Feldes<br />
der Kinder- und Jugendhilfe beschäftigt, wird vielleicht eine detaillierte Darstellung einzelner<br />
Fragen vermissen. Doch in diesem <strong>Bericht</strong> soll eine breite Palette an Themen aufgegriffen<br />
werden. Nicht allein die Aktualität <strong>von</strong> Themen steht deshalb im Vordergrund, sondern der<br />
kurzgefasste Gesamtüberblick.<br />
Dem Statistischen Landesamt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> und dem Landesjugendamt sei an dieser<br />
Stelle für das umfangreiche Datenmaterial gedankt, das sie zusammengetragen und zur<br />
Verfügung gestellt haben. Ebenso gilt der Dank denjenigen, die durch ihre Zuarbeiten und<br />
Stellungnahmen einen Beitrag zur Erarbeitung dieses <strong>Bericht</strong>s geleistet haben. Anzumerken<br />
ist schließlich, dass Vorstellungen über die finanziellen Bedingungen der weiteren Ausgestaltung<br />
der Jugendhilfe und Jugendpolitik, die der <strong>Bericht</strong> formuliert, unter dem Vorbehalt<br />
der Entscheidung, insbesondere des Haushaltsgesetzgebers, stehen.<br />
<strong>Der</strong> <strong>Bericht</strong> ist in Anlehnung an den vergangenen <strong>Bericht</strong> in vier Teile gegliedert und enthält<br />
einen Anhang mit Quellenangeben zum Datenmaterial<br />
Teil I beschreibt zunächst die Lage junger Menschen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>.<br />
Teil II formuliert den Bestand und die Weiterentwicklung der Angebote und Leistungen der<br />
Jugendhilfe innerhalb ihrer Handlungsfelder unter besonderer Berücksichtigung der Qualitätsentwicklung.<br />
Im Teil III sind die Leistungen des Landes dargestellt, die über die in Teil II beschriebenen<br />
Angebote und Leistungen der Jugendhilfe im engeren Sinne hinausgehen. Viele Entschei-<br />
7
dungen mit erheblichen Auswirkungen für junge Menschen werden in Politikfeldern außerhalb<br />
der Jugendhilfe getroffen. Im Teil III wird deshalb auf die für die Sozialisation <strong>von</strong> Kindern<br />
und Jugendlichen wichtigen Bereiche Familie, Schule, Arbeitsmarkt / Beschäftigung,<br />
Gesundheit, Kultur, Sport, Verkehr und Umwelt eingegangen.<br />
Im Teil IV werden (sodann) Schwerpunkte der Jugendpolitik der Landesregierung für die<br />
nächsten Jahre kurz beschrieben.<br />
Im Anhang werden ergänzende Daten zu den <strong>Bericht</strong>steilen I bis III abgedruckt.<br />
I. Zur Lage junger Menschen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Vorbemerkung<br />
Es hat sich als günstig erwiesen, Kindheit und Jugend in dieser Gesellschaft mit dem Konzept<br />
der "Lebenslage" zu beschreiben, eine Praxis, die sich in den letzten 20 Jahren in der<br />
Kinder- und Jugendberichterstattung vor allem auf Bundesebene durchgesetzt hat.<br />
<strong>Der</strong> Begriff "Lebenslage" umschreibt dabei zunächst die Zusammenhänge zwischen den<br />
sich stetig verändernden gesellschaftlichen Anforderungen an den Einzelnen, diesbezügliche<br />
individuelle Bewältigungspotentiale und die Ressourcen für notwendige gesellschaftliche<br />
Unterstützungen. Lebenslagen werden also wesentlich <strong>von</strong> sozialstaatlichen Regelungen<br />
bestimmt, die es den Individuen ermöglichen, Risiken der modernen Gesellschaft zu<br />
bewältigen und die Voraussetzung dafür (wieder) zu erhalten, den Anforderungen des Wirtschaftssystems<br />
gewachsen zu sein, das seinerseits auf handlungs- und kommunikationsfähige<br />
Menschen angewiesen ist. Daneben berücksichtigt eine lebenslagenorientierte Beschreibung<br />
der Situation junger Menschen, dass sozialstaatliche Interventionen soziale Antriebe<br />
und Ansprüche der Einzelnen gegen Staat und Wirtschaft bewirken.<br />
Neben den wachsenden Anforderungen der Arbeitswelt an junge Menschen werden auch<br />
neue Kompetenzen für die eigene Lebensführung und für die freiwillige engagierte Mitwirkung<br />
an gesellschaftlichen Prozessen immer wichtiger. Schlüsselkompetenzen sind dabei<br />
die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen sowie der Wille und die Fähigkeit zur Übernahme<br />
<strong>von</strong> Verantwortung für sich selbst und für andere. Diese weichen Faktoren zählen heute in<br />
der Berufswelt immer mehr, wenn es um den Zugang zu attraktiven Ausbildungsplätzen und<br />
Stellen geht.<br />
Die junge Generation hat außerordentlich unterschiedliche Ausgangsbedingungen, um sich<br />
diese und andere wichtige Kompetenzen zu erarbeiten. Es ist da<strong>von</strong> auszugehen, dass nur<br />
durch eine genaue Analyse der Wechselwirkung zwischen sozioökonomischen, soziokulturellen,<br />
regionalen und demographischen Faktoren auf der einen Seite und die Berücksichtigung<br />
individueller Entscheidungen zur Lebensführung auf der anderen Seite jene belastenden<br />
Lebenslagen identifiziert werden können, die es Kindern und Jugendlichen besonders<br />
schwer machen, an der gesellschaftlichen Entwicklung entsprechend ihrer jeweiligen Fähigkeiten<br />
und Kompetenzen teilzuhaben. Eine solche Analyse wird allerdings dadurch erschwert,<br />
dass es offenkundig auch individuell unterschiedliche Bewältigungsstrategien <strong>von</strong><br />
Kindern und Jugendlichen gibt, mit Risiken und Gefährdungen umzugehen.<br />
Demgemäß werden vor allem die Lebensverhältnisse <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen (und<br />
deren Familien) in ausgewählten Bereichen nachzuzeichnen und dabei nutzbare Spiel- und<br />
Handlungsräume sozialpolitischer Gestaltung aufzuzeigen sein.<br />
So stellen sich nach vier Jahren immer noch die folgenden Fragen:<br />
Was heißt es heute, Kind oder Jugendliche/ Jugendlicher zu sein?<br />
Welche aktuellen Entwicklungsmöglichkeiten stehen Kindern und Jugendlichen offen?<br />
Welche Schwierigkeiten sind zu überwinden und welche Hilfen gibt es?<br />
8
Seit dem letzten <strong>Bericht</strong> hat sich die grundlegende Situation <strong>von</strong> jungen Menschen signifikant<br />
verändert, so dass die bisherigen Aussagen nicht mehr beibehalten werden konnten.<br />
So hat es Veränderungen in den Ergebnissen der PISA-Studie gegeben. <strong>Der</strong> Fachkräfteund<br />
Lehrlingsmangel zeigt schon erste Auswirkungen. Insoweit lassen sich gute Ausgangspositionen<br />
für Jugendliche sehen. Gleichwohl sehen junge Menschen, die <strong>von</strong> positiven<br />
Veränderungen nicht profitieren, ihre Zukunft nicht mehr so optimistisch wie noch während<br />
des vorherigen <strong>Bericht</strong>szeitraumes. Diesen Jugendlichen sind Hilfen anzubieten, damit sie<br />
Anschluss an die soziale Teilhabe finden.<br />
Mit diesem <strong>Bericht</strong>szeitraum tritt die erste „Nach-Wende-Generation“ in das Berufsleben<br />
bzw. in die Studienzeit ein (Geburtsjahrgänge ab 1990).<br />
1. Demographischer Wandel<br />
In der aktuellen politischen Diskussion findet in fast allen Politikbereichen eine intensive<br />
Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des demographischen Wandels statt. Dabei<br />
wird insbesondere auf die Entwicklung der Geburtenrate in Deutschland sowie auf die immer<br />
älter werdende Bevölkerung eingegangen. Die demographische Entwicklung hat dabei<br />
weitreichende Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft. Zum Einen ist zu befürchten,<br />
dass aufgrund dauerhaft rückläufiger Geburtenzahlen langfristig mit einem Mangel an Fachkräften<br />
in der Wirtschaft zu rechnen ist, erste Anzeichen sind schon erkennbar. Andererseits<br />
werden Ausgaben der Gesellschaft insbesondere im medizinischen und pflegerischen Bereich<br />
wegen der steigenden Lebenserwartung der Menschen weiter steigen. In den östlichen<br />
Bundesländern kommt noch erschwerend hinzu, dass das Wanderungsverhalten, vor<br />
allem junger Menschen immer noch in Richtung Westen, den Bevölkerungsrückgang noch<br />
verschärft.<br />
Gerade junge Frauen suchen weiterhin ihre berufliche und somit auch soziale Zukunft in<br />
den westlichen Ländern. Dies führt dann auch dazu, dass in den ostdeutschen Ländern<br />
noch weniger junge Frauen im gebärfähigen Alter leben. Die Aufgabe der Politik und der<br />
gesamten Gesellschaft ist es, diesen Tendenzen mit tragfähigen und überzeugenden Konzepten<br />
entgegenzutreten.<br />
1.1 Situationsanalyse<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> befindet sich seit der Wiedergründung des Landes in einem fortdauernden<br />
Schrumpfungsprozess. Von 1990 bis 2006 hat sich nach Angaben des statistischen Landesamtes<br />
die Bevölkerungszahl <strong>von</strong> 2.873.957 Personen auf 2.441.787 Personen verringert.<br />
Innerhalb <strong>von</strong> 16 Jahren ist damit ein Bevölkerungsrückgang <strong>von</strong> 15 Prozent zu verzeichnen.<br />
Im Jahr 2007 lebten in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 2,4 Millionen Menschen. Da<strong>von</strong> waren 1,24 Millionen<br />
weiblichen und 1,18 Millionen männlichen Geschlechts. Vergleicht man das Jahr 2007<br />
mit dem Vorjahr 2006, so ist ein Rückgang <strong>von</strong> 24.097 Einwohnern zu verzeichnen.<br />
Bestimmend für den anhaltenden Bevölkerungsschwund sind bis heute immer noch zwei<br />
Faktoren: Die Abwanderung und die niedrige Geburtenrate.<br />
Im Jahr 1990 wurden in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 31.837 Kinder geboren, 1994 waren es nur noch<br />
14.280, was einen Rückgang um 55% entspricht. Zwar stieg die Zahl der Geburten bis zum<br />
Jahr 2000 auf 18.723, danach ging sie jedoch wieder zurück. Im Jahr 2001 waren es<br />
18.073, 2002 17.617, 2003 16.889 und 2004 nur noch 17337 Geburten.<br />
Erfreulich war die jüngste Entwicklung der Geburtenzahlen, die im Jahr 2007 gegenüber<br />
dem Jahr 2006 um 460 angestiegen sind und wieder an das Niveau 2004 anknüpfen konnte.<br />
9
Lebendgeborene in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 1955 bis 2007<br />
Lebengeborene<br />
70 000<br />
60 000<br />
50 000<br />
40 000<br />
30 000<br />
20 000<br />
10 000<br />
1955 1967 1971 1975 1979 1983 1987 1991 1995 1999 2003 2007<br />
Quelle: Statistisches Landesamt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Statistisch gesehen bringt jede Frau in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> nur noch etwa 1,27 Kinder zur Welt.<br />
Dies reicht nicht mehr aus, um die Bevölkerungszahl konstant zu halten. Auch bei steigenden<br />
Geburtenzahlen und sinkender Abwanderung wird <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> weiter an Einwohnern verlieren,<br />
da durch den bereits erfolgten Bevölkerungsrückgang die jeweilige Generationsbasis<br />
im reproduktiven Alter immer schmaler wird.<br />
Die gleichzeitig steigende Lebenserwartung führt in Verbindung mit der geringen Geburtenrate<br />
zu einem weiteren Effekt: der Überalterung der sachsen-anhaltischen Gesellschaft. Die<br />
Zahl der über 65-jährigen Personen stieg seit der Wiedervereinigung um 36 Prozent. Während<br />
im Jahr 1990 nur jeder siebente <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>er zu den über 65-jährigen gehörte,<br />
zählte im Jahr 2006 schon jeder vierte Einwohner dazu.<br />
Die Auswirkungen des demographischen Wandels machen sich gegenwärtig besonders auch<br />
im schulischen Bereich bemerkbar. So besuchten im Schuljahr 1994/95 noch 391.344 Schülerinnen<br />
und Schüler die allgemeinbildenden Schulen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>. Am Ende des Planungszeitraums<br />
der gegenwärtig geltenden Schulentwicklungspläne, im Schuljahr 2008/09,<br />
werden es jedoch nur noch ca. 175.000 Schülerinnen und Schüler sein. Bis zum Schuljahr<br />
2013/14 wird die Zahl der Schülerinnen und Schüler geringfügig auf ca. 176.000 zunehmen,<br />
danach aber wieder abnehmen.<br />
Besonders dramatisch ist die Entwicklung in den Sekundarschulen. Betrug die Schülerzahl im<br />
Schuljahr 1994/95 noch 132.226, so sank sie im Schuljahr 2006/07 auf 53.351. Zum Schuljahr<br />
2013/14 deutet sich ein leichter Anstieg auf ca. 54.300 an. Etwa dieses Niveau wird dann voraussichtlich<br />
bis 2016/17 gehalten werden, danach nimmt die Schülerzahl erneut ab.<br />
Die Anpassung der Schulnetze an diese Entwicklung ist vor allem für die Träger der Schulentwicklungsplanung,<br />
die Landkreise und kreisfreien Städte, keine leichte Aufgabe, die aber<br />
seit diesem Jahr abgeschlossen ist.<br />
1.2. Ergebnisse der 4. Regionalisierten Bevölkerungsprognose für <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Bevölkerungsvorausberechnungen zeigen, wie sich die Bevölkerungszahl und der Altersaufbau<br />
der Bevölkerung unter bestimmten Annahmen zur Entwicklung wesentlicher Komponenten<br />
der Bevölkerungsbewegung, Geburtenhäufigkeit, Sterblichkeit und Wanderungen innerhalb<br />
eines festgelegten Zeithorizonts verändern. Da sich demographische Prozesse allmählich<br />
vollziehen und auf die Bevölkerungssituation oft erst nach mehreren Jahrzehnten vollständig<br />
auswirken, werden für amtliche Bevölkerungsvorausberechnungen häufig längere<br />
Zeiträume <strong>von</strong> 30 bis 50 Jahren gewählt. Somit ist es möglich, noch unsichtbare, jedoch "vorprogrammierte"<br />
künftige Veränderungen sichtbar zu machen und wichtige Frühindikatoren für<br />
Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu liefern. Das Statistische Landesamt hat im Januar 2007<br />
die vierte regionalisierte Bevölkerungsprognose <strong>von</strong> 2005 bis 2025 vorgelegt. Obwohl <strong>von</strong> ei-<br />
10<br />
Jahr
ner Steigerung der Geburtenrate auf 1,4 Kinder je Frau und einem in 2025 ausgeglichenen<br />
Wanderungssaldo ausgegangen wird, setzt sich der Bevölkerungsschwund auch in Zukunft im<br />
Wesentlichen so fort. Die Bevölkerungszahl sinkt bis 2025 nochmals um etwa eine halbe Million<br />
auf rund 2.000.000 Personen. Ebenso wird die Überalterung der sachsen-anhaltischen<br />
Gesellschaft zunehmen.<br />
Ergebnisse der 4. Regionalisierten Bevölkerungsprognose und tatsächliche Entwicklung der<br />
Bevölkerungszahl in den Jahren 2005 bis 2007<br />
Personen<br />
2.600.000<br />
2.400.000<br />
2.200.000<br />
2.000.000<br />
1.800.000<br />
1.600.000<br />
1.400.000<br />
1.200.000<br />
Ergebnisse der 4. Regionalisierten Bevölkerungsprognose 2005 bis 2025<br />
tatsächliche Entw icklung 2005 bis 2007<br />
1.000.000<br />
2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019 2021 2023 2025<br />
Quelle: Statistisches Landesamt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Jahr<br />
Die Zahl der Kinder und Jugendlichen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> geht nach der vierten regionalisierten<br />
Bevölkerungsprognose bis 2025 noch einmal deutlich zurück.<br />
Dabei wird die Zahl der Kinder unter drei Jahren je nach Landkreis bzw. kreisfreier Stadt<br />
zwischen 13% und 60% zurückgehen. Am stärksten zeigt sich der Rückgang im Landkreis<br />
Wittenberg, am geringsten in der Stadt Halle. Auch bei den Kindern zwischen drei und<br />
sechs Jahren zeigen sich erhebliche regionale Unterschiede. Am stärksten fällt der Rückgang<br />
der Kinderzahlen im Alter zwischen 3 und 6 Jahren im Mansfelder Land aus. Hier sinkt<br />
die Zahl der Kinder in dieser Altersgruppe um 53%. In Halle und Magdeburg sinkt die Zahl<br />
der Kinder in dieser Altersgruppe bis 2025 mit 4% bzw. 6% nur gering. Bei den Jugendlichen<br />
zwischen 13 und 19 Jahren ist ebenfalls eine deutliche Verringerung sichtbar. <strong>Der</strong><br />
Rückgang schwankt hier in den Landkreisen zwischen 33% im Landkreis Harz und bis zu<br />
51% im Landkreis Wittenberg. Bei den großen Städten ist Halle mit 28% Rückgang fast genauso<br />
stark betroffen, wie die Landkreise, einzig die Stadt Magdeburg verzeichnet mit einem<br />
prognostizierten Rückgang <strong>von</strong> 13% eine geringere Quote. Bemerkenswert ist allerdings,<br />
dass auch nach der 4. regionalisierten Bevölkerungsprognose die absolute Zahl der<br />
jungen Menschen in den Altersgruppen 0-3, 3-6 und 6-14 Jahre zunächst steigt, in der Altersgruppe<br />
der 6-bis14-jährigen sogar bis zum Jahr 2012.<br />
In der Prognose steigt der Anteil der über 65-jährigen Menschen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> <strong>von</strong><br />
22% in 2005 auf rund 31% in 2025. Dabei zeigt sich auch hier ein Ungleichgewicht zwischen<br />
Frauen und Männern. Aufgrund der höheren Lebenserwartung steigt der Anteil der<br />
Frauen im höheren Lebensalter gegenüber der Zahl der Männer an, so dass 2025 etwa<br />
344.000 Frauen rund 260.000 Männern in der Altersgruppe der über 65-jährigen gegenüberstehen.<br />
Neben dem Geburtenrückgang wird die Überalterung zu einer weiteren großen<br />
demographischen Herausforderung.<br />
Zudem ist im Ergebnis der häufigen Kinderlosigkeit insbesondere <strong>von</strong> Frauen mit hohem<br />
Bildungsniveau <strong>von</strong> einer Zunahme des Anteils junger Menschen aus benachteiligten, bildungsfernen<br />
Familien auszugehen.<br />
Zur zukunftsfähigen Gestaltung des Generationenverhältnisses ist ein Nachdenken und eine<br />
Konzeptentwicklung zur künftigen Stellung und Rolle aller in der Gesellschaft Lebenden er-<br />
11
forderlich. Notwendig sind ein gesellschaftliches Klima und Rahmenbedingungen, in denen<br />
sich Familien und junge Menschen nicht als marginalisierte Gruppen in der Gesellschaft<br />
wahrnehmen müssen, sondern als Partner im Generationenverhältnis und bei der Weiterentwicklung<br />
der Bürgergesellschaft verstanden werden. Im Diskurs der Generationen müssen<br />
die Kinder, die Jugend sowie die Familien ein größeres Gewicht bekommen. Dies<br />
schließt die Notwendigkeit eines weiteren Nachdenkens über neue und andere Formen demokratischer<br />
Entscheidungsfindung sowie der Etablierung erweiterter Formen der Partizipation<br />
<strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen ein. Mit dem Rückgang der Bevölkerung und der Veränderung<br />
der Altersstruktur haben sich Nachfrage- und Finanzierungsstrukturen für die Angebote<br />
der Jugendarbeit in regionalspezifischer Ausprägung verändert. Dies zielgenau und<br />
bedarfsorientiert unter Berücksichtigung demographischer Fakten zu steuern und damit zu<br />
verändern, bleibt nicht nur angesichts der knappen öffentlichen Mittel eine große Herausforderung.<br />
Entwicklung der Zahl der unter 14-jährigen mit den über 75-jährigen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Personen<br />
310.000<br />
260.000<br />
210.000<br />
160.000<br />
110.000<br />
60.000<br />
unter 14jährige über 75jährige<br />
10.000<br />
2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019 2021 2023 2025<br />
Quelle: Statistisches Landesamt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Jahr<br />
Verschiebungen im Altersaufbau der Bevölkerung <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s werden relativ schnell<br />
stattfinden. Bereits 2009 wird die Zahl der über 75-jährigen Menschen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
die Zahl der unter 14-jährigen übersteigen. Auch die Altersgruppe der 14- bis 27-jährigen<br />
wird stark zurückgehen, während die Gruppe der über 60-jährigen stark zunimmt. Allerdings<br />
trifft dies nicht auf die Altersgruppe der 6 bis 14-jährigen zu. Hier wird es erst zum Jahr 2012<br />
zu einem jährlichen Anstieg kommen. Erst danach geht die Bevölkerung in dieser Altersgruppe<br />
zurück.<br />
Das bedeutet für das Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>:<br />
• Die 14- bis 27– jährigen werden gesellschaftlich zu einer Minderheit, die ihre Bedürfnisse<br />
weniger artikulieren kann. Es ist deshalb mehr Jugendpolitik notwendig.<br />
• Es ist Aufgabe der Landesregierung, die Bedürfnisse dieser jungen Menschen zu erkennen,<br />
sie aufzunehmen, ihnen Gehör und Partizipationsmöglichkeiten zu verschaffen,<br />
ihr kreatives Potenzial entfalten zu lassen und für die Entwicklung des Landes<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> zu nutzen.<br />
Die jungen Menschen dieser Altergruppe stellen die Zukunft des Landes dar. Werden sie nicht<br />
in den Gestaltungsprozess integriert, schwächt sich die Entwicklung des Landes mittelfristig<br />
wieder ab.<br />
1.3. Regionale Entwicklungen<br />
Betrachtet man den Bevölkerungsrückgang in der neuen Kreisstruktur, wird deutlich, dass im<br />
Jahr 2025 sechs <strong>von</strong> elf Landkreisen eine Bevölkerungszahl <strong>von</strong> zum Teil deutlich unter<br />
150.000 Einwohnern haben wird. Dabei verläuft die Entwicklung in den einzelnen Landkrei-<br />
12
sen sehr unterschiedlich. Während Magdeburg nach den Prognosedaten bis 2025 etwa nur<br />
10% seiner Einwohner verlieren soll, wird im Landkreis Mansfeld-Südharz mit einem Einwohnerrückgang<br />
bis zu 30% gerechnet. Ebenso werden einige Landkreise eine deutlich ungünstigere<br />
Alterszusammensetzung aufweisen als andere. Das Eingehen auf diese regionalen<br />
Unterschiede kann eine wichtige Stellschraube im Umgang mit dem demographischen<br />
Wandel werden.<br />
2. Entwicklung und Situation der Familien<br />
Familien bilden als historisch gewachsene und bewährte Institution den Kern und das Fundament<br />
unserer staatlichen Gemeinschaft. Als wichtigstes soziales Netz erbringen sie unbezahlbare<br />
Leistungen für die gegenwärtige und zukünftige Gesellschaft. Sie sichern die Generationenfolge<br />
und sind Voraussetzung für die gesellschaftliche Zukunftsfähigkeit. Familie ist<br />
überall dort, wo Kinder sind und Menschen dauerhaft füreinander Verantwortung übernehmen,<br />
Sorge tragen und einander Zuwendung schenken.<br />
Die Lebenswirklichkeiten in der Gesellschaft haben sich tiefgreifend verändert. <strong>Der</strong> Altersaufbau<br />
der Bevölkerung hat sich grundlegend gewandelt. Die Zahl der älteren Menschen<br />
steigt. Es werden deutlich weniger Kinder geboren als zum Erhalt der Bevölkerungszahl notwendig<br />
wäre. Dafür gibt es vielfältige Gründe. Die Familie steht heute in Konkurrenz zu anderen<br />
Lebensentwürfen, die mehr Freiräume für Beruf- und Privatleben bieten. Die Lebensstile<br />
der Menschen sind außerordentlich vielfältig geworden. Diese Pluralität ist heute gesellschaftlich<br />
akzeptiert.<br />
In einer freiheitlichen Gesellschaft entscheiden die Menschen weitgehend selbst, wie sie ihr<br />
Leben gestalten, welche Lebensplanungen sie verwirklichen, mit wem sie Verbindungen eingehen<br />
und ob sie Kinder haben wollen. Wie sich die Menschen entscheiden, hängt zunächst<br />
einmal <strong>von</strong> eigenen Wertvorstellungen ab und <strong>von</strong> ihren eigenen persönlichen Prägungen<br />
und Erfahrungen. Untersuchungen und Umfragen bestätigen jedoch, dass für die meisten<br />
Menschen die Familie und Kinder nach wie vor zentrale Bereiche ihrer Lebensplanung sind,<br />
die sie verwirklichen möchten.<br />
In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> lebten im Jahr 2007 insgesamt 363.300 Familien mit Kindern. Gegenüber<br />
dem Jahr 2003 sind das 39.000 Familien mit Kindern weniger. Das entspricht einem Rückgang<br />
<strong>von</strong> 9,7 Prozent. Gleichzeitig haben die Lebensformen ohne Kinder (Ehepaare, Lebensgemeinschaften<br />
und Alleinstehende) zugenommen. Insbesondere hat sich die Anzahl<br />
der Alleinstehenden ohne Kinder <strong>von</strong> 327.900 in 2003 auf 484.000 in 2007 erhöht. Das entspricht<br />
einer Steigerung <strong>von</strong> 48 Prozent.<br />
Eine Übersicht dazu findet sich im Anhang unter Anlage zu I. 2.<br />
Kinder wachsen seltener in einer Gemeinschaft mit mehreren Geschwistern auf. <strong>Der</strong> Trend<br />
zur Ein-Kind-Familie ist offensichtlich.<br />
In 2007 dominieren Ein-Kind-Familien (239.100) gegenüber Zwei-Kind-Familien (103.200)<br />
und Drei- und Mehrkindfamilien (21.000).<br />
Prozentual ist der größte Rückgang bei den Drei- und Mehrkindfamilien zu verzeichnen.<br />
Die Zahl der Alleinerziehenden mit Kindern stieg <strong>von</strong> 89.900 in 2005 auf 92.000 in 2007. Ein<br />
Vergleich zu den Jahren 2003 und 2004 ist nur bedingt möglich, da der Mikrozensus erst ab<br />
2005 eine Änderung der statistischen Erfassung der Kategorie „Alleinerziehende“ vollzogen<br />
hat.<br />
Die Familie im statistischen Sinn, worauf nachfolgende Daten basieren, umfasst im Mikrozensus<br />
alle Eltern-Kind-Gemeinschaften, d.h. Ehepaare, nichteheliche (gegengeschlechtliche)<br />
und gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften sowie alleinerziehende Mütter und<br />
Väter mit ledigen Kindern im Haushalt.<br />
Einbezogen sind in diesen Familienbegriff nicht nur die leiblichen Kinder, sondern auch die<br />
Stief-, Pflege- und Adoptivkinder.<br />
13
Erwartungsgemäß ist die Zahl der allein erziehenden Frauen gegenüber den allein erziehenden<br />
Männern höher und macht in 2007 einen Anteil <strong>von</strong> 87, 3 % aus.<br />
Bei den Lebensformen mit Kindern ist die so genannte Kernfamilie, in der Frau und Mann<br />
miteinander verheiratet sind und ein oder mehrere Kinder haben, immer noch die häufigste,<br />
aber eben nur eine <strong>von</strong> mehreren Familienformen. An die Stelle der traditionellen, auf Ehe<br />
gegründeten Vater-Mutter-Kind-Familie sind Einelternfamilien, getrennt Lebende und Geschiedene<br />
mit Kindern, nichteheliche und gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften mit<br />
Kindern getreten. Kinder wachsen in unterschiedlichen Familienkonstellationen auf, haben<br />
häufiger als früher Trennungen und sich verändernde Zusammensetzungen im familiären<br />
Kontext zu bewältigen.<br />
Geburtenentwicklung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>:<br />
Seit 2007 sind wieder mehr Geburten zu verzeichnen. Im Vergleich zum Vorjahr nahm die<br />
Zahl der Geburten um 460 zu.<br />
50.000<br />
40.000<br />
30.000<br />
20.000<br />
10.000<br />
0<br />
43.089<br />
Form des Zusammenlebens - Mikrozensus 2006<br />
Alleinstehende<br />
38,9%<br />
Lebensgemeinschaften<br />
ohne Kinder<br />
3,5%<br />
Geborene in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> <strong>von</strong> 1980 - 2007<br />
40.037<br />
31.837<br />
14.568 18.723 17.337 17.166 16.927 17.387<br />
1980 1985 1990 1995 2000 2004 2005 2006 2007<br />
Quelle: Statistisches Landesamt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
männlich und weiblich Geborene insgesamt<br />
Auch das Heiratsverhalten hat sich in den letzten 20 Jahren grundlegend geändert.<br />
Vergleicht man die Zahlen des Mikrozensus für <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> im Zeitraum <strong>von</strong> 1980 bis<br />
zum Jahr 2007, dann haben sich die Eheschließungen in besagtem Zeitraum um mehr als<br />
die Hälfte verringert.<br />
14<br />
Ehepaare mit Kindern<br />
19,3%<br />
Lebensgemeinschaften<br />
mit Kindern<br />
3,6%<br />
Alleinerziehende<br />
7,6%<br />
Ehepaare ohne Kinder<br />
27,1%
Im Zeitraum <strong>von</strong> 2004 bis 2007 ging die Zahl der Eheschließungen um 5,9 % zurück.<br />
Die Zahl der Ehescheidungen ist leicht rückläufig.<br />
Jahr Eheschließungen Ehescheidungen<br />
15<br />
Ehescheidungen<br />
je 100 Eheschließungen<br />
1980 25.923 8.482 32,7<br />
1990 18.393 5.990 32,6<br />
2000 10.310 5.823 56,5<br />
2004 10.748 5.866 54,6<br />
2005 10.980 5.227 47,6<br />
2006 10.114 5.097 50,4<br />
2007 10.117 4.924 48,7<br />
Quelle: Statistisches Landesamt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
<strong>Der</strong> schon in den vorangegangenen Jahren zu beobachtende Trend, dass eine zunehmende<br />
Zahl <strong>von</strong> Menschen allein lebt, hält als Ausdruck eines Wechsels in den Lebensformen auch<br />
in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ungebrochen an. So erhöhte sich die Anzahl der Einpersonenhaushalte<br />
<strong>von</strong> 419.000 im Jahr 2005 auf 442.200 im Jahr 2007, während sich parallel dazu der Umfang<br />
der Mehrpersonenhaushalte <strong>von</strong> 769.300 auf 758.200 verringerte.<br />
900,0<br />
800,0<br />
700,0<br />
600,0<br />
500,0<br />
400,0<br />
300,0<br />
200,0<br />
874,7<br />
319,7<br />
851,9<br />
336,9<br />
852,1<br />
348,5<br />
844,5<br />
350,0<br />
Quelle: Statistisches Landesamt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
825,8<br />
383,7<br />
410,6<br />
Die skizzierten Entwicklungstendenzen können als Ausdruck verstärkt zu beobachtender Individualisierungsprozesse<br />
sowie einer in diesem Kontext zunehmenden Vielfalt der Formen<br />
familiären Zusammenlebens gewertet werden.<br />
3. Erwerbsarbeit, Einkommen und Armut<br />
Die Arbeitsmarktsituation in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> hat sich weiter entspannt: 2007 waren in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
rd. 1 Million Personen erwerbstätig. Dies bedeutet eine Steigerung im Vergleich<br />
zum Vorjahr um 11.100 Beschäftigte (1,1 Prozent).<br />
Die Arbeitslosigkeit in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> war in den vergangenen Jahren rückläufig. Die Zahl<br />
der Arbeitslosen ist allein 2007 im Vergleich zum Vorjahr um 29.800 Personen gesunken.<br />
808,5<br />
796,9<br />
412,2<br />
788,7<br />
419,4<br />
778,0<br />
423,4<br />
769,3<br />
419,0<br />
766,4<br />
434,5<br />
758,2<br />
442,2<br />
1991 1993 1995 1997 1999 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Einpersonenhaushalte Mehrpersonenhaushalte
Die Arbeitslosenquote hat sich um 2,5 Prozentpunkte auf 17,4 Prozent verringert. <strong>Der</strong> Frauenanteil<br />
an den Arbeitslosen lag im Jahresdurchschnitt 2007 bei 51,2 Prozent.<br />
Die Jugendarbeitslosigkeit konnte deutlich gesenkt werden. 2007 waren durchschnittlich rd.<br />
21.800 Jugendliche unter 25 Jahren arbeitslos, das sind 5.200 (19,1 Prozent) weniger als im<br />
Vorjahr. Das bedeutet für Familien in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> eine erhebliche Verbesserung ihrer<br />
wirtschaftlichen und sozialen Situation.<br />
Nähere Informationen zur Arbeitsmarktentwicklung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> bietet der Jahreswirtschaftsbericht.<br />
Tabelle 1: Erwerbstätige und Arbeitnehmer mit Arbeitsort im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Erwerbstätige Arbeitnehmer/Innen<br />
Jahresdurchschnitt Veränderung zum Jahresdurchschnitt Veränderung zum<br />
Jahr Anzahl in 1 000 Vorjahr in % Anzahl in 1 000 Vorjahr in %<br />
2004 1 004,7 −0,3 910,9 −0,8<br />
2005 989,7 −1,5 892,4 −2,0<br />
2006 992,9 0,3 896,0 0,4<br />
2007 1 004,0 1,1 906,0 1,1<br />
Quelle: Statistisches Landesamt/Ergebnisse des Arbeitskreises "Erwerbstätigenrechnung des Bundes und der Länder", für<br />
die letzten 3 Jahre vorläufige Angaben, Stand: März 2008<br />
Tabelle 2: Arbeitslose in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Jahres-<br />
insgesamt<br />
durchschnitt<br />
absolut Arbeitslosenquote*<br />
2004 262.763 21,7<br />
16<br />
da<strong>von</strong> im Rechtskreis<br />
SGB III SGB II<br />
absolut Arbeitslosenquote*<br />
absolut Arbeitslosenquote*<br />
2005 258.527 21,7 102.811 8,6 155.715 13,1<br />
2006 231.897 19,9 81.157 7,0 150.740 12,9<br />
2007 202.098 17,4 61.881 5,3 140.216 12,1<br />
Vorjahresvergleiche 2005 zu 2004 wegen Einführung des SGB II nur eingeschränkt möglich<br />
Quelle: Bundesagentur für Arbeit * bezogen auf die abhängigen zivilen Erwerbspersonen<br />
Tabelle 3: Arbeitslose Jugendliche unter 25 Jahren in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Jahresdurchschnitt<br />
insgesamt<br />
absolut Arbeitslosenquote*<br />
2004 28.970 17,1<br />
da<strong>von</strong> im Rechtskreis<br />
SGB III SGB II<br />
absolut Arbeitslosenquote*<br />
absolut Arbeitslosenquote*<br />
2005 32.704 20,3 15.022 9,3 17.682 11,0<br />
2006 27.012 17,5 10.112 6,6 16.900 11,0<br />
2007 21.841 14,6 9.147 6,1 12.695 8,5<br />
Vorjahresvergleiche 2005 zu 2004 wegen Einführung des SGB II nur eingeschränkt möglich<br />
Quelle: Bundesagentur für Arbeit * bezogen auf die abhängigen zivilen Erwerbspersonen<br />
<strong>Der</strong> Anfang Mai 2008 vorgelegte 2. Armuts- und Reichtumsbericht „Leben in <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong>“ (2. ARB) gibt Auskunft über die Entwicklung der Einkommen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> im<br />
Vergleich zur Armutsgrenze.
Armut wird nach dem 2. ARB als ein Mangel an Mitteln, infolge dessen die Sicherung des<br />
Lebensbedarfes – beruhend auf den jeweils historisch geltenden, sozialen und kulturellen typischen<br />
Standards einer jeweiligen Gesellschaft – nicht gewährleistet ist.<br />
Dabei spricht man <strong>von</strong> absoluter Armut, wenn die Sicherung des physischen Existenzminimums<br />
bedroht ist. Es besteht also ein Mangel an lebensnotwendiger Grundversorgung wie<br />
Nahrung, Kleidung, Gesundheitspflege oder Wohnraum etc.<br />
Zur relativen Armut zählen Personen, wenn sie bzgl. ihrer Ressourcen und Lebenslage im<br />
Vergleich zum durchschnittlichen Lebensstandard der Gesellschaft als benachteiligt gelten.<br />
Für den 2. ARB wurden u.a. statistische Daten der Europäischen Union und zwar die Daten<br />
der EU-SILC (Community Statistics on Income and Living Conditions) genutzt und für <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
aufbereitet. Diese Daten bieten den Vorteil einer hohen Vergleichbarkeit und<br />
werden regelmäßig erhoben.<br />
Nach dem 2. ARB des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> beträgt auf der Basis dieser EU-SILC-Daten<br />
das mediane Äquivalenzeinkommen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 1.240 € pro Person und Monat. Die<br />
Armutsgefährdungsgrenze (60% des medianen Äquivalenzeinkommens) beträgt somit 744 €<br />
pro Person und Monat.<br />
Die Armutsgefährdungsquote beträgt:<br />
• insgesamt 14%,<br />
• für unter 15-Jährige 17%,<br />
• für über 65-jährige 3%,<br />
• für Alleinerziehende bei 32% und<br />
• für Familien mit Kindern, in denen keiner der Elternteile arbeitet, 49%.<br />
Bei Zugrundelegung des Medianwertes für die gesamte Bundesrepublik liegt die Armutsgefährdungsquote<br />
in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> bei 20% und für Alleinerziehende bei 48%. Ausschlaggebend<br />
für diese Differenz sind die im Bundesvergleich generell niedrigeren Einkommen.<br />
Das zeigt aber auch, dass die sogenannten „Zwei-Eltern-Familien“ die am wenigsten <strong>von</strong><br />
Armut betroffene Gruppe ist.<br />
Die Daten der Bundesagentur für Arbeit zeigen für die Zahl aller Leistungsempfangenden der<br />
Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im<br />
Verhältnis zur Bevölkerung im jeweiligen Alter für <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> per Dezember 2008<br />
folgende Werte:<br />
• Quote der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Alter <strong>von</strong> 15 - 65 Jahren : 15,7 %,<br />
• Quote der nicht erwerbsfähigen Hilfebedürftigen : 4,4% und<br />
• Quote der unter 15-jährigen Hilfebedürftigen : 28,9 %.<br />
Die hohe Zahl der unter 15-jährigen bezogen auf alle Hilfebedürftigen zeigt ein zentrales Zukunftsrisiko<br />
für das Land. Fast ein Drittel der Kinder in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> wächst in Haushalten<br />
auf, die auf unterstützende Transferleistungen angewiesen sind. Umso wichtiger ist es, auch<br />
dafür zu sorgen, dass die Familien für ihre Kinder zur Verfügung stehenden Mittel auch bei<br />
ihnen ankommen, bzw. für sie eingesetzt werden.<br />
Die Ursachen für Armut in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> liegen in der ausgeprägten Arbeitslosigkeit bei<br />
Jugend und Eltern bzw. Alleinerziehenden. Die Arbeitslosigkeit der Eltern bzw. der Alleinerziehenden<br />
hat direkte Auswirkungen auf deren Kinder.<br />
Zur Verringerung der Auswirkungen <strong>von</strong> Armut ist das vordringlichste Ziel der Landesregierung,<br />
Arbeitsplätze zu schaffen. Die Belebung des Arbeitsmarktes trägt daher ganz erheblich<br />
zu einer Verbesserung der Situation für viele Familien in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> bei.<br />
Die Landesregierung setzt sich im Rahmen des Bundesrates und der Arbeits- und Sozialministerkonferenz<br />
dafür ein, dass Regelsätze für Kinder nach SGB II und XII künftig nicht mehr<br />
pauschal vom so genannten Eckregelsatz abgeleitet, sondern konkret nach den spezifischen<br />
Bedarfen <strong>von</strong> Kindern bemessen werden. In seinen beiden Vorlagebeschlüssen an das Bundesverfassungsgericht<br />
vom 27.1.2009 hat sich auch das Bundessozialgericht dieses Anlie-<br />
17
gen zu eigen gemacht. Gleichwohl ist es zu begrüßen, dass die Bundesregierung als Bestandteil<br />
des Konjunkturpaketes 2 ab 1.7.2009 eine Erhöhung des Regelsatzes für über 5jährige<br />
Kinder <strong>von</strong> 60 auf 70% des Eckregelsatzes plant.<br />
Alle diese Maßnahmen werden im Ergebnis ihrer Realisierung dazu beitragen, das Armutsrisiko<br />
insbesondere <strong>von</strong> Eltern und Alleinerziehenden und damit auch deren Kindern zu verringern.<br />
Allerdings Armut allein auf ein finanzielles Problem zu reduzieren, würde nicht genügen, um<br />
die Gesamtthematik zu erfassen.<br />
<strong>Der</strong> direkte Zusammenhang zwischen Armut und Bildung ist in zahlreichen Untersuchungen<br />
nachgewiesen worden. So sind Bildung und insbesondere frühe Bildung (vorschulischer Bereich)<br />
die wirksamste Prävention und dienen der direkten Armutsbekämpfung.<br />
4. Bildung, Ausbildung, Beruf<br />
Bildung ist in unserem Land die gesellschaftliche und individuelle Ressource. Von der Bildung<br />
der jungen Menschen hängen ihre Zukunft, ihre Chancen auf Arbeit, auf Selbstverwirklichung<br />
und Partizipation ebenso maßgeblich ab, wie auch die Zukunft des Landes.<br />
Durch internationale Vergleichsstudien zu den schulischen Leistungen hat sich die öffentliche<br />
Aufmerksamkeit auch in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> wieder verstärkt Fragen der Bildung und der<br />
Bildungspolitik zugewandt. Die vergangenen Jahre waren geprägt <strong>von</strong> zahlreichen Initiativen<br />
zur Verbesserung unserer Schulen, für die sich die Landesregierung, die Schulverwaltung,<br />
vor allem aber die Lehrkräfte des Landes mit enormer Kraft eingesetzt haben. Dass sich Anstrengung<br />
lohnt, hat der letzte 2006 veröffentlichte PISA-Ländervergleich gezeigt, aus dem<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> mit dem größten Entwicklungssprung hervorgegangen ist. In Mathematik<br />
wurde Rang 5, im Lesen Rang 9 und in Naturwissenschaften Rang 6 erreicht. Nach der Gesamtpunktzahl<br />
über alle Kompetenzbereiche lag <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> auf dem 6. Platz aller Länder.<br />
Diesen positiven Trend gilt es zu stabilisieren und auszubauen. Besonderes Augenmerk<br />
ist dabei darauf zu richten, die Potenziale noch besser auszuschöpfen und sicher zu stellen,<br />
dass jede Schülerin und jeder Schüler einen möglichst anspruchsvollen Schulabschluss erreicht.<br />
Die deutsche Berufsausbildung ist international hoch angesehen. Die Nähe zur beruflichen<br />
Praxis und zum Beschäftigungssystem schafft hohe Übergangsquoten <strong>von</strong> der Ausbildung in<br />
die Beschäftigung und sichert damit auch den qualifizierten Fachkräftebedarf der Wirtschaft.<br />
Den Auszubildenden eröffnet die berufliche Bildung mittel- und langfristige Beschäftigungsfähigkeit<br />
und somit Berufs- und Karriereperspektiven als Voraussetzung für die selbstbestimmte<br />
gesellschaftliche Teilhabe jedes einzelnen.<br />
Die duale Berufsausbildung trägt einen wichtigen Teil zur Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit<br />
Deutschlands bei. <strong>Der</strong> strukturelle Wandel <strong>von</strong> Wirtschaft und Gesellschaft, die demographische<br />
Entwicklung und die immer engeren internationalen Verflechtungen machen<br />
es erforderlich, die Berufsausbildung diesen Herausforderungen anzupassen.<br />
Neben dem auf die aktuelle Ausbildungsplatzsicherung ausgerichteten Nationalen Pakt für<br />
Ausbildung und Fachkräftenachwuchs gilt es daher, auch weitergehende Zielsetzungen in<br />
den Blick zu nehmen und die Strukturen und Übergänge des Berufsbildungssystems zu<br />
verbessern.<br />
Eine spürbare quantitative Entlastung des Ausbildungsmarktes ist in den nächsten Jahren<br />
durch die demographische Entwicklung absehbar. Spätestens ab 2009 wird es durch die bis<br />
dahin gegenüber 2006 erfolgte Halbierung der Sekundarschulabgängerzahl zu einem deutlich<br />
günstigeren Verhältnis <strong>von</strong> Bewerberinnen und Bewerbern und betrieblichen Ausbildungsplätzen<br />
kommen als in den vergangenen Jahren.<br />
In den vergangenen Jahren ist es durchgängig gelungen, zum Ende der Berufsberatungsjahre<br />
fast alle der ausbildungswilligen und –fähigen Jugendlichen, die bei den Agenturen für<br />
Arbeit als Lehrstellenbewerberinnen und -bewerber gemeldet waren, in eine Ausbildungsmöglichkeit<br />
zu vermitteln. So waren zum Ende des Berufsberatungsjahres 2006/2007 <strong>von</strong><br />
den 25.900 Bewerberinnen und Bewerbern nur noch 95 unversorgt. <strong>Der</strong> Anteil der unversorgten<br />
Bewerberinnen und Bewerber ist mit 0,4 Prozent sehr gering.<br />
18
Detaillierte Informationen zum Ausbildungsmarkt bietet der jährliche Berufsbildungsbericht<br />
des Landes.<br />
Tabelle 4: Entwicklung der Schulabgänger/Innenzahl, der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge<br />
und der Zahl der Auszubildenden<br />
Jahr<br />
Schulabgänger/innen an<br />
den allgemein bildenden<br />
Schulen insgesamt<br />
Neu abgeschlosseneAusbildungsverträge<br />
19<br />
Auszubildende<br />
insgesamt darunter weiblich<br />
1992 24.513 15.506 49.057 18.649<br />
1993 28.599 19.203 56.113 21.114<br />
1994 32.819 21.928 57.598 21.916<br />
1995 36.388 23.107 63.776 24.053<br />
1996 37.115 22.430 67.349 25.430<br />
1997 38.138 24.462 69.798 26.436<br />
1998 37.615 23.483 68.305 25.845<br />
1999 36.999 23.849 68.448 26.507<br />
2000 37.121 22.196 65.653 25.461<br />
2001 28.272 20.748 62.118 23.509<br />
2002 34.093 19.607 58.920 21.911<br />
2003 34.912 19.728 56.522 20.858<br />
2004 34.766 19.333 55.867 20.332<br />
2005 32.173 18.286 54.397 19.337<br />
2006* 31.447 18.350 53.705 18.943<br />
Quelle: Statistisches Landesamt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> * vorläufige Angaben<br />
5. Die Wohnsituation <strong>von</strong> Familien und jungen Menschen<br />
Die Wohn- und Wohnumfeldsituation stellt für junge Menschen in Familienplanung und Familien<br />
hinsichtlich des Bewertungskriteriums „familienfreundlich“ einen wichtigen Faktor dar.<br />
Hierzu gehören beispielsweise Wohnungen, die kinderfreundlich bzw. altersgerecht ausgestaltet<br />
sind. Auch spielen bei der Bewertung die Fragen nach einer guten Infrastruktur und<br />
den Arbeitsplatzangeboten eine maßgebliche Rolle. Stehen beispielsweise Kindergärten, unterschiedliche<br />
Schulformen, genügend Einkaufsmöglichkeiten, gute Verkehrsanbindungen an<br />
den Arbeitsplatz, kulturelle Angebote und andere Freizeitangebote in ausreichendem Maße<br />
zur Verfügung?<br />
Ferner ist die Frage zu stellen, ob es für Familien besondere Anreize gibt, sich in einer bestimmten<br />
Stadt, einem bestimmten Ort oder Dorf niederzulassen. Dieses dargestellte Anforderungsprofil<br />
stellt neben dem Familienfördergesetz eine weitere Basis für ein konkretes<br />
Handeln in diesem Aufgabenfeld dar.<br />
Zukünftig wird es darum gehen, Kommunen, Wohnungsbauunternehmen sowie Landschaftsund<br />
Städteplaner verstärkt für die Anliegen der Familien zu sensibilisieren und entsprechende<br />
Angebote vorzuhalten.<br />
Wesentliche Auswirkung auf die Wohnsituation <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen hat auch die<br />
Hartz-IV-Gesetzgebung“. In § 22 SGB II „Leistungen für Unterkunft und Heizung“ wird in Absatz<br />
2a folgendes bestimmt:<br />
Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen,<br />
werden ihnen Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug<br />
bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur erbracht, wenn der kommunale
Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. <strong>Der</strong><br />
kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn<br />
1. der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung<br />
der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,<br />
2. der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist<br />
oder<br />
3. ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.<br />
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung<br />
abgesehen werden, wenn es dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar<br />
war, die Zusicherung einzuholen. Leistungen für Unterkunft und Heizung werden<br />
Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht erbracht, wenn<br />
diese vor der Beantragung <strong>von</strong> Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen,<br />
die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.“<br />
Die geografische Lage <strong>von</strong> Wohnungen hat auch Auswirkungen auf die Situation <strong>von</strong> Kindern<br />
und Jugendlichen. So liegen preisgünstige Wohnungen häufig in Gegenden ohne oder<br />
ohne größere Grünanlagen und Freizeitstätten (Kinderspielplätze, Sportanlagen etc.) und an<br />
oder in der Nähe <strong>von</strong> verkehrsreichen Straßen. Damit sind insbesondere kleinere Kinder aus<br />
Familien, die preisgünstige Wohnungen nutzen, den Gefahren des Straßenverkehrs deutlich<br />
mehr ausgesetzt, was eine Ursache für eine höhere Morbiditätsrate ist. Die aufgezeigten<br />
Mängel des Wohnumfelds führen zu einem Bewegungsmangel und den damit verbundenen<br />
Risiken wie Übergewicht und Kreislaufproblemen bei Kindern aus diesen Wohngebieten.<br />
6. Die gesundheitliche Situation<br />
Seit 1991 werden in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> in Ergänzung der Einschulungsuntersuchung in einer<br />
Schulanfängerstudie Kinder hinsichtlich des Einflusses der sie umgebenden Umwelt auf ihre<br />
Gesundheit untersucht. Nach dem Jahr 2000 wurden insbesondere Trendentwicklungen allergischer<br />
Erkrankungen beschrieben und Einflussfaktoren aus der Lebensumwelt einzuschulender<br />
Kinder betrachtet. Darüber hinaus wurde der Blick jedoch stärker als zuvor auf<br />
einen weiteren wichtigen Einflussfaktor der Kindergesundheit gerichtet – die sozialen Rahmenbedingungen.<br />
Die gesundheitliche Entwicklung der Kinder wird in besonderem Maße<br />
<strong>von</strong> ihrer Familie, dem sozialen Umfeld und den Umwelt- und Lebensbedingungen, unter denen<br />
sie aufwachsen, beeinflusst.<br />
Gesundheitszustand der Schulanfängerinnen und -anfänger 1991 bis 2005<br />
Insgesamt wurden die Fragebögen <strong>von</strong> 28.204 einzuschulenden Kindern ausgewertet. Die<br />
Erhebungen fanden jeweils im Jahr der Einschulung statt. Für das Bronchialasthma (Atemnot)<br />
konnte bis zum Jahr 2005 eine stetige Zunahme gleichermaßen in allen Untersuchungsorten<br />
beobachtet werden. Kinder mit Adipositas waren häufiger betroffen. Das Vollstillen<br />
über mindestens 12 Wochen wirkte sich günstig im Hinblick auf die Vermeidung der Erkrankung<br />
aus. Die Erkrankungen an Bronchitis (Entzündungen der Atemwege) nahmen im<br />
Untersuchungszeitraum <strong>von</strong> 1991 bis 2005 kontinuierlich in allen Untersuchungsorten ab.<br />
Deutlich war die Assoziation der Erkrankung mit dem Leben in einer Raucherwohnung sowie<br />
dem Leben in einer Wohnung mit Feuchtigkeitsproblemen. Jungen erkrankten häufiger an<br />
Bronchitis. Die Prävalenz des Ekzems/der Neurodermitis (chronische Entzündungen der<br />
Haut) hatte im Jahr 1999 seinen Höhepunkt erreicht und nahm seitdem wieder ab. Kinder,<br />
die über mindestens 12 Wochen voll gestillt worden waren, erkrankten seltener. Von 1991<br />
bis 1997 bzw. 1999 war in allen Untersuchungsorten eine deutliche Zunahme der<br />
Heuschnupfenprävalenz zu verzeichnen. Nach anschließend rückläufigem Trend war im Jahr<br />
2005 besonders in Halle und in der Altmark ein ungewöhnlicher Anstieg der<br />
Heuschnupfenprävalenz bemerkenswert. Das erfordert eine weitere aufmerksame Beobachtung.<br />
Die Jungen litten häufiger an Heuschnupfen als Mädchen.<br />
Gesundheitszustand der Schulanfängerinnen und -anfänger 2006/2007<br />
20
Insgesamt wurden die Fragebögen <strong>von</strong> 1.876 einzuschulenden Kindern ausgewertet. Die<br />
Erhebungen fanden im Jahr vor der Einschulung statt. Entsprechend der Angaben litten die<br />
Kinder am häufigsten an Reizungen und Infekten der oberen Atemwege, dabei an erster<br />
Stelle an Bronchitis, gefolgt <strong>von</strong> Pseudokrupp und Lungenentzündung. Seit dem Untersuchungsjahr<br />
2000 bewegen sich die Bronchitisprävalenzen auf einem nahezu gleich bleibenden<br />
Niveau (<strong>von</strong> 2003 bis 2005 ist der Trend weiter rückläufig), davor war ein deutlicher<br />
Rückgang zu verzeichnen gewesen, bedingt durch die ebenfalls deutliche Abnahme der Luftschadstoffe.<br />
Allerdings hat der Anteil der Kinder, die wegen einer Bronchitis im Krankenhaus<br />
behandelt werden mussten, zugenommen. Dies sind in erster Linie die Kinder, die in sehr<br />
jungem Alter erkranken bzw. solche, die mehrfach an Bronchitis erkrankt waren. Jungen erkrankten<br />
häufiger an Bronchitis.<br />
Beim Formenkreis der atopischen (nicht zuzuordnenden) und allergischen Erkrankungen<br />
standen das Ekzem/ die Neurodermitis an erster Stelle, gefolgt <strong>von</strong> Nahrungsmittelunverträglichkeit,<br />
Bronchialasthma und Heuschnupfen. Wegen des jüngeren Alters der Kinder<br />
zum Untersuchungszeitpunkt gibt es hinsichtlich der Prävalenzen einige Verschiebungen, so<br />
dass eine Allergie vermutlich oft erst nach der seit 2005 zu einem früheren Zeitpunkt stattfindenden<br />
Einschulungsuntersuchung festgestellt wird.<br />
Die gesundheitliche Situation <strong>von</strong> Kindern hat auch die Säuglingssterblichkeit mit einzubeziehen.<br />
Die Säuglingssterblichkeit bezeichnet die Rate der im ersten Lebensjahr versterbenden Kinder.<br />
Sie ist ein wichtiges Maß für den allgemeinen Lebensstandard und die Qualität der medizinischen<br />
Versorgung. Die Säuglingssterblichkeit wird meist als Zahl der Todesfälle pro<br />
100.000 oder 1.000 Lebendgeborenen angegeben. Die Frühsterblichkeit ist die Rate der innerhalb<br />
der ersten Woche nach Entbindung versterbenden Neugeborenen. Sie betrifft vor allem<br />
Kinder, die frühgeboren und untergewichtig sind, mit Fehlbildungen zur Welt kommen<br />
oder unter den Folgen <strong>von</strong> Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen leiden. Die Spätsterblichkeit<br />
meint die Rate der im Alter <strong>von</strong> sieben bis 27 Tagen versterbenden Neugeborenen.<br />
Die Nachsterblichkeit bezeichnet die Rate der im Alter <strong>von</strong> 28 bis 364 Tagen versterbenden<br />
Säuglinge.<br />
Für <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> heißt das:<br />
Säuglingssterbefälle in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Indikatoren der Säuglingssterblichkeit 1990 1995 2000 2005 2006<br />
Anzahl der Säuglingssterbefälle 254 90 79 53 58<br />
Säuglingssterbefälle je 1.000 Lebendgeborene 8,0 6,2 4,2 3,1 3,4<br />
Durchschnittliches Sterbealter in Tagen 68 82 63 52 79<br />
(Stand 21.08. 2008 Quelle: Statistische Bundesamt)<br />
Säuglingssterbefälle in Deutschland<br />
Indikatoren der Säuglingssterblichkeit 1990 1995 2000 2005 2006<br />
Anzahl der Säuglingssterbefälle 6.385 4.053 3.362 2.696 2.579<br />
Säuglingssterbefälle je 1.000 Lebendgeborene 7,0 5,3 4,4 3,9 3,8<br />
Durchschnittliches Sterbealter in Tagen<br />
(Stand 21.08. 2008 Quelle: Statistische Bundesamt)<br />
83 71 67 64 59<br />
Region 1990 2004<br />
Schleswig-Holstein 6,8 4,1<br />
Hamburg 6,1 3,9<br />
Niedersachsen 7,0 4,4<br />
Bremen 7,4 4,2<br />
Nordrhein-Westfalen 7,7 5,0<br />
Hessen 6,2 4,4<br />
21
Rheinland-Pfalz 8,1 4,2<br />
Baden-Württemberg 6,4 3,4<br />
Bayern 6,2 3,4<br />
Saarland 6,6 4,2<br />
Berlin 8,2 3,9<br />
Brandenburg 7,4 4,2<br />
Mecklenburg-Vorpommern 7,2 4,2<br />
<strong>Sachsen</strong> 6,7 3,4<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 8,0 4,0<br />
Thüringen 8,0 4,6<br />
Deutschland 7,0 4,1<br />
(Quelle: Statistisches Bundesamt)<br />
Die Säuglingssterblichkeit in Deutschland ist in den 1990er Jahren kontinuierlich gesunken<br />
und lag im Jahr 2004 bei 414 Todesfällen pro 100.000 Lebendgeborenen. Dabei haben Jungen<br />
mit 450 Sterbefällen schlechtere Überlebenschancen als Mädchen mit 375 Fällen. Im<br />
Jahr 2004 starben insgesamt 2.918 Säuglinge, da<strong>von</strong> waren 1.629 Jungen und 1.289 Mädchen.<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> liegt mit seiner geringen Säuglingssterblichkeit 2004 im oberen Feld (Rang<br />
6) und knapp unter dem Bundesdurchschnitt. Im Jahr 1990 lag <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> noch auf<br />
dem 13. Rang und deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Insgesamt ist die Säuglingssterblichkeit<br />
deutlich zurückgegangen.<br />
Mit der Initiierung des Gesundheitszieleprozesses auf der 1. Landesgesundheitskonferenz<br />
1998 wurde als erstes Gesundheitsziel die "Senkung der Säuglingssterblichkeit auf Bundesdurchschnitt"<br />
benannt. Den beteiligten Akteuren gelang es durch die Implementierung neuer<br />
kooperativer Strukturen mit dem Ziel der Kompetenzbündelung und Qualitätssicherung, dass<br />
dieses Gesundheitsziel als erreicht angesehen werden konnte - wie oben angeführte Zahlen<br />
zeigen.<br />
Verschiedene Faktoren, wie Geschlecht und soziale Faktoren beeinflussen die Säuglingssterblichkeit.<br />
Durch den generellen Rückgang der Säuglingssterblichkeit haben sich auch die<br />
Unterschiede verringert, die zwischen einzelnen Bevölkerungsgruppen bestehen.<br />
Interessant ist, dass das im Jahr 1995 je 100.000 Lebendgeborene 640 nichteheliche und<br />
510 eheliche Kinder starben, im Jahr 2004 waren es 237 nichteheliche und 482 eheliche<br />
Kinder je 100.000 Lebendgeborene.<br />
Hinsichtlich der Staatsangehörigkeit lag die Zahl der Verstorbenen im Jahr 1995 bei 650<br />
nichtdeutschen und 510 deutschen Kindern. Die Unterschiede in Bezug auf Staatsangehörigkeit<br />
sind zwar weiterhin vorhanden, aber inzwischen deutlich schwächer ausgeprägt. So<br />
starben in Deutschland im Jahr 1999 pro 100.000 Lebendgeborene 540 nichtdeutsche und<br />
440 deutsche Säuglinge.<br />
<strong>Der</strong> Geschlechterunterschied verringert sich weiter. Im Jahr 2004 verstarben pro 100.000<br />
Lebendgeburten 450 männliche und 375 weibliche Säuglinge; im Jahr 1995 waren es noch<br />
590 männliche und 460 weiblichen Säuglinge.<br />
<strong>Der</strong> Abschlussbericht der Schulanfängerstudie 2006 ist unter folgendem Link abrufbar:<br />
http://www.sachsen-anhalt.de/LPSA/fileadmin/Elementbibliothek/Master-<br />
Bibliothek/Gesundheit/2008/Schulstudie_2008.pdf<br />
Darüber hinaus findet sich ein Fülle <strong>von</strong> Datenmaterial zur Gesundheitsberichterstattung des<br />
Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> hier: www.gbe.sachsen-anhalt.de<br />
22
II. Kinder- und Jugendhilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
A. Bestandsaufnahme, Analyse und Weiterentwicklung der Arbeitsfelder der Kinder-<br />
und Jugendhilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
1. Jugendhilfestrukturen und Jugendhilfeplanung<br />
1.1. Überörtlicher Träger der Jugendhilfe<br />
<strong>Der</strong> überörtliche Träger der Jugendhilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ist das Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>. Es<br />
hat gemäß § 8 Abs.2 KJHG-LSA ein Landesjugendamt errichtet. Das Landesjugendamt ist<br />
Bestandteil des Landesverwaltungsamtes Halle.<br />
Auch das Landesjugendamt ist eine zweigliedrige Behörde, bestehend aus dem Landesjugendhilfeausschuss<br />
und der Verwaltung des Landesjugendamtes. <strong>Der</strong> Landesjugendhilfeausschuss<br />
verfügt über eine Geschäftsstelle in der Verwaltung. Er befasst sich mit allen Angelegenheiten<br />
der Jugendhilfe, insbesondere mit aktuellen Problemen junger Menschen und<br />
Familien, mit der Jugendhilfeplanung auf Landesebene, mit Fragen der Fort- und Weiterbildung<br />
im Jugendhilfebereich und mit Fragen der Förderung der überörtlich wirkenden freien<br />
Träger der Jugendhilfe.<br />
Die Verwaltung des Landesjugendamtes ist zuständig für die laufenden Geschäfte sowie für<br />
die Ausführung der betreffenden Beschlüsse der Landesregierung und des Landesjugendhilfeausschusses.<br />
Rechtliche Grundlage für die überörtliche Jugendhilfeplanung sind zunächst die Aufgabenzuweisungen<br />
der §§ 80 und 85 Abs.2 i.V.m. § 71 Abs.2 SGB VIII und das KJHG-LSA.<br />
<strong>Der</strong> Planungsauftrag für das Land <strong>Sachsen</strong>–<strong>Anhalt</strong> als überörtlichem Träger der Jugendhilfe<br />
leitet sich insbesondere aus der gesetzlichen Verantwortung im Sinne des § 82 Abs.2 SGB<br />
VIII ab, d.h. das Land hat eine Förder-, Ausgleichs- und Steuerungsfunktion für die Jugendhilfelandschaft<br />
zu übernehmen. Örtlichen Trägern wird der Planungsauftrag damit nicht entzogen.<br />
Vielmehr findet eine Zusammenführung und Vernetzung der Planungstätigkeit auf<br />
überörtlicher Ebene statt, in dem der überörtliche Träger eine Anregungs- und Moderationsfunktion<br />
im Rahmen seines Aufgabenspektrums wahrnimmt, aber auch eigene Planungsfelder<br />
bearbeitet. Dies geschieht im Rahmen der Beratungs- und Unterstützungsleistungen sowie<br />
in Bereichen, aus denen sich aufgabenbezogen explizite überörtliche Planungsaufträge<br />
ableiten lassen.<br />
Im Rahmen der überörtlichen Jugendhilfeplanung wurden u.a. für die örtliche Ebene auf den<br />
Handlungsfeldern Jugendsozialarbeit, Jugendarbeit, Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz,<br />
Tagesbetreuung, Kindeswohlgefährdung und § 8a SGB VIII Empfehlungen und Arbeitshilfen<br />
herausgegeben. Eine Übersicht über die Handlungsfelder und eine Zusammenfassung<br />
der Themen, mit denen der Landesjugendhilfeausschuss sich beschäftigt hat, sind<br />
als Anlagen (zu II.A 1.1) dem <strong>Bericht</strong> beigefügt.<br />
1.2 Jugendhilfestrukturen und Jugendhilfeplanung in den Kreisen und kreisfreien<br />
Städten<br />
Das örtliche Jugendamt ist eine zweigliedrige Behörde, bestehend aus dem Jugendhilfeausschuss<br />
und der Verwaltung des Jugendamtes. <strong>Der</strong> Jugendhilfeausschuss befasst sich mit allen<br />
Angelegenheiten der Jugendhilfe, insbesondere mit aktuellen Problemen junger Menschen<br />
und <strong>von</strong> Familien, mit der Jugendhilfeplanung und der Förderung der freien Jugendhilfe.<br />
Die Verwaltung des Jugendamtes ist zuständig für die laufenden Geschäfte sowie für die<br />
Ausführung der Beschlüsse des Rates und des Jugendhilfeausschusses.<br />
Eine bürgernahe und offensive kommunale Jugendhilfe erfordert zunächst das eindeutige<br />
Bekenntnis zur kommunalen Selbstverwaltung und Selbstverantwortung. Wenn Kinder- und<br />
Jugendhilfe Erfolg haben soll, muss sie unmittelbar vor Ort ausreichend ausgestattet sein,<br />
um bedarfsgerecht agieren und reagieren zu können.<br />
23
Jugendhilfe vor Ort ist abhängig <strong>von</strong> der Prioritätensetzung der Kommunalpolitik. Kinder- und<br />
Jugendhilfe in Städten und Gemeinden kann bürgernah und offensiv nur gelingen, wenn Mittel<br />
und Möglichkeiten bereitgestellt werden, die die Jugendämter befähigen, über ihre gesetzlich<br />
bestimmten Aufgaben hinaus ein Arbeitsprofil zu entwickeln, das geprägt ist <strong>von</strong><br />
Kreativität bei der Lösung der anstehenden Aufgaben.<br />
Eine qualifizierte Jugendhilfeplanung ist ein innovatives Verfahren der fachlichen Entwicklung<br />
der Jugendhilfe. Die weitere Verwaltungsmodernisierung verpflichtet auch die Jugendhilfeplanung<br />
auf das Ziel der Verbesserung <strong>von</strong> Fachlichkeit und Wirtschaftlichkeit, bis hin zu<br />
immer genauer beschriebenen Qualitätsanforderungen für die angebotenen Leistungen und<br />
einer kleinteiligen Konkretisierung der angestrebten Ergebnisse (siehe Merchel 1998 zur Entwicklung<br />
und 2001 zur Verwaltungsmodernisierung/Neue Steuerung i.R. des SGB VIII vgl.<br />
Münder u.a. 2003, S.69 Rz 23 ff).<br />
Zentral bleibt dabei das organisatorische Problem der engen Verknüpfung <strong>von</strong> Planerstellung<br />
und Planumsetzung, die in einem prozessualen Verfahren der Aushandlung und Koordination<br />
realisiert werden soll. Als wesentliche Dimensionen eines solchen „prozessorientierten<br />
Koordinierungs- und Steuerungskonzeptes“ seien genannt:<br />
• kontinuierliche Zielüberprüfung<br />
• kontinuierliche Informationssammlung<br />
• kontinuierliches Monitoring des projektierten Verlaufs<br />
• kontinuierliche Intervention in den Verlaufsprozess<br />
• kontinuierliche Auseinandersetzung mit Entscheidungsträgern<br />
• wiederholte Zielerreichungsprüfung<br />
• Untersuchung auf nicht beabsichtigte Folgen<br />
• Schaffung <strong>von</strong> Kommunikationsplattformen, <strong>von</strong> Koordinierungs-, Verhandlungsund<br />
Vernetzungsmustern<br />
Seit Inkrafttreten des SGB VIII hat die Jugendhilfeplanung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> eine bemerkenswerte<br />
Entwicklung genommen. Gaben laut einer Befragung des Landes 1993/1994 noch<br />
12% der Stadt-/ Kreisjugendämter an, nur teilweise oder noch gar nicht zu planen, wird inzwischen<br />
in allen Gebietskörperschaften Jugendhilfe geplant, wenngleich eingeschätzt werden<br />
muss, dass dies noch nicht immer in allen Feldern der Jugendhilfe mit der notwendigen<br />
Kontinuität und Qualität geschieht.<br />
Über die längerfristigen berufsbegleitenden Angebote des Landesjugendamtes <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong>s zur Fort- und Weiterbildung im Bereich der Jugendhilfeplanung wurde in einigen<br />
Stadt-/Kreisjugendämtern eine moderne Jugendhilfeplanung implementiert. Zurzeit gibt es 14<br />
Jugendhilfeplanerinnen/Jugendhilfeplaner in den Stadt-/Kreisjugendämtern. Gegenwärtig<br />
geht die Entwicklung dahin, andere Aufgabengebiete (z.B. Sozialplanung und Schulentwicklungsplanung)<br />
an die Jugendhilfeplanung anzugliedern bzw. das Aufgabengebiet dahingehend<br />
zu erweitern. Das kann durchaus <strong>von</strong> Vorteil sein, wenn dadurch besser gesichert werden<br />
kann, dass die örtliche Jugend-, Sozial- und Schulplanung abgestimmt und in gegenseitiger<br />
Ergänzung erfolgen.<br />
Jugendhilfeplanung ist anspruchsvoller geworden, sie ist fachlich sowie rechtlich gebunden<br />
und bestimmten Vorgehensweisen verpflichtet. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, stets aufs<br />
Neue zu überprüfen, ob die gegenwärtigen Angebote, Dienste und Veranstaltungen der Kinder-<br />
und Jugendhilfe im Planungsbereich zur Zielerreichung weiterhin angemessen gestaltet<br />
sind oder fortgeschrieben, verändert oder sogar aufgegeben werden müssen. Jugendhilfeplanung<br />
leistet damit einen entscheidenden Beitrag zur Ressourcen - Optimierung und damit<br />
auch zur Kostensenkung im Einzelfall. Notwendige „Investitionen“ in die Fachpersonal-<br />
Ausstattung sind unter diesem Aspekt zu bewerten.<br />
Auch der Ausblick auf die mittelfristige Bevölkerungsentwicklung lässt Planungsprozessen<br />
eine größere Bedeutung zukommen. Die zu erwartende Verringerung der Anzahl der Jugendhilfeadressaten<br />
insgesamt und die Veränderungen in der Verteilung der Altersbereiche<br />
sowie die damit verbundene Verschiebung <strong>von</strong> Bedarfslagen erfordern eine zeitnahe, qualifizierte<br />
Jugendhilfeplanung.<br />
24
Die Qualität der örtlichen Jugendhilfeplanung im Land differiert stark. Die Bandbreite reicht<br />
<strong>von</strong> hoch innovativen Jugendämtern, die in allen Handlungsfeldern planerisch tätig sind, die<br />
zudem ihre Arbeit immer wieder an neuen Standards zeitgemäßer Jugendhilfe ausrichten,<br />
bis hin zu Verwaltungen, die die Ansprüche an ihre Jugendhilfeplanung nicht kritisch hinterfragen<br />
und den veränderten Umständen nicht anpassen. Inzwischen sind für die Jugendhilfeplanung<br />
oben genannte professionelle Standards sowohl hinreichend theoretisch begründet<br />
als auch praktisch erprobt. Daran allein gilt es sich in Zukunft zu orientieren.<br />
2. Partizipation junger Menschen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Die Möglichkeiten junger Menschen, sich an Entscheidungen zu beteiligen, sind vielfältig.<br />
Von besonderer Relevanz für junge Menschen ist dabei die kommunale Ebene. Zum Spektrum<br />
möglicher Partizipationsformen gehören in den Städten, Landkreisen und Gemeinden<br />
repräsentative Partizipationsangebote wie Kinder- und Jugendparlamente, offene Formen<br />
wie Stadtteilversammlungen, Sprechstunden und Gemeinderatssitzungen mit jungen Menschen<br />
oder Jugendforen. Möglichkeiten mitzuwirken und mitzugestalten bieten darüber hinaus<br />
die örtlichen Jugendringe und Jugendverbände. Auch außerhalb der Jugendhilfe gibt es<br />
unterschiedlichste Gestaltungsmöglichkeiten, bspw. für Schülerinnen und Schüler. Die im<br />
Schulgesetz des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> über die Bildung <strong>von</strong> Schülervertretungen in den<br />
Schulen bzw. <strong>von</strong> Gemeinde- und Kreisschülerräten verankerten Regelungen ermöglichen<br />
jungen Menschen ebenso, sich an Entscheidungen in der Schule bzw. in Städten, Gemeinden<br />
und Landkreisen zu beteiligen.<br />
Die klarste Form der politischen Partizipation ist die Teilnahme an Wahlen. Das Land betrachtet<br />
Partizipation und Mitentscheidung junger Menschen als tragende Elemente in Gesellschaft<br />
und Politik und als vorrangiges Instrument zur Förderung demokratischer Überzeugungen.<br />
Sie legt daher besonderes Augenmerk auf die Förderung <strong>von</strong> Beteiligung und<br />
sozialem Engagement.<br />
Kennzeichen der demokratischen Kultur ist die Idee der aktiven Bürgerschaft. Die Möglichkeit<br />
und die Bereitschaft, sich informiert in die politische Willensbildung einzubringen, sich an<br />
Wahlen und Abstimmungen zu beteiligen sowie öffentliche Aufgaben und Ämter zu übernehmen,<br />
sind Gradmesser für die demokratische Qualität aller Gemeinwesen.<br />
Vor diesem Hintergrund stimmen aktuelle empirische Befunde nachdenklich, die eine zunehmende<br />
Entfremdung aller Bevölkerungsgruppen vom politischen System indizieren. Auch<br />
das Interesse an Politik ist weiterhin niedrig. Trotz eines leichten Anstiegs des Anteils der politisch<br />
Interessierten <strong>von</strong> 34% auf 39% im Vergleich zur 14. Shell Jugendstudie im Jahr 2002<br />
(Quelle: 15. Shell-Jugendstudie 2006) wäre es noch verfrüht, <strong>von</strong> einer Trendwende zu<br />
sprechen. Demokratie zu fördern und zu stärken ist deshalb Ziel der Landesregierung (siehe<br />
auch unter IV 4. Schwerpunkt).<br />
2.1. Kommunalverfassungsrechtlich verankerte Partizipationsmöglichkeiten<br />
In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ist die Beteiligung <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen auf kommunaler Ebene<br />
durch verschiedene Instrumentarien kommunalverfassungsrechtlich verankert.<br />
Durch § 24 Abs. 1 Satz 2 der Gemeindeordnung für das Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> (GO LSA)<br />
wird allen Einwohnerinnen und Einwohnern einer Gemeinde bereits ab Vollendung des 14.<br />
Lebensjahres in Angelegenheiten, die Jugendbelange betreffen, die Möglichkeit gewährt, mit<br />
Hilfe eines Einwohnerantrages an der gemeindlichen Sacharbeit direkt teilzunehmen und sie<br />
aktiv zu gestalten. Mit einem erfolgreichen Einwohnerantrag wird der Gemeinderat verpflichtet,<br />
bestimmte Angelegenheiten, die Gegenstand des Antrages waren, zu beraten. <strong>Der</strong> Begriff<br />
„ Belange der Jugend“ ist dabei weitreichend anzusehen und kann u.a. die Verbesserung<br />
der Freizeitmöglichkeiten, die Schaffung und Einrichtung <strong>von</strong> Jugendzentren, die Sicherheit<br />
auf Schulwegen und die Errichtung und den Erhalt <strong>von</strong> Kinderdspielplätzen umfassen. § 17<br />
Abs. 1 Satz 2 der Landkreisordnung für das Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> (LKO LSA) sieht eine entsprechende<br />
Beteiligungsform auf Landkreisebene vor.<br />
25
Ab dem 16. Lebensjahr sind Jugendliche wahlberechtigt und können sich an allen Bürgerbegehren<br />
und Bürgerentscheidungen beteiligen.<br />
Gemäß § 28 Abs. 3 GO LSA können auch Personen zu ehrenamtlicher Tätigkeit in der Jugendpflege<br />
bestellt werden, die wegen ihres Lebensalters noch nicht Bürger sind, das 16.<br />
Lebensjahr also noch nicht vollendet haben. Von Bedeutung ist diese Regelung für die ehrenamtliche<br />
Mitwirkung nach § 48 Abs. 2 GO LSA als sachkundiger Einwohner mit beratender<br />
Stimme in den beratenden Ausschüssen des Gemeinderates. Gleiches gilt für die ehrenamtliche<br />
Tätigkeit in beratenden Ausschüssen des Kreistages (§§ 21, 37 Abs. 2 LKO LSA).<br />
Darüber hinaus ist in den Kommunen <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s nach § 74 a GO LSA, § 64a LKO<br />
LSA im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung die Möglichkeit gegeben, Beiräte für gesellschaftlich<br />
bedeutsame Gruppen, wie Kinder- und Jugendbeiräte, zu bilden und diese in<br />
die kommunale Arbeit und den kommunalpolitischen Entscheidungsprozess einzubinden.<br />
Das geltende kommunale Verfassungsrecht stellt den Kommunen frei, wie sie die Beteiligungs-,<br />
Mitwirkungs- und Informationsmöglichkeiten <strong>von</strong> solchen Kinder- und Jugendbeiräten<br />
ausgestalten. Beiräte, die zur Beteiligung <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen an den sie<br />
betreffenden Angelegenheiten vor Ort eingerichtet werden können, besitzen kommunalverfassungsrechtlich<br />
beratenden Charakter.<br />
Die Gemeindeordnung wie auch die Landkreisordnung für das Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> lassen<br />
es also zu und fordern dazu auf, dass Kinder und Jugendliche ihre Interessen artikulieren<br />
und sich in einer ihrem Entwicklungsstand angemessenen Form am Willensbildungsprozess<br />
vor Ort beteiligen.<br />
2.2. Partizipation in der Jugendarbeit<br />
Die vom Land geförderten Maßnahmen der außerschulischen Kinder- und Jugendbildung<br />
sollen an den Interessen junger Menschen anknüpfen und <strong>von</strong> ihnen mitbestimmt und gestaltet<br />
werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung<br />
und zu sozialem Engagement anregen und hinführen (vgl. auch § 11 Abs. 1 Satz 2 SGB<br />
VIII). Die Maßnahmen basieren auf einer freiwilligen Teilnahme aller Kinder und Jugendlichen.<br />
Kinder und Jugendliche sollen bei der Ausgestaltung aller Angebote angemessen beteiligt<br />
sein.<br />
Im Bereich der Jugendhilfe sind die Beteiligungsrechte <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen in der<br />
Kinder- und Jugendhilfe in § 8 Abs.1 SGB VIII normiert: „Kinder und Jugendliche sind entsprechend<br />
ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen<br />
Jugendhilfe zu beteiligen. Sie sind in geeigneter Weise auf ihre Rechte im Verwaltungsverfahren<br />
sowie im Verfahren vor dem Vormundschaftsgericht hinzuweisen.“<br />
Das Beteiligungsverfahren gewährleistet, dass Kinder und Jugendliche vor einer sie betreffenden<br />
Entscheidung angehört werden, sofern sie dies wünschen. Eine besondere Ausprägung<br />
befindet sich im § 36 und in § 80 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII.<br />
Partizipation ist Gestaltungsmacht. Partizipation bedeutet Kindern und Jugendlichen die<br />
Möglichkeit zu bieten, ihr Recht wahrzunehmen, die Gesellschaft in der sie leben und aufwachsen<br />
aktiv mit zu gestalten. In den Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit und in<br />
den Kinder- und Jugendverbänden des Landes haben junge Leute die Möglichkeit, sich aktiv<br />
einzubringen und ihre Interessen umzusetzen. Jugendverbände bieten also nicht bloß die<br />
Möglichkeit zur Teilnahme an vorgeformten Aktivitäten, sondern fordern die aktive Mitgestaltung<br />
ein. Demokratie wird damit erfahrbar, weil das Zusammenleben in der Freizeit und im<br />
Verband demokratisch gestaltet wird.<br />
2.3 Beteiligung <strong>von</strong> Kindern in Tageseinrichtungen<br />
Die Beteiligung <strong>von</strong> Kindern in Tageseinrichtungen in <strong>Sachsen</strong>- <strong>Anhalt</strong> ist festgeschrieben im<br />
Kinderförderungsgesetz des Landes <strong>Sachsen</strong>- <strong>Anhalt</strong>.<br />
§ 7 - Kindermitwirkung in den Tageseinrichtungen - (Kinderförderungsgesetz [KiFöG] vom 5.<br />
März 2003,GVBl. S.48) lautet:<br />
26
„Die Kinder können und sollen ihrem Alter und ihren Bedingungen entsprechend bei der<br />
Gestaltung des Alltags in der Tageseinrichtung mitwirken. Sie können aus ihrer Mitte eine<br />
Sprecherin oder einen Sprecher für die jeweilige Gruppe wählen, die im Kuratorium der Tageseinrichtung<br />
gehört werden müssen.“<br />
Die Festschreibung, dass Kinder entsprechend ihrem Alter und ihren Bedingungen bei der<br />
Gestaltung des Alltags in der Tageseinrichtung mitwirken können und sollen, macht deutlich,<br />
dass den Kindern die Mitwirkung ausdrücklich gestattet wird und dass die Tageseinrichtung<br />
verpflichtet wird, diese Mitwirkung zu unterstützen. Die Möglichkeiten der Mitwirkung sollen<br />
eng gebunden sein an Alter und Bedingungen der Kinder, d.h. dass der jeweilige Entwicklungsstand<br />
zu berücksichtigen ist. Da hier zwischen Kindern der verschiedenen Altersgruppen<br />
erhebliche Unterschiede bestehen, obliegt die Ausgestaltung des Beteiligungsgedankens<br />
den Trägern, Betreuungskräften und Eltern.<br />
In Satz 2 wird die Möglichkeit eingeräumt, dass die Kinder aus ihrer Mitte eine Sprecherin<br />
oder einen Sprecher wählen können. Diese Vorschrift richtet sich in erster Linie an ältere<br />
Kinder, also Hortkinder. Neben den in Satz 1 beschriebenen Mitwirkungsmöglichkeiten wird<br />
zusätzlich die Ausübung eines Vertretungsmandates eingeräumt. Zur Wahl des jeweiligen<br />
Gruppensprechers oder der jeweiligen Gruppensprecherin werden im Gesetz keine weiteren<br />
Angaben gemacht, dies eröffnet zur Einübung demokratischer Abläufe große Gestaltungsfreiheit.<br />
<strong>Der</strong> Sprecher oder die Sprecherin müssen vom Kuratorium gehört werden. Dieses Recht,<br />
vom Kuratorium gehört zu werden, beinhaltet gleichzeitig die Pflicht, die in der Gruppe abgestimmte<br />
Meinung vorzutragen und zu vertreten. Diese durchaus schon anspruchsvollere<br />
Form der Mitwirkung kann <strong>von</strong> Erzieherinnen und Eltern begleitet werden.<br />
2.4 Partizipationsmöglichkeiten in den Schulen<br />
Im Rahmen des Lernfeldes „Demokratieerziehung“ (IV. 4. Schwerpunkt) werden vielfältige<br />
Partizipationsmöglichkeiten vermittelt.<br />
So werden die Erfahrungen aus dem Modellversuch BLK – Programm „Demokratie lernen<br />
und leben“ und Demokratie Transfer (Laufzeit 2002 bis 2007, 2007 bis 2010) u. a. in die Lehrerfortbildung<br />
integriert.<br />
Das langfristig angelegte Programm „Mediation in der pädagogischen Arbeit“ dient der Stärkung<br />
der Sozial- und Selbstkompetenz der Schülerinnen und Schüler und damit auch der<br />
Prävention <strong>von</strong> Extremismus, vor allem bei der Bewältigung <strong>von</strong> Konflikten. Seit Beginn des<br />
Schuljahres 2002/03 gibt es ein flächendeckendes Angebot zur Ausbildung <strong>von</strong> Schülerstreitschlichtern<br />
an Schulen. Die Streitschlichter und Streitschlichterinnen werden <strong>von</strong> ausgebildeten<br />
Mentorinnen und Mentoren an ihren Schulen begleitet.<br />
Die Ausbildung <strong>von</strong> Lehrkräften zu Mediatorinnen/Mediatoren und <strong>von</strong> Schülerinnen und<br />
Schülern zu Streitschlichterinnen/Streitschlichtern liegt vielfach in der Verantwortung <strong>von</strong><br />
Schulpsychologinnen und Schulpsychologen und ist ein wichtiger Beitrag zur sozialen Bildung<br />
und Integration <strong>von</strong> Schülerinnen und Schülern.<br />
Die erfolgreiche Einrichtung des Modellprojekts „Schülergerichte“ ist abgeschlossen. In den<br />
nächsten Jahren soll der Modellversuch ausgeweitet werden.<br />
2.5 Fortbildung und Praxisberatung für die örtliche Ebene<br />
Für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen stellt das Referat Jugend-Landesjugendamt –<br />
(601) als Fachreferat des Landesverwaltungsamtes für die Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen,<br />
