Heft 12 2012 - beim LCH
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BILDUNG SCHWEIZ <strong>12</strong> I 20<strong>12</strong> ............................................................<br />
Lehrerpatenschaften statt Kinderpatenschaften<br />
Schweizer Lehrerinnen und Lehrer können Kolleginnen und Kollegen in Indien mit einer Patenschaft<br />
unterstützen. Sie sorgen damit dafür, dass Kinder auch in ländlichen, unterprivilegierten Familien im<br />
Norden Indiens Bildungs- und damit Entwicklungschancen erhalten.<br />
«Ich weiss, dass Patenschaften für unsere<br />
Kinder in ihrer Wirkung fragwürdig<br />
sind», stellt der im Norden tätige Pädagoge,<br />
Jesuit Peter Pappu, fest. «Einzelne<br />
werden aus den sozialen Gruppen von<br />
Familie, Klasse und Dorf ausgewählt<br />
nach Kriterien, die den anderen unverständlich<br />
sind. Das kann Missgunst, ja<br />
gar gesellschaftlichen Ausschluss bewirken.»<br />
Auch für das ausgewählte Kind sei<br />
eine solche Praxis nicht verständlich.<br />
Hilfe für die ganze Gruppe<br />
«Die Psychologie Indiens ist eine Gruppenpsychologie»,<br />
erklärt Peter Pappu<br />
weiter. «Innerhalb einer Gruppe möchten<br />
alle gleich behandelt werden. Das ist<br />
im Westen oft schwer verständlich, weil<br />
die individuelle Förderung und der<br />
Wettbewerb im Vordergrund stehen.<br />
Eine Patenschaft für Lehrerinnen und<br />
Lehrer hingegen trägt beiden Kulturen<br />
Rechnung, indem man eine Person zugunsten<br />
einer Gruppe unterstützt.»<br />
Als Gründer und ehemaliger Leiter der<br />
Jesuitenschule in Kalabari (Distrikt Darjeeling)<br />
kennt Peter Pappu die Situation<br />
genau. Die Lehrer müssen gegen – selbst<br />
für indische Verhältnisse – schlechte<br />
Bezahlung in entlegenen Orten arbeiten.<br />
Jene, die bleiben, hält ein hoher<br />
Idealismus. Diese Menschen möchte er<br />
ermutigen. Denn: «Wer einem Lehrer<br />
hilft, hilft einer ganzen Schulklasse. Die<br />
Unterstützung wird gerecht verteilt, die<br />
Gruppe bleibt intakt.»<br />
Kalabari ist, wie hunderte andere Gründungen<br />
der indischen Jesuiten auch,<br />
eine Pionierschule auf Primary- und<br />
High School-Stufe. Sie ist offen für Knaben<br />
und Mädchen aus armen Familien,<br />
aus allen Ethnien und allen Religionen.<br />
Und offen ist dieser Bildungsweg auch<br />
nach oben. Wer es schafft, kann ihn<br />
fortsetzen an einer der von Jesuiten<br />
geführten Universitäten auf dem Subkontinent,<br />
allesamt seit Gründung zu<br />
den besten im Lande zählend. Das<br />
drückt sich sogar in Annoncen heiratswilliger<br />
Frauen in Städten aus, die unter<br />
den Anforderungen an ihren Zukünftigen<br />
gerne das «convent educated» aufführen.<br />
Foto: zVg.<br />
Mit einer Patenschaft für Lehrpersonen und Schulen in Indien erhalten Kinder Bildung und<br />
damit eine Zukunftschance.<br />
Ein Pilotprojekt 2011 umfasste 25 Lehrerpatenschaften<br />
an der Schule von Kalabari,<br />
die von der Schweizer Jesuitenmission<br />
finanziert wurden. Nicht selten<br />
sind solche Lehrpersonen Ehemalige<br />
einer Pionierschule. Sie haben die<br />
Chance der Schulbildung bekommen.<br />
Nun wollen sie sich dafür einsetzen,<br />
dass andere die gleiche Chance erhalten.<br />
Die Lehrerschaft einer Reihe von weiteren<br />
Schulen hofft, dass diese Idee in der<br />
Schweiz und speziell bei Schweizer Lehrerinnen<br />
und Lehrern Anklang findet.<br />
Die Finanzierung<br />
Eine Patenschaft für eine Lehrerin oder<br />
einen Lehrer beläuft sich auf <strong>12</strong>50 Franken<br />
pro Jahr, die man sowohl als Einzelperson<br />
als auch zu zweit oder als Gruppe<br />
übernehmen kann. Es besteht aber auch<br />
die Möglichkeit, dass ein Lehrkörper einer<br />
Schweizer Schule die Patenschaften<br />
für eine ganze Schule übernimmt. Die<br />
entstehenden Kontakte ermöglichen<br />
Austausch, Besuche oder Gelegenheit<br />
für eine Weiterbildung, vielleicht gar für<br />
ein Sabbatical. Die Verständigungssprache<br />
ist Englisch.<br />
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Finanzielle oder allenfalls auch persönliche<br />
Einsätze werden von der Jesuitenmission<br />
in Zürich abgewickelt. Wer<br />
gleich eine Patenschaft übernehmen<br />
möchte, kann den Betrag online per<br />
Postcheck auf das Konto 80-22076-4 einzahlen<br />
oder unter der Telefonnummer<br />
044 266 21 30 (Jesuitenmission, Hirschengraben<br />
74, 8001 Zürich) einen Einzahlungsschein<br />
anfordern. Man kann aber<br />
auch einfach Informationen über die<br />
Entwicklung dieser Idee einholen und<br />
später einsteigen.<br />
Hanspeter Reichmuth<br />
Der Autor<br />
Hanspeter Reichmuth war von 1976 bis<br />
1985 in der Entwicklungszusammenarbeit<br />
in Westafrika tätig und ist seit 1987<br />
Teehändler. Er gründete 1994 eine Stiftung<br />
zugunsten von Frauen und Töchtern<br />
von Teearbeitern im Distrikt Darjeeling.<br />
Im Rahmen seiner Besuche brachte er<br />
das Anliegen «Lehrerpatenschaften statt<br />
Kinderpatenschaften» in die Schweiz.<br />
Weiter im Netz<br />
www.rvrtee.ch (Stiftung Gayaganga/Lehrerpatenschaften),<br />
www.jesuitenmission.ch