Erzieherinnen und Erzieher <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s jährlich ein umfangreiches zentrales<br />
überörtliches Fortbildungsangebot gemäß § 85 Abs. 2 SGB VIII zur Verfügung. Damit will<br />
das Landesverwaltungsamt/Landesjugendamt die pädagogischen Fachkräfte in ihrer verantwortungsvollen<br />
Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen – aber auch mit deren Eltern unterstützen.<br />
Die Fortbildungen bieten neben der Vermittlung <strong>von</strong> Wissen und Informationen<br />
27
vor allem eine Plattform zum Erfahrungsaustausch sowie Möglichkeiten zum Entwickeln<br />
neuer gemeinsamer Lösungsansätze.<br />
Dabei orientieren sich die Fortbildungen sowohl an neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen,<br />
bewährten fachlichen Standards, wie auch an Erfahrungen und Erfordernissen der täglichen<br />
Praxis.<br />
Das beginnt bei den Jüngsten mit der Umsetzung des Bildungsprogramms für Kindertageseinrichtungen<br />
„Bildung elementar“ und reicht über die Diskussionen zur Gestaltung der<br />
Partizipation und Demokratie sowie der Zusammenarbeit <strong>von</strong> Jugendhilfe und Schule insbesondere<br />
in Ganztagsschulen bis hin zur Zusammenführung <strong>von</strong> Fach- und Ressourcenverantwortung<br />
im Ergebnis der Verwaltungsmodernisierung auf der Ebene der Fachbehörden.<br />
Das Landesverwaltungsamt/Landesjugendamt entwickelte spezielle Angebote zu Kindermitbestimmung<br />
und Kinderbeteiligung in pädagogischen Einrichtungen und ging gezielt auf den<br />
bestehenden Bedarf der örtlichen Träger ein.<br />
Die Aufgabe der Partizipation <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen, die aus den gesetzlichen Vorgaben<br />
des SGB VIII (vgl. §§ 1, 5, 8, 9 SGB VIII) und der UN – Kinderrechtskonvention abgeleitet<br />
wird, ist Grundlage für Fortbildungsangebote. Denn gerade das SGB VIII versteht Kinder<br />
und Jugendliche als werdende mündige Bürger, die das Recht haben, alle sie selbst und<br />
ihr Leben in der Gesellschaft betreffenden Entscheidungen demokratisch mitzubestimmen.<br />
Die Fortbildungsinhalte befassen sich mit Bedeutung, Qualität, Effekten und Chancen der<br />
Beteiligung <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen im öffentlichen Raum sowie mit der Erörterung<br />
<strong>von</strong> rechtlichen Rahmenbedingungen.<br />
Doch obwohl die Notwendigkeit verstärkter Partizipation in allen fachlichen und jugendpolitischen<br />
Diskussionen immer wieder hervorgehoben wird, stellt dieser Anspruch in der Praxis<br />
für alle Akteure eine bleibende Herausforderung dar.<br />
3. Jugendarbeit<br />
3.1 Teilung <strong>von</strong> Verantwortung für die Jugendarbeit mit den Trägern der Jugendarbeit<br />
3.1.1 Landesweit tätige freie Träger der Jugendhilfe<br />
Angebote der Jugendarbeit nach § 11 SGB VIII werden vor allem <strong>von</strong> freien Trägern der Jugendhilfe<br />
vorgehalten. Zielgruppen sind hauptsächlich Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene<br />
im Alter <strong>von</strong> 6 – 27 Jahren, wobei Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sowie<br />
Fachkräfte auch über 27 Jahre alt sein können.<br />
Vielfältigkeit und Kreativität kennzeichnen die Angebotsformen und Inhalte: ob Jugendfreizeit-<br />
und andere Maßnahmen in Jugendclubs, ein Engagement in Jugendverbänden und Jugendgruppen,<br />
die Beteiligung an internationalen Workcamps oder an Jugendkulturfestivals –<br />
Jugendarbeit hat sich mittlerweile zu einem etablierten eigenen Sozialisationsfeld entwickelt.<br />
Hervorzuheben sind die Beiträge der Jugendarbeit auf dem Sektor der informellen und nichtformalen<br />
Bildung.<br />
Das Landesjugendamt berät die freien Träger und fördert deren Arbeit durch Geldzuwendungen.<br />
Nach § 85 Abs. 2 Ziff. 3 SGB VIII ist der überörtliche Träger der Jugendhilfe sachlich zuständig<br />
für „die Planung und Förderung <strong>von</strong> Einrichtungen, Diensten und Veranstaltungen sowie<br />
deren Schaffung und Betrieb, soweit sie den örtlichen Bedarf übersteigen“.<br />
Das Landesjugendamt pflegt eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den freien Trägern<br />
der Jugendhilfe. Bei Wahrung ihrer gesetzlich geschützten Autonomie und Selbstbestimmung<br />
hat das Landesjugendamt in den Jahren 2001 – 2004 einen Qualitätsentwicklungsprozess<br />
initiiert, der mit der Umstellung des Zuwendungsverfahrens ein wichtiges Zwischenziel<br />
erreicht hat.<br />
28
3.1.2. Unterstützung <strong>von</strong> örtlichen Angeboten der Jugendhilfe<br />
Gemäß der Richtlinie über die Gewährung <strong>von</strong> Zuwendungen zur Förderung <strong>von</strong> Fachkräften<br />
in der Jugendarbeit vom 28.1.2008 gewährt das Land Zuwendungen für Maßnahmen<br />
und Projekte der Jugendarbeit, für Präventionsmaßnahmen im Rahmen des erzieherischen<br />
Jugendschutzes und für Maßnahmen und Projekte der Jugendsozialarbeit, insbesondere in<br />
sozialen Brennpunkten, wie z.B. durch den Einsatz <strong>von</strong> Streetworkerinnen und Streetworkern<br />
sowie im Bereich der Schulsozialarbeit, der Arbeit mit Schulverweigerinnen und Schulverweigerern<br />
und der Jugendberufshilfe.<br />
Im Rahmen des Programms werden Arbeitsstellen für hauptamtliche sozialpädagogische<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die v.g. Maßnahmen und Projekte gefördert. In der Förderperiode<br />
2005 – 2007 wurden insgesamt 10,5 Mio. Euro (p.a. 3.5 Mio. Euro) an die Landkreise<br />
und kreisfreien Städte ausgereicht. Die Förderquote betrug 70% der Personalkosten.<br />
Die restlichen 30% mussten die Landkreise bzw. kreisfreien Städte und/oder die Anstellungsträger<br />
selbst finanzieren. Durch diese Förderung konnten 191 Fachkraftstellen für die Jugendarbeit<br />
finanziert werden. 166 Personen hier<strong>von</strong> waren bei freien Trägern angestellt, 25<br />
bei Gebietskörperschaften. Für die Haushaltsjahre 2008 – 2010 werden voraussichtlich ebenfalls<br />
10,5 Mio. Euro für die anteilige Förderung <strong>von</strong> 186 Personalstellen bewilligt.<br />
Das Programm will so zur Sicherung einer kontinuierlichen und qualifizierten Kinder- und Jugendarbeit,<br />
Jugendsozialarbeit, und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes beitragen<br />
und dabei die besondere Bedeutung der Familienarbeit und des Sports und mögliche<br />
Verknüpfungen berücksichtigen. (Nr. 2 der Richtlinie).<br />
Für die gewährten Zuwendungen sind einheitliche <strong>Bericht</strong>e zur qualitativen und quantitativen<br />
Aufgabenerfüllung bei der Bewilligungsbehörde vorzulegen. Die <strong>Bericht</strong>e sollen Auskunft geben<br />
über die <strong>von</strong> den Fachkräften geleistete pädagogische Arbeit. (Nr. 5.3 der Richtlinie).<br />
Das Land trägt somit in einem entscheidenden Maße zur Sicherung einer pluralen Trägerund<br />
Angebotsstruktur bei.<br />
Darüber hinaus regelt das Finanzausgleichsgesetz des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> (GVBl. LSA<br />
2005, S. 646), dass die Landkreise und kreisfreien Städte finanzielle Mittel für die Mitfinanzierung<br />
der Aufgaben der §§ 11 bis 14 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (Kinder- und<br />
Jugendhilfe) vom Land erhalten (Jugendpauschale). Die Höhe der Zuwendung richtet sich<br />
dabei nach der Einwohnerzahl der einzelnen Landkreise und kreisfreien Städte. Nach dem<br />
Finanzausgleichsgesetz aus dem Jahr 2005 erhielten die Landkreise 5.091.700 € und die<br />
kreisfreien Städte 1.299.400 €.<br />
3.2 Förderung der Ehrenamtlichkeit in der Jugendhilfe<br />
Ohne ehrenamtlichen Einsatz geht in der Jugendarbeit nichts und ehrenamtliches Engagement<br />
ist vielfältig. Junge Menschen und Erwachsene setzen sich in Verbänden, Gruppen und<br />
Initiativen der Jugend und bei anderen Trägern der Jugendarbeit für die Gestaltung <strong>von</strong> Angeboten<br />
der Jugendarbeit ein. Dazu gehören Maßnahmen der außerschulischen Jugendbildung,<br />
der Kinder- und Jugenderholung sowie der Jugendarbeit in Sport, Spiel und Geselligkeit<br />
oder sonstiger Jugendarbeit. Junge Menschen engagieren sich als Jugendgruppenleiterinnen/Jugendgruppenleiter<br />
oder Ferienbetreuerinnen/Ferienbetreuer, sie trainieren den<br />
Sportnachwuchs und arbeiten in selbstverwalteten Jugendzentren oder im Vorstand ihres<br />
Vereines. Freiwillige Helferinnen und Helfer bieten ihre Dienste in Maßnahmen der Jugendsozialarbeit<br />
und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes an. Die jungen Leute erhalten<br />
kein Geld für ihre freiwilligen Leistungen. Aber die Mühen müssen und sollen sich lohnen.<br />
Mit den Zuweisungen im Rahmen des Fachkräfteprogramms an die Gemeinden, den Zuschüssen<br />
an den Kinder- und Jugendring und den Zuwendungen für Einrichtungen und Projekte<br />
auf Landesebene zur Jugendarbeit (z.B. Jugendverbände, Kinder- und Jugendfreizeit)<br />
wird eine Infrastruktur errichtet und erhalten, in der freiwilliges bürgerschaftliches Engagement<br />
stattfinden kann.<br />
29
Ehrenamtliches Engagement in der Kinder- und Jugendarbeit verdient Wertschätzung und<br />
Unterstützung. Beispiele für die Anerkennung sind die mit der JugendLeiterCard verbundenen<br />
Vorteile (Ermäßigungen beim Kinobesuch etc.) und das „Gesetz zur Freistellung ehrenamtlich<br />
in der Jugendarbeit tätiger Personen“ vom 23. Januar 1996 (GVBl. LSA 1996, S. 50),<br />
zuletzt geändert durch Artikel 40 des Gesetzes vom 7. Dezember 2001 (GVBl. LSA S. 540),<br />
wonach ehrenamtlich in der Jugendarbeit tätigen Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet<br />
haben, Freistellung <strong>von</strong> der Arbeit beispielsweise für die Tätigkeit in Zeltlagern, bei Jugendwanderungen<br />
und Jugendbegegnungen, aber auch zum Besuch <strong>von</strong> Aus- und Fortbildungslehrgängen<br />
oder Schulungsmaßnahmen der öffentlichen und freien Träger der Jugendhilfe<br />
und zur Teilnahme an internationalen Jugendbegegnungsmaßnahmen zu gewähren ist.<br />
Das Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> fördert die Arbeit der Jugendleiterinnen und Jugendleiter durch<br />
Zuschüsse zur spezifischen Weiterbildung, über die sie bis zu 30 € für die Teilnahme an einer<br />
entsprechenden Bildungsmaßnahme erhalten können. Mit der JugendLeiterCard können<br />
zudem örtliche Vergünstigungen wie Preisnachlässe in öffentlichen Verkehrsmitteln, bei<br />
Sport- oder bei Kulturveranstaltungen verbunden sein. Im <strong>Bericht</strong>szeitraum wurden ca. 1.200<br />
JugendLeiterCards ausgestellt.<br />
Nach dem Freistellungsgesetz können die in der Kinder- und Jugendarbeit ehrenamtlich Tätigen,<br />
sofern sie das 16. Lebensjahr vollendet haben, für ihren Einsatz in einer Ferienfreizeit<br />
bis zu 12 Tage <strong>von</strong> der Arbeit frei gestellt werden; den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern<br />
wird der Anteil an den Sozialversicherungsbeiträgen erstattet. Die Freistellung liegt auch im<br />
Interesse der Arbeitgeberinnen/Arbeitgeber, denn die ehrenamtliche Tätigkeit als Jugendleiterin<br />
oder Jugendleiter fördert wie jedes bürgerschaftliche Engagement die Ausbildung <strong>von</strong><br />
Eigenschaften, die für eine Berufstätigkeit nützlich sind, nämlich Einsatzfreude, Leistung,<br />
Hilfsbereitschaft oder andere soziale Fähigkeiten.<br />
Über den Wettbewerb „Freistil – Jugend engagiert in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>“ verschiedener Träger<br />
werden interessante Projekte angeregt und vorgestellt, in denen sich junge Menschen ehrenamtlich<br />
einsetzen. Die Siegerteams werden mit einem Preis belohnt und bekommen für<br />
die Weiterentwicklung ihres Angebotes die Unterstützung <strong>von</strong> Profis; sie werden <strong>von</strong> Unternehmensberater/Innen<br />
„gecoacht“.<br />
Die vorhandene Struktur der Jugendhilfe will das Land auch zukünftig durch finanzielle Förderung<br />
absichern. Es trägt zudem den Willen der Jugendministerkonferenz mit, ein Zertifikat<br />
zur Anerkennung geleisteter ehrenamtlicher Tätigkeit einzuführen. <strong>Der</strong> Nachweis bestätigt<br />
das bürgerschaftliche Engagement. Die dadurch erworbenen Fähigkeiten, Fertigkeiten und<br />
Kenntnisse können einen Pluspunkt bei der Suche um eine Lehrstelle, einen Studienplatz<br />
oder eine Arbeitsstelle bringen. Die Strategien haben sich bewährt und werden weitergeführt.<br />
3.3 Bestand an Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen<br />
Kinder-, Jugend- und Familieneinrichtungen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> sind wichtige Stätten des sozialen<br />
Lebens, der Erholung und aktiven Freizeitgestaltung. In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> befinden sich<br />
in allen Regionen entsprechende Einrichtungen. Sie bieten unterschiedliche Möglichkeiten<br />
für Freizeit, Spiel, Sport und kreatives Gestalten. Einen Überblick über entsprechende Einrichtungen<br />
bietet die Broschüre „Kinder-, Jugend- und Familienreisen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>.“<br />
(www.sachsen-anhalt.de).<br />
3.4 Investive Förderung <strong>von</strong> Einrichtungen der Jugendarbeit<br />
Das Land fördert im investiven Bereich den Erhalt und die bedarfsgerechte Erweiterung <strong>von</strong><br />
überregional ausgerichteten Einrichtungen der Jugendarbeit. Investitionen werden schwerpunktmäßig<br />
für bestehende Jugendbildung- und Begegnungsstätten sowie für Jugendfreizeitstätten<br />
gewährt, die <strong>von</strong> überregionaler Bedeutung sind und den Anforderungen an einen<br />
attraktiven, interessegerechten Jugendtourismus gerecht werden. Gefördert werden Investitionen,<br />
die der Sanierung, der Ausstattung und der Verbesserung der Funktionalität der Einrichtungen<br />
dienen.<br />
30
Im <strong>Bericht</strong>szeitraum 2004 bis 2007 wurden insgesamt 11 überregionale Einrichtungen, da<strong>von</strong><br />
3 Jugendbildungsstätten, 5 Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen und 3 Jugendherbergen<br />
investiv mit Landesmitteln gefördert. Des Weiteren wurden im <strong>Bericht</strong>zeitraum für<br />
Umbaumaßnahmen in den Jugendherbergen in Wittenberg und Dessau zusammen mit Bundesmitteln<br />
in Höhe <strong>von</strong> insgesamt 1.567.560 € bewilligt. Eine Übersicht über die Investitionen<br />
in Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit (Bewilligte Projekte in den Jahren 2004-<br />
2007) ist als Anlage zu II. A. 3.4 beigefügt.<br />
3.5 Außerschulische Jugendbildungsarbeit<br />
Auf Landesebene bieten insbesondere Jugendorganisationen und Jugendverbände außerschulische<br />
Jugendbildung an. Das Landesjugendamt fördert die Arbeit dieser Verbände<br />
durch Geldzuwendungen für:<br />
• Jugendbildungsseminare<br />
• Aus- und Fortbildung <strong>von</strong> ehrenamtlich Tätigen<br />
• Maßnahmen im Rahmen des Erwerbs der JugendLeiterCard<br />
• Maßnahmen im besonderen Landesinteresse<br />
• Maßnahmen der internationalen Jugendarbeit<br />
• Jugendbildungsreferenten/-innen durch Personalkostenzuschuss<br />
• Jugendbildungsstätten durch einen Personalkosten- und Honorarkostenzuschuss<br />
Hervorzuheben ist, dass die Verbände ihre Angebote im <strong>Bericht</strong>szeitraum kontinuierlich ausgebaut<br />
haben. Das Landesjugendamt konnte diese Entwicklung durch die Gewährung <strong>von</strong><br />
ebenfalls steigenden finanziellen Zuwendungen größtenteils honorieren. Als Anlagen II.A.3.5<br />
a bis c ist eine grafische Auswertung des quantitativen <strong>Bericht</strong>swesens zu Maßnahmen der<br />
außerschulischen Jugendarbeit der in den Jahren 2005 bis 2006 geförderten landesweit tätigen<br />
Jugendverbände beigefügt. Zudem bietet Anlage II. A. 3.5 d einen Überblick über alle<br />
ausgereichten Landes- und EU-Mittel für die außerschulische Jugendarbeit in den Jahren<br />
2005-2007.<br />
Die Landes-Förderung der Jugendbildungsreferent/innen stellt sich wie folgt dar:<br />
Personalkostenzuschüsse für Jugendbildungsreferent/innen<br />
HH-Jahr Personalkostenzuschuss VbE<br />
2005 880.970 29,65<br />
2006 901.410 28,65<br />
2007 889.570 28,35<br />
Die Absenkung der VbE resultierte aus einer Nichtinanspruchnahme der Mittel infolge teilweiser<br />
bzw. zeitweiliger Nichtbesetzung der Stellen / Stellenanteile durch die Verbände.<br />
Zu den bedeutsamsten Aufgaben der Jugendbildungsreferenten/-innen zählen:<br />
• Planung, Organisation, Durchführung und Nachbereitung <strong>von</strong> Jugendbildungsveranstaltungen<br />
oder anderen Projekten der Jugendarbeit<br />
• Lehrtätigkeit in entsprechenden Veranstaltungen<br />
• Qualifizierung und Anleitung <strong>von</strong> Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sowie anderen<br />
ehrenamtlich Tätigen<br />
• Entwicklung <strong>von</strong> Bildungskonzeptionen sowie <strong>von</strong> pädagogischen Arbeitsmaterialien<br />
für die Verbandsarbeit<br />
• fachliche Beratung und Anleitung <strong>von</strong> lokalen Vereinen und Jugendinitiativen sowie<br />
ggf. Kreis- und Ortsverbänden oder anderen Mitgliedsorganisationen<br />
• politische und fachpolitische Außenvertretung des Verbandes<br />
• Mitarbeit in Fachgremien.<br />
31
Im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> gibt es folgende anerkannten Jugendbildungsstätten: Die Jugendbildungsstätte<br />
in Schierke, Träger ist die Sportjugend, in Peseckendorf, Träger ist <strong>Der</strong> PARI-<br />
TÄTISCHE <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>, in Rossbach, Träger ist der BDKJ, sowie in Magdeburg-<br />
Ottersleben mit dem Bildungsnetzwerk Magdeburg gGmbH als Träger. Darüber hinaus gibt<br />
es im Land die Christliche Jugendbildungs- und Begegnungsstätte Schloss Mansfeld e.V.<br />
(Träger: Förderverein Schloss Mansfeld) die sich insbesondere jungen Menschen widmet,<br />
die dem christlichen Glauben verbunden sind. Ferner gewährt das Land der Jugendbildungsstättenarbeit<br />
der EKJB eine Förderung.<br />
Das Landesverwaltungsamt fördert Personalausgaben für Jugendbildungsreferentinnen/ Jugendbildungsreferenten<br />
der Jugendbildungsstätten mit bis zu 100 v.H. der zuwendungsfähigen<br />
Ausgaben, jedoch höchstens bis zu 50.000 Euro. Innerhalb dieser Höchstgrenze kann<br />
das Landesverwaltungsamt darüber hinaus auch Honorare für Fremdreferentinnen und<br />
Fremdreferenten in der außerschulischen Kinder- und Jugendbildung und Aus- und Fortbildung<br />
<strong>von</strong> Ehrenamtlichen fördern.<br />
Darüber hinaus unterstützt das Land freie und öffentliche Träger der Jugendhilfe, die Projekte<br />
der Jugendarbeit im Sport durchführen. Zuwendungen werden im Rahmen der Projektförderung<br />
gem. § 11 SGB VIII - Kinder- und Jugendhilfe - in Verbindung mit den Verfahrensgrundsätzen<br />
zur Förderung der Kinder- und Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit sowie des<br />
erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes gewährt. Für Kinder- und Jugendprojekte einschließlich<br />
<strong>von</strong> Projekten der Jugendarbeit im Sport standen im Jahr 2008 Landesmittel in<br />
Höhe <strong>von</strong> 269.000 € zur Verfügung. Im <strong>Bericht</strong>szeitraum sind bspw. das Projekt „Sportkinder“<br />
der Sportjugend im LSB <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e.V., das Projekt des Kreissportbundes des (alten)<br />
Bördekreises „Kleine Friedensfahrt“, das Handballcamp des Handball-Verbandes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
e.V., das Sportjugendländertreffen, die Landesjugendspiele, ein Projekt des Landesturnverbandes<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e.V. (Qualifizierung <strong>von</strong> Übungsleitenden im Rahmen des<br />
Projektes „Fit und Vital“), das Projekt „Trick und Kick“ und ein Mädchensportprojekt gefördert<br />
worden. Im Jahr 2008 wurden insbesondere das „HFC-Fanprojekt“ und das „FCM-<br />
Fanprojekt“ gemeinsam aus Landesmitteln, Mitteln der Stadt Halle bzw. Magdeburg und des<br />
Deutschen Fußballbundes finanziell unterstützt. Das Land beabsichtigt entsprechend den<br />
Richtlinien der Koordinierungsstelle Fanprojekte beim DFB folgende Faktoren zu erreichen:<br />
Eindämmung <strong>von</strong> Gewalt, Abbau extremistischer Orientierungen sowie Delinquenz begünstigender<br />
Verhaltensweisen und die Schaffung einer positiven Fankultur.<br />
3.6 Jugendinformationsdienste<br />
Zur Verbesserung der Wahrnehmung der Aktivitäten freier Träger der Jugendhilfe in der Jugendarbeit<br />
durch die Öffentlichkeit fördert das Land seit einigen Jahren den „JugendInfoService<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>“ (JISSA) - www.jissa.de - in Trägerschaft der „Landesvereinigung Kulturelle<br />
Kinder- und Jugendbildung e.V.“.<br />
Aufgabe des JugendInfoService <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ist es, Kinder und Jugendliche sowie deren<br />
Eltern und auch andere in der Jugendhilfe im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> tätige Personen über<br />
einschlägige Angebote zu informieren und diese in verständlicher und aufbereiteter Form<br />
darzustellen.<br />
Da das Medium Internet einen immer größer werdenden Stellenwert, sowohl im Privat- als<br />
auch im Berufsleben - 65% der Privathaushalte besaßen 2007 lt. Statist. Bundesamt Zugang<br />
zum Internet - einnimmt, ist es <strong>von</strong> großer Relevanz, auch die Zielgruppe der Jugendarbeit/Jugendhilfe<br />
über dieses Medium zu erreichen.<br />
Im Jahr 2005 besuchten durchschnittlich rd. 20.000 Personen pro Monat den Landesjugendserver.<br />
Das entspricht annähernd 660 Besuchen am Tag. Im Jahr 2006 stiegen die Besucherzahlen<br />
auf durchschnittlich 22.500 Besuche monatlich an. Bis zum jetzigen Zeitpunkt<br />
sind die Besucherzahlen weiter kontinuierlich gestiegen. Momentan besuchen ca. 1.600 Personen<br />
den Landesjugendserver täglich. Das entspricht annähernd 50.000 Zugriffen pro Monat.<br />
Ursächlich hierfür kann auch eine Modernisierung des Auftritts sein, der im vergangenen<br />
Jahr vorgenommen wurde.<br />
32
Ebenfalls erhöht hat sich das Interesse am „InfoFax“, das wöchentlich über den JugendInfo-<br />
Service herausgegeben wird. Von 3.300 Empfangenden im Jahr 2005 stieg diese Zahl auf<br />
3.400 im Jahr 2008.<br />
Diese Zahlen belegen, dass der JugendInfoService <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ein anerkanntes und relevantes<br />
Medium für die Jugendarbeit in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ist. Die Zahlen belegen auch, dass<br />
der Bedarf an aufbereiteten Informationen stetig ansteigt. JISSA wird diesen Bedürfnissen<br />
gerecht, indem er einerseits tagesaktuell online über Neuigkeiten in der Kinder- und Jugendarbeit<br />
berichtet sowie einmal wöchentlich die wichtigsten Nachrichten in komprimierter Form<br />
als Newsletter aufbereitet und versendet. Darüber hinaus bietet JISSA wichtige Verknüpfungsformen<br />
und Serviceleistungen wie beispielsweise die Datenbank ProMix. Diese Datenbank<br />
enthält 2.882 Adressen <strong>von</strong> Projekten und Trägern der Jugendarbeit und zählt Dank<br />
der ständigen Pflege zu einer der aktuellsten im gesamten Bundesgebiet.<br />
Das Land beabsichtigt, den Jugendinformationsservice <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> auch weiterhin zu<br />
fördern. Ein Schwerpunkt der Arbeit wird die stärkere Verbreitung des Mediums im ländlichen<br />
Raum sein. Hier gilt es durch Regionalkonferenzen und andere ähnliche Ansätze den<br />
Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Durch Redaktionssystem-Schulungen sollen weiterhin verstärkt<br />
externe Redakteure, so z.B. aus Vereinen und Verbänden, die Möglichkeit erhalten,<br />
Beiträge auf dem Landesjugendserver zu veröffentlichen.<br />
3.7 Internationale Jugendarbeit<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ist ein weltoffenes Land. <strong>Der</strong> Austausch <strong>von</strong> Wissen und Erfahrungen über<br />
Länder- und Kulturgrenzen hinweg trägt dazu unmittelbar bei. Gerade Jugendliche sollten<br />
sich anderen Ländern und Kulturen öffnen, um einerseits den eigenen Horizont zu erweitern<br />
und sich andererseits Perspektiven in einer zunehmend globaler werdenden Welt zu eröffnen.<br />
Durch internationale Jugendbegegnungen wird das Verständnis für andere Mentalitäten<br />
gestärkt, werden Erfahrungen ausgetauscht und Chancen eröffnet, <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> weiter<br />
positiv zu entwickeln. Maßnahmen der internationalen Jugendarbeit befördern zudem die<br />
Entwicklung der Persönlichkeit der Teilnehmenden.<br />
Das Ministerium für Gesundheit und Soziales unterstützt mit dem Landesverwaltungsamt<br />
(Landesjugendamt) diesen Prozess durch die finanzielle Förderung internationaler Jugendbegegnungen.<br />
Ergänzend fördert auch die Staatskanzlei des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> internationale<br />
Jugendprojekte.<br />
Maßnahmen der internationalen Jugendarbeit führen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> hauptsächlich freie<br />
Träger der Jugendhilfe durch. Das Land fördert außerschulische Begegnungs- und Austauschprogramme<br />
für Jugendliche und junge Erwachsene im Alter <strong>von</strong> 12 – 26 Jahren im Inund<br />
Ausland. Es fördert weiterhin Fachkräfteprogramme für in der Jugendhilfe/Jugendarbeit<br />
Tätige durch Geldzuwendungen.<br />
Alle Programme müssen bestimmten pädagogischen und jugendpolitischen Ansprüchen gerecht<br />
werden. Die Programminhalte müssen mit den ausländischen Partnerorganisationen<br />
abgestimmt sein. Die Begegnungsprogramme sollen nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit<br />
aufgebaut sein, d.h. eine Austauschbeziehung mit einer ausländischen Partnerorganisation<br />
soll bestehen bzw. angestrebt werden, die Programme sowohl in Deutschland als auch im<br />
Partnerland vorsieht. Die Programme müssen angemessen vor- und nachbereitet werden.<br />
Die Jugendlichen sollen selbst an der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung mitwirken.<br />
Für den Auf- und Ausbau <strong>von</strong> internationalen Beziehungen auf dem Gebiet der Jugendarbeit<br />
ist der Austausch <strong>von</strong> Führungskräften, Fachkräften und anderen Mitarbeitenden der Jugendarbeit<br />
unverzichtbar. Diese Programme dienen der Kontaktanbahnung, dem fachlichen<br />
Erfahrungsaustausch sowie der Weiterentwicklung bereits bestehender Kooperationen.<br />
Die internationale Jugendarbeit nimmt in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> einen hohen Stellenwert ein. Pro<br />
Jahr werden deshalb ca. 200.000 Euro zur Förderung <strong>von</strong> Jugendaustauschprojekten und<br />
Fachkräfteprogrammen aus Landesmitteln zur Verfügung gestellt.<br />
33
Weiterhin vergibt das Landesjugendamt jährlich ca. 50.000 Euro aus Mitteln des Kinder- und<br />
Jugendplans des Bundes sowie des Deutsch-Französischen und Deutsch-Polnischen Jugendwerks.<br />
Bevorzugt gefördert werden internationale Jugendbegegnungen mit Partnern aus den Partnerregionen<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s, z.B. Centre (Frankreich) und Masowien (Polen). Zur Weiterentwicklung<br />
der internationalen Jugendarbeit wird seit 5 Jahren das Projektbüro „Exchange<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>“ gefördert. Es unterstützt die Aktivitäten der Arbeitsgruppe Exchange<br />
(www.exchange-lsa.de), die sich aus freien Trägern und öffentlichen Institutionen und Behörden<br />
zusammensetzt.<br />
Im Jahr 2006 wurde das „Netzwerk für deutsch-vietnamesische Jugendbegegnungen in<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>“ gegründet, dessen Träger die LKJ/Exchange ist. Ziel des Netzwerkes ist<br />
es, vietnamesischstämmige Jugendliche in Angebote der Jugendarbeit zu integrieren.<br />
3.8 Geschlechtsbezogene Angebote in der Jugendarbeit<br />
Ziel der geschlechtsbezogenen Jugendarbeit ist es, junge Menschen durch spezifische Angebote,<br />
die sich an den Lebens- und Interessenlagen <strong>von</strong> Jungen und Mädchen ausrichten,<br />
zu einem partnerschaftlichen Umgang der Geschlechter miteinander sowie zu einer kritischen<br />
Auseinandersetzung mit tradierten Rollenbildern zu befähigen.<br />
Geschlechtsbezogene Jugendarbeit leistet somit einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung<br />
<strong>von</strong> Gender-Mainstreaming als politischer Strategie zur Herstellung <strong>von</strong> Chancengleichheit<br />
und Geschlechtergerechtigkeit.<br />
Durch die Implementierung <strong>von</strong> Gender-Mainstreaming als Qualitätskriterium der Landesförderung<br />
im Bereich Jugend wurde seit 2004 ein intensiver trägerinterner und landesweiter<br />
Diskussions- und Evaluationsprozess zur Umsetzung <strong>von</strong> geschlechtsbewussten Ansätzen<br />
in der Kinder- und Jugendarbeit sowie zur qualitativen Weiterentwicklung <strong>von</strong> mädchen- und<br />
jungenspezifischen Angeboten angeregt. Das gilt auch für den Bereich der Jugendsozialarbeit.<br />
Im Förderbereich außerschulische Kinder- und Jugendbildung ist im <strong>Bericht</strong>zeitraum tendenziell<br />
ein Anstieg <strong>von</strong> geschlechtspezifischen Maßnahmen zu verzeichnen.<br />
Im Ergebnis der Auswertung des <strong>Bericht</strong>swesens zu den Zuwendungsverträgen 2005 und<br />
2006 ist nicht nur eine deutliche Erhöhung der Anzahl der geschlechtsbezogenen Maßnahmen<br />
<strong>von</strong> 21 auf 53, sondern auch eine höhere Qualität der Maßnahmenplanung, Angebotseinreichung<br />
und Evaluation durch die freien Träger festzustellen.<br />
An dieser positiven Entwicklungstendenz hat u. a. das Kompetenzzentrum für geschlechtergerechte<br />
Kinder- und Jugendhilfe <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e.V. (KgKJH) einen maßgeblichen Anteil.<br />
Als landesweit tätige fachpolitische Servicestelle für Genderfragen für Mädchen- und Jungenarbeit<br />
leistet das KgKJH einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung <strong>von</strong> Genderkompetenz<br />
in der Jugendhilfe.<br />
Über thematische Fortbildungen, jährliche Fachtagungen und die Durchführung <strong>von</strong> geschlechterbezogenen<br />
Projekten in Kooperation mit freien und öffentlichen Trägern der Jugendhilfe<br />
sowie eine offensive Öffentlichkeits- und Vernetzungsarbeit trägt der KgKJH e. V.<br />
dazu bei, die Qualität und die Professionalität der geschlechtsspezifischen Arbeit mit Jungen-<br />
und Mädchen, als Querschnittsaufgabe in der Jugendhilfe gem. § 9 Abs. 3 SGB VIII, zu<br />
befördern.<br />
Im Rahmen der bedarfsorientierten Beratung <strong>von</strong> Trägern, Verbänden und Institutionen sowie<br />
der kontinuierlichen Mitarbeit in einer Vielzahl <strong>von</strong> Fachgremien setzt sich das Kompetenzzentrum<br />
konsequent für die Umsetzung einer geschlechtergerechten und bedürfnisorientierten<br />
Kinder- und Jugendhilfearbeit sowie für die Vernetzung <strong>von</strong> örtlichen und überörtlichen<br />
Angeboten, <strong>von</strong> Trägern und Handlungskonzepten ein.<br />
<strong>Der</strong> KgKJH e.V. wurde im Januar 2006 als Nachfolgerin der Landesstelle Mädchenarbeit gegründet.<br />
34
An der Erweiterung des Leistungsspektrums um die Aufgabenfelder Gender und Jungenarbeit<br />
bestand bzw. besteht ein erhebliches Landesinteresse.<br />
Bis 2007 förderte das Land die Arbeit des Kompetenzzentrums in Form der Projektförderung<br />
auf der Grundlage <strong>von</strong> Leistungsverträgen jährlich in Höhe <strong>von</strong> 132.000€ (2005) bis zu<br />
151.050 € (2007). Ab dem Haushaltsjahr 2008 wird die Geschäftsstelle des KgKJH e.V. institutionell<br />
in Höhe <strong>von</strong> 153.105 € gefördert. Darüber hinaus werden zwei landesweit ausgerichtete<br />
geschlechtsbezogene Projekte, die in Kooperation mit anderen Trägern durchführt<br />
werden, mit insgesamt 7.220 € gefördert. Hierbei handelt es um, die Projekte<br />
„Praxismesse für die Arbeit mit Jungen und Mädchen - Das Gender-Event am 15.09.2008“<br />
„Mission in Vielfalt – Mädchen und Jungen im Aufbruch - <strong>Der</strong> Gender - Parcours aus dem<br />
Koffer“.<br />
3.9 Jugendfreiwilligendienste als Möglichkeit der Orientierung und Qualifizierung<br />
junger Menschen<br />
Die Jugendfreiwilligendienste ermöglichen als Bildungs- und Orientierungsjahr jungen Menschen,<br />
konkrete praktische Erfahrungen in sozialen oder kulturellen Bereichen, im Sport, in<br />
der Denkmalpflege oder – neuerdings - auch in der Politik zu sammeln. Ausführliche Informationen<br />
zum Freiwilligen Jahr Kultur und zum Freiwilligen Jahr Denkmal finden sich hier im<br />
Abschnitt A unter „4. Kultur“. Zum freiwilligen Ökologischen Jahr finden sich die Ausführungen<br />
im Teil III unter „7.3 Projekte, Perspektiven und Herausforderungen“.<br />
Jugendfreiwilligendienste unterstützen nicht nur die Persönlichkeitsentwicklung der Heranwachsenden,<br />
sie können auch eine Entscheidungshilfe für die spätere Berufsausbildung<br />
sein.<br />
Das Freiwillige Soziale Jahr ist mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Förderung <strong>von</strong> Jugendfreiwilligendiensten<br />
vom 16.Mai 2008 neben dem Freiwilligen ökologischen Jahr (FÖJ) Bestandteil<br />
der Jugendfreiwilligendienste, die nun in einem Gesetz rechtlich geregelt sind.<br />
Im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> gibt es 11 zugelassene FSJ-Träger, da<strong>von</strong> sind zwei auch FSJ-<br />
Träger für Freiwilligendienste im Ausland.<br />
In den Jugendfreiwilligendiensten werden Plätze mit bis zu 400 €/Monat aus Landesmitteln<br />
und aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. Nach Wegfall der Bundesförderung<br />
werden das FJ – Kultur und das FJ – Denkmal (10 Plätze) monatlich ausschließlich<br />
mit Landesmitteln gefördert.<br />
Mit dem ab 16. Mai 2008 geltenden Jugendfreiwilligendienstgesetz wird die max. Dienstdauer<br />
auf 24 Monaten angehoben. Zwischen Freiwilligendienst im Inland und im Ausland, aber<br />
auch zwischen FSJ und FÖJ bestehen Kombinationsmöglichkeiten und der Freiwilligendienst<br />
kann in jeweils dreimonatigen Blöcken geleistet werden, soweit Träger dies anbieten.<br />
Künftige Aufgaben werden in der weiteren Verbesserung der Qualitätsstandards bei den<br />
Einsatzstellen, der weiteren Entwicklung des Freiwilligen Jahres Politik (25 Plätze) und in der<br />
finanziellen Stabilisierung des Jugendfreiwilligendienstes unter Beachtung der Entwicklung<br />
der Zahlen der Schulabgängerinnen und –abgänger gesehen.<br />
FSJ allgemein<br />
Anzahl geförderter<br />
Plätze (409 € monat-<br />
lich)<br />
2005/2006 2006/2007 2007/2008<br />
241 215 337<br />
Förderung Land 386.263 € 263.805 € 562.920 €<br />
Förderung EU/ESF 758.108 € 791.415 € 1.011.600 €<br />
35
FSJ-Kultur 2005/2006 2006/2007 2007/2008<br />
Anzahl geförderter<br />
Plätze (320 € monatlich)<br />
22 22 46<br />
Landesförderung (MS<br />
und MK zu je 50 %)<br />
84.480 € 84.480 € 176.640<br />
FSJ-Denkmal<br />
Anzahl geförderter<br />
Plätze (409 € monatlich)<br />
10 10 10<br />
Das Freiwillige Jahr Politik ist in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> mit der Aufbauphase im Jahr 2007 und mit<br />
den ersten Teilnehmenden zum 01.01. 2008 erfolgreich gestartet. Die Bewerbungszahlen für<br />
den zu 01.09. 2008 beginnenden neuen Zyklus zeigen ein großes Interesse an den vom<br />
Land geförderten 25 Plätzen. Die Motivlage der Bewerberinnen und Bewerber konnte noch<br />
nicht untersucht und dokumentiert werden. Aus den übrigen Jugendfreiwilligendiensten ist<br />
ein breites Spektrum an Motiven bekannt, u. a. karitatives bzw. soziales Engagement, Interesse<br />
vor/nach einer Ausbildung oder einem Studium „erst einmal etwas anderes machen zu<br />
wollen“, Bildungsinteresse, Berufsorientierung, aber auch der Arbeitslosigkeit zu entrinnen,<br />
besser bezahlt zu werden, als in einem Praktikum.<br />
Auch im FJ Politik in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> werden die einzelnen Plätze mit bis zu 400 € je Teilnehmende/Teilnehmenden<br />
pro Monat aus Landesmitteln bezuschusst und zwar für die sog.<br />
teilnehmerrelevanten Leistungen , die eine Taschengeldpauschale, Unterkunfts- und Verpflegungskostenzuschuss,<br />
Fahrtkosten zwischen Unterkunft und Einsatzstelle und die Beiträge<br />
zur Sozialversicherung (Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung) umfassen.<br />
Darüber hinaus wurden 3.000 € Starthilfe gewährt zum Aufbau der Infrastruktur beim Träger<br />
sowie zur Akquise <strong>von</strong> Einsatzstellen.<br />
Das Projekt FJ Politik findet in Trägerschaft der Internationalen Jugendgemeinschaftsdienste<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e.V. (ijgd) in Kooperation mit der Initiative Kinder- und Jugendfonds <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
e.V. (ikjf) und der Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> (lagfa) statt.<br />
Beschrieben wird es durch den Träger so:<br />
„Freiwilliges Soziales Jahr im Politischen Leben (FSJ Politik) in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> - Ein Jahr<br />
für die Zukunft!“<br />
Schule aus. Und dann? Jugendliche zwischen 16 und 26 Jahren haben die Chance ihre persönlichen<br />
und beruflichen Perspektiven durch einen Freiwilligendienst außerhalb <strong>von</strong> Schule<br />
und Beruf auszubauen.<br />
Seit dem 1. Januar 2008 kann das Freiwillige Soziale Jahr in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> auch im politischen<br />
Bereich geleistet werden. Mit dem FSJ Politik können junge Menschen Einblicke in<br />
politische Prozesse gewinnen und an ihnen teilhaben.<br />
Wofür ein FSJ Politik?<br />
Neben der Weiterentwicklung der Persönlichkeit, der finanziellen und persönlichen Unabhängigkeit,<br />
der Überprüfung des eigenen Berufswunsches, dem Kennen lernen neuer Leute,<br />
mehr Selbstbewusstsein und Verantwortungsbewusstsein, verfolgt das FSJ Politik folgende<br />
spezielle Ziele:<br />
• selbst aktiv werden und politisch handeln<br />
• Politik und politische Prozesse verstehen lernen durch aktive Teilhabe an der Gestaltung<br />
des Gemeinwesens<br />
• Strukturen, Aufgaben und Arbeitsabläufe in politisch relevanten Institutionen kennen<br />
lernen und mitwirken<br />
• Respekt und Toleranz gegenüber Haltungen anderer gewinnen<br />
36
• geregelte Konfliktbewältigung und Verfahren zum Interessenausgleich kennen lernen<br />
und einüben.“ (Quelle: www.ijgd.de/fsj-Politik.394.0.htm).<br />
Da Politik in allen Bereichen der Gesellschaft stattfindet, in denen Menschen miteinander in<br />
Interaktion treten, kann das FJ Politik in einem breiten Spektrum <strong>von</strong> Einsatzstellen und Tätigkeitsfeldern<br />
stattfinden. Dazu zählen politische Stiftungen, Ausschüsse, Verwaltungen und<br />
Gremien der Landes- und Kommunalparlamente, Ämter der Kommunalverwaltung, Bürgerbüros,<br />
Ausländerräte, Kommunalverbände, Körperschaften des öffentlichen Rechts, öffentlich-rechtliche<br />
Medien, Jugendpresse, in den Strukturen der Sozialverbände und kirchlichen<br />
Verbänden, Einrichtungen der überparteilichen Bildung, in den politischen Fraktionen des<br />
<strong>Landtag</strong>s <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>.<br />
3.10 Jugend im ländlichen Raum<br />
Kinder- und Jugendarbeit im ländlichen Raum wird <strong>von</strong> verschiedenen Trägern wie beispielsweise<br />
den Feuerwehren, verschiedenen Vereinen und Verbänden im sportlichen und<br />
konfessionellen Bereich oder dem Landjugendverband <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e. V. (LJV) angeboten.<br />
Die konkreten Angebote werden hauptsächlich <strong>von</strong> Trägern bzw. Verbänden und Vereinen<br />
unterbreitet, die lokal/regional verortet sind. Jugendverbände als (Vertrags-)Partner des<br />
Landesverwaltungsamtes/Landesjugendamtes sollen hauptsächlich überregionale Angebote<br />
vorhalten. Ihre Verbandsstrukturen sind jedoch auch örtlich tätig,<br />
Landesweit tätige Strukturen, die überregionale Angebote vorhalten und örtliche Träger unterstützen,<br />
sind dabei ebenso erforderlich wie die vor Ort tätigen Träger und Akteure der<br />
Kinder- und Jugendarbeit. Moderne, kurzfristige Angebote für Kinder und Jugendliche und<br />
langfristig tätige Ansprechpartner und Strukturen sind Voraussetzung für eine angemessene<br />
Lebensqualität, die Entwicklung <strong>von</strong> Chancen der Kinder und Jugendlichen und haben Bedeutung<br />
als Haltefaktoren.<br />
Zunehmend dünnen die Angebote im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit im ländlichen<br />
Raum jedoch aus, wozu jedoch keine gesicherten statistischen Daten vorliegen. Die Ausdünnung<br />
der Angebotspalette in den Bereichen der Bildung und Freizeit für Kinder und Jugendliche,<br />
aber auch der sozialen Infrastruktur bzw. Daseinsvorsorge (Schulen, Kitas, Arztpraxen,<br />
Einkaufsmöglichkeiten, Bankschalter etc.) führt in der Folge zu stärkerer Abwanderung<br />
<strong>von</strong> Jugendlichen und jungen Familien bzw. zur Verminderung der Attraktivität ländlicher<br />
Kommunen als Lebensraum für junge Menschen.<br />
Die demografische Entwicklung in ländlichen Räumen ist durch die Abwanderung junger<br />
Menschen, insbesondere junger Frauen, eine geringere Geburtenrate und durch eine Erhöhung<br />
des Anteils älterer Menschen gekennzeichnet. Auch die Haushaltslage vieler Kommunen<br />
führt zwangsläufig zu Problemen, attraktive und altersgerechte Angebote für Kinder und<br />
Jugendliche in der Fläche vorzuhalten.<br />
Erschwerend kommt hinzu, dass der Zugang zu Bildungs- und Freizeitangeboten in den Mittel-<br />
und Oberzentren durch nicht bedarfsgerechte Mobilitätsangebote oder -möglichkeiten,<br />
weite Entfernungen und erhöhten Zeitaufwand sowie anfallende Ausgaben eingeschränkt<br />
oder unmöglich wird.<br />
Die Träger der Kinder- und Jugendarbeit organisieren wertvolle Bildungs- und Freizeitangebote.<br />
<strong>Der</strong> Landjugendverband unterstützt beispielsweise Jugendliche auf dem Land bei der<br />
selbstständigen Organisation <strong>von</strong> Jugendgruppen, Jugendbegegnungen, Exkursionen, führt<br />
Gruppenleiterschulungen durch und ist im Rahmen der außerschulischen Kinder- und Jugendbildung<br />
zu den Themen „Gesundheitlicher Jugendschutz“, „Bewerbungs- und Teamtraining“,<br />
„Stärkung der beruflichen Kompetenz“ oder „Fremdenfeindlichkeit“ tätig. In den Jahren<br />
2004 bis 2007 wurden dem LJV für seine Kinder- und Jugendarbeit mehr als 338.000 € vom<br />
Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> zur Verfügung gestellt.<br />
Angebote für Kinder und Jugendliche werden im ländlichen Raum auch vom Haus des Waldes<br />
in Hundisburg, <strong>von</strong> den waldpädagogischen Einrichtungen, wie den fünf Jugendwaldheimen<br />
und Betreuungsforstämtern, die Waldführungen mit unterschiedlicher Schwerpunkt-<br />
37
setzung, z.B. Walderlebniswanderungen oder Waldjugendspiele durchführen sowie <strong>von</strong> den<br />
Informationsstellen und Verwaltungen der Großschutzgebiete wie dem Nationalpark Harz,<br />
den Naturparken und dem Biosphärenreservat Mittelelbe vorgehalten.<br />
Das Projekt Wege zu einer nachhaltigen Bevölkerungspolitik in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> „Ländliche<br />
Lebensmodelle junger Menschen und Familien“ wurde im Jahr 2005 gestartet. Es zeigt Wege<br />
auf, wie das Lebensumfeld <strong>von</strong> jungen Menschen und Familien im ländlichen Raum des<br />
Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> gestärkt werden kann, liefert Ansatzpunkte zur Verbesserung <strong>von</strong><br />
Zukunftschancen für junge Menschen und Familien und dokumentiert, wie jungen Menschen<br />
und Familien in ihrer Heimat eine Zukunft geboten werden kann. Sieben Modellorte aus allen<br />
Regionen des Landes haben an dem Projekt teilgenommen, konkrete Verbesserungsvorschläge<br />
für ihre Kommunen entwickelt und auf den Weg der Umsetzung gebracht. Als ein<br />
Ergebnis dieses Projektes liegt inzwischen der Entwurf des „Leitfadens für die Entwicklung<br />
familienfreundlicher Kommunen – Wege zu einer nachhaltigen Bevölkerungspolitik in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
– ländliche Lebensmodelle junger Menschen und Familien“ vor, der Gegenstand<br />
einer Kabinettsvorlage werden soll.<br />
Die Sicherung einer angemessenen Lebensqualität und deren Verbesserung insbesondere<br />
im Interesse <strong>von</strong> Familien sowie zur Sicherung der Chancen <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen<br />
stehen im Mittelpunkt der Politik für eine nachhaltige, zukunftsfähige Entwicklung des ländlichen<br />
Raumes in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> und des Entwicklungsprogramms für den ländlichen Raum<br />
des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> – Förderzeitraum 2007 – 2013.<br />
Integrierte ländliche Entwicklungskonzepte (ILEK) und LEADER-Konzepte, die wesentliche<br />
Grundlage für die Entwicklung und Durchführung relevanter Maßnahmen und deren Förderung<br />
mit EU-Mitteln sind, werden fortgeschrieben. Diese haben in Verbindung mit dem Regional-<br />
und LEADER-Management die Förderung der Chancen <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen<br />
ebenso zum Ziel.<br />
Im Jahr 2006 wurde im Rahmen der Jugendpflegertagung „<strong>Der</strong> demografische Wandel in<br />
(ostdeutschen) ländlichen Regionen – eine Herausforderung für die Jugendarbeit“ behandelt.<br />
Diese Veranstaltung galt der Information über den demografischen Wandel, wie ihm entgegnet<br />
werden könnte und stand im Zeichen der Diskussion, welche Instrumente der Abwanderung<br />
im ländlichen Raum entgegen gesetzt werden könnten. Die Ergebnisse dieser Tagung<br />
können <strong>von</strong> politischen Entscheidungsträgern auf verschiedenen Ebenen <strong>von</strong> der Kommune<br />
bis zum Land bei der Erarbeitung <strong>von</strong> Handlungsstrategien herangezogen werden.<br />
4. Jugendsozialarbeit<br />
Das Land unterstützt die Jugendsozialarbeit durch Fachberatung, Anregung und Förderung<br />
<strong>von</strong> Projekten und Maßnahmen freier und öffentlicher Träger auf der Grundlage der §§ 13,<br />
82, 85 SGB VIII in Höhe <strong>von</strong> bis zu 440.000 € jährlich.<br />
Die Angebote der Jugendsozialarbeit richten sich an sozial benachteiligte und individuell beeinträchtigte<br />
junge Menschen mit dem Ziel, deren schulische, berufliche und soziale Integration<br />
zu fördern und die Benachteiligungen abzubauen.<br />
Landesmittel wurden vorrangig für zielgruppenspezifische, niedrigschwellige, sozialpädagogisch<br />
begleitete Projekte gewährt, die der Erprobung neuer Handlungsansätze sowie der<br />
qualitativen Weiterentwicklung der Jugendsozialarbeit dienten.<br />
Im <strong>Bericht</strong>szeitraum wurden schwerpunktmäßig überregionale Angebote und bedarfsorientierte<br />
regionale Projekte der Jugendsozialarbeit in folgenden Handlungsfeldern gefördert:<br />
4.1 Mobile Jugendarbeit / Straßensozialarbeit<br />
Das S.C.H.I.R.M. - Projekt in Halle ist ein niedrigschwelliges, ganzheitliches Angebot für sozialisationsgelöste,<br />
wohnungslose, delinquente und Drogen konsumierende Jugendliche und<br />
junge Erwachsene, deren Lebensmittelpunkt die Straße ist. Das Angebotsspektrum umfasst<br />
neben aufsuchender Arbeit (u.a. in Form des Streetwork) sowie Beratung und Betreuung <strong>von</strong><br />
Straßenkindern in Krisensituationen auch Leistungen zur Befriedigung elementarer Grund-<br />
38
edürfnisse, der Gesundheitsfürsorge und Prävention. Im Rahmen <strong>von</strong> Case-Management<br />
werden im Einzelfall mit betroffenen Jugendlichen auf freiwilliger Basis langfristig neue Lebensperspektiven<br />
erschlossen, ihnen werden komplexe, lebensweltbezogene individuelle<br />
Hilfen angeboten bzw. über bestehende Kooperationsstrukturen vermittelt.<br />
Die Streetworkerinnen/Streetworker sind an den sozialen Brennpunkten der Stadt präsent.<br />
Die aufsuchende Arbeit ist oft die einzige Möglichkeit, den Zugang zu dieser Zielgruppe herzustellen,<br />
eine weitere Ausgrenzung zu verhindern und deren gesellschaftliche Teilhabe zu<br />
ermöglichen. Die Angebote des S.C.H.I.R.M. - Projektes werden jährlich durchschnittlich <strong>von</strong><br />
200-280 Straßenkindern genutzt, wobei ca. 65% der Klientinnen und Klienten nicht aus dem<br />
Einzugsbereich der Stadt Halle, sondern aus dem Umland und teilweise auch dem gesamten<br />
Bundesgebiet kommen.<br />
Eine zeitliche Begrenzung der Förderung dieses zielgruppenspezifischen Projekts für Straßenkinder<br />
gibt es nicht.<br />
4.2 Sozialarbeit an Schulen<br />
Schülerinnen und Schüler tragen ihre Lebenssituation, ihre Probleme und Fragen mit in den<br />
Schulalltag. An diesem Lebensmittelpunkt der jungen Menschen fallen Benachteiligungen<br />
und Hilfebedarf auf und hindern nicht selten am Lernerfolg. Doch die Lehrkräfte, zu deren<br />
Aufgaben neben der Wissensvermittlung auch die Erziehung gehört, können die sozialen<br />
Probleme der Jugendlichen nicht alleine lösen. Die Hilfestellung gehört zum Zuständigkeitsbereich<br />
der Jugendhilfe. Daher ist Jugendsozialarbeit am Ort der Schule wichtig.<br />
Projekte der Schulsozialarbeit<br />
Nach Beendigung des Förderprogramms Schulsozialarbeit im Jahr 2003 unterstützt die Landesregierung<br />
die Kommunen bei der Durchführung <strong>von</strong> Projekten der Schulsozialarbeit, indem<br />
die Zuweisungen der Jugendpauschale und des Fachkräfteprogramms auch zur Finanzierung<br />
<strong>von</strong> Projekten der Schulsozialarbeit eingesetzt werden können. Im Rahmen des<br />
Fachkräfteprogramms wurden im <strong>Bericht</strong>szeitraum jährlich bis zu sechs sozialpädagogische<br />
Fachkräfte im Bereich Schulsozialarbeit bzw. in Schulverweigererprojekten eingesetzt.<br />
Projekte gegen Schulversagen<br />
Im <strong>Bericht</strong>szeitraum wurde das Projekt „fS – gS für Schulverweigerer – gegen Schulverweigerung“<br />
der Jugendwerkstatt Bauhof Halle mit Landesmitteln gefördert.<br />
Das Projekt ist ein komplexes, ganzheitliches und bedarforientiertes Leistungsangebot gem.<br />
§§ 13 und 27ff SGB VIII für schulmüde und schulverweigerungsgefährdete Jugendliche. Das<br />
innovative Reintegrationsangebot wird in Kooperation <strong>von</strong> Jugendhilfe und Schule durchgeführt<br />
und <strong>von</strong> Bund, Land und Kommune gefördert. Die anteilige Förderung durch den Bund<br />
erfolgt im Rahmen des ESF-Programms „Schulverweigerung die 2. Chance“.<br />
4.2.1 ESF-Programm „Projekte zur Vermeidung <strong>von</strong> Schulversagen und zur Senkung<br />
des vorzeitigen Schulabbruchs<br />
In enger Kooperation zwischen dem Sozial- und dem Kultusministerium wurde zum einen ein<br />
qualifiziertes Programms zur Schulsozialarbeit und zum anderen ein aus ESF-Mitteln gefördertes<br />
Programm zur Vermeidung <strong>von</strong> Schulversagen aufgelegt.<br />
Da aus fachlicher Sicht die Tätigkeitsspektren dieser zwei Programme starke Schnittmengen<br />
aufweisen und eine getrennte Umsetzung zu Abgrenzungsschwierigkeiten geführt und Synergien<br />
ungenutzt gelassen hätte, wurde eine enge Verzahnung vorgenommen.<br />
Um die aktuelle Schulversagensquote langfristig signifikant zu senken, hat die Landesregierung<br />
in Kooperation <strong>von</strong> Sozial- und Kultusministerium ein gemeinsames Programm für den<br />
Zeitraum 2007-2013 konzipiert, welches anteilig aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds<br />
und aus Landesmitteln finanziert werden soll. Zielstellung ist es, durch frühzeitige Prävention<br />
39
und effektive Unterstützungsmaßnahmen die Quote der Schulabgehenden ohne Hauptschulabschluss<br />
um 50 % zu reduzieren.<br />
Das Programm beinhaltet drei Fördermodule, die Etablierung regionaler Netzwerke gegen<br />
Schulversagen in den Landkreisen und kreisfreien Städten und die Förderung bedarfsorientierter<br />
Schulsozialarbeitsprojekte sowie bildungsbezogene Angebote an Einzelschulen.<br />
Mit dem ESF- Programm gegen Schulversagen setzt die Landesregierung u. a. die schulund<br />
jugendpolitische Forderung aus dem Koalitionsvertrag der CDU und SPD vom April<br />
2006 um, ein qualifiziertes Schulsozialarbeitsprogramm aufzulegen.<br />
Im Vorfeld der Einführung des ESF-Programms wurden seit Januar 2007 aus Mitteln des<br />
Sozialministeriums das Modellprojekt „ASS- Agentur für schulische und soziale Integration „<br />
(Rückenwind e.V. Schönebeck) und das Projekt „Schulsozialarbeit an der Diesterweg-<br />
Sekundarschule Stendal“ (Diakoniewerk Osterburg e.V.) gefördert. Das Projekt ASS wurde<br />
in Kooperation des Sozial- und Kultusministeriums mit dem Ziel initiiert, an zwei Standorten<br />
in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> regionale Netzwerke gegen Schulversagen aufzubauen und eine bedarfsorientierte<br />
Schulsozialarbeit an Sekundarschulen modellhaft zu erproben. Die Förderung<br />
beider Projekte erfolgte auf der Grundlage der Bekanntmachung des MS vom<br />
21.12.2006 und gem. Erlassen v. 21.1.2006 und 10.12.2007. Sie endete mit Ablauf des<br />
Schuljahres 2007/2008, mit dem Ziel der Überführung der Projekte der Schulsozialarbeit in<br />
das ESF-Programm gegen Schulversagen.<br />
Die Zielstellung und die Förderschwerpunkte des ESF-Programms wurden seit 2007 im Land<br />
auf breiter Ebene diskutiert. Entsprechend hoch sind die Erwartungen der freien und öffentlichen<br />
Träger der Jugendhilfe sowie der Schulen an die Umsetzung beginnend mit dem Schuljahr<br />
2008/2009.<br />
Für die laufende EU-Förderperiode 2007-2013 stehen dem Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> insgesamt<br />
59,01 Mio. Euro für „Projekte zur Vermeidung <strong>von</strong> Schulversagen und zur Senkung des vorzeitigen<br />
Schulabbruchs“ zur Verfügung.<br />
ESF-Mittel (Mio. €) nationale Ko-Finanzierung (Mio. €) insgesamt (Mio. €)<br />
MS 24,03 8,01 32,04<br />
MK 20,23 6,74 26,97<br />
Es ist derzeit vorgesehen, ca. 4 Mio. Euro im Gesamtförderzeitraum in die Förderung bildungsbezogener<br />
Angebote innerhalb des ESF-Projektes fließen zu lassen und mit ca. 9 Mio.<br />
Euro im Gesamtförderzeitraum die regionalen Netzwerkstellen gegen Schulversagen zu fördern.<br />
Alle weiteren vorhandenen Mittel sollen nach letztendlicher Absicherung der Overhead-<br />
Aufgaben zur Finanzierung bedarfsorientierter Schulsozialarbeit zur Verfügung stehen.<br />
Ziel ist es, durch frühzeitige Prävention und effektive Unterstützungsmaßnahmen die Quote<br />
der Schulabgehenden ohne Hauptschulabschluss <strong>von</strong> 12,4 % auf 8,6 %, (also <strong>von</strong> ca.<br />
38.400 Schülerinnen und Schüler auf 27.500) zu reduzieren.<br />
Quantitativ sollen 48.000 Schülerinnen und Schüler mit den regionalen Netzwerkstellen, der<br />
bedarfsorientierten Schulsozialarbeit sowie den bildungsbezogenen Maßnahmen erreicht<br />
werden. Das entspricht ca. 15 % aller Schülerinnen und Schüler <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s.<br />
Bedarfsorientierte Schulsozialarbeit<br />
<strong>Der</strong> Schwerpunkt innerhalb des EU-Projektes wird auf eine bedarfsorientierte Förderung <strong>von</strong><br />
Schulsozialarbeitsprojekten an Einzelschulen gelegt werden.<br />
Auf die Erfahrungen aus dem Programm „Schulsozialarbeit“ der Jahre 1998 – 2003 wird dabei<br />
zurückgegriffen. Dieses Konzept wird jedoch im Rahmen des ESF-Projektes durch eine<br />
konkret vereinbarte Zusammenarbeit zwischen den Schulsozialarbeiterinnen / Schulsozialarbeitern<br />
und den regionalen Netzwerkstellen konzeptionell erweitert werden, so dass ein enges<br />
Netz zwischen der bedarfsorientierten Schulsozialarbeit an den Schulen und der erfor-<br />
40
derlichen Einbeziehung schulinterner und schulexterner Beratungs- und Unterstützungseinrichtungen<br />
geschaffen werden wird.<br />
Dabei setzt sich die Schulsozialarbeit zum Ziel, Kinder und Jugendliche im Prozess des Erwachsenwerdens<br />
zu begleiten, sie bei einer sinnvollen Lebensgestaltung zu unterstützen<br />
und ihre Kompetenzen zur Bewältigung <strong>von</strong> persönlichen und/ oder sozialen Problemen zu<br />
fördern.<br />
In diesem Sinne soll die Schulsozialarbeit zum Einen die Schule bei der Verwirklichung ihres<br />
Erziehungs- und Bildungsauftrages und zum Anderen die Eltern bei der Wahrnehmung <strong>von</strong><br />
Erziehungsaufgaben unterstützen.<br />
Eine Anzahl <strong>von</strong> mind. jährlich durchschnittlich 100 Schulsozialarbeitsprojekten an den Schulen<br />
ist im Gesamtförderzeitraum 2008-2013 abgesichert.<br />
Die bedarfsorientierte Schulsozialarbeit soll Schulen aller Schulformen offen stehen. Allerdings<br />
ist es Konsens auf der Fachebene, dass vornehmlich in den Sekundarschulen großer<br />
Handlungsbedarf besteht. Auch soll die bedarfsorientierte Schulsozialarbeit explizit an den<br />
Berufsbildenden Schulen umgesetzt werden können, da an diesen Schulen unter anderem<br />
der Hauptschulabschluss nachgeholt werden kann.<br />
Entwicklung und Umsetzung <strong>von</strong> bildungsbezogenen Angeboten<br />
Zusätzlich zu bedarfsorientierter Schulsozialarbeit an Einzelschulen sind seitens des Kultusministeriums<br />
weitere Einzelmaßnahmen innerhalb <strong>von</strong> Schulen, schulübergreifend und<br />
außerhalb <strong>von</strong> Schulen im Rahmen des ESF-Projektes zu entwickeln und umzusetzen. Diese<br />
bildungsbezogenen Angebote umfassen z. B.:<br />
- die individuelle Förderung <strong>von</strong> Schülerinnen und Schülern, z. B. spezifische Maßnahmen<br />
zur Förderung <strong>von</strong> Jungen und Mädchen sowie <strong>von</strong> ausländischen Schülerinnen und<br />
Schülern, Förderkurse für versetzungsgefährdete Schülerinnen und Schüler, Kurse in der<br />
unterrichtsfreien Zeit<br />
- den bedarfsorientierten Einsatz zusätzlichen Personals für die Diagnostik an Schulen und<br />
für notwendige Clearingverfahren<br />
- bedarfsorientierte Fortbildungen für Lehrkräfte z. B. zum Thema „Frühzeitiges Erkennen<br />
<strong>von</strong> Schulversagen, Möglichkeiten der Prävention und der individuellen Förderung“, „Berücksichtigung<br />
der Heterogenität der Lernenden“, Tandem-Fortbildungen für Lehrkräfte<br />
und Schulsozialarbeiterinnen / Schulsozialarbeiter, Themenmultiplikatorinnen/ Themenmultiplikatoren<br />
zur Vermeidung <strong>von</strong> Schulversagen, Beratungslehrkräfte<br />
- die Erarbeitung und Vorstellung <strong>von</strong> Arbeitsmaterialien für Lehrkräfte, z. B. best practice<br />
Erläuterungen, Handreichungen zur Thematik<br />
- die Umsetzung <strong>von</strong> Konzepten zur Veränderung der Lehr- und Lernkultur.<br />
Entwicklung <strong>von</strong> regionalen Netzwerkstellen gegen Schulversagen<br />
Um präventiv die beschriebenen Zielgruppen der Heranwachsenden zu erreichen, sind die<br />
Kooperation und Vernetzung <strong>von</strong> Unterstützungssystemen im Rahmen <strong>von</strong> lokalen und<br />
schulischen Aktivitäten zu intensivieren. Dazu ist strukturell vorgesehen, landesweit regionale<br />
Netzwerkstellen gegen Schulversagen in den neuen Gebietseinheiten, wie sie seit Inkrafttreten<br />
der Gebiets- und Funktionalreform zum 01.07.2007 bestehen, einzurichten.<br />
Um die Strukturen so schlank wie möglich und um die „Verwaltung“ sachgerecht und<br />
zugleich mit geringstem Aufwand zu gestalten, soll in den elf Landkreisen und drei kreisfreien<br />
Städten jeweils nur eine entsprechende Netzwerkstelle mit einer bis maximal zwei Netzwerkkoordinatorinnen<br />
/ -koordinatoren installiert werden.<br />
Aufgabe der Netzwerkstellen ist es, unter Einbeziehung <strong>von</strong> Kindertagesstätten, Schulen (aller<br />
Schulformen), Schulträgern, Schulaufsicht, kommunalen Einrichtungen, öffentlichen Trägern<br />
der Kinder- und Jugendhilfe, freien Trägern der Kinder- und Jugendhilfe, Familienberatungsstellen<br />
und weiteren Beratungs- und Unterstützungsangeboten in der jeweiligen Region<br />
41
frühzeitig präventiv und intervenierend mit einem zu entwickelnden, abgestimmten Gesamtkonzept<br />
bei sich abzeichnenden bzw. aufgetretenen Schulproblemen <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen<br />
tätig zu werden.<br />
Mittelverteilung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Ausgehend <strong>von</strong> den vorhandenen finanziellen Möglichkeiten sind die Mittel (gesamt) nach<br />
Einteilung der EU-Förderregionen so aufzuteilen, dass für die Region Süd (ehemaliger Regierungsbezirk<br />
Halle), die eine Phasing-out-Region darstellt, 30 % der Programmmittel zu<br />
verausgaben sind. Für die Region Nord (ehemalige Regierungsbezirke Magdeburg und Dessau)<br />
sind 70 % der Programmmittel zu veranschlagen.<br />
Es ist vorgesehen, jährlich 48.000 Schülerinnen und Schüler mit den o. g. Maßnahmen<br />
(Schulsozialarbeitsprojekte, bildungsbezogene Angebote, individuelle Beratung...) zu erreichen.<br />
Bei der derzeitigen Schülerzahl sind das mindestens 15 % aller Schülerinnen und<br />
Schüler.<br />
Zeitlicher Verlauf der Erarbeitung und Umsetzung der Richtlinie<br />
Von den beiden beteiligten Ministerien wurde 2007 eine Internet-Seite unter<br />
www.schulerfolg.sachsen-anhalt.de eingerichtet, auf der umfassend über den jeweiligen<br />
Programmentwicklungsstand berichtet wird und aufgerufen wurde, per E-Mail Anregungen<br />
und Anmerkungen zu den Inhalten des Programms und des Vorab-Richtlinienentwurfs an die<br />
Ministerien zu richten.<br />
Von dieser Möglichkeit wurde im Rahmen des sogenannten „Voranhörungsverfahrens“ <strong>von</strong><br />
zahlreichen Verbänden und Interessengruppen im September 2007 Gebrauch gemacht. Diese<br />
Anregungen insbesondere zum Richtlinienentwurf wurden <strong>von</strong> den Fachebenen des MS<br />
und MK intensiv geprüft. Die formale Anhörung zur Förderrichtlinie fand am 15.02.2008 statt.<br />
Zwischenzeitlich wurden umfassende Vorbereitungs- und Vernetzungsmöglichkeiten für die<br />
interessierten Projektträger wie auch der in die Programmumsetzung einzubeziehenden<br />
Schulen in Gang gesetzt.<br />
Neben der wissenschaftlichen Begleitung der Modellprojekte „Regionale Netzwerke gegen<br />
Schulversagen“ in Schönebeck und Stendal (2006 – 2008) wurde eine wissenschaftliche<br />
Evaluation bereits umgesetzter identischer oder analoger Programme und Maßnahmen in<br />
EU-Staaten und bundesweit aus Mitteln der Technischen Hilfe 2000 – 2006 in Auftrag<br />
gegeben, um aus dieser Analyse bereits stattgefundener Maßnahmen Anregungen für die<br />
Feinjustierung und –steuerung des ESF-Projektes gewinnen zu können.<br />
Die Veröffentlichung der Richtlinie über die Gewährung <strong>von</strong> Zuwendungen für das Programm<br />
„Projekte zur Vermeidung <strong>von</strong> Schulversagen und zur Senkung des vorzeitigen<br />
Schulabbruchs” erfolgte im Ministerialblatt Nummer 27 für das Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> am 11.<br />
August 2008. Entsprechend den Antragsmodalitäten der Richtlinie hatten die potentiellen<br />
Träger der Projekte die Möglichkeit, ihre Anträge bis zum 15. August (Unterstützung,<br />
Beratung und Begleitung; Netzwerkstellen) und bis 15. September (Schulsozialarbeit;<br />
bildungsbezogene Angebote) einzureichen.<br />
Zum Antragsschluss lagen für die einzelnen Programmmodule folgende Anträge vor:<br />
1. für Netzwerkstellen - 19 Anträge,<br />
2. für Projekte zur Schulsozialarbeit - 178 Anträge,<br />
3. für bildungsbezogene Angebote - 12 Anträge,<br />
4. für die Unterstützung, Beratung und Begleitung der Projektträger - 2 Anträge.<br />
Bewilligungsbehörde für alle vorgenannten Förderbereiche ist das Landesverwaltungsamt.<br />
Dieses bescheidet die Anträge auf der Grundlage des Votums eines Gremiums, bestehend<br />
aus je einem Vertreter für Soziales und das Schulwesen zuständigen obersten Landesbehörden,<br />
des Trägers der fachlichen Beratung, der für Soziales und das Schulwesen zuständigen<br />
oberen Landesbehörden sowie einem Wissenschaftler aus dem wissenschaftlichen<br />
Begleitprojekt.<br />
42
4.2.2 Richtlinie über die Gewährung <strong>von</strong> Zuwendungen zur Förderung <strong>von</strong> Schulsozialarbeit<br />
an Brennpunktschulen<br />
Bis die ESF-Maßnahme greifen kann, sind die notwendigen und aufwendigen Vorbereitungen<br />
abzuschließen. Um in dringenden Fällen handlungsfähig zu sein, wurde ein kleines Programm<br />
aufgelegt. Für dieses Programm wurden im Zeitraum 2007 bis 2011 aus Landesmitteln<br />
insgesamt 1.300.000 € bereitgestellt.<br />
<strong>Der</strong> Schwerpunkt der Gewährung <strong>von</strong> Zuwendungen innerhalb dieses Programms wird auf<br />
eine bedarfsorientierte Förderung <strong>von</strong> Schulsozialarbeitsprojekten an Einzelschulen (so genannte<br />
Brennpunktschulen) gelegt. Die Bedarfskriterien und die Kriterien zur Identifizierung<br />
<strong>von</strong> Brennpunktschulen ergeben sich aus einer Vielzahl <strong>von</strong> Indikatoren (z. B. Häufung eines<br />
sonderpädagogischen Förderbedarfs, hohes Gewaltpotenzial, Schulverweigerung, Abschlussgefährdung,<br />
Suchtproblematik, Anteil der Migrantinnen und Migranten, Anteil versetzungsgefährdeter<br />
Schülerinnen und Schüler, schwere Vorkommnisse und Straftaten, Arbeitslosenquote…).<br />
Treten Indikatoren gehäuft oder in starker Ausprägung auf, weist dies<br />
darauf hin, dass es sich um Schulen mit besonderen pädagogischen und sozialen Problemlagen<br />
- sogenannte Brennpunktschulen - handelt.<br />
Innerhalb dieses Programms werden seit Schuljahresbeginn 2007/08 acht Projekte gefördert,<br />
in die elf Schulen einbezogen sind (sechs Sekundarschulen, drei Betriebsbildende<br />
Schulen, eine Kooperative Gesamtschule, eine Förderschule).<br />
4.3 Kooperation <strong>von</strong> Jugendhilfe und Schule<br />
Zurückgehend auf die am 14.2.2006 unterzeichnete Kooperationsvereinbarung und um dieses<br />
Aufgabenfeld weiter zu entwickeln, hat das Ministerium für Gesundheit und Soziales<br />
gemeinsam mit dem Kultusministerium und dem Kinder- und Jugendring <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
e.V. eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, welche eine Handreichung zur Unterstützung der<br />
örtlichen Arbeit erarbeitet hat.<br />
Das Landesjugendamt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> hat diese Arbeit im Jahr 2007 durch die modulare<br />
Fortbildung „Schulbezogene Jugendarbeit – Kooperationen <strong>von</strong> Jugendhilfeträgern und<br />
Schulen“ unterstützt. In jeweils 2-tägigen Veranstaltungen wurden mit 16 Fachkräften aus<br />
Jugendarbeit und Schule folgende Module umgesetzt:<br />
Modul I: Kooperationen zwischen Jugendhilfe und Schule<br />
Modul II: Projektentwicklung/Projektmanagement sowie Finanzierungsmöglichkeiten <strong>von</strong> Kooperationsprojekten<br />
Modul III: Konstruktive Bearbeitung <strong>von</strong> Problemen und Konflikten im Rahmen der schulbezogenen<br />
Jugendarbeit und in Anwendung <strong>von</strong> geeigneten Methoden in Kooperationsprojekten<br />
4.4 Berufsorientierende Angebote und Berufsausbildung der Jugendhilfe<br />
Im Rahmen der Jugendsozialarbeit (JSA) werden Maßnahmen und Programme der Jugendberufshilfe<br />
(JBH) zur Förderung der beruflichen Eingliederung <strong>von</strong> benachteiligten jungen<br />
Menschen gefördert.<br />
Das Leistungsspektrum der JBH umfasst eine Vielzahl <strong>von</strong> subventionierten Ausbildungsund<br />
Beschäftigungsmaßnahmen, die <strong>von</strong> Unternehmen, Bildungs- und Jugendhilfeträgern<br />
vorgehalten und auf der Grundlage der Sozialgesetzbücher II, III und VIII sowie zielgruppenspezifischer<br />
Bundes-, Landes und EU-Programme finanziert werden.<br />
Bei den vom Land geförderten Angeboten nach §13 SGB VIII handelt es sich überwiegend<br />
um niedrigschwellige, zielgruppenspezifische, berufs- und arbeitsweltbezogene Beratungs-,<br />
Bildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen für benachteiligte junge Menschen, deren berufliche<br />
und soziale Integration ohne individuelle sozialpädagogische Hilfen nicht gesichert werden<br />
kann.<br />
43
Die modellhaften, regionalen Projekte und überregionalen Angebote wie Werkstattprojekte,<br />
Lebensweg- und Berufswegeplanung, Arbeitserprobung, soziale Kompetenzen und<br />
niedrigschwellige Beschäftigungsangebote werden mit Landesmitteln bezuschusst.<br />
Ausbildungsbegleitende Hilfen im Sinne einer sozialpädagogischen Begleitung für sozial benachteiligte<br />
Jugendliche bzw. Jugendliche mit Lernbeeinträchtigungen werden während der<br />
beruflichen Ausbildung durch die Träger der beruflichen Ausbildung nach SGB III gefördert.<br />
Im <strong>Bericht</strong>szeitraum wurden bzw. werden jährlich ca. 5-7 Projekte der Jugendberufshilfe gefördert.<br />
Für folgende Projekte endet die Landesförderung 2007 mit Ablauf der Anschubfinanzierung<br />
im 3. Förderjahr.<br />
Projekt „Aktiv“ der Ev. Stiftung St. Johannis Bernburg.<br />
Dieses niedrigschwellige Beschäftigungsangebot an der Schnittstelle <strong>von</strong> SGB II/III und SGB<br />
VIII verbindet Aktivierungshilfen gemäß § 241 Abs. 3a SGB III mit sozialpädagogische Hilfen<br />
gemäß § 13 Abs.1 SGB VIII für besonders benachteiligte Jugendliche, die eine intensive soziale<br />
Betreuung benötigen. Über individuelle sozialpädagogische Hilfen, Profiling, Kompetenztraining<br />
und Arbeitserprobung erfahren die Jugendlichen eine berufliche Orientierung<br />
und werden auf die Teilnahme an weiterführenden Eingliederungsmaßnahmen über das<br />
SGB II und III vorbereitet. Das regionale Projekt wird in Kooperation <strong>von</strong> freier und öffentlicher<br />
JH und Trägern der Grundsicherung durchgeführt und anteilig aus kommunalen und<br />
Landesmitteln finanziert.<br />
Die Landesförderung endete mit Ablauf des 3. Förderjahres im Juni 2008.<br />
Projekt „Fit für Arbeit und Leben“ des IB Halle<br />
Hierbei handelt es sich um ein Angebot der JSA/JBH gem. § 13 i. V. m. § 35 SGB VIII, für<br />
benachteiligte und individuell beeinträchtigte Jugendliche, die ihre Schulpflicht erfüllt haben<br />
und nicht über die Instrumentarien SGB II /SGB III beruflich integriert werden können. Die<br />
Jugendlichen werden über die ARGE oder das Jugendamt ins Projekt vermittelt, da sie aufgrund<br />
ihrer schwierigen individuellen Lebenssituation einen besonderen sozialpädagogischen<br />
Unterstützungsbedarf gemäß § 13 Abs.1 SGB VIII haben.<br />
Ziel des Projektes - an der Schnittstelle <strong>von</strong> SGB VIII und SGB II - ist es, in Kooperation <strong>von</strong><br />
Jugendhilfe und dem Träger der Grundsicherung für diese Zielgruppe ein adäquates Angebot<br />
zur langfristigen beruflichen und sozialen Integration zu schaffen.<br />
Im Rahmen des Projektes werden über Assessmentverfahren die Bildungs- und Ausbildungs-voraussetzungen<br />
der Teilnehmenden erfasst. Die Jugendlichen haben anschließend<br />
die Möglichkeit, ihre berufliche Eignung in Werkstätten des IB sowie in 6-monatigen Betriebspraktika<br />
zu erproben. Im Projekt können bis zu 20 Teilnehmer/innen beschäftigt und<br />
sozialpädagogisch betreut werden.<br />
Das innovative Projekt wurde drei Jahre bis 2007 mit Landesmitteln gefördert.<br />
Projekt „B.I.S.S. der Jugendwerkstatt Bauhof Halle<br />
Das Projekt B.I.S.S. ist ein modulares Integrationsangebot für junge Migrantinnen und<br />
Migranten gemäß § 13 Abs. 1 und 2 SGB VIII. <strong>Der</strong> Name steht für „Berufliche-Interkulturelle-<br />
Schulische-Soziale-Kompetenzen-Vermittlung/Förderung“.<br />
Zielgruppe sind jugendliche Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler und Kontingentflüchtlinge<br />
im Alter <strong>von</strong> 16-21 Jahren, die die allgemeine Schulpflicht erfüllt haben, aber aufgrund<br />
<strong>von</strong> Sprachschwierigkeiten, nicht anerkannter Schul- und Ausbildungsabschlüsse oder persönlicher<br />
Probleme orientierungslos sind und nicht in Ausbildung oder berufsvorbereitende<br />
Bildungsmaßnahmen vermittelt werden können.<br />
In 5 Modulen werden sozialpädagogische Hilfen und unterstützende Angebote für Jugendliche<br />
vorgehalten. Die Teilnehmenden können sich in unterschiedlichen Berufsfeldern orientieren<br />
und ausprobieren. Sie haben die Möglichkeit, ihre sprachlichen und sozialen Kompetenzen<br />
zu erweitern sowie einen anerkannten Schulabschluss nachzuholen.<br />
44
<strong>Der</strong> Träger trägt mit diesem innovativen, ganzheitlichen Handlungsansatz gesellschaftlichen<br />
und jugendhilferechtlichen Erfordernissen Rechnung und leistet einen wertvollen Beitrag, um<br />
den schwierigen Integrationsprozess <strong>von</strong> Jugendlichen mit Migrationshintergrund erfolgreich<br />
und nachhaltig zu gestalten.<br />
Die Förderung erfolgte 3 Jahre bis Juli 2008.<br />
Projekt „PRO MOTION“<br />
Dieses Projekt der Jugendwerkstatt Bauhof Halle (S.) ist die Nachfolgemaßnahme des vg.<br />
Projekts B.I.S.S..<br />
Die zielgruppenspezifischen Angebote der Jugendberufshilfe betrifft wiederum junge Migrantinnen<br />
und Migranten im Alter <strong>von</strong> 15 bis 25 Jahre. <strong>Der</strong> neue Arbeitsansatz heißt „reif für die<br />
Arbeit“ und orientiert noch deutlicher auf die berufliche Integration, während bei B.I.S.S. der<br />
Schwerpunkt auf die schulische und soziale Integration lag.<br />
Die nachfolgenden innovativen Projekte der JSA/JBH fördert das Landesjugendamt ab dem<br />
Haushaltsjahr 2008:<br />
Projekt „UFER“ des „Rückenwind e.V.“ Bernburg<br />
Das niedrigschwellige Angebot richtet sich an suchtmittelabhängige und an schul- und arbeitsentwöhnte<br />
junge Menschen. Über akzeptierende Sozialarbeit, individuelle sozialpädagogische<br />
Hilfen, Arbeits- und Sozialtraining sowie die Aktivierung des kommunalen Netzwerks<br />
sollen für diese Zielgruppe Brücken ins Erwerbsleben gebaut und die Chancen einer<br />
nachhaltigen beruflichen und sozialen Eingliederung verbessert werden.<br />
Projekte zur Integration junger Eltern in Berufsausbildung und Arbeitsmarkt<br />
<strong>Der</strong> IB hat zwei spezifische Angebote der Jugendberufshilfe gem. § 13 Abs .1 und 2 SGB VI-<br />
II für sozial benachteiligte junge Mütter und Väter bis zum 25. Lebensjahr konzipiert. In Kooperation<br />
<strong>von</strong> öffentlicher und freier Jugendhilfe und ARGE wird je ein Projekt in Halle und in<br />
Magdeburg umgesetzt. Beide Maßnahmen richten sich insbesondere an alleinerziehende<br />
junge Menschen, deren berufliche und soziale Integration aufgrund ihrer besonderen Lebenssituation,<br />
fehlender schulischer und beruflicher Abschlüsse, Überforderung durch Kindererziehung<br />
und frühe Elternschaft - ohne besondere sozialpädagogische Begleitung und<br />
individuell angepasste Beschäftigungsangebote nicht gesichert werden kann. Ziel der Projekte<br />
ist es, den Teilnehmenden sowohl arbeitsmarktrelevante Qualifikationen als auch soziale<br />
und berufliche Handlungskompetenzen zu vermitteln, um in Zusammenarbeit mit den regionalen<br />
Partnern langfristig deren Chancen der beruflichen Eingliederung zu erhöhen.<br />
Das Projekt in Magdeburg heißt „NIKI – Nachhaltige Integration kompetent initiieren“ und in<br />
Halle „EfA As – Engagement für Arbeit, Ausbildung und Schule“.<br />
Das Land beteiligt sich anteilig mit max. 60 v. H. an der Finanzierung. Die Förderung wird<br />
gem. Verfahrensgrundsätzen i. d. R. für einen Zeitraum <strong>von</strong> drei Jahre gewährt.<br />
Hinsichtlich des Handlungsbedarfs im Leistungsbereich Jugendsozialarbeit/ Jugendberufshilfe<br />
auf örtlicher und überörtlicher Ebene aus Sicht des Landesjugendhilfeausschusses wird<br />
auf den <strong>Bericht</strong> zur überörtlichen Jugendhilfeplanung „Situationsanalyse zur Jugendberufshilfe<br />
in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>“- vom 21.11.2007 verwiesen. <strong>Der</strong> <strong>Bericht</strong> ist im Netz unter<br />
www.sachsen-anhalt.de/LPSA /index.php?id=13453 veröffentlicht.<br />
Kompetenzagentur Jerichower Land „Erreichen, halten, vermitteln“<br />
Dieses Projekt des Jugendwerks „Rolandmühle“ in Kooperation mit dem Corneliuswerk Burg<br />
soll Jugendliche mit komplexen Problemlagen (psychosoziale, strukturelle Benachteiligung),<br />
bei denen bisherige Hilfsangebote nicht profitieren konnten oder nicht den eigenen Zugang<br />
dazu fanden, mit individuellen Eingliederungsplänen die soziale und berufliche Integration in<br />
Gesellschaft und Erwerbsleben ermöglichen.<br />
Es wird vom Bund mit ESF-Mitteln, vom Land und vom Landkreis Jerichower Land gefördert.<br />
45
5. Kinder- und Jugendschutz<br />
5.1 Gesetzliche Neuregelungen<br />
Das aktuelle Jugendschutzgesetz (JuSchG), das am 01. April 2003 in Kraft getreten ist, wurde<br />
durch das Hans-Bredow-Institut für Medienforschung an der Universität Hamburg <strong>von</strong><br />
Herbst 2007 bis Anfang 2008 einer Evaluation unterzogen, deren Ergebnisse ausgewertet<br />
und diskutiert werden.<br />
Aus diesen Diskussionen sind verschiedene Änderungen des Jugendschutzrechtes hervorgegangen,<br />
teilweise gesetzliche, teilweise untergesetzliche. So hat das JuSchG bereits Änderungen<br />
durch eine Novelle erfahren, weitere Änderungen stehen zur Diskussion und finden<br />
sich beispielsweise in einem bayerischen Gesetzentwurf. Untergesetzlich ist die wichtigste<br />
Änderung die Veränderung der Selbstkontrolle der Unterhaltungssoftware (USK). Seit<br />
dem 1.Juni 2008 ist die bisher beim Förderverein für Jugend und Sozialarbeit e.V. (fjs) angesiedelte<br />
USK in die Trägerschaft der Freiwilligen Selbstkontrolle Unterhaltungssoftware<br />
GmbH (FSU) übergegangen. Damit wurde auch für die USK eine Form gewählt, in der, vergleichbar<br />
der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK GmbH), die Wirtschaftsverbände<br />
unmittelbare Träger der Freiwilligen Selbstkontrolle sind. Außerdem hat es fachliche<br />
Abstimmungen der Selbstkontrollen mit der BPjM gegeben, um eine einheitliche Sprachpraxis<br />
zu erreichen.<br />
Insgesamt hat die Evaluation gezeigt, dass das System der kontrollierten Selbstkontrolle<br />
funktioniert. Das bedeutet nicht, dass es nur Entscheidungen, Einstufungen <strong>von</strong> Filmen und<br />
Unterhaltungssoftware gibt, die <strong>von</strong> allen Menschen geteilt werden. Aber es gibt eine zunehmende<br />
Akzeptanz der Einstufungen, wobei die Kennzeichen der FSK auf Grund ihrer<br />
längeren Existenz bekannter sind, als die der USK. Die sinkende Zahl der Beschwerden gegen<br />
Einstufungen <strong>von</strong> Filmen signalisiert dies (Quelle: <strong>Bericht</strong> der Ständigen Vertreter der<br />
Obersten Landesjugendbehörden bei der FSK für das Jahr 2007). Ferner hat sich das System<br />
Überprüfungsmöglichkeiten durch die Länder und eine Film- und Softwarewirtschaft bewährt.<br />
Allerdings gab es im Jahr 2007 lediglich 8 Appellationen, jeweils zu gleichen Teilen<br />
<strong>von</strong> der Filmwirtschaft und den Ländern eingelegt (Quelle: ebenda).<br />
In der weiteren Diskussion zum Jugendschutzrecht steht außerdem die sog. „erziehungsbeauftragte<br />
Person“. Diese muss bisher über 18 Jahre alt sein und kann auf der Grundlage einer<br />
Vereinbarung mit den Personensorgeberechtigten etwa die Begleitung <strong>von</strong> Minderjährigen<br />
zu Tanzveranstaltungen, bei Gaststätten- oder Kinobesuchen durchführen ohne alle gesetzlich<br />
festgelegten Zeitgrenzen beachten zu müssen. Da durch den Gesetzgeber keine<br />
Regelungen zum Nachweis der Vereinbarung mit den Personensorgeberechtigten vorgesehen<br />
sind, ist eine Kontrollierbarkeit bei Veranstaltungen kaum gegeben. Mündliche Vereinbarungen<br />
sind zulässig, durch den Veranstalter höchstens telefonisch überprüfbar. Im Zweifel<br />
dürfte der Veranstalter oder Anbieter demnach nicht <strong>von</strong> einer wirksamen Erziehungsbeauftragung<br />
ausgehen, was in der Praxis allerdings zu Umsetzungsschwierigkeiten geführt hat.<br />
Wirksame Lösungen werden gesucht.<br />
Neu ist weiterhin, dass seit dem 01. September 2007 keine Tabakwaren mehr an Jugendliche<br />
unter 18 Jahren verkauft werden dürfen, eine Forderung, die besonders aus gesundheitlichen<br />
Gründen, körperliche Schädigungen und Suchtfolgen, zu begrüßen ist.<br />
5.2 Verbesserung der staatlichen Aufsicht<br />
Das JuSchG und der JMStV richten sich vorrangig an Veranstalter und Gewerbetreibende<br />
sowie Anbieter <strong>von</strong> Internet und Rundfunk. Damit die Regelungen in der Praxis ihre Wirkung<br />
entfalten können, muss ihre Einhaltung überprüft und durchgesetzt werden. Für die Überwachung<br />
der Regelungen im Jugendschutzgesetz sind in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> die Landkreise und<br />
kreisfreien Städte mit ihren Jugend- und Ordnungsämtern zuständig. Im Eilfall geht die Zuständigkeit<br />
auf die Polizeibehörde über. Das Ministerium und das Landesjugendamt veranstalten<br />
deshalb regelmäßig gemeinsam Beratungen mit den Jugend- und Ordnungsämtern,<br />
46
um praxistaugliche landeseinheitliche Verfahrensweisen abzusprechen und Beispiele erfolgreichen<br />
Handelns auszutauschen.<br />
Für die Einhaltung der Vorschriften nach dem JMStV sind die Medienanstalten der Länder,<br />
für <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> die „Medienanstalt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>“, zuständig. <strong>Der</strong> JMStV konstituiert<br />
die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), die als Organ der Landesmedienanstalten<br />
die Einhaltung der für die Anbieter geltenden Bestimmungen nach dem JMStV überprüft. Die<br />
KJM wiederum wird durch die gemeinsame Stelle Jugendschutz aller Länder „jugendschutz.net“<br />
unterstützt, die durch die Obersten Landesjugendbehörden eingerichtet wurde.<br />
„Jugendschutz.net“ überprüft die Angebote der Telemedien und leitet bei Verstößen die notwendigen<br />
Schritte ein. „Jugendschutz.net“ hat erhebliche Erfahrung und Fachwissen insbesondere<br />
auf dem Gebiet des Internets angesammelt und eine wirkungsvolle Kontrollfunktion<br />
durch exemplarische Untersuchungen erlangt. Die Einzelheiten können den Veröffentlichungen<br />
<strong>von</strong> jugendschutz.net entnommen werden. Die Bundesländer haben sich deshalb auf eine<br />
Weiterfinanzierung <strong>von</strong> „jugendschutz.net“ für die nächsten Jahre geeinigt.<br />
5.3 Stärkung der Medienkompetenz<br />
Neue Medien bieten neue Chancen, sind aber auch Träger neuer Risiken. Die Diskussion im<br />
Bereich der Medien fokussiert sich zuweilen zu sehr auf den Umgang mit Computerspielen,<br />
erinnert sei hier nur an die Debatten um die sog. „Killerspiele“. Damit werden wichtige Zweige<br />
aus dem Spektrum der Medien ausgeblendet, wie das Internet, die Handys und die portablen<br />
Computer, aber auch Fernsehen, Radio und der Video- und DVD-Bereich.<br />
Dies zeigt, dass ein breites Angebot zur Unterstützung <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen, Eltern<br />
und Menschen, die Kinder und Jugendliche erziehen oder mit ihnen zu tun haben, notwendig<br />
ist. Viele Erwachsene nehmen die Gefahren und Chancen, die die einzelnen Medien allein<br />
oder zusammen bieten, gar nicht wahr. Sie wissen zu wenig oder sind nicht auf einem aktuellen<br />
Wissensstand.<br />
So verfolgt die Medienpädagogik zum einen das Ziel, Kinder und Jugendliche zu einem<br />
sachgerechten und selbstbestimmten, kreativen und sozialverantwortlichen Handeln in einer<br />
<strong>von</strong> Medien durchdrungenen Welt zu befähigen und zum anderen, Erwachsenen das erforderliche<br />
Wissen zu vermitteln, Kinder und Jugendliche dabei unterstützen zu können, diese<br />
Medienkompetenz zu erwerben.<br />
Medienkompetenz also bedeutet nicht nur, die Technik bedienen zu können. Die gezielte<br />
Auswahl und Nutzung bestimmter Medien für sich oder für Kinder und Jugendliche und der<br />
Umgang mit Medieninhalten müssen erlernt werden.<br />
Im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> arbeitet der vom Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> geförderte private Verein<br />
„Landesstelle Kinder- und Jugendschutz e.V.“ seit Jahren auf allen Gebieten des Jugendschutzes,<br />
besonders intensiv im Jugendmedienschutzbereich. Hier hat sich der Verein bundesweit<br />
einen besonders guten fachlichen Ruf erworben. Seine Angestellten sind nicht nur in<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>, dem Schwerpunkt der Arbeit, sondern auch bundesweit und auch im<br />
deutschsprachigen Ausland als Ratgeber und Referentinnen und Referenten besonders gefragt.<br />
<strong>Der</strong> Verein weist nicht nur auf Probleme hin, sondern macht auch immer wieder praxistaugliche<br />
Vorschläge zu deren Lösung.<br />
Ein wichtiges Arbeitsfeld der Medienpädagogik ist die Frühprävention durch altersgerechte<br />
Kenntnisvermittlung. Daran kann dann immer wieder, besonders im Jugendalter, angeknüpft<br />
werden. Es hat sich im Medienbereich gezeigt, dass gesetzliche repressive Maßnahmen für<br />
einen wirkungsvollen Schutz unserer Kinder und Jugendlichen allein nicht ausreichen. Präventiver<br />
Kinder- und Jugendschutz nach § 14 SGB VIII ist unabdingbar. Das heißt beispielsweise,<br />
dass Eltern befähigt werden, in der eigenen Familie und ggf. deren Umfeld präventiv<br />
zu handeln und zu wirken.<br />
Es hat sich in diesem Zusammenhang auch gezeigt, dass die Förderung eines strukturell<br />
übergreifenden Kinder- und Jugendschutzes im Medienbereich wichtig ist. So kann eine gezielte<br />
und ressourcensparende Arbeit zur Stärkung der Medienkompetenz mit möglichst allen<br />
47
Betroffenen gestärkt werden. Freie Träger der Jugendhilfe müssen weiterhin besonders angeregt<br />
werden, sich verstärkt dieser Aufgabe zu widmen und die Wichtigkeit der Medienkompetenzarbeit<br />
zu erkennen.<br />
Das betrifft insbesondere die Familienverbände, Träger <strong>von</strong> Maßnahmen der Hilfen zur Erziehung,<br />
Träger <strong>von</strong> Kindertagesstätten und nicht zuletzt Schulen.<br />
5.4. Gefährdungen <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen<br />
<strong>Der</strong> Schutz der Kindern und Jugendlichen vor Gefährdungen darf sich nicht nur auf den Jugendmedienschutz<br />
beschränken. Die Aufgabe des erzieherischen und gesetzlichen Jugendschutzes<br />
beinhaltet auch den Schutz der Gesundheit <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen. Zu<br />
verweisen ist auf die Themen Gefahren wie Drogengebrauch und Drogenmissbrauch, sonstige<br />
gesundheitliche Gefährdungen, wie Anorexie (Magersucht), Bulimie, Binge Eating<br />
(Fresssucht), Alkoholmissbrauch nicht nur im Form des Komasaufens oder Kampftrinkens,<br />
etc., aber auch sexueller Missbrauch oder die Kritik- und Entscheidungsunfähigkeit mit fehlender<br />
Fähigkeit zur Eigenverantwortlichkeit durch extreme weltanschauliche oder politische<br />
Ansichten.<br />
Die Vernachlässigung und Misshandlung <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen sind Arten <strong>von</strong> Gefährdungen,<br />
die aufgrund der <strong>Bericht</strong>erstattung in den Medien über besonders dramatische<br />
Fälle im Blickfeld der Öffentlichkeit geblieben sind und gehalten werden.<br />
5.4.1 Misshandlungen und Sexueller Missbrauch <strong>von</strong> Kindern<br />
Schlagwort in der <strong>Bericht</strong>erstattung ist immer wieder das Wort „Misshandlung“. Unter Kindesmisshandlung<br />
versteht man aber nicht nur die körperliche, sondern auch die seelische<br />
und emotionale Gewalt gegen Kinder und Jugendliche.<br />
„Körperliche Misshandlung liegt vor, wenn durch körperliche Gewaltanwendung Kindern<br />
ernsthafte, vorübergehende und/ oder bleibende Verletzungen oder der Tod zugefügt werden.<br />
Von Kindesmisshandlung spricht man, wenn gewalttätiges Verhalten der Eltern oder<br />
anderer erziehender Personen ein Grundelement der Erziehung ist.“(Jungjohann, 1993)<br />
Eine Seelische, emotionale oder psychische Gewalt bildet sich durch „Haltungen, Gefühle<br />
und Aktionen, die zu einer schweren Beeinträchtigung einer vertrauensvollen Beziehung<br />
zwischen Bezugsperson und Kind führen und dessen geistig-seelische Entwicklung zu einer<br />
autonomen und lebensbejahenden Persönlichkeit behindern.“ (Eggers, 1994).<br />
„Sexuelle Gewalt ist eine individuelle, alters- und geschlechtsabhängige Grenzverletzung<br />
und meint jede sexuelle Handlung, die an oder vor einem Kind oder einem/ einer Jugendlichen<br />
entweder gegen dessen/ deren Willen vorgenommen wird oder der das Kind oder der/<br />
die Jugendliche aufgrund körperlicher, psychische, kognitiver oder sprachlicher Unterlegenheit<br />
nicht wissentlich zustimmen kann.“ (Bange/ Deegener, 1996)<br />
Bei Misshandlungen kann eine vorläufige Schutzmaßnahme des Jugendamtes in Form <strong>von</strong><br />
Inobhutnahme des betroffenen Kindes oder der/des Jugendlichen <strong>von</strong> Nöten sein.<br />
Registriert werden Fälle <strong>von</strong> Kindesmisshandlung und sexuellem Missbrauch, wenn infolge<br />
dessen eine Inobhutnahme des betroffenen Kindes oder Jugendlichen notwendig wird.<br />
Vorläufige Schutzmaßnahmen der Jugendämter in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> infolge <strong>von</strong> Kindesmisshandlung<br />
und sexuellem Missbrauch<br />
Jahr 2004 2005 2006 2007<br />
Anzeichen für Kindesmisshandlung u. sexuellem Missbrauch 83 77 92 *<br />
Quelle: Statistisches Landesamt (*Zahlen für 2007 liegen noch nicht vor)<br />
Kommt es zu polizeilichen Ermittlungen wegen des Verdachtes auf Kindesmisshandlung oder<br />
Kindesmissbrauch werden die entsprechenden Fälle in der polizeilichen Kriminalstatistik<br />
geführt.<br />
48
Misshandlung <strong>von</strong> Kindern (§ 225 StGB)<br />
Jahr 2004 2005 2006<br />
Erfasste Fälle 110 116 116<br />
Sexueller Missbrauch <strong>von</strong> Kindern (§ 176 StGB)<br />
Jahr 2004 2005 2006 2007<br />
Erfasste Fälle 431 421 386 384<br />
Die polizeilichen Fallzahlen weichen <strong>von</strong> denen der vorstehenden Darstellung der Anzeichen<br />
für Kindesmisshandlung und sexuellen Missbrauch ab, weil nicht in jedem Fall eine Inobhutnahme<br />
durch das Jugendamt erforderlich ist, etwa wenn sich andere Lösungen finden lassen<br />
oder der/die Jugendliche bereits volljährig ist, wenn die Tat zur Anzeige gebracht wird.<br />
Die Fälle insgesamt zeigen, dass es seit 2004 eine stetige Verringerung bzw. eine Stagnation<br />
der Fälle insgesamt gegeben hat, nicht jedoch bei den Inobhutnahmen. Eine weitere<br />
Senkung der Fälle ist jedoch angestrebt.<br />
5.4.2 Vernachlässigungen<br />
Die Vernachlässigung <strong>von</strong> Kindern ist, anders als der Eindruck nach den <strong>Bericht</strong>en in den<br />
Medien entstanden sein mag, kein „ostdeutsches“ Phänomen. Sie kommt in allen Bundesländern<br />
vor.<br />
Vernachlässigung stellt eine Besonderheit sowohl der körperlichen als auch der seelischen<br />
Misshandlung dar und ist Ausdruck einer stark beeinträchtigten Beziehung zwischen Eltern<br />
und Kind.<br />
„Vernachlässigung ist die andauernde oder wiederholte Unterlassung fürsorglichen Handelns<br />
durch sorgeverantwortliche Personen. Diese Unterlassung kann aktiv oder passiv, aufgrund<br />
unzureichender Einsicht oder unzureichendem Wissens erfolgen. Die durch Vernachlässigung<br />
bewirkte chronische Unterversorgung des Kindes durch die nachhaltige Nichtberücksichtigung,<br />
Missachtung oder Versagung seiner Lebensbedürfnisse hemmt, beeinträchtigt<br />
oder schädigt seine körperliche und seelische Entwicklung und kann zu gravierenden bleibenden<br />
Schäden oder gar zum Tode des Kindes führen. (Schone, Gintzel, Jordan, Kalscheuer<br />
& Münder, 1997).<br />
Unter körperlicher Vernachlässigung versteht man, „dass Kinder, die auf die Pflege, Ernährung,<br />
Beachtung ihres Schlaf-, Wach-, Ruherhythmus, den Körperkontakt, die gesundheitlichen<br />
Maßnahmen, die Aufsicht und den Schutz <strong>von</strong> ihren Eltern oder anderen Erwachsenen<br />
angewiesen sind, diese für ihr Überleben und Wohlergehen erforderlichen Maßnahmen nicht<br />
oder nicht ausreichend erfahren und dadurch beeinträchtigt oder geschädigt werden.“ (Frank/<br />
Räder 1994).<br />
Emotionale Vernachlässigung bedeutet, dass Eltern ihren Kindern durch Unterlassung das für<br />
eine gesunde emotionale Entwicklung notwendige Beziehungs- bzw. Familienklima vorenthalten.<br />
Oder Eltern vernachlässigen Kinder seelisch, indem sie ihnen Zuwendung, Liebe und<br />
Akzeptanz, Betreuung, Schutz und Förderung verweigern. (vgl. Franz/ Räder, 1994)<br />
Statistisch werden Fälle <strong>von</strong> Vernachlässigung sowohl bei der Registrierung <strong>von</strong> vorläufigen<br />
Schutzmaßnahmen der Jugendämter <strong>Sachsen</strong>- <strong>Anhalt</strong>s infolge <strong>von</strong> Vernachlässigung (Inobhutnahme<br />
nach § 42 SGB VIII) als auch im Rahmen der polizeilichen Kriminalstatistik erfasst.<br />
Eine Inobhutnahme ist nach § 42 SGB VIII die vorläufige Unterbringung <strong>von</strong> Kindern oder Jugendlichen<br />
durch das Jugendamt. Sie wird ausgelöst, wenn<br />
• ein Kind oder eine Jugendliche oder ein Jugendlicher sich selbst an das Jugendamt<br />
oder an eine andere Stelle außerhalb seiner Familie um Hilfe (Obhut) bittend wendet<br />
oder<br />
49
• wegen dringender Gefahr für das Wohl des Kindes oder Jugendlichen die Verpflichtung<br />
des Jugendamtes zur Inobhutnahme eintritt und zwar gleichgültig, <strong>von</strong> wem die<br />
Gefahr ausgeht.<br />
Zu den folgenden Fallzahlen ist anzumerken:<br />
Angegeben sind die Fälle, bei denen die Vernachlässigung eines Kindes Anlass der Inobhutnahme<br />
war. Da aber nur die in einem Kalenderjahr beendeten vorläufigen Maßnahmen<br />
zum Schutz <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen erfasst werden, weiter laufende Maßnahmen aber<br />
nicht, ist die Zahl nur bedingt aussagefähig, was die Anzahl <strong>von</strong> betroffenen Kindern betrifft.<br />
Hinzu kommt, dass hier Fälle, aber nicht Kinder gezählt werden. Wird also ein Kind<br />
während des Kalenderjahres mehrmals in Obhut genommen, wird es mehrmals gezählt. Die<br />
gezählten Fälle entsprechen deshalb aus diesen beiden Gründen nicht der Zahl der in Obhut<br />
genommenen vernachlässigten Kinder.<br />
Fallzahlen Inobhutnahme aus Anlass einer Vernachlässigung:<br />
Jahr 2004 2005 2006 2007<br />
Anzahl 90 143 142 *<br />
Quelle: Statistisches Landesamt (* Zahlen für 2007 liegen noch nicht vor)<br />
Die polizeiliche Kriminalstatistik weist für den Zeitraum 2004 bis 2007 in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> folgende<br />
Fallzahlen aus:<br />
Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht gem. § 171 StGB<br />
Jahr 2004 2005 2006 2007<br />
Erfasste Fälle 96 83 102 102<br />
Anzumerken ist, dass das StGB den Begriff "Kindeswohlgefährdung" nicht kennt. Allerdings<br />
stellen Tatbestände wie § 171 StGB ein Verhalten unter Strafe, das im Ergebnis zu einer Gefährdung<br />
eines Kindes geführt hat. Im Falle <strong>von</strong> § 171 StGB ist das die Verletzung der Fürsorge-<br />
und Erziehungspflicht bei Personen unter 16 Jahren. Diese Fälle werden statistisch<br />
erfasst.<br />
Im Allgemeinen werden als Kinder junge Menschen bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres<br />
bezeichnet, etwa in § 1 Abs. 1 Nr. 1 JuSchG oder in § 7 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII. Eine konkrete<br />
Recherche nach strafrechtlichen Fällen <strong>von</strong> vernachlässigten Kindern (bis 14 Jahren) ist<br />
deshalb nicht möglich. Die o. g. Fallzahlen beziehen sich auf alle Personen unter sechzehn<br />
Jahren; eine Aufgliederung nach Altersgruppen erfolgt in der Statistik nicht.<br />
In der Polizeistatistik werden nur die strafrechtlich relevanten Fälle erfasst, mithin nicht alle<br />
Fälle <strong>von</strong> Vernachlässigung, wie es die Statistik über die Inobhutnahme tut. Andererseits ist<br />
nicht in allen strafrechtlich relevanten Fällen eine Inobhutnahme erforderlich, sondern beispielweise<br />
auch eine Herausnahme aus der Familie nach §§ 27, 34 SGB VIII oder eine sozialpädagogische<br />
Familienhilfe nach § 31 SGB VIII die richtige Maßnahme.<br />
Schon aus dem Wortlaut des § 171 StGB:<br />
"Wer seine Fürsorge- und Erziehungspflicht gegenüber einer Person unter<br />
16 Jahren gröblich verletzt und dadurch den Schutzbefohlenen in die Gefahr<br />
bringt, in seiner körperlichen oder psychischen Entwicklung erheblich geschädigt<br />
zu werden, einen kriminellen Lebenswandel zu führen oder der<br />
Prostitution nachzugehen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit<br />
Geldstrafe bestraft"<br />
wird deutlich, dass einerseits eine gröbliche Verletzung <strong>von</strong> Pflichten vorausgesetzt wird und<br />
zum anderen muss auf Grund dieser Pflichtverletzungen die konkrete Gefahr für erhebliche<br />
Schädigungen bei den Schutzbefohlenen gegeben sein. Solche Schädigungen können sowohl<br />
in einer Entwicklungsverzögerung als auch in einer Fehlentwicklung liegen. Erheblich<br />
ist ein Schaden immer dann, wenn er zu einem körperlichen oder psychischen Leiden eines<br />
50
Minderjährigen führt und das üblicherweise tolerierte oder hinzunehmende Maß überschritten<br />
ist.<br />
Dass ein Verhalten gegenüber einem Kind nicht nach dem Strafgesetzbuch strafwürdig ist,<br />
bedeutet nicht, dass eine Kindeswohlgefährdung etwa nach § 42 oder § 8a SGB VIII nicht<br />
gegeben sein kann.<br />
Weil erst bei wiederholten oder dauerhaften Verstößen gegen die Fürsorgepflichten eine solche<br />
gröbliche Pflichtverletzung angenommen wird (Tröndle/Fischer 53. Aufl. § 171 StGB<br />
Rdnr. 5) und somit allgemein kritikwürdiges Erziehungsverhalten oder nach allgemein bestehender<br />
Auffassung beanstandungswürdige Familienverhältnisse für die Strafbarkeit nicht<br />
ausreichen, setzt das Eingreifen <strong>von</strong> Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten erst später<br />
ein.<br />
Die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII durch das Jugendamt setzt hingegen schon viel früher<br />
an, nämlich schon bei dem Bestehen einer dringenden Gefahr für das Wohl des Kindes,<br />
die nicht durch die Personensorgeberechtigten abgewendet wird, aus welchen Gründen<br />
auch immer. Eine dringende Gefahr ist bereits dann gegeben, wenn sich bei der weiteren<br />
Entwicklung der Dinge eine erhebliche Schädigung des geistigen und seelischen Wohls des<br />
Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussagen lässt. Also wird im Gegensatz zu § 171 StGB<br />
nicht erst bei dem Vorliegen einer gröblichen Pflichtverletzung gehandelt, sondern beispielsweise<br />
auch in den Fällen <strong>von</strong> Unvermögen der Personensorgeberechtigten.<br />
Das alles zusammen genommen unterstreicht noch einmal, dass die Zahlen nicht deckungsgleich<br />
sind, wohl aber eine - allerdings auf Grund der anonymen Zählweise - unbekannte<br />
Schnittmenge aufweisen. Die Statistiken sind deshalb isoliert und mit den genannten Einschränkungen<br />
zu betrachten. Alle gemeinsamen Betrachtungen weisen auf Grund der innerhalb<br />
der einzelnen Statistiken bestehenden Aussageschwächen so viele Unsicherheiten auf,<br />
dass belastbare Ergebnisse nicht zu erzielen sind.<br />
5.4.3 Gesundheitsgefährdungen durch Tabak, Alkohol, Drogen<br />
Eine sehr starke Gesundheitsgefährdung wird durch Tabakkonsum verursacht. In Deutschland<br />
raucht immer noch über ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung. Das entspricht etwa<br />
16 Millionen Menschen. Jährlich sterben in Deutschland etwa 140.000 Menschen an den<br />
Folgen des Rauchens und etwa 3.300 Menschen durch Passivrauchen.<br />
Aber es sind positive Entwicklungen zu verzeichnen.<br />
• Deutschlandweit ist seit 2001 der Anteil der Raucherinnen und Raucher bei den Jugendlichen<br />
<strong>von</strong> 28% auf 18% im Jahre 2007 zurückgegangen.<br />
• Die Zahl der Kinder, die in Raucherwohnungen leben, ist gegenüber dem Jahr 1992<br />
<strong>von</strong> 45% auf 21% im Jahre 2006 zurückgegangen. Es hat mithin eine Halbierung stattgefunden.<br />
Diese positive Entwicklung ist Ansporn für weitere Verbesserungen und signalisiert, dass<br />
Präventionsmaßnahmen und gesetzliche Regelungen erfolgreich sind.<br />
Nicht nur das Passivrauchen der Kinder kann mit gesundheitlichen Schäden einhergehen,<br />
auch das Vorbildverhalten der Eltern für Kinder und Jugendliche spielt eine wesentliche Rolle,<br />
die nicht unterschätzt werden darf.<br />
Mit den Nichtraucherschutzgesetzen in Bund und Ländern ist es erstmals gelungen, einen<br />
flächendeckenden Nichtraucherschutz für öffentliche Räume zu schaffen (Drogen- und<br />
Suchtbericht der Bundsregierung 2008). Auch vom Nichtraucherschutzgesetz <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> wird eine Schutzwirkung für Kinder und Jugendliche erwartet. So ist insbesondere das<br />
Rauchverbot in Schulen, in Tageseinrichtungen des Kinderförderungsgesetzes, in Einrichtungen<br />
der Erziehungshilfe, der Kinder- und Jugendfreizeit sowie der Kinder- und Jugendbildung<br />
gesetzlich geregelt.<br />
51
Eine weitere Gefährdung stellt der Alkoholkonsum dar. <strong>Der</strong> Pro-Kopf-Konsum <strong>von</strong> Alkohol ist<br />
in Deutschland mit 10 Litern reinem Alkohol weiterhin hoch. Ein großer Teil da<strong>von</strong> wird <strong>von</strong><br />
den geschätzten 1,3 Millionen Alkoholabhängigen bzw. <strong>von</strong> den insgesamt 9,5 Millionen riskant<br />
Konsumierenden getrunken.<br />
Es ist daher notwendig, dem riskanten und abhängigen Konsum entgegen zu wirken. Ziel<br />
muss es sein, alkoholbedingte Schäden zu reduzieren und in bestimmten Lebenssituationen<br />
keinen Alkohol zu trinken – wie im Straßenverkehr, der Schwangerschaft und Stillzeit, bei der<br />
Arbeit oder im Kindes- und Jugendalter.<br />
Besonders die Konsummuster <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen im Alter <strong>von</strong> 12–17 Jahren haben<br />
in den letzten Jahren besorgniserregend zugenommen, vor allem das Rauschtrinken<br />
(„Binge Drinking“). Im Zeitraum <strong>von</strong> 2000–2006 hat sich die Zahl der wegen akuten Alkoholmissbrauchs<br />
ins Krankenhaus eingelieferten Kinder und Jugendlichen im Alter <strong>von</strong> 10–20<br />
Jahren deutschlandweit mehr als verdoppelt: 19.500 Patientinnen und Patienten zwischen<br />
10 und 20 Jahren wurden 2006 mit der Diagnose „akute Alkoholvergiftung“ im Krankenhaus<br />
behandelt, 2000 waren es noch 9.500. Die größte Gruppe waren mit 54 % (10.500 Patienten)<br />
männliche Jugendliche zwischen 15 und 20 Jahren. Diese Entwicklung ist Besorgnis erregend,<br />
weil sich Kinder und Jugendliche noch in der Entwicklung befinden und besonders<br />
anfällig für gesundheitliche Schädigungen sind. Ein Modellprojekt des Bundes findet seit Ende<br />
2007 auch in Sachen-<strong>Anhalt</strong> an einem Standort Anwendung. Es handelt sich um das Projekt<br />
HaLT (Hart am Limit), bei dem es um die sinnvolle Verknüpfung <strong>von</strong> Prävention und Hilfe<br />
geht.<br />
<strong>Der</strong> Konsum illegaler Drogen spielt bei den Jugendlichen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> zwar mengenmäßig<br />
nicht die Rolle wie Alkohol und Nikotin. Das Gefährdungspotenzial darf trotzdem nicht<br />
verkannt werden. Die Gefährdung durch diese Substanzen bezieht sich nicht nur auf gesundheitliche<br />
Beeinträchtigungen. Beschaffungskriminalität spielt hier ebenfalls eine nicht<br />
unerhebliche Rolle. In Deutschland ist der Konsum <strong>von</strong> illegalen Drogen insgesamt rückläufig<br />
(Aktuelle Daten werden für <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> erst mit der Studie MODRUS IV vorliegen, die<br />
noch nicht fertig gestellt ist.). Cannabis bleibt in Deutschland und weltweit die häufigste illegale<br />
Droge. Bei den Jugendlichen zeichnet sich eine erfreuliche Trendwende ab: Nur noch<br />
13 % der 14- bis 17-jährigen haben auf Grund der Erhebung 2007 zumindest einmal im Leben<br />
Haschisch oder Marihuana probiert. In der Erhebung 2004 waren es noch 22 %. Die<br />
Zahl der regelmäßigen Konsumenten <strong>von</strong> Cannabis ist deutschlandweit dagegen kaum gesunken:<br />
Von den 14- bis 17-jährigen konsumieren seit 1993 etwa 2–3 % Cannabis regelmäßig,<br />
bei den 18- bis 64-jährigen 2,2 %. Insgesamt etwa 600.000 Personen in Deutschland<br />
zwischen 18 und 64 Jahren missbrauchen Cannabis (380.000) oder sind <strong>von</strong> Cannabis abhängig<br />
(220.000). Damit hat sich die Zahl der Cannabismissbraucher seit 1997 deutlich erhöht.<br />
Diese Entwicklung macht die lang unterschätzte Gefährlichkeit <strong>von</strong> Cannabis deutlich.<br />
5.4.4 Kinder und Jugendliche als Betroffene <strong>von</strong> häuslicher Gewalt<br />
Gewalt gegen Kinder und Jugendliche kommt in allen gesellschaftlichen Schichten vor und<br />
wird fast immer in der Familie oder in familienähnlichen Strukturen ausgeübt. Die Gewalt<br />
kann in physischer, psychischer oder sexueller Form und in deren Kombination, erfolgen. Die<br />
physischen und psychischen Folgen <strong>von</strong> Misshandlungen und Erniedrigungen führen zu<br />
Kurz- und Langzeitschäden. Bei Kindesmisshandlungen sind die Tatausübenden männlich<br />
und weiblich. Bei häuslicher Gewalt hingegen sind die Täter überwiegend männlich. Eine<br />
Form der seelischen Gewalt ist das Miterleben <strong>von</strong> Gewalthandlungen, überwiegend <strong>von</strong><br />
Seiten des Vaters oder Lebenspartners gegenüber der Mutter. Dieses Miterleben der Gewalt<br />
zwischen den Eltern kann auf das Kind traumatisierend wirken und stellt dann eine erhebliche<br />
seelische Belastung dar, wobei die emotionalen, psychischen und traumatischen Folgen<br />
bis in das Erwachsenalter hineinwirken können.<br />
Die Ergebnisse der ersten repräsentativen Studie des Bundesministerium für Familie, Senioren,<br />
Frauen und Jugend aus dem Jahr 2004 zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland bestätigen<br />
die jahrelangen Erfahrungen der Mitarbeiterinnen aus Frauenhäusern und Beratungsstellen<br />
zum Thema Anwesenheit und Betroffenheit <strong>von</strong> Kindern in Gewaltsituationen: „60%<br />
52
der befragten Frauen, die über die letzte gewaltbelastete Paarbeziehung berichteten, gaben<br />
an, in dieser Paarbeziehung auch mit Kindern zusammengelebt zu haben. 57% der Befragten<br />
gaben an, die Kinder hätten die Situation gehört und 50%, sie hätten sie gesehen.<br />
Etwa 21-25% gaben an, die Kinder seien in die Auseinandersetzungen mit hineingeraten oder<br />
hätten die Befragten zu verteidigen versucht. Jedes zehnte Kind wurde dabei selbst körperlich<br />
angegriffen. Beobachtete oder miterlebte häusliche Gewalt ist durch die Auswirkungen<br />
auf das körperliche und seelische Wohl des Kindes eine Kindeswohlgefährdung. Deshalb<br />
sollte bei allen Maßnahmen, die zur Sicherung des Kindeswohls durchgeführt werden,<br />
routinemäßig nach häuslicher Gewalt gefragt werden. Denn Kinder, die häusliche Gewalt erlebt<br />
haben, sind darauf angewiesen, <strong>von</strong> außen Schutz und Unterstützung zu erhalten.<br />
5.4.5 Kinder im Frauenhaus<br />
In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> werden jährlich ca. 680 Frauen im Frauenhaus aufgenommen. Die Anzahl<br />
der dazugehörigen Kinder ist etwa ebenso hoch. Eine Aufnahme im Frauenhaus bedeutet für<br />
diese Kinder oft einen Wechsel der Betreuungseinrichtung oder der Schule und fast immer<br />
des Freundeskreises. Mitarbeiterinnen aus Frauenhäusern beobachteten u.a. Entwicklungsverzögerungen,<br />
ein gestörtes Selbstbild, Aggressivität, Konzentrations- und Schlafprobleme.<br />
Weitere Belastungen, denen die Kinder in den Familien ausgesetzt waren, sind z.B. das<br />
Suchtverhalten oder die (zeitweise) eingeschränkte Erziehungsfähigkeit <strong>von</strong> Elternteilen. Um<br />
Entwicklungsstörungen zu vermeiden, ist eine auf diese spezielle Situation zugeschnittene<br />
Kooperation <strong>von</strong> Frauenhäusern und Jugendhilfe <strong>von</strong>nöten, die den spezifischen Belastungen<br />
gerecht wird und Lösungswege anbietet. Zudem sollten neben der Einbindung der regionalen<br />
Netzwerke der Frauenschutzeinrichtung auch Kinderärzte/ innen sowie Erziehungsberatungsstellen<br />
an der Konfliktlösungsstrategie beteiligt werden.<br />
5.4.6 Hilfsangebote im Kinder- und Jugendschutz<br />
Eine gute Zusammenarbeit des Landes (Ministerium für Gesundheit und Soziales und Landesjugendamt)<br />
besteht mit der Landesstelle Kinder- und Jugendschutz e.V., dem Kompetenzzentrum<br />
geschlechtergerechte Kinder- und Jugendhilfe LSA e.V. und der Landesstelle<br />
für Suchtfragen.<br />
Insgesamt konnten für Projekte des Jugendschutzes im Jahr 2007 über 500.000 €<br />
(504.794,74 €) vom Land durch das Landesjugendamt bewilligt werden. Die Förderschwerpunkte<br />
waren die Informations- und Dokumentationsstelle IDS, die Landesstelle Kinder- und<br />
Jugendschutz, Maßnahmen zur Sexualaufklärung und zur Gewaltprävention sowie die Kinder-<br />
und Jugendtelefone und die Elterntelefone.<br />
Im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> gibt es drei Kinder- und Jugendtelefone (KJT) und drei Elterntelefone<br />
(ET). Sie werden <strong>von</strong> verschiedenen Trägern der freien Jugendhilfe als niedrigschwelliges<br />
anonymes Beratungsangebot vorgehalten. Die KJT sind unter der kostenlosen Rufnummer<br />
0800-1110333 zu erreichen, die Telefonnummer der ET lautet 0800-1110550. Die KJT sind<br />
mindestens montags bis freitags <strong>von</strong> 15.00 – 19.00 Uhr besetzt, die Beratungszeiten für die<br />
ET montags und mittwochs <strong>von</strong> 9.00 – 11.00 Uhr und dienstags und donnerstags <strong>von</strong> 17.00<br />
– 19.00 Uhr. In den Gesprächen geht es an den KJT um Konflikte mit den Eltern, der Freundin<br />
oder dem Freund und in der Schule um Zukunftsängste oder Angst vor Gewalt.<br />
Die Eltern suchen bei dem ET meist Rat in konkreten Erziehungsproblemen wie negativem<br />
Einfluss falscher Freunde, Suchtverhalten, Schulverweigerung oder ständigem Familienstreit.<br />
Von den insgesamt etwa 40.000 Anrufen bei den KJT und ET in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> im<br />
Jahre 2003 führte nur ein Viertel zu Beratungsgesprächen. Die übrigen Anrufe werden als<br />
Scherz-, Test- oder Schweigeanrufe und gar als Telefonbelästigung, verwählte Anrufe und<br />
Aufleger bezeichnet. Dennoch unterstreichen 10.000 Beratungsgespräche die große Bedeutung<br />
dieses Hilfeangebotes.<br />
53
5.5 Allianz für Kinder<br />
Im Dezember 2006 hat Frau Ministerin Kuppe das Expertengremium „Allianz für Kinder“ ins<br />
Leben gerufen. In diesem Gremium treten in regelmäßigen Abständen ca. 30 Experten und<br />
Expertinnen aus den Bereichen Medizin, Forschung, Justiz, öffentliche und private Kinderund<br />
Jugendhilfe zusammen, um die Verwaltung beim Kinderschutz zu unterstützen.<br />
Herr Prof. Dr. Körholz, Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin<br />
der Martin- Luther- Universität Halle/ Wittenberg, ist Vorsitzender dieser Allianz.<br />
Die Allianz arbeitet in 3 Arbeitsgruppen: AG „Früherkennungsuntersuchung“, AG „Familienhebamme“<br />
und AG „Umgang mit Verdacht auf Gewalt gegen Kinder im medizinischen Bereich“.<br />
Ein erstes Ergebnis der Arbeit der „Allianz für Kinder“ ist der Leitfaden „Gewalt gegen Kinder<br />
und Jugendliche“, den Frau Ministerin Dr. Kuppe 2007 gemeinsam mit Herrn Prof. Körholz<br />
und Herrn Hennicke <strong>von</strong> der Techniker Krankenkasse der Presse vorstellen konnte.<br />
In diesem Leitfaden werden alle wesentlichen Aspekte der Thematik „Gewalt gegen Kinder<br />
und Jugendliche“ ausführlich beschrieben. Des Weiteren werden die rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
für die ärztliche Praxis im Umgang mit einem Verdacht auf Gewalt gegen Kinder<br />
und Jugendliche erörtert. <strong>Der</strong> Leitfaden beschreibt die Diagnostik und Befunderhebung in der<br />
Arztpraxis und das „Fallmanagement“. Eine wichtige Grundlage für weiterführende Hilfen und<br />
für die so wichtige Kooperation zwischen den verschiedenen Partnern ist die Kenntnis der<br />
Ärzteschaft über die vorhandenen spezialisierten staatlichen und privaten Hilfe- und Beratungsangebote.<br />
Auch dafür bietet der Leitfaden Unterstützung. Er liefert in einem Serviceteil eine landkreisbezogene<br />
Übersicht über Jugendämter, spezialisierte Krankenhausabteilungen, Beratungsstellen<br />
öffentlicher und freier Träger und weitere Institutionen und Einrichtungen, die sich<br />
professionell mit der Problematik „Gewalt gegen Kinder und Jugendliche“ befassen und die<br />
als Partner sehr wichtig sind.<br />
<strong>Der</strong> Leitfaden soll vor allem den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten Unterstützung hinsichtlich<br />
der Früherkennung <strong>von</strong> Gewalt gegen Kinder und Jugendliche anbieten und eine<br />
Kontaktaufnahme mit den spezialisierten Hilfeeinrichtungen erleichtern.<br />
Ein weiterer Leitfaden speziell für Lehrer und Lehrerinnen sowie Erzieher und Erzieherinnen<br />
wird zurzeit erstellt.<br />
In der Arbeitsgruppe „Früherkennungsuntersuchungen“ wurden die Möglichkeiten beleuchtet,<br />
die die Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen für Kinder – U1 bis U 9 – bietet,<br />
um Kindesvernachlässigung und Kindesmisshandlung frühzeitig zu erkennen. Die Überlegungen<br />
der Arbeitsgruppe sind in den Gesetzentwurf zur Verbesserung des Schutzes <strong>von</strong><br />
Kindern und zur Förderung der frühkindlichen Bildung eingeflossen, der <strong>von</strong> der Landesregierung<br />
vorgelegt wurde.<br />
Die Arbeitsgruppe „Familienhebamme“ beschäftigt sich mit dem Fortgang des durch die<br />
Landesregierung geförderten Modellprojektes Familienhebamme und erarbeitet Empfehlungen<br />
zur Begleitung <strong>von</strong> Familien mit besonderem Hilfebedarf in der Zeit nach der Vollendung<br />
des ersten Lebensjahres bis zum Schuleintritt des Kindes.<br />
5.6 Gesetzliche Maßnahmen zur Verbesserung des Schutzes <strong>von</strong> Kindern und zur<br />
Förderung der frühkindlichen Bildung<br />
Mit dem vom Kabinett am 17.06.2008 auf den Weg gebrachten „Gesetz zur Verbesserung<br />
des Schutzes <strong>von</strong> Kindern und zur Förderung der frühkindlichen Bildung“ sollten Voraussetzungen<br />
zur Verbesserung des Kinderschutzes wie auch der frühkindlichen Bildung geschaffen<br />
werden.<br />
Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen wurde das Gesetz geteilt. Das „Gesetz zur<br />
Förderung der frühkindlichen Bildung“ wurde am 11.12.2008 vom <strong>Landtag</strong> verabschiedet und<br />
54
tritt zum 1.1.2009 in Kraft. Mit diesem Gesetz wird das Kinderförderungsgesetz mit der Maßgabe<br />
geändert, dass zukünftig alle Eltern bei der Aufnahme ihres Kindes in eine Kindertageseinrichtung<br />
zusätzlich zur Bescheinigung über die gesundheitliche Eignung des Kindes<br />
zum Besuch einer Tagesstätte eine Bescheinigung über die Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen<br />
vorlegen müssen.<br />
Ferner verpflichtet sich das Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>, sich an der Fortbildung <strong>von</strong> Fachkräften<br />
der Kinderbetreuung und – förderung zu Kinderschutzfachkräften zu beteiligen, damit diese<br />
Anzeichen für Verwahrlosung und Misshandlung besser erkennen.<br />
Als Bestandteil des allgemeinen Bildungsauftrags <strong>von</strong> Kindertagesstätten sollen ab dem Kindergartenjahr<br />
2009/2010 alle Kinder des letzten Kindergartenjahres besser auf die Schule<br />
vorbereitet werden. Seit September 2008 werden allen Kindergärten zusätzliche Stundenkontingente<br />
für Vor- und Nachbereitungsstunden (durchschnittlich zwei Stunden pro Einrichtung)<br />
zur Verfügung gestellt.<br />
Ab dem Kindergartenjahr 2009/2010 sind bei allen Kindern im Alter <strong>von</strong> vier Jahren Sprachstandsfeststellungen<br />
geplant. Mit dem Gesetz zur Förderung der frühkindlichen Bildung wird<br />
ein Sprachstandsfeststellungsverfahren eingeführt. Die Teilnahme ist als ausgelagerter Bestandteil<br />
der Schuleingangsuntersuchungen verpflichtend. Soweit es bei einem Kind erforderlich<br />
ist, hat es im letzten Jahr vor der Einschulung an einer Sprachförderung teilzunehmen.<br />
Diese Verpflichtung zur Teilnahme ist im Schulgesetz verankert. Mit der Durchführung<br />
der Sprachstandsfeststellung und der Sprachförderung werden die Kindertageseinrichtungen<br />
beauftragt. Die Vertrautheit mit der Umgebung und mit den Erzieherinnen und Erziehern sowie<br />
deren Qualifikation bieten eine verlässliche Basis für eine erfolgreiche Durchführung. Die<br />
Sprachförderung wird zu einer Verringerung des Anteils sprachauffälliger Kinder führen und<br />
ihre Chancen auf eine positive schulische und berufliche Entwicklung verbessern.<br />
Die verpflichtende Sprachstandsfeststellung für alle Kinder vor der Einschulung sowie die<br />
Durchführung der erforderlichen Sprachförderung erfordern einen zusätzlichen Personalaufwand<br />
bei den Trägern der Einrichtungen. Dieser Personalaufwand ist wegen des Konnexitätsprinzips<br />
vollständig durch das Land auszugleichen.<br />
Ein Schwerpunkt des Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes <strong>von</strong> Kindern war ein allgemeines<br />
Einladungsverfahren zur Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder.<br />
Gegen das <strong>von</strong> der Landesregierung vorgeschlagene Verfahren gab es grundsätzliche Bedenken,<br />
so dass die parlamentarische Beratung eines überarbeiteten Gesetzentwurfes 2009<br />
fortgeführt wird.<br />
Im ursprünglichen Entwurf waren die Einführung eines Einladewesens zu den Früherkennungsuntersuchungen<br />
und eine die Jugendhilfe übergreifende bessere Vernetzung und Kooperation<br />
zum Schutz <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen vorgesehen. Außerdem sollte die Förderung<br />
des sog. „Fehlbildungsmonitorings“ im Gesetz festgeschrieben werden.<br />
Darüber hinaus sollten Regelungen zum Umgang mit Schweige- und Geheimhaltungspflichten<br />
sowie zu den Befugnissen zur Unterrichtung des Jugendamtes im Hinblick auf die Gefährdung<br />
des Kindeswohls festgeschrieben werden.<br />
Die Förderung eines sogenannten „Fehlbildungsmonitorings“ sollte als weitere Maßnahme<br />
des Kinderschutzes ebenfalls in das Gesetz aufgenommen werden. Mit dem Fehlbildungsmonitoring<br />
existiert in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> eine bundesweit einmalige Institution zur Erfassung<br />
angeborener Fehlbildungen und Chromosomenstörungen.<br />
Das Gesetz zur Familienförderung sollte um eine Regelung über den Expertenrat „Allianz für<br />
Kinder“ ergänzt werden, um diesen gesetzlich festzuschreiben.<br />
Die Maßnahmen, die zukünftig im Gesetz zur Verbesserung des Kinderschutzes festgeschrieben<br />
werden, sind eingebettet in eine Reihe weiterer Maßnahmen zur Verbesserung<br />
des Kinderschutzes, die keiner gesetzlichen Grundlage bedürfen. Dies sind das Familienhebammenprojekt,<br />
die Einrichtung <strong>von</strong> Kinder-Eltern-Zentren, die Förderung weiterer Modell-<br />
55
projekte „Frühe Hilfen für Familien“ und eine Öffentlichkeitsarbeit, die zu einer erhöhten Sensibilisierung<br />
der Bevölkerung für das Thema Kinderschutz führen soll.<br />
6. Förderung der Familie<br />
6.1 Frühe Hilfen für Familie<br />
6.1.1 Schwangerschaftsberatungsstellen<br />
Schwangere Frauen haben Anspruch auf umfassende Beratung in allen Fragen, die ihre<br />
Schwangerschaft betreffen. In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> stehen dafür staatlich anerkannte Schwangerschaftsberatungsstellen<br />
zur Verfügung. Ihre Aufgabe ist es, Schwangeren und ihren Partnern<br />
Rat und praktische Hilfen anzubieten. Darüber hinaus erhalten Ratsuchende Hilfe in<br />
Fragen der gesundheitlichen Vorsorge, der Sexualaufklärung, Verhütung und Familienplanung<br />
sowie der Vermeidung und Lösung <strong>von</strong> Schwangerschaftskonflikten.<br />
Mit 47 Einrichtungen verfügt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> über ein flächendeckendes Netz an Schwangerschaftsberatungsstellen.<br />
Im Jahr 2007 waren insgesamt 88 Fachkräfte (da<strong>von</strong> eine männliche<br />
Beratungsfachkraft) in den Beratungsstellen tätig.<br />
Schwangerschaftsberatungsstellen werden vom Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> finanziell gefördert.<br />
Grundlage ist dafür jetzt das Ausführungsgesetz des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> zum Schwangerschaftskonfliktgesetz<br />
(SchKG-AG LSA) vom 24.01.2008.<br />
Das Land fördert die Beratungsstellen in Form <strong>von</strong> Zuschüssen zu den Personal- und Sachkosten<br />
nach einem Pauschalsystem. Die jährliche Pauschale beträgt 56.800 € pro erste Vollzeitstelle<br />
in einer Beratungsstelle. Für jede weitere Vollzeitstelle beträgt die Pauschale<br />
41.990 €.<br />
Die Förderung der Schwangerschaftsberatungsstellen stellt sich wie folgt dar:<br />
2004<br />
2005<br />
2006<br />
2007<br />
IST in €<br />
IST in €<br />
IST in €<br />
IST in €<br />
3.395.800<br />
3.368.300<br />
56<br />
3.348.900<br />
3.337.900<br />
Die Inanspruchnahme der Beratungsangebote ist seit 2004 nahezu konstant. Die Zahl der<br />
Konfliktberatungen ist leicht rückläufig:<br />
Jahr Beratungen nach §§ 2 und 5<br />
Schwangerschaftskonfliktgesetz<br />
Beratungen nach § 5<br />
Schwangerschaftskonfliktgesetz<br />
(Konfliktberatung)<br />
2004 32.902 6.978<br />
2005 33.172 6.875<br />
2006 32.831 6.578<br />
2007 32.848 6.511<br />
Quelle: Statistik Landesjugendamt<br />
Die Arbeit mit Gruppen hat im Rahmen des Beratungsangebotes einen hohen Stellenwert.<br />
Themen wie Sexualaufklärung, Verhütung und Familienplanung und Prävention in Form <strong>von</strong><br />
sexualpädagogischer Gruppenarbeit wurden in den vergangenen Jahren kontinuierlich ausgebaut.<br />
Dabei ist sexualpädagogische Gruppenarbeit besonders geeignet, männliche Jugendliche<br />
zu erreichen.
Jahr Anzahl Teilnehmende<br />
Anzahl Veranstaltungen<br />
57<br />
Weiblich<br />
in %<br />
Männlich<br />
in %<br />
2004 18.003 1.995 62,9 37,1<br />
2005 19.257 1.988 60,7 39,3<br />
2006 21.804 2.334 62,0 38,0<br />
2007 25.177 2.718 61,1 38,9<br />
Quelle: Statistik Landesjugendamt<br />
<strong>Der</strong> Anteil Minderjähriger (bis unter 18 Jahre), die eine Beratung im Schwangerschaftskonflikt<br />
im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> in Anspruch nahmen, ist rückläufig. Diese Entwicklung korreliert<br />
mit der Rückläufigkeit der Schwangerschaftsabbrüche bei Minderjährigen (bis unter 18 Jahren):<br />
Beratung im Schwangerschaftskonflikt<br />
Anteil Minderjähriger in %<br />
2004<br />
10, 4<br />
2005<br />
8,6<br />
2006<br />
6,9<br />
2007<br />
Anzahl Abbrüche bis unter 18 Jahren 380 314 295 247<br />
Quelle: Statistik Landesjugendamt<br />
Die Frauen der Altersgruppe „20 bis unter 25 Jahre“ nahmen sowohl die Schwangerschaftskonfliktberatung<br />
als auch Beratung nach § 2 Schwangerschaftskonfliktgesetz am häufigsten<br />
in Anspruch.<br />
Schwangerschaftsberatungsstellen sind unverzichtbarer Bestandteil des Hilfs- und Unterstützungssystems<br />
im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>. Sie tragen insbesondere zur Umsetzung der in<br />
Länderverantwortung liegenden Schutzpflicht für das ungeborene Leben bei. Sie leisten einen<br />
unverzichtbaren Beitrag im Rahmen der psychosozialen Versorgung <strong>von</strong> Familien,<br />
Frauen und Kindern insbesondere vor dem Hintergrund früher Hilfen für Familien. Insoweit<br />
gilt es, das landesweite, plurale und qualitativ hochwertige Netz an Schwangerschaftsberatungsstellen<br />
künftig mindestens im Rahmen des gesetzlich vorgeschriebenen Beraterschlüssels<br />
<strong>von</strong> einer Fachkraft auf 40.000 Einwohnerinnen und Einwohner aufrechtzuerhalten.<br />
6.1.2. Familienhebammen<br />
Im Laufe der vergangenen Jahre gab es in Deutschland immer wieder Fälle der Verwahrlosung<br />
<strong>von</strong> Kindern, Kindesmisshandlungen bis hin zu spektakulären Todesfällen im Kleinstkindalter.<br />
Aktuelle Fälle, auch in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>, verschärften die Diskussion dieses Themas und<br />
führten letztlich zu intensiven Gesprächen mit dem Landesverband der Hebammen <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>.<br />
Im Rahmen des Landesbündnisses für Familien in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> – Entwicklung<br />
<strong>von</strong> familienfreundlichen Maßnahmen - wurde im Jahr 2005 das Projekt „Familienhebammen<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>“ ins Leben gerufen, welches im April 2006 mit der Ausbildung der<br />
ersten 10 Hebammen zu Familienhebammen an den Start ging.<br />
Das Projekt soll dazu beitragen, werdende Eltern und Familien bereits in der Schwangerschaft<br />
zu begleiten und durch spezielle Bildungsangebote in ihrer Elternkompetenz zu stärken.<br />
Das Familienhebammenprojekt versteht sich als ein Baustein im Kontext der Frühwarn-<br />
und Frühfördersysteme. Es ist ein Präventionsprogramm, welches sich an werdende Eltern<br />
und Eltern mit Kleinstkindern richtet. Im Fokus des Projektes stehen Familien, deren Erziehungskompetenzen<br />
gestärkt werden müssen. Dies können minderjährige Mütter, Eltern mit<br />
6,6
Suchtproblemen, Eltern mit psychischen Problemen, Eltern mit Migrationshintergrund, Eltern<br />
mit eingeschränkten Fähigkeiten in der Alltagsbewältigung sowie Familien in Armut sein.<br />
Eine Chance dieser Maßnahme liegt darin, dass der Begriff der Hebamme in der Bevölkerung<br />
sehr positiv besetzt ist, die Inanspruchnahme einer Hebamme kein Versagen bei den<br />
betreffenden Personen signalisiert, sie nicht stigmatisiert und somit ist ein niedrigschwelliger<br />
Zugang zu einer Klientel gefunden wird, die jede andere Hilfe ablehnen.<br />
Zusätzlich zur Klientelbetreuung haben die Familienhebammen die Aufgabe, vor Ort mit Jugendämtern,<br />
Schwangerschaftsberatungsstellen, Gesundheitsämtern, Gynäkologinnen und<br />
Gynäkologen, Kinderärztinnen und Kinderärzten etc. Kontakt aufzunehmen, zu halten und<br />
Netzwerke zu gründen.<br />
Voraussetzung für die Tätigkeit als Familienhebamme ist eine Zusatzqualifikation. Vom Bund<br />
Deutscher Hebammen ist daher eine entsprechende Fortbildung zertifiziert worden. Diese<br />
Fortbildung umfasst acht jeweils dreitägige Module, wobei das 8. Modul die schriftliche und<br />
mündliche Prüfung beinhaltet. Inhaltlich reicht die Fortbildung vom Adoptionsrecht bis zur<br />
Zahngesundheit.<br />
Ziel der Landesregierung <strong>von</strong> <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> war es, in allen Landkreisen sowie in den<br />
kreisfreien Städten jeweils mindestens 2 Familienhebammen zum Einsatz zu bringen. Dies<br />
ist bis auf die Landkreise Wittenberg, <strong>Anhalt</strong>-Bitterfeld sowie die kreisfreie Stadt Dessau-<br />
Roßlau – hier ist jeweils nur eine Familienhebamme tätig – bereits gelungen.<br />
Seit Mai 2008 sind 32 Familienhebammen im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> tätig.<br />
Über einen Evaluationszeitraum vom Mai 2007 bis 31.10.2007 wurden insgesamt 316 Familien<br />
durch 20 Familienhebammen betreut. Vornehmlich wurden Mütter und deren Kinder betreut,<br />
in zwei Fällen Väter. Die betreuten Frauen waren zwischen 14 und 44 Jahre alt. Knapp<br />
ein Drittel der Frauen (30%) war unter 20 Jahre alt. Weitere 73% lagen im Alter zwischen 20<br />
und 24 Jahren; 18% der Frauen waren zwischen 25 und 29 Jahre alt und jeweils 7% der<br />
Frauen zwischen 30 und 34 Jahre bzw. 35 und 39 Jahre alt. Insgesamt 3 Frauen (1%) waren<br />
älter als 40 Jahre. Über ein Drittel der Frauen hatte zum Zeitpunkt der Schwangerschaft bzw.<br />
der Geburt keinen oder noch keinen Schulabschluss. 32% verfügten über einen Hilfs- oder<br />
Hauptschulabschluss. Die mittlere Reife besaßen 23% der Frauen und 1% der Frauen eine<br />
Fach- bzw. Hochschulreife oder einen Hochschulabschluss.<br />
Anfang Mai 2008 begannen die Hebammen des 3. Schulungskurses mit Ihrer Tätigkeit als<br />
Familienhebamme. Da zu Beginn der Tätigkeit als Familienhebamme der Aufbau <strong>von</strong> Netzwerken<br />
sowie die Akquise <strong>von</strong> Familien mit Betreuungsbedarf im Mittelpunkt steht, hat sich<br />
die Anzahl der zu betreuenden Familien im Vergleich zum 31.10.2007 noch nicht erhöht.<br />
<strong>Der</strong>zeit werden 304 Familien <strong>von</strong> 32 Familienhebammen betreut (Stand: 31.05.2008).<br />
Die Finanzierung hat sich seit 2006 wie folgt entwickelt:<br />
2006 2007 2008<br />
Anzahl Familienhebammen<br />
geförderte Honorarkosten<br />
geförderte Weiterbildungskosten<br />
Quelle: Statistik des Landesjugendamtes<br />
10 20 32<br />
25.882,20 € 179.095, 00 € 101.319,00 € (bis 30.06.08)<br />
9.602,00 € 9.010, 00 € 6.400,00 € (bis 30.05.2008)<br />
Auf Grund des erhöhten Anforderungsprofils an alle Hebammen wird derzeit darüber nachgedacht,<br />
die Erstausbildung <strong>von</strong> Hebammen entsprechend weiterzuentwickeln und sie auf<br />
besondere Familiensituationen schon in der Ausbildung gezielt vorzubereiten.<br />
58
6.1.3. Familienpatinnen und -paten<br />
Familien leben heutzutage in sehr komplexen Verhältnissen, die ein hohes Maß an Organisation<br />
und Flexibilität erfordern. Dies hat zur Folge, dass viele junge Eltern, unabhängig <strong>von</strong><br />
ihrer sozialen Lebenslage, ihrer gewählten Lebensform und ihrer Bildungserfahrung Anregungen,<br />
Austausch und Unterstützung bei der Wahrnehmung und Bewältigung ihrer Erziehungsaufgaben<br />
benötigen.<br />
Die schwierige Alltagssituation ist oft dadurch gekennzeichnet, dass unzureichende Entlastungsmöglichkeiten<br />
zur Verfügung stehen, da z.B. familiäre Netzwerke weggefallen sind.<br />
Familienpatinnen und Familienpaten leisten durch ihren ehrenamtlichen Einsatz einen kleinen,<br />
aber sehr wichtigen Beitrag, Familien in ihrem Alltag zu entlasten und im Zusammenleben<br />
zu festigen. Sie schenken den Kindern ungeteilte Aufmerksamkeit und Wertschätzung<br />
sowie Zeit für Spiele und Erlebnisse, bringen Geschwisterkinder in den Kindergarten, begleiten<br />
sie bei Arztbesuchen und helfen bei Hausaufgaben und Behördengängen. Den erziehenden<br />
Müttern und Vätern bieten sie darüber hinaus auf Grund ihrer Erfahrungen Stärkung<br />
ihrer Erziehungskompetenz und schenken ihnen eine kleine Auszeit, damit diese sich beispielsweise<br />
auf anderweitige Aufgaben konzentrieren können.<br />
Durch Familienpatinnen und Familienpaten sollen vorrangig Familien betreut werden, bei<br />
denen es durch bestimmte Faktoren, wie z.B.: Teenagerschwangerschaft, Mehrlingsgeburt<br />
oder die Tatsache alleinerziehend zu sein, zu möglichen Überforderungen kommen könnte<br />
oder bereits gekommen ist.<br />
Familien in sog. „Hochrisikokonstellationen“, z.B. alkohol- oder drogenabhängige Mütter<br />
und/oder Väter, benötigen jedoch professionelle Hilfe.<br />
Familienpatinnen und Familienpaten können auch nicht die Sozialpädagogische Familienhilfe<br />
(SPFH) ersetzen. Vielmehr wird eine enge Zusammenarbeit zwischen SPFH und Familienpatinnen<br />
und Familienpaten gewünscht.<br />
Das Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> plant, die Zahl der „Familienpatinnen/Familienpaten“, die bei der<br />
Bewältigung vielfältiger Alltagssituationen eine wichtige Unterstützung bieten können, zu<br />
steigern.<br />
Da bereits Familienpatenprojekte im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> existieren, die <strong>von</strong> Trägern, wie<br />
z.B. den Frankeschen Stiftungen oder dem Lokalen Bündnis in <strong>Anhalt</strong>-Bitterfeld (Projekt<br />
wellcome), den Freiwilligenagenturen, dem Deutschen Kinderschutzbund, der Stiftung Netzwerk<br />
Leben oder der Villa Jühling in Halle, um nur einige zu nennen, ins Leben gerufen worden<br />
sind, hat die Landesregierung vorwiegend die Aufgabe der Sensibilisierung weiterer<br />
Träger und Institutionen im Kontext der „Installierung“ <strong>von</strong> Familienpatinnen und Familienpaten<br />
zu übernehmen. Darüber hinaus wird das Land die Qualifizierung dieser ehrenamtlichen<br />
Personen steuern und finanzieren. Perspektivisch steht die Qualifizierung <strong>von</strong> Familienpaten<br />
und -patinnen im Vordergrund. Mit dem ersten Qualifizierungsmodul für Familienpaten und -<br />
patinnen wird im Februar 2009 begonnen werden.<br />
6.1.4 Maßnahmen zur Stärkung der Erziehungskompetenz<br />
Die Erziehung <strong>von</strong> Kindern, das Managen einer Familie, aber auch die Sorge um ältere Familienangehörige<br />
stellt an Eltern heute wachsende Herausforderungen. Um diesen gegenüber<br />
erfolgreich zu sein, bedarf es der Unterstützung <strong>von</strong> Experten und Expertinnen. Sie bieten<br />
den Eltern eine zielgerichtete Begleitung zur Stärkung ihrer Erziehungs- und Familienkompetenz<br />
an. Die Landesregierung hat diesen bedarf erkannt und fördert aus diesem<br />
Grund Maßnahmen unterschiedlichster Träger zur Stärkung der Erziehungskompetenz. Es<br />
handelt sich hierbei um niederschwellige Angebote, in denen klienten- und anliegenbezogen<br />
gearbeitet wird.<br />
59
Im <strong>Bericht</strong>szeitraum wurden beispielsweise Projekte, wie „Kess erziehen“, „Starke Eltern<br />
Starke Kinder“, „Eltern AG“, „ELAN“ oder „Triple P“ im Rahmen der Stärkung der Erziehungskompetenz<br />
der Eltern landesseitig gefördert.<br />
Projekt Träger<br />
„Kess erziehen“ Bischöfliches Ordinariat<br />
Referat Ehe und Familie / Alleinerziehende<br />
Max-Josef-Metzger-Str. 1<br />
39104 Magdeburg<br />
„Starke Eltern starke<br />
Kinder“<br />
Die Projekte beinhalten folgende pädagogische Schwerpunkte:<br />
Vereinbarkeit <strong>von</strong> Familie und Beruf<br />
Stärkung der Erziehungskompetenz <strong>von</strong> Eltern<br />
Entwicklung und Stärkung der Beziehungskompetenz<br />
Familie und Gesundheit<br />
Familienfinanzmanagement<br />
Familienzeitmanagement<br />
Vorbereitung auf das Eltern/Großeltern sein<br />
Die Sorge und der Umgang mit älteren und/oder behinderten Familienangehörigen<br />
6.2. Familie bildet<br />
Deutscher Kinderschutzbund LV <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e.V.<br />
Olvenstedter Chaussee 11<br />
39110 Magdeburg<br />
„Eltern AG“ ELTERN-AG<br />
Magdeburger Akademie für Praxisorientierte Psychologie<br />
c/o Hochschule Magdeburg/Stendal<br />
Breitscheidstr. 2<br />
39114 Magdeburg<br />
„ELAN“ DRK-Landesverband <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e.V.<br />
Rudolf-Breitscheid-Straße 6<br />
06110 Halle<br />
in Kooperation mit dem<br />
Landesverband der Kinder- und Jugenderholungszentren <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
e.V.<br />
Unter den Eichen 2<br />
06507 Güntersberge<br />
6.2.1 Kinder-Eltern-Zentren<br />
<strong>Der</strong> Prozess der Öffnung und Weiterentwicklung <strong>von</strong> Kindertageseinrichtungen zu Kinder-<br />
Eltern-Zentren und des Miteinanders der Generationen ist im Rahmen eines Modellprojektes<br />
im Juli 2007 gestartet worden. Flächendeckend soll sich eine Infrastruktur an Kinder-Eltern-<br />
Zentren herausbilden, die die Eltern bei ihren vielfältigen familiären Aufgaben, bei der Erziehung<br />
und Bildung der Kinder und bei der Vereinbarkeit <strong>von</strong> Familie und Beruf unterstützt.<br />
Dabei werden Angebote und Maßnahmen der Familienbildung, -begegnung und -hilfe und<br />
generationsübergreifende Aktivitäten sowie bürgerschaftliches Engagement in ein Gesamtkonzept<br />
integriert, um so den niedrigschwelligen Zugang zu den Angeboten zu gewährleisten.<br />
60
Kinder-Eltern-Zentren öffnen sich auch in den Sozialraum und kooperieren mit lokalen Akteuren<br />
wie Wohlfahrtsverbänden, Kommunen, Kirchen aber auch der Wirtschaft sowie privaten<br />
und freiwilligen Initiativen.<br />
Das Land fördert im Zeitraum <strong>von</strong> 2007 bis 2011 in den Tageseinrichtungen Stundenkontingente<br />
für die konzeptionelle Weiterentwicklung, die Errichtung und den Betrieb eines Kinder-<br />
Eltern-Zentrums. Im ersten Förderjahr werden 200 Jahresarbeitsstunden für Erzieherinnen<br />
und Erzieher außerhalb des gesetzlichen Mindestpersonalschlüssels nach § 21 KiFöG in<br />
Höhe bis zu 3.800 € und Sachkosten für IT-Ausstattung bis zu maximal 1.500 € gefördert. Im<br />
zweiten Förderjahr werden 100 Jahresarbeitsstunden für Erzieherinnen und Erzieher in Höhe<br />
bis zu 1.900 € gefördert.<br />
Die Weiterentwicklung einer Kindertageseinrichtung zu einem Kinder-Eltern-Zentrum bedeutet<br />
sowohl für die Fachkräfte der Kindertageseinrichtung als auch die Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter des Trägers die Auseinandersetzung mit neuen Aufgaben und Professionen. Sie<br />
stellt besondere Anforderungen an das Team der Einrichtung. Insoweit hat das Land für die<br />
inhaltliche Qualifizierung der Einrichtungen den Prozess des Coachings synchron geschaltet.<br />
Das Coaching ist eine individuelle komplexe und professionelle Beratung und Begleitung.<br />
Die Evaluierung des Modellprojektes startet am Ende der ersten Projektetappe im Rahmen<br />
eines Monitorings der im Juli 2007 gestarteten Einrichtungen.<br />
Insgesamt stellt das Land bis 2011 jährlich für das Modellprojekt 140.000 Euro bereit.<br />
6.2.2 Familienzentren<br />
Familienzentren sind Anlaufstellen für Menschen unterschiedlichen Alters und mit den verschiedensten<br />
Problemen. Familienzentren bieten vielfältige Veranstaltungen mit Informationen,<br />
Anregungen sowie Gesprächen und Beratungen in Bezug auf Ehe, Familie, Partnerschaft,<br />
aber auch im Hinblick auf sich verändernde Vorstellungen vom Zusammenleben innerhalb<br />
der Familie.<br />
Das Land fördert 13 Familienzentren mit jährlich 23.008 Euro. Bis zum Jahr 2003 konnte<br />
dieses Geld ausschließlich als Personalkostenzuschuss eingesetzt werden.<br />
Durch den Abschluss <strong>von</strong> Zuwendungsverträgen mit Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen<br />
haben die Familienzentren seit dem Jahr 2004 umfangreichere Möglichkeiten, mit denen sie<br />
auf neue Bedarfe schneller und zielgerichteter vor allem aber eigenständiger reagieren und<br />
Bedarfsermittlungen selbstständig durchführen und jederzeit korrigieren können.<br />
Geförderte Familienzentren in den Jahren 2004 bis 2008:<br />
Haushaltsjahr<br />
Träger der Einrichtung Geförderte<br />
2004 2005 2006 2007 2008<br />
Einrichtung<br />
Arbeits- und Bildungsinitiative<br />
Sangerhausen e.V.<br />
Christlicher Familienbund Burgenlandkreis<br />
e.V. / Familienbund im Bistum<br />
Magdeburg und im Land <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> e. V.<br />
CVJM LV <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e.V.<br />
(Fortsetzung)<br />
Familienzentrum<br />
Sangerhausen<br />
Familienzentrum<br />
Naumburg<br />
Familienferienstätte<br />
Huberhaus in Wernigerode<br />
61<br />
23.008 € 23.008 € 23.008 € 23.008 € 23.008 €<br />
23.008 € 23.008 € 23.008 € 23.008 € 23.008 €<br />
23.008 € 23.008 € 23.008 € 23.008 € 23.008 €<br />
Haushaltsjahr<br />
23.008 € 23.008 € 23.008 € 23.008 €
Träger der Einrichtung Geförderte<br />
Einrichtung<br />
EC Verband für Kinder- und Jugendarbeit<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e.V.<br />
IRIS Regenbogenzentrum Beratungs-,<br />
Bildungs- und Begegnungsstätte.<br />
IRIS e.V. für Frauen und Familie<br />
DRK Oschersleben e. V.<br />
Evangelische Kirchengemeinde Friedenskirche<br />
Wolfen-Nord<br />
Evangelische Kirchengemeinde Klötze<br />
und Begegnungsstätte Klötze<br />
62<br />
2004 2005 2006 2007 2008<br />
Familienhof Salzwedel 23.008 € 23.008 € 23.008 € 23.008 € 23.008 €<br />
Familienzentrum IRIS<br />
Regenbogen<br />
Familienzentrum Oschersleben<br />
Familienzentrum<br />
"Christopherushaus"<br />
Familienzentrum Klötze<br />
Familienbund im Bistum Magdeburg Familienferienstätte<br />
und im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e. V.<br />
Integrationsdorf Arendsee gGmbH /<br />
Paritätische Integral gGmbH Magdeburg<br />
SHiA Dessau e. V.<br />
"St. Ursula" Kirchmöser<br />
Familienferienstätte IntegrationsdorfArendsee<br />
Zentrum für Alleinerziehende<br />
und Familienzentrum<br />
23.008 € 23.008 € 23.008 € 23.008 € 23.008 €<br />
------ 15.339 € 23.008 € 23.008 € 23.008 €<br />
23.008 € 23.008 € 23.008 € 23.008 € 23.008 €<br />
23.008 € 23.008 € 23.008 € 23.008 € 23.008 €<br />
23.008 € 23.008 € 23.008 € 23.008 € 23.008 €<br />
23.008 € 23.008 € 23.008 € 23.008 € 23.008 €<br />
23.008 € 23.008 € 23.008 € 23.008 € 23.008 €<br />
Gesamtfördersumme: 276.096 € 291.435 € 299.104 € 299.104 € 299.104 €<br />
Quelle: Statistik Landesjugendamt<br />
6.2.3 Maßnahmen der Familienbegegnung und Familienbildung<br />
Familie ist der Ort, an dem Kinder auf ihre spätere Selbstständigkeit vorbereitet werden und<br />
unterschiedliche Generationen in der Regel füreinander da sind. Sie stellt die Keimzelle unserer<br />
Gesellschaft dar. Familie leistet unverzichtbare Erziehungs-, Bildungs- und Versorgungsaufgaben<br />
für ihre Kinder.<br />
Damit Familien ihrem Auftrag gerecht werden können, benötigen diese heute mehr denn je<br />
unterstützende Angebote. Die Landesregierung hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> zu einem familienfreundlicheren Land zu gestalten.<br />
Das Gesetz zur Förderung <strong>von</strong> Familien, Sicherung einer nachhaltigen Bevölkerungspolitik<br />
sowie Förderung des Wiedereinstiegs in den Beruf vom 19.12.2005 stellt landesseitig die<br />
maßgebliche Fördergrundlage dar, auf der die angestrebte Veränderung gründet.<br />
Auf Grund der Erkenntnis, dass landesweit immer häufiger Familien auf Unterstützung bei<br />
der Befriedigung ihrer Grundbedürfnisse angewiesen sind, besteht die Notwendigkeit insbesondere<br />
niederschwellige Familienbildungsangebote für benachteiligte Familien, beispielsweise<br />
zur Stärkung der Eltern- und Familienkompetenz, zur Förderung der Vereinbarkeit <strong>von</strong><br />
Familie und Beruf, der Stärkung der Väter- und Männerarbeit und zur Verbesserung der Gesundheitserziehung<br />
anzubieten. Dieses trägt zur Vermeidung des Armutsrisikos bei, das in<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> bei 20% liegt.<br />
Diesem Sachverhalt hat die Landesregierung in der Vergangenheit mit der Ausreichung <strong>von</strong><br />
Fördermitteln für Familienbildungsmaßnahmen an anerkannte Träger der freien Jugendhilfe<br />
Rechnung getragen.
Ausgaben für Maßnahmen der Familienbildung des Landes ab dem HHJ 2004<br />
geförderte Maßnahmen<br />
der Familienbildung<br />
in €<br />
Anzahl der Projekte<br />
Anzahl der gefördertenProjektträger<br />
Durchschnittliche<br />
Kosten pro Maßnahme<br />
in €<br />
Quelle: Statistik Landesjugendamt<br />
2004 2005 2006 2007<br />
63<br />
Gesamtförderung<br />
126.424,96 336.455,95 383.612,47 440.722,30 1.287.215,<br />
68<br />
24 40 30 54 148<br />
10 21 23 28 82<br />
5.267,71 8.411,40 12787,08 8.161,52 8.697,40<br />
Mit der Förderung <strong>von</strong> Maßnahmen der Familienbegegnung wird ein neuer Weg beschritten,<br />
indem Familien in besonderen Lebenslagen und mit einem erhöhten Hilfebedarf, in <strong>von</strong> Familienbildnerinnen<br />
und Familienbildnern begleiteten Maßnahmen - außerhalb ihrer heimischen<br />
Umgebung mit niederschwelligen Bildungsangeboten - die Möglichkeit zur Stärkung<br />
der Erziehungskompetenz der Eltern, der sozialen Verantwortung im Rahmen der Elternschaft,<br />
einer gesunden Lebensweise oder zum Kennenlernen <strong>von</strong> Methoden der Stressbzw.<br />
Problembewältigung erhalten. Mit dieser Art der Förderung werden gezielt Familiengruppen<br />
durch Angebote anerkannter freier Träger gefördert.<br />
Darüber hinaus gibt es weitere Angebote, wie beispielsweise die Elternbriefe, den Familienpass<br />
oder andere Maßahmen zur Stärkung der Erziehungskompetenz, die nicht explizit auf<br />
benachteiligte Familien ausgerichtet sind.<br />
6.3 Familie begleiten<br />
Ausgehend <strong>von</strong> der Koalitionsvereinbarung, in der eine aktive Bürgergesellschaft und die<br />
Stärkung des Ehrenamtes als neues Ziel der Arbeit der Landesregierung formuliert wurde,<br />
konnte im Ministerium für Gesundheit und Soziales eine Koordinierungsstelle für das Bürgerschaftliche<br />
Engagement und Bündnisse für Familien eingerichtet werden. Im Rahmen der<br />
Bemühungen des Ministeriums für Gesundheit und Soziales des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>,<br />
die sich in vielen Orten und Regionen bildenden lokalen Familienbündnisse zu unterstützen,<br />
wurde als eine <strong>von</strong> fünf Arbeitsgruppen die Arbeitsgruppe „Demographischer Wandel“ eingerichtet.<br />
Sie beschäftigt sich mit den demographischen Veränderungen und deren Auswirkungen<br />
auf die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s im Kontext mit<br />
familienpolitischen Fragen. Unter Federführung des Ministeriums für Landesentwicklung und<br />
Verkehr des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> sind mehr als 30 Bündnispartnerinnen und Bündnispartner<br />
der Aufforderung zur Mitarbeit nachgekommen. Zielstellungen der Arbeitsgruppe<br />
sind:<br />
- Themen, Projekte und Ideen zur aktiven Bewältigung des demographischen Wandels<br />
im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> mit Schwerpunkt Kinder- und Familienfreundlichkeit vorzustellen,<br />
zu diskutieren, zu erarbeiten und zu bewerten;<br />
- Austausch <strong>von</strong> Informationen für die demographische Entwicklung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
und die Einordnung der Entwicklung in Deutschland, Europa und der Welt;<br />
- Handlungsfelder zur Umsetzung einer nachhaltigen Bevölkerungspolitik in <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> vorzustellen und zu laufenden Forschungsvorhaben zum demographischen<br />
Wandel zu berichten;
- Vorschläge, Ideen und Ansätze der Bündnispartnerinnen und Bündnispartner zur<br />
Bewältigung des demographischen Wandels aus ihren Verantwortungsbereichen<br />
aufzunehmen, zu diskutieren und an das zuständige Fachressort weiterzuleiten.<br />
Wegen der Komplexität dieser Thematik wurden drei Unterarbeitsgruppen gebildet:<br />
- Familien stärken – Geburtenzahlen steigern<br />
- Zuwanderung erhöhen<br />
- Lebensqualität erhöhen – Abwanderung vermeiden.<br />
Themenschwerpunkte in der Arbeitsgruppe waren insbesondere:<br />
- die Diskussion mit den fachverantwortlichen Ressorts zur finanziellen Unterstützung<br />
junger Familien;<br />
- die konsequente Weiterführung des Stadtumbaus Ost sowie die weitere Städtebauförderung<br />
mit Blick auf familiengerechte Wohnungen im Umfeld des jeweiligen Mikrostandortes,<br />
um ein attraktives Wohnumfeld zu schaffen;<br />
- dass am unmittelbaren Lebensmittelpunkt familienfreundliche Einrichtungen wie Kindertagesstätten,<br />
attraktive Dienstleistungsangebote, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen<br />
sowie kulturelle Angebote vorhanden sein müssen. Innovative Projekte im Rahmen<br />
des Stadtteilmanagements und <strong>Bericht</strong>e aus erfolgreichen Gemeinden wurden<br />
dazu vorgestellt;<br />
- das Zentralörtliche System als Grundlage der Planungen im infrastrukturellen Bereich<br />
(Daseinsvorsorge) und deren Erreichbarkeit;<br />
- die Schaffung <strong>von</strong> Anreizen für Gemeinden, Familien preiswertes Bauland zur Verfügung<br />
zu stellen;<br />
- die Umsetzung ganz konkreter Ideen wie Zufluchtsorte für Kinder in Gefahr oder Informationen<br />
über Leistungen des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> in Geburtskliniken. Des<br />
Weiteren wurde in Referaten und Diskussionen die Bedeutung des bürgerschaftlichen<br />
Engagements hervorgehoben.<br />
Das Landesbündnis für Familien <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> unterstützt das Land dabei, mit seinen<br />
zahlreichen Angeboten für Familien ein familienfreundliches Land zu werden.<br />
Die Bündnispartnerinnen und Bündnispartner für Familien sind nicht zuletzt dank der Koordinierungsstelle<br />
miteinander vernetzt, um wichtige Informationen allen Beteiligten frühzeitig<br />
zugänglich zu machen. Dazu werden unter anderem fünf bis sechs Newsletter pro Jahr an<br />
alle Mitglieder herausgegeben. Bisher wurden 25 dieser umfangreichen Newsletter versandt.<br />
Sie sind auch im Internet veröffentlicht.<br />
6.3.1 Familienverbände<br />
Die Familienverbände treten dafür ein, dass Familienpolitik sich an solidarischen und demokratischen<br />
Zielen orientiert, die den heutigen gesellschaftlichen Anforderungen entsprechen<br />
und allen Bevölkerungsgruppen gerecht werden.<br />
Dabei verstehen sie sich als Interessenvertretung <strong>von</strong> Familien auf allen Ebenen. Ihr Ziel ist<br />
es, den Dialog der Akteure zu fördern und den Aufbau <strong>von</strong> Netzwerken anzuregen und zu<br />
unterstützen.<br />
Durch ihr Wirken in den vielfältigen Handlungsfeldern wird deutlich, dass Familienpolitik eine<br />
Querschnittsaufgabe darstellt, die nur gemeinsam mit den in diesem Fachbereich tätigen Akteurinnen<br />
und Akteuren zu bewältigen ist.<br />
Als Partner des Landes und Anwälte der Familien tragen die Familienverbände mit ihrer Arbeit<br />
dazu bei, <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> immer mehr zu einem familienfreundlichen Land auszubauen.<br />
Als Partner des Landes unterstützen sie beim gleichmäßigen Ausbau <strong>von</strong> Angeboten zur all-<br />
64
gemeinen Förderung der Erziehung in der Familie gemäß § 16 SGB VIII. Die Verpflichtung<br />
des Landes dazu ist im § 79 Abs. 2 und § 82 Abs. 1 SGB VIII festgeschrieben.<br />
Die Förderung der Familienverbände basiert in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> auf § 13 des Gesetzes zur<br />
Förderung <strong>von</strong> Familien und zur Sicherung einer nachhaltigen Bevölkerungspolitik (FamFöG<br />
– LSA vom 19.12.2005).<br />
Das Land fördert überregional tätige Familienverbände, die im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> auf dem<br />
Gebiet der Familienbildung tätig sind und eine Geschäftsstelle in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> unterhalten,<br />
im Rahmen einer institutionellen Förderung durch Zuwendungsverträge. Gefördert werden<br />
6 Verbände.<br />
Landeszuwendungen an Familienverbände ab dem Jahr 2004 in €<br />
Familienverband Förderung<br />
2004 in €<br />
Christlicher Verein Junger Menschen<br />
Landesverband <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Deutscher Familienverband Landesverband<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e. V.<br />
Deutscher Kinderschutzbund Landesverband<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e.V.<br />
Evang. Aktionsgemeinschaft für Familienfragen<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e. V.<br />
Familienbund im Bistum Magdeburg<br />
und im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e. V.<br />
Verband alleinerziehender Mütter<br />
und Väter LV <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e. V.<br />
Gesamtausgaben für Familienverbände<br />
65<br />
Förderung<br />
2005 in €<br />
Förderung<br />
2006 in €<br />
Förderung<br />
2007 in €<br />
45.000,00 50.000,00 45.000,00 45.000,00<br />
45.000,00 50.000,00 45.000,00 45.000,00<br />
45.000,00 50.000,00 45.000,00 45.000,00<br />
45.000,00 50.000,00 22.500,00* 45.000,00<br />
45.000,00 50.000,00 45.000,00 45.000,00<br />
45.000,00 50.000,00 45.000,00 45.000,00<br />
270.000,00 300.000,00 247.500,00 270.000,00<br />
Quelle: Statistik Landesjugendamt * Geschäftsführerstelle war teilweise nicht besetzt.<br />
Im Hinblick auf eine weitere Optimierung der Förderung verbunden mit möglichen Verwaltungsvereinfachungen<br />
wird künftig überlegt, die Förderung über Zuwendungsverträge auf der<br />
Grundlage einer Projektförderung auszureichen.<br />
6.3.2 Landesbündnis für Familien<br />
Partner für Familien sind ebenfalls die Bündnispartnerinnen und -partner im Landesbündnis<br />
für Familien <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>, das seit 2004 besteht und vom Ministerpräsidenten Prof. Dr.<br />
Böhmer gegründet wurde. Die Landsregierung kann allein im Land nicht in jedem Lebensbereich<br />
familienfreundliche Lebensbedingungen herstellen und benötigt dazu die Zusammenarbeit<br />
mit Verbänden, Einrichtungen, Instituten und Unternehmen. Die im Landesbündnis für<br />
Familien zusammengeschlossenen Institutionen haben sich zum Ziel gesetzt, in ihrem eigenen<br />
Bereich familienfreundlich zu handeln und sich überregional für familienfreundliche Lebens-<br />
und Arbeitsbedingungen einzusetzen. Viele Bündnispartnerinnen und -partner handeln<br />
vor dem Hintergrund des wachsenden Fachkräftemangels. Die Bündnispartnerinnen und -<br />
partner bringen ihre Erfahrungen mit in die Arbeit der Landesregierung ein.
Es sind fünf Arbeitsgruppen gebildet worden:<br />
Arbeitsgruppen des Landesbündnisses für Familie<br />
Familie und Kindeswohl<br />
Familienfreundliche Personalpolitik<br />
Familie und Gesundheit<br />
Stärkung der Erziehungskompetenz<br />
Demographischer Wandel<br />
UAG 1 Familien stärken–Geburtenzahlen steigern<br />
UAG 2 Zuwanderung erhöhen<br />
UAG 3 Lebensqualität erhöhen–Abwanderung vermeiden<br />
Ihre Arbeitsgruppen haben die nunmehr insgesamt 84 Bündnispartnerinnen und Bündnispartner<br />
genutzt, um Erfahrungen auszutauschen und familienrelevante Themen intensiv zu<br />
diskutieren. Da hier fachübergreifend Erfahrungen aus ganz unterschiedlichen Bereichen<br />
eingebracht wurden, sind in den Arbeitsgruppen teilweise neue und innovative Ideen entstanden,<br />
die für weitere Schritte in Richtung auf ein familienfreundliches <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
ausgebaut werden können.<br />
Über das Landesbündnis lernen sich die Partner untereinander kennen und vernetzen sich.<br />
Nach einer Vielzahl fruchtbringender Diskussionen in den Arbeitsgruppen und in den jährlich<br />
stattfindenden Plenumssitzungen arbeiten die Bündnispartnerinnen und Bündnispartner in ihren<br />
eigenen Bereichen zusammen und begründen Kooperationen. Insofern wirkt die Bündnisarbeit<br />
nachhaltig für eine weitere Vernetzung und bürgt für den Ausbau weiterer familienfreundlicher<br />
Bedingungen im Land.<br />
Die Arbeitsgruppen „Familienfreundliche Personalpolitik“ und „Stärkung der Erziehungskompetenz“<br />
tagen zurzeit stets gemeinsam und bereiteten beispielsweise den Fachtag „Familienbildung<br />
in Unternehmen“ vor, der am 09.10.2008 stattfand.<br />
6.3.3 Lokale Bündnisse<br />
Neben dem Bündnis für Familien auf Landesebene haben sich verschiedene Lokale Bündnisse<br />
für Familie gebildet. Diese verfolgen den gleichen Vernetzungsgedanken, indem die<br />
Bündnispartnerinnen und Bündnispartner in den Kommunen zusammengeführt werden und<br />
deren Arbeit damit effektiver gestaltet wird. Die Initiative zur Unterstützung lokaler Bündnisse<br />
für Familie geht <strong>von</strong> der Bundesregierung aus.<br />
Bündnisse in den Gemeinden und Landkreisen sollen vor Ort an den konkreten Forderungen<br />
<strong>von</strong> Familien arbeiten und familienfreundliche Lebensbedingungen an den Wohnorten der<br />
Menschen schaffen. Ein in einer Kommune gegründetes Bündnis kann unter Berücksichtigung<br />
der konkreten Situation vor Ort zunächst unter Beteiligung <strong>von</strong> Kindern und Familien<br />
Probleme und Bedarfslagen herausarbeiten und dann durch gemeinsame Anstrengungen<br />
örtlich vernetzter Träger verschiedener Angebote Lösungen erarbeiten und umsetzen. Ein<br />
Lokales Bündnis für Familie ist zunächst eine Arbeitsgemeinschaft, die die konkrete Situation<br />
in der Wohngemeinde analysiert und bewertet und den Handlungsbedarf darstellt, ehe die im<br />
Bündnis zusammengeschlossenen Träger, Verwaltungen und Unternehmen konkrete Lösungsansätze<br />
erarbeiten. Die Kraft eines Lokalen Bündnisses besteht in der Bündelung vorhandener<br />
Angebote, die in Kenntnis <strong>von</strong>einander und in Abstimmung miteinander wirksamer<br />
für ihre Zielgruppe eingesetzt werden können.<br />
66
Das Land hat einen Kooperationsvertrag mit dem Servicebüro der Bundesregierung für die<br />
lokalen Bündnisse geschlossen. Bislang gibt es in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> in folgenden 9 Kreisen<br />
und Städten Lokale Bündnisse für Familie:<br />
• Landkreis <strong>Anhalt</strong>-Bitterfeld „Familie Stärken – die Chemie Stimmt“<br />
• Burgenlandkreis<br />
• Altmarkkreis Salzwedel<br />
• Kreisfreie Stadt Dessau-Roßlau<br />
• Kreisfreie Stadt Halle<br />
• Lutherstadt Eisleben<br />
• Landeshauptstadt Magdeburg<br />
• Naumburg<br />
• Schönebeck.<br />
Weitere Bündnisse in Gommern, Coswig und Staßfurt befinden sich in der Gründungsphase.<br />
Das Land vernetzt die Lokalen Bündnisse für Familie untereinander, indem die Vertreterinnen<br />
und Vertreter der Bündnisse zu Treffen, die die Landesregierung organisiert, zusammenkommen<br />
und dort ihre Erfahrungen austauschen und auch überregional Zusammenarbeiten<br />
verabreden können. Das Ministerium für Gesundheit und Soziales fördert die Bündnisse<br />
zudem mit 30.000 Euro pro Jahr auch finanziell.<br />
6.4 Familie unterstützen<br />
6.4.1 Familien- und Erziehungsberatung<br />
Unsicherheit und Überforderung bei der Kindererziehung und dem familiären Zusammenleben<br />
sind eine Herausforderung, besonders für alleinerziehende Familien und Familien, die in<br />
oder nach einer Trennung leben. Häufig können diese Familien die Probleme nicht allein lösen<br />
und brauchen Unterstützung.<br />
Viele Familien möchten besser verstehen, wie sich ihre Kinder entwickeln, wie sie sie fördern<br />
können und wie sie mit Geschwisterrivalitäten oder Entwicklungsstörungen umgehen sollen.<br />
Auch Konflikte untereinander oder Probleme mit Sorge- und Umgangsregelungen lassen die<br />
Eltern nach Hilfe und Beratung suchen. In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> stehen Kindern, Jugendlichen,<br />
Heranwachsenden und ihren Eltern 34 Ehe,- Lebens,- Familien- und Erziehungsberatungsstellen<br />
zur Verfügung. Diese Beratungsstellen sind ein wichtiger Faktor für die psychosoziale<br />
Grundversorgung der Bürger und Bürgerinnen, der Kinder und Jugendlichen, denn sie leisten<br />
eine wertvolle Hilfestellung zur Stärkung der elterlichen Erziehungskraft.<br />
Das Land beteiligt sich an der Finanzierung der Beratungsstellen im Rahmen freiwilliger<br />
Leistungen in Form <strong>von</strong> Personalkostenzuschüssen in Höhe <strong>von</strong> 10.000 Euro pro Beratungsfachkraft.<br />
<strong>Der</strong> Landesetat sieht dafür jährlich Mittel in Höhe <strong>von</strong> 650.000 Euro vor.<br />
Die Anzahl der Beratungsfälle ist leicht rückläufig. Im Vergleich dazu hat sich jedoch die Anzahl<br />
der Beratungskontakte pro Fall erhöht. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Problemlagen<br />
der Ratsuchenden komplexer und vielschichtiger geworden sind. Die Inanspruchnahme<br />
der Beratungsangebote stellt sich wie folgt dar:<br />
Jahr Fälle* Erstberatungen Kontakteinheiten**<br />
2004 10.177 7.649 (75,12%) 52.113<br />
2005 9.991 7.354 (73, 61%) 52.008<br />
2006 9.695 7.493 (77,29%) 56.253<br />
Quelle: Statistik Landesjugendamt * Ein Fall ist problemspezifisch definiert; kann Einzelperson, Paar oder Familie sein<br />
** Eine Kontakteinheit umfasst 60 Minuten Klientenkontakt zzgl. 30 Minuten Vor- und<br />
Nachbereitungszeit<br />
<strong>Der</strong> überwiegende Anteil der Beratungsgespräche wurde im Bereich der Erziehungsberatung<br />
nach § 28 KJHG durchgeführt. Auffallend ist darüber hinaus ein Anstieg des Beratungsbedarfs<br />
insbesondere bei der Beratung und Unterstützung bei der Ausübung der Personensorge<br />
nach § 18 KJHG, siehe nachfolgende Tabelle zu den Beratungsinhalten:<br />
67
Beratungsinhalte Nennungen 2004 Nennungen 2005 Nennungen 2006<br />
§ 16 KJHG 1.653 4,15% 1.825 4,54% 2.169 5,29%<br />
§ 17 KJHG 3.874 9,72% 3.456 8,61% 4.162) 10,15%<br />
§ 18 KJHG 673 1,69% 1.102 2,75% 1.701 4,15%<br />
§ 28 KJHG 27.479 68,93% 27.733 69,12%) 26.878 65,55%<br />
§ 41 KJHG 1.664 4,17% 1.773 4,42% 1.972 4,81%<br />
Ehe- und Lebensberatung 3.890 9,76 % 3.572 8,90% 3.272 7,98%<br />
sonstige 630 1,58% 659 1,57% 850 2,07%<br />
Quelle: Statistik Landesjugendamt<br />
Die Anzahl der als „Fälle“ definierten Personen nach Geschlecht bei der Inanspruchnahme<br />
der Erziehungs- und Familienberatung zeigt bei den Altersgruppen 6-10 und 11-14 Jahre eine<br />
mehrheitlich männliche Fallkonstellation. Als „Fall“ wird in der Erziehungs- und Familienberatung<br />
das „vorgestellte“ Kind betrachtet, darin eingeschlossen sind alle Bezugspersonen<br />
des Kindes, mit denen gearbeitet wird.<br />
Anzahl der als „Fälle“ definierten Personen nach Geschlecht<br />
Altersgruppe Jungen Mädchen<br />
unter 3 Jahre 135 2,35% 92 1,60%<br />
3 - 5 Jahre 495 8,26% 329 5,73%<br />
6 - 10 Jahre 1.205 20,99% 786 13,69%<br />
11 - 14 Jahre 701 12,21% 555 9,67%<br />
15 - 18 Jahre 436 7,60% 500 8,71%<br />
19 - 21 Jahre 88 1,53% 172 3,00%<br />
22 - 27 Jahre 107 1,86% 139 2,42%<br />
Gesamt 3.167 55,20% 2.573 44,8%<br />
Quelle: Statistik Landesjugendamt 2006<br />
Als wichtigste Beratungsanlässe <strong>von</strong> insgesamt 16 Nennungen im Kinder- und Jugendbereich<br />
wurden benannt:<br />
2004 Rang* 2005 Rang 2006 Rang<br />
1. familiäre Konflikte 16,87 % (1.) 16,62 % (1.) 16,44 % (1.)<br />
2. schulische Probleme<br />
14,47 % (2.) 14,54 % (2.) 13,17 % (2.)<br />
3. emotionaler Bereich 11,74 % (4.) 11,46 % (4.) 11,85 % (3.)<br />
4. Probleme im sozialen<br />
Bereich<br />
12,04 % (3.) 10,06 % (5.) 11,59 % (4.)<br />
5. Trennung und<br />
Scheidung<br />
11,08 % (5.) 11,92 % (3.) 11,53 % (5.)<br />
Quelle: Statistik Landesjugendamt, * Rangfolge der Beratungsanlässe<br />
Beratungsanlässe hinsichtlich ihrer geschlechtsspezifischen Verteilung:<br />
Rang männlich Rang weiblich<br />
1. schulische Probleme 1. familiäre Konflikte<br />
2. Probleme im sozialen Bereich 2. emotionaler Bereich<br />
3. familiäre Konflikte 3. Trennung und Scheidung<br />
4. Hyperkinese, Konzentrationsstörungen 4. schulische Probleme<br />
5. Trennung/Scheidung 5. Probleme im sozialen Bereich<br />
Quelle: Statistik Landesjugendamt 2006<br />
Familiäre Konflikte, schulische Probleme und Probleme mit bzw. aus Trennungs- und Scheidungssituationen<br />
sind bei beiden Geschlechtern die häufigsten Beratungsanlässe.<br />
68
Mit 39,7 % sucht die Mehrzahl der Ratsuchenden die Beratungsstelle aus Eigeninitiative auf.<br />
Darüber hinaus wurden 13,0 % der Klienten <strong>von</strong> Ärzten, 11,8 % <strong>von</strong> Jugendämtern, 8,8 %<br />
<strong>von</strong> Bekannten und 8,02 % <strong>von</strong> Schulen an eine Beratungsstelle verwiesen. Die prozentualen<br />
Anteile entsprechen den Ergebnissen des Vorjahres.<br />
Die bestehende Struktur der Erziehungs- und Familienberatung wurde im Jahr 2004 durch<br />
die Online-Beratung ergänzt. Hierbei handelt es sich um ein niedrigschwelliges Beratungsangebot<br />
mit der Möglichkeit junge Menschen und Eltern zu erreichen, für die eine Erziehungsberatung<br />
schwer erreichbar ist oder bei denen Hemmschwellen bestehen, eine Bezugsstelle<br />
aufzusuchen. Im Zeitraum <strong>von</strong> August 2004 bis September 2005 wurden insgesamt<br />
6.693 Beratungen Online durchgeführt, die sich in 2.784 Beratungen mit Eltern und<br />
3.909 mit Jugendlichen aufgliederten.<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> verfügt über ein landesweites, plurales und qualitativ hochwertiges Netz <strong>von</strong><br />
Beratungseinrichtungen zur Ehe-, Lebens-, Familien- und Erziehungsberatung. damit ist eine<br />
frühzeitige, zielgenaue und notwendigen Unterstützungen für Familien bereitgestellt.<br />
6.4.2 Beratungsstelle „ProMann“<br />
<strong>Der</strong> Deutsche Familienverband <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e.V. ist Träger der Beratungsstelle „Pro-<br />
Mann“ in Magdeburg. Aufgabenschwerpunkt der Beratungsstelle „ProMann“ ist die Beratung<br />
und Begleitung Gewalt anwendender Männer. Ziel der Arbeit ist der Abbau und die Vermeidung<br />
<strong>von</strong> gewalttätigen Übergriffen <strong>von</strong> Männern gegen Frauen und Kinder. „Pro Mann“ arbeitet<br />
in der Mehrzahl der Fälle mit Männern, die die Beratungsstelle freiwillig aufsuchen aber<br />
auch im Rahmen richterlicher Weisungen.<br />
Auf Grund der Kooperationen und Vernetzungsstrategien <strong>von</strong> „ProMann“ sowohl mit den Interventionsstellen<br />
des Landes als auch mit kommunalen Gleichstellungsbeauftragten sowie<br />
zahlreichen Institutionen und Vereinen und vor dem Hintergrund eines hohen Beratungsbedarfs<br />
konnte im Jahr 2003 begonnen werden, in den Städten Halle, Sangerhausen und<br />
Genthin regionale Beratungstage einzuführen.<br />
Zu den weiteren Schwerpunkten gehören die präventive Projektarbeit mit Jungen und Vätern,<br />
Öffentlichkeitsarbeit, um für das Thema Gewalt im sozialen Nahraum zu sensibilisieren<br />
sowie die Durchführung <strong>von</strong> Fortbildungsveranstaltungen zum Thema Täterarbeit und Stalking.<br />
„ProMann“ ist damit ein wichtiger Partner bei der Bekämpfung <strong>von</strong> häuslicher Gewalt im sozialen<br />
Nahraum und hat in den vergangenen Jahren erheblich zur kooperativen Zusammenarbeit<br />
verschiedener Einrichtungen und Institutionen auf diesem Gebiet beigetragen.<br />
Das Land <strong>Sachsen</strong> – <strong>Anhalt</strong> fördert das Beratungsangebot in Form einer Leistungsvereinbarung<br />
mit einem jährlichen Etat <strong>von</strong> 102.260 Euro.<br />
6.4.3 Präventionsmaßnahmen zur Bekämpfung <strong>von</strong> häuslicher Gewalt<br />
Im Jahr 2001 verabschiedete <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> als erstes Bundesland ein Landesprogramm<br />
zur Bekämpfung <strong>von</strong> Gewalt gegen Frauen und Kinder. Ziel war es, im Rahmen der Laufzeit<br />
(2001-2004) das Thema Häusliche Gewalt aus der Tabuzone in den Focus der öffentlichen<br />
Diskussion zu rücken und als Querschnittsthema in alle Ressorts zu implementieren. Somit<br />
waren nicht mehr allein das Ministerium für Gesundheit und Soziales und die Frauenprojekte<br />
verantwortlich für die Bekämpfung <strong>von</strong> Gewalt gegen Frauen und Kinder, sondern alle staatlichen<br />
Institutionen waren damit aufgefordert, je nach Zuständigkeit daran mitzuarbeiten. Mit<br />
einer Vielzahl <strong>von</strong> Einzelmaßnahmen, öffentlichen Veranstaltungen, Publikationen und präventiven<br />
Maßnahmen wurde ein lösungsorientierter Diskurs angestoßen. Es wurden Handlungsansätze<br />
in den Bereichen „Prävention“, „staatliche Reaktion in Fällen <strong>von</strong> Gewalt gegen<br />
Frauen und deren Kinder“, „Hilfsangebote“, „Täterarbeit“, „Kooperation zwischen staatlichen<br />
Institutionen und Nichtregierungsorganisationen“ sowie „Öffentlichkeitsarbeit“ abgeleitet. Sowohl<br />
im Land als auch in den kommunalen Gebietskörperschaften sind Arbeitszusammenhänge<br />
und Vernetzungsstrukturen gebildet worden, die ein zielgenaueres und abgestimmte-<br />
69
es Agieren unterschiedlicher Stellen, z.B. Polizei, Staatsanwaltschaft, Gerichte Frauenhäuser,<br />
Beratungsstellen, Jugend- und Sozialämter, ermöglichen.<br />
In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> wurde mit Hilfe des Landesprogramms in den letzten Jahren ein flächendeckendes<br />
Beratungs- und Hilfenetz für Opfer <strong>von</strong> häuslicher sexueller Gewalt und Stalking<br />
implementiert. Dazu gehören 20 Frauenhäuser und acht ambulante Frauenberatungsstellen,<br />
vier Interventionsstellen, vier Beratungsstellen für Opfer <strong>von</strong> sexualisierter Gewalt und die<br />
Täterberatungsstelle „Pro Mann“ in Magdeburg.<br />
Die Evaluation des Landesprogramms hat ergeben, dass durch das Netzwerk bedarfsgerechte<br />
Strukturen geschaffen wurden. Empfohlen wurde, die Präventionsarbeit weiter auszubauen<br />
und zu professionalisieren. Die Übersicht der Netzwerke findet sich im Anhang zu<br />
II Teil A 6.4.3.<br />
Neuen Herausforderungen ist auf Grund der strukturellen Veränderungen, etwa der Kreisgebietsreform<br />
2007 oder der Polizeistrukturreform, zu begegnen. Es gilt, diese neuen Herausforderungen<br />
anzunehmen und unter der Berücksichtigung der demographischen Faktoren<br />
umzusetzen. Um die Koordination aller vorhandenen Beratungsstrukturen im Bereich häuslicher<br />
Gewalt und Stalking zu optimieren, wurde im Jahr 2006 eine „Landesinterventionsstelle<br />
und -koordination bei Häuslicher Gewalt & Stalking“ (LIKO) implementiert. LIKO hat die Interventionsstellen,<br />
Frauenhäuser, Beratungsstellen für Opfer <strong>von</strong> sexualisierter Gewalt, Opferberatungsstellen<br />
der Justiz und die Polizei zu einem Netzwerk zusammengeführt. Dieses<br />
Netzwerk dient der direkten Opferberatung und der Optimierung der Angebote für Betroffene<br />
mit multiplen Problemlagen. Alle Beratungsangebote haben auf Grund <strong>von</strong> vertraglichen<br />
Vereinbarungen Präventionsangebote vorzuhalten. Mit Hilfe <strong>von</strong> LIKO werden diese Angebote<br />
besser koordiniert, abgestimmt und regional spezifisch zugeschnitten.<br />
Die fachliche Qualifizierung und der weitere gemeinsame Ausbau des Netzwerkes unter Einbeziehung<br />
aller strategischen Partnerinnen und Partner werden zukünftig eine Kernaufgabe<br />
sein. Alle Beteiligten sind bereits in einen Qualitätsentwicklungsprozess einbezogen. Dieser<br />
wird stetig gemäß den neuesten fachlichen Erkenntnissen und den strukturellen Gegebenheiten<br />
weiterentwickelt. Eine wichtige Grundlage ist dabei die berufs-, fach- und ressortübergreifende<br />
Kooperation aller Netzwerkpartnerinnen und -partner.<br />
In den Jahren 2006 und 2007 richtete sich der Focus aller Projekte auf das Thema „Öffentlichkeitsarbeit<br />
zur Prävention <strong>von</strong> häuslicher Gewalt“. Es wurden neue Zielgruppen benannt<br />
und neue Querschnittsthemen einbezogen. So leistete z.B. der Landesfrauenrat mit Veranstaltungen<br />
im Gesundheitsbereich einen wichtigen Beitrag zur Verknüpfung der Themen<br />
häusliche Gewalt und Gesundheit.<br />
Zudem wurden neue Materialien, z.B. die Broschüre „Ohne Gewalt leben“ für Migrantinnen,<br />
der Flyer „Keine Chance für Stalking“ oder eine DVD mit kurzen Spots zu häuslicher Gewalt<br />
für eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit entwickelt.<br />
Weitere Kooperationsprojekte nahmen einen breiten Raum ein. So wurde im Jahr 2007 in<br />
Kooperation mit dem Landeskriminalamt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> und LIKO die Wanderausstellung<br />
„Zerrissen – Kinder als Opfer häuslicher Gewalt“ entwickelt, die vier Jahre lang in öffentlichen<br />
Einrichtungen des Landes und in Schulen präsentiert wird. Die Ausstellung soll nicht<br />
nur Betroffenen eine Hilfestellung anbieten, sondern auch breite Bevölkerungsschichten informieren<br />
und sensibilisieren. Ergänzend dazu fand eine landesweite, berufsübergreifende<br />
Fachveranstaltung zum Thema „Kinder und häusliche Gewalt“ statt.<br />
Die Wanderausstellung „Opfer“, die durch eine Kooperation mit dem Weißen Ring und der<br />
Bauhaus-Universität Weimar entwickelt wurde, thematisiert ebenfalls häusliche Gewalt. Sie<br />
wurde im Jahr 2007 an drei verschiedenen Standorten in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> eingesetzt und erreichte<br />
eine breite Öffentlichkeit.<br />
Auch zielgruppenorientierte Fortbildungen mit dem Focus auf Prävention wurden angeboten,<br />
etwa „Das kommt in den besten Familien vor – Häusliche Gewalt im Alltag“ oder „Intervention<br />
und Prävention in Fällen <strong>von</strong> Stalking“ für Juristinnen und Juristen.<br />
70
Neue Zielgruppen wurden erschlossen:<br />
Mädchen und Frauen mit Behinderungen<br />
Gewalt gegen Mädchen und Frauen mit Behinderungen ist nach wie vor ein gesellschaftliches<br />
Tabu. Dennoch erleben auch sie Gewalt in ihrem normalen Lebensumfeld und in den<br />
Einrichtungen der Behindertenhilfe. Bislang bewährte Präventionsstrategien können allerdings<br />
nicht ohne weiteres auf die Situation <strong>von</strong> behinderten Frauen und Mädchen übertragen<br />
werden. Deshalb hat der Landesverband des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes<br />
im Jahr 2007 ein zweiteiliges Präventionskonzept zur Vermeidung <strong>von</strong> sexueller Gewalt entwickelt.<br />
In einem ersten Teil wurden für Mädchen und Frauen mit Behinderungen sog. „WenDo-<br />
Kurse“ zur Stärkung des Selbstbewusstseins und zum Erlernen <strong>von</strong> Selbstverteidigungsstrategien<br />
mit großem Erfolg durchgeführt. Parallel dazu wurde ein Leitfaden zum Umgang mit<br />
sexueller Gewalt für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Einrichtungen der Behindertenhilfe<br />
entwickelt und in den drei Einrichtungen des DPWV in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> für alle dort tätigen<br />
Berufsgruppen eingeführt. Die Veranstaltungen stießen auf großes Interesse der Belegschaft<br />
und zeigten, dass ein offener Umgang mit diesem sensiblen Thema zu einem konstruktiven<br />
Dialog beiträgt.<br />
Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund<br />
Eine neuere repräsentative Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland hat ergeben,<br />
dass Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund deutlich häufiger körperliche oder<br />
sexuelle Gewalt erlebt haben, als andere. 1 Um über das Phänomen häusliche Gewalt zu informieren<br />
und den Betroffenen Hilfsangebote aufzuzeigen, werden Multiplikatorinnen der Eine-Welt-Häuser<br />
in Halle, Magdeburg, Dessau und der interkulturellen Vereine geschult, die<br />
dann das erworbene Wissen im Rahmen ihrer dienstlichen oder ehrenamtlichen Arbeit in den<br />
Vereinen und Verbänden an Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund weitergeben.<br />
Inhaltliche Schwerpunkte sind z.B. Arten <strong>von</strong> häuslicher Gewalt, rechtliche Möglichkeiten der<br />
Intervention sowie die Information über Hilfsangebote in den jeweiligen Landkreisen.<br />
Eine weitere spezifische Form der Gewalt ist die Zwangsverheiratung. Die Beratungsstelle<br />
VERA, die in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> Opfern <strong>von</strong> Menschenhandel Beratung und Begleitung anbietet,<br />
wird zukünftig ihr Beratungsangebot um dieses Themenfeld erweitern. Damit sollen aber<br />
nicht nur bedrohte oder betroffene Migrantinnen angesprochen werden, sondern auch der<br />
Freundeskreis und Multiplikatorinnen und Multiplikatoren.<br />
Präventionsmaßnahmen zur Bekämpfung <strong>von</strong> Gewalt gegen Frauen und Kinder haben das<br />
Ziel, die Entstehung <strong>von</strong> Gewalt zu verhindern. Jede Maßnahme, die Frauen und Kinder<br />
schützt und stärkt, entfaltet auch präventive Wirkung.<br />
Um messbare Erfolge zu erzielen, bedarf es in den nächsten Jahren eines umfassenden Ansatzes<br />
unter Einbeziehung struktureller Veränderungen, bei dem Prävention, Sanktion und<br />
Opferschutz systematisch miteinander verbunden werden.<br />
Zudem gilt es neue Handlungsfelder zu erschließen, z.B. den Gesundheitsbereich. Weiterhin<br />
sollten Schulen als wichtige Partner für Präventionsmaßnahmen gegen häusliche Gewalt<br />
gewonnen werden.<br />
6.4.4 Maßnahmen der Familienerholung<br />
Finanziell schwachen Eltern bzw. Müttern oder Vätern mit ihren Kindern kann eine gemeinsame<br />
Erholung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> durch Landeszuwendungen leichter ermöglicht werden.<br />
Die Familienerholung soll vor allem der Festigung der familiären Beziehungen und der Entlastung<br />
im Alltag dienen.<br />
1 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): „Lebenssituation,<br />
Sicherheit und Gesundheit <strong>von</strong> Frauen in Deutschland“, S 27.<br />
71
Im Jahr 2004 wurde die Richtlinie zur Förderung <strong>von</strong> Familienerholungsmaßnahmen novelliert:<br />
Familienerholungsmaßnahmen müssen kleine Bildungsanteile bieten und auf diese<br />
Weise Familien der Zugang zu Familienbildungsangeboten erleichtern. In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
gibt es einen Katalog mit ausgewählten familienfreundlichen Einrichtungen. Die Nutzung der<br />
dort aufgeführten Einrichtungen ist zuwendungsfähig. Familien mit Kindern und Alleinerziehende<br />
können bereits mit einem Kind alle zwei Jahre eine Förderung beantragen. Familien<br />
mit behinderten Familiengehörigen können jährlich eine Förderung erhalten. Die Förderung<br />
erfolgt für mindestens 5 und höchstens 14 Tage; bestimmte Einkommensgrenzen sind zu<br />
beachten. <strong>Der</strong> Zuschuss beträgt 8,00 € pro Tag für jedes teilnehmende Familienmitglied. Zusätzlich<br />
werden jedem teilnehmenden Familienmitglied pro Bildungsmaßnahme bis zu 2,00 €<br />
erstattet, jedoch höchstens bis zu 6,00 € pro Familienerholungsmaßnahme.<br />
Die Förderung <strong>von</strong> Familienerholungsmaßnahmen in den Jahren 2004 bis 2008 stellt sich<br />
wie folgt dar:<br />
Jahr Haushaltsansatz<br />
in €<br />
An Familien<br />
ausgezahlte<br />
Mittel in €<br />
Anzahl der<br />
geförderten<br />
Familien<br />
72<br />
Anzahl der<br />
geförderten<br />
Kinder<br />
Durchschnittlicher<br />
Auszahlungsbetrag<br />
pro Familie in €<br />
2004 500.000 33.484,25 132 298 253,67<br />
2005 508.250 29.363,24 128 289 229,40<br />
2006 352.080 26.796,00 125 270 214,37<br />
2007 177.000 26.233,00 120 262 263,00<br />
Quelle: Statistik Landesjugendamt<br />
Eine Analyse der Ursachen für die geringe Inanspruchnahme der bereitgestellten Haushaltsmittel<br />
in den vergangenen Jahren hat ergeben, dass der Bedarf an geförderten Familienerholungsmaßnahmen<br />
für sozial schwache Familien nach wie vor sehr hoch ist, jedoch die<br />
Familien ihre Ferienziele und die Dauer (auch Kurzurlaube <strong>von</strong> 2 – 3 Tagen) frei wählen<br />
möchten und viele im Katalog aufgeführte Maßnahmen und Einrichtungen für sozial schwache<br />
Familien zu teuer sind.<br />
Das Ministerium für Gesundheit und Soziales prüft derzeit diesen Förderbereich auf Fortbestand<br />
oder notwendige Veränderungen, um die Wirksamkeit der einzusetzenden Haushaltsmittel<br />
im Interesse der bedürftigen Familien zu erhöhen.<br />
6.4.5 Unterstützungsleistungen für Alleinerziehende/Umsetzung des UVG<br />
Die Zahl der Alleinerziehenden stagniert in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> weiter auf hohem Niveau. Für<br />
den <strong>Bericht</strong>szeitraum ergibt sich folgendes Bild:<br />
Jahr Anzahl insgesamt alleinerziehende Mütter alleinerziehende Väter<br />
2004 138.000 109.100 28.900<br />
2005 89.900 79.500 10.400<br />
2006 93.600 81.900 11.700<br />
2007 92.000 80.300 11.700<br />
Mit dem Alleinerziehenden-Status sind besondere Problemlagen verbunden. Die Vereinbarkeit<br />
<strong>von</strong> Beruf und Familie ist für die alleinerziehenden Mütter und Väter ungleich schwieriger<br />
als für Elternpaare. Als Ansprechpartner für Alleinerziehende steht der Landesverband für Alleinerzeihende<br />
Mütter/Väter in Magdeburg zur Verfügung. Die Geschäftsstelle des Landesverbandes<br />
erhielt 2007 eine Landeszuwendung in Höhe <strong>von</strong> 45.000 Euro.<br />
Neben den allgemeinen familienfördernden Maßnahmen können Alleinerziehende Maßnahmen<br />
der Familienerholung unter erleichterten Bedingungen in Anspruch nehmen. Ein großer<br />
Teil der Alleinerziehenden ist auf soziale Hilfen und Unterstützung angewiesen, wozu auch
Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) gehören. Ziel dieses Gesetzes ist<br />
die Absicherung des Unterhaltes des berechtigten Kindes verbunden mit einer Entlastung<br />
des alleinerziehenden Elternteiles.<br />
<strong>Der</strong> barunterhaltsverpflichtete Elternteil wird durch die Inanspruchnahme des UVG nicht entlastet,<br />
da die Ansprüche des Kindes gemäß § 7 UVG auf das Land übergehen und im Rahmen<br />
des sog. Rückgriffes weiter verfolgt werden.<br />
Seit dem 1. Januar 2001 wird das UVG in <strong>Sachsen</strong> <strong>Anhalt</strong> zu einem Drittel vom Bund, zu einem<br />
Drittel vom Land und zu einem Drittel <strong>von</strong> den Kommunen finanziert. <strong>Der</strong> Bund hat bereits<br />
im Jahre 2000 seine Finanzierung umgestellt und beteiligt sich seit diesem Zeitpunkt,<br />
wie aus der Tabelle ersichtlich ist, nur zu einem Drittel an den Ausgaben zum Unterhaltsvorschussgesetz.<br />
Auf die Leistungen gegenüber den unterhaltsberechtigten Kindern hat dies<br />
keinen Einfluss, da die Anspruchsvoraussetzungen für den Erhalt <strong>von</strong> Untervorschussleistungen<br />
unverändert geblieben sind.<br />
Die Ausgaben für die Leistungen nach dem UVG sind im Laufe der letzten Jahre gestiegen.<br />
In den Jahren 2003 und 2005 wurden jeweils zum 01.07. die damals noch maßgeblichen<br />
Regelbeträge angehoben, so dass die Ausgabesteigerungen bereits insoweit erklärbar sind.<br />
<strong>Der</strong> Bezug der Unterhaltsvorschussleistungen hängt aber auch <strong>von</strong> kaum beeinflussbaren<br />
Faktoren, wie bspw. Arbeitslosigkeit und Krankheit des Unterhaltsverpflichteten oder auch<br />
einer Erhöhung des Selbstbehaltssatzes ab, so dass Kinder, die bislang Unterhaltszahlungen<br />
<strong>von</strong> dem barunterhaltspflichtigen Elternteil erhalten haben, wegen ausbleibender Zahlungen<br />
nunmehr anspruchsberechtigt nach dem UVG werden.<br />
Insgesamt waren anspruchsberechtigt:<br />
Jahr Kinder insgesamt Kinder <strong>von</strong> 0 bis 5 Jahre Kinder <strong>von</strong> 6 bis 11 Jahre<br />
2004 19.361 11.359 8.002<br />
2005 20.144 11.763 8.381<br />
2006 20.538 11.633 8.908<br />
2007 20.764 11.759 9.008<br />
Ausgaben und Einnahmen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (in Euro):<br />
Jahr Ausgaben Erstattungen Einnahmen Erstattungen Rückgriffsquote<br />
durch Bund an Bund in %<br />
2004 26.751.81 8.917.270 4.598.353 1.532.784 17,19<br />
2005 27.810.43 9.270.144 4.190.660 1.396.886 15,07<br />
2006 30.102.09 10.034.031 4.367.130 1.455.710 14,51<br />
2007 30.227.96 10.075.987 4.743.043 1.581.014 15,70<br />
Im Bundesdurchschnitt lag die Rückholquote im Jahr 2004 bei 21%, im Jahr 2005 bei 20 %<br />
und im Jahr 2006 bei 17%. Für das Jahr 2007 wurden die Rückgriffsquoten der einzelnen<br />
Bundesländer durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend noch<br />
nicht aufbereitet. Mit den oben ersichtlichen Rückgriffsquoten lag <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> stets über<br />
dem Niveau des Durchschnitts der neuen Bundesländer (2004 16,6%, 2005 14,2% und 2006<br />
13%) und zudem auch über den Rückgriffsquoten einiger alter Bundesländer.<br />
Ein dauerhafter Schutz vor Armut für Alleinerziehende muss weiterhin politisches Ziel blieben.<br />
Dazu sind entsprechende Arbeitsplätze und Kinderbetreuungsstellen notwendig, sowie<br />
eine Abstimmung <strong>von</strong> Arbeitszeiten und Öffnungszeiten der Tagesbetreuungsstellen. Das<br />
Projekt „EfA - Erstausbildung für Alleinerziehende unter 27 Jahren“, ein Modellprojekt, das<br />
für Alleinerziehende unter 27 Jahren konzipiert ist, trägt dazu entscheidend bei. Es richtet<br />
sich an junge, allein erziehende Mütter, ggf. auch Väter und Schwangere aus der Region<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> und der Landeshauptstadt Magdeburg, die<br />
• über einen Schulabschluss verfügen,<br />
• bei Beginn der Ausbildung unter 27 Jahren sind,<br />
• ein oder mehrere Kinder haben oder<br />
• sich in einer dualen Ausbildung befinden.<br />
73
Durch die auf sechs Stunden reduzierte betriebliche Ausbildungszeit wird die Vereinbarkeit<br />
<strong>von</strong> Ausbildung und Kindererziehung für junge, allein erziehende Mütter ermöglicht. Jungen<br />
Müttern wird eine betriebliche Erstausbildung auf dem ersten Arbeitsmarkt ermöglicht, die<br />
sich an ihren Zeitbedürfnissen orientiert. Es werden neue, zusätzliche Ausbildungsplätze gefunden<br />
und neue Erkenntnisse über Möglichkeiten einer attraktiven und effektiven Gestaltung<br />
<strong>von</strong> Ausbildungsgängen für junge Mütter gewonnen. Die Teilnehmenden lernen, wie sie<br />
Berufstätigkeit und Kinderbetreuung gleichzeitig leisten können, werden in ihrem „Selbstwertgefühl“<br />
gestärkt und erreichen persönliche Stabilisierung, erwerben bei erfolgreicher<br />
Ausbildung einen anerkannten Berufsabschluss und erhalten langfristig die Grundlage, ihren<br />
eigenen Lebensweg bewusst und eigenverantwortlich zu gestalten.<br />
7. Tagesbetreuung und Förderung <strong>von</strong> Kindern<br />
7.1 Grundzüge<br />
Kindertageseinrichtungen und Tagespflege sollen die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen<br />
und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit fördern. Die Aufgabe umfasst<br />
die Betreuung, Bildung und Erziehung des Kindes für einen Teil des Tages oder ganztags.<br />
Das Leistungsangebot soll sich pädagogisch und organisatorisch an den Bedürfnissen der<br />
Kinder und ihrer Familien orientieren (vgl. § 22, 22a SGB VIII).<br />
Im Zentrum des gesetzlichen Auftrages steht das Wohl des Kindes. Kinder haben ein Recht<br />
auf Förderung und Erziehung (vgl. § 1 Abs. 1 SGB VIII). Gemäß Artikel 6 Abs. 2 des Grundgesetzes<br />
für die Bundesrepublik Deutschland ist die Pflege und Erziehung der Kinder das<br />
natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Den verfassungsund<br />
bundesrechtlichen Bestimmungen folgend sollen Tageseinrichtungen die Erziehung in<br />
der Familie ergänzen und unterstützen und den Kindern Erfahrungen über den Familienrahmen<br />
hinaus ermöglichen (§ 5 Abs. 1 Satz 3 KiFöG).<br />
Mit der Normierung eines subjektiven Rechtsanspruchs für Kinder <strong>von</strong> 0 bis 14 Jahren erfüllt<br />
das Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> bereits jetzt den Rechtsanspruch, der bundesweit ab 2013 für<br />
Kinder <strong>von</strong> 1 bis 6 Jahre gelten soll, und geht sogar darüber hinaus.<br />
7.2 Bildungsauftrag <strong>von</strong> Kindertagesstätten<br />
Jungen Menschen sind gute Voraussetzungen für den Start in ein selbstbestimmtes Leben<br />
zu ermöglichen. Die Zeit im Kindergarten und in der Grundschule sind die Jahre, in denen<br />
die entscheidenden Weichen für eine erfolgreiche Bildungsbiografie gestellt werden.<br />
Nach den Erkenntnissen der Neurobiologie entwickelt sich das Gehirn <strong>von</strong> der Geburt bis zur<br />
Pubertät in einem rasanten Tempo. Die meisten der etwa hundert Milliarden Nervenzellen<br />
sind zwar schon während der ersten Schwangerschaftsmonate entstanden; doch bei der<br />
Geburt sind sie noch nicht richtig leistungsfähig. Was fehlt, ist ihre „Verschaltung“. Diese wird<br />
nun in einer kurzen Zeitspanne nachgeholt.<br />
Während der Aufbau der Nervenverbindungen genetisch gesteuert wird, kommt beim anschließenden<br />
Rückbau aller überflüssigen Leitungen im Kopf die Umwelt zum Zuge. Die Entscheidung<br />
darüber, welche Verbindungen übrig bleiben und welche wieder – unwiderruflich –<br />
eingeschmolzen werden, erfolgt nach funktionellen Kriterien.<br />
Nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen sind besonders die ersten fünf, sechs Jahre<br />
entscheidend dafür, dass sich die kognitiven Strukturen ausbilden. Wahrnehmungs-, Aufmerksamkeits-,<br />
Gedächtnis- und Denkprozesse sind die Kernbereiche kognitiver Leistungen.<br />
In dieser Zeit – den ersten sechs Lebensjahren - fehlgeleitete Entwicklungen führen zu massiven<br />
Störungen auch einfacher kognitiver Leistungen, die nicht mehr reparabel sind.<br />
Die Neurobiologen haben damit die Erkenntnisse geliefert, wie das Lernen funktioniert, unter<br />
welchen Voraussetzungen Bildungsprozesse gelingen können und unter welchen sie scheitern.<br />
74
Alle Kinder kommen mit einer unglaublichen Lust am eigenen Entdecken und Gestalten zur<br />
Welt. Nie wieder ist ein Mensch so neugierig, so entdeckungsfähig und so gestaltungslustig<br />
und begeistert da<strong>von</strong>, das Leben kennen zu lernen, wie in den ersten Jahren seines Lebens.<br />
Dieses Potential muss geweckt, erhalten und gefördert werden. Am 21. September 2004<br />
wurde darum das Bildungsprogramm „Bildung - elementar, Bildung <strong>von</strong> Anfang an“ für die<br />
Kindertagesstätten in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> <strong>von</strong> der Landesregierung beschlossen und umgesetzt.<br />
Eine Weiterentwicklung der Einrichtungen im Bereich der frühkindlichen Bildung, aufbauend<br />
auf den vorhandenen Stärken, war dringend notwendig. Ein Höchstmaß an individueller Förderung<br />
und eine größtmögliche Vielfalt der Bildungswege zu schaffen, bestimmt dabei den<br />
Weg.<br />
Die individuelle und gesellschaftliche Bedeutung frühkindlicher Bildungsprozesse zur Sicherung<br />
der Chancengleichheit ist zu groß, um ihre Förderung allein dem Engagement der Beschäftigten<br />
in Kindertageseinrichtungen bzw. einzelnen Trägern zu überantworten.<br />
Diese Bildungsoffensive wurde durch die Bildungsvereinbarung vom 5. Januar 2005 besiegelt,<br />
die <strong>von</strong> den kommunalen Spitzenverbänden, der LIGA der freien Wohlfahrtspflege, den<br />
Kirchen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>, dem Kultusministerium und dem Ministerium für Gesundheit und<br />
Soziales gemeinsam getragen wird.<br />
Bildung <strong>von</strong> Anfang an heißt, anzuerkennen, dass schon Neugeborene mit allen Kräften dabei<br />
sind, sich ein Bild <strong>von</strong> der Welt zu machen, also zu lernen. Zu. Sinneswahrnehmungen<br />
werden fünf Prinzipien der fachlichen Grundorientierung benannt. Dies sind:<br />
- elementare Bildung<br />
- Bildung <strong>von</strong> Anfang an<br />
- Partizipation<br />
- Diversität und Integration<br />
- Kontextorientierung.<br />
Die drei Ziele der elementaren Bildung sind:<br />
- Anregung aller Kräfte, das heißt nicht nur der kognitiven, sondern auch der sozialen,<br />
emotionalen und ästhetischen.<br />
- Aneignung <strong>von</strong> Welt als ein aktiver subjektiver Prozess.<br />
- Die Entfaltung der Persönlichkeit als ein Prozess, bei dem eigene Potentiale entwickelt<br />
werden und sich Individualität herausbildet.<br />
Das Bildungsprogramm benennt die Grundkompetenzen, die Kinder für eine aktive Teilhabe<br />
und eine gelingende Identitätsentwicklung in der Gesellschaft erwerben sollen und die auch<br />
in internationalen Curricula eine zentrale Rolle spielen.<br />
7.2.1 Qualifizierung des Personals<br />
Bei den pädagogischen Fachkräften in Kindertageseinrichtungen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ist ein<br />
sehr großes Interesse und hohe Motivation gegenüber Fort- und Weiterbildung festzustellen.<br />
Die Fortbildungskapazitäten des Landesverwaltungsamtes/Landesjugendamtes im Rahmen<br />
des Fortbildungsprogramms können regelmäßig etwa zwei Drittel der Anmeldungen für die<br />
Angebote bestätigen.<br />
Mit der Umsetzung des gesetzlichen Bildungsauftrages und der Einführung des Bildungsprogramms<br />
seit 2004 stehen folgende Themenschwerpunkte im Zentrum der Professionsentwicklung<br />
der Fachkräfte:<br />
- Grundverständnis frühkindlicher Bildung und Erziehung<br />
- Komplexität <strong>von</strong> Bildungsprozessen<br />
- Förderung <strong>von</strong> Schlüsselkompetenzen<br />
- Beobachtung und Dokumentation <strong>von</strong> individuellen Bildungsentwicklungen <strong>von</strong> Kindern<br />
- Gestaltung <strong>von</strong> Erziehungspartnerschaft mit Eltern<br />
- Gestaltung <strong>von</strong> Übergängen in die Schule und den Hort.<br />
75
In der Struktur der Fortbildungsangebote gibt es neben zentral angebotenen Veranstaltungen<br />
vor allem regionale Angebote in den Landkreisen. Seit 2006 hat sich die Nachfrage an<br />
Inhouse-Angeboten für jeweils das gesamte Team <strong>von</strong> Kindertageseinrichtungen deutlich<br />
verstärkt.<br />
Seit dem Jahr 2000 wurden bislang 30 Leitungskompetenzkurse für Leitungskräfte in Kindertageseinrichtungen<br />
durchgeführt, in denen 596 Fachkräfte im Rahmen eines 256 Stundenprogramms<br />
in verschiedenen Modulen qualifiziert wurden. Für diese Kurse vergibt das Ministerium<br />
für Gesundheit und Soziales zusammen mit dem Landesverwaltungsamt/Landesjugendamt<br />
ein Zertifikat.<br />
Im Jahr 2007 wurden für den Bereich der Kindertageseinrichtungen 128 ein- und mehrtägige<br />
Fortbildungsangebote mit 3.450 Erzieherinnen und Erziehern durchgeführt, darunter eine<br />
zweitägige landesweite Fachtagung „Kompetente Kinder braucht das Land – Frühkindliche<br />
Bildung ist eine wichtige Zukunftsinvestition“ mit 240 Teilnehmenden.<br />
Die Landesregierung hat für die Förderperiode 2007-2013 bei der EU im Rahmen des ESF<br />
die Förderung des „Projektes zur Verbesserung der vorschulischen Bildung durch Qualifizierung<br />
des Betreuungspersonals“ beantragt und bewilligt bekommen. Es stehen nunmehr<br />
6,535 Millionen Euro zur Verfügung.<br />
In einem ersten Schritt sollen mit diesen Geldern 50 Fortbildnerinnen und Fortbildner ausgewählt,<br />
qualifiziert, akkreditiert und eingesetzt werden. Im zweiten Schritt werden diese Fortbildnerinnen<br />
und Fortbildner die pädagogischen Fachkräfte in den Kindertageseinrichtungen<br />
nach einem dem Bildungsprogramm folgenden Curriculum qualifizieren. Weiterhin werden<br />
sie direkte Fortbildungshilfen und wertvolle Hilfestellungen bei den Einrichtungsteams leisten.<br />
Mit dieser Maßnahme sollen mehr als 9.000 pädagogische Fachkräfte erreicht werden.<br />
Die Fortbildung wird zertifiziert und besonders erfolgreiche Teams werden öffentlichkeitswirksam<br />
gewürdigt. Eine wichtige Grundlage und Voraussetzung für ein gutes Gelingen dieses<br />
großen Vorhabens wird das modular aufgebaute Qualifizierungscurriculum sein, das die<br />
eingesetzte Arbeitsgruppe unter Hinzunahme der vielen eingebrachten Vorschläge entwickelte.<br />
Mit diesem Qualifizierungscurriculum soll die systematische Weiterentwicklung der<br />
bereits erreichten Qualität gesichert werden.<br />
Darüber hinaus wird mit dem Sommersemester 2009 an der Fachhochschule Magdeburg/Stendal<br />
ein Bachelor-Studiengang „Bildung, Erziehung und Betreuung im Kindesalter -<br />
Leitung <strong>von</strong> Kindertageseinrichtungen (B.A.)“ eingerichtet. Zielstellung dieses Studiengangs,<br />
der 2008 mit 30 Studierenden beginnen soll, ist es, ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher<br />
mit einer mindestens fünfjährigen Berufserfahrung für eine Leitungstätigkeit in einer Kindertagesstätte<br />
zu qualifizieren.<br />
An der Martin- Luther- Universität gibt es ebenfalls Planungen zur Qualifizierung <strong>von</strong> Erzieherinnen<br />
und Erziehern in einem Studiengang mit ebenfalls 30 Studienanfängerinnen oder -<br />
anfängern.<br />
7.2.2 Kompetenzzentren<br />
Mit der Installierung des Bildungsprogramms nahm das Land die Förderung des Modellprojektes<br />
Qualifizierung <strong>von</strong> Kindertageseinrichtungen zu Konsultationszentren, das der Qualifizierung<br />
<strong>von</strong> Kindertageseinrichtungen zu Konsultations- bzw. Kompetenzzentren dient, auf.<br />
Neunzehn Kindertageseinrichtungen aus <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> entwickelten sich bereits zu „Kompetenzzentren<br />
frühkindlicher Bildung“ weiter. Auf allen Ebenen des Systems Kindertageseinrichtungen<br />
haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter wissenschaftlicher Begleitung<br />
der Martin-Luther-Universität und anderer wissenschaftlicher Einrichtungen ihre Arbeit in<br />
Praxis und Theorie kritisch reflektiert, Handlungspraktiken in Frage gestellt, neue Konzepte<br />
entwickelt und direkt in die Praxis umgesetzt.<br />
Theoretisches Fachwissen wird somit mit praktischen Übungen verbunden. Gleichzeitig findet<br />
dabei eine permanente interne Evaluierung der Prozesse in den Kindertageseinrichtun-<br />
76
gen statt. Kompetenzzentren sind ein lebendiges und exzellentes Beispiel für die Kooperation<br />
zwischen Wissenschaft und Praxis.<br />
Die externe Evaluierung der beteiligten Kindertageseinrichtungen wurde unter Hinzuziehung<br />
<strong>von</strong> Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zum Ende des ersten Halbjahres 2008<br />
durchgeführt. Daran wird sich auf Grundlage der Ergebnisse der Evaluation die Zertifizierung<br />
der qualifizierten Einrichtungen als Konsultations- bzw. Kompetenzzentrum anschließen. Die<br />
Ergebnisse des Modellprojektes und der Evaluation werden Eingang in das Bildungsprogramm<br />
finden. Eine entsprechende Überarbeitung ist durch die Martin-Luther-Universität in<br />
Kooperation mit der Praxis und den Partnerinnen und Partnern der Bildungsvereinbarung<br />
geplant.<br />
Parallel mit der externen Evaluation wurde eine Ausweitung der Kompetenzzentren gestartet.<br />
Zu den bislang 19 Einrichtungen sind 8 weitere Einrichtungen hinzukommen. Während<br />
bislang der Schwerpunkt auf der Gruppe der Kinder im Alter <strong>von</strong> 3 bis 6 Jahren lag, sollen<br />
bei den weiteren Einrichtungen die Kinder bis 3 Jahre und die Kinder mit Behinderungen im<br />
Blickpunkt stehen.<br />
7.2.3 Sprachförderung<br />
Sprache ist ein zentrales Medium für die Aufnahme, Verarbeitung und Weitergabe <strong>von</strong> Informationen.<br />
Sie ist eine wesentliche Grundlage für soziale Interaktion und für die Gestaltung<br />
der individuellen Umwelt. Eine gut entwickelte Sprachkompetenz ist damit der Schlüssel für<br />
erfolgreiche Lern- und Bildungsprozesse. Dabei kommt der Beherrschung der deutschen<br />
Sprache eine zentrale Bedeutung zu.<br />
Fehlende Kenntnisse und Beherrschung der deutschen Sprache verhindern, dass Kinder<br />
sich so entwickeln, wie es ihren eigentlichen intellektuellen Fähigkeiten und Begabungen<br />
entspricht. Dies gilt natürlich in erster Linie für Kinder aus Zuwandererfamilien, für die<br />
Deutsch nicht die Muttersprache ist, aber es gilt nicht nur für diese Kinder. Sprachliche Verarmung<br />
und sprachliche Defizite sind zunehmend auch in Familien ohne Zuwanderergeschichte<br />
festzustellen. Eine gering ausgeprägte Sprachkompetenz kann die gesamte Bildungsbiographie<br />
eines Kindes beeinträchtigen - bis hin zu fehlenden oder geringeren Bildungsabschlüssen,<br />
Problemen in der Ausbildung, mangelnden Chancen auf dem Arbeitsmarkt<br />
und fehlenden Grundlagen für eine gelungene soziale Integration.<br />
Aufgrund dieser Erkenntnisse wird das Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>, durch das Gesetz zur Förderung<br />
der frühkindlichen Bildung Sprachstandsfeststellung für alle Kinder und Sprachförderung<br />
bei festgestelltem Bedarf einführen. Dies wird zu einer Verringerung der Zahl der<br />
sprachauffälligen Kinder führen und die Chancen der Kinder in Bezug auf ihre schulische<br />
und berufliche Entwicklung verbessern.<br />
7.3 Integration <strong>von</strong> behinderten Kindern in Kindertagesstätten<br />
Die gemeinsame Förderung, Bildung und Erziehung <strong>von</strong> behinderten und nichtbehinderten<br />
Kindern ist ein besonderer Schwerpunkt der Kinderbetreuung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>. Durch das<br />
Zusammenleben behinderter und nichtbehinderter Kinder machen diese wichtigen sozialen<br />
Grunderfahrungen, die <strong>von</strong> Erzieherinnen und Erziehern angeregt und gefördert werden sollen.<br />
In den 151 integrativen Einrichtungen des Landes werden behinderte und nichtbehinderte<br />
Kinder gemeinsam betreut. Neben den Grundpauschalen hat das Land für die Betreuung<br />
behinderter Kinder Zusatzpauschalen, Elternbeitragserstattungen sowie Erstattungen des<br />
behinderungsbedingten Mehraufwandes der Einrichtungsträger nach dem KiBeG gewährt.<br />
Mit Inkrafttreten des KiFöG im März 2003 erfolgte eine Umstellung der Finanzierungsmodalitäten.<br />
Das KiFöG regelt nunmehr, dass, soweit die Betreuung/Förderung der Kinder mit wesentlichen<br />
Behinderungen aufgrund des § 53 Abs. 1 SGB XII erfolgt, die hierdurch entstehenden<br />
Kosten nach Maßgabe des SGB XII zu tragen sind.<br />
77
Diese Kosten der Eingliederungshilfe in teilstationären Einrichtungen werden vom überörtlichen<br />
Träger der Sozialhilfe im Rahmen <strong>von</strong> Vereinbarungen nach § 75 SGB XII finanziert.<br />
Dazu ist es jedoch auch erforderlich, dass die entsprechenden Hilfebedarfe der Kinder bekannt<br />
sind, um eine angemessene Hilfeleistung finanziell sicher stellen zu können, da die<br />
Kinder einen Rechtsanspruch auf bedarfsdeckende Leistungen der Eingliederungshilfe haben.<br />
Zur Umsetzung der Regelungen in § 8 Abs. 2 KiFöG ist es jedoch zunächst erforderlich,<br />
dass die individuellen Hilfebedarfe der behinderten Kinder in integrativen Tagesstätten ermittelt<br />
und entsprechende Leistungstypen nach dem Rahmenvertrag gemäß § 79 SGB XII gebildet<br />
werden. Da bereits mit In-Kraft-Treten des KiFöG absehbar war, dass dies einen gewissen<br />
Zeitraum in Anspruch nehmen wird, wurde seitens des Landes eine „Übergangsregelung“<br />
zur Finanzierung der Leistung der Eingliederungshilfe für behinderte Kinder in integrativen<br />
Kindertagesstätten geschaffen.<br />
7.4 Nutzung der Kindertagesstätten und Entwicklung des Personals<br />
In den insgesamt 1.917 Kindertageseinrichtungen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> werden 26.311 Krippenkinder<br />
und 56.230 Kindergartenkinder sowie 39.601 Hortkinder, darunter insgesamt<br />
2.068 Kinder mit Behinderungen <strong>von</strong> 11.133 ausgebildeten Fachkräften (da<strong>von</strong> 79 Männer),<br />
1.695 Leitungskräften (da<strong>von</strong> 9 Männer) sowie 178 Hilfskräften (da<strong>von</strong> 24 Männer) betreut.<br />
Im Vergleich der Jahre 2004 bis 2007 zeigen sich folgende Entwicklungen (Stichtag jeweils<br />
der 1.1.):<br />
2004 2005 2006 2007<br />
Kindertageseinrichtungen<br />
insgesamt<br />
1.937 1.915 1.921 1.917<br />
da<strong>von</strong><br />
Regeleinrichtungen:<br />
1.813 1.780 1.781 1.772<br />
da<strong>von</strong> integrative Tageseinrichtungen: 124 135 140 145<br />
Anzahl der Kinderkrippen 31 28 27 27<br />
Anzahl der Kindergärten 14 15 13 11<br />
Anzahl der Kindertageseinrichtungen 1.269 1.255 1.250 1.240<br />
Horte 222 232 250 269<br />
Anzahl der betreuten Kinder insgesamt<br />
da<strong>von</strong> Anzahl der behinderten und<br />
110.529 115.068 118.634 122.142<br />
benachteiligten Kinder:<br />
Anzahl des pädagogischen Personals<br />
in Kindertageseinrichtungen<br />
1.943 2.025 1.983 2.068<br />
einschl. Leitungskräften (in Personen): 12.516 12.736 12.727 13.006<br />
da<strong>von</strong> zusätzliches Hilfspersonal:<br />
119 119 171 178<br />
X<br />
) Quelle: damaliges Landesamt für Versorgung und Soziales, Landesjugendamt<br />
Die Anzahl der Kindertageseinrichtungen ist gegenüber 2004 im Jahr 2007 um insgesamt 20<br />
Einrichtungen zurückgegangen. Es gab 2007 4 Kinderkrippen, 3 Kindergärten und 29 Kindertagesstätten<br />
(mit altersgemischten Gruppen) weniger als 2004. Die Anzahl der Horte ist um<br />
47, die Anzahl der integrativen Einrichtung um 21 Einrichtungen gegenüber 2004 gestiegen.<br />
78
Belegte Plätze seit 2004:<br />
Jahr 2004 2005 2006 2007<br />
Kinderkrippe 1.448 1.367 1.312 1.340<br />
Kindergarten 740 803 783 680<br />
Kindertagesstätte 81.285 81.986 81.502 81.286<br />
Hort 16.112 18.707 21.984 24.942<br />
Integrative Einrichtung 10.944 12.205 12.802 13.645<br />
Betriebskindergärten 251 249<br />
Gesamt 110.529 115.068 118.634 122.142<br />
Quelle: Statistik Landesjugendamt 2004-2007<br />
Die Gesamtzahl der seit 2004 in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> in Kindertageseinrichtungen betreuten Kinder<br />
ist ansteigend. Wurden 2004 insgesamt 110.529 Kinder betreut, sind es 2007 insgesamt<br />
122.142 Kinder, das ist ein Anstieg um 11.613 Kinder.<br />
Nach Altersgruppen untersetzt ist gegenüber 2004 ein Anstieg der betreuten Kinder im Alter<br />
<strong>von</strong> 0 bis 3 Jahren um 1.197 Kinder und ein Rückgang im Alter <strong>von</strong> 3 Jahren bis zum Schuleintritt<br />
um 72 Kinder zu verzeichnen. Die Anzahl der Kinder, die in Horten betreut werden, ist<br />
gegenüber 2004 um 10.488 angestiegen.<br />
Obwohl 2004 bis 2006 ein leichter Geburtenrückgang verzeichnet wird – erst 2007 steigt die<br />
Anzahl der Geburten -, besuchen mehr Kinder die Tageseinrichtungen. Dies wird auf die erhöhte<br />
Erwerbstätigkeit der Eltern sowie die verbesserte Bildungsarbeit in den Einrichtungen<br />
zurückgeführt.<br />
Die Betreuungsquote hat sich im Krippenbereich <strong>von</strong> 2004 bis 2007 um 2,6 % auf 51,24 %<br />
der Kinder im Alter <strong>von</strong> 0 bis 3 Jahren erhöht.<br />
Um 2,2 % auf 93,67 % ist die Quote bei den Kindergartenkindern und um 10,5 % auf 57,8 %<br />
bei den Hortkindern gestiegen.<br />
Ob dieser Zuwachs auch in den Folgejahren bei annähernd gleichbleibenden Kinderzahlen<br />
in den jeweiligen Altersgruppen anhält, kann nicht eingeschätzt werden.<br />
Kinder in Tageseinrichtungen werden in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ganz überwiegend <strong>von</strong> Erzieherinnen,<br />
also Frauen, betreut. Im Jahr 2007 sind <strong>von</strong> den insgesamt 13.006 in Tageseinrichtungen<br />
beruflich Tätigen (12.828 Fachkräfte und 178 Hilfskräfte) nur 112 Männer und 12.894<br />
Frauen. <strong>Der</strong> Anteil der Frauen beträgt insofern 99,1% und der Anteil der Männer nur 0,9%.<br />
Damit ist ein leichter Anstieg bei der Männerquote <strong>von</strong> 0,3 % auf 0,9 % zu verzeichnen.<br />
Von den 1.695 Leiterinnen und Leitern sind 9 Männer. Während die Gruppenstruktur in Kindertageseinrichtungen<br />
durch eine starke Altersmischung pädagogisch sinnvoll den Familienstrukturen<br />
näher gekommen ist (Geschwisterverhältnis), kann dies für die geschlechterspezifische<br />
Zusammensetzung des Personals (Mutter-Vater-Kinder-Verhältnis) nicht gelten. Untersuchungen,<br />
inwiefern sich das Geschlechterverhältnis des Personals auf die Förderung<br />
und Entwicklung <strong>von</strong> Jungen und Mädchen auswirkt, sind nicht bekannt. Solche Untersuchungen<br />
dürften sich auch als schwierig erweisen, da sie als Langzeitstudien angelegt sein<br />
müssten. Zudem fehlt es an Vergleichsmöglichkeiten, wenn Männer in diesem Berufsfeld<br />
kaum präsent sind.<br />
Die Altersstruktur des in der Tagesbetreuung beschäftigten Personals zeigt in <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> einen sehr geringen Anteil <strong>von</strong> jungen Erzieherinnen und Erziehern im Alter bis zu 30<br />
Jahren, einen hohen Anteil der Altersgruppe der 41- bis 50-jährigen und der ab 51-jährigen.<br />
Ganz überwiegend scheiden die Fachkräfte in der Kinderbetreuung nach dem 60 Lebensjahr<br />
aus dem Beruf aus.<br />
79
Altersgruppen - Personal 2004 2005 2006 2007<br />
bis 25 Jahre : 119 139 219 340<br />
26-30 : 295 260 339 387<br />
31-40 : 2.934 2.7361 2.501 2.246<br />
41-50 : 4.430 4.719 4.360 4.302<br />
51-55 : 2.003 2.1412.166 2.291 2.522<br />
56-60 : 891 852 1.050 1.208<br />
ab 61 Jahre : 77 105 113 128<br />
Quelle: Statistik Landesjugendamt 1.1.2008<br />
Die ca. 1.200 Erzieherinnen der Altersgruppe der 56- bis 60-jährigen werden in den nächsten<br />
5 Jahren in den Ruhestand oder vorzeitigen Ruhestand gehen. Vor dem Hintergrund der in<br />
diesem <strong>Bericht</strong> dargestellten demographischen Entwicklung ist eine Prognose über den jährlichen<br />
Bedarf an zusätzlichen Fachkräften in den nächsten 5 Jahren schwierig. Die Annahme,<br />
dass der demographisch bedingte Rückgang sich auf die Nachfrage nach Kinderbetreuungsplätzen<br />
auswirken wird und den zusätzlichen Personalbedarf weitgehend kompensiert,<br />
ist nicht stichhaltig. Die Betreuungsquote bei den Kindern unter drei Jahren deutet auf einen<br />
wachsenden Bedarf hin, der unabhängig <strong>von</strong> der Entwicklung der Gesamtzahl der Kinder<br />
dieser Altersgruppe kontinuierlich ansteigt. Zudem gehen die Bundesregierung und auch die<br />
Länder <strong>von</strong> einem demographisch bedingten zusätzlichen Arbeitskräftebedarf in den nächsten<br />
Jahren aus, so dass vor dem Hintergrund des Rechtsanspruchs gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1<br />
KiFöG eine zunehmende Erwerbstätigkeit der Eltern auch Auswirkungen auf einen höheren<br />
Betreuungsumfang haben wird, der im Personalkräftebedarf zu Buche schlägt. Die wünschenswerte<br />
Verjüngung des Personals in Kindertagesstätten wird nach gegenwärtigen Einschätzungen<br />
in den nächsten 5 Jahren nur langsam vorankommen und in den darauffolgenden<br />
Jahren stärker zunehmen.<br />
7.5 Investitionen<br />
Gemäß § 12 des Gesetzes zur Förderung und Betreuung <strong>von</strong> Kindern in Tageseinrichtungen<br />
und Tagespflege des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> (Kinderförderungsgesetz – KiFöG) fördern das<br />
Land und die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Erfüllung des Betreuungsbedarfs<br />
Investitionskosten <strong>von</strong> Tageseinrichtungen auf Antrag über die Zuweisungen nach § 11<br />
Abs. 1 hinaus im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. Die Landesregierung hält mit<br />
dieser Regelung an der Förderpraxis der Vorjahre fest.<br />
Seit 2004 konnten erhebliche Landesmittel für Ersatzneubauten, Sanierungen, Modernisierungen<br />
<strong>von</strong> Kindertageseinrichtungen, für die Gestaltung der Außen- und Spielanlagen sowie<br />
für die Ausstattung der Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden. Insgesamt wurden <strong>von</strong><br />
2004 bis 2007 Landesmittel in Höhe <strong>von</strong> 18,1 Mio. € für Investitionen verausgabt bzw. bewilligt.<br />
Mit diesen Mitteln konnten die Bedingungen für die Förderung, Betreuung und Bildung <strong>von</strong> in<br />
Tageseinrichtungen betreuten Kindern weiter verbessert werden.<br />
Investitionen im Vergleich der Jahre:<br />
Jahr Investitionen an Gemeinden (in Mio. €) Investitionen an freie Träger (in Mio. €)<br />
2004 2,7 3,7<br />
2005 1,1 2,2<br />
2006 1,4 2,2<br />
2007 3,2 1,6<br />
gesamt 8,4 9,7<br />
Insgesamt: 18,1 Mio. €<br />
80
Die übergeordnete Bedeutung der frühkindlichen Bildung spiegelt sich auch in der Förderpolitik<br />
der Europäischen Gemeinschaft und des Bundes wider. Dem Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> werden<br />
für investive Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung der Kindertageseinrichtungen in<br />
den Jahren 2008 bis 2013 <strong>von</strong> der Europäischen Gemeinschaft Mittel in Höhe <strong>von</strong> 41,6 Mio.<br />
€ (dav. 20,38 Mio. € EFRE-Mittel und 21,2 Mio. € ELER- Mittel, wobei letztere einen Landesanteil<br />
in Höhe <strong>von</strong> 5,3 Mio. € beinhalten) und vom Bund aus dem Kinderbetreuungsfinanzierungsgesetz<br />
in Höhe <strong>von</strong> ca. 52 Mio. € zur Verfügung stehen. Die EU-Programme EFRE und<br />
ELER gelten für alle Arten der Kindertageseinrichtungen; die Bundesmittel zum Krippenausbau<br />
sind grundsätzlich für Plätze für Kinder unter 3 Jahren (Krippenplätze) einzusetzen.<br />
Zum ersten Mal wird als Auswahlkriterium ein Demografiecheck durchgeführt, nach dem die<br />
eingereichten Anträge bewertet werden.<br />
8. Hilfen zur Erziehung<br />
Nach § 27 SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe – sind Personensorgeberechtigte (Eltern<br />
und/oder andere Personen, die die Personensorge inne haben) berechtigt, Hilfe bei der Erziehung<br />
eines Kindes oder Jugendlichen in Anspruch zu nehmen, wenn eine dem Wohl des<br />
Kindes oder Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für<br />
seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.<br />
Die Jugendhilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> entwickelte ein nach dem SGB VIII strukturiertes und inhaltlich<br />
sich ergänzendes System an Hilfen zur Erziehung. Ziel ist es, den Betroffenen die im<br />
Einzelfall geeignete und notwendige Hilfe im entsprechenden Umfang zur Verfügung zu stellen<br />
und damit bedarfsgerecht Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Eine gute, den Einzelfall beschreibende<br />
Diagnostik zur Ermittlung der geeigneten Hilfeform, eine fachlich fundierte Beratung<br />
der Betroffenen und die vernetzte Hilfeleistung stellen schwerpunktmäßige Anforderungen<br />
an die Jugendhilfe dar. Neben der Verbesserung der Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII<br />
und der Vernetzung der einzelnen Hilfen innerhalb der Jugendhilfe selbst ist daher der Gestaltung<br />
<strong>von</strong> verlässlichen Kooperationen zu anderen Fachbereichen – insbesondere der Kinder-<br />
und Jugendpsychiatrie -, die ebenfalls mit den jungen Menschen und ihren Familien arbeiten,<br />
vermehrt Aufmerksamkeit zu widmen.<br />
Im Anhang befinden sich ausgewählte Übersichten zur Inanspruchnahme <strong>von</strong> Hilfen zur Erziehung<br />
im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> sowie eine ländervergleichende Übersicht.<br />
8.1. Hilfen zur Erziehung mit Unterbringung außerhalb der Familie<br />
8.1.1 Vollzeitpflege<br />
Mit Inkrafttreten der Pflegegeldverordnung veränderten sich seit dem 8. August 2007 erneut<br />
die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Gewährung <strong>von</strong> Hilfe zur Erziehung in Pflegefamilien<br />
(GVBl. LSA Nr. 20/2007, S. 309, ausgegeben am 20.08.2007).<br />
Die Zahl der Pflegefamilien in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> hat sich in den letzten 4 Jahren wie in der<br />
vorherigen <strong>Bericht</strong>speriode weiter verringert. Die Zahl der Kinder in Pflegefamilien schwankte,<br />
tendenziell wurden jedoch weniger Kinder in Vollzeitpflege untergebracht.<br />
Entwicklung der Zahl der Pflegefamilien sowie der in Pflegefamilien betreuten Pflegekinder<br />
2004 2005 2006 2007<br />
Pflegefamilien 1.301 1.231 1.271 1.270<br />
Pflegekinder 2.048 1.977 2.010 1.993<br />
81
2500<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
0<br />
Entwicklung der Pflegefamilien im<br />
Verhältnis zu Pflegekindern<br />
1993<br />
1995<br />
1997<br />
1999<br />
2001<br />
2003<br />
2005<br />
2007<br />
82<br />
Pflegefamilien<br />
Pflegekinder<br />
Gesunken ist auch der Anteil <strong>von</strong> Verwandtenpflegestellen. Im Jahr 2007 wurden nur<br />
11,65% aller Pflegekinder im Rahmen <strong>von</strong> Hilfe zur Erziehung <strong>von</strong> Verwandten betreut. Gestiegen<br />
ist dagegen die Zahl der Bereitschaftspflegestellen <strong>von</strong> 118 im Jahr 2004 auf 150 im<br />
Jahr 2007. Dies gilt auch für sozial- und heilpädagogische Pflegestellen.<br />
Anzahl<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Entwicklung der Bereitschaftspflege<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
<strong>Der</strong> größte Anteil der in Pflegefamilien untergebrachten Kinder (55,19%) wurde direkt aus ihrer<br />
Herkunftsfamilie in eine Pflegefamilie vermittelt. 11,74% der in Pflegefamilien untergebrachten<br />
Kinder lebten vorher bereits in einer Pflegefamilie, 21,48% kamen aus der Heimerziehung.<br />
Ca. 80% der Pflegekinder waren 2007 im Schulalter (38,91% 6 – 12 Jahre, 42,04%<br />
12 – 18 Jahre).<br />
Unterbringung der Pflegekinder vor<br />
der Unterbringung in der Pflegefamilie<br />
anderes<br />
Verwandte<br />
Herkunftsfa<br />
milie<br />
nicht<br />
benannt<br />
Heim<br />
Pflege
Die vom Land seit 1995 geförderte Pflegeelternschule der Stiftung Evangelische Jugendhilfe<br />
St. Johannis Bernburg unterstützte weiterhin die professionelle, fachliche Begleitung <strong>von</strong><br />
Pflegeelternbewerbern und Pflegeeltern.<br />
Im <strong>Bericht</strong>szeitraum profilierte sie sich zum Fachzentrum der Pflegefamilien. Das Land förderte<br />
die Tätigkeit wie nachstehend dargestellt:<br />
2004 2005 2006 2007<br />
120.196,44 Euro 162.000,00 Euro 162.000,00 Euro 162.000,00 Euro<br />
Den Pflegeeltern steht die seit 2003 geförderte Homepage des Fachzentrums zur fachlichen<br />
Unterstützung und zum Austausch zur Verfügung. Ebenfalls überarbeitet wurde das Handbuch<br />
für das Pflegekinderwesen im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>, welches mit 8.800 Euro gefördert<br />
wurde.<br />
8.1.2 Heimerziehung und sonstige betreute Wohnformen<br />
Die Hilfeform nach § 34 SGB VIII umfasst die Heimerziehung bzw. das Wohnen in einer betreuten<br />
Wohnform. Heimerziehung findet in familienähnlichen Gruppen und modern ausgestatteten<br />
Einrichtungen mit qualifiziertem Personal statt. Sie bietet eine breite Palette an Angeboten<br />
für junge Menschen, die je nach Bedarf im Einzelfall im Rahmen des Hilfeplanverfahrens<br />
ausgewählt und vereinbart werden. Die Anzahl der außerhalb des Elternhauses lebenden<br />
Kinder und Jugendlichen ist insgesamt leicht zurückgegangen. Die Ursachen dafür<br />
sind vielfältig und neben den mit der Unterbringung entstehenden Kosten auch in der Ausdifferenzierung<br />
der Angebote (<strong>von</strong> ambulant bis stationär) zu sehen.<br />
Klassische Formern der Heimerziehung, die durch Aufbewahrung, Betreuung und Versorgung<br />
<strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen geprägt waren, haben sich, nicht zuletzt durch die Neugestaltung<br />
des Kinder- und Jugendhilferechtes (SGB VIII), zu modernen, die betroffenen<br />
Familien und deren Kinder und Jugendliche beteiligenden, bundesweit anerkannten Hilfen<br />
zur Erziehung gewandelt. Im Vordergrund steht immer die Sicherung des Kindeswohls. Beispielhaft<br />
sei hier die Gründung der Salus gGmbH genannt, mit der auf dem Territorium des<br />
heutigen <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ein wichtiger Anfangspunkt gesetzt wurde. <strong>Der</strong>en Kinder- und Jugendheim<br />
"Adolf Reichwein" Schloss Pretzsch ist eine moderne Jugendhilfeeinrichtung, die<br />
einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt. Es bietet umfangreiche Hilfen aus einer Hand, um Kindern<br />
und Eltern eine kontinuierliche, auf ihren subjektiven Bedarf zugeschnittene Unterstützung<br />
anbieten zu können. Die Einrichtung arbeitet nach dem systemischen Ansatz und bietet<br />
in Form <strong>von</strong> Familienseminaren und familientherapeutischer Einzelarbeit den Familien Unterstützung,<br />
ihre Beziehungen so zu stärken, dass eine Rückführung der Kinder in das Elternhaus<br />
ermöglicht wird. Außerdem arbeitet sie eng mit einer staatlichen Sekundarschule<br />
mit Ausgleichsklassen zusammen, die sich auf dem Gelände befindet.<br />
Die dort abgehaltene Zukunftskonferenz zu Kinderheimen (stationäre Jugendhilfe) hat nicht<br />
nur für die Salus gGmbH wichtige Impulse zur Neuorientierung der stationären Jugendhilfe<br />
gegeben.<br />
Im Jahr 2007 lebten im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 2.541 junge Menschen in einer stationären Erziehungshilfeeinrichtung<br />
und 1.993 in Vollzeitpflege, so dass insgesamt 4.534 junge Menschen<br />
außerhalb ihres Elternhauses untergebracht waren.<br />
Die Zahl der stationären Einrichtungen im Bereich der Hilfen zur Erziehung schwankt seit<br />
2004 um eine Zahl <strong>von</strong> ca. 550 Einrichtungen mit unterschiedlicher Ausrichtung. In den Einrichtungen<br />
waren ca. 2.500 Plätze belegt. Das entspricht einer durchschnittlich 80%-igen<br />
Auslastung. Die Heime haben ihr Profil inhaltlich weiter differenziert gestaltet, so dass Hilfen<br />
vernetzt aus einer Hand angeboten und auf den Einzelfall zugeschnitten werden.<br />
83
Stationäre Einrichtungen und deren Trägerschaften:<br />
Einrichtungen in 2004 2005 2006 2007<br />
kommunaler Trägerschaft 13 15 12 12<br />
Landesträgerschaft 0 0 0 0<br />
freier Trägerschaft 465 509 457 482<br />
privater (priv.-gewerbl.) Trägerschaft 74 66 62 65<br />
Gesamt: 552 590 531 559<br />
Quelle: Statistik Landesjugendamt<br />
Differenzierung des stationären Erziehungshilfeangebotes:<br />
Jahr 2004 2005 2006 2007<br />
stationäre Einrichtungen d. Erziehungshilfe gesamt 552 590 531 559<br />
- da<strong>von</strong> sind als spezielle Angebotsformen besonders hervorzuheben:<br />
- heilpädagogische Heime 45 41 41 52<br />
- Kinderdorfhäuser 59 30 26 26<br />
- betreute Wohnformen 161 175 151 153<br />
- Mutter und Kind 13 25 24 28<br />
- integrative Einrichtungen 6 6 6 6<br />
- sonst. Einr. (wie z.B. Clearingstelle, Notaufnahmen) 83 57 52 54<br />
Quelle: Statistik Landesjugendamt<br />
Platzkapazität und -auslastung – differenziertes Angebot:<br />
Plätze in stationären<br />
Einrichtungen da<strong>von</strong><br />
gesamt heilpädagogische Kinderdorf- Betreute Integrative<br />
Heime häuser Wohnformen Einrichtungen<br />
Jahr Kap. Ausl. % Kap. Ausl. % Kap. Ausl. % Kap. Ausl. % Kap. Ausl. %<br />
2004 3.163 2.434 77 525 452 86 120 95 79 388 265 68 120 95 79<br />
2005 3.250 2.539 78 368 298 81 166 141 85 454 306 67 92 93 101<br />
2006 3.057 2.437 80 413 333 81 152 131 86 416 263 63 95 79 83<br />
2007 3.100 2.541 82 457 400 88 148 124 84 396 273 69 95 79 83<br />
Quelle: Statistik Landesjugendamt Stichtag 1.11. des Jahres<br />
Das Land unterstützt den Aufbau <strong>von</strong> Strukturen in der Erziehungshilfe. Das Förderprogramm<br />
des Landes richtete sich auf den Aus- und Aufbau <strong>von</strong> lebensweltorientierten Angeboten<br />
in Verbindung mit einer Veränderung <strong>von</strong> vorhandenen Konzeptionen und Strukturen.<br />
Mittels investiver und nichtinvestiver Förderung wurde Einfluss auf die bedarfsgerechte Entwicklung<br />
der einzelnen Angebote genommen.<br />
Auf Grund der umfassenden Entwicklung der Angebote im Bereich der Erziehungshilfe wurde<br />
seit dem Jahr 2000 ein ca. fünfjähriges Auslaufkonzept für den Bereich der investiven<br />
Förderung zur Anwendung gebracht, welches das Förderprogramm in diesem Bereich abschließen<br />
sollte. Die investive Förderung endete demnach planmäßig im Jahr 2004 mit dem<br />
Abschluss geförderter Maßnahmen.<br />
Seitdem werden landesweit bedeutsame Projekte, die für die Jugendhilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
<strong>von</strong> besonderem Landesinteresse sind, mit Pauschalen für Personal -und Sachausgaben gefördert.<br />
Dazu gehören im <strong>Bericht</strong>szeitraum das Fachzentrum für Pflegefamilien, das Orientie-<br />
84
ungshaus für obdachlose Jugendliche und der Vormundschaftsverein „refugium“ für unbegleitete<br />
minderjährige Flüchtlinge.<br />
Förderung des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> im Bereich Hilfen zur Erziehung:<br />
Jahr 2004 2005 2006 2007<br />
Erziehungshilfen (in €) 330.282 342.166 246.917 246.920<br />
Investitionen (in €) 2.474.569 0 0 0<br />
Quelle: Landesjugendamt<br />
8.2 Teilstationäre Hilfen zur Erziehung: Tagesgruppen<br />
Die Angebote der Tagesgruppen haben sich inhaltlich zu Hilfen profiliert, die ein Bindeglied<br />
zwischen ambulanter und stationärer Hilfe darstellen und insbesondere in Phasen der Ablösung<br />
stationärer Hilfen zum Einsatz kommen. Eine wesentliche Rolle spielt diese Hilfeform<br />
auch bei der Unterstützung des schulischen Lernens. Die Anzahl der Einrichtungen und<br />
Plätze ist stabil, wobei die in den Jahren 2005 und 2006 gestiegene Auslastung im Jahr 2007<br />
wieder rückläufig war. Die Tagesgruppenplätze im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> sind damit als ausreichend<br />
einzustufen.<br />
Jahr 2004 2005 2006 2007<br />
Anzahl der Einrichtungen TG 72 75 72 72<br />
Kapazität 706 684 717 702<br />
Auslastung/belegte Plätze 559 610 606 563<br />
Auslastung in % 79 89 85 80<br />
Quelle: Statistik Landesjugendamt Stichtag 1.11. jeden Jahres<br />
8.3 Ambulante Hilfen zur Erziehung<br />
Die Zuständigkeit für das Bereitstellen der ambulanten Hilfen zur Erziehung liegt (wie auch<br />
bei den anderen Hilfen zur Erziehung) bei den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe.<br />
Ambulante erzieherische Hilfen stellen ein gleichrangiges Angebot zu den Hilfen nach §§ 32<br />
bis 34 SGB VIII dar. Sie werden in der Regel als erste Hilfen zum Erhalt der Familienstruktur<br />
eingesetzt. In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> gibt es ein flächendeckendes ambulantes Erziehungshilfeangebot,<br />
das unterschiedlich intensiv genutzt wird.<br />
Die soziale Gruppenarbeit wird vorrangig als sozialpädagogisches Angebot der Arbeit mit<br />
Jugendlichen, die mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind, eingesetzt. Zu nennen ist hier<br />
insbesondere der soziale Trainingskurs im Rahmen der Jugendgerichtshilfe. In jüngster Zeit<br />
wird deutlich, dass auch Kinder unter 14 Jahren Angebote erhalten, insbesondere, wenn sie<br />
ein auffälliges, gar Straftatbestände erfüllendes Verhalten zeigen. Die soziale Gruppenarbeit<br />
nach § 29 SGB VIII ist somit eine Hilfe, die Kindern und Jugendlichen bei der ersten eigenständigen<br />
Bewältigung der Lebensanforderungen entsprechende Entscheidungshilfen geben<br />
kann und vermehrt zum Erwerb sozialer Kompetenzen junger Menschen genutzt werden<br />
sollte.<br />
Das Hilfeangebot des Erziehungsbeistandes oder Betreuungshelfers nach § 30 SGB VIII<br />
wurde in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> zunächst nur recht zögerlich aufgebaut. Bis 2007 hat sich die Inanspruchnahme<br />
dieser Hilfeform jedoch deutlich gesteigert. Zunehmend werden festangestellte<br />
Fachkräfte eingesetzt, um Kindern und Jugendlichen in zeitweiligen Problemsituationen individuell<br />
und flexibel Hilfen zu bieten.<br />
Die sozialpädagogische Familienhilfe nach § 31 SGB VIII nimmt trotz grundsätzlicher Gleichrangigkeit<br />
aller Hilfen bei den ambulanten Formen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> einen besonderen Stellenwert<br />
ein. Durch diese Hilfeform ist es zum Teil möglich, teilstationäre oder stationäre Unterbringungen<br />
<strong>von</strong> Kindern außerhalb der Herkunftsfamilie zu vermeiden und somit diesen<br />
Kindern ein Weiterleben in ihrem bisherigen sozialen Umfeld bei gleichzeitiger Hilfegewäh-<br />
85
ung für die ganze Familie zu ermöglichen. Dieser Hilfeform kommt im Rahmen <strong>von</strong> Elternarbeit<br />
eine besondere Bedeutung zu, z. B. wenn Kinder bereits Hilfen außerhalb der Familie<br />
erhalten und eine Rückkehr in das Elternhaus vorzubereiten ist. Im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
wurde diese Hilfeform daher kontinuierlich aufgebaut. Durch die sozialpädagogische Familienhilfe<br />
konnten im Jahr 2007 mehr als 1.200 Familien mit über 2.700 Kindern im familiären<br />
Rahmen betreut werden.<br />
Insgesamt zeigen die nachfolgend dargestellten Zahlen eine steigende Tendenz der Leistung<br />
ambulanter Erziehungshilfen, auch wenn zu berücksichtigen ist, dass bis 2006 aufgrund<br />
unterschiedlicher Erfassung nicht alle Jugendämter vollständig einbezogen werden konnten<br />
(ohne Stadt Halle, die konnte bis 2006 nicht in die Statistik einbezogen werden, da hier die<br />
Maßnahmen in Fachleistungsstunden an freie Träger vergeben worden sind.). Für 2007 liegen<br />
die Angaben für die nunmehr 14 Jugendamtsbereiche vollständig vor.<br />
Träger ambulanter Maßnahmen:<br />
Jahr<br />
komm.<br />
Träger<br />
§ 29 SGB VIII § 30 SGB VIII § 31 SGB VIII<br />
freie<br />
Träger<br />
priv.<br />
Träger<br />
komm.<br />
Träger<br />
freie<br />
Träger<br />
86<br />
priv.<br />
Träger<br />
komm.<br />
Träger<br />
freie<br />
Träger<br />
priv.<br />
Träger<br />
2004 1 24 2 5 55 86 1 53 1<br />
2005 1 26 1 5 35 81 2 58 2<br />
2006 1 23 1 7 66 81 2 60 6<br />
2007 1 26 - 5 65 88 - 77 8<br />
Quelle: Statistik Landesjugendamt<br />
Plätze/Auslastung ambulante Maßnahmen:<br />
Jahr<br />
§ 29 SGB VIII § 30 SGB VIII § 31 SGB VIII<br />
Anz.<br />
Einr. Plätze<br />
Ausl. In<br />
%<br />
Anz.<br />
Einr.<br />
Betr.<br />
Helfer<br />
Betr.<br />
Fälle<br />
Anz.<br />
Einr.<br />
Fam.<br />
Helfer<br />
betr.<br />
Fam.<br />
betr.<br />
Kinder.<br />
2004 27 298 82 56 106 509 55 137 760 1.780<br />
2005 29 250 72 59 98 505 59 123 745 1.804<br />
2006 26 282 72 71 59 489 63 130 794 1.859<br />
2007 27 289 81 76 136 642 85 220 1.228 2.771<br />
Quelle: Statistik Landesjugendamt Stichtag 1.11. des Jahres<br />
8.4 Eingliederungshilfen für Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen<br />
Das Land hat in den vergangenen Jahren Bestrebungen <strong>von</strong> freien Trägern unterstützt, bestehende<br />
Erziehungshilfeangebote umzubauen und dadurch geeignete Hilfen für seelisch<br />
behinderte Kinder und Jugendliche gemäß § 35 a SGB VIII zu ermöglichen. Ziel war es, das<br />
Entstehen <strong>von</strong> Spezialeinrichtungen und somit erneute Ausgrenzungen oder Stigmatisierungen<br />
der betroffenen Kinder und Jugendlichen zu vermeiden. Die heilpädagogischen Angebote<br />
waren im Jahr 2007 mit 457 Plätzen zu 80 % ausgelastet. Sie stellen grundsätzlich für die<br />
seelisch behinderten oder <strong>von</strong> einer seelischen Behinderung bedrohten Kinder und Jugendlichen<br />
gute und lebensweltorientierte Hilfen dar. Wegen der Komplexität der Einzelfälle sind<br />
diese Angebote in ihrer Individualität jedoch nicht immer ausreichend.<br />
Als problematisch einzuschätzen ist, dass bezogen auf die Planbarkeit dieser Plätze weder<br />
die Zahl der Hilfesuchenden auf Grund fehlender oder unklarer Diagnosen noch die inhaltliche<br />
Ausgestaltung der als geeignet anzusehenden Hilfen im Einzelfall im Voraus benannt<br />
bzw. konkret beschrieben werden können. Daraus erklärt sich u. a. die in diesem Bereich<br />
besonders ausgeprägte Schwierigkeit, klare Bedarfsaussagen (Jugendhilfeplanung) zu treffen.<br />
Es sind durch die Träger zumeist einzelfallbezogene Betreuungssettings bei konkret vorliegenden<br />
Anfragen aufzubauen. Dazu bedarf es eines hohen Maßes an Flexibilität bei den
Trägern <strong>von</strong> Hilfen und den Mitarbeiterrinnen und Mitarbeitern in den jeweiligen Einrichtungen<br />
und Diensten. Das Land unterstützt dies durch das Anbieten gezielter Fortbildungen des<br />
Landesjugendamtes.<br />
Zahlenmäßige Angaben zu den im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> gewährten ambulanten und stationären<br />
Hilfen nach § 35 a SGB VIII liegen nicht vor. Erst seit 2007 erfolgt die Erfassung der<br />
Leistungen nach § 35a SGB VIII einheitlich im Rahmen der Bundesstatistik. Wie die 80%ige<br />
Auslastung der heilpädagogischen Einrichtungen im Jahr 2007 zeigt, ist die Anzahl der vorgehaltenen<br />
Plätze an heilpädagogischen Angeboten im Heimbereich in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> als<br />
ausreichend einzuschätzen.<br />
9. Gerichtliche Verfahren, Pflegschaft und Vormundschaft<br />
Die im Familienverfahren zu erörternden Gebiete betreffen neben den hier außer Betracht<br />
bleibenden Ehe- und Scheidungsverfahren vor allem das Sorge- und Umgangsrecht sowie<br />
die Durchsetzung <strong>von</strong> Unterhaltsansprüchen gegenüber dem barunterhaltsverpflichteten Elternteil.<br />
Die Mitwirkung der Jugendhilfe im Verfahren vor den Vormundschafts- und Familiengerichten<br />
ist in §§ 50, 52 a SGB VIII beschrieben. Das Jugendamt unterstützt gemäß § 50 SGB VIII<br />
(in der Regel durch schriftliche <strong>Bericht</strong>e) die zuvor bezeichneten Gerichte in Sorgerechtsverfahren<br />
durch Hinweise auf die erzieherischen und sozialen Gesichtspunkte bei der Entwicklung<br />
des Kindes oder Jugendlichen.<br />
Die Beratung und Unterstützung bei der Vaterschaftsfeststellung und Geltendmachung <strong>von</strong><br />
Unterhaltsansprüchen ist in § 52 a SGB VIII geregelt.<br />
Vormundschaften und Pflegschaften können grundsätzlich rechtsfähigen Vereinen übertragen<br />
werden. In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> gibt es zwei Vormundschaftsvereine im Sinne der §§ 1791 a<br />
BGB, 54 SGB VIII, 30 KJHG LSA. Einer dieser Vereine übernimmt ausschließlich Vormundschaften<br />
für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Dadurch kann die Wahrnehmung der<br />
Rechte dieser Personengruppe am Besten vertreten werden (so UNICEF in einer bereits<br />
1999 durchgeführten Untersuchung). <strong>Der</strong> Verein begleitet jährlich durchschnittlich 60 Kinder<br />
und Jugendliche aus 15 verschiedenen Herkunftsländern auf ihrem weiteren Entwicklungsweg.<br />
Die Praxis in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> zeigt jedoch, dass nach wie vor die Amtsvormundschaften der<br />
Regelfall bei der Führung <strong>von</strong> Vormundschaften sind und dass durch die Gerichte Einzelvormundschaften<br />
nur in speziellen Fällen bestellt werden. Für die Pflegschaften gelten die<br />
gleichen Grundsätze wie für Vormundschaften, wobei in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> zurzeit keine Pflegschaftsvereine<br />
existieren.<br />
9.1 Recht auf gewaltfreie Erziehung<br />
Gem. § 1631 Abs. 2 BGB sind körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere<br />
entwürdigenden Maßnahmen im Rahmen der Ausübung der Personensorge für ein Kind unzulässig.<br />
Dieses „Recht auf gewaltfreie Erziehung“ ist isoliert nicht einklagbar. Vielmehr hat<br />
der Gesetzgeber die Vorschrift in das Familienrecht aufgenommen, um in Form eines Appells<br />
überholten Erziehungsvorstellungen entgegen zu wirken. Dementsprechend spielt die<br />
Vorschrift als isolierter Gegenstand <strong>von</strong> gerichtlichen Entscheidungen keine maßgebliche<br />
Rolle. Allerdings hat das Oberlandesgericht Naumburg sich in einer Entscheidung aus dem<br />
Jahre 2006 damit auseinandergesetzt, dass Schutzmaßnahmen in Form der Begleitung beim<br />
Umgang mit dem nicht sorgeberechtigten Vater erforderlich, aber auch ausreichend sein<br />
können, um das Kind vor möglicher Gewaltanwendung des Vaters zu bewahren.<br />
Die Jugendhilfe wird dabei ergänzend im Rahmen des § 16 Abs. 1 (allgemeine Förderung<br />
der Erziehung in der Familie) und 28 SGB VIII (Erziehungsberatung) tätig, da sie Beratungsangebote<br />
für Väter, Mütter und andere Erziehungsberechtigte zur Verfügung stellt.<br />
87
Die Jugendhilfe übt dabei ihre Wächterfunktion zum Wohle <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen<br />
durch präventive und konfliktlösende Angebote in diesem Bereich aus. Die Ausübung der<br />
Wächterfunktion hat zu folgenden Verfahren geführt:<br />
Anzeigen zum vollständigen oder teilweisen Entzug der elterlichen<br />
Sorge<br />
Gerichtliche Maßnahmen zum vollständigen oder teilweisen Entzug<br />
der elterlichen Sorge<br />
Übertragung des Personensorgerechts ganz oder teilweise auf das<br />
Jugendamt<br />
Für das Jahr 2007 liegen noch keine statistischen Angaben vor.<br />
88<br />
2004 2005 2006<br />
196 253 297<br />
164 179 295<br />
143 131 187<br />
So wurden im Jahr 2003 der Interventionsstelle in Halle allein für die Stadt Halle und den<br />
Saalkreis 82 polizeiliche Einsätze bei Fällen häuslicher Gewalt übermittelt, bei denen 187<br />
Kinder unmittelbar beteiligt waren. Insgesamt wurden 44 wohnungsbezogene Platzverweise<br />
bzw. Betretungsverbote nach § 36 Abs. 3 Satz 1 und 2 SOG <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ausgesprochen.<br />
Seit Oktober 2003 nehmen zwei weitere Interventionsstellen in Magdeburg und Dessau<br />
pro-aktiven Kontakt zu Opfern häuslicher Gewalt auf. Im Zeitraum 1.1. bis 31.5.04 waren<br />
bei 133 den drei Interventionsstellen gemeldeten polizeilichen Einsätzen 194 Kinder beteiligt.<br />
In diesem Zeitraum erfolgten insgesamt 78 wohnungsbezogene Platzverweise bzw. Betretungsverbote.<br />
9.2 Einheitliches Recht für eheliche und nicht eheliche Kinder<br />
Die Gleichstellung ehelicher und nichtehelicher Kinder kann auf rechtlichem Gebiet als nahezu<br />
vollständig erreicht angesehen werden. Nach wie vor sind die vor dem 1.7.1949 nichtehelich<br />
geborenen Personen dann in der gesetzlichen Erbfolge benachteiligt, wenn der<br />
erblassende Vater am 2.10.1990 seinen gewöhnlichen Wohnsitz nicht im Beitrittsgebiet hatte.<br />
Diese Ungleichheit dürfte die Einwohner <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s allerdings nur in unterdurchschnittlichem<br />
Umfang treffen.<br />
9.3 Gemeinsames elterliches Sorgerecht<br />
Die gerichtliche Praxis in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> bei Entscheidungen zum Sorgerecht, insbesondere<br />
zum gemeinsamen Sorgerecht, ist der nachfolgenden tabellarischen Übersicht zu entnehmen:<br />
Familiensachen<br />
Eheverfahren, in denen die elterliche Sorge nach Auf-<br />
2004 2005 2006 2007<br />
lösung der Ehe vom Gericht übertragen worden ist<br />
oder mangels eines Antrages nach § 1671 Abs. 1 2.876<br />
BGB beiden Eltern gemeinsam zusteht<br />
darunter<br />
Gemeinsames Sorgerecht der geschiedenen Eltern,<br />
2.300 2.045 2.154<br />
da ein Antrag nach § 1671 Abs. 1 BGB nicht gestellt 2.476<br />
wurde<br />
Sorgerecht wurde vom Gericht auf beide Elternteile<br />
2.035 1.815 1.602<br />
gemeinsam übertragen<br />
Verfahren betreffend Übertragung/Entziehung der el-<br />
27 25 39 54<br />
terlichen Sorge in abgetrennten Folgesachen 3 1 12 11<br />
Entscheidungen betreffend Übertragung/Entziehung<br />
der elterlichen Sorge in abgetrennten Folgesachen<br />
Darunter<br />
Übertragung auf Mutter und Vater gemeinsam<br />
1<br />
1<br />
0<br />
0<br />
7<br />
1<br />
3<br />
0
Familiensachen<br />
(Fortsetzung)<br />
Verfahren betreffend Übertragung/Entziehung der el-<br />
2004 2005 2006 2007<br />
terliche Sorge in allein anhängigen Familiensachen 1.629<br />
(Eltern sind oder waren verheiratet)<br />
1.645 1.864 1.863<br />
Entscheidungen betreffend Übertragung/Entziehung<br />
der elterlichen Sorge in allein anhängigen Familiensa-<br />
chen (Eltern sind oder waren verheiratet)<br />
darunter<br />
Übertragung des Sorgerechts auf Mutter und Vater<br />
gemeinsam<br />
Verfahren betreffend Übertragung/Entziehung der elterliche<br />
Sorge in Fällen, in denen die Eltern nicht mit-<br />
84 59 79 44<br />
einander verheiratet sind oder waren<br />
darunter<br />
253 226 314 267<br />
Übertragung des Sorgerechts auf Mutter und Vater<br />
gemeinsam<br />
28 21 20 20<br />
Quelle: u.a. Auszüge aus der Übersicht über den Geschäftsanfall bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften<br />
des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>, Geschäftsjahre 2004-2007<br />
Die elterliche Verantwortung umfasst das Recht und die Pflicht der Eltern, den Lebensweg<br />
ihres Kindes zu begleiten und seine Entwicklung zu fördern. Durch die elterliche Sorge sind<br />
die Eltern berechtigt und verpflichtet, die persönlichen Angelegenheiten ihres Kindes zugunsten<br />
seiner Entwicklung durch ihre Entscheidung zu lenken. Das Bundesverfassungsgericht<br />
hat den Bundesgesetzgeber nach entsprechenden Gerichtsentscheidungen aufgefordert, die<br />
Voraussetzungen für eine gemeinsame Sorge geschiedener und nicht miteinander verheirateter<br />
Eltern zu schaffen, was wesentlicher Inhalt des vor 10 Jahren, 1998, geschaffenen<br />
Kindschaftsreformgesetzes war.<br />
Seit der Änderung des Sorgerechtes können Eltern die elterliche Sorge grundsätzlich auch<br />
nach der Scheidung gemeinsam ausüben, ohne dass es dazu einer ausdrücklichen Erklärung<br />
des Familiengerichtes bedarf. <strong>Der</strong> Gesetzgeber gibt in § 52 a Abs. 1 Nr. 5 SGB VIII einen<br />
Hinweis auf die rechtlichen Vorgaben des § 1626a Abs. 1 BGB, wonach das Jugendamt<br />
auf die Möglichkeit der gemeinsamen elterlichen Sorge unverzüglich nach der Geburt des<br />
Kindes hinzuweisen hat. In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> wurden im Jahr 2004 4.378, im Jahr 2005 4.143<br />
und im Jahr 2006 4.562 Sorgeerklärungen abgegeben.<br />
Eine Schwierigkeit in der Praxis stellt in diesem Zusammenhang die Tatsache dar, dass einen<br />
Rechtsanspruch auf Beratung und Unterstützung nach den Vorgaben des SGB VIII nur<br />
die Mütter, nicht aber die Väter haben. Eine Ausweitung dieses im SGB VIII vorgesehenen<br />
Beratungsanspruches ist zurzeit nicht vorgesehen, da die Mütter im Regelfall die Kinder<br />
betreuen und damit auch für den Erhalt des Unterhaltes (<strong>von</strong> dem anderen Elternteil) verantwortlich<br />
sind.<br />
Eltern, die nicht miteinander verheiratet sind, können die elterliche Sorge gemeinsam ausüben,<br />
wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärung).<br />
Das Jugendamt nimmt solche Sorgeerklärungen auf und beurkundet sie, weshalb sich<br />
in der Frage der gemeinsamen elterlichen Sorge der Beratungsbedarf (Aussagen <strong>von</strong> Jugendämtern<br />
– konkrete Fallzahlen wurden bislang jedoch nicht erhoben) vor einer Beurkundung<br />
erhöht hat.<br />
In der Praxis hat sich gezeigt, dass das Recht der gemeinsamen Sorge bei getrennt lebenden<br />
Eltern nicht immer unproblematisch ist. § 1687 BGB regelt, dass bei Entscheidungen in<br />
Angelegenheiten, die für das Kind <strong>von</strong> erheblicher Bedeutung sind, die Entscheidung beider<br />
Elternteile im gegenseitigen Einvernehmen zu treffen sind, während in den Angelegenheiten<br />
des täglichen Lebens der Elternteil, bei dem das Kind lebt, allein zuständig ist. Es kann zu<br />
Abgrenzungsschwierigkeiten kommen, welche Angelegenheiten <strong>von</strong> grundsätzlicher Bedeu-<br />
89<br />
574<br />
528<br />
581<br />
540
tung sind, weshalb im Falle der Nichteinigung das Gericht auf Antrag eines Elternteiles die<br />
Entscheidungsbefugnis für diese Einzelangelegenheiten einem Elternteil übertragen kann.<br />
Die mit dem Gesetz verbundenen Hoffnungen haben sich also nicht in vollem Umfang erfüllt.<br />
9.4 Umgangsrecht<br />
In der gerichtlichen Praxis ist ein im Verhältnis zum vorangegangenen 4. Kinder- und Jugendbericht<br />
leichter Rückgang der familiengerichtlichen Verfahren zu verzeichnen.<br />
Die Zahl der gerichtlichen Verfahren mit umgangsrechtlicher Bedeutung ergibt sich aus<br />
nachfolgender tabellarischer Übersicht:<br />
Familiensachen 2004 2005 2006 2007<br />
Mit den Scheidungsverfahren waren an<br />
Folgesachen anhängig insgesamt<br />
7.281<br />
darunter<br />
den Umgang mit dem Kinde betreffende<br />
29<br />
Verfahren<br />
Verfahren über abgetrennte Scheidungsfolgesachen<br />
Darunter<br />
betrafen den Umgang mit dem Kinde<br />
Verfahren über allein anhängige andere<br />
Familiensachen<br />
darunter<br />
betrafen den Umgang mit dem Kinde<br />
90<br />
6.509<br />
30<br />
6.123<br />
39<br />
5.992<br />
26<br />
623 618 798 612<br />
1<br />
1<br />
9.012 8.388 8.425 7.763<br />
859<br />
Quelle: u.a. Auszüge aus der Übersicht über den Geschäftsanfall bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften<br />
des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>, Geschäftsjahre 2004-2007<br />
Das Umgangsrecht ist in § 1684 Abs. 1 BGB als Recht des Kindes beschrieben. Das Kind<br />
hat danach das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil, jedes Elternteil ist zum Umgang mit<br />
dem Kinde verpflichtet und berechtigt. Die Eltern haben nach dieser Vorschrift alles zu unterlassen,<br />
was das Verhältnis des Kindes zum jeweils andern Elternteil erschwert.<br />
Das neue Umgangsrecht hat neben den Eltern auch weiteren Personen ein Umgangsrecht<br />
eingeräumt, wenn dies dem Wohle des Kindes dient. Zu dem erweiterten Personenkreis gehören<br />
insbesondere die Großeltern, die Geschwister und der Lebenspartner des Elternteiles,<br />
bei dem das Kind lebt. Durch die Erweiterung des Personenkreises der Umgangsberechtigten<br />
hat sich das Aufgabenfeld der Jugendämter bei der Beratung zum Umgang erweitert.<br />
Gemäß § 18 SGB VIII haben andere Umgangsberechtigte Anspruch auf Beratung und Unterstützung<br />
bei der Ausübung des Umgangsrechtes. Die durch die Jugendämter durchzuführenden<br />
Beratungsgespräche sind inhaltlich anspruchsvoller geworden und haben einen größeren<br />
zeitlichen Umfang angenommen.<br />
Eine immer größere Bedeutung gewinnt der in § 1684 Abs. 4 Satz 3 geregelte begleitete<br />
Umgang. Nach dieser Vorschrift kann das Familiengericht anordnen, dass Umgang nur stattfinden<br />
kann, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter (Mitarbeiter des Jugendamtes, § 18 Abs.3<br />
SBG VIII) anwesend ist. Die Jugendämter gehen <strong>von</strong> einer steigenden Zahl <strong>von</strong> Fällen in<br />
diesem Bereich und einer weiteren starken Belastung ihrer Mitarbeiter aus, da der Gesetzgeber<br />
die Voraussetzungen für den dauerhaften Entzug des Umgangsrechtes verschärft hat<br />
und stattdessen die Form des begleiteten Umganges als letzte Möglichkeit der direkten Kontaktaufnahme<br />
herausgestellt hat.<br />
896<br />
4<br />
819<br />
8<br />
826
9.5 Beistandschaft<br />
Die Beistandschaft wurde 1998 im Rahmen des Kindschaftsreformgesetzes eingeführt und<br />
löste die gesetzliche Amtspflegschaft in den alten Bundesländern ab. Die Beistandschaft hat<br />
die Aufgabe, die Vaterschaft festzustellen und die Unterhaltsansprüche des Kindes durchzusetzen.<br />
Die Beistandschaft tritt nur ein, wenn das Kind seinen Aufenthalt im Inland hat. Die<br />
Beistandschaft tritt durch bloßen Antrag des allein sorgeberechtigten Elternteiles an das Jugendamt<br />
ein und endet sobald der Antragsteller (Inhaber der alleinigen elterlichen Sorge)<br />
dies schriftlich verlangt.<br />
Beistandschaft hat sich als ein Instrument der Hilfe zur Bewältigung der schwierigen Lebenssituation<br />
der Alleinerziehenden bewährt, was unter anderem aus der Tatsache folgt, dass die<br />
Jugendämter in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> eine deutliche Zunahme der Beistandschaften verzeichnet<br />
haben. Die Zahl der Beistandschaften lag in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> Mitte der 90er Jahre bei ca.<br />
6000 Fällen im Jahr, während im Jahre 2002 10.896 Alleinerziehende im Rahmen einer Beistandschaft<br />
<strong>von</strong> den Jugendämtern betreut wurden. In den folgenden Jahren nahm die Anzahl<br />
der Beistandschaften weiter zu:<br />
2004 2005 2006<br />
12.691 13.636 13.810<br />
Für das Jahr 2007 liegen noch keine statistischen Angaben vor.<br />
Die Einführung der Beistandschaft sollte vor allem dazu dienen, den Alleinerziehenden bei<br />
der Durchsetzung der Unterhaltsansprüche gegenüber dem barunterhaltsverpflichteten Elternteil<br />
durch eine schnelle und effektive Handhabung zu helfen. Diese Hoffnung hat sich<br />
nicht vollständig erfüllt, was unter anderem in der wirtschaftlichen Situation des Landes und<br />
der Entwicklung der Arbeitslosigkeit sowie den oft sehr niedrigen Arbeitseinkommen der barunterhaltsverpflichteten<br />
Elternteile begründet ist.<br />
Die Jugendämter führen in diesem Zusammenhang auch aus, dass sich die Situation des alleinerziehenden<br />
Elternteiles durch die kostenlose Inanspruchnahme des Beistandes zumindest<br />
verfahrensrechtlich verbessert hat, die unverändert schwierige personelle Situation bei<br />
den Gerichten aber unverändert geblieben ist, so dass eine schnellere Durchsetzung der Unterhaltsansprüche<br />
nicht in allen Fällen möglich ist.<br />
9.6. Fortbildung und fachlicher Austausch, Bestrebungen der Zusammenarbeit<br />
Auf Grund der bekannt gewordenen Missbrauchs- und Vernachlässigungsfälle im gesamten<br />
Bundesgebiet und entsprechender Anfragen der Jugendämter wurden schwerpunktmäßig<br />
Fortbildungen im Bereich des sexuellen Missbrauchs <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen sowie<br />
der Gewalt in Familien zur Unterstützung der Tätigkeit der Jugendämter im Rahmen des §<br />
16 Abs. 1 SBG VIII durchgeführt. Zudem wurden Angebote vorgehalten für den Bereich der<br />
Trennung und Scheidung und der damit verbundenen Auswirkungen der betroffenen Kinder.<br />
Auf Grund der Einfügung der Vorschrift des § 8 a SGB VIII im Oktober 2005 fanden seitdem<br />
umfangreiche Fortbildungsveranstaltungen statt. Mit dem Thema „Kindeswohl und Kindeswille<br />
in Sorge- und Umgangsrechtsstreitigkeiten“ wurde eine Fachtagung durchgeführt.<br />
Fachlicher Austausch und Zusammenarbeit finden zwischen den Geschäftsbereichen des<br />
Justiz- und Sozialministeriums anlassbezogen statt.<br />
91
10. Adoptionen<br />
10.1 Allgemeine Entwicklungen in der Adoptionsvermittlung<br />
Bei den Familiengerichten des Landes waren im <strong>Bericht</strong>szeitraum folgende Adoptionsverfahren<br />
anhängig:<br />
2004 2005 2006 2007<br />
Adoptionsverfahren 278 292 264 272<br />
Quelle: u.a. Übersicht über den Geschäftsanfall bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>, Geschäftsjahre<br />
2004-2006<br />
Die Jahre des <strong>Bericht</strong>szeitraumes waren geprägt <strong>von</strong> der weiteren Implementierung der Veränderungen<br />
des Adoptionsvermittlungsrechts, die mit der Übernahme des Haager Adoptionsübereinkommens<br />
vom 29. Mai 1993 über den Schutz <strong>von</strong> Kindern und die Zusammenarbeit<br />
auf dem Gebiet der internationalen Adoption (HAÜ) in deutsches Recht im Jahre 2002<br />
einhergingen. Es galt insbesondere, die neuen Kooperationsgebote zwischen den am Vermittlungsgeschehen<br />
beteiligten Stellen im In- und Ausland in die Praxis umzusetzen.<br />
In diesem Zusammenhang wurden wesentliche Beiträge zur einheitlichen Umsetzung der<br />
neuen Regelungen zur Adoptionsvermittlung geleistet: zum Einen durch die Erarbeitung und<br />
Einigung der zentralen Adoptionsstellen der Länder auf gemeinsame Kriterien zur Anerkennung<br />
<strong>von</strong> Auslandsvermittlungsstellen; zum Anderen erfolgte eine Neubearbeitung der „Empfehlungen<br />
zur Adoptionsvermittlung“ durch Vertreter der zentralen Adoptionsstellen (5. Auflage<br />
2006), die sich als Handlungsleitfaden zu einem Standardwerk für die Praxis in der Adoptionsvermittlung<br />
in Deutschland entwickelt haben.<br />
Rechtspolitisch bedeutsame und noch nicht geklärte Fragestellungen im Zusammenhang mit<br />
Adoptionen im <strong>Bericht</strong>szeitraum waren und sind die Frage der Notwendigkeit <strong>von</strong> Stiefkindadoptionen<br />
sowie die Zusammenhänge zwischen Adoptionsvermittlung und Babyklappen/anonymen<br />
Geburten.<br />
10.2 Vermittlungsgeschehen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> lag das Vermittlungsgeschehen weiterhin im Wesentlichen in der Hand<br />
der zurzeit 13 örtlichen Adoptionsvermittlungsstellen der Jugendämter.<br />
Einen Überblick über die Tätigkeitsanteile der Adoptionsvermittler/-innen im Land <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> gibt nachfolgendes Diagramm, aus dem ersichtlich ist, dass die Arbeitsschwerpunkte<br />
im Bereich der Herkunftssuche und der Stiefkind- und Verwandtenadoption liegen:<br />
Arbeitsanteile der Adoptionsvermittler/-innen<br />
in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Fremdadoptionen<br />
Herkunfts-<br />
suche<br />
Stiefkind-<br />
adoptionen<br />
Bewerber<br />
gesamt<br />
92<br />
Auslands-<br />
adoptionen<br />
Bei Adoptionen mit Auslandsberührung und in sonstigen schwierigen Einzelfällen wurde die<br />
Zentrale Adoptionsstelle des Landesjugendamtes eingeschaltet. Sie ist vornehmlicher Partner<br />
<strong>von</strong> Ratsuchenden in Fragen internationaler Adoption und in eigener Zuständigkeit zur<br />
Vermittlung befugt.
Anerkannte Vermittlungsstellen freier Träger mit Sitz in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> gibt es dagegen<br />
nach wie vor nicht. Adoptionswillige aus <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> können sich jedoch an die in einem<br />
anderen Bundesland anerkannten freien Träger wenden.<br />
Was die Zahl der Adoptionsvermittlungen betrifft, so ist diese in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> wie in den<br />
anderen Bundesländern insgesamt weiter rückläufig. Die Zahl der Fremdadoptionen<br />
schwankte. Während es 2005/2006 zu einer leichten Erhöhung der Zahl der zur Fremdadoption<br />
vermittelten Kinder kam, sank die Zahl 2007 wieder ab.<br />
<strong>Der</strong> Anteil <strong>von</strong> Stiefkind- und Verwandtenadoptionen liegt nach wie vor deutlich über der Zahl<br />
der fremdvermittelten Adoptionen. Aber auch hier ist ein Rückgang erkennbar:<br />
Jahr Fremdadoptionen Stiefkind- und Verwandtenadoptionen<br />
2004 72 107<br />
2005 89 126<br />
2006 86 95<br />
2007 67 73<br />
Anzahl<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Entwicklung der Fremdadoptionen<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
Betrachtet man die Zahl der zu vermittelnden Kinder im Verhältnis zur Zahl adoptionswilliger<br />
Paare, so ergibt sich für <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> folgendes Bild:<br />
Im Jahr 2007 befanden sich 59 Adoptionsbewerber im Eignungsprüfungsverfahren, 87 geeignete<br />
Paare standen bereits als potenzielle Adoptiveltern zur Verfügung, 32 Paare aus anderen<br />
Bundesländern wurden in die Bewerberlisten der örtlichen Adoptionsvermittlungsstellen<br />
aufgenommen. Dementsprechend ist da<strong>von</strong> auszugehen, dass zurzeit einem zu vermittelnden<br />
Kind 2-3 Bewerberpaare gegenüberstehen.<br />
Das Alter der vermittelten Kinder stellte sich wie folgt dar:<br />
44,29 % aller vermittelten Adoptivkinder waren 2007 Säuglinge, 5,71 % Kleinkinder. Wie in<br />
den Vorjahren wurden damit vor allem sehr junge Kinder vermittelt. Ältere Kinder wurden eher<br />
durch Stiefelternteile oder Verwandte adoptiert.<br />
Ebenfalls rückläufig waren die Adoptionen mit Auslandsberührung:<br />
Adoptionen mit Auslandsberührung<br />
2004 58<br />
2005 55<br />
2006 25<br />
2007 20<br />
Beteiligte Länder waren z.B. Russland, Vietnam, Ukraine, Taiwan.<br />
93<br />
2002<br />
2004<br />
2006
Den größten Teil der Tätigkeit der Adoptionsvermittlungsstellen stellte jedoch die nachgehende<br />
Begleitung gemäß § 9b AdVermiG, insbesondere die Herkunftssuche der Adoptierten<br />
dar. So wurden im Jahre<br />
2004 769<br />
2005 677<br />
2006 591<br />
2007 710<br />
<strong>von</strong> Adoption Betroffene bei der Suche nach leiblichen Verwandten begleitet.<br />
Anfragen<br />
1000<br />
500<br />
0<br />
Entwicklung der Anfragen zur<br />
Herkunftssuche<br />
1998<br />
1999<br />
2000<br />
2001<br />
2002<br />
2003<br />
2004<br />
2005<br />
2006<br />
2007<br />
B. Finanzierungsgrundlagen, Fachkräfteentwicklung und demographische Herausforderungen<br />
für die Jugendhilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
1. Finanzierung der Kinder- und Jugendhilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
1.1 Grundlagen der Finanzierung der Kinder- und Jugendhilfe<br />
Das Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) ist ein Bundes-Leistungsgesetz. Alle in ihm<br />
enthaltenen Teile haben verpflichtenden Charakter für die ausführenden Stellen; es kennt<br />
keine freiwilligen Leistungen. Bei den Leistungen der Jugendhilfe handelt es sich um soziale<br />
Dienstleistungen, wobei einige mit einem individuellen Rechtsanspruch verbunden sind. Für<br />
andere Leistungen sind Vorgaben durch pflichtgemäßes Ermessen festgelegt.<br />
Bereits im Kinder- und Jugendbericht 2004 der Landesregierung <strong>von</strong> <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> wurde<br />
festgestellt, dass als Grundsatz für die Finanzierung der Leistungserbringung die Aussage<br />
des Elften Kinder und Jugendberichtes der Bundesregierung uneingeschränkt: gilt "Die Ausgaben<br />
folgen den Aufgaben" (BMFSFJ 2002, S. 54, S. 70 ff.).<br />
Die Gesamtverantwortung für die Erfüllung der Aufgaben und Leistungen des SGB VIII ergibt<br />
sich aus § 79 und § 85 SGB VIII. Diese liegt bei den örtlichen und überörtlichen Trägern der<br />
öffentlichen Jugendhilfe, die somit zuständig sind für die Feststellung des Bedarfs an Einrichtungen,<br />
Diensten und Veranstaltungen (vgl. Krug, Grüner, Dalichau SGB VIII § 79 Erl. II Nr.<br />
1). Für die Erfüllung der Gewährleistungspflicht gilt, dass Angebote, Einrichtungen und<br />
Dienste geeignet, in erforderlicher Anzahl, in ausreichender Personalausstattung, in ausreichender<br />
Finanzausstattung, in pluraler Breite und rechtzeitig vorhanden sein müssen (vgl.<br />
Kunkel, LPK-SGB VIII § 79 RN 6,7,8).<br />
Nach Krug, Grüner, Dalichau (SGB VIII § 79 Erl. II Nr. 1) hat die öffentliche Jugendhilfe im<br />
Rahmen ihrer Gesamtverantwortung auch die für die Erfüllung der Aufgaben nach dem SGB<br />
VIII nötigen organisatorischen und insbesondere finanziellen Dispositionen zu treffen.<br />
In § 85 SGB VIII ist die sachliche Zuständigkeit zwischen den öffentlichen Trägern der Jugendhilfe<br />
geregelt. Hiernach ist gem. Abs. 1 für die Gewährung <strong>von</strong> Leistungen und die Erfül-<br />
94
lung anderer Aufgaben nach dem SGB VIII der örtliche Träger der Jugendhilfe sachlich zuständig,<br />
soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist.<br />
Die Aufgaben des überörtlichen Trägers ergeben sich aus § 85 Abs. 2 SGB VIII. Dazu gehören<br />
unter anderem finanzielle Verpflichtungen insbesondere zur Deckung überörtlicher Bedarfe<br />
sowie zur Durchführung <strong>von</strong> Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Jugendhilfe<br />
(siehe auch § 82 Abs. 1 SGB VIII). Darüber hinaus hat der überörtliche Träger auf einen<br />
gleichmäßigen Ausbau der Einrichtungen und Angebote hinzuwirken und die Jugendämter<br />
und Landesjugendämter bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu unterstützen (§ 82 Abs. 2<br />
SGB VIII).<br />
In einschlägigen Gesetzeskommentaren wird darauf verwiesen, dass der Hinweis der öffentlichen<br />
Jugendhilfe auf fehlende finanzielle Mittel nicht ausreiche, um sich ihrer Verpflichtung<br />
und Verantwortung, die sich aus dem SGB VIII ergeben, zu entziehen (s. Wiesner SGB VIII<br />
§79 RdNr. 17 und 18).<br />
1.2 Finanzierungsquellen der Jugendhilfe<br />
Gemäß § 85 Abs. 1 SGB VIII sind die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die<br />
Gewährung <strong>von</strong> Leistungen und die Erfüllung anderer Aufgaben nach dem SGB VIII sachlich<br />
zuständig. Dies schließt insbesondere die Finanzierung der Jugendhilfe ein. Wiesner spricht<br />
hierbei <strong>von</strong> der Vermutung der s. g. Allzuständigkeit der örtlichen Träger; diese sind die<br />
Landkreise und kreisfreien Städte (Wiesner SGB VIII § 85 RdNr. 2).<br />
Zuweisungen des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> stellen eine weitere Finanzierungsquelle der Jugendhilfe<br />
dar. In erster Linie werden diese vom sachlich und fachlich zuständigen Ministerium<br />
für Gesundheit und Soziales, aber auch in Form <strong>von</strong> Förderprogrammen anderer Ministerien<br />
gewährt. Zu nennen sind u. a. die Förderung des ländlichen Raums im Ministerium für<br />
Landwirtschaft und Umwelt, Programme des Kultusministeriums, des Ministeriums des Inneren,<br />
des Ministeriums der Justiz sowie des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr<br />
Weitere Finanzierungsquellen der Jugendhilfe sind Leistungen des Bundes, der in der Regel<br />
nur Modellvorhaben fördert sowie Förderungen über spezielle Zweckprogramme vorgesehen<br />
hat.<br />
Modellvorhaben werden u. a. auch <strong>von</strong> der Stiftung Jugendmarke für kurze Laufzeiten gefördert.<br />
Bei diesen Finanzierungen ist die nach Beendigung der Modellphase vorgesehene Überführung<br />
in eine Regelfinanzierungen allerdings in den seltensten Fällen geglückt.<br />
Weitere Finanzierungsquellen werden hier nur summarisch aufgeführt: Arbeitsämter, die Europäische<br />
Union (hauptsächlich der Europäische Sozialfonds, aber auch einige Sonderprogramme),<br />
Stiftungen (Körber, Bosch, etc.), Sponsoring, Eigenmittel und Eigenleistungen.<br />
1.3 Gesamtausgaben für die Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland und in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Die Gesamtausgaben der Kinder- und Jugendhilfe entwickelten sich in den einzelnen Bundesländern<br />
sehr unterschiedlich. Um die Vergleichbarkeit zu sichern, wurde der Mitteleinsatz<br />
pro Kopf, bezogen auf die Bevölkerung der unter 25-jährigen, ermittelt:<br />
2002 *<br />
Ausgaben Mehr-/Minderausg.<br />
pro Kopf<br />
d.u. 25-j. 2003 * 2004 * 2005 * 2006*<br />
95<br />
pro Kopf<br />
d.u. 25-j. 2006-2002 * %<br />
Baden-<br />
Württemberg 2.299.792 775,93 2.384.016 2.487.636 2.598.977 2.618.254 905,28 318.462 13,85<br />
Bayern 1.656.506 491,49 1.611.152 1.620.323 1.632.548 1.899.336 575,92 242.830 14,66<br />
Berlin 1.575.256 1.877,32 1.572.040 1.494.281 1.413.925 1.331.433 1.667,84 -243.823 -15,48<br />
Brandenburg 775.925 1.162,09 779.199 758.746 761.663 767.556 1.303,37 -8.369 -1,08<br />
Bremen 213.252 1.302,70 215.194 230.746 229.614 216.416 1.326,89 3.164 1,48
Ausgaben Mehr-/Minderausg.<br />
Hamburg 502.233 1.203,53 525.009 556.167 562.824 563.455 1.350,89 61.222 12,19<br />
Hessen 1.688.180 1.067,86 1.770.684 1.796.751 1.815.715 1.835.381 1.191,65 147.201 8,72<br />
Mecklenburg-<br />
Vorpommern 466.311 995,97 441.423 443.860 495.902 507.302 1.252,91 40.991 8,79<br />
Niedersachsen 1.730.466 793,03 1.844.526 1.824.535 1.831.653 1.829.632 863,48 99.166 5,73<br />
Nordrhein-<br />
Westfalen 4.818.571 990,25 4.921.308 4.845.065 4.864.422 4.809.190 1.020,80 -9.381 -0,19<br />
Rheinland-<br />
Pfalz 1.128.007 1.028,45 1.165.593 1.197.603 1.240.258 1.072.636 1.009,35 -55.371 -4,91<br />
Saarland 259.305 968,28 273.925 281.667 289.237 296.637 1.171,09 37.332 14,40<br />
<strong>Sachsen</strong> 1.068.820 1.002,46 1.123.017 1.131.611 1.133.503 1.194.240 1.247,77 125.420 11,73<br />
<strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> 701.168 1.108,22 688.537 647.998 634.510 635.194 1.153,64 -65.974 -9,41<br />
Schleswig-<br />
Holstein 605.224 817,10 611.941 653.942 655.408 654.360 897,12 49.136 8,12<br />
Thüringen 551.611 909,35 546.967 555.663 547.447 538.916 1.022,03 -12.695 -2,30<br />
Früheres<br />
Bundesgebiet 16.476.792 891,18 16.895.388 16.988.718 17.134.582 17.126.730 952,32 649.938 3,94<br />
Neue Länder<br />
ohne Berlin<br />
Ost 3.563.835 1.036 3.579.143 3.537.877 3.573.024 3.643.208 1202,86 79.373 2,23<br />
Deutschland<br />
** 20.176.896 920,05 20.612.447 20.671.147 20.865.232 20.924.286 993,97 747.390 3,70<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt ; *in Tausend Euro, ** einschließlich oberste Bundesbehörde,<br />
Die Gesamtausgaben für die Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland stiegen <strong>von</strong><br />
20.176.896.000 € im Jahr 2002 auf 20.924.286.000 € im Jahr 2006, ein Anstieg um 3,7 %<br />
(vgl. Tabelle oben).<br />
Im früheren Bundesgebiet bedeutete dies durchschnittlich 3,94 % Mehrausgaben, während<br />
die Beträge im Osten um 2,23 % anstiegen.<br />
<strong>Der</strong> Anteil der östlichen Bundesländer an den Gesamtausgaben sank <strong>von</strong> 17,7 % (2002) auf<br />
17,41 % (2006). Im Vergleich der östlichen und westlichen Bundesländer gab das frühere<br />
Bundesgebiet 2002 ungefähr das 4,6fache der Beträge für die Kinder- und Jugendhilfe aus,<br />
2006 ungefähr das 4,7fache. Aus Sicht der östlichen Bundesländer lag ihr Anteil an den<br />
Ausgaben des Westens 2002 bei 21,6 % und 2006 bei 21,3 %. Im gleichen Zeitraum verringerte<br />
sich die Anzahl der jungen Menschen zwischen 0 und 25 Jahren im Bundesgebiet um<br />
4 % (-878.900) <strong>von</strong> 21,9 Millionen auf 21,1 Millionen. Die östlichen Bundesländer hatten allerdings<br />
einen Rückgang der 0- bis 25-jährigen <strong>von</strong> 3.441.400 auf 3.028.800, also um 12 %<br />
(Westen -2,7 %) zu verzeichnen.<br />
Die Pro-Kopf-Ausgaben stiegen bundesdurchschnittlich im selben Zeitraum <strong>von</strong> 920,05 € auf<br />
993,97 €, ein Anstieg um insgesamt 77,92 € oder 8 %. Im Vergleich der Ost und Westländer<br />
zeigt sich, dass ein Anstieg der Ausgaben pro jungem Menschen insbesondere im Osten<br />
stattgefunden hat.<br />
Trotz des Anstiegs der Ausgaben im Westen <strong>von</strong> 891,18 € auf 952,32 € (+6,9 %) erreichten<br />
diese nur 79,2 % der Pro-Kopf-Ausgaben des Ostens. <strong>Der</strong> Durchschnitt der östlichen Pro-<br />
Kopf-Ausgaben lag 2002 noch 13,9 % über denen des Westens, im Jahr 2006 waren es 20,8<br />
% oder 250,54 €. <strong>Der</strong> Unterschied ergibt sich vor allem aus den bekannten unterschiedlichen<br />
Grundstrukturen und Ausgabenverhältnissen der Kinder- und der Jugendhilfe, insbesondere<br />
dem unterschiedlichen (finanziellen) Stellenwert der Kindertagesbetreuung.<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> hatte im Vergleich der ostdeutschen Länder im Jahr 2002 noch die zweithöchste<br />
Pro-Kopf-Förderung nach dem Land Brandenburg bezogen auf die Altersgruppe der<br />
unter 25-jährigen. Die demographische Entwicklung führte jedoch dazu, dass <strong>Sachsen</strong>-<br />
96
<strong>Anhalt</strong> seine Ausgaben für die Kinder- und Jugendhilfe pro Kopf zwischen 2002 und 2006<br />
zwar nochmals um 3,9 % (<strong>von</strong> 1.108,22 € auf 1.153,64 €) erhöhte, aber andere der östlichen<br />
Länder nunmehr eine höhere Pro-Kopf-Förderung gegenüber <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> erzielten.<br />
Lag der Anteil <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s an den Gesamtausgaben bundesweit 2002 noch bei 3,47 %,<br />
so ist er im Jahr 2006 auf 3,0 % gefallen. <strong>Der</strong> Anteil <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s an den Ausgaben der<br />
östlichen Bundesländer sank <strong>von</strong> 19,7 % (2002) auf 17,4 % (2006).<br />
<strong>Der</strong> Rückgang der jungen Menschen (bis unter 25 Jahre) im Land betrug in diesem Zeitraum<br />
13,0 %; dies waren 82.100 weniger. Entsprechend veränderten sich die Ausgaben pro Kopf<br />
der 0- bis 25-jährigen. 2002 gab <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> pro Kopf knapp 1.110 € aus, während es<br />
2006 pro Kopf rund 1.150 € waren. <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> lag im Jahr 2002 bei den Pro-Kopf-<br />
Ausgaben noch um 20,5 % über dem Bundesdurchschnitt, um 24,7 % über dem des früheren<br />
Bundesgebiets und um 7 % über dem Durchschnitt der östlichen Bundesländer. Das<br />
Ausgabenverhalten für die jungen Menschen hat das Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> im Jahr 2006 in<br />
diesen Relationen kaum verändert: <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> zahlt pro Kopf der 0- bis 25-jährigen<br />
16,1 % (rd. 160 €) mehr als der Bundesdurchschnitt, 21,1 % (rd. 200 €) mehr als die alten<br />
Bundesländer, aber 4,1 % (rd. 50 €) weniger als die östlichen Bundesländer im Durchschnitt.<br />
Trotz der rückläufigen Ausgabenentwicklung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> hat sich an dieser vergleichsweise<br />
guten Finanzausstattung der Kinder- und Jugendhilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> wenig<br />
geändert: Die eingesetzten Mittel liegen (unter Berücksichtigung der jeweiligen Zahl der 0 -<br />
bis 25-jährigen) weiterhin über dem Durchschnitt der Bundesrepublik.<br />
2. Fachkräfteentwicklung und Praxisbegleitung<br />
2.1 Wachsende Anforderungen in der Jugendhilfe an die Qualifikation des Personals<br />
Die Kinder- und Jugendhilfe unterliegt mit ihren Leistungsangeboten in starkem Maße gesellschaftlichen<br />
Veränderungsprozessen. Stellvertretend genannt seien hier die Diskussionen<br />
um Bildung und Selbstbildung nach den PISA-Studien, in deren Folge die Konferenz der<br />
Jugendministerinnen und Jugendminister 2004 einen gemeinsamen Rahmen für die frühe<br />
Bildung in Kindertagesstätten beschlossen hat, die Diskussionen über die Gestaltung der<br />
Zusammenarbeit <strong>von</strong> Jugendhilfe und Schule im Kontext <strong>von</strong> Ganztagsschule oder die Zusammenführung<br />
<strong>von</strong> Fach- und Ressourcenverantwortung als Folge der Verwaltungsmodernisierung<br />
auf der Ebene der Fachbehörden.<br />
Betrachtet man die Arbeitsfelder der Kinder -und Jugendhilfe im Einzelnen, zeigen sich im<br />
Hinblick auf die Verteilung der auf den unterschiedlichen Ebenen der Ausbildungspyramide<br />
erworbenen Berufsabschlüsse heterogene Qualifikationsstrukturen. (Vgl. Anlage zu B 2.1 im<br />
Anhang).<br />
Während es sich im Arbeitsfeld der Kindertagesbetreuung um eine nahezu „akademikerfreie<br />
Zone“ handelt, sind in den anderen Arbeitsfeldern wie Hilfen zur Erziehung, der Jugendarbeit/<br />
Jugendsozialarbeit und dem ASD im Jugendamt Fachkräfte mit einschlägigen akademischen<br />
Berufsabschlüssen vertreten. In Anbetracht immer komplexer werdender Anforderungen<br />
im Arbeitsfeld der Kindertagesbetreuung, insbesondere im Zusammenhang mit der zunehmenden<br />
Bedeutung der frühen Bildung und des Bildungsauftrages <strong>von</strong> Kindertagesstätten,<br />
steigen die Anforderungen an die Erzieherinnen und Erzieher, die die größte Personalgruppe<br />
in diesem Arbeitsfeld stellen, beständig. Insbesondere steigen die Erwartungen an<br />
Reflexionsvermögen und Vermittlungsfähigkeit. Es werden Denkweisen und Kompetenzen<br />
gefordert, die über normale Handlungsvollzüge hinaus den deutenden und reflexiven Umgang<br />
mit flexiblen Handlungssituationen ermöglichen sollen.<br />
Insbesondere unter bildungspolitischen Gesichtspunkten wird mit neuer Vehemenz eine entsprechende<br />
konzeptionelle Neuorientierung der Ausbildung <strong>von</strong> Erzieherinnen und Erziehern<br />
angemahnt und die Anhebung der Erzieherinnenausbildung auf das Niveau einer akademischen<br />
Ausbildung gefordert.<br />
97
Angesichts der Dringlichkeit haben 2005/2006 sechs Bundesländer u. a. auch <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> (an der HS Magdeburg - Stendal) Studienangebote zur Bildung und Erziehung im<br />
Kindesalter mit unterschiedlichen Schwerpunkten entwickelt und halten diese vor.<br />
Neben der Ausbildung spielt die berufliche Fort- und Weiterbildung eine entscheidende Rolle<br />
für die Sicherung und Weiterentwicklung der Fachlichkeit in der Praxis der Kinder- und Jugendhilfe<br />
in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>. Grundlage für die Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter der Jugendhilfe bilden die vom Gesetzgeber übertragenen Aufgaben nach<br />
§ 85 Abs. 2 KJHG (SGB VIII). Das Landesverwaltungsamt/Landesjugendamt erfüllt aus dem<br />
gesetzlichen, fachpolitischen Auftrag und dem Beratungsprofil eine wichtige Orientierungsfunktion<br />
für die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe in den zentralen Fragen und<br />
Problemstellungen der Kinder- und Jugendhilfe. Jährlich wird somit durch das Landesverwaltungsamt/Landesjugendamt<br />
ein umfangreiches und vielfältiges Fortbildungsangebot zu den<br />
Aufgabenfeldern der Kinder -und Jugendhilfe vorgelegt. Auch die Träger der freien Jugendhilfe<br />
halten ein großes Angebot vor. Dieses ergänzt Angebote öffentlicher Träger.<br />
Ziel des Angebotes des Landesjugendamtes ist, die Weiterentwicklung und Vereinheitlichung<br />
der Leistungsstandards zu befördern. <strong>Der</strong> damit verbundene fachpolitische Auftrag bezieht<br />
sich auf das gesamte Leistungsspektrum der Kinder- und Jugendhilfe. Mit dem zentralen überörtlichen<br />
Fortbildungsangebot unterstützt das Landesjugendamt nicht nur die berufliche<br />
Leistungsfähigkeit der Fachkräfte in den Jugendämtern und bei freien Trägern, sondern leistet<br />
auch einen Beitrag zur Sicherstellung <strong>von</strong> spezialisiertem Fachwissen und zur Weiterentwicklung<br />
des Arbeitsfeldes Kinder- und Jugendhilfe.<br />
Die Bedarfsermittlung verbindet hierbei fachpolitische Aufträge und Impulse, wissenschaftliche<br />
Ergebnisse und Theorien sowie Erfahrungen und Erkenntnisse der Praxis und setzt sie<br />
in den jährlichen Fortbildungsangeboten mit hohem Praxiswert um.<br />
Konzepte und Inhalte der Fortbildungen orientieren sich darüber hinaus am Bedarf der Teilnehmenden<br />
und am Bedarf der entsprechenden Institution. Die Fortbildungen beziehen sich<br />
sowohl auf die berufliche Qualifizierung der Teilnehmenden als auch auf die innovative Weiterentwicklung<br />
der entsendenden Institutionen der öffentlichen und freien Träger.<br />
Unter diesem Aspekt veranstaltet das Landesjugendamt jährlich ca. 280 Fortbildungen, an<br />
denen ca. 4000-4500 Fachkräfte der Jugendhilfe teilnehmen. Zu den umfangreichen Angeboten<br />
<strong>von</strong> Fortbildungen gehören u.a. auch die längerfristigen Zertifikatskurse wie nachfolgend<br />
abgebildet:<br />
Jahr Veranstaltung Stunden<br />
2005 Grundkurs 2005/2006 – Fortbildungsreihe zur Sekundärprävention in<br />
Einrichtungen der Jugendhilfe – Umgang mit drogenkonsumierenden<br />
Kindern und Jugendlichen<br />
Grundkurs Leitungskompetenz in Kindertageseinrichtungen I 256<br />
Grundkurs Leitungskompetenz in Kindertageseinrichtungen II 256<br />
2006 Intervention und Prävention sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche<br />
2006 Grundkurs Leitungskompetenz in Kindertageseinrichtungen III 256<br />
Sekundärprävention in Einrichtungen der Jugendhilfe – Umgang mit<br />
drogenkonsumierenden Kindern und Jugendlichen<br />
Aufbaukurs Leitungskompetenz in Kindertageseinrichtungen I 96<br />
Kollegiale Fall-Beratung (eine Qualifizierungsmaßnahme für eigenständige<br />
Fallarbeit<br />
2007 Grundkurs Leitungskompetenz in Kindertageseinrichtungen IV 256<br />
Grundkurs Leitungskompetenz in Kindertageseinrichtungen V 256<br />
Fortbildungsreihe zur Intervention und Prävention sexueller Gewalt<br />
gegen Kinder und Jugendliche<br />
98<br />
96<br />
96<br />
72<br />
96<br />
96
Jahr Veranstaltung Stunden<br />
Aufbaukurs Leitungskompetenz in Kindertageseinrichtungen II 96<br />
Adoptionsbewerberseminar 40<br />
2008 Von der Kunst des Loslassens – zur fachlichen und persönlichen<br />
Kompetenz der Erzieherinnen in der Arbeit mit Hortkindern<br />
Systemisches Arbeiten mit Familien 168<br />
Professionalität in der Familienhilfe 72<br />
Grundkurs Leitungskompetenz in Kindertageseinrichtungen 256<br />
Ressourcenakt. Familienarbeit 168<br />
Mit Einführung des § 8a SGB VIII – Schutzauftrag zur Kindeswohlgefährdung – im Oktober<br />
2005 hat der Gesetzgeber eine neue Ausrichtung des Kindesschutzes in der Bundesrepublik<br />
Deutschland ausgelöst.<br />
Vor dem Hintergrund der erschütternden Fälle <strong>von</strong> Kindestötung, Vernachlässigung und Gewalt<br />
gegen Kinder, wurden zeitnah Fachtagungen, Informationsveranstaltungen und Fortbildungen<br />
angeboten. Verstärkt wurden im <strong>Bericht</strong>szeitraum die Vor-Ort-Veranstaltungen und<br />
die Inhouse - Seminare durchgeführt, um für die Fachkräfte eine schnelle Wissensvermittlung<br />
im Team zu ermöglichen.<br />
Nachfolgende Übersicht belegt das starke Engagement des Landesverwaltungsamtes/Landesjugendamtes<br />
zur Stärkung des Kinderschutzes und zur Umsetzung des § 8a SGB<br />
VIII.<br />
Zertifikatskurse gem.§ 8a SGB VIII – Gesetzlicher Schutzauftrag zum Kindeswohl:<br />
Veranstaltungen insgesamt Stunden<br />
7 Vor-Ort-Veranstaltungen mit dem Thema „Gefährdungseinschätzung<br />
und Hilfen bei<br />
Misshandlung und Vernachlässigung –<br />
Kinderschutzfachkraft“ für den Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD)<br />
3 Kurse in Halle<br />
Gefährdungseinschätzung und Hilfen bei<br />
Misshandlung und Vernachlässigung –<br />
Kinderschutzfachkraft“ für den Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD)<br />
16 Vor-Ort-Veranstaltungen mit dem Thema „Gefährdungseinschätzung<br />
und Hilfen bei<br />
Misshandlung und Vernachlässigung –<br />
Frühwarnsystem in Kindertagesstätten“- Kinderschutzfachkraft<br />
99<br />
je 72<br />
je 72<br />
je 72<br />
Die angebotenen Fachtagungen erfreuen sich einer hohen Nachfrage. Sie vermitteln dem<br />
breiten Adressatenkreis aktuelle Themen und Inhalte. Im Zentrum steht ein fachlicher Input,<br />
der den Teilnehmenden möglichst verständlich und anregend vermittelt werden soll. Hierzu<br />
werden bundesweit oder zumindest landesweit bekannte Expertinnen und Experten eingeladen,<br />
die neue fachliche Inhalte, neue methodische Ansätze oder aktuelle Fragestellungen<br />
präsentieren und zur Diskussion stellen.<br />
Die Fachveranstaltungen qualifizieren und sensibilisieren die Fachkräfte und befördern den<br />
Fachdiskurs zwischen öffentlichen und freien Trägern.<br />
72
Übersicht der durchgeführten Fachtagungen in der Zeit <strong>von</strong> 2005-2008<br />
Jahr Thema der Veranstaltung<br />
2005 Kindeswohl und Kindeswille in Sorge- und Umgangsrechtsstreitigkeiten<br />
(131 TeilnehmerInnen)<br />
Einbahnstraße Einschulung? Kindertagesstätte und Schule im Dialog<br />
(205 TeilnehmerInnen)<br />
2006 Sorgerechtsverfahren nach § 1666 BGB<br />
(157 TeilnehmerInnen)<br />
Schutzauftrag zur Kindeswohlgefährdung nach § 8a SGB VIII<br />
Von der Praxis für die Praxis (140 TeilnehmerInnen)<br />
2007 Wenn keiner früh zur Arbeit geht – Risiken sozialer Vererbung <strong>von</strong> Arbeitslosigkeit<br />
(65 TeilnehmerInnen)<br />
(über) Leben in der Schule (115 TeilnehmerInnen)<br />
Kompetente Kinder braucht das Land (235 TeilnehmerInnen)<br />
Bundesoffenes Streetworkertreffen<br />
(62 TeilnehmerInnen)<br />
Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) (28 TeilnehmerInnen)<br />
<strong>Der</strong> Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung – eine aktuelle Herausforderung für<br />
die Entwicklung belastbarer Kooperations- und Netzwerkstrukturen<br />
(112 TeilnehmerInnen)<br />
Mit den Augen der betroffenen Kinder sehen lernen (89 TeilnehmerInnen)<br />
2.2 Neue Anforderungen an die Fortbildung<br />
Neue wissenschaftliche Erkenntnisse sowie ständige Änderungen im wirtschaftlichen, gesellschaftlichen<br />
und sozialen Bereich insgesamt, in der Jugendpolitik und in der Jugendhilfe<br />
im Besonderen lassen das Wissen und die Erkenntnisse aus Studium und Berufsausbildung<br />
immer schneller veralten. Lebenslanges Lernen ist in diesem Kontext kein Schlagwort sondern<br />
Notwendigkeit. Die einmal erworbenen Qualifikationen reichen nicht mehr für ein ganzes<br />
Berufsleben aus, sie müssen stetig erneuert und erweitert werden.<br />
Zudem ist das Konzept „Lebenslanges Lernen“ ein wesentliches Element der aktuellen Bildungsdebatte,<br />
gerade auch im Hinblick auf den demographischen Wandel und die Verlängerung<br />
der Lebensarbeitszeit.<br />
Angesichts des wachsenden Altersdurchschnitts der Mitarbeiterschaft in den Jugendämtern<br />
und bei den freien Trägern der Kinder- und Jugendhilfe haben auf Grund arbeitsmarktpolitischer<br />
Faktoren Prozesse der lebenslangen Bildung auch aus Sicht der Träger und Institutionen<br />
eine neue und besondere Bedeutung.<br />
In diesem Zusammenhang wird der Fortbildung eine wachsende Bedeutung zukommen, die<br />
auch dazu führen wird, dass Organisationen sie bewusster und systematischer nutzen und<br />
zum Einsatz bringen werden.<br />
Aktuelle große Herausforderungen, denen sich das Landesverwaltungsamt/Landesjugendamt<br />
zu stellen hat, sind die Fortbildungen, die sich aus der Föderalismusreform für die Organisationsform<br />
und die Strukturen der Jugendhilfe ergeben werden sowie die Folgen resultierend<br />
aus dem Einführen neuer Bachelor- und Masterstudiengänge an den Hochschulen anstelle<br />
der vertrauten Diplomstudiengänge . Ziel der Fortbildungsaktivitäten muss sein, auch<br />
100
unter veränderten organisatorischen Rahmenbedingungen die Fachlichkeit der Jugendhilfe<br />
aufrecht zu erhalten und zu sichern.<br />
Unabdingbar für die Entfaltung der mit Fort- und Weiterbildung gewünschten Verbesserung<br />
und Weiterentwicklung sowohl der übergreifenden Fachlichkeit als auch des konkreten Handelns<br />
vor Ort ist auch weiterhin die Realisierung eines fachlichen Austausches zwischen den<br />
Akteurinnen und Akteuren der Fort- und Weiterbildung, der Qualifizierung und Forschung<br />
sowie der Kinder- und Jugendhilfepraxis.<br />
3. Veränderte Anforderungen an die Jugendhilfe unter demographischem Druck<br />
3.1 Differenzierte Bevölkerungsprognose<br />
Auf dem Gebiet des heutigen <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> lebten am 3.10.1990 2,89 Mio. Menschen.<br />
Seitdem hat sich die Bevölkerungszahl durch den Rückgang der Geburten und durch Abwanderungen<br />
um 478.002 auf 2.4 Mio. Menschen am 31.12.2007 verringert. Prognosen gehen<br />
<strong>von</strong> einem weiteren Bevölkerungsrückgang auf ca. 1,97 Mio. im Jahr 2025 aus. <strong>Der</strong> Bevölkerungsverlust<br />
hat sich im Land unterschiedlich entwickelt. Dieser Trend wird sich auch<br />
weiter fortsetzen. Die Ursachen sind größtenteils in der Wanderungsbewegung der Menschen<br />
zu sehen. Vor allem junge Menschen, die in den östlichen Bundesländern geringere<br />
berufliche Möglichkeiten als in den westlichen Ländern haben, verlassen das Land <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong>. Insbesondere ist hierbei zu beobachten, dass gerade junge Frauen bereit sind, das<br />
Land zu verlassen. Aus der 4. regionalisierten Bevölkerungsprognose ergibt sich eine Entwicklung,<br />
die nachstehend dargestellt ist.<br />
Die 4. Regionalisierte Bevölkerungsprognose 2005 - 2010 - 2015 - 2020 - 2025 nach Kreisen<br />
Bevölkerung insgesamt<br />
Kreisfreie Städte/ Basisjahr Prognosejahr Bevölkerungs-<br />
Landkreise 2005 2010 2015 2020 2025 verlust 2025<br />
in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> P e r s o n e n gegenüber 2005<br />
Dessau-Roßlau 92.339 88.437 85.580 82.431 78.681 -14,79<br />
Halle (Saale) 237.198 231.135 222.268 214.368 206.120 -13,10<br />
Magdeburg 229.126 229.728 225.370 218.052 208.272 -9,10<br />
Altmarkkreis Salzwedel 96.040 91.398 87.613 83.430 78.566 -18,19<br />
<strong>Anhalt</strong>-Bitterfeld 190.771 176.752 164.277 151.012 136.579 -28,41<br />
Börde 190.080 182.384 176.133 168.959 160.299 -15,67<br />
Burgenland 207.727 193.768 180.938 167.086 152.032 -26,81<br />
Harz 247.490 237.675 229.385 220.034 209.149 -15,49<br />
Jerichower Land 102.402 96.669 91.824 86.467 80.343 -21,54<br />
Mansfeld-Südharz 163.620 151.734 140.596 128.640 115.734 -29,27<br />
Saalekreis 208.094 201.515 196.962 191.578 184.716 -11,23<br />
Salzland 226.593 210.405 195.994 180.847 164.480 -27,41<br />
Stendal 131.267 122.114 114.172 105.632 96.114 -26,78<br />
Wittenberg 146.969 136.714 127.174 116.737 105.152 -28,45<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 2.469.716 2.350.428 2.238.286 2.115.273 1.976.237 -19,98<br />
Die Einwohnerzahl schrumpft innerhalb <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s dort am stärksten, wo die Wirtschaftskraft<br />
am geringsten ist. Dieser Zusammenhang muss bei Strukturentscheidungen berücksichtigt<br />
werden.<br />
101
Die bundesweit zu beobachtenden Verjüngungseffekte durch aus dem Ausland zuziehende<br />
Personen entfallen wegen der starken Fluktuation <strong>von</strong> Ausländern in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> in wirtschaftlich<br />
stärkere Bundesländer.<br />
Neben dem Rückgang der Einwohnerzahlen verändern sich auch die Anteile der einzelnen<br />
Altersgruppen an der Gesamtbevölkerung und damit der Altersaufbau der Gesellschaft.<br />
Die 4. Regionalisierte Bevölkerungsprognose <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> nach Altersgruppen:<br />
Jahr Altersgruppen <strong>von</strong> ... bis unter ... Jahre gesamt<br />
0 bis 3 3 bis 6 6 bis 14 14 bis 27 27 bis 60 60 bis 75 75 bis 85 ab 85<br />
2.005 51.258 53.179 124.336 402.106 1.142.384 481.631 171.158 43.664 2.469.716<br />
2.006 51.609 51.766 125.847 382.888 1.140.389 472.914 172.740 47.410 2.445.563<br />
2.007 51.362 51.360 128.676 360.667 1.135.365 469.651 174.026 50.359 2.421.466<br />
2.008 51.092 51.073 131.857 338.711 1.129.926 466.864 175.792 52.288 2.397.603<br />
2.009 50.746 51.504 134.182 317.137 1.120.366 463.904 181.895 54.209 2.373.943<br />
2.010 50.402 51.341 135.797 297.127 1.107.520 463.327 188.376 56.536 2.350.426<br />
Änderung * -2 -3 9 -26 -3 -4 10 29 -5<br />
2.011 49.979 51.168 136.611 279.202 1.094.485 462.693 194.786 58.573 2.327.497<br />
2.012 49.429 50.933 137.218 262.480 1.080.395 463.117 201.133 60.440 2.305.145<br />
2.013 48.708 50.707 137.143 246.890 1.066.862 462.173 207.520 63.053 2.283.056<br />
2.014 47.824 50.386 136.319 231.472 1.054.947 458.317 216.288 65.257 2.260.810<br />
2.015 46.745 49.916 135.942 216.794 1.042.097 454.671 224.770 67.354 2.238.289<br />
Änderung * -9 -6 9 -46 -9 -6 31 54 -9<br />
2.016 45.460 49.257 135.611 204.294 1.028.649 451.511 232.156 68.302 2.215.240<br />
2.017 43.948 48.418 135.790 192.807 1.014.393 454.113 233.325 68.642 2.191.436<br />
2.018 42.244 47.373 135.237 192.426 989.631 457.101 234.086 68.770 2.166.868<br />
2.019 40.305 46.117 134.420 194.785 960.412 463.277 230.883 71.267 2.141.466<br />
2.020 38.304 44.631 133.222 198.710 929.401 477.068 219.762 74.174 2.115.272<br />
Änderung * -25 -16 7 -51 -19 -1 28 70 -14<br />
2.021 36.320 42.949 131.685 202.825 897.298 492.014 208.430 76.863 2.088.384<br />
2.022 34.534 41.029 129.699 206.548 866.075 502.648 200.984 79.386 2.060.903<br />
2.023 32.920 39.049 127.194 208.893 836.025 513.097 193.480 82.308 2.032.966<br />
2.024 31.565 37.084 124.164 210.257 808.727 518.106 188.649 86.173 2.004.725<br />
2.025 30.508 35.313 120.552 211.093 783.861 518.271 186.951 89.691 1.976.240<br />
Änderung * -40 -34 -3 -48 -31 8 9 105 -20<br />
*gegenüber 2005 in % Quelle: Statistisches Landesamt und eigene Berechnungen<br />
Nach heutigen Erkenntnissen wird <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 19 % seiner Bevölkerung (Stand 2002)<br />
bis 2020 verlieren. Dieser Bevölkerungsschwund verläuft relativ kontinuierlich. Als problematischer<br />
erweist sich die Berg- und Talbahn-Entwicklung der Alterskohorten der jüngeren Generation,<br />
insbesondere der Kinder und Jugendlichen bis 27, die Anspruch auf Leistungen<br />
nach dem Sozialgesetzbuch VIII haben. Beachtlich ist dabei, dass die Zahl der jungen Men-<br />
102
schen in den Altersgruppen 0-3, 3-6 und 6-14 Jahre zunächst steigt, in der Altersgruppe der<br />
6-bis14-jährigen sogar bis zum Jahr 2012.<br />
3.2 Anforderungen an die Jugendhilfe<br />
Die Bevölkerungszahl geht weiter zurück, da die Geburten und die sog. Wanderungsüberschüsse<br />
den Anstieg der Sterbefälle nicht kompensieren und die <strong>von</strong> Generation zu Generation<br />
sinkende Anzahl junger Frauen diesen Trend rückläufiger Geburten noch verstärkt. Mit<br />
dem Jahr 2007 könnte dieser Trend erstmals wieder gebrochen sein. Laut Statistischem<br />
Bundesamt sind 2007 ca. 12.000 Kinder mehr geboren worden als im Jahr 2006. Damit ist<br />
die Geburtenrate pro Frau <strong>von</strong> 1,33 auf 1,37 angestiegen. Vor allem Frauen im Alter <strong>von</strong> 33<br />
bis 37 Jahren bekommen wieder mehr Kinder. Das könnte auf bessere Perspektiven für diese<br />
Frauen, die schon mitten im Berufsleben stehen, hindeuten. In den alten Bundesländern<br />
ist die Geburtenrate mit 1,37 erstmals wieder etwa auf dem Niveau <strong>von</strong> 2001. In den neuen<br />
Bundesländern ist die positive Entwicklung besonders deutlich: Dort war die Geburtenrate<br />
zuletzt vor 18 Jahren höher als heute. All dies kann aber die Situation in den neuen Bundesländern<br />
nicht wesentlich verbessern, da die Abwanderung <strong>von</strong> Ost- nach Westdeutschland<br />
nach wie vor zu hoch ist. Es wird geschätzt, dass - trotz der „Rückkehrenden“ - bis zum Jahr<br />
2020 voraussichtlich eine weitere Million Menschen Ostdeutschland verlassen haben werden.<br />
Diese Entwicklungen müssen in der Planung der Jugendhilfeangebote Berücksichtigung finden.<br />
Es ist ein zukunftsfähiges Generationenverhältnis zu entwickeln, in dem die künftige<br />
Stellung der Jugendlichen trotz ihres geringer werdenden Anteiles an der Gesamtbevölkerung<br />
nicht die einer Randgruppe sein darf.<br />
Ein Bedeutungsverlust <strong>von</strong> Jugend, Jugendpolitik und Jugendarbeit wird eintreten, wenn Jugend<br />
auf eine quantitativ in den Hintergrund tretende Bevölkerungsgruppe reduziert wird.<br />
Dem ist durch eine akzentuierte Neuausrichtung der Jugendpolitik zu begegnen. Jugend ist<br />
als eigenständiges Politikfeld und Jugendarbeit als System der Jugendbildung zu begreifen<br />
und damit zu stärken und zu profilieren. Die junge Generation muss als knapper werdende<br />
und wertvolle Ressource gesellschaftlicher Zukunftsgestaltung stärker in den Vordergrund<br />
der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit und Bemühungen gerückt werden. Die Jugend muss<br />
Partner im Generationenverhältnis und bei der Weiterentwicklung der Bürgergesellschaft<br />
sein. Das setzt neue Formen demokratischer Entscheidungsfindung sowie die Etablierung<br />
erweiterter Formen der Partizipation <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen voraus.<br />
Die Angebote für die Kinderbetreuung nach dem Kinderförderungsgesetz (KiFöG) für 0 bis<br />
12-jährige und die Schaffung <strong>von</strong> mehr Bedarfsgerechtigkeit durch flexible Kindertageseinrichtungen<br />
und familienfreundliche Arbeitszeiten können deshalb nur Bausteine im Gesamtkomplex<br />
sein. Wichtig sind ebenso „Bausteine“ für die Gruppe der 13- bis 18-jährigen, die im<br />
Fokus der Jugendhilfe bleiben muss. <strong>Der</strong> Gefahr <strong>von</strong> Schließungen oder langen Wegen zu<br />
Jugendeinrichtungen ist nicht zuletzt wegen der Abwanderung junger Menschen zu vermeiden.<br />
Jugendeinrichtungen sind immer auch Bildungsangebote, die junge Menschen qualifizieren.<br />
Die in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> begonnene Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule ist<br />
daher auszuweiten. Das führt zu einer Ausweitung <strong>von</strong> Jugendhilfeangeboten vor allem an<br />
den Schulstandorten. Eine Benachteiligung ländlicher Gebiete kann sich dann ergeben,<br />
wenn Jugendarbeit in Sport, Spiel und Geselligkeit in den vorhandenen Vereinen nicht als<br />
eigenständiges Tätigkeitsfeld der Jugendarbeit bewahrt und weiterentwickelt wird. Ebenso<br />
gilt, dass für benachteiligte junge Menschen, speziell Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund,<br />
Jugendarbeit einen geeigneten niederschwelligen Zugang bieten muss und bietet.<br />
Wichtige zu stärkende Aufgaben sind:<br />
• Vermittlung familienbezogener Werte,<br />
• Antworten auf Erziehungsfragen finden,<br />
• Ausbau der außerschulischen politischen Bildung,<br />
• Stärkung der Jugendsozialarbeit.<br />
103
Die Jugendsozialarbeit mit ihren Maßnahmen und Angeboten der beruflichen und sozialen<br />
Integration <strong>von</strong> sozial benachteiligten bzw. individuell beeinträchtigten Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen verteilt sich auf ganz unterschiedliche Arbeitsfelder, wie<br />
• die Jugendberufshilfe,<br />
• die Schulsozialarbeit,<br />
• die Senkung der Zahl junger Menschen ohne Schulabschluss,<br />
• die Arbeit mit ausländischen Jugendlichen,<br />
• die Eingliederungshilfe für junge Spätaussiedler und Spätaussiedlerinnen und<br />
• die geschlechtsspezifische Sozialarbeit.<br />
Die Gruppe der jungen Menschen ohne Schulabschluss und ohne abgeschlossene Berufsausbildung,<br />
Menschen, die also eine Ausbildung nicht aufgenommen, diese abgebrochen<br />
oder nicht bestanden haben, trägt das höchste Risiko, dauerhaft arbeitslos zu sein. Sie stellen<br />
eine besondere Herausforderung dar. Neben dem demographischen Wandel sind auch<br />
die veränderten gesellschaftlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen wesentliche Einflussfaktoren.<br />
Das Leitmotiv der Jugendsozialarbeit „Lebensbewältigung durch Integration in<br />
Arbeit und Beruf“ muss daher konzeptionell im Sinne einer Erweiterung der bisherigen Antworten<br />
und programmatischen Anpassung der Konzepte und Angebote weiterentwickelt und<br />
zielgruppenspezifisch ausdifferenziert werden. Das führt dazu, dass die Bedarfslagen <strong>von</strong><br />
Jugendlichen mit Migrationshintergrund aber auch <strong>von</strong> Mädchen und jungen Frauen stärker<br />
berücksichtigt werden müssen. Enge Kooperationen insbesondere mit Ausbildungsbetrieben,<br />
Handwerkskammern, Unternehmen, Gewerkschaften und der Aufbau regionaler Kooperationsstrukturen<br />
bilden die notwendigen Voraussetzungen. Notwendig sind neben Präventionsansätzen<br />
konkrete Förderangebote der Jugendberufshilfe im Rahmen der regionalen SGB II-<br />
Flankierung mit einer Stärkung niedrigschwelliger Qualifizierungsangebote für arbeitslose<br />
Jugendliche, aufbaufähige Arbeitsgelegenheiten für ALG II-Empfängerinnen und -Empfänger<br />
unter 25 Jahren, berufsorientierte Qualifizierungsangebote sowie Nachholen <strong>von</strong> Schulabschlüssen.<br />
Ferner gehören dazu praktizierte Konzepte zur niedrigschwelligen, intensiven, zeitlich befristeten<br />
Arbeit mit mehrfachbelasteten Familien. Ein unzureichender Ausbau dieser Angebote<br />
begünstigt die Notwendigkeit einer Inanspruchnahme erzieherischer Hilfen. Die ständige Optimierung<br />
der Problemwahrnehmung durch die Jugendämter muss beibehalten werden.<br />
Durch die erhöhte Sensibilisierung und rechtliche Verankerung des Kinderschutzes im § 8a<br />
SGB VIII werden Kinder und Jugendliche in kritischen Lebenslagen heute schon deutlicher<br />
wahrgenommen.<br />
Es wird zunehmend auch darum gehen, Jugendhilfeleistungen schon im Vorfeld der erzieherischen<br />
Hilfen zu finanzieren und vorhandene fachliche und finanzielle Ressourcen zu nutzen,<br />
indem im größerem Umfang präventive gemeinwesenorientierte Maßnahmen eingesetzt<br />
und evaluiert werden, statt im Bezug auf individuelle Problemlagen <strong>von</strong> Kindern stets mit<br />
Einzelhilfen zu reagieren (Vgl. auch Zehnter Kinder- und Jugendbericht des Bundes (1989),<br />
Seiten 267 und 269).<br />
Zum Ausgleich sozialer Benachteiligung im Bereich Erziehung und Bildung ist die Zusammenarbeit<br />
zwischen Schule und Jugendhilfe auf den Weg gebracht worden. Beim Auftauchen<br />
<strong>von</strong> Erziehungsproblemen und schulischer Überforderung können so gemeinsam abgestimmte<br />
Unterstützungssysteme für Eltern, Kinder und Jugendliche greifen.<br />
Die Rahmenbedingungen in der Arbeitswelt müssen mit der Lebenswirklichkeit <strong>von</strong> Familien<br />
kompatibel werden. Dabei ist das Thema Vereinbarkeit <strong>von</strong> Beruf und Familie auch für Führungskräfte<br />
in den Blick zu nehmen. Familienbewusste, kooperative Personalpolitik ist als<br />
Chance zu begreifen, die sich zu einem harten Standortfaktor konkretisiert und zu einer Steigerung<br />
der Wettbewerbsfähigkeit in der Wirtschaft führen kann. Je höher die demographische<br />
Belastung einer Region (Altersstruktur, Fachkräftemangel), umso stärker wirkt die familienfreundliche<br />
Kultur ansässiger Unternehmen der Abwanderung entgegen bzw. unterstützt<br />
sie die Realisierung eines Kinderwunsches potentieller Eltern.<br />
104
Familien brauchen eine gute Infrastruktur. Ob sich Familien wohlfühlen und ein Netz <strong>von</strong><br />
Dienstleistungen zur Verfügung haben, hängt <strong>von</strong> den Rahmenbedingungen in den Städten<br />
und Gemeinden ab, in denen sie leben und arbeiten. Eine Schlüsselrolle haben in diesem<br />
Prozess die Kommunen. Sie stellen Plätze zur Betreuung und Förderung <strong>von</strong> Kindern zur<br />
Verfügung und entscheiden über flexible Öffnungszeiten. Sie sind Schulträger und entscheiden<br />
mit den Schulen gemeinsam darüber, ob die Schule sich zu einer Ganztagsschule weiterentwickelt.<br />
Räte und Verwaltungen entscheiden über die Lebensqualität <strong>von</strong> Familien im<br />
Rahmen der Stadt- und Siedlungsgestaltung, durch den Bau, die Sanierung und Belegung<br />
<strong>von</strong> Wohnraum oder durch die Verkehrsplanung und anderes mehr. Sie haben es auch in<br />
der Hand, verschiedene Handlungsstrategien unter den Aspekten neuer Orts-, Zeit- und<br />
Funktionsvernetzungen zu verbinden. So kann eine familiengerechte Infrastruktur entstehen,<br />
die familienentlastend und familienfördernd ist. Eine erfolgreiche, zukunftsorientierte und<br />
nachhaltige Familienpolitik muss Familien – Kinder und Jugendliche, Eltern, Großeltern - als<br />
Partner verstehen, die mit gestalten und mitverantworten. Politik soll mit Familien und nicht<br />
für Familien gemacht werden.<br />
III. Leistungen in weiteren Lebensbereichen <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen<br />
1. Allgemeinbildende und Berufsbildende Schulen<br />
1.1 Ziele<br />
Alle Kinder und Jugendlichen haben ohne Rücksicht auf ihre Herkunft und wirtschaftliche<br />
Lage das Recht auf eine ihre Begabungen und Fähigkeiten fördernde Erziehung und Ausbildung.<br />
Grundlegendes Ziel des gesamten Bildungswesens und jeder Schulform ist es dabei,<br />
neben der jeweils altersgerechten Vorbereitung der Kinder und Jugendlichen auf die Wahrnehmung<br />
<strong>von</strong> Verantwortung, Rechten und Pflichten in Staat, Gesellschaft und Familie den<br />
Schülerinnen und Schülern ihren individuellen Voraussetzungen entsprechend nachhaltig<br />
und verlässlich die Gesamtheit der kognitiven und sozialen Grundlagen für eine erfolgreiche<br />
Fortführung ihrer Ausbildung nach Absolvieren der jeweiligen Schulform, aber auch für ein<br />
lebenslanges Lernen zu vermitteln.<br />
Dies gilt mit Blick auf die Erfordernisse des Weiterlernens an den weiterführenden Schulen<br />
für die Arbeit der Grundschulen ebenso, wie hinsichtlich der Voraussetzungen für eine erfolgreiche<br />
Berufsausbildung für die Sekundarschulen, mit Bezug auf die Voraussetzungen der<br />
Studierfähigkeit für die Gymnasien und ausgerichtet an den Erfordernissen in der Arbeitswelt<br />
für die berufsbildenden Schulen.<br />
Im Rahmen ihrer Verantwortung hat die Landesregierung daher Initiativen ergriffen, die Erfüllung<br />
des Erziehungs- und Bildungsauftrages sowohl systemisch in allen Schulformen, als<br />
auch an jeder einzelnen Schule vor Ort nachhaltig zu verbessern.<br />
Ziel der Weiterentwicklung der weiterführenden Schulen ist dabei die weitere Ausgestaltung<br />
der Bildungsgänge als gleichwertige Bildungswege mit unterschiedlicher Profilierung, wofür<br />
insbesondere die Qualität und die Reputation der Sekundarschule in der öffentlichen Wahrnehmung<br />
weiter zu erhöhen ist.<br />
Ebenso wichtig ist die Vermittlung <strong>von</strong> Werten und Normen. Alle Schülerinnen und Schüler<br />
sollen selbst- und verantwortungsbewusst sein. Das Schulgesetz des Landes <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> betont deutlich auch diese Erziehungsaufgabe der Schule. Es schreibt fest, dass die<br />
„Schülerinnen und Schüler zur Achtung der Würde des Menschen, zur Selbstbestimmung in<br />
Verantwortung gegenüber Andersdenkenden, zur Anerkennung und Bindung an ethische<br />
Werte, zur Achtung religiöser Überzeugungen, zu verantwortlichem Gebrauch der Freiheit<br />
und friedlicher Gesinnung, zu sittlichem und politischem Verantwortungsbewusstsein und zu<br />
sozialem Handeln zu erziehen" sind. Die Schule kann dazu auf zweierlei Weise beitragen,<br />
durch praktisches Vorleben eines entsprechenden Verhaltens und durch die Vermittlung <strong>von</strong><br />
105
ethischem Wissen. In ihren Schulen sollen die Schülerinnen und Schüler demokratisches<br />
Handeln in Gesprächen und Auseinandersetzungen, in Diskussionen über Ziele und Projekte<br />
einüben, hier lernen sie, Streitfragen im Diskurs zu behandeln, Mehrheiten zu akzeptieren,<br />
Minderheiten zu achten. Im täglichen Miteinander mit Lehrerinnen und Lehrern, Schülerinnen<br />
und Schülern lernen und erleben sie den Respekt vor der Leistung der anderen. Das Wissen<br />
über Werte umfasst nicht nur Kenntnisse darüber, welche Werteordnungen sich auf Grund<br />
welcher Einflüsse durchsetzen. Wesentlich im wertebildenden Unterricht ist, welchen Anspruch<br />
Werte haben, als Norm oder Tugend anerkannt zu werden und welche Werte Vorrang<br />
vor anderen haben. Darüber hinaus befasst sich dieser Unterricht mit religiösen und<br />
philosophischen Grundfragen des Menschseins.<br />
Am umfassendsten können die Schulen ihren Bildungs- und Erziehungsauftrages dann erfüllen,<br />
wenn sie und die Eltern eng zusammenarbeiten. Hilfreich ist auch die Einbeziehung außerschulischer<br />
Partner wie z. B. Firmen, Kultureinrichtungen oder Jugendämter.<br />
Eine Übersicht über die Bildungsgänge der berufsbildenden Schulen ist als Anlage zu III. 1.<br />
im Anhang beigefügt.<br />
1.2 Entwicklungen, Schwerpunktmaßnahmen und Qualitätssicherung schulischer<br />
Arbeit<br />
Die Maßnahmen der Landesregierung waren und sind darauf gerichtet, ein erfolgreiches Arbeiten<br />
an der Schule vor allem mit der Gewährleistung erforderlicher Rahmenbedingungen<br />
des schulischen Lernens und eine hohe Qualität der Lehr- Lernprozesse zu sichern.<br />
Konkrete Entwicklungsmaßnahmen hierfür sind insbesondere mit dem Aufbau eines Systems<br />
der externen Evaluation, eines Gesamtkonzeptes für ein einheitliches System der zentralen<br />
Leistungserhebungen und der Lehrplanreform für Grundschule und Sekundarschule,<br />
der Neugestaltung der gymnasialen Oberstufe, der Entwicklung <strong>von</strong> Förderzentren und einer<br />
Vielzahl <strong>von</strong> Maßnahmen zur Senkung der Zahl der Schülerinnen und Schüler, die die Schule<br />
ohne Schulabschluss verlassen, durch die Landesregierung initiiert worden.<br />
Mit dem Aufbau eines Systems der externen Evaluation an Schulen wird das Ziel verfolgt,<br />
systematisch und kontinuierlich Schülerleistungen im Zusammenhang mit den die Erziehung<br />
und Bildung beeinflussenden Bedingungsfaktoren durch Außen- bzw. Fremdsicht festzustellen<br />
und auszuwerten bzw. zu bewerten. Mit Bezug auf die Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz<br />
kann dabei geprüft werden, ob die angestrebten Kompetenzen tatsächlich<br />
erworben wurden und inwieweit das Bildungssystem seinen Auftrag erfüllt (Bildungsmonitoring).<br />
Schulen erhalten eine Rückmeldung über die Ergebnisse ihrer Arbeit (Schulevaluation).<br />
Externe Evaluation findet in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> in verschiedenen Formen, die ein Gesamtsystem<br />
bilden und sich ergänzen, statt:<br />
- länderübergreifende Erhebungen (z.B. durch länderübergreifende Vergleichsarbeiten,<br />
internationale Tests wie PISA, IGLU und TIMSS),<br />
- landesspezifische Erhebungen (z.B. durch landesweite Leistungsfeststellungen,<br />
schriftliche Befragungen in Form <strong>von</strong> Fragebögen, landesweite Erfassung statistischer<br />
Daten wie zu Schulabschlüssen, Schulformwechselnden und Klassewiederholenden,<br />
zentrale Prüfungen im Rahmen des Erwerbs schulischer Abschlüsse),<br />
- Schulbesuche durch Evaluationsteams, die in einem Turnus <strong>von</strong> ca. fünf Jahren an<br />
jeder Schule durchgeführt werden,<br />
- spezielle Schulinspektionen, die sich meist aus aktuellem Anlass einem spezifischen<br />
Schwerpunkt an einer Einzelschule zuwenden.<br />
Die Maßnahmen externer Evaluation haben somit das Ziel, die Transparenz der Qualität<br />
schulischer Arbeit zu erhöhen, deren Weiterentwicklung zu unterstützen und wichtige Impulse<br />
für die schulinterne Evaluation an jeder Schule zu geben. Zielvereinbarungen zwischen<br />
den Schulen und der zuständigen schulfachlichen Aufsicht und die Aufnahme <strong>von</strong> schuli-<br />
106
schen Entwicklungsschwerpunkten in das Schulprogramm sind geeignete Methoden, die Ergebnisse<br />
der externen und internen Evaluation für die Weiterentwicklung der schulischen Arbeit<br />
zu erschließen. In diesem Zusammenhang soll die externe Evaluation Sorge dafür tragen,<br />
dass die Chancengleichheit für alle Schülerinnen und Schüler gewahrt bleibt. Das Konzept<br />
der externen Evaluation, wie es in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> mit Beginn des Schuljahres<br />
2006/2007 landesweit realisiert wird, soll vor allem eine Chance und Hilfe zur Weiterentwicklung<br />
der Schulen darstellen.<br />
Qualitätsentwicklung an der Schule muss sich zuallererst definieren über einen guten Unterricht<br />
und seine Weiterentwicklung. Um diese schulischen Entwicklungsprozesse zu unterstützen,<br />
wurde durch die Landesregierung eine Reihe <strong>von</strong> Maßnahmen eingeleitet.<br />
So wurde der Prozess der Entwicklung und Implementation <strong>von</strong> kompetenzorientierten Lehrplänen<br />
an den Grundschulen des Landes weitestgehend abgeschlossen, für die Sekundarschulen<br />
wurde der Reformprozess im Jahr 2007 begonnen. Die klare Orientierung auf die<br />
Vermittlung <strong>von</strong> grundlegenden Kompetenzen und auf eine bessere Vorbereitung auf berufliche<br />
und gesellschaftliche Anforderungen unter Berücksichtigung des Lebensweltbezugs der<br />
Heranwachsenden soll ihnen bessere Perspektiven der individuellen Entwicklung eröffnen.<br />
Einen wertvollen Beitrag zur Unterrichtsentwicklung können in diesem Zusammenhang die<br />
bereits seit 2002 sukzessive entwickelten Sammlungen sogenannter niveaubestimmender<br />
Aufgaben leisten. Diese Sammlungen <strong>von</strong> Aufgabenbeispielen, die die jeweiligen Kompetenzanforderungen<br />
exemplarisch beschreiben, haben durch die enge Angliederung an die<br />
Fachlehrpläne eine größere Bedeutung für die schulinterne Planungs- und Analysetätigkeit<br />
gewonnen.<br />
Mit der regelmäßigen Durchführung <strong>von</strong> zentralen schriftlichen Prüfungen, zentralen Klassenarbeiten<br />
sowie Vergleichsarbeiten hat sich ein System <strong>von</strong> Leistungsfeststellungen im<br />
LSA herausgebildet, das die regelmäßige Feststellung des Leistungsvermögens der Schülerinnen<br />
und Schüler in zentralen Fächern (Kernfächer Deutsch, Mathematik, Englisch, Naturwissenschaften,<br />
ausgewählte Inhalts- und Kompetenzbereiche) ermöglicht sowie Konsequenzen<br />
für die Vergabe <strong>von</strong> Abschlüssen/Berechtigungen besitzt. <strong>Der</strong> Ansatz hat zum Ziel,<br />
maßgebliche Orientierungen sowohl für die am Lernprozess unmittelbar Beteiligten - die<br />
Schülerinnen und Schüler und die Lehrkräfte - als auch zur Steuerung des Bildungswesens<br />
auf und in verschiedenen Ebenen zu schaffen. Mit Beginn des Schuljahres 2007/2008 wurde<br />
damit begonnen, schrittweise ein einheitliches System der Durchführung, Auswertung und<br />
Datenrückmeldung an die Schulen für die zentralen Leistungserhebungen aufzubauen.<br />
Neben dieser landeseigenen Entwicklungsarbeit im Bereich der Leistungsfeststellungen ist<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> im Rahmen der Beschlüsse der Kultusministerkonferenz (KMK) auch bundesweit<br />
und international in zahlreiche Vorhaben eingebunden, die eine erhebliche Wirkung<br />
auf die Qualitätssicherung schulischer Arbeit entfalten werden. Mit den Plöner Beschlüssen<br />
vom 02.06.06 hat die Kultusministerkonferenz die zentralen Instrumente der Kultusministerkonferenz<br />
für das Bildungsmonitoring beschrieben, zu denen<br />
- internationale Schulleistungsuntersuchungen,<br />
- zentrale Überprüfung des Erreichens der Bildungsstandards in einem Ländervergleich,<br />
- Vergleichsarbeiten in Anbindung oder Ankopplung an die Bildungsstandards zur landesweiten<br />
Überprüfung der Leistungsfähigkeit einzelner Schulen und<br />
- die gemeinsame Bildungsberichterstattung <strong>von</strong> Bund und Ländern<br />
gehören.<br />
Die Kultusministerkonferenz hat mit der Gesamtstrategie zum Bildungsmonitoring eine „konzeptionelle<br />
Verbindung der genannten Ebenen“ beschlossen. Danach gelten ab 2008 die<br />
Bildungsstandards und die dafür normierten Aufgaben als gemeinsamer Referenzrahmen für<br />
den Ländervergleich und die Bildungsberichterstattung. In den Beschlüssen heißt es: „ Damit<br />
folgt Deutschland dem Beispiel erfolgreicher Staaten, das Bildungsmonitoring und die Datengewinnung<br />
für die nationale Bildungsberichterstattung bei Sicherung der internationalen<br />
Anbindung auf die Basis <strong>von</strong> nationalen Leistungsvergleichsstudien und nationalen Normen<br />
107
zu stellen.“ Ferner ist die Gesamtstrategie zum Bildungsmonitoring in die Beschlüsse der<br />
KMK einzuordnen, die insbesondere das Handlungsfeld 5: „Maßnahmen zur konsequenten<br />
Weiterentwicklung und Sicherung der Qualität <strong>von</strong> Unterricht und Schule auf der Grundlage<br />
<strong>von</strong> verbindlichen Standards sowie eine ergebnisorientierte Evaluation“ beschreiben.<br />
1.3. Allgemeinbildende Schulen<br />
1.3.1 Grundschule<br />
Seit dem Schuljahr 2007/08 gilt für alle Grundschulen ein neuer Lehrplan, der aus einem<br />
Grundsatzband und den Fachlehrplänen besteht. Für alle Fächer gibt es darüber hinaus niveaubestimmende<br />
Aufgaben, die verdeutlichen, über welche Kompetenzen die Schülerinnen<br />
und Schüler am Ende der Schuleingangsphase und am Ende der Klasse 4 verfügen sollen.<br />
Lehrplan und niveaubestimmende Aufgaben stehen auf dem Landesbildungsserver auch interessierten<br />
Eltern zur Verfügung. Schon zum Schuljahr 2006/07 wurde der Fremdsprachenunterricht<br />
(Englisch) flächendeckend ab Klasse 3 eingeführt.<br />
Ein wichtiges bildungspolitisches Vorhaben ist die pädagogische Gestaltung der Schuleingangsphase,<br />
in der Kinder nach der Aufnahme in die Grundschule zwischen einem und drei<br />
Jahren verbleiben können. Wichtiges Anliegen ist die Verbesserung der individuellen Förderung<br />
der Schülerinnen und Schüler am Anfang ihrer Schullaufbahn. Auch an der Gestaltung<br />
des Übergangs aus den Kindertagesstätten in die Grundschule wird intensiv gearbeitet.<br />
1.3.2 Sekundarschule<br />
Die Sekundarschule ist die weiterführende Schulform, die eine allgemeine und berufsorientierte<br />
Bildung vermittelt und so auch auf die Anforderungen der Berufs- und Arbeitswelt vorbereitet.<br />
Sie umfasst die Schuljahrgänge 5 bis 10 und ist auf den Erwerb des Hauptschulabschlusses<br />
(am Ende des 9. Schuljahrganges) und des Realschulabschlusses (am Ende des<br />
10. Schuljahrganges) ausgerichtet.<br />
Seit dem Schuljahr 2003/2004 ist der Unterricht an der Sekundarschule wie folgt organisiert:<br />
Die Schuljahrgänge 5 und 6 umfassen für alle Schülerinnen und Schüler gleich verpflichtende<br />
Lerninhalte. Ab dem 7. Schuljahrgang wird abschlussbezogen unterrichtet. <strong>Der</strong> hauptschulabschlussbezogene<br />
Unterricht umfasst den 7. bis 9. Schuljahrgang. <strong>Der</strong> realschulabschlussbezogene<br />
Unterricht umfasst den 7. bis 10. Schuljahrgang.<br />
Die Einstufung in den abschlussbezogenen Unterricht ist abhängig <strong>von</strong> den am Ende des 6.<br />
Schuljahrganges erreichten Leistungen. Diese Einstufung ist aber keineswegs endgültig. Je<br />
nach den gezeigten Leistungen sind am Ende des 7. und 8. Schuljahrganges Umstufungen<br />
möglich. Hauptschülerinnen und Hauptschüler können außerdem an einer besonderen Leistungsfeststellung<br />
am Ende des 9. Schuljahrganges teilnehmen, um den qualifizierten Hauptschulabschluss<br />
zu erreichen, der sie berechtigt, den 10. Schuljahrgang zu besuchen und den<br />
Realschulabschluss anzustreben. Damit ist die Durchlässigkeit in der Sekundarschule gewährleistet.<br />
Zugleich besteht immer auch Klarheit darüber, welcher Abschluss zum jeweils<br />
aktuellen Zeitpunkt erreicht werden kann.<br />
<strong>Der</strong> Erwerb des Realschulabschlusses setzt die Teilnahme an der Abschlussprüfung voraus.<br />
Erreichen die Schülerinnen und Schüler am Ende des 10. Schuljahrganges besondere Leistungen,<br />
wird ihnen der erweiterte Realschulabschluss zuerkannt. Damit wird ihnen die Chance<br />
eingeräumt, ihren Bildungsweg in der gymnasialen Oberstufe fortzusetzen und das Abitur<br />
zu erreichen.<br />
Die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die keinen Schulabschluss erreichen, deutlich und<br />
nachhaltig zu senken ist ein wesentliches Ziel. Deshalb arbeiten die Sekundarschulen seit<br />
dem Schuljahr 2006/2007 mit erweiterten Stundentafeln. Schwerpunktmäßig sind die Kernfächer<br />
Deutsch, Mathematik und Englisch sowie der Lernbereich Wirtschaft-Technik-<br />
Hauswirtschaft verstärkt worden. Außerdem wurde sowohl dem Kurs Lernmethoden, der den<br />
Schülerinnen und Schülern im 5. und 6. Schuljahrgang grundlegende Arbeitstechniken und<br />
Lernstrategien vermittelt, als auch der Prüfungsvorbereitung im 10. Schuljahrgang mehr<br />
108
Raum gegeben. Im 7. und 8. Schuljahrgang werden die Schülerinnen und Schüler gezielt in<br />
ihrer Medienkompetenz, insbesondere im Umgang mit dem PC, gestärkt.<br />
Außerdem erfolgte eine erweiterte Zuweisung <strong>von</strong> Stunden, die für die individuelle Förderung<br />
<strong>von</strong> Schülerinnen und Schülern genutzt werden sollen. Die Förderung in kleinen Lerngruppen,<br />
das Arbeiten in geteilten Klassen oder das Teamteaching sind beispielsweise möglich.<br />
Im Rahmen einiger besonderer Projekte gibt es Möglichkeiten, abschlussgefährdete Schülerinnen<br />
und Schüler individuell zu fördern und Schulabbrüche zu vermeiden. Hier ist z. B. die<br />
besondere Klasse „Produktives Lernen in Schule und Betrieb“ zu nennen. Dieses Projekt ist<br />
eine besondere Organisationsform des hauptschulabschlussbezogenen Unterrichts im 8.<br />
und 9. Schuljahrgang mit einem methodischen Zugang zur Bildung, der theoretischen Unterricht<br />
mit einem hohen Anteil praktischer Wissensaneignung verbindet. Gegenwärtig sind in<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 21 PL-Standortschulen eingerichtet, die nach den Vorgaben des Landes<br />
derzeit insgesamt 770 Schülerinnen und Schüler im Produktiven Lernen beschulen. Ziel ist<br />
es, in den nächsten Jahren ein bedarfsorientiertes Netz <strong>von</strong> PL-Standortschulen aufzubauen<br />
und möglichst in jeder Region des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> einen erreichbaren Standort vorzuhalten.<br />
Berufsorientierung und Berufsvorbereitung sind ebenfalls Schwerpunktaufgaben der Sekundarschule.<br />
Beispielsweise absolvieren die Schülerinnen und Schüler ein jeweils zweiwöchiges<br />
verbindliches Schülerbetriebspraktikum im 8. und 9. Schuljahrgang. Sie erhalten dadurch<br />
in den für die Berufsorientierung und Berufswahlentscheidung wesentlichen Jahren die<br />
Gelegenheit, praktische, physische, psychische und soziale Erfahrungen in einem ausgewählten<br />
Bereich der Arbeitswelt zu machen. Viele Sekundarschulen führen auch sogenannte<br />
Praxistage durch, an denen die Schülerinnen und Schüler in Betrieben und Unternehmen der<br />
Region tätig werden. Praxistage sind ein Instrument, um den Unterricht anwendungsbezogen<br />
zu gestalten und besser an der beruflichen Praxis zu orientieren. Eine frühzeitige Auseinandersetzung<br />
mit der Berufs- und Arbeitswelt wird gefördert. Im Schuljahr 2007/2008 wurde<br />
das Modellprojekt „BRAFO“ - „Berufswahl Richtig Angehen Frühzeitig Orientieren“ - für Schülerinnen<br />
und Schüler des 7. und 8. Schuljahrganges begonnen. Im 7. Schuljahrgang können<br />
an insgesamt vier Tagen verschiedene Berufsfelder näher erkundet werden. Im 8. Schuljahrgang<br />
können die Schülerinnen und Schüler an einem zusätzlichen Betriebspraktikum außerhalb<br />
der Unterrichtszeit teilnehmen.<br />
Das Ganztagsangebot hat sich in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> qualitativ und quantitativ insbesondere an<br />
den Sekundarschulen weiterentwickelt. Im Schuljahr 2007/2008 arbeiteten insgesamt 51 öffentliche<br />
Sekundarschulen als Ganztagsschulen in der offenen, teilweise gebundenen oder<br />
vollständig gebundenen Form. Die Serviceagentur „Ganztägig lernen! Ideen für mehr“ unterstützt<br />
im Auftrag des Kultusministeriums <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> die Arbeit in den Schulen inhaltlich<br />
und organisatorisch. Dabei ist in den zurückliegenden Jahren der Vernetzungsgedanke als<br />
Hilfe zur Selbsthilfe immer mehr in den Mittelpunkt der Arbeit gerückt.<br />
1.3.3 Gesamtschule<br />
Die Gesamtschule ist eine weiterführende Schulform, die eine allgemeine und berufsorientierende<br />
Bildung vermittelt und auf den Erwerb des Hauptschulabschlusses, Realschulabschlusses<br />
und des Abiturs ausgerichtet ist. Die Kooperative Gesamtschule führt die Sekundarschule<br />
und das Gymnasium organisatorisch und pädagogisch zusammen (Sekundarschulzweig<br />
und Gymnasialzweig). Die Integrierte Gesamtschule bildet eine pädagogische<br />
und organisatorische Einheit und umfasst die Schuljahrgänge 5 bis 13: Im 7. bis 9. Schuljahrgang<br />
wird in einigen Fächern in Grund- und Erweiterungskursen unterrichtet; im 10.<br />
Schuljahrgang wird der gesamt Unterricht auf den Realschulabschluss ausgerichtet; die<br />
Schuljahrgänge 11 bis 13 bilden die gymnasiale Oberstufe. Es kann mit Genehmigung der<br />
obersten Schulbehörde ein Gymnasialzweig (Schuljahrgänge 9 bis 12) an der IGS eingerichtet<br />
werden.<br />
Die Zielstellung, die Schülerinnen und Schüler erfolgreich zu einem Schulabschluss zu führen,<br />
gilt für die Gesamtschulen gleichermaßen. Die Sekundarschulzweige der Kooperativen<br />
109
Gesamtschulen sowie die Integrierten Gesamtschulen arbeiten seit dem Schuljahr<br />
2006/2007 deshalb ebenfalls mit erweiterten Stundentafeln. Schwerpunktmäßig sind die<br />
Kernfächer Deutsch, Mathematik und Englisch sowie der Lernbereich Wirtschaft-Technik-<br />
Hauswirtschaft verstärkt und der Prüfungsvorbereitung im 10. Schuljahrgang mehr Raum<br />
gegeben worden. Es erfolgte auch eine erweiterte Zuweisung <strong>von</strong> Stunden zur individuellen<br />
Förderung der Schülerinnen und Schüler. Dabei sind z. B. die Förderung in kleinen Lerngruppen,<br />
das Arbeiten in geteilten Klassen oder das Teamteaching möglich.<br />
Auch an den Gesamtschulen werden den Schülerinnen und Schülern im Kurs Lernmethoden<br />
im 5. und 6. Schuljahrgang grundlegende Arbeitstechniken und Lernstrategien vermittelt. Im<br />
7. und 8. Schuljahrgang werden die Schülerinnen und Schüler gezielt in ihrer Medienkompetenz,<br />
insbesondere im Umgang mit dem PC, gestärkt.<br />
Die für die Sekundarschule geltenden Aussagen zum Schülerbetriebspraktikum sowie zum<br />
Projekt BRAFO treffen auf die Gesamtschulen gleichermaßen zu.<br />
Alle sechs öffentlichen Gesamtschulen des Landes arbeiten seit mehreren Schuljahren als<br />
offene bzw. teilweise gebundene Ganztagsschulen und nutzen somit die erweiterten Möglichkeiten<br />
eines ganztägigen Bildungs- und Betreuungsangebotes zur Förderung der Schülerinnen<br />
und Schüler.<br />
1.3.4 Gymnasium<br />
Im Doppelabitur im Jahre 2007 hat der erste verkürzte Abiturjahrgang nach neuen Kernkurs-<br />
Vorgaben der Kultusministerkonferenz (Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe<br />
in der Sekundarstufe II; KMK-Beschluss <strong>von</strong> 2006) mit bundesweitem Soll <strong>von</strong> 265 Jahreswochenstunden<br />
und neuer Oberstufenverordnung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> erfolgreich das Abitur<br />
nach 12 Schuljahren abgeschlossen.<br />
Das 13-jährige System ist mit dem letzten Abiturjahrgang 2007 in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ausgelaufen.<br />
Die Schuljahrgänge 5 und 6 sind wieder an den gymnasialen Bildungsgang angebunden.<br />
Mit einer ausgewogenen, auf die Kernfächer konzentrierten Stundentafel werden die Schülerinnen<br />
und Schüler auf das Abitur vorbereitet. <strong>Der</strong> gymnasiale Bildungsgang ist stark, mit<br />
dem verkürzten 12-jährigen Bildungsgang weiterhin zunehmend, nachgefragt.<br />
2007 fand zum dritten Mal ein Abitur nach neuer Oberstufenverordnung mit 6 verbindlichen<br />
Kernfächern in stabilen Lerngruppen statt. Die Mathematik-Pflichtprüfung sowie die schriftlichen<br />
zentralen Pflichtprüfungen in Deutsch, einer Fremdsprache in einer Naturwissenschaft<br />
oder Geschichte sind etabliert und stehen bundesweit für eine sehr anspruchsvolle strukturelle<br />
und inhaltliche Studienvorbereitung.<br />
Mit der neuen Oberstufen- und Prüfungsstruktur ist auch eine gute Voraussetzung für die<br />
anstehenden Bemühungen zur Erstellung länderübergreifender Standards und Prüfungen<br />
geschaffen.<br />
Mit der Verkürzung des gymnasialen Bildungsganges ging neben der erwähnten strukturellen<br />
auch eine erste inhaltliche Reformierung <strong>von</strong>statten. Sukzessive werden und wurden die<br />
Landes-EPA (Einheitliche Anforderungen in der Abiturprüfung) durch die aktuelle, neue EPA-<br />
Generation der KMK (Beschlüsse <strong>von</strong> 2006 und 2007) abgelöst. Mit den neuen Einheitlichen<br />
Prüfungsanforderungen wird der bundesweite Rahmen der Vorgaben enger abgesteckt und<br />
damit mehr Orientierungssicherheit bei der Umsetzung landesspezifischer Rahmenvorgaben<br />
erzielt. Darüber hinaus wird der Präsentation <strong>von</strong> Wissen und dem Umgang mit Erlerntem<br />
mehr Raum gegeben.<br />
1.3.5 Förderschule<br />
Die Zahl der Förderschülerinnen und Förderschüler im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ist insgesamt<br />
rückläufig, wenngleich nicht in angemessener Relation zum Gesamtschülerrückgang.<br />
110
Seit 2005 entwickelt sich ein Netz an Förderzentren, um eine präventive und sonderpädagogische<br />
Förderung wohnortnah mit vergleichbaren Angeboten in den Regionen vorzuhalten.<br />
Das Netz der regionalen Förderzentren ist im Schuljahr 2008/09 zu 90% aufgebaut. Schwerpunkt<br />
ist die Qualifizierung der Arbeit der Förderzentren. Darin inbegriffen sind der Ausbau<br />
des gemeinsamen Unterrichts und anderer Maßnahmen schulischer Integration sowie die<br />
Reduzierung der Zahl der Förderschülerinnen und Förderschüler an Förderschulen als wesentliche<br />
Schwerpunktaufgaben.<br />
Jedes Förderzentrum verfügt über mindestens eine Grundschule und eine Sekundarschule,<br />
an denen Kooperationsklassen geführt werden. Durch die Arbeit <strong>von</strong> Lehrkräften aus Förderschulen<br />
an diesen Schulen erhöht sich die Aufgeschlossenheit für die Arbeit mit Schülerinnen<br />
und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im gemeinsamen Unterricht.<br />
Als nächster Schritt ist die Einrichtung <strong>von</strong> Integrationsklassem im Rahmen eines Modellversuchs<br />
mit wissenschaftlicher Begleitung vorgesehen.<br />
1.4 Berufsbildende Schulen<br />
Das berufsbildende Schulwesen – als Bindeglied zwischen allgemein bildender Schule und<br />
Arbeitsmarkt - muss sich an den Bedürfnissen der Wirtschaft orientieren. Es ist äußerst vielgestaltig<br />
und gliedert sich nach § 3 Schulgesetz des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> in die nachfolgend<br />
aufgeführten Schulformen:<br />
- die Berufsschule,<br />
- die Berufsfachschule,<br />
- die Fachschule,<br />
- die Fachoberschule und<br />
- das Fachgymnasium.<br />
Die berufsbildenden Schulen vermitteln berufliche Bildungsinhalte und erweitern die erworbene<br />
allgemeine Bildung. Sie verleihen berufsbildende oder allgemein bildende Abschlüsse<br />
und Berechtigungen und beteiligen sich an Aufgaben der beruflichen Fort- und Weiterbildung.<br />
(Übersicht siehe Anhang zu III. 1.4 Abbildung 1)<br />
1.5. Perspektiven und Herausforderungen<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> steht auf Grund der dramatischen demographischen Entwicklung und der<br />
schwierigen Haushaltslage auch weiterhin vor enormen Herausforderungen. Sowohl die<br />
Prognosen zu künftigen Qualifikationsanforderungen am globalisierten Arbeitsmarkt als auch<br />
die Ergebnisse nationaler und internationaler Vergleichsstudien erfordern auch in <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> zusätzliche Anstrengungen zur Weiterentwicklung der Bildungsqualität und der Bildungschancen<br />
für alle Schülerinnen und Schüler. Hauptziel der Bildungspolitik in <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> ist die Förderung der Potenziale eines jeden Kindes und eines jeden Jugendlichen.<br />
Hierfür ist die Wahrung <strong>von</strong> Chancengerechtigkeit im Bildungssystem eine Schlüsselvoraussetzung.<br />
Deshalb steht dieses Ziel im Mittelpunkt der Bemühungen der Landesregierung um<br />
ein leistungsfähiges, gerechtes und entwicklungsoffenes Bildungssystem in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>.<br />
Dazu gehört die Sicherung eines qualitativ hochwertigen, regional ausgeglichenen Bildungsangebotes,<br />
so dass landesweit für jeden unabhängig <strong>von</strong> seiner Herkunft und wirtschaftlichen<br />
Lage die Möglichkeit besteht, einen seinen Begabungen und Fähigkeiten entsprechenden<br />
Bildungsgang erfolgreich zu absolvieren. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei auch<br />
weiterhin sowohl der Minimierung des Anteils der Schülerinnen und Schüler gelten, deren<br />
Schulabschluss gefährdet ist oder die aus anderen Gründen zu Risikogruppen gehören, als<br />
auch der Steigerung des Anteils höherwertiger schulischer Abschlüsse, die den Zugang zur<br />
Ausbildung in hochqualifizierten Berufen und zu Studiengängen ermöglichen.<br />
111
2. Ausbildung, Arbeitsmarkt und Beschäftigung<br />
2.1 Ziele des Landes<br />
Zwei Faktoren hatten im <strong>Bericht</strong>szeitraum besondere Bedeutung für die Schaffung beruflicher<br />
Perspektiven für Jugendliche in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>: Die demographische Entwicklung und<br />
die relativ hohe Abwanderung junger Menschen aus <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>.<br />
Vor diesem Hintergrund ist die Schaffung <strong>von</strong> Ausbildungs- und Arbeitsplätzen für Jugendliche<br />
eine prioritäre Zielstellung der Landesregierung.<br />
Die Qualität der Ausbildung entscheidet maßgeblich über den weiteren Verlauf des Erwerbslebens,<br />
die Zukunftschancen der Jugendlichen und nicht zuletzt den wirtschaftlichen Erfolg<br />
der Unternehmen. Qualitätssteigernde und qualitätssichernde Maßnahmen in beiden Lernorten<br />
der dualen Ausbildung besitzen deshalb für die Zukunft der dualen Ausbildung eine zentrale<br />
Bedeutung. Aufgrund der sehr problematischen Situation auf dem Ausbildungsmarkt<br />
musste der Ausbildungspakt in den letzten Jahren seinen Schwerpunkt vorrangig auf die Lösung<br />
der quantitativen Probleme auf dem Ausbildungsmarkt legen. Die quantitative Ausrichtung<br />
sollte zukünftig ergänzt werden durch die Zielsetzung, die Qualität der dualen Ausbildung<br />
in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> nachhaltig zu sichern.<br />
2.2 Entwicklungen und Schwerpunktmaßnahmen im <strong>Bericht</strong>szeitraum<br />
2.2.1 Ausbildungsrelevante Maßnahmen<br />
Eine qualifizierte Ausbildung ist eine wichtige Basis für ein erfolgreiches Berufsleben. Grundsätzliche<br />
Zielstellung der Landesregierung ist, jeder und jedem ausbildungswilligen und –<br />
fähigen Jugendlichen im Land die Chance auf eine Ausbildung vorrangig in der dualen Berufsausbildung<br />
zu bieten.<br />
Mit zahlreichen Maßnahmen unterstützt die Landesregierung gemeinsam mit den Partnerinnen<br />
und Partnern des Ausbildungspaktes die Wirtschaft bei der Schaffung betrieblicher Ausbildungsplätze.<br />
Außerdem werden betriebsnah ausgerichtete außerbetriebliche Ausbildungsplätze<br />
über die Förderung im Ausbildungsplatzprogramm Ost und im Landesergänzungsprogramm<br />
bereitgestellt. Damit konnten in den letzten Jahren fast alle ausbildungswilligen<br />
und -fähigen Jugendlichen eine Ausbildungsmöglichkeit erhalten.<br />
Weiterer Schwerpunkt der Landesregierung sind Maßnahmen, die auf die Verringerung der<br />
Ausbildungsabbrüche gerichtet sind. Im Rahmen ihres „Präventionsprogramms zur Verhinderung<br />
<strong>von</strong> Ausbildungsabbrüchen“ unternimmt die Landesregierung eine Vielzahl <strong>von</strong> Anstrengungen.<br />
So werden beispielsweise - gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit - landesweit<br />
flächendeckend zusätzliche Maßnahmen zur frühzeitigen Berufsorientierung im<br />
Rahmen des Projektes „BRAFO – Berufswahl Richtig Angehen Frühzeitig Orientieren angeboten.<br />
Für weitergehende Informationen wird auf den jährlichen Berufsbildungsbericht des Landes<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> verwiesen.<br />
2.2.2. Förderung der Erstausbildung Alleinerziehender<br />
Von der schwierigen Lage auf dem Ausbildungsstellenmarkt sind junge Mütter unter 27 Jahre<br />
besonders betroffen. Es ist ohnehin schwer, Unternehmen zu finden, die bereit sind auszubilden<br />
und hier kommen noch Vorbehalte gegen diesen speziellen Personenkreis dazu.<br />
Um jungen Müttern, insbesondere Alleinerziehenden, den Weg in die Berufsausbildung zu<br />
ebnen, setzte hier das in der EU-Förderperiode 2000-2006 geförderte Projekt „Berufliche<br />
Erstausbildung für junge Mütter unter 27 Jahren (Efa)“ durch sein besonderes Ausbildungskonzept<br />
sowie sozialpädagogische Betreuung der Auszubildenden und Begleitung des Übergangs<br />
<strong>von</strong> der Ausbildung in den Beruf an.<br />
112
Es haben 47 Teilnehmerinnen an dem Projekt teilgenommen. Von den 47 Teilnehmerinnen<br />
haben 16 ihre 3- jährige Ausbildung regulär und erfolgreich abgeschlossen. <strong>Der</strong> Erfolg des<br />
Projektes zeigt sich auch daran, dass <strong>von</strong> diesen Auszubildenden die Hälfte sofort eine<br />
Festanstellung bekam.<br />
Zwei Teilnehmerinnen werden den Weg in die unternehmerische Selbständigkeit gehen. Bei<br />
5 Teilnehmerinnen wurde das Ausbildungsverhältnis vorzeitig gelöst, alle weiteren setzen ihre<br />
Ausbildung fort.<br />
Für eine Reihe weiterer Interessentinnen wurden Ausbildungsmöglichkeiten gesucht, was<br />
sich aus den eingangs genannten Gründen schwierig gestaltete.<br />
Im Rahmen der neuen EU-Förderperiode 2007-2013 soll das Projekt in modifizierter Form<br />
unter Einbeziehung aller positiven Erfahrungen wieder gefördert werden. Dabei sollen 90<br />
junge Frauen die Möglichkeit für eine erfolgreiche berufliche Erstausbildung erhalten.<br />
2.2.3 Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit<br />
Die berufliche Eingliederung <strong>von</strong> Jugendlichen nach der Berufsausbildung war und bleibt ein<br />
Schwerpunkt der Arbeitsmarktpolitik des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>. Vorrangig ist dabei die<br />
Schaffung <strong>von</strong> Perspektiven für Jugendliche auf dem ersten Arbeitsmarkt. Die Arbeitsmarktprogramme<br />
des Landes sind mit der Regionaldirektion <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>-Thüringen und den<br />
zugelassenen kommunalen Trägern abgestimmt worden.<br />
Den Schwerpunkt der Landesförderung bildet das im Jahr 2003 gestartete Förderprogramm<br />
„GAJL – Gegen Abwanderung junger Landeskinder“, über das bisher insgesamt mehr als<br />
16.000 Jugendliche gefördert worden sind. „GAJL“ ist sehr erfolgreich. Mehr als die Hälfte<br />
der Jugendlichen konnte mit Hilfe des Programms hier eine reguläre Beschäftigung aufnehmen.<br />
„GAJL“ wird mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert und in der Strukturfondsförderperiode<br />
2007-2013 weitergeführt.<br />
Daneben gibt es weitere Förderangebote des Landes für arbeitslose Jugendliche, wie die<br />
Förderung <strong>von</strong> Nachwuchskräftepools und Projekten für Hoch- und Fachhochschulabsolventen.<br />
Ziel dieser Programme ist ebenfalls die Integration der Jugendlichen in ein reguläres Arbeitsverhältnis<br />
in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>.<br />
2.3 Perspektiven und Herausforderungen<br />
2.3.1 Demographische Entwicklung und Fachkräftebedarf<br />
In Folge des wirtschaftlichen Aufschwungs steigt inzwischen der Fachkräftebedarf der Wirtschaft<br />
wieder an. Insbesondere im verarbeitenden Gewerbe ist bereits jetzt ein erhöhter<br />
Fachkräftebedarf festzustellen, der bisher noch weitgehend gedeckt werden konnte. Dies<br />
wird auch sichtbar im Anstieg der Beschäftigung im Jahr 2007. Nach aktuellen Ergebnissen<br />
des IAB-Betriebspanels nehmen die Probleme <strong>von</strong> Unternehmen bei der Fachkräftebeschaffung<br />
tendenziell zu. Etwa ein Viertel der Betriebe mit 50-250 Beschäftigten und sogar rund<br />
40% der Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten klagten in der letztjährigen Befragung<br />
schon über entsprechende Probleme. Es ist zu erwarten, dass es in der Metallindustrie, der<br />
Solar-, Chemie-, Call-Center-, Nahrungsmittel- und Papierbranche zukünftig einen erhöhten<br />
Bedarf an Fachkräften mit technischen Berufen geben wird.<br />
Eine deutliche Mangelsituation zeigt sich schon jetzt bei den Berufsgruppen Metallverformer<br />
(insbesondere Dreher, Fräser, Bohrer, Schleifer), Metallverbinder (insbesondere Schweißer),<br />
Feinblechner/Installateure, Schlosser, Werkzeugmacher und Elektriker. In allen diesen Berufsgruppen<br />
ist die Wahrscheinlichkeit, vom Arbeitsmarkt entsprechende Fachkräfte zu bekommen,<br />
deutlich geringer als im Durchschnitt aller Berufe.<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> hat in Bezug auf die schnelle Verfügbarkeit geeigneter Fachkräfte deutlich<br />
günstigere Ausgangsbedingungen als viele andere Länder. Gründe dafür sind:<br />
113
• Das Verhältnis <strong>von</strong> offenen Stellen zu Arbeitslosen ist relativ günstig, die Vakanzzeiten<br />
offener Stellen sind in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> unterdurchschnittlich. Unter den in <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> bei den Agenturen für Arbeit gemeldeten Arbeitslosen gibt es immer noch eine<br />
sehr hohe Zahl <strong>von</strong> gut ausgebildeten Fachkräften, die entweder direkt oder über eine<br />
am Bedarf der Unternehmen orientierte Anpassungsqualifizierung vermittelt werden können.<br />
• Eine große Zahl <strong>von</strong> gut ausgebildeten Fachkräften, die im Land ansässig sind, pendelt<br />
derzeit zu Arbeitsplätzen, die weit außerhalb des Tagespendelbereichs liegen.<br />
Etwa 20.000 <strong>von</strong> diesen sog. „Weitpendlern“ haben Berufe, für die in nächster Zeit ein<br />
erhöhter Fachkräftebedarf der Wirtschaft zu erwarten ist (z.B. Ingenieure, Facharbeiter<br />
im Metall- und Elektrobereich etc.). Diese Pendler stellen ein großes Fachkräftepotential<br />
für Unternehmen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> dar.<br />
• Eine große Zahl <strong>von</strong> Jugendlichen aus den geburtenstarken Jahrgängen der 1980er Jahre<br />
befindet sich derzeit in Berufsausbildung oder hat diese bereits abgeschlossen. Diese<br />
stehen dem Arbeitsmarkt bereits jetzt und in den nächsten Jahren als gut ausgebildete<br />
Fachkräfte zur Verfügung.<br />
• An Hochschulen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> werden derzeit insgesamt rund 50.000 Akademikerinnen<br />
und Akademiker, da<strong>von</strong> rund 7.600 Ingenieurinnen und Ingenieure ausgebildet.<br />
Etwa drei Viertel derjenigen, die ingenieurwissenschaftliche Studienrichtungen absolviert<br />
haben, verlassen derzeit das Land nach Abschluss ihrer Ausbildung. Auch diese Gruppe<br />
stellt ein enormes Fachkräftepotential für Unternehmen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> dar.<br />
2.3.2 Berufsorientierung in zukunftsträchtigen Berufen<br />
Es ist weiterhin festzustellen, dass Mädchen sich häufig noch immer für sogenannte frauentypische<br />
Berufe entscheiden. Diese Entscheidung wird oft durch äußere Einflüsse bestärkt.<br />
Insbesondere in wissenschaftlich-technischen Studiengängen und Ausbildungsberufen sind<br />
Mädchen noch immer unterrepräsentiert, obgleich gerade in diesen Berufszweigen die<br />
Chance einer eigenständigen Existenzsicherung hoch und sie deshalb zukunftsweisend sind.<br />
Berufsorientierende Maßnahmen müssen frühzeitig ansetzen und sollen bei Mädchen das<br />
Interesse für zukunftsträchtige Berufe und Studiengänge wecken und fördern. <strong>Der</strong> Anteil<br />
weiblicher Auszubildender und Studierender in Ausbildungs- und Studiengängen, in denen<br />
sie unterrepräsentiert sind, soll deshalb erhöht werden.<br />
Insbesondere eine praxisnahe Berufsorientierung bietet Mädchen die Möglichkeit, ihren Ausbildungs-<br />
oder Studienwunsch zu verfestigen oder sich neu zu orientieren. Ziel ist hierbei die<br />
Vermeidung <strong>von</strong> Ausbildungs- bzw. Studienabbrüchen und stattdessen das Erreichen eines<br />
erfolgreichen Ausbildungsabschlusses.<br />
2.3.3 Handlungsoptionen<br />
Die Strategie der Landesregierung zur Fachkräftesicherung und Fachkräfteentwicklung in<br />
Unternehmen wird im Ministerium für Wirtschaft und Arbeit entwickelt und umgesetzt. Sie<br />
besteht aus mehreren Säulen:<br />
1. Säule: Betriebliche Ausbildung stärken<br />
<strong>Der</strong> strategische Ansatz zur Stärkung der betrieblichen Erstausbildung ist im aktuellen Vertragstext<br />
zum Ausbildungspakt 2007-2010 umfassend beschrieben. Wesentlicher Ausgangspunkt<br />
ist dabei die Eigenverantwortung der Wirtschaft für die Ausbildung des eigenen Fachkräftenachwuchses.<br />
Die Landesregierung unterstützt die Wirtschaft bei dieser Aufgabe unter<br />
anderem durch Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildungsreife und der Berufsorientierung<br />
der Jugendlichen, z.B. durch das landesweite Projekt BRAFO (s. o.), sowie durch verschiedene<br />
Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für betriebliche Ausbildung,<br />
insbesondere durch ein Förderinstrumentarium zur Unterstützung der Verbundausbil-<br />
114
dung und der Förderung <strong>von</strong> Zusatzqualifikationen sowie zur betrieblichen Ausbildung benachteiligter<br />
Personengruppen.<br />
Da das Angebot betrieblicher Ausbildungsplätze trotz aller Anstrengungen der Wirtschaft<br />
derzeit noch nicht ausreicht, um allen Lehrstellensuchenden einen Ausbildungsplatz anbieten<br />
zu können, wird die Landesregierung auch in den nächsten Jahren noch zusätzliche außerbetriebliche<br />
(Ausbildungsplatzprogramm Ost und Landesergänzungsprogramm) und<br />
schulische Ausbildungsplätze bereitstellen.<br />
2. Säule: Qualifizierung <strong>von</strong> Beschäftigten für und in Unternehmen unterstützen<br />
Im Rahmen der Förderung zur Qualifizierung <strong>von</strong> Beschäftigten werden die bisherigen erfolgreichen<br />
Ansätze zur Förderung der Anpassungsqualifizierung <strong>von</strong> Beschäftigten (nach<br />
Einstellung) an veränderte betriebliche Bedarfe weiter geführt. Darüber hinaus wurde die<br />
bisherige Zielrichtung der Richtlinie teilweise auf die Phase vor der Einstellung erweitert. Um<br />
einerseits den gestiegenen qualitativen und quantitativen Anforderungen an die betriebliche<br />
Weiterbildung und andererseits der Sicherung des zukünftigen Fachkräftebedarfs der Unternehmen<br />
Genüge zu leisten, ist die dazugehörige Förderrichtlinie in zwei Schwerpunkte gegliedert:<br />
• Durchführung betrieblicher Qualifizierungsvorhaben und Umsetzung betrieblicher Konzepte<br />
zur Organisations- und Personalentwicklung, zur Anpassungsqualifizierung, zur<br />
Erweiterung des beruflichen Wissens sowie zur wissenschaftlichen Weiterbildung für eigene<br />
Beschäftigte. Dementsprechend können für diesen Teil der Förderung ausschließlich<br />
die Unternehmen selbst als Antragsteller und Projektträger fungieren.<br />
• Unterstützung unternehmensbezogener Personalpools durch Qualifizierungsprojekte, die<br />
zur bedarfsgerechten und branchenorientierten Fachkräftegewinnung insbesondere für<br />
Investoren beitragen. Hierzu wurde die Richtlinienförderung in begrenztem Umfang auch<br />
für Qualifizierungen im Vorfeld einer Einstellung geöffnet. Dabei ist eine enge Zusammenarbeit<br />
mit der Bundesagentur für Arbeit vorgesehen. Auch die Durchführung <strong>von</strong><br />
Personalauswahlverfahren im Rahmen <strong>von</strong> Neuinvestitionen und Unternehmensansiedlungen<br />
kann in diesem Zusammenhang in begrenztem Umfang mit maximal 30 v. H. der<br />
Gesamtkosten einer Qualifizierungsmaßnahme gefördert werden. Antragsteller können<br />
hier die Unternehmen selbst oder Projektträger sein. In jedem Fall ist auch hier eine finanzielle<br />
Beteiligung der beteiligten Unternehmen zwingend vorgesehen.<br />
Des Weiteren sollen in der aktuellen EU-Strukturfondsperiode 2007-2013 erhebliche Mittel<br />
des Europäischen Sozialfonds (ESF) für Einzelprojekte eingesetzt werden, um die Unternehmen<br />
bei der Personal- und Organisationsentwicklung zu unterstützen.<br />
3. Säule: Zusätzliche Fachkräftepotentiale erschließen<br />
durch<br />
a) „PFIFF“ – das Fachkräfteportal <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Das Projekt „PFIFF“ zielt auf die Sicherung <strong>von</strong> Fachkräften für <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s Unternehmen<br />
ab. Angesprochen werden bundesweit potenzielle Fachkräfte, die sich in einer beruflichen<br />
Aus- und Weiterbildung oder in einer Hoch- und Fachschulausbildung befinden, sowie<br />
gut ausgebildete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in anderen Bundesländern, die gern<br />
in ihre Heimatregion <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> zurückkehren würden. PFIFF ist auch ein Informationsund<br />
Vermittlungsportal für gut ausgebildete Fachkräfte, die Arbeit suchen, und für Unternehmen,<br />
die dringend Fachkräfte benötigen.<br />
Unternehmen, die Fachkräfte suchen, können den Internetauftritt www.pfiff-sachsenanhalt.de<br />
sowie den dazugehörigen Newsletter nutzen, um ihre Firma zu präsentieren. Online-Bewerbungen<br />
<strong>von</strong> Pendler/Innen, Rückkehrwilligen und qualifizierten Arbeitssuchenden,<br />
die zurzeit arbeitslos sind oder sich beruflich verändern möchten, werden in einer Datenbank<br />
registriert, auf die auch Firmen zurück greifen können. Von Montag bis Samstag 8 Uhr bis 20<br />
115
Uhr informiert eine kostenlos erreichbare Fachkräfte-Hotline (0800-6630066) über Vermittlungschancen<br />
und Vermittlungswege.<br />
b) Integration arbeitsloser Jugendlicher mit abgeschlossener Berufsausbildung in<br />
Unternehmen <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s<br />
Die Landesregierung fördert die Integration arbeitsloser Jugendlicher unter 25 Jahren, die<br />
eine abgeschlossene Berufsausbildung haben, bei privaten Arbeitgeber/Innenn in <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> insbesondere mit dem Programm „GAJL – Gegen Abwanderung junger Landeskinder“<br />
(s. o.). Das Programm bietet Trainingsmaßnahmen, betriebliche Praktika, Qualifizierungsangebote<br />
sowie Lohnkostenzuschüsse.<br />
c) Bindung <strong>von</strong> Hochschulabsolventen und –absolventinnen an Unternehmen<br />
der Region<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> unterstützt die Vermittlung <strong>von</strong> Hochschulabsolventinnen und -absolventen<br />
in regional ansässige Unternehmen insbesondere durch zwei Förderinstrumente:<br />
• Das Land fördert Transfer-Center an allen Hochschulen und Universitäten, deren Aufgabe<br />
es ist, einen frühzeitigen Kontakt zwischen Studierenden (künftigen Absolventinnen<br />
und Absolventen) der Hochschulen des Landes mit der Wirtschaft des Landes herzustellen<br />
(z.B. durch Vermittlung <strong>von</strong> Praktika, Diplomarbeitsthemen, Stellenvermittlung für<br />
Absolvent/Innen etc.).<br />
• Über eine neue Förderrichtlinie wird die Integration <strong>von</strong> Hoch- und Fachschulabsolventinnen<br />
und -absolventen in Unternehmen unterstützt. Von Land und ESF geförderte Bildungsträger<br />
unterstützen dabei mit Hilfe <strong>von</strong> Beratungs- und Orientierungsangeboten,<br />
Training und Coaching, Akquirierung <strong>von</strong> Arbeitsplätzen, betrieblichen Praktika und Mentoring<br />
den Übergang dieser Fachkräfte in den Arbeitsmarkt.<br />
Zur Modernisierung und Strukturverbesserung der beruflichen Bildung wurden vom „Innovationskreis<br />
berufliche Bildung“ 10 Leitlinien als Empfehlung und Umsetzungsvorschläge erarbeitet:<br />
1. Ausbildungsbasis: Mehr Schulabschlüsse erreichen – Ausbildungsreife verbessern<br />
Das bedeutet konkret:<br />
- Breite Umsetzung und Nutzung des <strong>von</strong> den Partnern des Nationalen Ausbildungspakts<br />
gemeinsam mit der KMK erarbeiteten Handlungsleitfadens zur Stärkung <strong>von</strong> Berufsorientierung<br />
und Ausbildungsreife<br />
- bis 2010 soll das Ziel erreicht werden, die Zahl der Schulabgängerinnen und Schulabgänger<br />
ohne Abschluss gegenüber 2005 zu halbieren<br />
- verbessertes Übergangsmanagement zwischen Schule und Ausbildung – insbesondere<br />
vielfältige Aktivitäten und Kooperationen zwischen Wirtschaft und allgemein bildenden<br />
Schulen weiter verstärken<br />
2. Ausbildungsvorbereitung für Benachteiligte optimieren – Förderstrukturen neu ordnen:<br />
Die Vielzahl <strong>von</strong> Benachteiligtenfördermaßnahmen, insbesondere in der Berufsausbildungsvorbereitung,<br />
muss mit dem Ziel einer transparenten und abgestimmten Gesamtarchitektur<br />
der Förderinstrumente <strong>von</strong> Bund, Ländern und Regionen besser aufeinander abgestimmt<br />
und praxisnah ausgerichtet werden.<br />
3. Übergänge optimieren – Wege in betriebliche Ausbildung sichern:<br />
Die Zahl der Altbewerberinnen und -bewerber, die inzwischen mehr als 50 % der bei den Arbeitsagenturen<br />
gemeldeten Bewerberinnen und Bewerber stellen, muss deutlich reduziert<br />
werden. Dazu sind bewährte Instrumente, insbesondere die Einstiegsqualifizierung, zu nutzen<br />
und neue Formen <strong>von</strong> anschlussfähigen und anrechenbaren Qualifizierungsmaßnahmen<br />
zu entwickeln.<br />
116
4. Das Berufsprinzip stärken – Flexibilisierung der beruflichen Bildung vorantreiben:<br />
Das duale System wird gestärkt mit seiner Kombination <strong>von</strong> Arbeit und Lernen – damit wird<br />
die notwendige hochwertige Facharbeiterqualifikation bedarfsgerecht gesichert.<br />
5. Das Angebot verbreitern – Ausbildungskapazitäten effektiv nutzen:<br />
Bestehende und neue Programme zur Förderung der Ausbildung sollen gezielt daraufhin untersucht<br />
werden, wie stärker als bisher vorhandene Ausbildungsteilkapazitäten für Ausbildung<br />
und Qualifizierung gewonnen werden können. Insbesondere für den Bereich handwerklicher<br />
Berufe sollen hier neue Optionen bei Überbetrieblichen Ausbildungsstätten identifiziert<br />
und genutzt werden.<br />
6. Durchlässigkeit verbessern – Anschlussfähigkeit beruflicher Abschlüsse sichern<br />
- Es ist Aufgabe der Bildungspolitik, adäquate und gleichwertige Bildungschancen zu<br />
schaffen, die Verzahnung <strong>von</strong> beruflicher Aus- und Weiterbildung zu verwirklichen und<br />
die Durchlässigkeit zwischen den Bildungsbereichen zu erhöhen.<br />
- Es sollen Zusatzqualifikationen an den Schnittstellen zwischen beruflicher Aus- und Weiterbildung<br />
weiter ausgebaut werden, um begabten jungen Auszubildenden den anrechnungsfähigen<br />
Teilerwerb <strong>von</strong> Fortbildungsinhalten und –abschlüssen schon während der<br />
Ausbildung zu ermöglichen.<br />
7. „Zweite Chance“ für Qualifizierung – Nachqualifizierung junger Erwachsener vorantreiben<br />
- An- und ungelernte junge Erwachsene, darunter zu einem hohen Teil junge Menschen<br />
mit Migrationshintergrund, benötigen eine „zweite Chance“ zum nachträglichen Erwerb<br />
eines Berufsabschlusses. Bestehende Förderinstrumente sind nicht hinreichend bekannt<br />
und werden zu wenig genutzt.<br />
- Neue Wege der berufsbegleitenden, bausteinorientierten Nachqualifizierung, auch besonders<br />
für Ausbildungsabbrecherinnen und -abbrecher sind erforderlich.<br />
8. Europäische Öffnung – Mobilität und Anerkennung verbessern<br />
In der europäischen Öffnung nationaler Aus- und Fortbildungsregelungen wird ein wichtiges<br />
Instrument international zukunftsfähiger Qualifizierung gesehen.<br />
9. Duale Ausbildung im europäischen Vergleich stärken – Potenzial auf dem internationalen<br />
Bildungsmarkt sichern<br />
Die Stärken dualer Ausbildung in Europa im Zusammenschluss mit anderen nach dualem<br />
Prinzip ausbildenden Staaten müssen noch zielgerichteter eingebracht und unsere Interessen<br />
auf europäischer und nationaler Ebene frühzeitiger vertreten und gewahrt werden.<br />
10. Grundlagen für zukunftsorientierte Berufsbildungspolitik schaffen – Kooperation <strong>von</strong><br />
Wirtschaft, Wissenschaft und Politik stärken.<br />
<strong>Der</strong> Schlüssel für eine zukunftsorientierte Gestaltung der beruflichen Bildung wird in einer<br />
engeren Kooperation <strong>von</strong> Wissenschaft, Sozialpartnern und Politik gesehen. Dies gilt u.a. für<br />
die Stärkung der Früherkennung <strong>von</strong> Branchenentwicklungen und des entsprechenden Qualifikationsbedarfs.<br />
Ziel muss es sein, diese Handlungsempfehlungen zum Wohl der jungen Menschen zügig<br />
umzusetzen.<br />
117
3. Gesundheit und Gesundheitserziehung<br />
3.1 Gesundheit<br />
3.1.1 Ziele<br />
Bereits 1998 hat <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> als erstes neues Bundesland Gesundheitsziele formuliert.<br />
Ausgangspunkt waren Ergebnisse der Gesundheitsberichterstattung, die vom Bundesdurchschnitt<br />
abwichen und auf einen schlechteren Gesundheitszustand der Bevölkerung <strong>von</strong><br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> hinwiesen. Diese Gesundheitsziele wurden 2003 neu justiert.<br />
Diese Gesundheitsziele - orientiert an Prävention und Gesundheitsförderung - lauten:<br />
• Verbesserung der Zahngesundheit bei der Bevölkerung auf Bundesdurchschnitt<br />
• Senkung des Anteils an Raucherinnen und Rauchern und der alkoholbedingten Gesundheitsschäden<br />
auf Bundesdurchschnitt<br />
• Erreichen eines altersgerechten Impfstatus bei über 90% der Bevölkerung<br />
• Entwicklung eines gesunden Bewegungsverhaltens und Verbesserung <strong>von</strong> Bewegungsangeboten<br />
für die Bevölkerung<br />
• Förderung eines gesunden Ernährungsverhaltens und gesunder Ernährungsangebote für<br />
die Bevölkerung<br />
Mehr als 500 Institutionen engagieren sich inzwischen bei und für diese Gesundheitsziele.<br />
Neben den Krankenkassen, Kammern und Vereinigungen, Einrichtungen der Wohlfahrt und<br />
des öffentlichen Gesundheitsdienstes wirken zunehmend auch Institutionen wie Kindertagesstätten,<br />
Schulen, Betriebe, Krankenhäuser, Sport- und andere Vereine, aber auch Berufsverbände,<br />
Städte, Landkreise und Ministerien mit.<br />
Die Unterstützung <strong>von</strong> Verhaltensänderungen durch Information und Motivation sowie die<br />
Weiterentwicklung gesundheitsförderlicher Strukturen sind zentrale Aufgaben. Denn Gesundheit<br />
ist nicht nur ein individueller Wert, sondern ist<br />
• eine Voraussetzung für Wohlbefinden, Lebensqualität und Leistung<br />
• ein Wirtschafts- und Standortfaktor,<br />
• die Voraussetzung für die Stabilität des Generationenvertrages<br />
• ein Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit.<br />
Gesundheitsziele bieten die Möglichkeit gesundheitspolitische Schwerpunkte zu setzen. Um<br />
die Zielstellung zu erreichen, den Gesundheitszustand der Bevölkerung <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s zu<br />
verbessern, wurden folgende Schwerpunktzielgruppen ausgewählt:<br />
• Kinder und Jugendliche<br />
• Arbeitnehmer und Arbeitgeber<br />
• Senioren.<br />
Grundlegende Zielstellung im Rahmen der Umsetzung der Gesundheitsziele ist die Verbesserung<br />
des Gesundheitszustandes der Bevölkerung; diese soll durch die Initiierung <strong>von</strong> Modellprojekten<br />
angeregt werden.<br />
Die Maßnahmen setzen an dem Zusammenspiel der verschiedenen gesundheitsförderlichen<br />
Faktoren an. Gesundheitsförderung und Prävention findet dort statt, wo Menschen leben, arbeiten,<br />
lernen und spielen – also in ihrer Wohnumgebung, im Stadtteil, am Arbeitsplatz, in<br />
den Kindertageseinrichtungen, in der Schule, in Senioreneinrichtungen, in Freizeiteinrichtungen<br />
und Vereinen. Dort, wo Menschen sich regelmäßig aufhalten, müssen Gesundheitsförderung<br />
und Prävention zur Selbstverständlichkeit werden.<br />
Dabei geht es darum, zu überzeugen, nicht zu belehren, und erst recht nicht zu diskriminieren.<br />
Den individuellen Lebensstil kann und soll der Staat nicht reglementieren. Mit den Modellprojekten<br />
sollen im Gegenteil attraktive Wege beschrieben werden, wie die täglichen An-<br />
118
forderungen, die immer auch eng an Gesundheit und Leistungsfähigkeit gebunden sind,<br />
besser bewältigt werden können. In den Lebenswelten („Settings“) muss es daher gelingen,<br />
• die Voraussetzungen zu schaffen und zu verbessern, sich gesünder zu ernähren, sich<br />
mehr zu bewegen und die Herausforderungen des Alltags besser bewältigen zu können,<br />
• mit Vorbildern und Anreizen die Menschen zu motivieren, mehr für die eigene Gesundheit<br />
zu tun und<br />
• konkrete Angebote für Menschen und Bevölkerungsgruppen anzubieten, die bisher kaum<br />
Zugang zu gesundheitsförderlichen Angeboten hatten.<br />
Es gilt, die Lücke zwischen dem Wissen über einen gesunden Lebensstil und der Anwendung<br />
<strong>von</strong> gesundheitsförderlichem Verhalten zu erkennen und zu schließen. Dabei geht es<br />
insbesondere darum, verständliche und alltagstaugliche Informationen zu vermitteln.<br />
Die Maßnahmen zu den Gesundheitszielen sollen dauerhafte und nachhaltige Änderungen<br />
bewirken. Das erfordert eine auf die jeweilige Zielgruppe zugeschnittene Ansprache. Nur so<br />
kann die Bereitschaft für eine gesunde Lebensweise quer durch die Bevölkerung nachhaltig<br />
geweckt und gefördert werden, sozusagen vom Kita–Kind bis zum ältesten Menschen.<br />
3.1.2 Entwicklungen und Befunde<br />
In der Schulanfängerstudie <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> wurde besonderes Augenmerk auf die sozialen<br />
Rahmenbedingungen gerichtet, unter denen die einzuschulenden Kinder aufwachsen und<br />
leben. Es wurde versucht, anhand des Sozialstatus jene Faktoren zu erfassen, die maßgeblich<br />
die gesunde Entwicklung der Kinder beeinflussen. Es wurden der Bildungs- und der Beschäftigungsstatus<br />
der Eltern erfasst und aus diesen Angaben wurde eine Definition „sozialer<br />
Status“ in Anlehnung an die Empfehlung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Epidemiologie<br />
(DAE) erarbeitet (auch wenn im Fragebogen die Angabe zum Einkommen, in der DAE-<br />
Empfehlung neben Bildung und Beruf als dritter zentraler Aspekt sozialer Schichtung genannt,<br />
nicht erfragt wurde).<br />
Kinder aus Familien mit hohem Sozialstatus litten häufiger an allergischen Erkrankungen,<br />
besonders an Ekzem bzw. Neurodermitis, sowie an Pseudokrupp. Dagegen waren Kinder<br />
aus Familien mit niedrigem Sozialstatus eher anfällig gegen Erkältungskrankheiten.<br />
Das Eintrittsalter der Kinder in die Kinderkrippe bzw. in den Kindergarten ist deutlich gesunken,<br />
d.h. die Kinder besuchen in einem viel früheren Lebensalter die Kindereinrichtungen.<br />
Hierbei sind es besonders die Kinder aus Familien mit hohem Sozialstatus, die jetzt früher<br />
eine Kindereinrichtung besuchen. Insgesamt ist auch der Anteil der Kinder, die nie eine Kindereinrichtung<br />
besucht haben, deutlich gesunken (auch bei niedrigem sozialem Status).<br />
<strong>Der</strong> Einfluss des Sozialstatus auf die Wohnsituation einzuschulender Kinder war deutlich:<br />
Kindern aus Familien mit niedrigem Sozialstatus stand weniger Wohnfläche zur Verfügung,<br />
sie lebten häufiger in unsanierten Wohnungen und in Wohnungen, die näher an verkehrsreichen<br />
Straßen lagen.<br />
Beim Stillen der Kinder, besonders auch beim Vollstillen, war über den gesamten Untersuchungszeitraum<br />
seit 1991 in allen Untersuchungsorten eine stetige Zunahme zu verzeichnen.<br />
Dabei stillten Mütter mit hohem Sozialstatus, „ältere“ Mütter und Mütter mit ausländischem<br />
Hintergrund ihre Kinder häufiger und länger. Negativ auf die Stillhäufigkeit und Stilldauer<br />
wirkten sich das Rauchen der Mutter während der Schwangerschaft sowie das Leben<br />
in einer Raucherwohnung aus.<br />
<strong>Der</strong> Anteil übergewichtiger Kinder, der Kinder mit Adipositas bzw. extremer Adipositas hat<br />
über den Gesamtzeitraum seit 1991 deutlich zugenommen. Kinder aus Familien mit niedrigem<br />
Sozialstatus stellten dabei den höchsten Anteil übergewichtiger und adipöser Kinder.<br />
Gleiches galt für den BMI (Körpermasse/Quadrat der Körpergröße), der gegenüber Kindern<br />
aus Familien mit hohem Sozialstatus deutlich erhöht war.<br />
Ein Drittel der erfassten Kinder war dem Passiv-Rauchen in der elterlichen Wohnung ausgesetzt.<br />
Obwohl der Trend des Rauchens in der Wohnung in allen Untersuchungsorten erfreu-<br />
119
lich abnimmt, ist der Anteil der rauchenden Mütter gegenüber den rauchenden Vätern deutlich<br />
gestiegen. Gleiches gilt für die Mütter, die während der Schwangerschaft rauchten: Auch<br />
hier ist über den Zeitraum seit 1996 ein wachsender Anteil rauchender Schwangerer zu verzeichnen.<br />
In den Familien mit niedrigem Sozialstatus wird häufiger in der Wohnung geraucht,<br />
auch der größte Anteil rauchender Schwangerer findet sich in dieser Sozialstatusgruppe.<br />
Im Jahr 2006 wurde erstmals das Freizeitverhalten der einzuschulenden Kinder erfragt. Dabei<br />
konnte ermittelt werden, dass Kinder aus Familien mit niedrigem Sozialstatus seltener einen<br />
Sportverein, eine Musikschule oder einen Sprachkurs besuchten als Kinder aus Familien<br />
mit hohem Sozialstatus. Dafür saßen diese Kinder länger vor dem Fernseher und schliefen<br />
weniger.<br />
Die Untersuchungen haben gezeigt, dass der Einfluss der Umwelt auf die Gesundheit der<br />
Kinder auch zukünftig in umfassender Form als „Lebensumwelt“ zu betrachten ist.<br />
Zu betrachten ist auch die Kinder- und Jugendmedizin in den Krankenhäusern.<br />
Abteilungen für Kinder- und Jugendmedizin werden in 22 Krankenhäusern der Basis- sowie<br />
Schwerpunktversorgung und <strong>von</strong> den beiden Universitätskliniken in Halle und Magdeburg<br />
vorgehalten. Die dort stationär behandelten Fälle sind innerhalb <strong>von</strong> 15 Jahren (1991 bis<br />
2006) um 22% zurück gegangen. In diesem Fachgebiet spiegelt sich somit deutlich die Veränderung<br />
des stationären Leistungsprofils wider. Neue Behandlungsmethoden, die demographische<br />
Entwicklung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> und die zunehmende Verlagerung in den ambulanten<br />
Bereich haben dazu geführt, dass in den zurückliegenden Jahren die Fallzahl ständig<br />
rückläufig war, verbunden mit einem Absinken der Verweildauer. Ursache des Fallzahlrückgangs<br />
ist auch der deutliche Geburtenrückgang. Das Fachgebiet ist geprägt <strong>von</strong> einer sich<br />
entwickelnden Leistungskonzentration als Voraussetzung für medizinische Qualität und effiziente<br />
Wirtschaftsführung.<br />
Prognoseerwartung in Zahlen nach Regionen<br />
Kreis/Stadt Veränderung bis 2008 in % Veränderung bis 2011 in %<br />
Altmark -5,0 -10,2<br />
Magdeburg -2,3 -3,8<br />
Harz -4,1 -8,0<br />
Halle -3,2 -5,6<br />
<strong>Anhalt</strong>-Bitterfeld-Wittenberg -5,3 -11,0<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> -3,6 -6,8<br />
Das Fachgebiet soll nicht in jedem Krankenhaus, aber flächendeckend in Rufbereitschaft <strong>von</strong><br />
Kinderärzten rund um die Uhr vorgehalten werden. Dem Bedürfnis nach Mitaufnahme eines<br />
Elternteils sollte, soweit medizinisch erforderlich, Rechnung getragen werden.<br />
Die Veränderung der Altersstruktur der Bevölkerung mit sinkenden Kinderzahlen erschwert<br />
die flächendeckende Vorhaltung wohnortnaher pädiatrischer Versorgungsangebote in Form<br />
<strong>von</strong> Fachabteilungen. Qualitative wohnortnahe Versorgung <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen ist<br />
weiterhin Ziel der Krankenhausplanung. Eine Lösung wäre die Einrichtung interdisziplinärer<br />
Kinderpflegestationen in Kooperation mit niedergelassenen Pädiaterinnen und Pädiatern. Die<br />
Rahmenvorgaben für die Aufstellung des Krankenhausplanes formulieren daher einerseits<br />
allgemeine Leistungsanforderungen für die kindgerechte Versorgung in jedem Krankenhaus<br />
wie beispielsweise<br />
• Erreichbarkeit in max. 40 km Entfernung,<br />
• Pflege durch Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/innen,<br />
• räumliche Voraussetzungen wie interdisziplinäre Kinderzimmer,<br />
• Betreuung durch Fachärztin oder Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin auch in Kooperation<br />
mit niedergelassenen Kinderärztinnen oder Kinderärzten.<br />
120
Andererseits formulieren diese Rahmenvorgaben strukturelle Voraussetzungen für ein Krankenhaus,<br />
das das Fachgebiet Kinder- und Jugendmedizin vorhält. Dieses kann dann ein Angebot<br />
in alle Versorgungsstufen sein, wenn mehr als 2 Fachärztinnen oder Fachärzte für<br />
Kinder- und Jugendmedizin dort tätig sind und eine 24–Stunden-Präsenzpflicht durch Gesundheits-<br />
und Kinderkrankenpfleger/innen. Für die Vorhaltung und krankenhausplanerische<br />
Anerkennung des Fachgebietes an einem Standort sind weiterhin die Fallzahlentwicklung,<br />
die Morbiditätsentwicklung im Kontext zur regionalen demographische Entwicklung sowie die<br />
Vorhaltedichte in dieser Region zu berücksichtigen<br />
3.1.3 Projekte, Perspektiven und Herausforderungen<br />
Mehrere parallel verlaufende und kumulativ wirkende Umstände weisen eindeutig auf eine<br />
problematische Entwicklung des Gesundheitszustands der Gesamtbevölkerung hin. Das<br />
sind:<br />
• der demographische Wandel, der schon für sich genommen eine verstärkte Nachfrage<br />
nach Gesundheits- und Pflegedienstleistungen auslösen wird;<br />
• der in allen Bevölkerungsschichten wahrnehmbare Trend zu einseitiger und unausgewogener<br />
Ernährung mit der Folge erheblicher Gesundheitsrisiken für bereits junge Generationen,<br />
• die Veränderung <strong>von</strong> Lebensgewohnheiten und der Arbeitswelt, die mit Bewegungsmangel,<br />
einseitigen körperlichen Belastungen und der Zunahme <strong>von</strong> neuen vor allem psychisch<br />
relevanten Erkrankungsformen einhergeht,<br />
• der nach wie vor unkritische Umgang der Gesamtbevölkerung und insbesondere der jungen<br />
Generation mit Suchtstoffen, vor allem Alkohol und Tabak.<br />
Schichtenspezifisch, geschlechtsspezifisch und in bestimmten Lebenswelten treten punktuell<br />
weitere Risiken hinzu, etwa das mangelnde eigene Gesundheitsbewusstsein in bildungsfernen,<br />
sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen oder gesundheitsgefährdende Entwicklungen<br />
in der Arbeitswelt, etwa durch Arbeitsverdichtung, die Zunahme <strong>von</strong> Nacht- und Schichtarbeit<br />
oder durch psychische Überforderung. Die absehbare und auch insgesamt unausweichliche<br />
Verlängerung der Lebensarbeitszeit setzt demgegenüber vielmehr unabdingbar<br />
voraus, dass gesundheitlich bedingten Einschränkungen der Beschäftigten bereits in jüngeren<br />
Jahren vorgebeugt wird und zwar auf der Verhaltens- und der Verhältnisebene. Maßnahmen<br />
in Kindergärten und Schulen haben für den Bewusstseinswandel essentielle Bedeutung,<br />
da bereits in diesem Lebensalter die maßgeblichen Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster<br />
angelegt und stabilisiert werden.<br />
Mit diesen Entwicklungen sind hohe gesundheits-, wirtschafts- und gesellschaftspolitische<br />
Risiken verbunden. Die Frage der Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens und einer weiterhin<br />
bedarfsgerechten Gesundheitsversorgung einschließlich qualifizierter ärztlicher und<br />
pflegerischer Personalressourcen ist zunehmend in Frage gestellt.<br />
Die Tatsache, dass seit den 90er Jahren mit sich verfestigender Tendenz rund 2,5% der erwerbsfähigen<br />
Bevölkerung gesundheitsbedingt frühverrentet sind, bedeutet Mehrkosten für<br />
die Sozialsysteme in Höhe <strong>von</strong> fast 10 Mrd. €. Gesundheitsökonominnen und -ökonomen<br />
und der Sachverständigenrat rechnen mit der Realisierbarkeit <strong>von</strong> Kostensenkungen um 25-<br />
30% über konsequente Präventionsmaßnahmen bei chronischen Krankheiten. Bezogen auf<br />
die Gesamtkosten durch z.B. Diabetes mellitus für das deutsche Gesundheitssystem würde<br />
dies ein Einsparvolumen <strong>von</strong> 9-10 Mrd. € pro Jahr bedeuten! Langfristig angelegte Kampagnen<br />
im europäischen Ausland - etwa in Finnland - haben z.B. die Zahl der Herzinfarkte im<br />
Laufe <strong>von</strong> 20 Jahren sogar halbieren können.<br />
Demgegenüber ist Primärprävention und Gesundheitsvorsorge in Deutschland insgesamt<br />
• in ihrer Bedeutung kaum ausreichend im gesellschaftlichen Bewusstsein verankert,<br />
• zu stark in verschiedene Politikfelder zersplittert und in zu vielen institutionellen Zuordnungen<br />
zu kleinteilig und zu wenig effizient organisiert,<br />
121
• nicht nachhaltig genug angelegt,<br />
• zu einseitig auf Hochrisikogruppen fokussiert,<br />
• in Teilbereichen fehl- oder unterfinanziert,<br />
• und zu wenig an Prioritäten, nationalen Zielen und den vorliegenden gesundheitsökonomischen<br />
Erkenntnissen ausgerichtet.<br />
Das Sozialversicherungssystem ist überdies fast ausschließlich versorgungsbezogen und zu<br />
stark reaktiv ausgerichtet. Es setzt für Leistungserbringer wie für Versicherte zu wenig Anreize<br />
für die Änderung <strong>von</strong> Verhalten. Zudem fehlen Anreize für die Stärkung individueller und<br />
kollektiv wirkender Gesundheitsvorsorge. Vergleichbares gilt für die Verantwortung der Unternehmen<br />
zur Schaffung stärker gesundheitsfördernder Arbeitsbedingungen, die zudem im<br />
eigenen personal- und betriebswirtschaftlichen Interesse liegen. Die für die Gesundheitspolitik<br />
zuständigen Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder bedauern<br />
es daher, dass es bisher nicht gelungen ist, eine politische Verständigung über ein Präventionsgesetz<br />
für die Bundesrepublik Deutschland zu erzielen.<br />
Die Länder sehen weiterhin die Notwendigkeit, gemeinsam mit der Bundesregierung an der<br />
Entwicklung einer vorrangig vom Gedanken der Prävention geprägten gesundheitspolitischen<br />
Gesamtstrategie für die Bundesrepublik Deutschland zu arbeiten, die sich über alle<br />
Politikfelder erstreckt, Prioritäten benennt und verbindlich macht und alle Beteiligten an Zielen<br />
orientiert in die Pflicht nimmt. Im Sinne einer sozial ausgewogenen Primärprävention<br />
muss der Erhalt und die Förderung <strong>von</strong> Gesundheit übergreifend in allen Politikfeldern und<br />
Lebensbereichen fest verankert werden.<br />
3.2 Gesundheitsförderung in der Schule<br />
3.2.1 Ziele<br />
In den vergangen Jahren sind die Anforderungen und Ansprüche an das Bildungssystem<br />
kontinuierlich gestiegen. Schule soll neben der Vermittlung <strong>von</strong> Bildung auch einen Erziehungsbeitrag<br />
leisten, Werte vermitteln, zur Selbstständigkeit erziehen und die Persönlichkeitsentwicklung<br />
des Kindes fördern. Die Schule soll nicht nur Lernort, sondern auch sozialer<br />
Lebensraum sein.<br />
In diesem Aufgabenspektrum hat die Gesundheitsförderung einen wichtigen Platz, dem auch<br />
das Schulgesetz des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> (SchulG LSA) Rechnung trägt. Es schreibt im<br />
Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule u. a. fest, dass „die Schülerinnen und Schüler<br />
zu verantwortlichem Handeln in einer <strong>von</strong> zunehmender gegenseitiger Abhängigkeit und globalen<br />
Problemen geprägten Welt für die Bewahrung <strong>von</strong> Natur, Leben und Gesundheit zu<br />
befähigen“ sind. Daneben wird die Schulbehörde im § 38 SchulG LSA verpflichtet, Maßnahmen<br />
der Schulgesundheitspflege vorzuhalten. Im Rahmen des Bildungs- und Erziehungsauftrages<br />
ist sie auch zuständig für die Sucht- und Drogenberatung.<br />
Weil keine andere Institution so lange und so verlässlich Zugang zu allen Kindern und Jugendlichen<br />
hat, trägt Schule neben dem Elternhaus eine besondere Verantwortung für die<br />
Umsetzung zeitgemäßer gesundheitsfördernder Konzepte, die auf Kontinuität bauen und<br />
langfristig angelegt sind. Dabei geht es um die gezielte Verbesserung der gesundheitsorientierten<br />
Chancengleichheit für Schülerinnen und Schüler durch Minderung individuellen Risikoverhaltens<br />
und durch Stärkung individueller Ressourcen und Schutzfaktoren.<br />
Zugleich können Maßnahmen zur Gesundheitsförderung auch zur Entwicklung und Verbesserung<br />
schulischer Qualität insgesamt beitragen. Die wachsende gesundheitliche und ökologische<br />
Belastung verstärkt den Bedarf an schulbezogenen und zielgruppenspezifischen<br />
Konzepten. Hier setzt Gesundheitsförderung als Prozess der Schulentwicklung mit dem Ziel<br />
ein, zur Qualitätssteigerung und Qualitätssicherung <strong>von</strong> Unterricht und Erziehung beizutragen.<br />
Gesundheit wird hierbei ganzheitlich betrachtet und umfasst damit körperliche, geistige<br />
wie auch seelische und soziale Aspekte. Schulische Gesundheitsförderung bezieht alle Bereiche<br />
des schulischen Lebens ein und zielt darauf, die Kompetenzen zur Förderung der eigenen<br />
Gesundheit zu entwickeln und zu stärken. Das schließt die gezielte Verbesserung der<br />
122
gesundheitsorientierten Professionalität der Lehrkräfte ebenso ein wie die Gestaltung gesundheitsfördernder<br />
Arbeitsplätze bzw. Lern- und Lebensräume, die vor allem durch ein gutes<br />
Schulklima und eine gesundheitsfördernde Schulorganisation geprägt sind. Dabei geht<br />
es sowohl um die Gesundheit <strong>von</strong> Schülerinnen und Schülern als auch um die Lehrergesundheit.<br />
Die Schulen leisten bei der Umsetzung der Gesundheitsziele des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> (s.<br />
o.) einen wichtigen Beitrag. Zugleich wirken sie mit Maßnahmen zu deren Umsetzung an der<br />
Erfüllung ihres Erziehungs- und Bildungsauftrags mit. So sind z. B. eine ausgewogene Ernährung,<br />
viel Bewegung, die Förderung der Körperwahrnehmung sowie die Eröffnung gesundheitlicher<br />
Chancen grundlegende Voraussetzungen für die körperliche, psychische und<br />
soziale Entwicklung jeder Schülerin und jedes Schülers. Kinder und Jugendliche für die eigene<br />
Gesundheit zu sensibilisieren, sie auf Themen wie gesunde Ernährung, Bewegung und<br />
Missbrauch <strong>von</strong> Suchtmitteln aufmerksam zu machen, sind grundlegende Ziele schulischer<br />
Gesundheitsförderung.<br />
3.2.2 Schwerpunktmaßnahmen<br />
Gemäß ihrem Bildungs- und Erziehungsauftrag sind alle Schulen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> gehalten,<br />
Beiträge zur Gesundheitsförderung zu leisten. Die Entwicklung eines besonderen<br />
Schulprofils gibt ihnen darüber hinaus die Möglichkeit zur besonderen Schwerpunktsetzung.<br />
Rund 100 gesundheitsfördernde Schulen des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> machen Gesundheit<br />
in besonderem Maße zum Thema ihrer Entwicklung. Im Mittelpunkt steht dabei die Gestaltung<br />
eines gesunden Schulumfeldes und Schulalltages. <strong>Der</strong> Ausbau und die Unterstützung<br />
des Netzwerks gesundheitsfördernder Schulen stellt ein wesentliches Anliegen dar. Das Regionale<br />
Unterstützungszentrum (RUZ) der Landesvereinigung für Gesundheit ist den Schulen<br />
hierbei ein wichtiger Kooperationspartner.<br />
Durch das RUZ erfolgt auch eine Zertifizierung gesundheitsfördernder Schulen. Hierfür wurde<br />
in Zusammenarbeit mit Lehrkräften und Schulleiterinnen und Schulleitern aus acht Schulen<br />
des Landes das „Audit Gesunde Schule“ entwickelt und erprobt. In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> sind<br />
inzwischen zahlreiche Schulen zertifiziert. Das Audit ist für drei Jahre gültig, dann muss in<br />
einer Rezertifizierung die Qualität bestätigt werden. Im Jahr 2007 fanden erstmals Rezertifizierungsverfahren<br />
an acht Schulen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> statt. Eine da<strong>von</strong> war die Ganztagsschule<br />
Sekundarschule Zoberberg. Diese Schule gehört zu den Schulen, die seit Anfang der<br />
90er Jahre an einer gesundheitsfördernden Schulentwicklung arbeiten. Als eine <strong>von</strong> acht<br />
sog. „Knotenpunktschulen“ im Landesnetzwerk Gesundheitsfördernder Schulen nimmt sie<br />
eine besonders aktive Rolle ein. <strong>Der</strong> Kultusminister übergab im September 2007 in einer<br />
Festveranstaltung die Rezertifizierungsurkunde an diese Schule.<br />
Aus der Vielzahl der gesundheitsfördernden Vorhaben im schulischen Bereich, die oft auch<br />
durch außerschulische Partner wie Krankenkassen, Gesundheitsämter oder Träger der öffentlichen<br />
und freien Jugendhilfe unterstützt bzw. initiiert werden, sei insbesondere auf die<br />
folgenden landesweiten Schwerpunktmaßnahmen verwiesen:<br />
1. Die Veröffentlichung der Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung<br />
(DGE) zur Schulverpflegung im September 2007 nahm der Kultusminister zum Anlass, in einem<br />
Brief die Schulen des Landes aufzufordern, ihr Verpflegungsangebot einer kritischen<br />
Prüfung zu unterziehen und gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern und Eltern nach<br />
Lösungen für die Umsetzung der DGE-Empfehlungen zu suchen. Außerdem wurde unter der<br />
Federführung des Kultusministeriums eine Arbeitsgruppe „Gesunde Ernährung für Schülerinnen<br />
und Schüler“ gebildet. Dieser AG gehören neben dem Kultusministerium das Ministerium<br />
für Gesundheit und Soziales, das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt, das Innenministerium,<br />
der Städte- und Gemeindebund, der Landkreistag, der Landesschülerrat,<br />
der Landeselternrat und die Verbraucherzentrale an. Die Arbeitsgruppe soll insbesondere<br />
Lösungen für die Verbesserung der Schulverpflegung und die Erhöhung der Beteiligung an<br />
der Schulverpflegung erarbeiten.<br />
123
2. <strong>Der</strong> Ernährungsführerschein des „aid“ wurde den Grundschulen und den Förderschulen<br />
des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> für ihre Arbeit empfohlen. Es handelt sich bei diesem<br />
Medienpaket um ein Unterrichtsmaterial zur gesunden Ernährung, welches als Erweiterung<br />
zum Schulbuch für den Fachunterricht und für fächerübergreifende Zielstellungen für Schülerinnen<br />
und Schüler der Primarstufe eingesetzt werden kann. <strong>Der</strong> Landfrauenverband bietet<br />
den Grundschulen hierbei fachliche Unterstützung an. Dreizehn „Kinderbotschafterinnen für<br />
gesunde Ernährung“ unterstützen die Schulen in ihrer Arbeit mit dem Ernährungsführerschein.<br />
3. Bei den Maßnahmen im Bereich der Suchtvorbeugung ist die Landesstelle für<br />
Suchtfragen ein wichtiger Kooperationspartner des Kultusministeriums und der Schulen. An<br />
dieser Stelle seien beispielhaft zwei landesweite Maßnahmen im Bereich der schulischen<br />
Präventionsarbeit gegen das Rauchen benannt:<br />
Rd. 50 Schulen des Landes haben sich in den vergangenen Jahren „Auf den Weg zur rauchfreien<br />
Schule“ begeben. Dabei handelt es sich um ein Projekt bzw. ein Programm zur Sicherung<br />
des Nichtraucherschutzes in Schulen. Das Rauchen ist sowohl in den Schulen als auch<br />
auf dem Schulgelände verboten. Ziel ist die Erarbeitung und Umsetzung schulischer bzw.<br />
klassenbezogener Vereinbarungen zum Umgang mit dem Rauchen sowie die Implementierung<br />
<strong>von</strong> Ausstiegshilfen für rauchende Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte in der Schule.<br />
Seit dem Schuljahr 2006/07 beteiligen sich Schulen des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> mit Unterstützung<br />
des BKK-Landesverbandes Ost am Wettbewerb „Be Smart - Don’t Start“. Dieser<br />
Wettbewerb soll Schülerinnen und Schülern der fünften bis achten Klasse den Anreiz geben,<br />
gar nicht erst mit dem Rauchen anzufangen. Er richtet sich besonders an die Klassen, in denen<br />
noch nicht geraucht wird oder nur wenige Schülerinnen und Schüler rauchen. Die Jugendlichen<br />
unterschreiben einen Vertrag, in dem sie sich verpflichten, für ca. ein halbes Jahr<br />
nicht zu rauchen. Am Beginn des Schuljahres 2007/08 forderten die Ministerin für Gesundheit<br />
und Soziales und der Kultusminister die Schulen in einem gemeinsamen Schreiben zur<br />
Beteiligung an diesem Wettbewerb auf. Mehr als 130 Schulen folgten diesem Aufruf. Am 5.<br />
Juni 2008 nahm der Kultusminister in Magdeburg die Auszeichnung der drei Landespreisträger<br />
vor.<br />
Im Frühjahr 2008 erhielten alle Schulen des Sekundarbereiches I und II die Handreichung<br />
der Landesstelle für Suchtfragen „Umgang mit Suchtmittelkonsum und Suchtgefährdung in<br />
der Schule“. Anliegen der Handreichung ist es, Anregungen für die Entwicklung eines Rahmens<br />
zu geben, welcher der einzelnen Lehrkraft, dem Kollegium und der Schulleitung in Zusammenarbeit<br />
mit Eltern- und Schülervertretung mehr Handlungssicherheit in der Übernahme<br />
<strong>von</strong> erzieherischer Verantwortung bei der Suchtprävention ermöglicht. So werden z. B.<br />
konkrete Empfehlungen zur Entwicklung eines suchtpräventiven Konzeptes der Schule und<br />
praktische Hinweise zum Verhalten bei Drogenkonsum gegeben.<br />
3.2.3 Perspektiven<br />
Einen Schwerpunkt künftiger Maßnahmen wird auch in der schulischen Gesundheitsförderung<br />
die Umsetzung des „Nationalen Aktionsplans zur Prävention <strong>von</strong> Fehlernährung, Bewegungsmangel,<br />
Übergewicht und damit zusammenhängenden Krankheiten“ bilden. Für den<br />
schulischen Bereich bestehen Möglichkeiten eines zielgerichteten Handelns insbesondere in<br />
- der fächerübergreifenden Verankerung einer handlungsorientierten Ernährungs- und<br />
Verbraucherbildung sowie Bewegungsförderung in Schulen,<br />
- der Integration <strong>von</strong> Themen der Gesundheitsförderung in die Lehrer/Innenaus- und Lehre/Innenrfortbildung,<br />
- der Förderung eines gesunden und ausgewogenen Verpflegungsangebotes an Schulen<br />
nach den Empfehlungen der deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE),<br />
- sowie einer umfassenden Bewegungserziehung durch Sicherung eines besseren Angebotes<br />
an Bewegung, Spiel und Sport. Dabei sollen die Schülerinnen und Schüler lernen,<br />
dass Bewegung Spaß macht und auch zur Entspannung beiträgt.<br />
124
Die Vernetzungsstelle Schulverpflegung des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>, die noch im Schuljahr<br />
2008/09 in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> eingerichtet werden soll, kann hierbei einen wichtigen Beitrag<br />
leisten. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Eltern die entscheidende Verantwortung<br />
für das Ernährungs- und Bewegungsverhalten ihrer Kinder tragen, ist ihre Einbeziehung<br />
und die Stärkung ihrer Kompetenz hinsichtlich einer gesunden Lebensweise die entscheidende<br />
Voraussetzung, um nachhaltige Veränderungen erreichen zu können.<br />
Die Beteiligung <strong>von</strong> Schulen des Landes am Wettbewerb „Be Smart - Don’t Start“ soll in den<br />
folgenden Schuljahren fortgesetzt werden. Die Einführung gesetzlicher Maßnahmen (wie z.<br />
B. die Erhöhung der Tabaksteuer, die Regelungen im Jugendschutzgesetz zum Rauchen in<br />
der Öffentlichkeit und nicht zuletzt das seit dem 1. Januar 2008 in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> in Kraft<br />
getretene Nichtraucherschutzgesetz) allein reicht nicht aus. Vielmehr müssen gesetzliche<br />
Regelungen mit freiwilligen Initiativen verbunden werden, die das Bewusstsein der Jugendlichen<br />
schärfen und (selbstbestimmte und gewollte) Änderungen in ihrem Verhalten herbeiführen.<br />
Evaluationsstudien zu „Be Smart – Don’t Start“ zeigen, dass der Wettbewerb auf große<br />
Zustimmung seitens der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrkräfte stößt und dass der<br />
Wettbewerb den Einstieg in das Rauchen wirksam verzögern kann.<br />
Im Schuljahr 2008/09 soll mit der vierten Studie „MODRUS IV“ die Weiterführung der drei<br />
bisherigen Studien zur modernen Drogen- und Suchtprävention (MODRUS) erfolgen. Damit<br />
können aktuelle Informationen über Einstellungen und Verhaltensweisen <strong>von</strong> Schülerinnen,<br />
Schülern und ihren Lehrkräften zu den Themenbereichen Drogenverständnis, Umgang mit<br />
und Konsum <strong>von</strong> Drogen sowie Prävention im Kontext lebensweltlicher Bezüge gewonnen<br />
werden. Die hieraus resultierenden Strategien für die weitere suchtpräventive Arbeit an<br />
Schulen müssen eng mit der Schulsozialarbeit verknüpft werden.<br />
Wichtiger Bestandteil einer ganzheitlichen schulischen Gesundheitsförderung ist die Sexualerziehung.<br />
Sie soll die Heranwachsenden befähigen, ihr Leben bewusst und in freier Entscheidung<br />
selbst zu gestalten. Im Schuljahr 2008/09 wird eine Evaluation des Erlasses „Sexualerziehung<br />
an den allgemein- und berufsbildenden Schulen des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>“,<br />
der im Juli 1996 veröffentlicht wurde, erfolgen. Auf der Grundlage der Evaluationsergebnisse<br />
soll eine Überarbeitung des Erlasses vorgenommen werden.<br />
3.3. Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />
Die Psychiatrie und Psychotherapie für Kinder und Jugendliche ist ein eigenständiges medizinisches<br />
Fachgebiet, da sich die Psychiatrie des Erwachsenenalters <strong>von</strong> der des Kindesund<br />
Jugendalters im Kern unterscheidet und Versorgungs- und Behandlungsaufträge gänzlich<br />
andere Zielrichtungen haben.<br />
Das offizielle Altersspektrum ist das gesamte Kindes- und Jugendalter bis zum vollendeten<br />
18. Lebensjahr. Eingeschlossen ist auch die Behandlung Heranwachsender.<br />
Die Behandlung hat vielfältige Entwicklungsaspekte des Kindes, die soziale Umwelt inklusive<br />
der häufig nicht sehr einfachen Familienstrukturen sowie weitere spezielle Faktoren, wie<br />
Migrantenstatus, Bildungsstand etc. einzubeziehen.<br />
<strong>Der</strong> Ausschuss für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung des Landes<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> stellt in seinem 15. <strong>Bericht</strong> fest, dass gerade in einem Flächenland wie<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>, in dem der Bevölkerungsrückgang für die nächsten Jahre und Jahrzehnte<br />
ein großes Problem darstellen werde, die Versorgung und Begleitung <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen<br />
mit psychischen Störungen und Erkrankungen eine zentrale Aufgabe und <strong>von</strong><br />
gesamtgesellschaftlicher Wichtigkeit sein werde.<br />
Er geht dabei <strong>von</strong> Prävalenzzahlen <strong>von</strong> bis zu 20 Prozent an psychisch auffälligen Kindern<br />
und Jugendlichen aus, lässt allerdings offen, welcher Prozentsatz da<strong>von</strong> zwingend behandlungsbedürftig<br />
sein wird.<br />
In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> gibt es zurzeit sechs klinische Einrichtungen für Kinder- und Jugendpsychiatrie.<br />
Es sind Fachkliniken sowie Fachabteilungen mit in der Regel vollstationären und ta-<br />
125
gesklinischen sowie ambulanten Angeboten. Diese Kliniken haben den Versorgungsauftrag<br />
und die Notfallversorgung übernommen.<br />
In diesen sechs Einrichtungen gibt es Spezialangebote für Suchtbehandlungen, Behandlungen<br />
<strong>von</strong> geistig behinderten Kindern sowie eine spezielle Einrichtung in Uchtspringe für die<br />
Behandlung <strong>von</strong> hörgeschädigten Kindern und Jugendlichen mit psychischen Problemen.<br />
Weitere spezielle Angebote, wie z.B. der Aufbau <strong>von</strong> Interaktionssprechstunden (Stichwort<br />
„Schreibaby“), sind in Planung bzw. schon etabliert.<br />
<strong>Der</strong> Ausschuss für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung des Landes<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> stellt im o.g. <strong>Bericht</strong> weiter fest, gelänge es, niedergelassene Kinder- und<br />
Jugendlichen-Psychotherapeutinnen und -therapeuten sowie niedergelassene Kinder- und<br />
Jugendpsychiaterinnen und -psychiater regional in ausreichender Zahl zu etablieren, so wäre<br />
das Land mit den sechs klinischen Standorten und den entsprechenden weiteren Versorgungsstrukturen<br />
für die Zukunft adäquat gerüstet und könnte die präventiven Aufgaben der<br />
nächsten Jahrzehnte mit den prinzipiell dafür vorhandenen Mitteln und Werkzeugen bewerkstelligen.<br />
Die augenblicklich noch notwendige Zahl an vollstationären und teilstationären<br />
Plätzen könne dann auch schrittweise auf den Bundesdurchschnitt reduziert werden.<br />
Die allgemein bekannte Situation bei der ärztlichen Versorgung, dass es schwer ist, Ärzte<br />
zur Niederlassung bzw. auch zur Tätigkeit in klinischen Einrichtungen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> zu<br />
bewegen, besteht auch bei der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Ärztliche Stellen an den klinischen<br />
Einrichtungen sind zurzeit mangels Bewerberinnen und Bewerber unbesetzt. Die Aufgaben<br />
werden zurzeit deshalb <strong>von</strong> vorhandenen anderen Ärztinnen und Ärzten mit übernommen,<br />
um eine Versorgung aufrecht zu erhalten.<br />
Lediglich in den großen Städten wie Magdeburg und Halle könnte für die nächste Zeit noch<br />
eine Deckung der ärztlichen Versorgung möglich sein, die etwas entfernter und in ländlichen<br />
Gebieten gelegenen Kliniken sehen sich hier in der Rekrutierung des ärztlichen Nachwuchses<br />
vor erhebliche Probleme gestellt. Viele therapeutische Aufgaben in der Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />
lassen sich durch nichtärztliche Therapeuten abdecken und gut bewältigen,<br />
Kernbereiche bedürfen jedoch einer Fachärztin bzw. eines Facharztes.<br />
Nicht immer einfach ist die Beschulung <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen, die über längere Zeit<br />
in klinischen Einrichtungen behandelt werden. Das Schulgesetz des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
sieht in § 39 Abs. 3 vor, dass diesen Kindern und Jugendlichen im Krankenhaus (oder zu<br />
Hause) Unterricht zu erteilen ist. Eine Etablierung <strong>von</strong> Krankenhaus-Schulen ist nicht zwingend<br />
erforderlich.<br />
Es besteht zudem eine enge Verzahnung mit der Jugendhilfe in Form verschiedener Kooperationsmodelle,<br />
die sich bewährt haben.<br />
4. Behindertenpolitik<br />
4.1 Trägerübergreifendes Persönliches Budget<br />
Seit dem 1. Januar 2008 haben Menschen mit Behinderungen Anspruch auf Hilfegewährung<br />
in Form des Persönlichen Budgets. Auch Eltern können für ihre Kinder mit Behinderungen<br />
das Persönliche Budget beantragen, etwa für Einzelfallhilfe, Sozialassistenz. Mit dieser neuen<br />
Leistungsform wird das klassische Leistungsdreieck zwischen Leistungsträger, -<br />
empfänger und -erbringer aufgelöst. Mit einem Persönlichen Budget können alle Menschen<br />
mit Behinderungen Leistungen zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben selbständig einkaufen.<br />
In Einzelfällen werden auch Gutscheine ausgegeben.<br />
Die Menschen mit Behinderungen sollen selbst entscheiden, wann, wo, wie und <strong>von</strong> wem sie<br />
Leistungen zur Teilhabe in Anspruch nehmen. Damit erhalten sie mehr Einfluss auf die Art<br />
der Leistungserbringung. Ausdrücklich vorgesehen ist auch der Einsatz des Persönlichen<br />
Budgets für betreutes Wohnen. Es eignet sich in besonderem Maße, den Auszug aus einem<br />
Heim und den Eintritt in betreute Wohnmöglichkeiten zu erleichtern.<br />
126
Auch Hilfen zur Frühförderung bei Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen sowie Leistungen<br />
der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben (z.B. Arbeitsassistenz, Kraftfahrzeughilfe, Hilfen<br />
zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben) sind als Persönliches Budget<br />
möglich. Das Budget soll den individuell festgestellten Hilfebedarf decken.<br />
Menschen mit Behinderungen oder <strong>von</strong> Behinderung bedrohte Menschen können einen Antrag<br />
stellen, unabhängig da<strong>von</strong>, wie schwer ihre Behinderung ist. Auch für Menschen, die<br />
das Persönliche Budget auf Grund ihrer Behinderung nicht allein verwalten können, kommt<br />
ein Persönliches Budget in Frage.<br />
4.2. Früherkennung und Frühförderung <strong>von</strong> Kindern mit Behinderungen bzw. <strong>von</strong><br />
Behinderung bedrohter Kinder<br />
Mit dem Abschluss der Landesrahmenempfehlung des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> zur Verordnung<br />
zur Früherkennung und Frühförderung <strong>von</strong> Kindern mit Behinderungen bzw. <strong>von</strong> Behinderung<br />
bedrohter Kinder (Frühförderungsverordnung - FrühV) vom 15. Mai 2007 wurden<br />
die Rahmenbedingungen dafür geschaffen, die Anforderungen an interdisziplinäre Frühförderstellen<br />
und Sozialpädiatrische Zentren in einer Landesrahmenempfehlung zu regeln. Auf<br />
ihrer Grundlage werden Normen für ein bedarfsgerechtes Angebot und für eine einheitliche<br />
Arbeit der interdisziplinären Frühförderstellen und Sozialpädiatrischen Zentren vorbereitet.<br />
Mit ihr wird das Ziel verfolgt, Komplexleistungen bei der Früherkennung und Frühförderung<br />
für diese Personengruppe zu erbringen. Hierbei handelt es sich um ein interdisziplinär abgestimmtes<br />
System ärztlicher, medizinisch-therapeutischer, psychologischer, heilpädagogischer<br />
und sozialpädagogischer Leistungen. Die Leistungen werden künftig in interdisziplinären<br />
Frühförderstellen und in Sozialpädiatrischen Zentren als Komplexleistung ausgeführt.<br />
4.3. Unterstützung für Schwerbehinderte<br />
Es gibt in unserem Land viele Menschen mit Behinderungen, für die die Integration in den<br />
allgemeinen Arbeitsmarkt eine hohe Priorität besitzt.<br />
Die Integration <strong>von</strong> Menschen mit Behinderungen, insbesondere <strong>von</strong> Schwerbehinderten, in<br />
die Gesellschaft ist ein besonderes Anliegen der Landesregierung. Dabei kommt der Integration<br />
in das Arbeitsleben eine hohe Bedeutung zu, um ein Stück Normalität bei der Teilhabe<br />
am gesellschaftlichen Leben zu erlangen.<br />
Menschen mit Behinderungen haben ein Recht auf ein weitestgehend selbstbestimmtes Leben<br />
mit fairen Chancen gerade auch bei einer Berufstätigkeit. Sie gehören nicht an den<br />
Rand, sondern in die Mitte der Gesellschaft.<br />
Aus diesen Gründen hat die Integration <strong>von</strong> Menschen mit Behinderungen in den allgemeinen<br />
Arbeitsmarkt für die Landesregierung auch weiterhin hohe Priorität. Neben den Fördermöglichkeiten<br />
der Bundesagentur für Arbeit stehen über das Integrationsamt insbesondere<br />
die klassischen Förderleistungen aus Mitteln der Ausgleichsabgabe zur Verfügung. Diese<br />
Mittel dienen der Integration <strong>von</strong> Schwerbehinderten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Dabei<br />
handelt es sich z.B. um die begleitenden Hilfen im Arbeitsleben. Mit einem Bündel <strong>von</strong><br />
verschiedenen Maßnahmen und Förderleistungen werden für die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber<br />
Anreize geschaffen, Schwerbehinderten eine Chance in ihrem Unternehmen zu<br />
geben.<br />
Ansprechpartner für die aufgeführten Fördermöglichkeiten des Sozialgesetzbuchs Neuntes<br />
Buch (SGB IX) ist das Integrationsamt des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> (Integrationsamt Ernst-<br />
Kamieth-Straße 2, 06112 Halle).<br />
4.4 Soziale Eingliederung/Rehabilitation durch finanzielle und andere Hilfen Eingliederungshilfe<br />
Rehabilitation bedeutet Wiederherstellung bzw. Wiedereingliederung. Unter Rehabilitation<br />
versteht man die Gesamtheit aller erforderlichen Maßnahmen, um Menschen mit körperli-<br />
127
cher, geistiger oder seelischer Behinderung bzw. drohender Behinderung, die ihre Behinderung<br />
oder deren Folgen nicht selbst überwinden können, zu helfen, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />
zu entfalten und einen Platz in der Gemeinschaft zu finden. Dazu gehört vor allem<br />
die Teilhabe am Arbeitsleben.<br />
Folgende Formen der Rehabilitation werden unterschieden:<br />
• medizinische Rehabilitation<br />
• schulische Rehabilitation<br />
• soziale Rehabilitation<br />
• berufliche Rehabilitation.<br />
Ansprechpartner sind die Sozialämter der Kommunen (Landkreise und kreisfreien Städte)<br />
und die Sozialagentur in Halle (Neustädter Passage 15, 06122 Halle).<br />
4.4.1 Leistungen der sozialen Rehabilitation<br />
Die soziale Rehabilitation umfasst alle Leistungen zur Teilhabe am sozialen Leben. Dies<br />
können z.B. Wohnungshilfen oder Haushaltshilfen sein. Gesetzliche Grundlagen für diese<br />
Rehabilitation sind insbesondere SGB IX und SGB XII (Sozialhilfe). Das Land richtet sich in<br />
der sozialen Rehabilitation strikt nach dem Grundsatz ambulant vor stationär.<br />
In den vergangenen Jahren wurden neben den klassischen stationären auch niederschwellige<br />
Angebote für die verschiedenen Behinderungsarten kontinuierlich aufgebaut und erweitert.<br />
Es handelt sich dabei um das Trainingswohnen, die Außenwohngruppe und das Intensiv<br />
Betreute Wohnen sowie das Betreute Wohnen und das Ambulant Betreute Wohnen.<br />
Das Betreute Wohnen und das Intensiv Betreute Wohnen sind für Menschen mit Behinderungen<br />
geeignet, die keine umfassenden Leistungen mehr benötigen. <strong>Der</strong> Kostenträger ist<br />
das Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>, soweit es sich um Leistungen der Sozialhilfe handelt.<br />
Hier lebende Menschen bereiten z.B. überwiegend ihre Mahlzeiten teilweise oder mit Anleitung<br />
selbstständig zu. Sie sind jedoch noch nicht in der Lage, für sich selbst zu sorgen und<br />
haben zuverlässige Hilfe an ihrer Seite. Auf Grund des „rund um die Uhr“ vorhandenen Leistungsbedarfs<br />
liegen die Wohneinheiten in erreichbarer Nähe der Wohnheime. Erforderliche<br />
arbeitstherapeutische Maßnahmen erfolgen an den Wohnheimen.<br />
Das Ambulant Betreute Wohnen ist geeignet für Menschen mit Behinderungen, die noch<br />
nicht vollständig allein wohnen können sowie noch Unterstützung benötigen, jedoch über<br />
keinen stationären oder teilstationären Leistungsbedarf mehr verfügen.<br />
4.4.2 Berufliche Rehabilitation<br />
Die berufliche Rehabilitation folgt dem Grundprinzip „Rehabilitation vor Rente“ und versucht,<br />
durch Rehabilitationsmaßnahmen die Betroffenen wieder in den beruflichen Alltag zu integrieren.<br />
Arbeit und Beschäftigung sind mit allen Facetten ein wesentlicher Bestandteil der<br />
Eingliederungshilfe.<br />
Zum Leistungsbereich zählen alle Maßnahmen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes bzw. als<br />
Ziel der Eingliederungshilfe eine <strong>von</strong> der individuellen Leistungsfähigkeit abhängige fördernde<br />
Beschäftigung. Notwendig sind Maßnahmen zur Ausbildung, beruflichen Fortbildung am<br />
Arbeits- oder Beschäftigungsplatz oder zu einer sonstigen angemessenen Tätigkeit und zur<br />
Erhaltung und Erhöhung der Leistungsfähigkeit.<br />
Im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> gehen derzeit fast 7.000 Menschen mit geistiger und seelischer<br />
Behinderung einer Beschäftigung in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen nach.<br />
Das Netz der Werkstätten wurde flächendeckend mit 50 Werkstätten an 45 Standorten ausgebaut.<br />
Hier beschäftigte Menschen leben nicht nur in den zugehörigen 64 Wohnheimen oder bei<br />
den Eltern, sondern werden auf ein selbstbestimmtes Leben mit dem Trainingswohnen in<br />
128
Außenwohngruppen, im Intensiv Betreuten oder im Betreuten Wohnen sowie im Ambulant<br />
Betreuten Wohnen vorbereitet.<br />
Neben der beruflichen Rehabilitation in den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen<br />
gibt es auch umfangreiche Angebote der Berufsbildungs- und -förderungswerke.<br />
Internetseiten der Einrichtungen:<br />
Landesverwaltungsamt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> www.lvwa.sachsen-anhalt.de<br />
Deutsche Rentenversicherung www.deutsche-rentenversicherung.de<br />
Rentenversicherung Mitteldeutschland www.deutsche-rentenversicherungmitteldeutschland.de<br />
Ministerium für Gesundheit und Soziales Sach- www.ms.sachsen-anhalt.de<br />
sen-<strong>Anhalt</strong><br />
Servicestellen der Gesetzlichen Rentenversi- www.reha-servicestellen.de<br />
cherung<br />
5. Kultur<br />
5.1 Ziele des Landes<br />
Die Kinder- und Jugendkultur hat im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> einen besonderen Stellenwert.<br />
Dieser drückt sich u. a. darin aus, dass <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> als einziges Bundesland einen eigenständigen<br />
Förderbereich „Kunst- und Kulturprojekte mit Kindern und Jugendlichen“ vorhält.<br />
Ziel des Landes ist es, diesen Förderbereich als Teil der Breitenkultur und mit vielfältiger<br />
Verbindung zur kulturellen Bildung in und außerhalb <strong>von</strong> Schulen weiter zu entwickeln und<br />
strukturell nachhaltig zu sichern. Daneben behält die Kinder- und Jugendkulturarbeit in der<br />
sog. „Hochkultur“ weiterhin höchste Bedeutung und findet Eingang in diese und das nicht nur<br />
zur „Nachwuchsgewinnung“, sondern in symbiotischer Verbindung <strong>von</strong> Breiten- und Hochkultur.<br />
5.2 Entwicklungen und Schwerpunktsetzungen im <strong>Bericht</strong>szeitraum<br />
5.2.1 Aufgaben der Kulturpolitik für Kinder und Jugendliche<br />
Aufgabe des Landes war und ist es, die strukturellen und finanziellen Voraussetzungen zu<br />
schaffen und so auszubauen, dass einerseits möglichst viele Kinder und Jugendliche frühzeitig,<br />
kontinuierlich und nachhaltig an kulturelle Betätigungen herangeführt werden und andererseits<br />
eine gezielte Talententwicklung mit Perspektiven in der sog. „Hochkultur“ betrieben<br />
wird. In dieser doppelseitigen Aufgabenausrichtung haben sich neben der „normalen“ Projektförderung<br />
<strong>von</strong> kulturellen Projekten <strong>von</strong> und für Kinder und Jugendliche folgende Instrumentarien<br />
bewährt:<br />
a) Wettbewerbe<br />
Besonders hervorzuheben ist der zentrale, vom Land ausgelobte Wettbewerb um den „Jugend-Kultur-Preis<br />
des Kultusministers“.<br />
b) Kooperationsprogramme<br />
An der Schnittstelle <strong>von</strong> kultureller Bildung in und außerhalb <strong>von</strong> Schule haben sich im <strong>Bericht</strong>szeitraum<br />
– ausgehend vom Programm „Kultur in Schule und Verein“ – weitere Kooperationsprogramme<br />
etabliert; im Einzelnen sind das<br />
- „Schulen – öffentliche Bibliotheken“<br />
- „KLaTSch“ – „Kulturelles Lernen in (Off) Theater und Schule“<br />
129
- „Musisch-ästhetische Bildung“ (Kooperation Schulen-Musikschulen).<br />
Damit wurde im <strong>Bericht</strong>szeitraum das außerunterrichtliche Angebot an künstlerischkulturellen<br />
Betätigungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche deutlich erweitert.<br />
c) Freiwilliges Jahr Kultur (FJ Kultur) und Freiwilliges Jahr Denkmal (FJ Denkmal)<br />
In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> hat sich das als Bundesmodellprojekt gestartete „Freiwillige Soziale Jahr<br />
im kulturellen Bereich“ nunmehr als Regelform des Jugendfreiwilligendienstes etabliert. Seit<br />
2007 ist es auch finanziell ausgeweitet, da die Nachfrage außerordentlich groß war und ist.<br />
Im FJ Kultur und dem FJ Denkmal, die Sonderformen des Freiwilligen Sozialen Jahres sind<br />
und das FSJ in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> sehr gut ergänzen, können Jugendliche nicht nur ihre kulturellen<br />
und anderen Kompetenzen in spezifischen künstlerischen und kulturellen Bereichen<br />
erweitern, sondern auch dauerhafte Berufsorientierungen gewinnen bzw. nachhaltig ein Interesse<br />
am Ehrenamt im Kulturbereich entwickeln.<br />
5.2.2 Finanzierungsrahmen<br />
Die Landesförderung gestaltete sich wie folgt:<br />
„Kunst- und Kulturprojekte mit da<strong>von</strong> entfielen auf:<br />
Kindern und Jugendlichen“ und<br />
Kooperationsprogramme:<br />
„Bürgerschaftliches Engagement<br />
im Kulturbereich“ insgesamt<br />
Jugend-Kultur-Preis<br />
(Preisgeld):<br />
Ausgaben für FSJ Kultur und FSJ Denkmal:<br />
Zyklus Haushaltsmittel<br />
2005/2006 133.560,00 Euro<br />
2006/2007 133.560,00 Euro<br />
2007/2008 225720,00 Euro<br />
Damit sind in diesen beiden Freiwilligendiensten ab dem Zyklus 2007/2008 fast 60 Plätze<br />
vom Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> unterstützt worden. Gleiches ist für den laufenden Zyklus<br />
2008/2009 vorgesehen.<br />
5.2.3 Soziokultur und kulturelle Bildung<br />
Soziokultur, Kinder- und Jugendkultur und kulturelle Bildung sind – wie einschlägige Untersuchungen<br />
der Landesvereinigung für kulturelle Kinder- und Jugendbildung <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
e. V. im Auftrag des Kultusministeriums für <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> und weitere Studien im Bundesmaßstab<br />
belegt haben – nicht <strong>von</strong>einander getrennt zu betrachten. Soziokultur (nicht nur in<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>) ist im überwiegenden Teil Kulturarbeit mit und für Kinder(n) und Jugendliche(n)<br />
in zunehmendem Maße auch und gerade für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund<br />
wie auch kulturelle Bildung jenseits <strong>von</strong> Schule in diesem Kulturbereich in erheblichem<br />
Maße erfolgt.<br />
130
Kinder- und Jugendkulturarbeit wird zusätzlich finanziell unterstützt (Förderbereich „Soziokultur“):<br />
2004 215.000,00 Euro 2007 177.400,00 Euro<br />
2005 215.900,00 Euro 2008 181.900,00 Euro<br />
2006 215.900,00 Euro<br />
Da sich Soziokultur im Wesentlichen in kommunaler und freier Trägerschaft realisiert, wird<br />
hier auch der größte finanzielle Anteil – auch für Kinder- und Jugendkulturarbeit – erbracht.<br />
Das Land sieht sich besonders in der Verantwortung, die jeweiligen Dachorganisationen<br />
(LKJ), Projekte zur Weiterbildung und überregionale Projekte mit Modellcharakter sowie innovative<br />
kulturpädagogische Ansätze zu fördern.<br />
5.2.4 Musikschulen<br />
Die 26 aus öffentlichen Mitteln geförderten Musikschulen leisten den Hauptanteil an der außerschulischen<br />
musikalischen Bildung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>. Das Land hat sich mit rd. 3,3 Mio. €<br />
durchschnittlich mit 15 % an den Kosten der Musikschulen beteiligt. Mit ca. 21.600 Schülerinnen<br />
und Schülern wurde die Schülerzahl an den Musikschulen gegenüber den Vorjahren relativ<br />
konstant gehalten. Neben der finanziellen Unterstützung des Landes für leistungsorientierte<br />
Angebote, wie zum Beispiel den studienvorbereitenden Unterricht, haben vor allem landesweite<br />
und musikschulübergreifende Projekte, wie der Landesmusikschultag oder die Tätigkeit<br />
der Regionalorchester, zu einer stärkeren Popularisierung der Angebote der Musikschulen<br />
gesorgt. Die Erfolge der Musikschülerinnen und Musikschüler bei den Regional- und<br />
Landeswettbewerben sowie beim Bundeswettbewerb machen deutlich, dass diese Fördermaßnahmen<br />
zu einer Qualitätssicherung des Musikschulangebotes und zu einer hohen Motivation<br />
der Kinder und Jugendlichen im Rahmen der musischen Bildung führen.<br />
5.2.5 Bibliotheken<br />
Im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> besteht derzeit ein Netz kommunaler öffentlicher Bibliotheken, in<br />
dem 90 hauptamtlich geleitete öffentliche Bibliotheken und 198 nebenamtlich bzw. ehrenamtlich<br />
geleitete Gemeindebibliotheken arbeiten (Stand vom 31.12.07). Etwa ein Drittel der Bibliotheksbenutzung<br />
entfällt auf die Gruppe der Kinder und Jugendlichen.<br />
Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung, die mit Stichworten wie „Informations- und<br />
Kommunikationsgesellschaft“, „lebenslanges Lernen“, „Ergebnisse der PISA-Studie im Hinblick<br />
auf die Lesefähigkeit deutscher Schülerinnen und Schüler“ usw. gekennzeichnet werden<br />
kann, verändern sich auch die Anforderungen an das Angebotsprofil der kommunalen<br />
öffentlichen Bibliotheken bezogen auf die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen. Medienkompetenz<br />
ist zu einer Schlüsselqualifikation für die Bewältigung individueller und sozialer<br />
Prozesse geworden. Die schnelle, unmittelbare und freizügige Zugänglichkeit zu Informationen<br />
und die Verfügbarkeit <strong>von</strong> Daten und Fakten in multimedialer Form stellen die Grundlagen<br />
<strong>von</strong> Entscheidungen in allen Bereichen dar. Die kommunalen öffentlichen Bibliotheken<br />
stellen sich den o. g. Entwicklungen und passen ihr Dienstleistungsspektrum den neuen Anforderungen<br />
an.<br />
Die Förderung <strong>von</strong> Bibliotheksangeboten für Kinder und Jugendliche erfolgt im Rahmen der<br />
allgemeinen Bibliotheksförderung. Eine gesonderte Förderung der Zusammenarbeit mit<br />
Schulen erfolgt auf der Grundlage einer Kooperationsvereinbarung zwischen dem Kultusministerium<br />
und dem Landesverband <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> im Deutschen Bibliotheksverband, die im<br />
April 2004 geschlossen wurde. Sie bildete die Grundlage für weitere Vereinbarungen, die auf<br />
regionaler Ebene (Kommune oder Landkreis) abgeschlossen wurden. Bisher haben ca. 200<br />
Schulen (Grundschulen, Sekundarschulen, Gymnasien und berufsbildende Schulen) eine<br />
Kooperationsvereinbarung mit einer kommunalen öffentlichen Bibliothek abgeschlossen und<br />
arbeiten auf dieser Grundlage eng zusammen. So wurden gemeinsam Konzepte für die Einbeziehung<br />
der Bibliotheksangebote in den Unterricht entwickelt und Projekte mit Schulklas-<br />
131
sen zur weiteren Entwicklung der Lese- und Medienkompetenz durchgeführt, wie zum Beispiel<br />
Unterricht in der Bibliothek, Durchführung themenbezogener Veranstaltungen oder die<br />
Bereitstellung <strong>von</strong> thematischen Literaturzusammenstellungen für den Unterricht.<br />
Für das Kooperationsprogramm „Schule - öffentliche Bibliotheken“ wurden im Jahr 2005<br />
140.000 Euro, im Jahr 2006 und 2007 jeweils 90.000 Euro und im Jahr 2008 70.000 Euro<br />
bewilligt. Damit kann die sich in den letzten Jahren entwickelte enge Zusammenarbeit zwischen<br />
Bibliotheken und Schulen auch künftig fortgesetzt werden.<br />
5.2.6 Theater<br />
Die 11 kommunal getragenen Bühnen des Landes halten in Ihren Spielplänen ein umfangreiches<br />
Theaterangebot für Kinder und Jugendliche vor. An allen Theatern wirken außerdem<br />
Jugendclubs, in denen unter fachkundiger Anleitung eigene Inszenierungen erarbeitet und<br />
zur Aufführung gebracht werden. Jugendspezifische Festivalangebote, Theatertreffen und<br />
Veranstaltungsreihen bereichern das Angebot zusätzlich. Ein Viertel der Theaterbesucher,<br />
das sind immerhin rund 250.000 Zuschauerinnen und Zuschauer im Jahr, sind Kinder und<br />
Jugendliche.<br />
Das Land unterstützt diese kulturellen Wirkungsintentionen der Bühnen und fördert diese<br />
Angebote im Rahmen der vertragsgebundenen Theaterförderung. Außerdem fördert das<br />
Land institutionell das Landeszentrum Spiel und Theater <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e. V., das sich insbesondere<br />
für die Belange des Schultheaters einsetzt und für die Verbesserung und Erweiterung<br />
der Möglichkeiten der kulturellen Eigenbetätigung <strong>von</strong> Schülerinnen und Schülern und<br />
Jugendlichen im Bereich der Darstellenden Kunst wirkt.<br />
5.3 Perspektiven und Herausforderungen<br />
An der im <strong>Bericht</strong>szeitraum fixierten Zielsetzung des Landes zur Förderung der Kinder- und<br />
Jugendkulturarbeit und den daraus abgeleiteten Aufgaben für die Kulturpolitik inkl. der genannten<br />
Instrumentarien wird festgehalten. Das schließt ein, erfolgreiche Projekte nicht nur<br />
fortzuführen und ggf. finanziell auszuweiten, sondern auch neue Initiativen und Programme<br />
vorzuhalten.<br />
6. Sport<br />
6.1 Schulsport<br />
6.1.1 Ziele<br />
<strong>Der</strong> Sportunterricht stellt die wichtigste Säule des Schulsports dar. Er ist ein unverzichtbarer<br />
Bestandteil schulischer Bildung und Erziehung und hat die Aufgabe, die Schülerinnen und<br />
Schüler zu motorischer Handlungskompetenz zu führen, die es ermöglicht, Bewegung, Sport<br />
und Spiel dauerhaft als Lebensbedürfnis zu empfinden und Bewegungsaktivitäten sachgerecht<br />
und gesundheitsfördernd zu gestalten. Aufgabe des Sportunterrichts ist es nicht nur,<br />
Freude am Entdecken und Erproben <strong>von</strong> Bewegung zu wecken und zu erhalten, sondern ein<br />
dauerhaftes Interesse an körperlicher Betätigung als Grundlage einer gesundheitsorientierten<br />
Lebensführung zu festigen sowie durch die aktive Auseinandersetzung mit Objekten und<br />
Situationen die Bildung kognitiver Strukturen zu unterstützen.<br />
Ein durch vielseitige Bewegungs- und Belastungsanreize abwechslungsreich gestalteter<br />
Sportunterricht spricht alle Sinne an, fördert die Wahrnehmungsfähigkeit und das Körperbewusstsein.<br />
Koordinative und konditionelle Fähigkeiten werden qualitativ und quantitativ verbessert,<br />
motorische Fertigkeiten bis zur Grobform entwickelt und variabel verfügbar angewendet.<br />
Mit der Förderung <strong>von</strong> Norm- und Pflichtbewusstsein, sozialen Verhaltensweisen wie Rücksichtnahme,<br />
Solidarität, Toleranz und Konfliktfähigkeit hat der Sportunterricht großen Anteil<br />
an der Werteerziehung in der Gesellschaft. Die Schülerinnen und Schüler erwerben soziale<br />
Kompetenzen und erproben Möglichkeiten des fairen Umgangs. Das Erleben <strong>von</strong> Erfolg bzw.<br />
132
Misserfolg unterstützt die realistische Einschätzung <strong>von</strong> eigenem Können und erreichter<br />
Leistungsfähigkeit.<br />
<strong>Der</strong> Schulsport außerhalb des Unterrichtes, der durch die Freiwilligkeit der Teilnahme gekennzeichnet<br />
ist, ist die zweite Säule des Schulsports. Er bildet die Brücke zwischen dem<br />
schulischen Sportunterricht und dem außerschulischen Sport. Das Schulgesetz des Landes<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> fordert die Schulen im § 1 Absatz 4a ausdrücklich auf, bei der Erfüllung ihrer<br />
Aufgaben u. a. mit Sportvereinen zusammenzuarbeiten. Diese stellen wichtige Partner für<br />
die individuelle sportliche Förderung <strong>von</strong> Schülerinnen und Schülern dar. Insgesamt 24<br />
Sportlehrkräfte aus Schulen des Landes arbeiten als sogenannte Schulsportkoordinatorinnen<br />
und -koordinatoren. In enger Zusammenarbeit mit den Kreis- und Stadtsportbünden unterstützen<br />
sie die Vorbereitung und Durchführung regionaler schulischer Sportwettkämpfe und<br />
die Einrichtung <strong>von</strong> zu außerunterrichtlichen Sportangeboten für die Schülerinnen und Schüler<br />
(siehe auch RdErl. des Kultusministeriums vom 20.01.2008).<br />
Schulleiterinnen und Schulleiter haben einen entscheidenden Einfluss darauf, welche Rolle<br />
der Sport an ihren Schulen spielt. Am 28. Mai 2007 wurde durch den Staatssekretär des Kultusministeriums<br />
ein Brief an alle Schulleiterinnen und Schulleiter versandt, in dem er sie auffordert,<br />
die unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Potentiale des Schulsports zu nutzen.<br />
Er hob die positiven erzieherischen und gesundheitsfördernden Aspekte des Sporttreibens<br />
hervor und zeigte auf, dass der Schulsport eine große Bedeutung z. B. für die Entwicklung<br />
eines guten Schulklimas oder die Öffnung <strong>von</strong> Schule hat.<br />
6.1.2 Schwerpunktmaßnahmen im außerunterrichtlichen Schulsport<br />
Seit Beginn der 90er Jahre fördert das Kultusministerium über das Förderprogramm „Sport in<br />
Schule und Verein“ außerunterrichtliche Sportangebote für Schülerinnen und Schüler. Diese<br />
schulischen Sportangebote bieten den Schülerinnen und Schülern über den Unterricht hinaus<br />
die Möglichkeit zu regelmäßiger sportlicher Betätigung und regen zu einer sinnvollen<br />
Gestaltung der Freizeit an. Zugleich hat die regelmäßige sportliche Betätigung positive gesundheitliche<br />
Auswirkungen und kann zu einer gesundheitsbewussten Lebensweise beitragen.<br />
Zahlreiche außerunterrichtliche Sportangebote für Schülerinnen und Schüler werden in<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> in enger Zusammenarbeit zwischen den Schulen und Vereinen durchgeführt.<br />
Sie tragen damit zugleich zur Öffnung <strong>von</strong> Schule bei. Im Haushaltsjahr 2007 wurden<br />
für das Förderprogramm „Sport in Schule und Verein“ 604.500 € bereitgestellt.<br />
Den Schwerpunkt stellt dabei die Förderung <strong>von</strong> Sport-Arbeitsgemeinschaften (AG) an den<br />
Schulen des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> dar. Diese AG werden durch Trainerinnen und Trainer<br />
der Sportvereine oder durch Sportlehrkräfte geleitet. Im Februar 2007 wurde eine Änderung<br />
der Förderrichtlinie „Schul- und Vereinssport“ vorgenommen. Auf Grundlage der neuen Förderrichtlinie<br />
konnten alle für das Schuljahr 2007/08 beantragten Arbeitsgemeinschaften genehmigt<br />
werden. Insgesamt finden im Schuljahr 2007/08 rd. 1.900 AG statt.<br />
Neben den AG werden in begrenztem Umfang entsprechend vorhandener Hauhaltsmittel<br />
auch Projekte der Kreis- und Stadtsportbünde für Schülerinnen und Schüler gefördert. Im<br />
Schuljahr 2007/08 konnten insgesamt 92 Projekte genehmigt werden. Dabei handelt es sich<br />
insbesondere um Projekte mit hohem Landesinteresse, wie das Pilotvorhaben „Fit und vital –<br />
Kinder der Grundschulen in Bewegung“.<br />
Über das Förderprogramm „Sport in Schule und Verein“ wird auch die Beteiligung <strong>von</strong> Schülerinnen<br />
und Schülern am Schulsportwettbewerb „JUGEND TRAINIERT FÜR OLYMPIA“ gefördert.<br />
Startberechtigt bei diesem Wettbewerb sind nur Schulmannschaften. Über Regional-,<br />
Kreis- und Landesausscheide qualifizieren sich die Mannschaften für eine Teilnahme am<br />
Bundeswettbewerb. Das Land fördert diesen bundesweiten Schulwettbewerb durch die Sicherstellung<br />
der organisatorischen und personellen Rahmenbedingungen auf allen Wettkampfebenen<br />
sowie durch die Übernahme der Kosten ab der Regionalebene.<br />
133
Im Schuljahr 2006/07 begann an 40 Grundschulen des Landes das Pilotprojekt „Fit und Vital<br />
– Kinder der Grundschulen in Bewegung“. Dieses Projekt hat die Identifizierung und Förderung<br />
<strong>von</strong> motorisch benachteiligten und übergewichtigen Kindern zum Ziel. Sie werden auf<br />
der Grundlage eines Fitnesstestes, an dem alle Schülerinnen und Schüler teilnehmen, und<br />
unter Berücksichtigung der gleichzeitig erhobenen Körperdaten (Größe und Gewicht) ausgewählt<br />
und in einem außerunterrichtlichen Sportangebot einmal wöchentlich gezielt gefördert.<br />
An einigen Schulen erfolgt zusätzlich für die ausgewählten Schülerinnen und Schüler<br />
ein Kompetenztraining, das Fragen der gesunden Ernährung, der Stressbewältigung und der<br />
Stärkung der Selbstkompetenz beinhaltet. Finanziell wird das Pilotprojekt, das die Universität<br />
Halle Wittenberg wissenschaftlich begleitet, durch das Kultusministerium, das Ministerium für<br />
Gesundheit und Soziales, den Landessportbund, den Landesturnverband, die AOK und die<br />
IKK gefördert.<br />
Im Schuljahr 2007/08 wurde das Projekt auf insgesamt 120 Grundschulen ausgeweitet. Das<br />
Projekt „Fit und vital“ trägt dazu bei, Schülerinnen und Schüler an eine gesündere Lebensweise<br />
und regelmäßige sportliche Betätigung heranzuführen. Es wurde am Beginn des Jahres<br />
2007 durch die Ministerin für Gesundheit und Soziales als Modellprojekt im Rahmen der<br />
Gesundheitsziele des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> anerkannt.<br />
„Seit dem Schuljahr 2007/2008 wird das vom Fußballverband <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> initiierte Projekt<br />
„Bewegen und Spielen“ durchgeführt, an dem sich jährlich 21 Grundschulen beteiligen.<br />
Das <strong>von</strong> Jugendlichen im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres als Übungsleiterassistenten<br />
betreute Projekt verfolgt das Ziel, Grundschülerinnen und Grundschüler spielerisch für<br />
den Fußballsport zu begeistern und damit die körperlichen Bewegung der Kinder zu entwickeln.<br />
Die dabei trainierten fußballerischen Übungen und Techniken bereichern nicht nur den<br />
Sportunterricht in der jeweiligen Grundschule, sie dienen auch einer frühzeitigen Talentsichtung.<br />
Die vorerst für die 3 Jahre geplante Förderung dieser Maßnahme erfolgt mit Sportfördermitteln<br />
des Landes, die der Sportjugend im Landessportbund <strong>Sachsen</strong> e.V. im Rahmen<br />
der Projektförderung zur Verfügung gestellt werden.<br />
6.1.3 Perspektiven<br />
Im Herbst 2007 wurden die „Gemeinsamen Handlungsempfehlungen der KMK und des<br />
Deutschen Olympischen Sportbundes (DSOB) zur Weiterentwicklung des Schulsports“ verabschiedet.<br />
Gemeinsames Ziel der KMK und des DOSB ist es, die Qualität des Schulsports<br />
nachhaltig und systematisch weiterzuentwickeln. Hiefür werden die folgenden vier Themenbereiche<br />
als vorrangige Handlungsfelder benannt:<br />
- Schule als Bewegungs-, Spiel- und Sportwelt<br />
- Sportunterricht<br />
- Außerunterrichtlicher Schulsport<br />
- Qualifizierung <strong>von</strong> Lehrkräften und weiteren im Schulsport eingesetzten Personen<br />
Das Kultusministerium orientiert sich in seinen Planungen für den Schulsport an der weiteren<br />
Umsetzung der Handlungsempfehlungen im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>. Beispielhaft sei auf die<br />
nachfolgenden Vorhaben verwiesen.<br />
Gegenwärtig findet im Kultusministerium die Erarbeitung einer Konzeption „Bewegte Schule“<br />
statt. Diese Konzeption soll ab dem Schuljahr 2009/10 an möglichst vielen Schulen Umsetzung<br />
finden und zur Erhöhung der täglichen Bewegungszeit der Schülerinnen und Schüler<br />
bzw. zur Rhythmisierung des Schulalltags beitragen.<br />
<strong>Der</strong> Ganztagsschulerlass (RdErl. des MK vom 4.4.2007, SVBl. LSA S. 113f.) sichert die<br />
Rahmenbedingungen für die Qualitätsentwicklung der Ganztagsschulen. Ganztagsschulen<br />
sind aufgefordert, in die Gestaltung der Bildungs- und Betreuungsangebote neben Lehrkräften<br />
und pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch Erziehungsberechtigte, Schülerinnen<br />
und Schüler sowie außerschulische Kooperationspartner einzubeziehen. Damit ist<br />
die Forderung der Öffnung u. a. zum sozialen, kulturellen und sportlichen Umfeld verbunden.<br />
134
Ziel ist die quantitative und qualitative Erweiterung des Angebotes. Auf der Grundlage einer<br />
Kooperationsvereinbarung kann das Ganztagsangebot auch durch Angebote <strong>von</strong> außerschulischen<br />
Partnern ergänzt werden. Diese Angebote sollen den Bedürfnissen der Schülerinnen<br />
und Schüler entsprechen. <strong>Der</strong> Sport und die Zusammenarbeit mit Sportvereinen werden<br />
hierbei eine große Rolle spielen.<br />
Aufgrund positiver vorliegender Zwischenergebnisse des Pilotprojektes „Fit und vital“ befasst<br />
sich seit Februar 2008 eine ministeriumsübergreifende Arbeitsgruppe unter Federführung<br />
des Kultusministeriums mit dem Anliegen eines landesweiten Transfers des Projektanliegens<br />
auf alle Grund- und Förderschulen des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>.<br />
Für die Ausbildung <strong>von</strong> Sportassistentinnen und -assistenten an Sekundarschulen/Ganztagsschulen<br />
wird gegenwärtig gemeinsam mit dem Deutschen Sportlehrerverband<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e. V. eine Konzeption erarbeitet. Ziel ist es, dass in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ab dem<br />
Schuljahr 2009/10 mit der Ausbildung <strong>von</strong> Sportassistentinnen und -assistenten begonnen<br />
werden kann. Diese können nach erfolgreicher Ausbildung z. B. Verantwortung bei der<br />
Betreuung <strong>von</strong> Arbeitsgemeinschaften, bei der Mitgestaltung <strong>von</strong> Sportfesten oder bei der<br />
Betreuung <strong>von</strong> Kindern in Sportvereinen übernehmen.<br />
Vom 6. bis zum 18. Mai 2009 wird in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>, <strong>Sachsen</strong> und Thüringen die Endrunde<br />
der UEFA-U17-Europameisterschaften 2009 ausgetragen. Sie steht unter dem Motto „Fußball<br />
kennt keine Grenzen“ und wird durch ein umfangreiches Rahmenprogramm begleitet.<br />
Das Endspiel soll am 18. Mai 2009 in Magdeburg stattfinden. <strong>Der</strong> Deutsche Fußball-Bund als<br />
Ausrichter der EM hat die Bundeszentrale für politische Bildung als Partner für die Gestaltung<br />
des Rahmenprogramms gewinnen können. Das Rahmenprogramm bietet den Schulen<br />
verschiedene Möglichkeiten, die Fußballbegeisterung ihrer Schülerinnen und Schüler zu nutzen,<br />
und sich unter dem Motto „Fußball kennt keine Grenzen“ für Integration und Toleranz zu<br />
engagieren. Das Kultusministerium unterstützt dieses Vorhaben und wird die Schulen aufrufen,<br />
aktiv mit ihren Schülerinnen und Schülern dazu beizutragen, dass <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> seinen<br />
europäischen Gästen als gastfreundlicher, sportbegeisterter, fairer und gewaltfreier Austragungsort<br />
der Fußball-EM in Erinnerung bleibt.<br />
6.2 Sport in Freizeit und Verein<br />
6.2.1 Entwicklungsstand<br />
Im Landessportbund <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e.V. (LSB) wird sportliche Jugendarbeit über die Sportjugend<br />
im LSB (SJ) organisiert. Sie ist im Land die größte Jugendorganisation. Hauptschwerpunkt<br />
der sportlichen Jugendarbeit der SJ sind interessante Freizeitangebote, an denen<br />
sich auch Kinder und Jugendliche beteiligen können, die nicht in einem Sportverein Mitglied<br />
sind.<br />
Die Angebote umfassen Projekte zur Gewaltprävention, zur Gesundheitserziehung, Jugendbegegnungen,<br />
Bildungsmaßnahmen, Ferienfreizeiten sowie Großveranstaltungen (Landesjugendspiele).<br />
Zur Motivation der Jugendarbeit in den Sportvereinen schreibt die Sportjugend<br />
einzelne Wettbewerbe aus. Die besten Ergebnisse werden jährlich vom LSB prämiert.<br />
Das Land stellt zur Förderung <strong>von</strong> Sportprojekten der Sportjugend im LSB <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
e.V. 170.000 € zur Verfügung.<br />
In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> sind nur rund ein Viertel (13.202 <strong>von</strong> 48.491) der Jugendlichen im Alter<br />
<strong>von</strong> 15 und 16 Jahren Mitglied in einem Sportverein. Dabei sind doppelt so viele Jungen wie<br />
Mädchen aktiv in einem Sportverein tätig. <strong>Der</strong> Organisationsgrad liegt hier bei 27,23 %. Bei<br />
den 17- bis 18-jährigen treiben nur 24,49 % aktiv Sport in einem Sportverein (15.890 <strong>von</strong><br />
64.885). <strong>Der</strong> Anteil der Kinder und Jugendlichen (bis 18 Jahre) am Gesamtmitgliederbestand<br />
des Landessportbundes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e.V. (LSB) beträgt 26,10 % (94.708). Sie verteilen<br />
sich zu einem Drittel auf weibliche und zu zwei Dritteln auf männliche Jugendliche.<br />
Erfreulich ist der Aufwärtstrend in den vergangnen Jahren bei den Mitgliedern der Altersklasse<br />
7 bis 14 Jahren.<br />
135
Neben der Beteiligung am Genehmigungsverfahren bei der Einrichtung <strong>von</strong> Arbeitsgemeinschaften<br />
und Sportprojekten im Rahmen des Landesprojektes „Sport in Schule und Verein“<br />
unterstützt der LSB das Landesprojekt durch die Initiierung eines Wettbewerbes. Die Wettbewerbsprämien<br />
können für Sachkosten der beteiligten Schulen und Sportvereine verwendet<br />
werden. Ziel des Projekts ist die Verbesserung der außerunterrichtlichen Freizeitangebote für<br />
Schülerinnen und Schüler, die Gewinnung <strong>von</strong> Vereinsmitgliedern sowie die Unterstützung<br />
der Sichtung <strong>von</strong> Sporttalenten. Deshalb werden Arbeitsgemeinschaften, die eine Kooperationsvereinbarung<br />
zwischen Sportverein und Schule haben, bei der Förderung vorrangig berücksichtigt.<br />
<strong>Der</strong>zeit gibt es in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 39 Sportprojekte und 1.900 Arbeitsgemeinschaften<br />
„Sport in Schule und Verein“.<br />
Zwei Drittel aller Jugendlichen sind grundsätzlich bereit, im Sport ein Ehrenamt auszuüben<br />
und sich zum Übungsleiter/in, Jugendleiter/in oder Kampf- und Schiedsrichter/in ausbilden zu<br />
lassen. Während bei den Jungen das Hauptinteresse für eine ehrenamtliche Tätigkeit im<br />
Wettkampfsport liegt, betrifft die ehrenamtliche Bereitschaft für Mädchen mehr helfende Tätigkeiten<br />
bei Einzelveranstaltungen und Projekten. Die Bereitschaft zur Übernahme formeller<br />
Ämter in einem Sportverein (Vereinsvorstand) ist hingegen bei allen Jugendlichen eher gering<br />
ausgeprägt.<br />
In der Vereinsentwicklung setzt sich der Trend fort, dass die Anzahl <strong>von</strong> Kleinvereinen<br />
(einspartig) ansteigt. Waren per 01.01.2007 nur 1.990 Vereine einspartig, so stieg die Zahl<br />
per 01.01.2008 auf 2.120 Vereine (65,7 %) an. Die hohe Anzahl <strong>von</strong> Kleinvereinen begrenzt<br />
die Wahlmöglichkeiten der Jugendlichen für das Sporttreiben innerhalb eines Vereins. So<br />
gibt es besonders im ländlichen Raum organisierte Sportangebote nur im begrenzten Umfang<br />
und in Kleinvereinen. Meist handelt es sich um Fußballvereine, die kaum (andere)<br />
sportliche Aktivitäten für weibliche Jugendliche ermöglichen. Erfreulich ist der Zuwachs <strong>von</strong><br />
Mitgliedern bei Allgemeinen Sportgruppen. Dieser Zulauf zu den Allgemeinen Sportgruppen<br />
muss als möglicher Aufwuchs der Mitgliedschaft im LSB ausgebaut werden. Deshalb ist es<br />
erforderlich, für die Entwicklung <strong>von</strong> Allgemeinen Sportgruppen und Abteilungen der Sportarten<br />
Chancengleichheit zu gewährleisten.<br />
Es zeigt sich, dass für die Umsetzung der vorhandenen Bereitschaft zum Sporttreiben die<br />
immer noch ungenügende Sportstättensituation erschwerend ist. Auch hier haben die ländlichen<br />
Kommunen in der Regel schlechtere Bedingungen als die Städte. Ein wesentlicher<br />
Grund dafür ist die demographische Situation, die zur Reduzierung der Schulen führt. In vielen<br />
kleineren Ortschaften müssen wegen der zu geringen Schülerzahl die Schulen geschlossen,<br />
womit auch die Veränderung oder Aufgabe des Sporthallenbetriebes verbunden ist.<br />
6.2.2 Perspektiven und Herausforderungen<br />
<strong>Der</strong> Vereinssport muss in den kommenden Jahren noch attraktiver werden durch Maßnahmen<br />
zur Entwicklung des Bedürfnisses zum lebenslangen Sporttreiben. Für die Kinder und<br />
Jugendlichen müssen vor allem mehr gesundheitsfördernde Sportangebote verfügbar sein.<br />
Darüber hinaus muss der LSB prüfen, ob künftig Möglichkeiten zur Beitragsfreistellung in<br />
den Vereinen berücksichtigt werden können. Nur so ist es möglich, noch mehr Kinder- und<br />
Jugendliche, vor allem aus finanziell schwächeren Familien, in das Vereinsleben zu integrieren.<br />
Bei Sicherung der täglichen Bewegungszeit in den Kindertagesstätten werden folgende flankierende<br />
Maßnahmen empfohlen:<br />
Kinder im Vorschulalter<br />
Projekt „Sportkinder“ der SJ <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Kooperation der Sportvereine mit Kindertagesstätten<br />
Angebote für Kinder im Elementarbereich (Animationsprogramme der Vereine ebnen<br />
den Weg zum Sport(verein)<br />
Altersspezifische Inhalte, Begeisterung schaffen, Lust auf Neues entfachen<br />
136
Einbeziehung <strong>von</strong> Müttern und Vätern in die Vereinsangebote<br />
Bei Gewährleistung der obligatorischen Aufgaben des Kultusministeriums sollen im fakultativen<br />
Bereich angeboten werden:<br />
Kinder im Schulalter<br />
Attraktive Sportangebote der Vereine für ein spannendes Leben junger Menschen:<br />
vom coolen Abenteuer-Event bis zur sportlichen individuellen Leistung<br />
Kooperationen mit Schulen durch das Projekt „Sport in Schule und Verein“, das vom<br />
Kultusministerium des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> unterstützt sowie vom Landesverwaltungsamt<br />
und den Kreis- und Stadtsportbünden organisiert und koordiniert wird<br />
Vereine veranstalten Projekttage in den Schulen zur Gestaltung gemeinsamer Sporttage<br />
Jugendliche<br />
Flexibilität der Angebote zwischen traditionellen Vereinssportarten und Trendsportarten<br />
sowie sportartübergreifenden Angeboten. Vereine sollten vielseitigere Bewegungsmöglichkeiten<br />
anbieten und sich verstärkt Trendsportarten öffnen, um das Interesse<br />
der Jugend zu wecken bzw. zu erhalten.<br />
Angebote alters- und leistungsgerecht gestalten<br />
gemeinsame Erlebnisse schaffen<br />
7. Verkehr<br />
7.1. Vorbemerkung<br />
Verkehrssicherheitsarbeit und Mobilitätserziehung sind politische Querschnittsaufgaben. Das<br />
Ziel der Landesregierung ist es, bei Kindern und Jugendlichen die Möglichkeiten und Fertigkeiten<br />
ständig weiterzuentwickeln, sich im Straßenverkehr zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit<br />
Bussen, Bahnen und motorisiert sicher zu bewegen. Diese Aufgabe umfasst investive und<br />
erzieherische Aspekte, die mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung im Verkehrs-, Innen-,<br />
Sozial- und Kultusministerium angesiedelt sind.<br />
Im <strong>Bericht</strong>szeitraum wurde die traditionelle Verkehrssicherheitsarbeit, durch die die Kinder<br />
und Jugendlichen für die Gefahren des Straßenverkehrs sensibilisiert werden, fortgesetzt<br />
und durch eine weitergehende und verkehrsträgerübergreifende Mobilitätserziehung ergänzt.<br />
Die Verkehrssicherheitsarbeit der Landesregierung wird vom Innen- und vom Verkehrsministerium<br />
getragen und erfolgt in enger Kooperation mit der Landesverkehrswacht und weiteren<br />
Partnern aus der Wirtschaft. Die Mobilitätserziehung ist den Ministerien für Verkehr und Kultus<br />
zugeordnet, die auf diesem Gebiet gemeinsam mit der Nahverkehrsservice <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> GmbH (NASA) und den ÖPNV-Unternehmen des Landes tätig sind.<br />
7.2 Projekte der Verkehrssicherheitsarbeit und Mobilitätserziehung<br />
Im Geschäftsbereich des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr ist die Aufgabe<br />
der Koordinierung und Organisation der Verkehrssicherheitsarbeit keiner Landesstelle zugeordnet.<br />
Daher werden die für die Aufgabenerfüllung erforderlichen Mittel der Landesverkehrswacht<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e.V. nach Maßgabe des Haushalts ohne Anerkennung einer<br />
Rechtspflicht zur Verfügung gestellt. Die Mittel werden sowohl zur satzungsgemäßen Ausübung<br />
der Tätigkeit der Landesverkehrswacht <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e.V., in Verbindung mit den<br />
Orts- und Kreisverkehrswachten, als auch zur Wahrnehmung <strong>von</strong> besonderen Interessen<br />
und Aufgaben des Landes verwendet. Die hierzu in Übereinstimmung mit dem Ministerium<br />
für Landesentwicklung und Verkehr aufgestellten und weiter zu entwickelnden Verkehrssicherheitsprogramme<br />
für gefährdete Zielgruppen werden landesweit zur stetigen Verringerung<br />
des Unfallgeschehens umgesetzt. Die Landesmittel werden im Wege der Projektförderung<br />
ausgereicht.<br />
137
Hervorzuheben ist das ehrenamtliche Engagement der vielen Freiwilligen in der Verkehrssicherheitsarbeit<br />
sowie die Übernahme <strong>von</strong> Patenschaften für einzelne Projekte durch Persönlichkeiten<br />
des öffentlichen Lebens, ohne die die derzeitige Form der Verkehrssicherheitsarbeit,<br />
die gerade für die jüngsten und schwächsten Verkehrsteilnehmer <strong>von</strong> besonderer Bedeutung<br />
ist, nicht aufrecht erhalten werden könnte.<br />
7.2.1 Projekt „Mobile Verkehrserziehung in Kindertagesstätten und Grundschulen“<br />
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Projekt unterstützen die Kindergärten, Kindertagesstätten<br />
und Grundschulen bei der Vorbereitung und Gestaltung <strong>von</strong> Projekttagen zur<br />
Verkehrserziehung, bei Kinderfesten und ähnlichen Verkehrssicherheitsaktionen. Darüber<br />
hinaus finden auch Einsätze bei öffentlichen Veranstaltungen <strong>von</strong> Institutionen und Einrichtungen<br />
statt.<br />
Den Kindern wird bei diesen Veranstaltungen Wissenswertes über richtiges Verhalten im<br />
Straßenverkehr spielerisch (Puppenbühne) vermittelt, welches anschließend in der Praxis<br />
(Roller-, Fahrradparcours) geübt werden kann. Verkehrspuzzle, Verkehrsquiz, Erste Hilfe,<br />
Mal- und Bastelrunden schärfen die Sinne für ein verkehrsgerechtes Verhalten.<br />
Spiele mit den Materialien aus der "Move it" - Kiste und dem „Spielmobil“ unterstützen die<br />
Entwicklung <strong>von</strong> sensomotorischen Fähigkeiten und Fertigkeiten bei den Kindern.<br />
Das Projekt "Mobile Verkehrserziehung in Kindertagesstätten und Grundschulen“ hilft mit,<br />
verkehrsgerechtes Verhalten und die Sensomotorik bei Kindern im Vor- und Grundschulbereich<br />
auszuprägen und zu stabilisieren, versucht aber auch, die Eltern zur Wahrnehmung ihrer<br />
Eigenverantwortung auf diesem Gebiet zu animieren.<br />
Im Zeitraum 2005 bis 2007 fanden 337 Einsätze mit 19.886 Teilnehmenden statt. Neben der<br />
"Mobilen Puppenbühne" erfolgte die schrittweise Erweiterung des Programmangebotes wie<br />
z.B. Fahrrad- und Rollergeschicklichkeitsparcours, Verkehrspuzzle, Verkehrsquiz, Verkehrsvideos<br />
und "Move it" – Programm, Bastel- und Malstraßen, das "Verkehrssichere Fahrrad",<br />
Fahrradmontage sowie die Station „Erste Hilfe“.<br />
In 2004 wurde in Zusammenarbeit mit der NASA-GmbH mit der Entwicklung der Station „Sicher<br />
fahren mit Bus und Bahn“ begonnen, welche ab 2005 fester Bestandteil des Angebotes<br />
in der 3. und 4. Klasse ist. Das Ende 2005 durch die TOTAL Deutschland an die Landesverkehrswacht<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e.V. übergebene Spielmobil im Rahmen der Kampagne „Kinder<br />
brauchen Schutzengel“ ist seit 2006 in den Angebotskatalog aufgenommen worden.<br />
7.2.2 Projekt „Aus- und Weiterbildung“<br />
Ein besonderes Augenmerk gilt den schwächeren Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmern<br />
wie Kindern und Senior/Innen. Kinder sind als Verkehrsteilnehmer nach wie vor besonders<br />
stark gefährdet, haben dabei aber selbst nur eingeschränkte Fähigkeiten, die Anforderungen<br />
des modernen Straßenverkehrs zu bewältigen.<br />
Das Programm „Kind und Verkehr“ des Deutschen Verkehrssicherheitsrates e.V. wendet<br />
sich daher in erster Linie an die Erwachsenen; liegt es doch meist in ihrer Hand, Kinder als<br />
Verkehrsteilnehmer vor Schaden zu bewahren. Die Moderatorinnen und Moderatoren der<br />
Landesverkehrswacht <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e.V. können seit Ende 2005 auf ein neues Modulsystem<br />
zurückgreifen, das die Möglichkeit bietet, thematisch noch stärker die individuellen Interessen<br />
der Teilnehmenden zu berücksichtigen. Im Zeitraum 2005 bis 2007 wurden in diesem<br />
Programm 162 Veranstaltungen mit 2.079 Teilnehmerinnen und Teilnehmern durchgeführt.<br />
Im Jahr 2006 wurden die Projektinhalte des Programms „Kind und Verkehr“ um die Bausteine<br />
„Verkehrssicherheitstage für Kinder“ und „Beratungsgespräche in Kindertagesstätten“ erweitert.<br />
Hier fanden bisher 149 Veranstaltungen mit 6.398 Teilnehmenden statt.<br />
7.2.3 Projekt „Mobile Verkehrserziehung Jugend und Verkehr“<br />
Die Problematik des überproportionalen Unfallrisikos junger Fahrerinnen und Fahrer im<br />
Straßenverkehr ist in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>, aber auch in der Bundesrepublik insgesamt, beson-<br />
138
ders ausgeprägt. So ist der Personenanteil mit Unfällen in der Altersgruppe der 18 bis 25jährigen<br />
im Vergleich zu anderen Altersgruppen deutlich höher. Diese Erkenntnis war für den<br />
Vorstand der Landesverkehrswacht <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e.V. Anlass, das Projekt “Mobile Verkehrserziehung<br />
Jugend und Verkehr“ als festen Bestandteil der Verkehrssicherheitsarbeit<br />
der Landesverkehrswacht <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e.V. zu integrieren.<br />
Unmittelbar vor Ort, in Gymnasien und Berufsschulen, werden Jugendliche durch eine innovative<br />
Mischung <strong>von</strong> Informationen, Service und Unterhaltung zum Nachdenken über ihr<br />
Verhalten im Straßenverkehr animiert und zur gegenseitigen Rücksichtnahme aufgefordert.<br />
Junge Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer werden also da angesprochen, wo sie noch<br />
über mögliche Entscheidungsspielräume zur Änderung <strong>von</strong> praktischen Verhaltensweisen<br />
verfügen. Dabei wird immer wieder betont: Verkehrssicherheit beginnt mit der Wahrnehmung<br />
<strong>von</strong> Eigenverantwortung statt Gleichgültigkeit, mit Kooperation statt Konkurrenz und schließt<br />
Wissen über die Gefahren ein.<br />
Die Angebote, wie<br />
• „Kick- down “- Videos mit anschließender Diskussion<br />
• Sehtestgerät- Verkehrssicherheit beginnt bereits mit gutem Sehen<br />
• Reaktionstestgerät- zum Training <strong>von</strong> Bewegungsabläufen bei unterschiedlichen Situationen<br />
• Überschlagsimulator-Simulieren eines Unfalls mit Befreiung aus „misslicher“ Lage<br />
• Gurtschlitten- hier wird den Schülerinnen und Schülern die Bedeutung und Wichtigkeit<br />
des ordnungsgemäßen Anlegens des Gurtes im Fahrzeug plastisch aufgezeigt<br />
• Fahrsimulator – hier ist es möglich, in einem original nachgebildetem PKW-<br />
Fahrerplatz mit Monitor den Schülerinnen und Schülern Gefahrensituationen (wie<br />
Promillesimulation) nachzustellen<br />
wurden, in Weiterführung des Projektes „Mobile Verkehrserziehung Jugend und Verkehr“<br />
ausgebaut, um somit den gewachsenen Bedürfnissen der jungen Menschen nach mehr Informationen,<br />
Spaß und Unterhaltung immer besser Rechnung tragen zu können. Im Projekt<br />
wurden <strong>von</strong> 2005 bis 2007 156 Veranstaltungen mit ca. 68.200 Teilnehmenden durchgeführt.<br />
7.2.4 Projekt „Mobile Verkehrserziehung behinderter Kinder und Jugendlicher“<br />
Das am 01.03.1996 <strong>von</strong> der Landesverkehrswacht <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e.V. ins Leben gerufene<br />
Projekt “Verkehrserziehung zur Betreuung behinderter Kinder und Jugendlicher“ wird erfolgreich<br />
fortgesetzt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren <strong>von</strong> 2005 bis 2007 mit 139<br />
Einsätzen in geschützten Werkstätten und GB-Schulen in <strong>Sachsen</strong>- <strong>Anhalt</strong> vor Ort. Dabei<br />
wurden 6.700 Teilnehmende betreut. In enger Zusammenarbeit mit Lehrerinnen und Lehrern<br />
und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des sozialbegleitenden Dienstes wurden die behinderten<br />
Mitbürgerinnen und Mitbürger im Schonraum mit den theoretischen und praktischen Übungen<br />
für den Verkehrsalltag sensibilisiert. Den Teilnehmenden fehlt zum Teil die Einsicht<br />
in Verkehrsvorgänge und die Kenntnis über die Regeln im Straßenverkehr.<br />
Ziel der Projektarbeit ist, dass sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer als Verkehrsteilnehmende<br />
im Straßenverkehr besser orientieren können.<br />
In kleinen Gruppen <strong>von</strong> maximal 10 Teilnehmerinnen und Teilnehmern werden, gemeinsam<br />
mit den Betreuerinnen und Betreuern, wichtige Grundfragen zur Verkehrssicherheit, wie<br />
• die Fußgängerampel<br />
• die Verkehrsampel<br />
• die wichtigsten Verkehrszeichen(Stoppschild, Vorfahrtsstraße, Fußgängerüberweg)<br />
• das richtige Verhalten beim Überqueren einer Straße<br />
• das richtige Verhalten und Benutzen der öffentlichen und privaten Verkehrsmittel<br />
behandelt und elementare Sachverhalte zum verkehrsgerechten Verhalten mittels Malvorlagen,<br />
Puzzle, Videos sowie der Station „Das verkehrssichere Fahrrad“ im Schonraum geübt.<br />
139
7.2.5 Projekt „Sicherheitstraining“<br />
Neben Erfahrung zählen im Straßenverkehr vor allem vorausschauende Fahrweise, Besonnenheit<br />
sowie das Wissen um fahrphysikalische Gesetzmäßigkeiten. Daher ist das Sicherheitstraining<br />
nach den Richtlinien des Deutschen Verkehrssicherheitsrates e.V. nach wie vor<br />
ein maßgeblicher Bestandteil der Verkehrssicherheitsarbeit. Die vor einigen Jahren begonnene<br />
Programmüberarbeitung und –aktualisierung ist 2005/ 2006 durch Fortbildungen bei allen<br />
Trainerinnen und Trainern „angekommen“. Das Programm bietet den Trainerinnen und<br />
Trainern durch eine neu entwickelte didaktische Grundstruktur nun mehr Spielraum, um auf<br />
Gruppen- und Teilnehmer/Innenbedürfnisse stärker einzugehen.<br />
Die beim Sicherheitstraining bearbeiteten Themen wurden deshalb in der Regel mit Situationen<br />
aus dem Verkehrsalltag an Hand <strong>von</strong> Teilnehmer/Innenbeispielen eingeleitet. Weiterhin<br />
war wichtig, dass die Trainerin oder der Trainer ihre bzw. seine Gruppe über den ganzen<br />
Tag begleitet und so der gegenseitige Bezug immer erhalten bleibt. In den Gruppendiskussionen<br />
wurden Gefahrenlehre, Vermeidungs- und mögliche Lösungsstrategien besprochen,<br />
die dann bei den praktischen Fahrübungen erprobt wurden. Dabei wurden auch Aspekte der<br />
Fahrphysik und der Fahrzeugtechnik eingebracht. Diese unterstützten bei den Teilnehmenden<br />
das Verständnis für das Verhalten ihres Fahrzeugs bzw. für die Grenzen der Beherrschbarkeit.<br />
Bei den fahrpraktischen Übungen kommt es nicht so sehr darauf an, die Fahrzeugbeherrschung<br />
zu perfektionieren, sondern die Grenzen zwischen Fahrerin und Fahrer und<br />
Fahrzeug „erfahrbar“ zu machen. Von 2005 bis 2007 wurden 207 Sicherheitstrainings mit<br />
2.176 Teilnehmenden durchgeführt. Zwei Drittel dieser Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren<br />
junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren.<br />
7.2.6 Schulprojekt „Auf Achse mit Bus und Bahn; <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> erfahren“<br />
Für den Bereich der Mobilitätserziehung sind das Ministerium für Landesentwicklung und<br />
Verkehr und das Kultusministerium gemeinsam mit der Nahverkehrsservice GmbH (NASA)<br />
und den ÖPNV-Unternehmen des Landes tätig. Die NASA übergab gemeinsam mit der DB<br />
AG Projektvorschläge für die Klassenstufen 3/4, 5/6 und 7/8 anwendungsbereit an alle Schulen<br />
des Landes. Dadurch wird Lehrerinnen und Lehrern ermöglicht, fächerübergreifend den<br />
Umgang mit öffentlichen Verkehrsmitteln als Teil der Allgemeinbildung zu vermitteln. Im Auftrag<br />
der Projektpartnerinnen und -partner sind ständig mehrere geschulte Kräfte an Schulen<br />
im ganzen Land unterwegs und vermitteln die Inhalte im Unterricht und bei Projekttagen.<br />
7.2.7 Schülerferienticket<br />
Das Land und die ÖPNV-Unternehmen des Landes unterstützen die Mobilität <strong>von</strong> Kindern<br />
und Jugendlichen unabhängig vom PKW der Eltern durch das Angebot eines landesweit gültigen<br />
und verkehrsträgerübergreifenden „Schülerferientickets“ in den Sommerferien. Durch<br />
die damit verbundenen Ermäßigungen für die Nutzung <strong>von</strong> touristischen Angeboten hat sich<br />
das Ticket zu einem eigenständigen Ferienangebot entwickelt, das im Jahr 2007 <strong>von</strong> über<br />
33.000 Kindern und Jugendlichen genutzt wurde. Begleitet wird die Aktion Schülerferienticket<br />
<strong>von</strong> einem Wettbewerb, in dem sich jährlich über 2000 Jungen und Mädchen aus <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> als Models für das Schülerferienticket bewerben.<br />
7.2.8 Das Fifty-Fifty-Taxi<br />
Zur Eindämmung der Unfälle <strong>von</strong> Jugendlichen an Wochenenden im Zusammenhang mit<br />
Diskobesuchen und anderen Freizeitaktivitäten wird seit 1999 vom Innenministerium, vom<br />
Ostdeutschen Sparkassenverband, <strong>von</strong> der AOK, vom Taxi- und Mietwagengewerbe sowie<br />
<strong>von</strong> anderen Partnerinnen und Partnern das Projekt „Fifty-Fifty-Taxi“ betrieben. Dabei können<br />
Jugendliche ab 16 Jahre Gutscheine für Taxifahrten zum halben Preis erwerben, die jeweils<br />
an Freitagen und Samstagen ab 20.00 Uhr für Taxifahrten einsetzbar sind.<br />
7.3 Unterstützung der Polizei bei der schulischen Verkehrs- / Mobilitätserziehung<br />
Die Unterstützung der Polizei erfolgt durch verschieden Projekte:<br />
140
7.3.1 Projekt „Mobile Puppenbühne“<br />
Für die Altersgruppe der Kindergartenkinder und Grundschülerinnen und -schüler (3- bis 10-<br />
Jährige) sind in diesem Projekt die Puppenbühne, der Fahrradgeschicklichkeitsparcours, die<br />
Übungen zur Fahrradmontage, das verkehrssichere Fahrradfahren, die Bastelstraße, die<br />
Malstraße und die Erste-Hilfe-Übungen vereint. Im Jahre 2003 führte die Landesverkehrswacht<br />
hierzu 94 Einsätze mit 5139 teilnehmenden Kindern durch.<br />
Die Mobile Puppenbühne der Polizeidirektion Halle führte im Zeitraum 2005 bis 2007 insgesamt<br />
565 Puppenspielveranstaltungen zur Unterstützung der Verkehrserziehung an 433<br />
Grundschulen und 132 Kindertagesstätten vor rd. 34.500 Kindern durch.<br />
7.3.2 Malwettbewerb zur Unterstützung der Verkehrserziehung an Grundschulen<br />
Gemeinsam mit dem Kultusministerium, der Landesverkehrswacht, den Öffentlichen Versicherungen<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> (ÖSA) und der Unfallkasse <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> führt das Innenministerium<br />
seit 1993 alljährlich einen Malwettbewerb zur Unterstützung der Verkehrserziehung<br />
an den Grundschulen des Landes durch, bei dem sich in den Jahren 2005- 2007 mit rund<br />
20.000 Teilnehmern fast jeder 10. Grundschüler(in) beteiligte.<br />
7.3.3 Verkehrspädagogische Ausstellung „Straßenkreuze – Unorte des Sterbens“<br />
Seit 2001 setzt das Innenministerium in Zusammenarbeit mit dem Kultusministerium eine<br />
Ausstellung zum Unfalltod insbesondere junger Menschen im Straßenverkehr ein. Rund<br />
20.000 Jugendliche besuchten in den Jahren 2005 bis 2007 diese Ausstellung im Rahmen<br />
schulischer Projekte vorrangig an Gymnasien und Berufsbildenden Schulen und beschäftigten<br />
sich anschließend mit dieser Thematik.<br />
7.3.4 Perspektiven und Herausforderungen polizeilicher Verkehrssicherheitsarbeit<br />
Das entwicklungsbedingte Verhalten <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen wird auch in Zukunft Ursache<br />
für das Unfallgeschehen in dieser Bevölkerungsgruppe sein. Durch Mobilitätserziehung<br />
und Verkehrssicherheitsarbeit sollen Möglichkeiten geschaffen und entsprechende Fertigkeiten<br />
entwickelt werden, damit sich Kinder und Jugendliche sicher im Verkehr bewegen.<br />
Die Thematik ist als permanente gesellschaftliche Herausforderung zu verstehen.<br />
Im Bereich der Mobilitätserziehung und der Verkehrssicherheitsarbeit hat sich ein Netzwerk<br />
gebildet, das sowohl organisatorisch als auch vom bürgerschaftlichen Engagement der beteiligten<br />
Personen her bereits über die notwendige Leistungsfähigkeit für weiterführende Aktivitäten<br />
verfügt.<br />
Ein wichtiges Element der Verkehrssicherheitsarbeit ist der „Beirat für Verkehrssicherheitsarbeit<br />
des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>“, der seit vierzehn Jahren existiert. Er erreicht einen breiten<br />
gesellschaftlichen Konsens, da er sich aus berufenen Vertreterinnen und Vertretern der<br />
obersten Landesbehörden sowie <strong>von</strong> Verbänden und Organisationen zusammensetzt und<br />
somit ein Forum für engagierte Bürgerinnen und Bürger bildet.<br />
Durch die strukturellen Veränderungen im Schulnetz wird die Aufmerksamkeit verstärkt auf<br />
den Bereich Schülerverkehrs zu richten sein. Die bereits vorliegenden Erkenntnisse machen<br />
deutlich, dass hier Sicherheitsprobleme weniger während der Fahrt selbst, als viel mehr davor<br />
und danach bestehen. Die ständige Umsetzung und Weiterentwicklung des Schulwegerlasses<br />
des Kultusministeriums ist somit unabdingbar.<br />
Obwohl die Zahl der im Straßenverkehr Getöteten und Verletzten in den letzten Jahren abgenommen<br />
hat, darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Unfallgeschehen auf den<br />
Straßen <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s immer noch zu viele Opfer fordert. Es besteht deshalb weiterhin<br />
ein dringender Handlungsbedarf, um den positiven Trend zu stabilisieren.<br />
Ein wesentlicher Baustein der Gesamtkonzeption zur Verbesserung der Verkehrssicherheit<br />
sind die Unfallkommissionen in den Landkreisen und kreisfreien Städten. Sie haben im<br />
Rahmen der örtlichen Untersuchung <strong>von</strong> Straßenverkehrsunfällen die Aufgabe, Unfallhäu-<br />
141
fungen zu erkennen, zu bewerten und für Abhilfemaßnahmen zu sorgen. Dazu dienen eine<br />
rechnergestützte Unfallanalyse sowie die durch Forschung und Praxis gewonnen Erkenntnisse.<br />
Dadurch wird eine weitere Verbesserung der Tätigkeit der Unfallkommissionen ermöglicht.<br />
Auch wenn viele der Verkehrsunfälle auf den ersten Blick nicht als präventabel erscheinen<br />
mögen, müssen sich die Unfallkommissionen noch stärker mit solchen Gefahrenpotenzialen<br />
befassen. Beispielhaft seien die sogenannten „Baumunfälle“ angeführt, denen mit dem Einsatz<br />
<strong>von</strong> wirksamen und intelligenten Mitteln wie z.B. Schutzplanken begegnet wird.<br />
Die Polizei des Landes verfolgt insbesondere seit 2002 eine erfolgreiche Doppelstrategie:<br />
Verstärkte Verkehrsüberwachung einerseits und zielgruppenorientierte Präventionsarbeit<br />
andererseits. Die zielgruppenorientierte Verkehrsprävention der Polizei beruht im Wesentlichen<br />
auf Erkenntnissen des Verkehrsunfalllagebildes. Hieraus werden für die Verkehrsaufklärungs-<br />
und -erziehungsarbeit der Kinder und Jugendlichen Schwerpunkte abgeleitet:<br />
Schulwegsicherheit und Sicherheit der Kinder als Mitfahrer und Radfahrer. Hinzu kommt die<br />
Unterstützung der schulischen Verkehrs- und Mobilitätserziehung bei der Umsetzung des<br />
Programms „Motorisierte Jugend“. Bei diesem Programm wird neben der Unterstützung beim<br />
schulischen Fahrsicherheitstraining vorrangig Aufklärungsarbeit hinsichtlich der Gefahren<br />
<strong>von</strong> Alkohol und illegalen Drogen im Straßenverkehr geleistet.<br />
In diesem Zusammenhang wird das Innenministerium gemeinsam mit dem ADAC Niedersachsen/<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> in den Jahren 2008 bis 2010 mit dem Projekt „Ich bin dein Schutzengel“<br />
die präventive Verkehrssicherheitsarbeit auf Landkreisebene unterstützen.<br />
8. Umwelt<br />
Die Umweltpolitik des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> hat zu einer wesentlichen Verbesserung der<br />
Umweltsituation im Land geführt, die insbesondere auch Kindern und Jugendlichen zugute<br />
kommt, was u.a. zu einer erheblichen Verminderung <strong>von</strong> umweltbedingten Erkrankungen geführt<br />
hat.<br />
Dabei ist zu erwähnen, dass die Oberflächengewässer sauberer geworden sind, der Anschlussgrad<br />
an die öffentliche Trinkwasserversorgung und an moderne, neu gebaute Klärwerke<br />
enorm erhöht wurde. In den Kontext gehört auch, dass erhebliche Investitionen in die<br />
Beseitigung <strong>von</strong> Altlasten getätigt wurden, ebenso wie in die Verminderung <strong>von</strong> Immissionen<br />
durch Außerbetriebnahme alter Anlagen und Inbetriebnahme moderner Anlagen.<br />
<strong>Der</strong> Umstieg erfolgte <strong>von</strong> einer Reparatur entstandener Umweltschäden zu einer vorsorgenden<br />
Umweltpolitik. Es wurden umfangreiche Aktivitäten unternommen, die Aufmerksamkeit<br />
noch mehr auf den Schutz der Umwelt zu lenken und zu verantwortlichem Handeln anzuregen.<br />
Aktivitäten in diesem Sinne sind z.B. die Umweltallianz zwischen Landesregierung und<br />
Wirtschaft, die Allianz ländlicher Raum, die sich mit entsprechenden Themen und Maßnahmen<br />
befassen, aber auch die Förderpolitik, mit der notwendige Maßnahmen unterstützt werden.<br />
Mit der Koalitionsvereinbarung wurde festgelegt, dass <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> eine Nachhaltigkeitsstrategie<br />
in allen Politikbereichen braucht, da die Aktivitäten für eine nachhaltige Entwicklung<br />
Chance und Grundlage für eine selbsttragende, zukunftsfähige Entwicklung in den Kommunen<br />
und Regionen sind und diese Aktivitäten der Bestimmung <strong>von</strong> Entwicklungszielen, der<br />
Lösung <strong>von</strong> Problemen und dem Kreieren <strong>von</strong> Maßnahmen in den Bereichen Wirtschaft, Soziales<br />
und Umwelt dienen. <strong>Der</strong> Kinder- und Jugendbericht gehört in diesen Kontext.<br />
8.1 Ziele<br />
Das Ziel der Politik der Landesregierung ist die Sicherung einer zukunftsfähigen, nachhaltigen,<br />
d.h. einer wirtschaftlich leistungsfähigen, sozial gerechten und ökologisch tragfähigen<br />
Entwicklung, insbesondere auch für die Wahrung der Chancen <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen<br />
bzw. künftiger Generationen. Die Politik ist daher auch auf den Schutz der natürlichen<br />
Lebensgrundlagen im Interesse der heute lebenden und künftiger Generationen gerichtet<br />
142
einschließlich der notwendigen Sicherung einer nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen.<br />
Seit Jahren wird darüber ein Dialogprozess mit Vertreterinnen und Vertretern aus<br />
Wirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft und anderen gesellschaftlichen Bereichen geführt. Initiativen<br />
und Maßnahmen werden ideell und finanziell unterstützt.<br />
Ein wesentliches Ziel besteht dabei darin, auch Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene<br />
in gesellschaftliche Entscheidungs- und Gestaltungsprozesse einzubinden. Umweltbildung<br />
ist grundlegende Voraussetzung für die Gestaltung einer nachhaltigen Entwicklung und wesentlicher<br />
Bestandteil der Bildung für nachhaltige Entwicklung.<br />
Das Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> unterstützt den Erwerb <strong>von</strong> Kenntnissen und Schlüsselqualifikationen<br />
durch die Förderung <strong>von</strong> Maßnahmen zur Umweltbildung und Bildung für nachhaltige<br />
Entwicklung. In dem Kontext fördert das Land insbesondere außerschulische Bildungsmaßnahmen,<br />
die vor allem der Bewusstseinsentwicklung für den Schutz der Umwelt, dem Wissenszuwachs<br />
bezogen auf umweltrelevante Themen und der Förderung des umweltpolitischen<br />
Engagements dienen.<br />
Seit 2005 beteiligt sich das Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> an der Durchführung der UN-Dekade „Bildung<br />
für nachhaltige Entwicklung“. Umweltbildung ist ein wichtiger Beitrag zur Umsetzung<br />
dieser Weltdekade.<br />
8.2 Entwicklungen und Schwerpunktmaßnahmen<br />
8.2.1 <strong>Der</strong> Nachhaltigkeitsprozess<br />
<strong>Der</strong> Nachhaltigkeitsprozess in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> muss immer wieder an den aktuellen Herausforderungen<br />
und Aufgaben, vor denen das Land steht, ausgerichtet werden.<br />
Beispiele dafür sind die Hochwasserschutzkonzeption des Landes, die Befassung mit dem<br />
Klimaschutz, dem Klimawandel; dem Schutz der Biodiversität, der Umsetzung der europäischen<br />
Wasserrahmenrichtlinie und mit erneuerbaren Energien, aber auch mit anderen Maßnahmen<br />
zur Sicherung einer eigenständigen, zukunftsfähigen, nachhaltigen Entwicklung in<br />
den Kommunen und Regionen des Landes, z.B. durch Erschließung und Entwicklung der<br />
vorhandenen Potenziale und Unterstützung des bürgerschaftlichen Engagements.<br />
Das Land führt die Nachhaltigkeitsdebatte zu relevanten Themen und Aufgaben der nachhaltigen<br />
Entwicklung und unterstützt eine Servicestelle für die nachhaltige Entwicklung in Kommunen<br />
und Regionen, die Foren und Ausstellungen zu relevanten Themen organisiert und<br />
seit 2001 auch jährlich die Durchführung des Tags der Regionen koordiniert.<br />
Die Aktionen und Veranstaltungen zum Tag der Regionen in allen Teilen des Landes machen<br />
die Potenziale, die Leistungsfähigkeit und das Engagement der Kommunen und Regionen<br />
und der Akteurinnen und Akteure deutlich. Kinder und Jugendliche sind als Akteure und<br />
Besucherinnen und Besucher stets einbezogen. Seit 2004 steht der Tag der Regionen jährlich<br />
unter einem anderen Motto, das die Aufmerksamkeit jeweils auf Themen und Potenziale<br />
lenkt, die für eine nachhaltige Entwicklung relevant sind und die Potenziale, Verantwortung<br />
oder Gestaltungs- und Verhaltensmöglichkeiten aller anspricht.<br />
8.2.2 Umweltbildung und Freiwilliges ökologisches Jahr<br />
Zur Sicherung der außerschulischen Bildung (Umweltbildung/Bildung für nachhaltige Entwicklung)<br />
werden Umweltbildungseinrichtungen und deren Angebote unterstützt, die Kindern<br />
und Jugendlichen sowie interessierten Bürgerinnen und Bürgern den Umgang mit der Natur<br />
und das Erkennen <strong>von</strong> Zusammenhängen sowie eine sinnvolle Freizeitgestaltung ermöglichen.<br />
Diese Einrichtungen haben sich zu Bildungszentren entwickelt und leisten einen wichtigen<br />
Beitrag zur Umsetzung der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ sowie zur<br />
Tourismusentwicklung in der Region.<br />
Zur Unterstützung der Durchführung der UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung in<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> wurden inzwischen ein Aktionsplan „Nachhaltigkeit lernen in <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong>“ mit einem Maßnahmekatalog veröffentlicht, eine Interministerielle Arbeitsgruppe un-<br />
143
ter Leitung des MLU und ein Runder Tisch eingerichtet. An den Sitzungen des Runden<br />
Tischs und der eingerichteten Arbeitsgruppen nehmen Interessenvertreterinnen und -<br />
vertreter aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen teil. Seit 2006 werden jährlich Bildungsaktionswochen<br />
unter dem Motto „7 Tage Zukunft – Nachhaltigkeit lernen in <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong>“ durchgeführt. Es geht bei diesen Aktivitäten zur Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />
um die Bildung im Elementarbereich, in der Schule, in Ausbildung und Lehre, im Studium<br />
und im außerschulischen Bereich. Die Ressorts der Landesregierung sind entsprechend ihren<br />
Zuständigkeiten beteiligt. Im Auftrag des <strong>Landtag</strong>s wurde inzwischen auch ein „Konzept<br />
zur Bildung für nachhaltige Entwicklung (Konzept BNE) in vorschulischen Einrichtungen, allgemeinbildenden<br />
und berufsbildenden Schulen sowie wissenschaftlichen<br />
Einrichtungen im Rahmen des Aktionsplanes der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“<br />
erarbeitet.<br />
In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> haben seit September 1991 rd. 1.500 Jugendliche das FÖJ als umweltbildungspolitisches<br />
Angebot im Anschluss an die Schulausbildung genutzt. Das FÖJ ist durch<br />
die ganzjährige praktische Tätigkeit in verschiedenen Arbeitsfeldern der Einsatzstellen ein<br />
Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung, Berufsorientierung und Berufsfindung. Landesweit<br />
gibt es über 140 Einsatzstellen mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen wie beispielsweise<br />
Umweltbildung, Umweltpolitik, Bauökologie, Biogärtnerei, Landschaftspflege und ökologische<br />
Landwirtschaft sowie Öffentlichkeitsarbeit. Die während des freiwilligen Ökologischen Jahres<br />
erworbenen Schlüsselqualifikationen wie Teamfähigkeit, Handlungskompetenz, Selbstständigkeit,<br />
Selbstbewusstsein und Kreativität sind gute Voraussetzungen für die sich anschließende<br />
Phase der beruflichen Ausbildung oder einer beruflichen Neuorientierung. Sie kommen<br />
im weiteren Berufsleben sowohl den Unternehmen wie auch den Beschäftigten persönlich<br />
zugute.<br />
In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> gibt es 2 zugelassene Träger, die die Durchführung des FÖJ koordinieren.<br />
An der Finanzierung der FÖJ-Plätze beteiligen sich der Bund, die EU, das Land sowie<br />
die Stiftung Umwelt, Natur- und Klimaschutz.<br />
Seit 2002 gibt es auch die Möglichkeit, dass anerkannte Kriegsdienstverweigerer anstelle<br />
des Grundwehrdienstes ein FÖJ ableisten, die in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> auch genutzt wird.<br />
8.3 Projekte, Perspektiven und Herausforderungen<br />
Das Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> setzt die Nachhaltigkeitsdebatte fort und unterstützt entsprechende<br />
Vorhaben, die dem Umweltschutz dienen, mit Mitteln der Europäischen Strukturfonds<br />
EFRE, ESF und ELER.<br />
Das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt hat für das ESF-Programm 2007 – 2013 und<br />
das EPLR (Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum Förderzeitraum 2007 – 2013)<br />
Fördermaßnahmen erarbeitet, die sowohl eine eigenständige, nachhaltige Entwicklung in<br />
den Kommunen und Regionen als auch die Bildung für nachhaltige Entwicklung einschl.<br />
Umweltbildung unterstützen werden. Auch dabei ist die Verbesserung und Sicherung der<br />
Chancen <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen und deren Entwicklung ein Schwerpunkt. In dem<br />
Rahmen und weiter auch mit Landesmitteln werden entsprechende Vorhaben, die Servicestelle<br />
für die nachhaltige Entwicklung in Kommunen und Regionen, die Durchführung des<br />
Tags der Regionen sowie Projekte und Maßnahmen der außerschulischen Bildung (Umweltbildung/Bildung<br />
für nachhaltige Entwicklung) unterstützt.<br />
Auch die Befassung mit relevanten Themen wie dem Klimaschutz, dem Klimawandel, dem<br />
Hochwasserschutz, erneuerbaren Energien bzw. nachwachsenden Rohstoffen und dem<br />
Schutz der Biodiversität wird fortgesetzt im Rahmen konzeptioneller Arbeit, aber auch durch<br />
konkrete Vorhaben und Projekte bzw. deren Förderung, Themen und Aufgaben, die auch für<br />
die Zukunft und die Chancen <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen relevant sind.<br />
Bei der Förderung <strong>von</strong> Bildungsvorhaben geht es vorrangig um Projekte, die der Entwicklung<br />
<strong>von</strong> Umweltbewusstsein und der Kompetenzen für die Gestaltung einer nachhaltigen Entwicklung<br />
dienen und geeignet sind, das Engagement verschiedener Zielgruppen zu verbes-<br />
144
sern, Impulse für eine zukunftsorientierte Umweltbildung zu geben bzw. anspruchsvolle Bildungs-<br />
und Freizeitangebote außerschulischer Umweltbildungseinrichtungen vorzuhalten.<br />
Mit der weiteren Förderung des FÖJ erhalten jährlich über 100 Jugendliche die Gelegenheit,<br />
sich aktiv für den Umweltschutz einzusetzen und entsprechende Schlüsselqualifikationen zu<br />
erwerben. Die zur Durchführung des FÖJ in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> festgelegten landesweiten<br />
Standards für Einsatzstellen sichern insbesondere eine qualifizierte fachliche Betreuung der<br />
Teilnehmenden und gewährleisten somit die erforderliche Qualität dieser Bildungsmaßnahme.<br />
Zusätzlich leistet das FÖJ einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit<br />
und wirkt dem Trend der Abwanderung <strong>von</strong> Jugendlichen nach ihrem Schulabschluss<br />
entgegen.<br />
Seit vielen Jahren steht das FÖJ Jugendlichen mit Migrationshintergrund offen. Die bisherigen<br />
Teilnehmer haben das Freiwilligenjahr problemlos absolviert. Da ihr Anteil an den Bewerbungen<br />
jedoch sehr gering ist, wird angestrebt, das FÖJ in den Migrantenorganisationen<br />
bekannter zu machen<br />
9. Demokratieförderung und Extremismusprävention<br />
Ausweislich des Verfassungsschutzberichtes 2007 des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> nahm die<br />
Zahl rechtsextremer Straftaten um 9 % auf 1.350 Delikte zu. Ein besonders hoher Anstieg<br />
war bei den Propagandastraftaten zu verzeichnen. Mit 3,56 rechtsextremistisch motivierten<br />
Gewalttaten auf 100.000 Einwohner nimmt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> im Bundesvergleich Platz 2 ein.<br />
Von den 1.653 politisch motivierten Straftaten in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> haben 81,7 % rechtsextremen<br />
Hintergrund. In acht der neu gewählten Kreistage <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s ist die NPD vertreten.<br />
Damit geht nach wie vor vom Rechtsextremismus in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> die größte Gefahr<br />
für die Demokratie aus.<br />
Besonders zu beachten ist, dass besonders junge Menschen für rechtsextremes Gedankengut<br />
empfänglich sind.<br />
So wird fast die Hälfte aller politisch motivierten Straftaten <strong>von</strong> Jugendlichen unter 21 Jahre<br />
begangen. Diese Entwicklungen erfordern eine entsprechende Reaktion der Gesellschaft,<br />
um den Rechtsextremismus wirkungsvoll entgegen zu wirken.<br />
Von 2001 bis 30.06.2007 wurde das Bundesprogramm für die neuen Bundesländer „CIVI-<br />
TAS – initiativ gegen Rechtsextremismus“ auch in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> durchgeführt und mit<br />
Landesmitteln kofinanziert. Dieses Projekt beinhaltete die Opferberatung, Aktivitäten gegen<br />
Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus sowie die Dokumentation und Analyse rechtsextremer<br />
Erscheinungen und Vorfälle für Beratungs- und Schulungszwecke.<br />
Seit dem 01.07. 2007 wird in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> das Nachfolgeprogramm <strong>von</strong> CIVITAS „Vielfalt<br />
tut gut“ sowie das Projekt „Beratungsnetzwerke – Mobile Kriseninterventionsteams“ durchgeführt.<br />
Während „Vielfalt tut gut“ Lokale Aktionspläne für Kommunen sowie Modellprojekte in Verantwortung<br />
<strong>von</strong> freien Trägern der Jugendhilfe zu Weltoffenheit, Demokratie und Toleranz<br />
beinhaltet, knüpfen die Beratungsnetzwerke an die bisherigen Mobilen Beratungsteams und<br />
Opferberatungsstellen an. 10 Städte und Landkreise <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s wurden vom Bund für<br />
das Projekt „Lokaler Aktionsplan“ ausgewählt. Diese Kommunen erhalten vom Bund jeweils<br />
100.000 € zur Finanzierung <strong>von</strong> Einzelprojekten in ihrem Zuständigkeitsbereich.<br />
Weiterhin werden derzeit 4 Modellprojekte <strong>von</strong> freien Trägern mit dem Ziel u.a. der transkulturellen<br />
Kompetenz und Toleranz gegenüber anderen Bevölkerungsgruppen durchgeführt.<br />
Diese überjährigen Projekte werden vom Land und vom Bund gefördert.<br />
145
Die Träger der Beratungsnetzwerke sind:<br />
Freiwilligenagentur Halle e.V. Kompetenzzentrum Bürgerschaftliches Engagement<br />
Alternatives Jugendzentrum Mobiles Beratungsteam <strong>Anhalt</strong> Dessau e.V.<br />
Multikulturelles Zentrum Dessau Opferberatung Dessau-<strong>Anhalt</strong><br />
Verein Miteinander e.V. Mobile Opferberatung<br />
Mobiles Beratungsteam in Salzwedel und Halle (S.)<br />
Arbeitsstelle Rechtsextremismus<br />
Diese Beratungsteams werden ebenfalls vom Land und vom Bund gefördert. Die Durchführung<br />
des Bundesprogramms ist erst einmal bis zum Jahr 2010 geplant.<br />
10. Jugenddelinquenz<br />
10.1 Delinquenz junger Menschen nach den Statistiken der Generalstaatsanwaltschaft<br />
Die Jugend- und Heranwachsendenkriminalität ist über den gesamten <strong>Bericht</strong>szeitraum<br />
(2004-2007), gemessen an den staatsanwaltschaftlichen Eingangszahlen, stark rückläufig.<br />
<strong>Der</strong> Anteil jugendlicher und heranwachsender Beschuldigter an der Gesamtkriminalität lag in<br />
diesem Zeitraum zwischen 29,6 % (2004) und 27,6% (2007). Im Jahr 2006 lag er mit 27,4%<br />
auf dem niedrigsten Wert der statistischen Erhebungen seit 1997! <strong>Der</strong> Rückgang der Verfahren<br />
ist in den einzelnen Altersstufen unterschiedlich. Während die Zahl der heranwachsenden<br />
Beschuldigten seit 2004 auch trotz eines leichten Anstiegs in 2007 um 3,7% zurückging,<br />
liegen die Rückgänge bei Jugendlichen im Jahresvergleich 2004/2007 bei 22,3%. Besonders<br />
erfreulich ist der Rückgang der Zahl der beschuldigten Kinder um 29,1%. Insgesamt war die<br />
Jugendkriminalität mit 13,1% stärker rückläufig als die Erwachsenen- bzw. Gesamtkriminalität<br />
mit 0,9%.<br />
Zahl der Beschuldigten<br />
Erwachsene<br />
(> 21 Jahre<br />
Heranwachsende<br />
(18-21 Jahre)<br />
Jugendliche<br />
(14-18 Jahre)<br />
Kinder<br />
(
Über 40 % (2006 und 2007) bzw. über 50% (2004 und 2005) aller Straftaten gegen das Betäubungsmittelgesetz<br />
wurden <strong>von</strong> Jugendlichen oder Heranwachsenden begangen. Bei ihnen<br />
steht der Konsum sog. weicher und synthetischer Drogen (Cannabisprodukte sowie<br />
Ecstasy) im Vordergrund. Allerdings sind auch die im Jugend- und Heranwachsendenbereich<br />
durchgeführten Betäubungsmittelverfahren im gesamten <strong>Bericht</strong>szeitraum mit einem jährlichen<br />
Rückgang zwischen 11% und 24% deutlich abnehmend.<br />
Wegen der Begehung schwerer Delikte und dem Vorliegen <strong>von</strong> Haftgründen (insbesondere<br />
Flucht- und Wiederholungsgefahr) mussten in den letzten Jahren landesweit immer weniger<br />
Jugendliche in Untersuchungshaft genommen werden. Die Inhaftierung erfolgte u.a. wegen<br />
der Begehung schwerer Eigentumsdelikte (z. B. Raub, räuberischer Diebstahl, räuberische<br />
Erpressung), in einigen Fällen auch wegen Körperverletzungs-, Tötungs- und Sexualdelikten.<br />
Die deutliche Abnahme <strong>von</strong> Inhaftierungen Jugendlicher lässt darauf schließen, dass die<br />
Schwer- bzw. Gewaltkriminalität im Jugendbereich zurückgegangen ist.<br />
Die Anzahl <strong>von</strong> (nur) 49 Inhaftierungen in 2007 ist die Niedrigste seit Beginn der Erfassung<br />
(Jahr 2000). Im Jahr 2003 lag die Zahl der inhaftierten Jugendlichen mit 115 fast dreimal so<br />
hoch.<br />
147<br />
2004 2005 2006 2007<br />
Jugendliche in Untersuchungshaft 72 86 79 49<br />
Quelle: Jahresberichte der Generalstaatsanwaltschaft 2005-2008<br />
In den Jahren 2004 bis 2006 war eine Häufung schwerer Straftaten regional im Bereich der<br />
Staatsanwaltschaft Dessau zu verzeichnen. Mehr als 1/3 aller inhaftierten Jugendlichen landesweit<br />
kamen aus diesem Bezirk und in 2006 kam sogar die Hälfte aller inhaftierten Jugendlichen<br />
aus den Bezirken der Staatsanwaltschaften Halle und Dessau.<br />
Korrespondierend mit den zurückgehenden Beschuldigtenzahlen bei den Staatsanwaltschaften,<br />
sanken im <strong>Bericht</strong>szeitraum auch die Eingangszahlen bei den Amtsgerichten – Jugendrichter<br />
und Jugendschöffengericht – sowie bei den Landgerichten –Große Jugendkammer.<br />
Amtsgerichte<br />
-Jugendrichter<br />
Amtsgerichte<br />
-Jugendschöffengericht<br />
Landgerichte<br />
- Große Jugendkammer<br />
2004 2005 2006 2007 +/- %<br />
8245 7551 7111 7125 - 13,6%<br />
2694 2392 2376 2163 - 19,7%<br />
205 212 154 169 - 17,5%<br />
Quelle: Übersicht über den Geschäftsanfall bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>, Geschäftsjahre<br />
2004-2007<br />
10.2. Delinquenz nach der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS)<br />
10.2.1 Begriffserläuterungen<br />
Jugendkriminalität beinhaltet die Gesamtheit des strafrechtlich missbilligten Verhaltens einer<br />
bestimmten Altersgruppe, welche gegen bestehende Gesetze verstößt und somit die Gesamtheit<br />
aller ermittelten Tatverdächtigen unter 21 Jahren [Jungtatverdächtige (JTV)] mit ihren<br />
spezifischen Strukturen und die durch diese Altersgruppen begangenen Delikte in ihren<br />
besonderen Erscheinungsformen.<br />
Nach dem Jugendgerichtsgesetz (JGG) und dem Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder-<br />
und Jugendhilfegesetz - (SGB VIII) werden folgende Altersgruppen unterschieden:
Kinder sind Personen unter 14 Jahren. Sie können nicht bestraft (gem. § 19 StGB), wohl aber<br />
den durch das Vormundschaftsgericht angeordneten Erziehungsmaßnahmen unterworfen<br />
werden.<br />
Jugendliche sind Personen <strong>von</strong> 14 bis unter 18 Jahren. Sie sind bedingt strafmündig und unterliegen<br />
dem Jugendgerichtsgesetz (JGG).<br />
Heranwachsende sind Personen <strong>von</strong> 18 bis unter 21 Jahren. Sie sind prinzipiell strafmündig.<br />
Auf die individuelle Entwicklung der Persönlichkeit wird Rücksicht genommen. Sie können<br />
also wie Erwachsene bestraft werden, aber auch nach dem JGG.<br />
Tatverdächtige(r) (TV) ist eine Person, wenn tatsächliche <strong>Anhalt</strong>spunkte vorliegen, die nach<br />
kriminalistischer Erfahrung die Beteiligung der oder des Betroffenen an einer verfolgbaren<br />
Straftat als möglich erscheinen lassen.<br />
Die Tatverdächtigenbelastungszahl (TVBZ) errechnet sich nach folgender Formel:<br />
TVBZ = Tatverdächtige ab 8 Jahre x 100.000<br />
Wohnbevölkerung ab 8 Jahre<br />
Die Beschränkung der Auswertung der TVBZ auf Kinder ab acht Jahre ist bundeseinheitlich<br />
festgelegt.<br />
Jungtatverdächtige (JTV) sind Tatverdächtige unter 21 Jahren.<br />
Nichtdeutsche TV sind Tatverdächtige, die nicht die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen.<br />
TV Mehrfachtäter sind sog. „Wiederholungstäter“ mit mehr als zwei Straftaten im Kalenderjahr.<br />
TV Intensivtäter sind sog. „Mehrfachtäter“ mit mehr als neun Straftaten im Kalenderjahr.<br />
10.2.2 Lagebericht zur Jugenddelinquenz<br />
Im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> wurden für das Jahr 2007 2.441.787 Einwohnerinnen und Einwohner<br />
registriert. Gegenüber 2004 bedeutet das einen Rückgang um 81.154 Personen. Im gleichen<br />
Zeitraum ging die Anzahl der unter 21-jährigen um 60.639 Personen zurück (2007 =<br />
424.608; 2004 = 485.247).<br />
2007 wurden 21.383 und 2004 28.323 als JTV registriert (- 6.940 JTV). Im Jahr 2007 sind<br />
<strong>von</strong> allen Personen unter 21 Jahren 5,0 Prozent (2004 = 5,8 %) als TV in Erscheinung getreten.<br />
<strong>Der</strong> Anteil der JTV an allen ermittelten TV beträgt 26,0 Prozent und ist damit gegenüber<br />
2004 (31,5 %) rückläufig. Es handelt sich um 16.324 männliche und 5.059 weibliche JTV<br />
(2004 = 21.882 / 6.441).<br />
Die Gesamtzahl der JTV unterteilt sich in 20.435 deutsche (2004 = 26.754) und 948 nichtdeutsche<br />
(2004 = 1.569) JTV.<br />
Zur Bestimmung der TVBZ wurden über das Jahr 2007 insgesamt 21.202 JTV (2004 =<br />
28.063) berücksichtigt. Die TVBZ liegt bei 7.395 und ist damit gegenüber dem Jahr 2004<br />
(8.055) rückläufig.<br />
Obwohl die Anzahl der JTV generell rückläufig ist, sind Diebstahlshandlungen, Sachbeschädigungen<br />
und Körperverletzungen weiterhin Schwerpunkte der Jugenddelinquenz. Hinsichtlich<br />
des Diebstahls wurden beim Diebstahl in/aus Warenhäusern 4.160 JTV (2004 = 6.344)<br />
und da<strong>von</strong> innerhalb des Ladendiebstahls 3.837 JTV (2004 = 5.949) registriert. Sachbeschädigungen<br />
begingen 4.654 JTV (2004 = 5.951). 1.820 JTV (2004 = 1.542) vor allem auf Straßen,<br />
Wegen oder Plätzen und 912 JTV (2004= 1.107) an Kraftfahrzeugen. Bei vorsätzlichen<br />
leichten Körperverletzungen wurden 2.787 JTV (2004 = 2.943) und bei gefährlichen und<br />
schweren Körperverletzungen 2.705 JTV (2004= 2.829) ermittelt.<br />
Für die Tätergruppen ergibt sich folgendes:<br />
148
Im Jahr 2007 waren laut PKS 21.383 Personen unter 21 Jahren (2004 = 28.323) an 36.098<br />
(2004 = 44.774) aufgeklärten Straftaten beteiligt. Bei 11.999 (33,2 %) dieser Taten handelten<br />
zwei oder mehr TV gemeinsam (2004 = 14.875; 33,2 %). Die verbleibenden 24.099 Fälle<br />
(66,8 %) sind Einzeltätern zuzuordnen (2004 = 29.899; 66,8 %). Demnach wurde ein Drittel<br />
der <strong>von</strong> JTV verübten Straftaten <strong>von</strong> Tätergruppen begangen. Es ist auf Grundlage der Daten<br />
da<strong>von</strong> auszugehen, dass auch in der nächsten Zeit der Anteil der Straftaten, die aus Tätergruppen<br />
begangen werden, etwa gleich bleibend hoch (ein Drittel) sein wird. Das Handeln<br />
junger Menschen in Gruppen ist weiterhin deutlich delikts- und altersabhängig. So beträgt<br />
der Jungtatverdächtigenanteil der Gruppendelikte beim Raub, bei der räuberischen Erpressung,<br />
beim räuberischen Angriff auf Kraftfahrer 59,9 Prozent (2004 = 51,8 %), bei der Sachbeschädigung<br />
54,3 Prozent (2004 = 54,5 %), bei der Gewaltkriminalität 53,6 Prozent (2004 =<br />
55,8 %), bei der Straßenkriminalität 53,8 Prozent (2004 = 52,9 %) und beim Diebstahl 38,6<br />
Prozent (2004 = 37,8 %).<br />
Bei den Mehrfach- und Intensivtäter/Innen war festzustellen, dass insgesamt 7.107 JTV<br />
(2004 = 7.415) als Mehrfachtäter/Innen und 681 JTV (2004 = 865) als Intensivtäter/Innen registriert<br />
wurden. Damit handelten 33,2 Prozent aller JTV (21.383) im Jahr 2007 mehrfach<br />
(2004 = 30,3 %; 28.323). <strong>Der</strong> Anteil der Intensivtäter/Innen an allen JTV betrug 2007 3,2<br />
Prozent (2004 = 3,1 %). Sie waren an 28,4 Prozent (2004 = 28,6 %) aller <strong>von</strong> JTV begangenen<br />
Straftaten beteiligt. Die übrigen 96,8 Prozent (2004 = 96,9 %) aller JTV hatten einen Anteil<br />
<strong>von</strong> 71,6 Prozent (2004 = 71,4 %) am Fallaufkommen.<br />
Bundeseinheitlich erfolgt eine Opfererfassung nur bei ausgewählten Straftatbeständen im<br />
Bereich der Gewalt- und Sexualkriminalität sowie der Körperverletzung. Im Jahr 2007 wurden<br />
<strong>von</strong> der Gesamtbevölkerung <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s 1,3 Prozent Opfer (Minderjährige =<br />
0,26 %) <strong>von</strong> Straftaten (2004 = 1,1 %; 0,27 %). <strong>Der</strong> Anteil der Minderjährigen an der Wohnbevölkerung<br />
beträgt ca. ein Siebtel, an den Opfern etwa ein Fünftel. Im Jahr 2007 wurden<br />
2.282 Kinder (2004 = 2.622) Opfer <strong>von</strong> Straftaten. Das entspricht 1,0 Prozent der im Land<br />
lebenden Kinder (2004 = 1,1%). Wie in den Vorjahren sind mehr männliche (3.732) als weibliche<br />
(2.510) Opfer erfasst (2004 = 4.053; 2.699).<br />
Die einzelnen Statistiken zur Kriminalitätsentwicklung (Bevölkerung, Jungtatverdächtige,<br />
Tatverdächtigungsbelastungszahl, auch zu einzelnen Straftatbeständen sowie differenziert<br />
nach Altersgruppen) finden sich im Anhang als Anlagen zu III 10.2.2.<br />
10.3 Präventionsprojekte gegen Kinder- und Jugenddelinquenz<br />
Mit Beginn des Schuljahres 2007/2008 wurden im Rahmen eines kriminalpädagogischen<br />
Modellprojektes <strong>von</strong> der Landesregierung sog. Schülergerichte, hier vorzugshalber als Schülergremien<br />
bezeichnet, in Halberstadt eingeführt. Das Projekt ist zunächst für die Dauer <strong>von</strong><br />
3 Jahren angelegt. <strong>Der</strong>artige Schülergremien finden sich bereits in mehreren anderen Bundesländern,<br />
so u.a. in Bayern, Nordrhein-Westfalen, <strong>Sachsen</strong> und Hessen.<br />
Mit der Einschaltung <strong>von</strong> Schülergremien soll kriminellen Karrieren Jugendlicher in einem<br />
frühen Stadium entgegengewirkt werden. Dem Zusammentreffen <strong>von</strong> strafrechtlich auffällig<br />
gewordenen und nichtdelinquenten Jugendlichen etwa gleichen Alters, dem Druck der Gruppe<br />
und der erhofften Vorbildfunktion ist dabei eine hohe Bedeutung beizumessen.<br />
Die Tätigkeit der Schülergremien ist im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren angesiedelt,<br />
wo in bestimmten Fällen leichterer Jugendkriminalität eine Verfahrensbeendigung<br />
ohne Anklageerhebung bzw. Urteil möglich ist. Hier sind die aus jeweils 3-4 Jugendlichen<br />
zusammen gesetzten Gremien aufgefordert, mit in der Regel erstmals straffällig gewordenen<br />
Jugendlichen im Alter <strong>von</strong> 14 bis 17 Jahren Gespräche zu führen und eine angemessene<br />
Sanktion festzusetzen, bei deren Befolgung die zuständige Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren<br />
regelmäßig außergerichtlich einstellt.<br />
Die Schülerinnen und Schüler der ersten „Schülergremien-Generation“ haben mit Beginn des<br />
Schuljahres 2007/2008 unter Leitung des Anti-Gewalt-Zentrums Harz e.V., einem anerkannten<br />
freien Träger der Jugendhilfe, eine über mehrere Monate dauernde, 50 Stunden umfassende<br />
Ausbildung erfahren, um ihren verantwortungsvollen ehrenamtlichen Aufgaben ge-<br />
149
echt zu werden. Im Mai 2008 haben die Schülergremien nach jeweiliger Zuweisung geeigneter<br />
Fälle durch die zuständige Staatsanwaltschaft ihre Sitzungen und Gespräche mit den<br />
jugendlichen Beschuldigten aufgenommen.<br />
10.3.1 Jugendberatung bei der Polizei<br />
Hinsichtlich der Hintergründe, die zur Einrichtung der Jugendberatung bei der Polizei (JuBP)<br />
geführt haben sowie zur grundsätzlichen Arbeitsweise der dort beschäftigten Sozialarbeiter<br />
wird auf die Darstellung im vorangegangenen Kinder- und Jugendbericht der Landesregierung<br />
hingewiesen.<br />
Ergänzend ist festzustellen, dass rund 96 Prozent der an die JUBP vermittelten Kinder und<br />
Jugendlichen das Beratungsangebot annehmen. Die geringe Zahl der "Ablehner" <strong>von</strong> ca. 4<br />
Prozent belegt eindeutig, dass die Bereitschaft, nach polizeilichem Handlungsvollzug mit Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeitern<br />
ins Gespräch zu kommen, überwiegend vorhanden ist und<br />
die Kontaktaufnahme sowohl <strong>von</strong> den erscheinenden Jugendlichen als auch <strong>von</strong> den begleitenden<br />
Sorgeberechtigten (überwiegend ein Elternteil) akzeptiert wird.<br />
10.3.2 Präventionsmaßnahmen des Ministeriums des Innern<br />
Im Folgenden werden anhand <strong>von</strong> Zuarbeiten aus den Polizeidirektionen die im Jahr 2004<br />
bis 2007 durchgeführten Projekte dargestellt. Die Darstellung orientiert sich an der zum damaligen<br />
Zeitraum vorhandenen Behördenstruktur der Polizei.<br />
Projekte der PD Dessau-Roßlau<br />
„Schule für Sicherheit“<br />
Die erste Präventionsphase umfasst die Vorschuleinrichtungen und Grundschulen. Das Projekt<br />
„Kinder lernen Bösewichte kennen“ bietet einen langfristigen und kontinuierlichen Präventionsansatz<br />
und kann seit 2004 eine sehr positive Bilanz vorweisen. Insgesamt konnten<br />
bisher 25.000 Personen unmittelbar angesprochen werden, da<strong>von</strong> im Jahr 2006 6.914 Kinder<br />
und 1.682 Erwachsene. Auch in diesem Jahr begleitete die Aktion: „Wir malen ein Bild<br />
zum Thema Kriminalität“ das Puppenspiel. Die Zeichnungen geben darüber Aufschluss, wie<br />
die Projektinhalte durch die Kinder zur Kenntnis genommen und reflektiert wurden.<br />
Für die Schülerinnen und Schüler der Sekundarschulen und Gymnasien standen präventive<br />
Aktivitäten gegen Gewalt, Rassismus und Diskriminierung im Mittelpunkt.<br />
„Good Practice“<br />
Im Schuljahr 2005/06 fanden Projekttage zur Realisierung des Präventionsprojektes “Good<br />
Practice“ an Sekundarschulen in Köthen, Dessau, Gräfenhainichen, Wolfen, Bernburg, Raguhn<br />
und Kemberg statt. Es wurden insgesamt 25 Projekttage in unterschiedlichen Klassenstufen<br />
mit unterschiedlichen Partnerinnen und Partnern organisiert und durchgeführt. Information<br />
und Aufklärung über gewaltfördernde Faktoren und Konfliktsituationen sowie über<br />
wirksame Maßnahmen zur Verhinderung der Ausübung bzw. der Eskalation <strong>von</strong> Gewalt, aber<br />
auch zur Selbstbehauptung und Zivilcourage standen dabei im Vordergrund. Außerdem<br />
fanden Filmdiskussionen und Gesprächsrunden mit Schülerinnen und Schülern, Elternabende<br />
und Lehrer/Innenfortbildungen zur Problematik Rechtsextremismus sowie Happy Slapping<br />
statt.<br />
„Gewalt - ein Thema für uns?“<br />
Im Bereich <strong>Anhalt</strong> – Zerbst wurde in Zusammenarbeit mit dem Verein „Sicherer Landkreis<br />
<strong>Anhalt</strong> – Zerbst e.V.“ das Projekt „Gewalt - ein Thema für uns?“ initiiert. Die Gefühle <strong>von</strong> Opfern<br />
und Täter/Innen sowie die Folgen <strong>von</strong> Gewalttaten standen im Mittelpunkt der präventiven<br />
Aktivitäten. Ein Präventionskonzept zur Bekämpfung rechtsextremistischer Strukturen<br />
mit dem Ziel der Förderung eines verantwortungsvollen Umgangs mit Bezug auf die deutsche<br />
Geschichte– die Zeit des Nationalsozialismus - bereicherte das Angebot. Es ist ab dem<br />
150
siebten Schuljahr aufwärts in den Real-, Sekundar-, Berufsschulen bis hin zum Gymnasium<br />
einsetzbar.<br />
„Fünf vor (Z)Wölfe“<br />
Schwerpunkte des Projektes sind die Sensibilisierung <strong>von</strong> Schülerinnen und Schülern für alle<br />
Formen <strong>von</strong> rechtsextremer Gewalt, Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und<br />
Antisemitismus sowie das Aufzeigen der „Verbrechen unter dem Hakenkreuz“.<br />
„Mondlandung“<br />
Das Medienprojekt „Mondlandung“ kam für die zielgruppenorientierte Kriminalprävention zur<br />
Verhinderung <strong>von</strong> Straftaten junger Migrantinnen und Migranten und Spätaussiedler/Innen<br />
aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion wiederholt zur Anwendung. Unter der Thematik<br />
„In Deutschland angekommen“ wurden am Beispiel <strong>von</strong> drei Spätaussiedler/Innen, die es<br />
geschafft haben, sich in Deutschland eine neue Heimat aufzubauen, Probleme im Eingliederungsprozess<br />
wie Ausgrenzung, Verständigung, Leistungsprinzip u. a. diskutiert.<br />
Ab dem 2. Halbjahr 2007 wurde eine Stelle „Sachbearbeiter Prävention mit Schwerpunkt<br />
Rechtsextremismus“ im Dezernat 12 – Prävention - geschaffen. Das Hauptaugenmerk wurde<br />
hauptsächlich auf die vorbeugende Aufklärung der Schülerinnen und Schüler ab Klassenstufe<br />
7 in allen Schulformen gelegt. In den Veranstaltungen wurde auf Ideologien/Strategien,<br />
Erscheinungsformen, strafrechtliche Relevanz/Symbole sowie Kennzeichen des Rechtsextremismus<br />
und anlassbezogene Reaktionen auf rechtsextremistische Vorkommnisse eingegangen.<br />
Es wird Wert darauf gelegt, dass diese Thematik an Schülerinnen und Schüler, Eltern,<br />
Pädagoginnen und Pädagogen, Erzieherinnen und Erzieher sowie Sozialarbeiterinnen<br />
und Sozialarbeiter herangetragen wird. Dazu erfolgte eine Zusammenarbeit mit verschiedenen<br />
Institutionen, Organisationen und Vereinen.<br />
Projekte der PD Halle<br />
Schwerpunkte der Verhaltensprävention sind auch im <strong>Bericht</strong>sjahr die Themen Drogenkriminalität,<br />
Gewaltkriminalität sowie Rechtsextremismus. Je nach Bedarf, Inhalt und Zielgruppe<br />
wurden Veranstaltungen durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Dezernates Prävention<br />
durchgeführt.<br />
„Fit und Sicher“<br />
Wie auch im Vorjahr wurde im Jahr 2007 an der Grundschule „Bertold Brecht“ in Halle in Zusammenarbeit<br />
mit dem Ju-Jutsu-Verband des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> das Projekt „Fit und<br />
Sicher“ zur Gewaltprävention an Schulen durchgeführt. Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />
sind über einen Zeitraum <strong>von</strong> jeweils 8 Wochen Schülerinnen und Schüler einer vierten<br />
Klasse. Inhaltliche Schwerpunkte des Projektes sind die Erhöhung des Selbstvertrauens,<br />
Konfliktlösungsansätze und -möglichkeiten, Gewaltformen, Körpersprache und Kommunikation<br />
sowie einfache Selbstverteidigungstechniken. Auswertungen mit Pädagoginnen und Pädagogen,<br />
Eltern und Schülerinnen und Schülern zeigten eine positive Resonanz. Nach vier<br />
Schuljahren wird ein Vergleich zu anderen Schulen hinsichtlich der Gewaltbereitschaft angestrebt.<br />
Projekte der PD Stendal<br />
„Sport gegen Gewalt und Drogen“<br />
Einen weiteren Schwerpunkt stellt die Bekämpfung der Drogenkriminalität dar. Dazu finden<br />
jährlich Projekttage unter dem Motto „Sport gegen Gewalt und Drogen“, wie zum Beispiel im<br />
Polizeirevier Ohrekreis, statt. Hier arbeitet das Polizeirevier eng mit dem Kreissportbund, den<br />
Krankenkassen und anderen Partnern zusammen.<br />
Es werden im Durchschnitt rund 1.500 Jugendliche erreicht. Die Polizei arbeitet im „Suchtpräventionskreis“<br />
des Landkreises Salzwedel mit und führt gemeinsame Veranstaltungen an<br />
Schulen des Landkreises durch.<br />
151
Im Rahmen der Intensivierung der Bekämpfung des Rechtsextremismus werden in den<br />
Schulen des Bereiches der Polizeidirektion durch das Dezernat Prävention Vorträge zu diesem<br />
Thema gehalten. Zielgruppe sind die Pädagoginnen und Pädagogen, welche befähigt<br />
werden sollen, rechtzeitig Fehlverhalten zu erkennen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.<br />
Hier findet eine enge Zusammenarbeit mit dem Fachkommissariat Polizeilicher<br />
Staatsschutz der Polizeidirektion statt.<br />
„Gemeinsam gegen Gewalt – Wehret den Anfängen“<br />
Auf Initiative des Dezernates Prävention der Polizeidirektion wurde im Landkreis Stendal der<br />
Arbeitskreis „Gemeinsam gegen Gewalt – Wehret den Anfängen“ gegründet. Hier geht es<br />
um die Verhinderung <strong>von</strong> Gewalt an Schulen. Es ist gelungen, kompetente Partnerinnen und<br />
Partner des Landkreises, das Schulverwaltungsamt, das Amtsgericht, die Staatsanwaltschaft,<br />
ausgewählte Schulen, Sozialarbeiter an Schulen, die Jugendberatung bei der Polizei<br />
und die Polizei zusammenzuführen. Ziel ist es, eine Lenkungsgruppe unter Leitung des<br />
Landkreises zu bilden, die die weitere Arbeit koordiniert.<br />
Projekte der PD Magdeburg<br />
„ALSO“ - Alternatives, freizeitpädagogisches Antigewalt - Sofortprogramm<br />
Am 25.04.97 wurde das ALSO-Projekt durch die Jugendberatungsstelle der Polizeidirektion<br />
Magdeburg initiiert. Von September 1997 bis 2002 war das ABM-Projekt in Trägerschaft des<br />
„Polizeisportvereins 1990 Magdeburg e. V.“. Seit 2003 ist das Präventionsprojekt in kommunaler<br />
Trägerschaft bei der AQB Magdeburg. Primäres Ziel der Maßnahme ist es, vorwiegend<br />
jungen Menschen, die sich nicht an einen Sportverein fest binden wollen, eine Möglichkeit<br />
der aktiven sportlichen Freizeitbetätigung zu geben. Zu den erfolgreichen Schwerpunktangeboten<br />
gehören die Mitternachtsturniere im Fußball bzw. „Bunte Nächte“ mit verschiedenen<br />
Aktivitäten, Bolzplatz- und Calcettoturniere (Tischfußball) sowie Selbstbehauptungskurse.<br />
Sekundär sollen mit diesen stadtteilübergreifenden alternativen Sportmaßnahmen auch Tatgelegenheiten<br />
verringert und damit der Jugendkriminalität entgegengewirkt werden.<br />
„Gemeinsam gegen Fremdenfeindlichkeit“<br />
Wer miteinander spricht, kommt sich näher, lernt andere Menschen besser kennen und kann<br />
leichter Vorurteile abbauen. Diese Erkenntnis haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der<br />
Polizeidirektion Magdeburg, der Ausländerkreis der evangelischen Kirche und viele Vereine<br />
und Bürgerinitiativen dazu bewogen, nun schon zum elften Mal am Himmelfahrtstag ein Fest<br />
der Begegnung zwischen ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, der Polizei und<br />
Magdeburger/Innen zu feiern. Was 1996 auf einer kleinen Wiese vor dem Polizeirevier Mitte<br />
begann, ist zwischenzeitlich zu einem Höhepunkt der Aktivitäten in der Landeshauptstadt am<br />
Himmelfahrtstag geworden.<br />
„Begegnungs-Cup“<br />
Die überwiegend Jugendlichen und jungen Erwachsenen der Zuwanderer und ausländischer<br />
Familien treffen sich bei der Aktion „Grüne gehen fremd ...“, feiern gemeinsam das Begegnungsfest<br />
und tragen am Anfang des Jahres und im Spätherbst den Begegnungs-Cup aus.<br />
Die Idee zu dem sportlichen Vergleich, der eine Fortsetzung der Treffen zwischen Ausländerinnen<br />
und Ausländern und der Polizei darstellt, wurde bei den Besuchen in ausländischen<br />
Familien geboren. Mehrere Mannschaften mit ausländischen Fußballfreund/Innen streiten im<br />
sportlichen Wettbewerb mit Mannschaften der Polizei um den Begegnungs-Cup. Auch dieses<br />
Ereignis ist ein Treffen für die ganze Familie. Wer sich beim sportlichen Vergleich so nahe<br />
kommt, hat auf der Straße keine Hemmschwelle, andere Menschen anzusprechen.<br />
„Graffiti gegen Farbschmierereien“<br />
Gemeinsam mit dem Jugendamt Magdeburg wurde 1997 das Projekt gegen Farbschmierereien<br />
ins Leben gerufen. Mit einer Kombination <strong>von</strong> repressiven und präventiven Maßnahmen<br />
soll so illegales Sprayen zurückgedrängt und potentiellen Täterinnen und Tätern eine<br />
152
Alternative zum illegalen Sprayen angeboten werden. Parallel dazu ist eine AG „Graffiti“ mit<br />
der Bekämpfung <strong>von</strong> Straftaten auf dem Gebiet der Sachbeschädigung beauftragt.<br />
Seit 2003 gibt es im Kriminalpräventiven Beirat die Arbeitsgruppe Graffiti, in der alle Aktivitäten<br />
gebündelt werden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizeidirektion, des Ordnungsamtes,<br />
der Staatsanwaltschaft, des Amtsgerichtes, des Jugendamtes, des Staatlichen<br />
Schulamtes, der AQB GmbH, der Stadtwerke Magdeburg, der Magdeburger Verkehrsbetriebe<br />
und der Wohnungsbaugenossenschaft Magdeburg koordinieren präventive und repressive<br />
Maßnahmen zur Bekämpfung der Graffiti-Kriminalität.<br />
Projekte der PD Halberstadt<br />
In der Polizeidirektion Halberstadt wurden in der polizeilichen Prävention im Jugendbereich<br />
Projekte gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit wie „Buntes Licht auf braune Schatten“,<br />
„Das fahrende Klassenzimmer“ und „Schritte gegen Tritte“ durchgeführt. Daneben gab es<br />
Projekte zum Schutz vor Sexualstraftaten wie „Nein heißt Nein“ und „Wehr dich“ sowie ein integratives<br />
Projekt <strong>von</strong> Verkehrs- und Kriminalprävention („PIT STOP“).<br />
Darüber hinaus gab es ein Fußballturnier „Aktiv gegen Gewalt“ in Halberstadt, je eine Projektwoche<br />
gegen Gewalt in Wernigerode und Blankenburg sowie Arbeit in den Netzwerken<br />
„life is my future“ in Wernigerode.<br />
„Buntes Licht auf braune Schatten“<br />
Rechtsextremismus, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit wurden im Projekt „Buntes Licht auf<br />
braune Schatten“ thematisiert. Dazu fanden im Landkreis Wernigerode Projektwochen statt.<br />
„Schritte gegen Tritte“<br />
Das Projekt „Schritte gegen Tritte“ wurde in die Arbeit des Dezernates 12 Polizeiliche Kriminalprävention<br />
aufgenommen und richtet sich ebenfalls gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit.<br />
Dazu wurden Workshops <strong>von</strong> je einem Tag in den Landkreisen Wernigerode und Quedlinburg<br />
durchgeführt.<br />
„Nein heißt Nein“<br />
Das Thema „Sexueller Missbrauch <strong>von</strong> Kindern und Kindesmisshandlung“ wurde im Projekt<br />
„Nein heißt Nein“ bearbeitet. Hierzu fanden Elternabende in den Landkreisen Quedlinburg,<br />
Wernigerode und Bördekreis statt.<br />
„Das fahrende Klassenzimmer“<br />
„Das fahrende Klassenzimmer“ ist ein integratives Projekt <strong>von</strong> Verkehrsprävention und Kriminalprävention<br />
und wird im Grund- und Sekundarschulbereich sowie an Schulen für Lernbehinderte<br />
durchgeführt.<br />
„PIT STOP“<br />
Das Präventionsprojekt „PIT STOP“ für junge Fahrerinnen und Fahrer wurde für die Altersgruppe<br />
der 18 bis unter 25-jährigen konzipiert und steht für „Prävention im Team (PIT)“ und<br />
„sicher- tolerant- offen- problembewusst (STOP)“ Mit diesem Projekt werden verkehrs- und<br />
kriminalpolizeiliche Aspekte im Sinne eines Aktionsraumes bzw. Tatortes Straße miteinander<br />
verknüpft. Ziele des Präventionsprojektes sind neben der Minimierung <strong>von</strong> Unfallgefahren<br />
und –folgen im Straßenverkehr hinsichtlich der Zielgruppe Heranwachsender und junger Erwachsener<br />
die Förderung des Verständnisses und der Bereitschaft für normgerechtes Verhalten<br />
sowie das Erreichen einer zielgruppenbezogenen Verhaltens- und Einstellungsänderung<br />
zu kriminellem bzw. delinquentem Verhalten.<br />
Module des Projektes sind: Verhaltensregeln im Straßenverkehr, Gefahren durch Alkohol<br />
und Drogen im Straßenverkehr, Selbstbehauptung für Beifahrerrinnen, „Erste Hilfe“ Kurselemente<br />
und Blutspendeaktion, Gewalt– Anti-Aggressivitätstraining, Tuning <strong>von</strong> Kraftfahrzeugen.<br />
153
Zudem werden personelle und materielle Ressourcen der Polizei optimiert und polizeiliche<br />
Präventionsarbeit mit der Arbeit anderer gesellschaftlicher Träger vernetzt.<br />
„Wehr dich!“<br />
Seit mehreren Jahren wird das Projekt der Selbstbehauptungskurs „Wehr dich!“ in allen<br />
Schulformen, aber auch in Jugendeinrichtungen, überwiegend im Bereich der geschlechtsspezifischen<br />
Prävention (für Mädchen) angeboten. In diesem Projekt werden sowohl mögliche<br />
Gefahrensituationen insbesondere im Gewaltbereich erörtert, Verhaltensalternativen erprobt<br />
sowie Übungen durchgeführt, die das Selbstwertgefühl der Teilnehmer(innen) steigern.<br />
Projekte der PD Merseburg<br />
Das Dezernat Prävention und die Sachbereichsleiter Jugendkriminalität der Polizeireviere<br />
arbeiten regelmäßig in territorialen kriminalpräventiven Gremien mit, so z. B. in Merseburg im<br />
Kreis „Gefährdetes Kind“ und im Arbeitskreis „Suchtprävention“ sowie in der Arbeitsgruppe<br />
„Kinder- und Jugendkriminalität“ im Mansfelder Land. <strong>Der</strong> Polizeibeirat im Mansfelder Land,<br />
der „Kommunalpräventive Rat“ in Naumburg und der „Präventionsrat“ in Sangerhausen sehen<br />
ihre Priorität in der Zurückdrängung der Straßenkriminalität besonders in den größeren<br />
Städten. Schwerpunkte bilden die Zurückdrängung <strong>von</strong> Straftaten wie Sachbeschädigungen<br />
(Graffiti), Körperverletzungen und Drogenkonsum in den Stadtgebieten und den jugendtypischen<br />
Aufenthaltsorten wie Bushaltestellen, Parkanlagen und Spielplätze.<br />
Präventionsmaßnahmen des Landeskriminalamtes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> (LKA)<br />
Netzwerkprojekt „Lebensrausch“<br />
Das Projekt „Lebensrausch“ ist im Sommer 2003 im Rahmen eines Iänderübergreifenden<br />
Netzwerkes aller ostdeutschen Flächenländer (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern,<br />
<strong>Sachsen</strong>, Thüringen und <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>) entstanden.<br />
Das Projekt wurde Ende des Jahres 2006 in die Trägerschaft des Aktionsbündnisses „Lebensrausch“<br />
übergeben. Träger des Aktionsbündnisses sind die Freie Jugendpresse, die<br />
Landesstelle Kinder- und Jugendschutz <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>, die Drogenberatungsstelle Magdeburg<br />
(DROBS) und der Medientreffpunkt „Zone“ (Magdeburg).<br />
Damit ist das LKA nach vier Jahren Trägerschaft aus dem Projekt ausgeschieden.<br />
Aktion „Sport gegen Drogen und Gewalt“<br />
Die im Jahr 2001 initiierte Aktion wurde bis 2005 fortgeführt. Mit der Aktion „Sport gegen<br />
Drogen und Gewalt“ sollten unter Beachtung regionaler Schwerpunkte Möglichkeiten der<br />
Vernetzung und Hinweise zur sinnvollen Freizeitgestaltung für Jugendliche gegeben werden.<br />
Stressabbau, das Aufzeigen gewaltfreier Konfliktlösungen, sportliche Aktivitäten als Ventil<br />
gegen Gewalt und verschiedene Präventions- und Hilfsangebote bestimmten den Inhalt dieser<br />
Aktion.<br />
Malheftserie „Super Tipps“<br />
Entsprechend der großen Nachfrage zu den Themen der Brandschutzerziehung wurde im<br />
Zusammenwirken mit dem Referat Brand- und Katastrophenschutz des Ministeriums des Innern<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> eine CD erstellt, die der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in den<br />
Feuerwehren dient. Die CD beinhaltet alle erschienenen Hefte aus der bekannten Malheftserie.<br />
Damit wurde den Nutzerinnen und Nutzern erstmals die gesamte Palette der polizeilichen<br />
Prävention, die diese Malheftserie beinhaltet, zur Verfügung gestellt.<br />
Zum aktuellen Thema „Gewalt in unserer Gesellschaft“ wurde das Malheft Nr. 3 „Keine Gewalt“<br />
überarbeitet und nachgedruckt.<br />
10.4 Erfahrungen mit dem Täter-Opfer-Ausgleich (TOA)<br />
In den Jahren 2003 bis 2007 zeigt sich nach der Datenerhebung des Landesverbandes für<br />
Straffälligen- und Bewährungshilfe e.V. im Rahmen des TOA-Landesprojekts eine rückläufi-<br />
154
ge Tendenz in der Nutzung dieses Schlichtungsverfahrens. So wurden bei Jugendlichen und<br />
Heranwachsenden folgende Schlichtungsverfahren durchgeführt:<br />
Jahr TOA-Fälle<br />
2004 528<br />
2005 506<br />
2006 506<br />
2007 418<br />
Eine mögliche Ursache sieht der Verband in der unterschiedlichen Bereitstellung finanzieller<br />
Mittel. Die Finanzierung des Jugend-TOA erfolgt bisher durch die örtlichen Träger der öffentlichen<br />
Jugendhilfe (Landkreise und kreisfreie Städte), während der TOA nach allgemeinem<br />
Strafrecht durch das Ministerium der Justiz finanziert wird. In einigen Fällen werden Schlichtungseinrichtungen<br />
freier Träger gemeinsam finanziert. Die Projektförderung im Jugendbereich<br />
sei dabei, so der Verband, regional sehr unterschiedlich. Festzuhalten bleibt, dass einige<br />
Kommunen – offensichtlich aus Einsparungsgründen im kommunalen Finanzhaushalt –<br />
ihre Förderungen an freie Träger zur Durchführung des Jugend-TOA reduzieren oder gar<br />
eingestellt haben (z.B. Reso-Witt e.V., Wittenberg). Das Land fördert im Bereich des Jugend-<br />
TOA den Träger Reso-Witt e.V. im Wege der Projektförderung, um die Arbeit im Jugend-<br />
TOA nicht komplett wegbrechen zu lassen.<br />
10.5 Projekte zur Vermeidung oder Verkürzung der Untersuchungshaft<br />
In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> wurde mit dem Gemeinsamen Runderlass des Ministeriums für Gesundheit<br />
und Soziales, des Ministeriums der Justiz und des Ministeriums des Innern vom<br />
5.8.1998 über „Grundsätze, praktische Ausgestaltung und Verfahren der Unterbringung <strong>von</strong><br />
Jugendlichen gemäß § 71 Abs.2 und § 72 Abs. 4 JGG in geeigneten Heimen der Jugendhilfe“<br />
eine zwischen den zuständigen Bereichen abgestimmte Verfahrensgrundlage bei der<br />
Vermeidung <strong>von</strong> Untersuchungshaft geschaffen. Ziel ist es, die mit dem Vollzug <strong>von</strong> Untersuchungshaft<br />
bei Jugendlichen größtenteils verbundenen schwerwiegenden Gefahren für die<br />
Entwicklung durch andere, weniger eingreifenden Maßnahmen zu minimieren. In <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> existieren gemäß dem vorab bezeichneten Runderlass 7 Träger, die insgesamt 19<br />
Plätze in Einrichtungen der Jugendhilfe zur U-Haft-Vermeidung vorhalten. Die Einweisung<br />
einer oder eines Jugendlichen in eine Einrichtung zur U-Haft-Vermeidung erfolgt ausschließlich<br />
gemäß richterlicher Entscheidung. Aus der nachfolgenden Übersicht sind die regionale<br />
Verteilung der Einrichtungen sowie die Anzahl der Plätze zur Vermeidung <strong>von</strong> U-Haft bei<br />
straffällig gewordenen Jugendlichen ersichtlich.<br />
Übersicht über Träger <strong>von</strong> Einrichtungen für Jugendliche zur U-Haft-Vermeidung<br />
Träger Einrichtung Kapazität<br />
Salus gGmbH Magdeburg Jugendheim Pretzsch, Eisenhammer 7<br />
Arbeiterwohlfahrt – Kinderbetreuungs- Kinder- und Jugendheim Wernigerode 1<br />
gGmbH Kreisverband Wernigerode<br />
„Kreuzberg“<br />
Stiftung Ev. Jugendhilfe St. Johannis Bernburg<br />
Wohngruppe der Stiftung zur U-Haft-<br />
Vermeidung Bernburg<br />
Kinder- und Jugendhilfswerk e.V. Gernrode „Brücke“ Gernrode 3<br />
Berufliches Bildungs- und Rehabilitationszentrum<br />
Aschersleben<br />
Berufliches Bildungs- und Rehabilitationszentrum<br />
e.V. Staßfurt<br />
Sozialtherapeutisches Zentrum Priemern Sozialtherapeutische Einrichtung Intensivgruppe<br />
Wanzleben<br />
Jule GmbH Co KG Merchau Kinder- und Jugendheim Recklingen 2<br />
Quelle: Landesjugendamt<br />
155<br />
2<br />
2<br />
2
Die Einrichtungen der Jugendhilfe betreuen und begleiten die Jugendlichen bis zur Hauptverhandlung,<br />
bereiten mit ihnen diesen Termin vor, klären gemeinsam mit der Jugendgerichtshilfe<br />
mögliche Perspektiven und stellen dem Gericht einen <strong>Bericht</strong> zur Entwicklung der<br />
Jugendlichen bzw. des Jugendlichen während der Zeit der U-Haftvermeidung zur Verfügung.<br />
<strong>Der</strong> Justiz wird jährlich eine aktualisierte Übersicht dieser Einrichtungen mit Ansprechpartnerinnen<br />
und Ansprechpartnern und inhaltlicher Kurzbeschreibung als Auswahlhilfe durch das<br />
Landesverwaltungsamt/Landesjugendamt zur Verfügung gestellt.<br />
10.6 Jugendstrafe/Jugendarrest<br />
10.6.1 Jugendstrafvollzug<br />
Die Jugendanstalt des Landes <strong>Sachsen</strong>–<strong>Anhalt</strong> befindet sich im Landkreis Merseburg- Querfurt,<br />
nördlich der Gemeinde Raßnitz. Sie wurde im Oktober 2002 in Betrieb genommen. In<br />
der Jugendanstalt Raßnitz werden die männlichen, zu einer Jugendstrafe verurteilten jugendlichen<br />
und heranwachsenden Gefangenen untergebracht.<br />
Seit dem 01.01.2008 wird auch Untersuchungshaft an jungen männlichen Gefangenen in der<br />
Jugendanstalt Raßnitz vollzogen. Die Jugendanstalt Raßnitz verfügt über eine Belegungsfähigkeit<br />
<strong>von</strong> 398 Haftplätzen, da<strong>von</strong> 20 Haftplätze für den offenen Vollzug. Am 30. April 2008<br />
war die Anstalt mit 365 Gefangenen belegt, da<strong>von</strong> waren 6 Gefangene im offenen Vollzug<br />
untergebracht.<br />
Jugendstrafvollzug 2004 2005 2006 2007<br />
Durchschnittliche Belegung im<br />
Jugendstrafvollzug und<br />
Jugendarrest gesamt<br />
513,58 451,42 394,92 355,75<br />
da<strong>von</strong> männlich 496,42 434,67 382,42 343,92<br />
da<strong>von</strong> Ausländer 13,75 11,83 10,50 14,25<br />
weiblich 17,17 16,75 12,50 11,83<br />
da<strong>von</strong> Ausländer 1,00 0,50 0,58 0,17<br />
Übersicht über die durchschnittliche Belegung im Jugendstrafvollzug und Jugendarrest 2004-2007<br />
Die Unterbringung der Gefangenen erfolgt überwiegend im Wohngruppenvollzug, der ein<br />
behandlungsfreundliches Klima begünstigt. Die Gruppenstärke beträgt in den verschiedenen<br />
Abteilungen zwischen 10 und 20 Haftplätzen. Überdies sind für die jungen Gefangenen<br />
durch eine Vielzahl <strong>von</strong> Ausbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen sowie durch persönlichkeitsbezogene<br />
Betreuungsangebote gute Voraussetzungen gegeben, um Defizite der<br />
Entwicklung aufzuarbeiten und ihnen somit den Weg für ein straffreies Leben zu ebnen. In<br />
der Jugendanstalt Raßnitz werden schulische und berufliche Aus- und Fortbildungsangebote<br />
sowie Freizeit-, Sport- und Betreuungsmaßnahmen vorgehalten.<br />
Das Jugendstrafvollzugsgesetz LSA vom 07.12.2007 (GVBl. LSA S. 368) und die hierzu ergangenen<br />
Allgemeinen Verwaltungsvorschriften vom 07.12.2007 (JMBl. LSA S. 338) entsprechen<br />
den einschlägigen Empfehlungen und Richtlinien internationaler Organisationen<br />
zum Vollzug der Jugendstrafe. Die gesetzlichen Anforderungen werden in der Jugendanstalt<br />
Raßnitz vollständig umgesetzt.<br />
Als Beispiele können genannt werden:<br />
• Die gesetzliche Forderung der Einzelunterbringung (§ 25 JStVollzG LSA) kann in der<br />
Jugendanstalt Raßnitz ohne weiteres gewährleistet werden.<br />
• Die umfangreichen Behandlungs- und Betreuungsmaßnahmen werden den gesetzlichen<br />
Anforderungen des JStVollzG LSA gerecht.<br />
156
• Die gesetzlichen Forderungen des Jugendstrafvollzugsgesetz (§ 54 JStVollzG LSA)<br />
zu den Besuchszeiten der Gefangenen werden umgesetzt.<br />
10.6.2 Jugendarrestvollzug<br />
Die Jugendarrestanstalt Halle (JAA) befindet sich seit 1995 auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt<br />
Halle I. Sie verfügt über insgesamt 36 Arrestplätze. Am 01.05.2008 befanden<br />
sich 24 Arrestanten in der JAA.<br />
Übersicht über die durchschnittliche Belegung im Jugendarrestvollzug 2004-2007<br />
Jugendarrestvollzug 2004 2005 2006 2007<br />
Durchschnittliche Belegung Arrestanten<br />
gesamt:<br />
20,94 19,26 18,16 18,16<br />
da<strong>von</strong> männlich 19,00 17,05 16,64 16,29<br />
da<strong>von</strong> Ausländer 2,03 1,21 1,14 1,36<br />
weiblich 1,94 2,21 1,52 1,87<br />
da<strong>von</strong> Ausländer 0,00 0,00 0,00 0,00<br />
Für den Vollzug des Jugendarrestes gibt es noch keine gesetzliche Grundlage. Die Frage,<br />
ob der Vollzug des Jugendarrestes in der Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes verblieben<br />
ist oder ob er im Zuge der Förderalismusreform auf die Länder übergegangen ist, ist<br />
noch offen. In letzter Zeit zeichnet sich eine Tendenz im Sinne der letztgenannten Alternative<br />
ab.<br />
Grundlage für den Vollzug des Jugendarrestes sind derzeit die Jugendarrestvollzugsordnung<br />
(JAVollzO) in der Fassung vom 30.11.1976 (BGBl. I S. 3270) und die Jugendarrestgeschäftsordnung<br />
(JAGO) in der Fassung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des MJ LSA<br />
vom 13.09.2007 (JMBl. LSA Nr. 39/ 2007 vom 24.09.2007, S. 262).<br />
10.7 Weiterentwicklung des Jugendgerichtsgesetzes<br />
Zum Thema „Weiterentwicklung des Jugendgerichtsgesetzes“ gibt es im Verhältnis zum letzten<br />
Kinder- und Jugendbericht <strong>von</strong> 2004 keine Novellen dieses Bundesgesetzes mitzuteilen,<br />
die materiell-rechtlich als „Weiterentwicklung“ des Gesetzes bezeichnet werden können. Die<br />
noch im letzten <strong>Bericht</strong> angesprochenen Gesetzentwürfe, an denen sich <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> beteiligt<br />
hat, oder die <strong>von</strong> hier aus im Bundesrat unterstützt worden sind, sind durchweg nicht<br />
Gesetz geworden.<br />
Die gleichwohl inzwischen erfolgten Änderungen im Jugendgerichtsgesetz betrafen fast ausschließlich<br />
verfahrensrechtliche Fragen, die sich auf Grund der Verschiebung der Gesetzgebungskompetenz<br />
vom Bund zu den Ländern im Bereich des Jugendstrafvollzuges und auf<br />
Grund einschlägiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ergeben haben. Eine inhaltliche<br />
Weiterentwicklung hat nicht stattgefunden<br />
10.8 Politisch motivierte Kriminalität – rechts (PMK –rechts)<br />
Definition : Politisch motivierter Kriminalität -rechts- werden Straftaten zugeordnet, wenn in<br />
Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters <strong>Anhalt</strong>spunkte dafür<br />
vorliegen, dass sie nach verständiger Betrachtung (z. B. nach Art der Themenfelder) einer<br />
rechten Orientierung zuzurechnen sind, ohne dass die Tat bereits die Außerkraftsetzung oder<br />
Abschaffung eines Elementes der freiheitlich demokratischen Grundordnung (Extremismus)<br />
zum Ziel haben muss. Insbesondere sind Taten dazuzurechnen, wenn Bezüge zu völkischem<br />
Nationalismus, Rassismus, Sozialdarwinismus oder Nationalsozialismus ganz oder<br />
teilweise ursächlich für die Tatbegehung waren.<br />
157
Lagedarstellung:<br />
Die Zahl der <strong>von</strong> Jungtatverdächtigen verübten Straftaten mit rechtem und fremdenfeindlichen<br />
Hindergrund ist im Jahr 2007 gegenüber dem Vorjahr mit - 19,1 % rückläufig (2006 =<br />
435 Straftaten, 2007 = 352 Straftaten).<br />
Noch deutlicher sank in diesem Zusammenhang die Anzahl der beteiligten Tatverdächtigen<br />
um - 11,9 % (2006 = 520 Tatverdächtige, 2007 = 458 Tatverdächtige).<br />
In der mehrjährigen Betrachtung - ausgehend vom Jahr 2004 - wird jedoch eine tendenzielle<br />
Steigerung der Straftaten (41,9 %) wie auch der beteiligten Tatverdächtigen (33,1 %) mit<br />
rechtem bzw. fremdenfeindlichem Charakter bis zum Jahr 2007 deutlich.<br />
Die Mehrzahl der Straftaten wird <strong>von</strong> Einzeltätern verübt. <strong>Der</strong>en Anteil hat sich <strong>von</strong> 2004<br />
(67,7 %) bis zum Jahr 2007 (74,7 %) deutlich erhöht. Dem gegenüber steht ein im Verlauf<br />
dieser Jahre beständiger Rückgang <strong>von</strong> Straftaten, die <strong>von</strong> mehreren Personen bzw. aus<br />
Gruppen heraus begangen werden.<br />
Rechte bzw. fremdenfeindliche Straftaten wurden 2007 mit 246 Tatverdächtigen (53,7 %)<br />
überwiegend <strong>von</strong> Heranwachsenden begangen. Die verbleibenden Straftaten wurden im<br />
Wesentlichen <strong>von</strong> Jugendlichen (209; 45,6 %) verübt. Es wurden lediglich drei Kinder als<br />
Tatverdächtige ermittelt.<br />
<strong>Der</strong> Anteil der Heranwachsenden an den Tatverdächtigen stieg <strong>von</strong> 46,5 % im Jahr 2004 auf<br />
53,7 % im Jahr 2007 deutlich an, während die Tatbeteiligung <strong>von</strong> Jugendlichen im gleichen<br />
Zeitraum stetig sank.<br />
Bei der Begehung <strong>von</strong> rechten bzw. fremdenfeindlichen Straftaten handelt es sich unverändert<br />
hauptsächlich um Propagandadelikte (72,4 %), Volksverhetzungen (11,1 %) und Körperverletzungen<br />
(8,2 %).<br />
Im Jahr 2007 sind die Gesamtzahlen mit 352 Straftaten rückläufig (2006 = 435 Straftaten).<br />
Dem gegenüber ist zu beobachten, dass im Bereich der Propagandadelikte ein mit 8,8 Prozentpunkte<br />
deutlicher Anstieg zu verzeichnen ist.<br />
Im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums der Justiz wurde im Jahr 2007 in Zusammenarbeit<br />
mit dem Ministerium des Innern eine „Richtlinie über die Verfolgung politisch motivierter<br />
Straftäter“ erarbeitet, die mit Wirkung zum 5.9.2007 als gemeinsamer Runderlass in Kraft getreten<br />
ist. Mit ihr sollen insbesondere eine Intensivierung der Zusammenarbeit der zuständigen<br />
Strafverfolgungsbehörden und sonst beteiligten Stellen (Jugendämter, Opferverbände)<br />
erreicht und damit einhergehend interne und übergreifende Verfahrensabläufe optimiert werden.<br />
Durch näher benannte organisatorische Maßnahmen soll eine beschleunigte Bearbeitung<br />
<strong>von</strong> Ermittlungsverfahren aus dem Bereich der politisch motivierten Kriminalität (PMK)<br />
sichergestellt werden.<br />
Zum anderen ist die <strong>von</strong> <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> gemeinsam mit Brandenburg und Mecklenburg-<br />
Vorpommern im August 2007 auf den Weg gebrachte Gesetzesinitiative zur Strafschärfung<br />
bei politisch motivierten Straftaten zu nennen, namentlich solchen, deren Motive menschenverachtend,<br />
rassistisch oder fremdenfeindlich sind (Gesetzentwurf des Bundesrates vom<br />
04.07.2008, BT-Drucksache 16/10123). Das Gesetzgebungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.<br />
11. Förderung des bürgerschaftlichen Engagements<br />
Die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements ist ein wichtiges Anliegen der Landesregierung.<br />
Jugendarbeit ist schon immer ohne ehrenamtliches Engagement undenkbar.<br />
Bisher fehlte es an einem ausreichenden Versicherungsschutz für alle ehrenamtlich Tätigen,<br />
da nicht alle über Vereine, Organisationen oder eigenen Versicherungsschutz abgesichert<br />
waren. Diese Lücke ist durch Abschluss einer Sammelversicherung durch die Landesregierung<br />
geschlossen worden.<br />
158
Ehrenamtliches Engagement verdient Anerkennung. Ein offizielles Zertifikat soll künftig die<br />
ehrenamtliche Tätigkeit dokumentieren und als Nachweis der im Ehrenamt erworbenen Erfahrungen<br />
und Kenntnisse dienen. Diese sind bei einem Einstieg in das Berufsleben insbesondere<br />
Jugendlichen hilfreich.<br />
Es wurde eine Koordinierungsstelle für bürgerschaftliches Engagement eingerichtet. Diese<br />
vernetzt die im Lande sehr zahlreich bestehenden Vereine, Verbände, Initiativen, Behörden<br />
und Kirchen nimmt deren Anregungen und Hinweise auf und leitet sie der Landesregierung<br />
zu. Sie ist koordinierend und beratend tätig. Sie veranstaltet zudem Fachtagungen,<br />
Workshops zu allen Themenfeldern des bürgerschaftlichen Engagements.<br />
Die Landesregierung fördert eine „Infrastruktur des Helfens“ vor allem durch Zuwendungen<br />
<strong>von</strong> jährlich über 140.000 Euro an die drei Freiwilligenagenturen in Halle, Magdeburg und im<br />
Nordharz und die Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen (lagfa). Weitere Regionale<br />
Freiwilligenagenturen sind geplant, um eine landesweite Abdeckung zu erreichen.<br />
Wichtig sind auch Ehrenamtsbörsen, die sich ebenfalls der Hilfe und Vermittlung im ehrenamtlichen<br />
Engagement verschrieben haben.<br />
Mit ehrenamtlichem Einsatz können engagierte Männer und Frauen in der neuen Funktion<br />
eines sog. „Familienpaten“ einen wertvollen Beitrag zur Stützung <strong>von</strong> Familien in schwierigen<br />
Situationen und Verhältnissen leisten (S.o. II Teil B 6.1.3).<br />
Seit Jahren hat sich der Jugendmanagementwettbewerb „freistil“ etabliert, bei dem sowohl<br />
Gruppen als auch Einzelpersonen, die sich in den Bereichen Soziales, Ökologie, Sport und<br />
Kultur engagieren, mitmachen können. Im Jahr 2008 lagen 69 Bewerbungen vor, die sich um<br />
Preise im Wert <strong>von</strong> 5000 € beworben haben, die Herr Ministerpräsident Prof. Dr. Böhmer<br />
überreicht hat.<br />
IV. Schwerpunkte der Kinder- und Jugendpolitik der Landesregierung<br />
für die nächsten Jahre<br />
0. Demographischer Wandel<br />
<strong>Der</strong> demographische Wandel beeinflusst das gesamte Handeln der Landesregierung und<br />
bildet demzufolge einen Schwerpunkt, der sich aber querschnittartig durch alle nachstehend<br />
aufgeführten Schwerpunkte zieht.<br />
1. Schwerpunkt:<br />
Kinder- und familienfreundliches <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Das Land hat mit den geschaffenen Potentialen die Chance, sich als ein sehr kinder- und<br />
familienfreundliches Bundesland zu präsentieren. <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> verfügt noch immer über<br />
das beste Angebot an Plätzen in Kindertagesstätten – sowohl quantitativ wie qualitativ. Es<br />
bietet damit die wichtigste Voraussetzung dafür, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren.<br />
Vereinbarkeit familiärer und beruflicher Pflichten ist für Mütter und Väter sowie Beschäftigte<br />
überhaupt zunehmend zu einem relevanten Punkt für das Verbleiben in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> geworden.<br />
Nach einer Studie der Bundesregierung aus dem Jahre 2007 ist für mittlerweile<br />
98 % aller berufstätigen Mütter und Väter ein gutes Angebot zur Vereinbarkeit <strong>von</strong> Familie<br />
und Beruf ebenso wichtig wie eine angemessene Bezahlung.<br />
Das Land wird also darauf hinwirken, dass diese Bedingung an möglichst allen Arbeitsplätzen<br />
im Land erfüllt ist. Dazu gehören neben einem guten Angebot an Kindertagesstättenplätzen<br />
auch Angebote wie flexible - an den Bedürfnissen der Familie und nicht nur am Unternehmen<br />
ausgerichtete - Arbeitszeit, die Möglichkeit zu Teilzeitarbeit oder Tele- und Heimarbeit.<br />
Das Land bemüht sich um eine gute Öffentlichkeitsarbeit zu diesem Thema, um Führungskräfte<br />
da<strong>von</strong> zu überzeugen, dass ein Entgegenkommen an die Mitarbeitenden im Hin-<br />
159
lick auf die Berücksichtigung ihrer familiären Pflichten letztlich auch dem Betrieb dient, der<br />
die <strong>von</strong> familiären Pflichten entlasteten Arbeitskräfte besser für sich nutzen kann.<br />
Das Land wird deshalb die Arbeit des Landesbündnisses für Familien ausweiten und stärken,<br />
damit über die Bündnispartnerinnen und Bündnispartner die Idee einer familienfreundlichen<br />
Arbeitswelt in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> nicht nur weiter verbreitet, sondern konkret umgesetzt<br />
wird.<br />
Genauso wichtig sind die konsequente Berücksichtigung der Belange <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen<br />
in allen Lebensbereichen und das Schaffen familienfreundlicher Lebensbedingungen<br />
vor Ort. Dieser Aufgabe müssen sich die Lokalen Bündnisse für Familien weiter stellen,<br />
um den konkreten Handlungsbedarf vor Ort direkt aufzunehmen und auf eine Beseitigung<br />
eventueller Lücken hinzuwirken.<br />
Sowohl für die Arbeit des Landesbündnisses für Familien als auch die der Lokalen Bündnisse<br />
gilt es, die Öffentlichkeitsarbeit weiter auszubauen, damit das Schaffen familienfreundlicher<br />
Lebens- und Arbeitsbedingungen sichtbar und auch in den <strong>von</strong> den Bündnispartnerinnen<br />
und -partnern noch nicht erreichten Orten bekannt wird und nachgeahmt werden kann.<br />
2. Schwerpunkt:<br />
Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsauftrages der Kinder- und Jugendhilfe<br />
<strong>Der</strong> Bildungsauftrag an Kindern und Jugendlichen findet innerhalb und außerhalb der Schule<br />
statt. Es sind vielfältige Möglichkeiten gegeben und es ist eine breite Angebotspalette vorhanden.<br />
Das Bildungsprogramm „Bildung: elementar“ sieht ein ganzheitliches Konzept vor. Die Zusammenarbeit<br />
<strong>von</strong> Grundschulen und Kindertageseinrichtungen in pädagogischen Fragen<br />
wird daher intensiviert. Gleiches gilt für die Implementierung des Bildungsprogramms in den<br />
Kindertageseinrichtungen durch Fortbildungen und Qualifizierungen.<br />
Die Qualität der Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher soll sukzessiv verbessert werden.<br />
Hierzu werden die Rahmenrichtlinien für die Fachschulausbildung überarbeitet. Für (tätige<br />
und zukünftige) Leiterinnen und Leiter <strong>von</strong> Kindertageseinrichtungen werden Studienangebote<br />
geschaffen, die einen bundesweit anerkannten Hochschulabschluss in der frühkindlichen<br />
Pädagogik ermöglichen.<br />
Die Wichtigkeit, dass Schülerinnen und Schüler die Schule mit einem qualifizierten Abschluss<br />
abschließen, hat zur Auflage des Programms gegen Schulversagen und Schulverweigerung<br />
geführt. Dieses Programm bildet einen Schwerpunkt der Arbeit der Landesregierung<br />
in den kommenden Jahren. Sie verfolgt damit die genannten Ziele:<br />
• Senkung der Anzahl der Schülerinnen und Schüler, die keinen Schulabschluss der Sekundarstufe<br />
I bzw. keinen Hauptschulabschluss erreichen (Schulversagen) durch frühzeitige<br />
Prävention und Intervention<br />
• Senkung der Anzahl der Schulverweigerinnen und -verweigerer durch sozialpädagogische<br />
Projekte<br />
• Verbesserung der Schulabschlüsse für Schülerinnen und Schüler mit besonderen<br />
Schwierigkeiten, wie z.B. mit sozialen Benachteiligungen, mit individuellen Beeinträchtigungen<br />
zur Vermeidung der Gefährdung des Schulerfolgs.<br />
Die Bildungsauftrag der Kinder- und Jugendhilfe findet in den §§ 11 und 12 SGB VIII (KJHG)<br />
seine normative Verankerung. § 11 SGB VIII akzentuiert die außerschulische Jugendbildung<br />
in besonderem Maße. Ihr kommt als eigenständigem Bestandteil der Kinder- und Jugendarbeit<br />
eine zentrale Bedeutung zu.<br />
Das Bildungsverständnis der Kinder- und Jugendhilfe geht <strong>von</strong> einer Bildung durch Erleben,<br />
Entwicklung, Selbstorganisation und Selbstentfaltung aus. Hierzu zählen im weitesten Sinne<br />
die Aneignung sozialer Kompetenz, die Persönlichkeitsbildung und das Lernen in Kooperation<br />
und Teamarbeit.<br />
160
Jugendverbandsarbeit ist nach § 12 SGB VIII (KJHG) ein elementarer Bestandteil der Jugendarbeit.<br />
Aus § 11 Abs. 2 SGB VIII folgt, dass „Jugendarbeit <strong>von</strong> Verbänden, Gruppen und<br />
Initiativen der Jugend“ angeboten wird. Mit ihren Aktivitäten verfolgen auch die Jugendverbände<br />
ein Bildungskonzept, das sich nicht an einem rein kognitiven Bildungsverständnis orientiert,<br />
sondern Aspekte des sozialen, kulturellen und ästhetischen Lernens einschließt.<br />
Als zentrale Strukturmaximen gelten:<br />
Freiwilligkeit<br />
Kooperation und Partizipation<br />
Ergebnis- und Prozessoffenheit<br />
Lebenswelt- und Alltagsorientierung.<br />
Anknüpfend an die Interessen der Kinder- und Jugendlichen soll in den Bildungsprozessen<br />
der Kinder- und Jugendarbeit das Hauptaugenmerk auf dem Erlangen <strong>von</strong> Selbstbewusstsein<br />
und Selbstbestimmung gelegt werden.<br />
Die daraus resultierenden Konsequenzen für die Kinder- und Jugendarbeit sind auf mehreren<br />
Ebenen zu ziehen:<br />
2.1. Fachkräfte<br />
Die Fachkräfte müssen in der Lage sein bzw. in diese versetzt werden, dem Bildungsauftrag<br />
in geeigneter Weise nachzukommen. Neben der notwendigen Fachausbildung ist zur Optimierung<br />
der angestrebten Ergebnisse auf eine regelmäßige Fort- und Weiterbildung zu achten.<br />
Selbstverständliche Voraussetzung ist, dass das Fachkräftegebot gem. § 72 SGB VIII<br />
einzuhalten ist.<br />
2.2. Struktur/Finanzierung<br />
Vielfältige Bildungsgelegenheiten und auf die Zielgruppen ausdifferenzierte und optimierte<br />
Bildungsangebote lassen sich nur in Kooperation mit anderen Trägern, Institutionen und<br />
Verbänden schaffen und erhalten. Es besteht daher die Notwendigkeit, die Kinder- und Jugendarbeit<br />
in die kommunale oder regionale Bildungslandschaft zu integrieren. Dies setzt<br />
nicht nur die Bereitschaft der handelnden Akteurinnen und Akteure und der verschiedenen<br />
Professionen zur Kooperation voraus, sondern verlangt auch eine angemessene, langfristige<br />
und verlässliche Finanzierung der Kinder- und Jugendarbeit.<br />
Vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden demographischen Entwicklung und der zu erwartenden<br />
Entwicklung der öffentlichen Haushalte zeichnen sich als künftige Handlungsschwerpunkte<br />
ab:<br />
• Konzeptionelle Überlegungen zum nachhaltigen Umgang mit dem demographischen<br />
Wandel bei der Optimierung der Angebote der Jugendarbeit in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> im<br />
städtischen und ländlichen, insbesondere im bevölkerungsschwachen Raum unter<br />
Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen<br />
• Sicherung und Optimierung der Förderung <strong>von</strong> pädagogischen Fachkräften durch<br />
Fachkräfteprogramm sowie der Jugendbildungsreferentinnen und Jugendbildungsreferenten<br />
• Optimierung der Infrastruktur und der originären (Kern-) Aufgaben der Verbände<br />
• Auf- und Ausbau <strong>von</strong> Angeboten zur Förderung benachteiligter Kinder und Jugendlicher<br />
sowie <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund<br />
• Ausbau <strong>von</strong> Präventionsmaßnahmen z.B. zum Abbau <strong>von</strong> Gewalt und gewaltförmigem<br />
Verhaltens<br />
• Ausbau <strong>von</strong> Maßnahmen zur Förderung <strong>von</strong> Partizipation und gesellschaftlicher Beteiligung<br />
<strong>von</strong> Kindern- und Jugendlichen<br />
• Optimierung der Kooperation <strong>von</strong> Jugendhilfe und Schule.<br />
161
Generell sind die Förderverfahren mit dem Ziel zu optimieren, einen effektiven, wirksamen<br />
und zielgenauen Einsatz der Mittel zu gewährleisten. <strong>Der</strong> Wirksamkeitsdialog zwischen dem<br />
öffentlichen und den freien Trägern auf partnerschaftlicher Ebene ist zu intensivieren.<br />
3. Schwerpunkt:<br />
Schutz <strong>von</strong> Kindern<br />
3.1. Familien<br />
Die Familie ist nach wie vor der Ort, an dem Kinder in der Mehrzahl aufwachsen. Familien<br />
sind vielfältigen Belastungen ausgesetzt, Eltern müssen berufliche Anforderungen bewältigen,<br />
sind <strong>von</strong> Arbeitslosigkeit bedroht oder sind schon arbeitslos. Elternpaare trennen sich<br />
oder ein Elternteil ist alleinerziehend für alle Aufgaben verantwortlich. Stützende Hilfe durch<br />
die erweiterte Familie gibt es seltener als in früheren Zeiten, u.a. auch weil die Generationen<br />
häufig nicht mehr räumlich nah beieinander leben.<br />
Besonderer Schwerpunkt der Arbeit der Landesregierung muss deshalb die Stärkung und<br />
Unterstützung der Familie sein. Zur Gewährleistung eines besseren Kinderschutzes gehört<br />
dazu auch die Weiterbildung <strong>von</strong> Erzieherinnen und Erziehern in Kindertagesstätten zu „Kinderschutzfachkräften“.<br />
Mit dieser Fortbildung soll jeweils eine Erzieherin oder ein Erzieher<br />
aus jeder der insgesamt über 1.900 Einrichtungen des Landes geschult werden. Sie sind<br />
dann in der Lage, frühzeitig Kindesmisshandlung und Vernachlässigung zu erkennen, angemessen<br />
darauf zu reagieren und Hilfe anzubieten.<br />
3.2. Verhütung <strong>von</strong> Kindesmisshandlung und Kindesvernachlässigung<br />
<strong>Der</strong> Schutz <strong>von</strong> Kindern soll durch ein Kinderschutzgesetz weiterentwickelt und verbessert<br />
werden. Das Gesetz wird u.a.<br />
• die Einrichtung eins Melde- und Einladewesens zu den Früherkennungsuntersuchungen<br />
und<br />
• die Errichtung Lokaler Netzwerke Kinder- und Jugendschutz vorsehen.<br />
Mit den Regelungen des Kinderschutzgesetzes soll eine deutliche Erhöhung der Teilnahmequoten<br />
an Früherkennungsuntersuchungen erreicht werden. Zielstellung bei allen Untersuchungen<br />
ist es die altersgemäße, gesunde Entwicklung des Kindes festzustellen, und, sollte<br />
diese nicht gegeben sein, entsprechende Therapiemaßnahmen einzuleiten.<br />
<strong>Der</strong> andere Schwerpunkt ist die Vernetzung der mit Kindern und Familien befassten Stellen<br />
(Jugendämter und Öffentlicher Gesundheitsdienst, Mediziner und Medizinerinnen, Erzieherinnen<br />
und Erzieher und Lehrer und Lehrerinnen) mit dem Ziel, die Zusammenarbeit der verschiedenen<br />
Professionen zu verbessern.<br />
Die Allianz für Kinder soll fest institutionalisiert werden. Die erfolgreiche Tätigkeit der Arbeitsgruppen<br />
soll fortgesetzt werden. Wegen verfassungsrechtlicher Bedenken gegen Teile<br />
des Gesetzes wird es vor einer weiteren Beratung des Gesetzes im Parlament zu einer Überarbeitung<br />
des Entwurfes kommen.<br />
<strong>Der</strong> Landespräventionsrat hat am 12. November 2008 den 5. Landespräventionstag zum<br />
Thema „Verhütung <strong>von</strong> Kindesmisshandlung und Kindesvernachlässigung“ in Magdeburg<br />
veranstaltet. Dabei wurden rechtliche Aspekte und sozialpädagogische Probleme bei Fällen<br />
der Kindeswohlgefährdung und der Kindesmisshandlung erörtert. Weiterhin waren Möglichkeiten<br />
der Prävention durch Früherkennung und Präventionsprojekte anderer Länder<br />
Schwerpunktthemen.<br />
Anschließend ist Weg der konkreten Umsetzung zu diskutieren.<br />
162
4. Schwerpunkt:<br />
Demokratieförderung und Extremismusprävention<br />
4.1. Interministeriellen Arbeitskreises (IMAK) „Extremismusprävention“<br />
Die Bekämpfung <strong>von</strong> Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus ist ein<br />
ständiger Prozess, dem sich zu stellen in der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung liegt.<br />
Gemäß des Beschlusses des <strong>Landtag</strong>es in seiner 55. Sitzung am 3. März 2005 für die Einrichtung<br />
eines „Netzwerkes für Demokratie und Toleranz – gegen Extremismus und Gewalt“<br />
ist die Bündelung aller maßgeblichen gesellschaftlichen Kräfte <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s sowie das<br />
zivilgesellschaftliche Fundament gegen Extremismus und Gewalt weiter zu entwickeln. Dabei<br />
ist das landesweite Engagement für Demokratie und Toleranz, das Zusammenführen und<br />
der Austausch <strong>von</strong> bestehenden Aktivitäten gegen Extremismus bedeutsam, um die grundlegenden<br />
Werte unserer demokratischen Gesellschaft zu stärken.<br />
Zur Erreichung dieser Ziele ist das am 17. Oktober 2006 <strong>von</strong> der Landesregierung beschlossene<br />
„Aktionsprogramm gegen Rechtsextremismus“ mit folgenden Kernbereichen fortzuführen:<br />
1. Maßnahmen der Bildung und Erziehung,<br />
2. der Schutz der Jugend durch geeignete Angebote der Jugendsozialarbeit und des<br />
Jugendmedienschutzes,<br />
3. Maßnahmen der allgemeinen Gefahrenabwehr,<br />
4. polizeiliche Präventions- und Bekämpfungsstrategien,<br />
5. der Ausbau der kommunalen Kriminalprävention,<br />
6. und die intensive Beobachtung extremistischer Aktivitäten durch den Verfassungsschutz.<br />
Hierzu ist eine Vielzahl <strong>von</strong> Maßnahmen sowohl repressiver als auch präventiver Art umzusetzen.<br />
Das betrifft sowohl Kampagnen und Aktivitäten gegen Rechtsextremismus der Polizeibehörden<br />
als auch die Weiterführung der unter Ziffer 7 im Abschnitt I aufgeführten Projekte im<br />
Rahmen des Bundesprogramms „kompetent.für Demokratie“ erst einmal bis zum Jahr 2010.<br />
Gemeinsame Maßnahmen <strong>von</strong> der Verfassungsschutzbehörde des Landes und der Landeszentrale<br />
für politische Bildung tragen ebenfalls zur Demokratieförderung bei.<br />
Weiterhin ist die Tätigkeit des ressortübergreifenden Interministeriellen Arbeitskreises (IMAK)<br />
„Extremismusprävention“, indem die monatlich stattfindende Kabinettsbefassung zum<br />
Rechtsextremismus, Antisemitismus und der Fremdenfeindlichkeit in unserem Land vorbereitet<br />
wird, erforderlich.<br />
4.2. Politische Bildung in der Schule<br />
Auch in den kommenden Jahren werden im Schulbereich der politischen Bildung und hier<br />
insbesondere der Förderung des Demokratieverständnisses zahlreiche Aktivitäten gestartet.<br />
Diese stehen im engen Zusammenhang zum 20. Jahrestag der Wiedervereinigung.<br />
Dieses betrifft Aktivitäten im Unterricht bzw. den Bereich der Lehrerfort- und -weiterbildung.<br />
Eine besondere Rolle spielen dabei die Schulprogramme als ein entscheidendes Instrument<br />
der Qualitätssicherung und -verbesserung schulischer Arbeit. Mit dem Handlungskonzept<br />
„Politische Bildung in der Schule“ wird der Rahmen für die politische Bildung an den Schulen<br />
des Landes beschrieben. Das Konzept ist auf Langfristigkeit und Kontinuität ausgerichtet.<br />
Im Mittelpunkt stehen schwerpunktmäßig folgende Handlungsfelder:<br />
163
- Sozialkundeunterricht als Leitfach, das in den entsprechenden Rechtsvorschriften ausgewiesen<br />
ist und der politischen Bildung in systematischer Form entspricht sowie weitere (affine)<br />
Fächer (v. a. Geschichte), die zur politischen Bildung beitragen,<br />
- Lehrerfortbildung,<br />
- Politische Bildung als Bestandteil der Schulkultur, v. a. im Zusammenhang mit Schulprogramm-Arbeit,<br />
- Zusammenarbeit <strong>von</strong> Schulen und externen Partnern.<br />
Ziele und Inhalte des Unterrichts, die im Zusammenhang mit der politischen Bildung und mit<br />
dem Thema „Extremismus“ stehen, finden sich an vielen Stellen der gültigen Rahmenrichtlinien<br />
der einzelnen Schulformen, insbesondere in den Fächern Geschichte, Sozialkunde, Ethikunterricht<br />
und Religionsunterricht.<br />
Die Einbeziehung <strong>von</strong> außerschulischen Lernorten, wie den regionalen Gedenkstätten, eröffnet<br />
im gesellschaftswissenschaftlichen Bereich eine besondere Chance, Schülerinnen und<br />
Schülern rationale und emotionale Zugänge zu historischen Dokumentationen <strong>von</strong> Extremismus<br />
in der deutschen Geschichte zu ermöglichen.<br />
Die Gedenkstätten des Landes bieten Projekttage für Schülerinnen und Schüler, Zeitzeugengespräche,<br />
Ausstellungen, Lehrerfortbildungen u. v. m. an. Diese Veranstaltungen sollen<br />
künftig stärker als bisher in den Sozialkunde-, Geschichts-, Ethik- und Religionsunterricht integriert<br />
und in den Fächern Deutsch, Geografie, Musik und Kunst vernetzt werden. Das Kultusministerium<br />
plant zur nachhaltigen pädagogischen Betreuung dieser Projekte drei besonders<br />
geeignete Lehrkräfte als sogenannte „Gedenkstättenlehrer“ für den Zeitraum <strong>von</strong> zwei<br />
Jahren abzuordnen.<br />
Die Angebote zu den Veranstaltungen der Gedenkstätten, der Landeszentrale für politische<br />
Bildung, des Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen<br />
DDR und der Außenstellen der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes<br />
der ehemaligen DDR in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> werden regelmäßig im Schulverwaltungsblatt<br />
veröffentlicht, so dass alle Schulen im Land über die entsprechenden Angebote<br />
informiert werden.<br />
4.3. Lehrerfortbildung<br />
Vor dem Hintergrund rechtsextremistischer Vorkommnisse sowie in Umsetzung des Kabinettsbeschlusses<br />
„Aktionsprogramm gegen Rechtsextremismus“ sowie eines Kabinettbeschlusses<br />
vom 21.11.2006 wurde es im Bereich Schule die Aufklärungsarbeit verstärkt und<br />
den Lehrkräften Hilfe und Unterstützung gegeben zum Thema „Umgang mit Rechtsextremismus“.<br />
Daraus resultiert die besondere Schwerpunktsetzung im Rahmen der Lehrerfortbildung.<br />
Eine Qualifizierungsinitiative ist dabei mit Blick auf ihre Effizienz und Nachhaltigkeit besonders<br />
hervorzuheben: In Verantwortung der Landeszentrale für politische Bildung und des LI-<br />
SA wird auf der Grundlage eines <strong>von</strong> der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Prof.<br />
Holtmann) erarbeiteten Konzepts seit Februar 2008 eine modulare Fortbildungsreihe zur<br />
Thematik „Demokratieverständnis - Demokratieakzeptanz“ vorrangig für im Sozialkundeunterricht<br />
eingesetzte Lehrkräfte ohne Lehrbefähigung bzw. Unterrichtserlaubnis realisiert. <strong>Der</strong>zeit<br />
läuft die vierte Auflage und 100 Lehrkräfte befinden sich inzwischen in der Qualifizierung.<br />
In Abhängigkeit vom weiteren Bedarf ist vorgesehen, diese Fortbildungsreihe erneut aufzulegen<br />
sowie mit weiteren Themen fortzusetzen.<br />
Im Rahmen der landesweiten, regionalen und schulinternen Lehrer/Innenfortbildung fanden<br />
und finden zahlreiche weitere Veranstaltungen zum oben genannten Fortbildungsschwerpunkt<br />
statt. Dabei ist bei der Planung und Durchführung der Maßnahmen die Einbeziehung<br />
außerschulischer Bereiche und Institutionen hervorzuheben. Das trifft in besonderer Weise<br />
auf die Landeszentrale für politische Bildung, die Gedenkstätten Bernburg, „Roter Ochse“<br />
Halle und Langenstein-Zwieberge, die Anne-Frank-Stiftung, die Martin-Luther-Universität<br />
164
Halle-Wittenberg, die Deutsch-Israelische Gesellschaft sowie die Friedrich-Ebert-Stiftung zu.<br />
Im Schulverwaltungsblatt wird der landesweite „Veranstaltungskalender 2007 zur historischen<br />
und politischen Bildung" veröffentlicht, der zahlreiche Fortbildungsangebote für die<br />
Lehrkräfte aller Schulformen enthält.<br />
Neben den Veranstaltungen der regionalen Lehrer/Innenfortbildung werden durch die Fachbetreuerinnen<br />
und -betreuer sowie die Fachmoderatorinnen und -moderatoren für die Fächer<br />
Sozialkunde, Geschichte, Ethik, Religion und Deutsch in der Regel die Einzelmaßnahmen in<br />
Abhängigkeit <strong>von</strong> der konkreten Thematik unter Einbeziehung <strong>von</strong> externem Sachverstand<br />
organisiert.<br />
Die Medienstelle des LISA stellt zum Themenbereich „Politische Bildung“ zahlreiche Medien<br />
unterschiedlicher Autorinnen und Autoren (darunter die Bundeszentrale für politische Bildung,<br />
das Institut für „Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht“ sowie verschiedene<br />
Bundesministerien) bereit. Die Medien sind inhaltlich erschlossen und mit Empfehlungen<br />
hinsichtlich unterrichtlicher Anbindungen, Altersgruppe usw. versehen. Ein besonderer<br />
Schwerpunkt wird dabei auf das Themenfeld „Extremismus“ gesetzt.<br />
Das Kultusministerium unterstützt Schülerwettbewerbe, die der Auseinandersetzung mit historischen/politischen<br />
Ereignissen dienen. Als Wettbewerbe sind hier zu nennen:<br />
- Schülerwettbewerb „Geschichte(n) entdecken / Erinnerst du dich? Zeitzeugen befragen<br />
in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>“ (Wettbewerb der Gemeinschaftsstiftung AWO <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 2006)<br />
- Bundeswettbewerb zur politischen Bildung<br />
- Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten<br />
- „Jugend debattiert“<br />
- Europäischer Wettbewerb<br />
- Schülerzeitungswettbewerbe<br />
- Landespreis zur Förderung der Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit.<br />
Über die Richtlinie zur Gewährung <strong>von</strong> Zuwendungen für bildungsbezogene Projekte und<br />
Angebote werden Vorhaben gefördert bei denen Antragstellerinnen und Antragsteller gemeinsam<br />
mit Schulen längerfristige Projekte initiieren.<br />
Inhaltlich können u. a. folgende Maßnahmen gefördert werden:<br />
- Demokratieerziehung (Projekte gegen politischen Extremismus, zur Gewaltprävention,<br />
Projekte zur Förderung sozialer Kompetenzen)),<br />
- Medienerziehung (Projekte zur Förderung <strong>von</strong> Medienkompetenz einschließlich der Einrichtung<br />
<strong>von</strong> Schulmediotheken),<br />
- Kulturelle Bildung oder interkulturelle Bildung (Projekte zur interkulturellen Erziehung,<br />
Projekte zur kulturellen Bildung, kulturpädagogische Modellvorhaben, Projekte zur Verwirklichung<br />
der europäischen Dimension in der Bildung),<br />
- Historische Bildung (Projekte zur Regionalgeschichte, Historisch-kulturelle Lernwerkstätten),<br />
- Friedenserziehung (Projekte zur Menschenrechtsthematik, zur Ausländerintegration, zum<br />
Antifaschismus, Projekte „Frauen und Menschenrechte“, Projekte zur Chancengleichheit),<br />
- Ökonomische Bildung (Projekte zur ökonomischen Bildung, Berufsorientierung, technische<br />
Bildung).<br />
165
Anlagenübersicht:<br />
Zu I. 2 Entwicklung und Situation der Familien (Lebensformen)<br />
Zu I.6 Sterbefälle <strong>von</strong> Kindern unter 15 Jahren<br />
Zu II. A 1.1 Befassungen des Landesjugendhilfeausschusses und Betrachtungen<br />
zur Jugendhilfeplanung<br />
Zu II. A. 3.4 Investitionen in Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit<br />
Bewilligte Projekte 2004-2007<br />
Zu II. A. 3.5 a Bildungsmaßnahmen im Jugendbereich 2005-2006<br />
Zu II. A. 3.5 b Dauer der Maßnahmen<br />
Zu II. A. 3.5 c Orte der Maßnahmen<br />
Zu II. A. 3.5 d Ausgereichte Landes- und EU-Mittel für die Jugendarbeit 2005-<br />
2007<br />
zu II. A. 8 Hilfen für junge Menschen zur Erziehung außerhalb des Elternhauses<br />
nach Art der Hilfe, Unterbringungsform und Altersgruppen und<br />
gewählte Maßnahmen der Hilfen zur Erziehung<br />
aus<br />
Zu II. B. 2.1 Tätige Personen in der Kinder- und Jugendhilfe nach<br />
Arbeitsfeldern 2004<br />
Zu III. 1 Bildungsgänge der berufsbildenden Schulen<br />
Zu III. 10.2.2 Kriminalitätsentwicklung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Datensammlung<br />
Zu I. 1.6 Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend „Lebenssituation,<br />
Sicherheit und Gesundheit <strong>von</strong> Frauen in Deutschland“<br />
Zu I. 1.7 „Handbuch Kinder und häusliche Gewalt“ Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften<br />
/ GWV Fachverlage GmbH, 2006<br />
zu I.3. Statistisches Landesamt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>: Ergebnisse des Arbeitskreises „Erwerbstätigenrechnung<br />
des Bundes und der Länder“<br />
Arbeitslosenstatistik der Bundesagentur für Arbeit<br />
Zweiter Armuts- Reichtumsbericht des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 2008<br />
zu I. 4 Jährliche Berufsbildungsberichte des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit des<br />
Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> für die Jahre 2005 bis 2007<br />
Zu I. 6 Schulanfängerstudie <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 2006<br />
zu 7. Verfassungsschutzbericht 2007 für das Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
zu II. A. 2 15. Shell-Jugendstudie – Jugend 2006 und DJI-Jugendsurvey<br />
zu II. 4.4 <strong>Bericht</strong> über die „Situationsanalyse zur Jugendberufshilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>“ vom<br />
21.11.2007<br />
zu III.5 Jahresstatistik 2007 des Landessportbundes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
zu III.8 Jahresberichte der Generalstaatsanwaltschaft <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> für die Jahre 2005<br />
bis 2008<br />
166
Anlage zu I. 2<br />
Nachfolgende Übersicht zeigt die Entwicklung der Lebensformen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> im<br />
Zeitraum <strong>von</strong> 2003 bis 2007:<br />
Lebensformen 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Anzahl in 1000<br />
Lebensformen ohne Kinder<br />
Ehepaare 333,3 330,7 329,6 334,1 337,3<br />
Lebensgemeinschaften 46,7 45,9 42,0 43,7 45,0<br />
Alleinstehende 327,9 331,1 461,4 478,7 484,0<br />
Lebensformen mit Kindern<br />
(Familien)<br />
Ehepaare<br />
mit ledigen Kindern 271,5 258,5 251,6 237,4 225,5<br />
mit 1 Kind 158,2 151,6 152,3 146,7 142,3<br />
mit 2 Kindern 94,0 89,8 82,5 74,6 69,7<br />
mit 3 und mehr Kindern 19,3 17,1 16,8 16,0 13,4<br />
Lebensgemeinschaften<br />
mit ledigen Kindern 40,2 42,3 44,5 44,6 45,9<br />
mit 1 Kind 26,6 27,1 28,2 30,9 29,7<br />
mit 2 Kindern 10,9 11,1 12,6 11,3 12,9<br />
mit 3 und mehr Kindern / / / / /<br />
Alleinerziehende<br />
mit ledigen Kindern 130,8 138,0 89,9 93,6 92,0<br />
mit 1 Kind 93,3 98,1 64,5 68,3 67,1<br />
mit 2 Kindern 30,8 31,7 19,9 20,8 20,5<br />
mit 3 und mehr Kindern (6,7) (8,2) (5,6) / /<br />
darunter: Alleinerziehende Frauen<br />
mit ledigen Kindern 103,2 109,1 79,5 81,9 80,3<br />
mit 1 Kind 71,8 75,4 56,4 59,5 57,2<br />
mit 2 Kindern 25,5 26,5 18,2 18,4 19,0<br />
mit 3 und mehr Kindern (5,9) (7,3) / / /<br />
Familien insgesamt<br />
mit ledigen Kindern 402,3 396,5 386,0 375,6 363,3<br />
mit 1 Kind 251,4 249,7 244,9 246,0 239,1<br />
mit 2 Kindern 124,8 121,5 115,0 106,7 103,2<br />
mit 3 und mehr Kindern 26,0 25,3 26,1 22,9 21,0<br />
Quelle: Statistisches Landesamt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
- 167 -
Anlage zu I. 6 „Die gesundheitliche Situation“<br />
Sterbefälle <strong>von</strong> Kinder unter 15 Jahren je 100.000 Einwohner in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
(Standardisierung: Standardbevölkerung ''Deutschland 1987'')<br />
ICD10<br />
Jahr<br />
1998 1999 2000 2005 2006<br />
A00-T98 Alle Krankheiten und Folgen äußerer Ursachen 57,5 51,0 50,5 35,0 32,9<br />
A00-B99 Bestimmte infektiöse und parasitäre Krankheiten 1,7 0,6 1,4 0,8 -<br />
C00-D48 Neubildungen 3,3 3,4 3,9 1,2 1,6<br />
D50-D90 Krankheiten des Blutes und der blutbildenden<br />
Organe sowie bestimmte Störungen mit Beteiligung des<br />
Immunsystems<br />
0,2 0,4 - - 0,4<br />
E00-E90 Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten 0,4 1,5 0,8 - 1,2<br />
F00-F99 Psychische und Verhaltensstörungen - - - - -<br />
G00-H95 Krankheiten des Nervensystems und der<br />
Sinnesorgane<br />
2,6 3,2 3,5 2,3 2,9<br />
I00-I99 Krankheiten des Kreislaufsystems 1,2 0,4 1,0 1,2 1,2<br />
J00-J99 Krankheiten des Atmungssystems 2,2 1,5 1,0 - 2,5<br />
K00-K93 Krankheiten des Verdauungssystems - 0,3 0,4 - 0,4<br />
L00-L99 Krankheiten der Haut und der Unterhaut - - - - -<br />
M00-M99 Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des<br />
Bindegewebes<br />
- 0,4 - - -<br />
N00-N99 Krankheiten des Urogenitalsystems - - 0,4 - 0,4<br />
O00-O99 Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett X X X X X<br />
P00-P96 Bestimmte Zustände, die ihren Ursprung in der<br />
Perinatalperiode haben<br />
Q00-Q99 Angeborene Fehlbildungen, Deformitäten und<br />
Chromosomenanomalien<br />
R00-R99 Symptome und abnorme klinische und<br />
Laborbefunde, die andernorts nicht klassifiziert sind<br />
S00-T98 Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere<br />
Folgen äußerer Ursachen<br />
(Quelle: Statistisches Bundesamt).<br />
- 168 -<br />
19,2 14,2 14,1 3,7 11,1<br />
13,2 10,9 13,5 3,6 5,7<br />
3,3 3,6 2,7 20,7 2,1<br />
10,2 10,8 7,9 1,6 3,3
Sterbefälle <strong>von</strong> Kinder unter 15 Jahren je 100.000 Einwohner in Deutschland<br />
(Standardisierung: Standardbevölkerung ''Deutschland 1987'')<br />
ICD10<br />
Jahr (Jahre absteigend)<br />
1998 1999 2000 2005 2006<br />
A00-T98 Alle Krankheiten und Folgen äußerer Ursachen 47,8 47,2 45,1 40,2 38,0<br />
A00-B99 Bestimmte infektiöse und parasitäre Krankheiten 0,9 1,0 1,0 0,8 0,8<br />
C00-D48 Neubildungen 2,7 3,0 2,9 2,7 2,5<br />
D50-D90 Krankheiten des Blutes und der blutbildenden Organe<br />
sowie bestimmte Störungen mit Beteiligung des Immunsystems<br />
0,2 0,3 0,3 0,3 0,2<br />
E00-E90 Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten 0,7 0,9 0,9 1,0 1,0<br />
F00-F99 Psychische und Verhaltensstörungen 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0<br />
G00-H95 Krankheiten des Nervensystems und der Sinnesorgane 1,9 1,8 2,0 1,9 1,8<br />
I00-I99 Krankheiten des Kreislaufsystems 1,5 1,6 1,4 1,3 1,0<br />
J00-J99 Krankheiten des Atmungssystems 0,8 0,9 0,7 0,9 0,6<br />
K00-K93 Krankheiten des Verdauungssystems 0,3 0,3 0,4 0,4 0,2<br />
L00-L99 Krankheiten der Haut und der Unterhaut 0,0 - - 0,0 0,0<br />
M00-M99 Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des<br />
Bindegewebes<br />
0,1 0,1 0,0 0,1 0,1<br />
N00-N99 Krankheiten des Urogenitalsystems 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1<br />
O00-O99 Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett X X X X X<br />
P00-P96 Bestimmte Zustände, die ihren Ursprung in der<br />
Perinatalperiode haben<br />
Q00-Q99 Angeborene Fehlbildungen, Deformitäten und<br />
Chromosomenanomalien<br />
R00-R99 Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die<br />
andernorts nicht klassifiziert sind<br />
S00-T98 Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen<br />
äußerer Ursachen<br />
(Quelle: Statistisches Bundesamt)<br />
- 169 -<br />
13,9 14,5 13,3 12,9 13,9<br />
11,3 10,1 10,1 8,6 8,0<br />
6,9 6,2 6,5 5,0 4,0<br />
6,4 6,2 5,4 4,2 3,9
Anlage zu II.A. 1.1<br />
Befassungen des Landesjugendhilfeausschusses für den Zeitraum 2004 bis 2007<br />
Handlungsfeld Jugendsozialarbeit:<br />
Situationsanalyse Hartz IV-Kooperation <strong>von</strong> Jugendhilfe und Trägern der Grundsicherung bei<br />
der beruflichen und sozialen Eingliederung <strong>von</strong> Jugendlichen,<br />
Situationsanalyse zur Jugendberufshilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Handlungsfeld Jugendarbeit<br />
Situationsanalyse der außerschulischen Jugendbildung,<br />
Weiterführung des Qualitätsentwicklungsprozesses in Maßnahmen der außerschulischen<br />
Jugendbildung<br />
Handlungsfeld erzieherische Kinder- und Jugendschutz<br />
Weiterentwicklung des strukturellen Jugendschutzes - Fortschreibung der Bestandsfeststellung<br />
durch den überörtlichen Träger im Rahmen des erzieherischen Kinder- und<br />
Jugendschutzes,<br />
<strong>Bericht</strong> zum Verstärkung des kontrollierenden Jugendschutzes<br />
Handlungsfeld Kindertageseinrichtungen<br />
Jährliche Statistiken <strong>von</strong> Kindertageseinrichtungen des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> (Auslastung,<br />
Personal, Elternbeiträge),<br />
Statistische Erfassung <strong>von</strong> Kind-Eltern-Zentren sowie Auflistung der Angebote<br />
Handlungsfeld Kindeswohlgefährdung nach § 8a SGB VIII<br />
Empfehlungen zur Funktion der Jugendhilfeplanung im Kontext des Kinderschutzes<br />
Handlungsfeld überörtliche Jugendhilfeplanung<br />
Handreichung für die örtliche Jugendhilfeplanung im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ,<br />
<strong>Bericht</strong> Demografischer Wandel in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> und dessen Auswirkungen auf die<br />
Kinder- und Jugendpolitik<br />
Jährliche <strong>Bericht</strong>erstattung zur Umsetzung der Fortbildungsangebote für sozialpädagogische<br />
Fachkräfte<br />
- 170 -
Anlage zu II.A 1.1<br />
Überörtliche und örtliche Betrachtungen zur Jugendhilfeplanung für den Zeitraum 2004 bis<br />
2007<br />
Arbeitshilfen, Empfehlungen, <strong>Bericht</strong>e<br />
Handlungsfeld Jugendsozialarbeit:<br />
• Dokumentation der gemeinsamen Fachtagung der Landesjugendämter Thüringen,<br />
<strong>Sachsen</strong>, <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> zu „ Auswirkungen der Modernisierung des Sozialstaates<br />
auf die Jugendberufshilfe“<br />
• Situationsanalyse Hartz IV-Kooperation <strong>von</strong> Jugendhilfe und Trägern der<br />
Grundsicherung bei der beruflichen und sozialen Eingliederung <strong>von</strong> Jugendlichen<br />
• Situationsanalyse zur Jugendberufshilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Handlungsfeld Jugendarbeit<br />
• Situationsanalyse der außerschulischen Jugendbildung<br />
• Weiterführung des Qualitätsentwicklungsprozesses in Maßnahmen der<br />
außerschulischen Jugendbildung<br />
• <strong>Bericht</strong> zum Ausbau <strong>von</strong> Netzwerken und Angeboten in der internationalen<br />
Jugendarbeit<br />
Handlungsfeld erzieherische Kinder- und Jugendschutz<br />
• Fortschreibung der Bestandsfeststellung durch den überörtlichen Träger im Rahmen<br />
des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes<br />
• Weiterentwicklung des strukturellen Jugendschutzes<br />
• <strong>Bericht</strong> zum Verstärkung des kontrollierenden Jugendschutzes<br />
Handlungsfeld Kindertageseinrichtungen<br />
• Jährliche Statistiken <strong>von</strong> Kindertageseinrichtungen des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
• (Auslastung, Personal, Elternbeiträge)<br />
• Momentane Untersuchungen zu Evaluation der Umsetzung des Bildungsprogramms<br />
„Bildung: elementar -Bildung <strong>von</strong> Anfang an“<br />
• Statistische Erfassung <strong>von</strong> Kind-Eltern-Zentren sowie Auflistung der Angebote<br />
Handlungsfeld Kindeswohlgefährdung nach § 8a SGB VIII<br />
• Dokumentation zum Schutzauftrag Kindeswohlgefährdung nach § 8a SGB VIII –<strong>von</strong><br />
der<br />
• Praxis für die Praxis-<br />
• Empfehlungen zur Funktion der Jugendhilfeplanung im Kontext des Kinderschutzes<br />
• Zertifizierungen <strong>von</strong> Kinderschutzfachkräften<br />
• <strong>Bericht</strong> zum Aufbau <strong>von</strong> effektiven Netzwerkstrukturen für frühzeitige Hilfen<br />
- 171 -
Handlungsfeld überörtliche Jugendhilfeplanung<br />
• Handreichung für die örtliche Jugendhilfeplanung im Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
• <strong>Bericht</strong> Demografischer Wandel in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> und dessen Auswirkungen auf die<br />
Kinder- und Jugendpolitik<br />
• <strong>Bericht</strong> Jugendhilfe und demografischer Wandel<br />
• Jährliche <strong>Bericht</strong>erstattung zur Umsetzung der Fortbildungsangebote für<br />
sozialpädagogische Fachkräfte<br />
Handlungsfeld Arbeitsgruppe der Jugendhilfeplanerinnen und Jugendhilfeplaner<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
• Prognostische Betrachtungen der Jugendhilfeplanung zur Entwicklung der<br />
Kindertageseinrichtungen im Burgenlandkreis<br />
• Leitbilderentwicklung des Landkreises Harz<br />
• Sozialräumliche Betrachtungen des Landkreise Mansfeld – Suedharz<br />
• Vorstellung des Produktplanes für den Bereich Hilfen zur Erziehung<br />
• Evaluation der Fachtagung „Armut“ der Stadt Magdeburg<br />
• Ableitung <strong>von</strong> Maßnahmen aus den Ergebnissen der Fachtagung<br />
• Evaluation <strong>von</strong> Fortbildungsprozessen Kindeswohlgefährdung §8a SGB VIII<br />
• Voraussetzungen, Kriterien, Wirkungen<br />
- 172 -
Investitionen in Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit<br />
Bewilligte Projekte in den Jahren 2004 - 2007<br />
Anlage zu II. A. 3.4<br />
Förderbereich Träger Einrichtung/Maßnahmen Förderjahr/e bewill. Landesmittel<br />
Jubi-Stätten Förderverein Schloß Mansfeld e.V. Jugendbildungs- und Begegnungsstätte<br />
Schloß Mansfeld<br />
Umbau/Sanierung/Ausstattung<br />
2004 - 2007 401.468,95 €<br />
Landesportbund <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> Jugendbildungs- u. Freizeitstätte der<br />
ab 2006 1.358.268,79 €<br />
e.V. Halle<br />
Sportjugend in Schierke - Errichtung<br />
Multifunktionshalle<br />
Villa Jühling e.V. Halle Evang. Jugendbildungsstätte Villa Jühling -<br />
Anbau/Errichtung Bettenhäuser<br />
ab 2007 750.000,00 €<br />
Jugendherbergen Deutsches Jugendherbergswerk Jugendherberge Wernigerode -<br />
2004 - 2005 572.600 €<br />
Landesverband <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e.V. Modernisierung/Sanierung<br />
Jugendherbergen Dessau und Wittenberg-<br />
Erstausstattung<br />
2006 100.000,00 €<br />
Kinder- u. Jugend- Evang. Tagungs- und Freizeitheim Evang. Tagungs- und Freizeitheim<br />
2004 26.571,88 €<br />
freizeiteinrichtungen Schönburg<br />
Schönburg - Innensanierung<br />
Pfadfinderzentrum Ostharz e.V. Pfadfinderzentrum „Ostharz“ Mägdesprung - 2005 185.000,00 €<br />
Mägdesprung<br />
Umbau und Sanierung<br />
Verein Kinder- und Jugenderholung Kinder- und Jugenderholungszentrum<br />
2006 26.250,00 €<br />
Dübener Heide Friedrichsee e.V. Friedrichsee - Anbau Duschraum<br />
Jugendzentrum St. Georgen Halle Werkstatthof Elben - Ausbau der<br />
2006 11.428,00 €<br />
e.V.<br />
Sanitärräume<br />
KiEZ Güntersberge e.V.<br />
Kinder- und Erholungszentrum<br />
Güntersberge - Schaffung eines<br />
"Schlemmertreffs"<br />
2007 6.640,00 €<br />
Summe LZW 3.438.227,62 €<br />
173<br />
01.07.2008
Bildungsmaßnahmen im Jugendbereich 2005 - 2006 Anlage zu II. A. 3.5 a<br />
Durchgeführte Maßnahmen nach Bereichen 2005<br />
239<br />
104<br />
Träger, die in den Bereichen fördern 2005<br />
keine Förderung<br />
15<br />
21<br />
24<br />
3<br />
6<br />
12<br />
448<br />
174<br />
Durchgeführte Maßnahmen nach Bereichen 2006<br />
238<br />
86<br />
Träger, die in den Bereichen fördern 2006<br />
keine Förderung<br />
16<br />
21<br />
27<br />
3<br />
9<br />
14<br />
468<br />
außerschulische<br />
Kinder- und<br />
Jugendbildung<br />
Grundausbildung<br />
JuLeiCa<br />
Aus- und Fortbildung<br />
außerschulische<br />
Kinder- und<br />
Jugendbildung<br />
Grundausbildung<br />
JuLeiCa<br />
Aus- und Fortbildung
Anlage zu II. A. 3.5 b<br />
Dauer der Maßnahmen<br />
43<br />
143<br />
88<br />
20%<br />
216<br />
41%<br />
60%<br />
2005 2006<br />
Außerschulische Kinder- und Jugendbildung<br />
48%<br />
9<br />
4%<br />
32%<br />
13%<br />
46%<br />
14<br />
36%<br />
144<br />
109<br />
Grundausbildung JuLeiCa<br />
47<br />
87<br />
24<br />
Aus- und Fortbildung<br />
150<br />
23%<br />
28%<br />
63%<br />
eintägig<br />
2- bis 3- tägig<br />
4- und mehrtägig<br />
51%<br />
237<br />
2<br />
2%<br />
5<br />
2%<br />
26%<br />
70%<br />
35%<br />
122<br />
60<br />
83
Anlage zu II. A. 3.5 c<br />
Orte der Maßnahmen<br />
45<br />
4<br />
83<br />
33<br />
12<br />
59<br />
10%<br />
13%<br />
32%<br />
4%<br />
35%<br />
5%<br />
2005 2006<br />
Außerschulische Kinder- und Jugendbildung<br />
77%<br />
64%<br />
60%<br />
344<br />
37<br />
Grundausbildung JuLeiCa<br />
67<br />
Aus- und Fortbildung<br />
144<br />
außerhalb <strong>von</strong> Jubistätten<br />
in anderen Jubistätten<br />
in trägereigenen Jubistätten<br />
79<br />
50<br />
82<br />
8%<br />
24<br />
18%<br />
58%<br />
33%<br />
10%<br />
74%<br />
33<br />
9%<br />
57%<br />
349<br />
28<br />
8<br />
135
Ausgereichte Landes- und EU-Mittel in € für die Jugendarbeit<br />
2005 2006 2007 Veränderung in % 2007 zu 2005<br />
Jugendarbeit/ Landesmittel 2.248.972,35 2.375.565,32 2.647.960,28 17,7<br />
Jugendarbeit/<br />
EU-Mittel<br />
Jugendarbeit/ Landesmittel<br />
für EU-Förderung<br />
3.000.000<br />
2.500.000<br />
2.000.000<br />
1.500.000<br />
1.000.000<br />
500.000<br />
0<br />
708.930,95 761.434,03 880.972,60 24,3<br />
236.799,28 254.642,62 326.322,71 37,8<br />
2005 2006 2007<br />
ANLAGE zu<br />
II.A. 3.5 d<br />
Jugendarbeit/ Landesmittel<br />
Jugendarbeit/<br />
EU-Mittel<br />
Jugendarbeit/ Landesmittel für<br />
EU-Förderung
Datensammlung zu II. A. 8<br />
Hilfen für junge Menschen zur Erziehung außerhalb des Elternhauses nach Art der Hilfe,<br />
Unterbringungsform und Altersgruppen<br />
Alter <strong>von</strong> ... bis unter ... Jahren<br />
Art der Hilfe<br />
Unterbringungsform 2004 2005 2006 2007 *<br />
Insgesamt 5.497 3.773 3.859<br />
da<strong>von</strong> unter 6 507 371 400<br />
6 - 12 1.118 1.066 1.040<br />
12 - 18 2.619 2.119 2.036<br />
18 - 27 1.253 217 383<br />
da<strong>von</strong> Art der Hilfe<br />
- Erziehung in einer Tagesgruppe ges. 807 564 569<br />
dav.<br />
- Unterbringung in einer Pfelgefamilie 59 7 8<br />
- Tagesgruppe 748 557 561<br />
- Vollzeitpflege in einer anderen Familie 1.816 1.285 1.315<br />
dav.<br />
- Unterbringung bei Großeltern/ Verwandten 242 111 105<br />
- Unterbringung in Pflegefamilie 1.574 1.174 1.210<br />
- Heimerziehung; sonstige betreute Wohnform 2.809 1.911 1.960<br />
dav.<br />
- Unterbringung in einem Heim 2.461 1.694 1.750<br />
- Unterbringung in Wohngemeinschaft 297 195 192<br />
- Unterbringung in Wohnung 51 22 18<br />
- Intensive sozialtherapeutische Einzelbetreuung 65 13 15<br />
Quelle: Statistisches Landesamt * Daten für 2007 liegen noch nicht vor<br />
Vorläufige Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> nach Jahren<br />
2004 2005 2006 2007<br />
Vorläufige Schutzmaßnahmen insgesamt 939 934 823 828<br />
Art der Maßnahme<br />
- Inobhutnahme 939 934 823 828<br />
- Herausnahme - - - -<br />
Ausgewählte Anlässe der Maßnahme1)<br />
- Überforderung der Eltern/ eines Elternteils 270 354 251 345<br />
- Schul-/ Ausbildungsprobleme 60 86 65 44<br />
- Vernachlässigung 90 143 142 150<br />
- Delinquenz des Kindes/ Straftat des Jugendlichen 72 59 53 49<br />
- Suchtprobleme 29 32 15 5<br />
- Anzeichen für Kindesmisshandlung und sexuellen Missbrauch 83 77 92 61<br />
- Beziehungsprobleme 330 332 267 236<br />
Ausgewählte Anregende der Hilfe<br />
- Kind/ Jugendlicher selbst 217 243 184 167<br />
- Eltern/ Elternteil 104 120 69 97<br />
- Soziale Dienste/ Jugendamt 226 198 240 256<br />
- Polizei/ Ordnungsbehörde 315 272 237 231<br />
- Lehrer/ Erzieher/ Arzt 28 37 35 44<br />
- Nachbarn/ Verwandte 24 27 35 13<br />
Quelle: Statistisches Landesamt<br />
1
Anlage zu II. B.2.1<br />
Tätige Personen in der Kinder- und Jugendhilfe in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> nach Arbeitsfeldern und<br />
Ausbildungsabschluss am 31.12.2004<br />
Insges<br />
amt<br />
Tagesei<br />
nrichtug<br />
en für<br />
Kinder<br />
Heimer<br />
ziehung<br />
Sonder<br />
pädago<br />
gische<br />
Angebo<br />
te<br />
182<br />
Jugend<br />
sozialar<br />
beit<br />
Jugendarbeit<br />
Beratun<br />
g<br />
Jugend<br />
behörd<br />
en<br />
Geschä<br />
ftsstelle<br />
n freier<br />
Träger/<br />
Arbeits<br />
gemein<br />
schafte<br />
n<br />
Tätige Personen<br />
insgesamt 20086 14630 2276 71 92 1527 177 1120 160 33<br />
Dipl<br />
Sozialpädagogen/<br />
Dipl Sozialarbeiter<br />
(FH) 772 68 198 2 14 127 55 347 24 5<br />
Dipl<br />
Pädagogen/Dipl<br />
Sozialpädagogen/<br />
Erziehungswissen 276 40 107 2 4 63 23 63 12 2<br />
Dipl-<br />
Heilpädagoge/in<br />
(FH oder<br />
vergleichbarer<br />
Abschluss 20 32 14 1 0 4 0 1 0 0<br />
Erzieher/in 1443 12913 1022 26 8 254 23 93 11 6<br />
Heilpädagoge/in<br />
(Fachschule) 132 344 120 2 1 5 1 2 1 0<br />
Kinderpfleger/in 27 23 13 1 0 11 0 0 2 0<br />
Heilerzieher/in,<br />
Heilerziehungspfle<br />
ger/in 48 83 41 2 0 5 0 0 0 0<br />
Familienpfleger/in 9 3 6 0 0 3 0 0 0 0<br />
Familienpfleger/in 9 3 6 0 0 3 0 0 0 0<br />
Assistent/in im<br />
Sozialwesen 14 8 3 0 0 7 0 3 0 1<br />
Soziale<br />
medizinische<br />
und<br />
Helferberufe<br />
Sonstige<br />
soziale/sozialpäda<br />
gogische<br />
25 4 16 4 1 3 0 1 0 0<br />
Kurzausbildung 127 28 33 4 8 64 3 8 6 1<br />
Kinder- und<br />
Jugendlichenpsych<br />
otherapeut/in<br />
Psychologische/r<br />
6 4 4 0 0 0 0 2 0 0<br />
Psychotherapeut/in 14 0 0 0 0 1 13 0 0 0<br />
Psychologe/in mit<br />
Hochschulabschlu<br />
ss<br />
Beschäftigungsund<br />
64 6 34 0 0 4 23 3 0 0<br />
Arbeitstherapeut/in 21 15 17 2 0 1 1 0 0 0<br />
Arzt, Ärztin<br />
(Fach-<br />
)Kinderkrankensch<br />
1 0 1 0 0 0 0 0 0 0<br />
wester, -pfleger,<br />
Krankenschw<br />
Krankengymnast/in<br />
, Masseur/in, med<br />
38 7 13 10 1 5 2 5 1 1<br />
Bademeister 5 12 5 0 0 0 0 0 0 0<br />
Logopäde/in<br />
Sonderschullehrer/<br />
0 13 0 0 0 0 0 0 0 0<br />
in<br />
Fachlehrer/in oder<br />
6 0 5 0 0 0 1 0 0 0<br />
sonstige/r Lehrer/in<br />
Sonstiger<br />
Hochschulabschlu<br />
143 13 39 0 12 63 1 25 2 1<br />
ss 186 15 15 1 0 78 10 62 19 1<br />
Sonstig<br />
e
Insges<br />
amt<br />
Tagesei<br />
nrichtug<br />
en für<br />
Kinder<br />
Heimer<br />
ziehung<br />
Sonder<br />
pädago<br />
gische<br />
Angebo<br />
te<br />
183<br />
Jugend<br />
sozialar<br />
beit<br />
Jugendarbeit<br />
Beratun<br />
g<br />
Jugend<br />
behörd<br />
en<br />
Geschä<br />
ftsstelle<br />
n freier<br />
Träger/<br />
Arbeits<br />
gemein<br />
schafte<br />
n<br />
Abschlussprüfung<br />
für den mittleren<br />
Dienst/ Erste Ange 235 3 1 0 1 5 0 227 1 0<br />
Abschlussprüfung<br />
für den gehobenen<br />
Dienst/Zweite<br />
Ange 97 1 3 0 0 9 0 79 6 0<br />
Abschlussprüfung<br />
für den gehobenen<br />
Dienst/Zweite<br />
Ange 97 1 3 0 0 9 0 79 6 0<br />
Sonstiger<br />
Verwaltungsberuf 219 11 53 0 3 60 9 75 18 1<br />
Hauswirtschaftsleit<br />
er/in,<br />
Wirtschafter/in,<br />
Oekotroph 24 15 18 0 1 2 0 1 2 0<br />
(Fach-<br />
)Hauswirtschafter/i<br />
n 38 19 33 1 1 2 1 0 0 0<br />
Kaufmannsgehilfe/i<br />
n 9 2 2 0 0 6 0 1 0 0<br />
Facharbeiter/in 902 483 254 4 12 479 3 104 43 3<br />
Meister/in<br />
Künstlerischer<br />
Ausbildungsabschl<br />
31 2 4 0 14 11 0 1 1 0<br />
uss<br />
Sonstiger<br />
Ausbildungsabschl<br />
11 7 2 0 0 9 0 0 0 0<br />
uss 245 206 75 2 4 138 5 12 7 2<br />
Praktikant/in im<br />
Anerkennungsjahr 28 28 24 0 1 3 0 0 0 0<br />
Anderweitig noch<br />
in Ausbildung<br />
Ohne<br />
abgeschlossene<br />
67 31 29 0 1 28 1 1 2 5<br />
Ausbildung 173 191 72 7 5 77 2 4 2 4<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe - Einrichtungen und tätige<br />
Personen am 31.12.2002, Wiesbaden 2004; zusammengestellt und Berechnet <strong>von</strong> der Dortmunder Arbeitsstelle<br />
Kinder- und Jugendhilfestatistik<br />
Sonstig<br />
e
Übersicht über die Bildungsgänge der berufsbildenden Schulen ANLAGE ZU III. 1<br />
Abschlüsse Schulformen<br />
Hauptschulabschluss (HSA) Berufsvorbereitungsjahr (BVJ<br />
Realschulabschluss (RSA) Berufsgrundbildungsjahr (BGJ)<br />
Erweiterter Realschulabschluss (ERSA) Berufsschule (BS)<br />
Fachhochschulreife (FHR) Berufsfachschule (BFS)<br />
Abitur Fachoberschule (FOS)<br />
Berufsschulabschluss (BSA) Fachgymnasium (FG)<br />
Berufsabschluss (BRA) Fachschule (FS)<br />
13.Jg.<br />
12. Jg.<br />
11.Jg.<br />
10.Jg.<br />
ggf.<br />
HSA<br />
BVJ BFS BGJ<br />
ohne Haupt-<br />
schulabschluss<br />
HSA<br />
RSA/<br />
ERSA<br />
BFS<br />
Sozial-<br />
pflege<br />
ggf.<br />
RSA/ERSA<br />
BRA<br />
BFS<br />
Hauptschulabschluss<br />
ggf.<br />
RSA/ERSA<br />
/FHR<br />
BRA BS<br />
BFS<br />
z. B. Hw.<br />
und<br />
Fampfl.<br />
Kinder<br />
-pflege<br />
FHR<br />
FOS<br />
1jährig<br />
BSA<br />
Duale<br />
Berufsausbildung<br />
BRA<br />
FS<br />
BRA<br />
BFS<br />
Gym-<br />
nastik<br />
Assis-<br />
tenz-<br />
berufe<br />
ggf.<br />
ERSA<br />
BFS<br />
Sozialpflege<br />
ggf.<br />
ERSA/<br />
BRA<br />
BFS für<br />
nicht<br />
ärztl.<br />
Heil-<br />
berufe<br />
Realschulabschluss<br />
ggf. FHR<br />
FHR<br />
FOS<br />
2jährig<br />
Abitur<br />
FG<br />
Erw. Real-<br />
schulabschluss
Anlagen zu III. 10.2.2 Kriminalitätsentwicklung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Vergleich der Jahre 2004 bis 2007<br />
insgesamt<br />
Anteil<br />
% männlich<br />
185<br />
Anteil<br />
% weiblich<br />
Anteil<br />
%<br />
<strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> 2004 2.522.941 100,0 1.230.521 48,8 1.292.420 51,2<br />
Nichtdeutsche<br />
Bev. 2004 50.509 2,0 30.704 2,5 19.805 1,5<br />
<strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> 2005 2.494.437 100,0 1.216.890 48,8 1.277.547 51,2<br />
Nichtdeutsche<br />
Bev. 2005 47.123 1,9 28.052 1,1 19.071 0,8<br />
<strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> 2006 2.469.716 100,0 1.205.720 48,8 1.263.996 51,2<br />
Nichtdeutsche<br />
Bev. 2006 46.723 1,9 27.445 1,1 19.278 0,8<br />
<strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> 2007 2.441.787 100,0 1.193.473 48,9 1.248.314 51,1<br />
Nichtdeutsche<br />
Bev. 2007 46.386 1,9 27.176 1,1 19.210 0,8<br />
Bevölkerung des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> nach Altersgruppen bis unter 21 Jahre<br />
2004 2005 2006 2007<br />
Bevölkerung 2.522.941 2.494.437 2.469.716 2.441.787<br />
da<strong>von</strong><br />
0 bis unter 14 Jahre 244.730 231.188 228.773 228.269<br />
14 bis unter 18 Jahre 136.847 131.198 114.291 95.790<br />
18 bis unter 21 Jahre 103.670 102.032 101.810 100.549<br />
Bevölkerung des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> nach Altersgruppen und Geschlecht bis<br />
unter 21 Jahre<br />
2004 2005 2006 2007<br />
Bevölkerung 2.522.941 2.494.437 2.469.716 2.441.787<br />
da<strong>von</strong> männl. weiblich männl. weiblich männl. weiblich männl. weiblich<br />
0 bis unter 14<br />
Jahre<br />
126.056 118.674 119.130 112.058 117.718 111.055 117.618 110.651<br />
14 bis unter<br />
70.425 66.422 67.621 63.577 58.963 55.328 49.468 46.322<br />
18 Jahre<br />
18 bis unter<br />
21 Jahre<br />
54.551 49.119 53.637 48.395 53.232 48.578 52.525 48.024
JTV nach Altersgruppe<br />
2004 2005 2006 2007<br />
Altersgruppe Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl<br />
Kinder 4.705 3.700 3.250 3.161<br />
Jugendliche 13.161 11.590 9.972 9.049<br />
Heranwachsende 10.457 10.319 9.519 9.173<br />
JTV 28.323 25.609 22.741 21.383<br />
JTV nach Altersgruppe und Geschlecht<br />
2004 2005 2006 2007<br />
Altersgruppe männl. weibl. männl. weibl. männl. weibl. männl. weibl.<br />
Kinder 3.351 1.354 2.603 1.097 2.294 956 2.318 843<br />
Jugendliche 9.982 3.179 8.831 2.759 7.461 2.511 6.719 2.330<br />
Heranwachsende 8.549 1.908 8.316 2.003 7.613 1.906 7.287 1.886<br />
JTV 21.882 6.441 19.750 5.859 17.368 5.373 16.324 5.059<br />
Entwicklung der TVBZ<br />
2004 2005 2006 2007<br />
Tatverdächtige TVBZ TVBZ TVBZ TVBZ<br />
Kinder 4.121 3.721 3.371 3.298<br />
Jugendliche 9.617 8.834 8.725 9.447<br />
Heranwachsende 10.087 10.113 9.350 9.123<br />
Jungtatverdächtige 8.055 7.773 7.354 7.395<br />
186
Kriminalität mit einem hohen Anteil an JTV im Vergleich der Jahre 2004 bis 2007<br />
Straftaten(-gruppen) 2004 2005 2006 2007<br />
Anzahl % Anzahl % Anzahl % Anzahl %<br />
Diebstahl insgesamt 12.144 39,2 10.290 37,6 9.190 36,4 8.155 34,3<br />
Diebstahl in/aus Warenhäusern 6.344 35,0 5.429 34,3 4.965 34,3 4.160 32,0<br />
Ladendiebstahl 5.949 34,3 5.084 33,6 4.671 33,8 3.837 31,0<br />
Straftaten gegen die sexuelle<br />
Selbstbestimmung<br />
322 22,0 245 18,6 272 21,4 251 20,3<br />
sexueller Missbrauch <strong>von</strong> Kindern 125 33,8 120 24,4 141 28,5 119 25,8<br />
Rohheitsdelikte/Straftaten gegen<br />
die<br />
persönliche Freiheit<br />
Raub, räuberische Erpressung,<br />
Angriffe<br />
auf Kraftfahrer<br />
7.108 32,4 6.644 30,2 6.287 29,4 6.440 28,6<br />
932 51,7 896 51,8 799 50,7 804 52,4<br />
Körperverletzung 5.475 34,7 5.083 32,1 4.932 31,5 5.055 30,9<br />
Gefährliche und schwere<br />
Körperverletzung<br />
2.829 48,1 2.527 44,6 2.608 44,6 2.705 43,9<br />
(vorsätzliche leichte) Körperverletzung 2.943 29,5 2.816 27,6 2.644 26,4 2.787 26,4<br />
Sachbeschädigung 5.951 59,7 5.021 54,1 4.981 54,2 4.654 51,2<br />
Sachbeschädigung an Kfz 1.107 49,9 1.026 48,4 918 45,4 912 42,9<br />
sonstige Sachbeschädigung auf<br />
Straßen,<br />
Wegen oder Plätzen<br />
1.542 79,0 1.456 74,3 1.666 74,7 1.820 75,8<br />
187
TVBZ für ausgewählte Straftaten(-gruppen) im Jahr 2004<br />
2004<br />
erfasste<br />
Fälle<br />
TV<br />
insgesamt<br />
ab 8<br />
Jahren<br />
Kinder ab<br />
8 Jahren<br />
TVBZ<br />
188<br />
Jugendliche<br />
TVBZ<br />
da<strong>von</strong><br />
Heranwachsende<br />
TVBZ<br />
Jungtatverdächtige<br />
insgesamt<br />
Diebstahl insgesamt<br />
in/aus Warenhäusern, Verkaufs-<br />
107.684 30.837 2.369 2.196 6.017 4.397 3.642 3.513 12.028 3.453<br />
räumen, SB-Läden<br />
darunter<br />
23.640 18.064 1.597 1.481 2.997 2.190 1.671 1.612 6.265 1.798<br />
Ladendiebstahl<br />
ST gg. die sex.<br />
20.508 17.271 1.562 1.448 2.817 2.059 1.491 1.438 5.870 1.685<br />
Selbstbestimmung 1.809 1.461 30 28 180 132 112 108 322 92<br />
sex. Missbrauch <strong>von</strong> Kindern<br />
Rohheitsdelikte und ST gg. die<br />
431 370 20 19 75 55 30 29 125 36<br />
persönliche Freiheit<br />
Raub, räuber. Erpressung u.<br />
24.866 21.918 873 809 3.355 2.452 2.867 2.766 7.095 2.037<br />
räuber. Angriff auf Kraftfahrer<br />
Körperverletzung (KV)<br />
2.084 1.800 87 81 444 324 400 386 931 267<br />
insgesamt<br />
darunter<br />
16.421 15.760 712 660 2.620 1.915 2.131 2.056 5.463 1.568<br />
gefährliche und schwere KV<br />
(vorsätzlich leichte) KV<br />
Sachbeschädigung<br />
darunter<br />
TVBZ<br />
4.670 5.878 339 314 1.376 1.006 1.109 1.070 2.824 811<br />
10.904 9.958 380 352 1.413 1.033 1.145 1.104 2.938 843<br />
28.604 9.852 1.157 1.073 3.098 2.264 1.588 1.532 5.843 1.677<br />
Sachbeschädigung an Kfz<br />
Sonstige Sachbeschädigung auf<br />
7.510 2.180 180 167 489 357 400 386 1.069 307<br />
Straßen, Wegen oder Plätzen 4.871 1.943 210 195 901 658 421 406 1.532 440
TVBZ für ausgewählte Straftaten(-gruppen) im Jahr 2005<br />
2005<br />
erfasste<br />
Fälle<br />
TV<br />
insgesamt<br />
ab 8<br />
Jahren<br />
Kinder ab<br />
8 Jahren<br />
TVBZ<br />
189<br />
Jugendliche<br />
TVBZ<br />
da<strong>von</strong><br />
Heranwachsende<br />
TVBZ<br />
Jungtatverdächtige<br />
insgesamt<br />
Diebstahl insgesamt<br />
in/aus Warenhäusern, Verkaufs-<br />
95.560 27.247 1.970 2.113 5.005 3.815 3.226 3.162 10.201 3.125<br />
räumen, SB-Läden<br />
darunter<br />
21.327 15.755 1.410 1.512 2.550 1.944 1.403 1.375 5.363 1.643<br />
Ladendiebstahl<br />
ST gg. die sex.<br />
18.485 15.065 1.381 1.481 2.367 1.804 1.272 1.247 5.020 1.538<br />
Selbstbestimmung 1.598 1.315 21 23 129 98 95 93 245 75<br />
sex. Missbrauch <strong>von</strong> Kindern<br />
Rohheitsdelikte und ST gg. die<br />
421 342 17 18 61 46 25 25 103 32<br />
persönliche Freiheit<br />
Raub, räuber. Erpressung u.<br />
25.355 21.959 699 750 3.118 2.377 2.807 2.751 6.624 2.029<br />
räuber. Angriff auf Kraftfahrer<br />
Körperverletzung (KV)<br />
1.958 1.728 67 72 426 325 400 392 893 274<br />
insgesamt<br />
darunter<br />
16.940 15.809 562 603 2.442 1.861 2.062 2.021 5.066 1.552<br />
gefährliche und schwere KV<br />
(vorsätzlich leichte) KV<br />
Sachbeschädigung<br />
darunter<br />
TVBZ<br />
4.751 5.663 267 286 1.237 943 1.019 999 2.523 773<br />
11.339 10.204 297 318 1.350 1.029 1.160 1.137 2.807 860<br />
27.676 9.184 792 849 2.649 2.019 1.490 1.460 4.931 1.510<br />
Sachbeschädigung an Kfz<br />
Sonstige Sachbeschädigung auf<br />
7.204 2.066 123 132 493 376 354 347 970 297<br />
Straßen, Wegen oder Plätzen 5.114 1.952 170 182 871 664 407 399 1.448 444
TVBZ für ausgewählte Straftaten(-gruppen) im Jahr 2006<br />
2006<br />
erfasste<br />
Fälle<br />
TV<br />
insgesamt<br />
ab 8<br />
Jahren<br />
Kinder ab<br />
8 Jahren<br />
TVBZ<br />
190<br />
Jugendliche<br />
TVBZ<br />
da<strong>von</strong><br />
Heranwachsende<br />
TVBZ<br />
Jungtatverdächtige<br />
insgesamt<br />
Diebstahl insgesamt<br />
in/aus Warenhäusern, Verkaufs-<br />
92.495 25.184 1726 1.910 4.432 3.878 2.936 2.884 9.094 2.967<br />
räumen, SB-Läden<br />
darunter<br />
20.041 14.393 1249 1.382 2.434 2.130 1.205 1.184 4.888 1.595<br />
Ladendiebstahl<br />
ST gg. die sex.<br />
17.346 13.742 1219 1.349 2.296 2.009 1.079 1.060 4.594 1.499<br />
Selbstbestimmung 1.521 1.268 24 27 144 126 103 101 271 88<br />
sex. Missbrauch <strong>von</strong> Kindern<br />
Rohheitsdelikte und ST gg. die<br />
386 321 14 15 76 66 28 28 118 39<br />
persönliche Freiheit<br />
Raub, räuber. Erpressung u.<br />
25.723 21.364 611 676 2.892 2.530 2.761 2.712 6.264 2.044<br />
räuber. Angriff auf Kraftfahrer<br />
Körperverletzung (KV)<br />
2.080 1.576 57 63 377 330 365 359 799 261<br />
insgesamt<br />
darunter<br />
17.161 15.624 500 553 2.278 1.993 2.134 2.096 4.912 1.603<br />
gefährliche und schwere KV<br />
(vorsätzlich leichte) KV<br />
Sachbeschädigung<br />
darunter<br />
TVBZ<br />
4.957 5.834 260 288 1.239 1.084 1.100 1.080 2.599 848<br />
11.433 10.013 264 292 1.216 1.064 1.155 1.134 2.635 860<br />
29.854 9.126 777 860 2.485 2.174 1.647 1.618 4.909 1.602<br />
Sachbeschädigung an Kfz<br />
Sonstige Sachbeschädigung auf<br />
7.176 1.990 116 128 406 355 366 359 888 290<br />
Straßen, Wegen oder Plätzen 6.716 2.214 220 243 910 796 521 512 1.651 539
TVBZ für ausgewählte Straftaten(-gruppen) im Jahr 2007<br />
2007<br />
erfasste<br />
Fälle<br />
TV<br />
insgesamt<br />
ab 8<br />
Jahren<br />
Kinder ab<br />
8 Jahren<br />
TVBZ<br />
191<br />
Jugendliche<br />
TVBZ<br />
da<strong>von</strong><br />
Heranwachsende<br />
TVBZ<br />
Jungtatverdächtige<br />
insgesamt<br />
Diebstahl insgesamt<br />
in/aus Warenhäusern, Verkaufs-<br />
92.333 23.721 1.522 1.684 3.767 3.933 2.788 2.773 8.077 2.817<br />
räumen, SB-Läden<br />
darunter<br />
18.379 12.939 1.058 1.171 1.960 2.046 1.094 1.088 4.112 1.434<br />
Ladendiebstahl<br />
ST gg. die sex.<br />
15.514 112.319 1.032 1.142 1.790 1.869 967 962 3.789 1.321<br />
Selbstbestimmung 1.570 1.235 33 37 111 116 105 104 249 87<br />
sex. Missbrauch <strong>von</strong> Kindern<br />
Rohheitsdelikte und ST gg. die<br />
384 459 21 23 54 56 25 25 100 35<br />
persönliche Freiheit<br />
Raub, räuber. Erpressung u.<br />
27.510 22.526 713 789 2.898 3.025 2.817 2.802 6.428 2.242<br />
räuber. Angriff auf Kraftfahrer<br />
Körperverletzung (KV)<br />
1.832 1.535 54 60 410 428 340 338 804 280<br />
insgesamt<br />
darunter<br />
18.262 16.324 584 646 2.305 2.406 2.157 2.145 5.046 1.760<br />
gefährliche und schwere KV<br />
(vorsätzlich leichte) KV<br />
Sachbeschädigung<br />
darunter<br />
TVBZ<br />
5.337 6.163 255 282 1.301 1.358 1.144 1.138 2.700 942<br />
12.128 10.545 350 387 1.255 1.310 1.179 1.173 2.784 971<br />
30.817 9.016 746 825 2.289 2.390 1.544 1.536 4.579 1.597<br />
Sachbeschädigung an Kfz<br />
Sonstige Sachbeschädigung auf<br />
7.455 2.096 124 137 410 428 349 347 883 308<br />
Straßen, Wegen oder Plätzen 7.296 2.395 259 287 991 1.035 565 562 1.815 633
Ausgewählte Straftaten mit bekannt gewordenen Fällen an Schulen (2004 bis 2007)*<br />
Raub/räuberische<br />
Erpressung<br />
gefährliche/schwere<br />
Körperverletzung<br />
192<br />
(vorsätzliche leichte)<br />
Körperverletzung<br />
Sachbeschädigung<br />
Jahr 04 05 06 07 04 05 06 07 04 05 06 07 04 05 06 07<br />
PD Dessau 4 1 4 2 37 37 47 37 72 100 117 85 158 166 200 154<br />
PD<br />
Halberstadt<br />
2 2 2 3 16 24 16 27 52 44 54 45 85 61 103 96<br />
PD Halle 6 6 4 15 17 15 31 25 52 40 47 62 105 91 147 173<br />
PD<br />
Magdeburg<br />
4 5 1 2 15 14 15 14 44 37 36 49 126 129 130 143<br />
PD<br />
Merseburg<br />
0 1 2 0 24 24 24 21 100 85 72 63 130 95 117 121<br />
PD Stendal 3 5 2 1 22 21 24 18 61 45 48 55 138 110 122 107<br />
<strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong><br />
19 20 15 23 131 135 157 142 381 351 374 359 742 654 819 794<br />
* Aus dem Datenbestand der PKS ist nicht erkennbar, ob sich eine bestimmte Schulart (Grundschule, Real-<br />
schule, Gymnasium etc.) durch Straftatenhäufung hervorhebt.
Mehrfachtäter innerhalb der Jungtatverdächtigen<br />
TV gesamt nach Alter da<strong>von</strong> Mehrfachtäter<br />
2004 2005 2006 2007 2004 2005 2006 2007<br />
Kinder 4.705 3.700 3.250 3.161 873 730 698 720<br />
Jugendliche 13.161 11.590 9.972 9.049 4.087 3.577 3.371 3.128<br />
Heranwachsende 10.457 10.319 9.519 9.173 3.625 3.531 3.346 3.259<br />
JTV insgesamt 28.323 25.609 22.741 21.383 8.585 7.838 7.415 7.107<br />
Fallaufkommen durch Mehrfachtäter unter 21 Jahren<br />
Fälle insgesamt, an denen JTV da<strong>von</strong> Fälle mit Beteiligung <strong>von</strong><br />
beteiligt waren<br />
Mehrfachtätern<br />
2004 2005 2006 2007 2004 2005 2006 2007<br />
Kinder 4.625 4.055 3.788 3.429 2.103 2.057 2.037 1.799<br />
Jugendliche 19.576 17.144 16.155 15.181 13.591 11.797 11.705 11.139<br />
Heranwachsende 21.266 20.569 20.219 18.674 15.615 14.905 15.089 13.839<br />
JTV insgesamt * 41.157 37.950 36.396 33.674 28.421 26.093 26.064 24.102<br />
* Sind an einem Fall Personen aus verschiedenen Altersstufen beteiligt, wird dieser Fall in der jeweiligen Altersstufe einzeln<br />
ausgewiesen. In der Spalte JTV insgesamt wird trotz Beteiligung verschiedener Altersstufen jeder Fall nur einmal gezählt,<br />
deshalb ist eine Summierung nicht aussagekräftig.<br />
Intensivtäter, Anteil an JTV insgesamt und ihr Fallaufkommen<br />
Jahr<br />
Intensivtäter Anteil der<br />
Intensivtäter in %<br />
193<br />
Fälle, an denen<br />
Intensivtäter beteiligt<br />
waren<br />
04 05 06 07 04 05 06 07 04 05 06 07<br />
Kinder 27 40 27 20 0,6 1,1 0,8 0,6 318 575 524 263<br />
Jugendliche 394 315 343 332 3,0 2,7 3,4 3,7 5.606 4.426 4.981 4.785<br />
Heranwachsende 444 368 371 329 4,2 3,6 3,9 3,6 6.947 6.215 6.895 5.752<br />
JTV insgesamt * 865 723 741 681 3,1 2,8 3,3 3,2 11.774 9.998<br />
9.578<br />
11.217<br />
* Sind an einem Fall Personen aus verschiedenen Altersstufen beteiligt, wird dieser Fall in der jeweiligen Altersstufe einzeln<br />
ausgewiesen. In der Spalte JTV insgesamt wird trotz Beteiligung verschiedener Altersstufen jeder Fall nur einmal gezählt,<br />
deshalb ist eine Summierung nicht aussagekräftig
Gemeinsam begangene Straftaten nach Altersgruppen und Gruppenstärke 2004/05<br />
Land <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong><br />
2004 2005<br />
Altersgruppen da<strong>von</strong> in einer Gruppe <strong>von</strong> da<strong>von</strong> in einer Gruppe <strong>von</strong><br />
2 TV 4 TV<br />
6 -10<br />
TV<br />
2 TV 4 TV<br />
6 -<br />
10TV<br />
Anzahl 2.500 1.139 327 193 2.169 1.000 330 127<br />
% 48,3 45,6 13,1 7,7 48,9 46,1 15,2 5,9<br />
Anzahl 9.048 4.690 1.097 566 7.679 3.798 969 400<br />
% 42,6 51,8 12,1 6,3 41,3 49,5 12,6 5,2<br />
Anzahl 7.930 4.001 829 366 6.562 3.593 696 264<br />
% 34,5 50,5 10,5 4,6 30,1 54,8 10,6 4,0<br />
Anzahl 14.875 8.237 1.513 622 12.278 6.925 1.296 465<br />
% 33,2 55,4 10,2 4,2 30,2 56,4 10,6 3,8<br />
Gemeinsam begangene Straftaten nach Altersgruppen und Gruppenstärke 2006/07<br />
Land <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong><br />
2006 2007<br />
Altersgruppen da<strong>von</strong> in einer Gruppe <strong>von</strong> da<strong>von</strong> in einer Gruppe <strong>von</strong><br />
2 TV 4 TV<br />
6 -10<br />
TV<br />
2 TV 4 TV<br />
6 -<br />
10TV<br />
Anzahl 2.059 1.073 214 144 1.851 863 262 130<br />
% 49,2 52,1 10,4 7,0 49,6 46,6 14,2 7,0<br />
Anzahl 7.369 3.679 928 449 7.271 3.702 828 383<br />
% 41,6 49,9 12,6 6,1 43,5 50,9 11,4 5,3<br />
Anzahl 7.594 4.031 1.044 469 6.880 3.587 785 342<br />
% 3,5 53,1 13,7 6,2 35,0 52,1 11,4 5,0<br />
Anzahl 12.976 7.305 1.543 672 11.999 6.776 1.254 497<br />
% 33,0 56,3 11,8 5,2 33,2 56,5 10,5 4,1<br />
Minderjährige als Opfer bei ausgewählten Straftatbeständen im Vergleich der Jahre 2004 bis<br />
2007<br />
Anteil minderjähriger Opfer<br />
2004 2005 2006 2007<br />
Anzahl % Anzahl % Anzahl % Anzahl %<br />
insgesamt 28.508 100,0 28.868 100,0 29.417 100,0 31.283 100,0<br />
Minderjährige 6.790 23,8 6.424 22,3 6.061 20,6 6.242 20,0<br />
männlich 4.091 14,3 3.878 13,5 3.665 12,5 3.732 11,9<br />
weiblich 2.699 9,5 2.546 8,8 2.396 8,1 2.510 8,1<br />
194
Minderjährige Opfer nach Alter und Geschlecht<br />
insgesamt männlich weiblich<br />
2004 2005 2006 2007 2004 2005 2006 2007 2004 2005 2006 2007<br />
bis unter 6<br />
Jahre<br />
336 324 317 331 173 162 123 185 163 162 154 146<br />
6 bis unter 14<br />
2.286 2.002 1.906 1.951 1.267 1.081 1.042 1.048 1.019<br />
Jahre<br />
921 864 903<br />
14 bis unter 18<br />
4.168 4.098 3.838 3.960 2.651 2.635 2.460 2.499 1.517 1.463 1378 1.461<br />
Jahre<br />
Minderjährige<br />
6.790 6.424 6.061 6.242 4.091 3.878 3.665 3.732 2.699 2.546 2.396 2.510<br />
insgesamt<br />
Altersstruktur der minderjährigen Opfer <strong>von</strong> Gewaltdelikten 2004/05<br />
Gewaltkriminalität Gefährliche und<br />
schwere<br />
Körperverletzung<br />
195<br />
Straftaten(-gruppen)<br />
Raub, räuberischer<br />
Angriff auf<br />
Kraftfahrer<br />
Vergewaltigung/<br />
sexuelle<br />
Nötigung<br />
2004 2005 2004 2005 2004 2005 2004 2005<br />
Opfer insgesamt 7.780 7.754 5.107 5.251 2.301 2.197 255 205<br />
männlich 5.662 5.625 4.052 4.081 1.507 1.473 21 6<br />
weiblich 2.118 2.129 1.055 1.170 794 724 234 199<br />
Kinder 521 411 329 293 166 103 15 7<br />
männlich 379 284 239 195 132 85 3 1<br />
weiblich 142 127 90 98 34 18 12 6<br />
Jugendliche 1.349 1.363 880 872 389 414 75 67<br />
männlich 1.046 1.024 689 653 347 368 7 1<br />
weiblich 303 339 191 219 42 46 68 66<br />
Minderjährige<br />
gesamt<br />
1.870 1.774 1.209 1.165 555 517 90 74<br />
Anteil in % 24,0 22,9 23,7 22,2 24,1 23,5 35,3 36,1<br />
männlich 1.425 1.308 928 848 479 453 10 2<br />
weiblich 445 466 281 317 76 64 80 72
Altersstruktur der minderjährigen Opfer bei weiteren Gewaltdelikten mit<br />
überdurchschnittlicher Belastung 2004/05<br />
Straßenkriminalität 1<br />
196<br />
Straftaten(-gruppen)<br />
Exhibitionistische<br />
Handlungen und<br />
Erregung<br />
öffentlichen<br />
Ärgernisses<br />
sonstige<br />
Raubüberfälle<br />
auf<br />
Straßen, Wegen<br />
oder Plätzen 2<br />
gefährliche und<br />
schwere<br />
Körperverletzung<br />
auf Straßen, Wegen<br />
oder Plätzen<br />
2005 2004 2005 2004 2005 2004 2005 2004<br />
Opfer insgesamt 3.750 3.754 184 277 857 806 2.309 2.174<br />
männlich 2.725 2.614 22 36 733 681 1.947 1.870<br />
weiblich 1.025 1.140 162 241 124 125 362 304<br />
Kinder 215 304 8 22 70 100 133 166<br />
männlich 150 221 2 4 60 85 88 128<br />
weiblich 65 83 6 18 10 15 45 38<br />
Jugendliche 892 823 43 50 301 240 494 485<br />
männlich 675 621 5 4 277 218 393 396<br />
weiblich 217 202 38 46 24 22 101 89<br />
Minderjährige<br />
gesamt<br />
1.107 1.127 51 72 371 340 627 651<br />
Anteil in % 29,5 30,0 27,7 26,0 43,3 42,2 27,2 29,9<br />
männlich 825 842 7 8 337 303 481 524<br />
weiblich 282 285 44 64 34 37 146 127<br />
Gefährliche und schwere Körperverletzung, Raub, räub. Angriff auf Kraftfahrer, Vergewaltigung sowie sexuelle<br />
Nötigung sind Bestandteil der Gewaltkriminalität (Aufzählung ist nicht abschließend).<br />
2 Die Kinder wurden Opfer beim Raub.
Altersstruktur der minderjährigen Opfer <strong>von</strong> Gewaltdelikten 2006/2007<br />
Gewaltkriminalität Gefährliche und<br />
schwere<br />
Körperverletzung<br />
197<br />
Straftaten(-gruppen)<br />
Raub, räuberischer<br />
Angriff auf<br />
Kraftfahrer *<br />
Vergewaltigung/<br />
sexuelle Nötigung<br />
2006 2007 2006 2007 2006 2007 2006 2007<br />
Opfer insgesamt 8.238 8.332 5.586 5.997 2.334 2.024 217 210<br />
männlich 6.087 6.159 4.389 4.724 1.616 1.364 9 4<br />
weiblich 2.151 2.173 1.197 1.273 718 660 208 206<br />
Kinder 379 413 282 306 81 88 7 11<br />
männlich 269 274 188 203 72 65 1 1<br />
weiblich 110 139 94 103 9 23 6 10<br />
Jugendliche 1.336 1.356 836 956 436 343 62 52<br />
männlich 1.045 1.036 642 731 398 303 4 0<br />
weiblich 291 320 194 225 38 40 58 52<br />
Minderjährige<br />
ges.<br />
1.715 1.769 1.118 1.262 517 431 69 63<br />
Anteil in % 20,8 21,2 20,0 21,0 22,2 21,3 31,8 30,0<br />
männlich 1.314 1.310 830 934 470 368 5 1<br />
weiblich 401 459 288 328 47 63 64 62<br />
* Die Kinder wurden Opfer beim Raub.<br />
Anzahl und Geschlecht minderjähriger Opfer bei der Misshandlung <strong>von</strong> Schutzbefohlenen<br />
Misshandlung <strong>von</strong> Schutzbefohlenen<br />
da<strong>von</strong> da<strong>von</strong> da<strong>von</strong><br />
unter 6 Jahren 6 bis 14 Jahre 14 bis 18 Jahre<br />
Jahr 04 05 06 07 04 05 06 07 04 05 06 07 04 05 06 07<br />
insgesamt 181 178 191 141 65 67 59 52 55 70 82 53 44 26 40 29<br />
männlich 90 93 107 71 36 39 35 31 28 34 48 26 18 11 20 13<br />
weiblich 91 85 84 70 29 28 24 21 27 36 34 27 26 15 20 16
Opfer ausgesuchter Sexualstraftaten 2004/05<br />
da<strong>von</strong> da<strong>von</strong> da<strong>von</strong><br />
Opfer insgesamt unter 6 Jahren 6 bis 14 Jahre 14 bis 18 Jahre<br />
Jahr 2005 2004 2005 2004 2005 2004 2005 2004<br />
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung<br />
insgesamt 1.440 1.624 75 93 532 593 331 358<br />
männlich 228 283 19 38 115 123 45 54<br />
weiblich 1.212 1.341 56 55 417 470 286 304<br />
sonstige sexuelle Nötigung<br />
insgesamt 279 300 0 0 10 26 92 112<br />
männlich 36 48 0 0 1 3 10 19<br />
weiblich 243 252 0 0 9 23 82 93<br />
sexueller Missbrauch Minderjähriger<br />
insgesamt 759 851 50 65 447 458 113 111<br />
männlich 143 183 9 28 101 106 17 20<br />
weiblich 616 668 41 37 346 352 96 91<br />
Opfer ausgesuchter Sexualstraftaten 2006/07<br />
da<strong>von</strong> da<strong>von</strong> da<strong>von</strong><br />
Opfer insgesamt unter 6 Jahren 6 bis 14 Jahre 14 bis 18 Jahre<br />
Jahr 2007 2006 2007 2006 2007 2006 2007 2006<br />
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung<br />
insgesamt 1.370 1.409 75 56 483 541 291 317<br />
männlich 225 264 22 21 122 138 33 57<br />
weiblich 1.145 1.145 53 35 361 403 258 260<br />
sonstige sexuelle Nötigung<br />
insgesamt 233 238 0 2 8 17 83 74<br />
männlich 28 38 0 2 4 5 9 11<br />
weiblich 205 200 0 0 4 12 74 63<br />
sexueller Missbrauch Minderjähriger<br />
Minderjährige 786 770 52 32 417 443 103 120<br />
männlich 165 173 16 9 108 119 13 22<br />
weiblich 621 597 36 23 309 324 90 98<br />
198