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Lehren und Lernen im Zeitalter des Internet

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auszuarbeiten <strong>und</strong> auf produktive Weise so miteinander in Beziehung zu bringen, daß<br />

sich auf dieser Basis die philosophischen Gr<strong>und</strong>lagen für eine internetorientierte Lehr-<br />

<strong>und</strong> Lernkultur entwerfen lassen.<br />

Zu diesem Zweck werde ich auf zwei auf den ersten Blick als heterogen <strong>und</strong> inkompatibel<br />

erscheinende Konzeptionen von Medienphilosophie zurückgreifen: die theoretizistische<br />

<strong>und</strong> die pragmatische. Beide Konzeptionen stammen aus philosophischen Lagern, die<br />

das Denken der Gegenwart auf entscheidende Weise best<strong>im</strong>men. Die Gr<strong>und</strong>gedanken<br />

sowohl der theoretizistischen als auch der pragmatischen Medienphilosophie lassen sich<br />

durch ihr Verhältnis zum sogenannten „linguistic turn“ 5 rekonstruieren. Dabei handelt es<br />

sich um den Übergang, den die moderne Philosophie <strong>im</strong> zwanzigsten Jahrh<strong>und</strong>ert von der<br />

Bewußtseinsphilosophie zur Sprachphilosophie vollzogen hat. 6<br />

Die theoretizistische <strong>und</strong> die pragmatische Konzeption von<br />

Medienphilosophie<br />

Ich beginne mit der theoretizistischen Konzeption von Medienphilosophie. Ihr zentraler<br />

Anspruch besteht darin, den linguistic turn medientheoretisch zu unterlaufen <strong>und</strong> ihn auf<br />

tieferliegende F<strong>und</strong>amente zu stellen. Wie das aussieht, läßt sich paradigmatisch am<br />

Beispiel von Jacques Derridas De la grammatologie (1967) vor Augen führen. Die<br />

kritische Gr<strong>und</strong>these dieses Buchs bezieht sich auf die Auszeichnung, welche die<br />

gesprochene Sprache <strong>im</strong> Denken <strong>des</strong> Abendlan<strong>des</strong> seit jeher <strong>im</strong>plizit <strong>und</strong> <strong>im</strong> Vollzug <strong>des</strong><br />

linguistic turn schließlich explizit erfahren hat. Derridas Ansicht zufolge ergibt sich die<br />

medientheoretisch zu problematisierende These vom Vorrang der gesprochenen Sprache<br />

durch die spezifische Materialität oder besser: vermeintliche Immaterialität <strong>des</strong>jenigen<br />

Mediums, in dem sich Sprechen vollzieht. Um die spezifische Eigenart <strong>des</strong> Lautcharakters<br />

gesprochener Sprache in den Blick zu bringen, legt Derrida einen besonderen Akzent auf<br />

den Sachverhalt, daß wir, wenn wir einen Satz artikulieren, das Gesagte nicht nur als<br />

5 Gustav Bergmann, Two Types of Linguistic Philosophy, in: ders., The Metaphysics of Logical Positivism,<br />

New York <strong>und</strong> London, Longmans & Green, 1954, S. 106-131, hier: S. 106 u.ö. (zuerst in: The Review of<br />

Metaphysics, Bd. 5, März 1952, S. 417-438, hier: S. 417 u.ö.). Siehe auch The Linguistic Turn. Essays in<br />

Philosophical Method, hrsg. von Richard Rorty, Chicago, The University of Chicago Press, 1967.<br />

6 Eine aktuelle Rekonstruktion dieses Übergangs, die auch die kontinentale Philosophie miteinbezieht,<br />

findet sich in Jürgen Habermas, Hermeneutische <strong>und</strong> analytische Philosophie. Zwei komplementäre<br />

Spielarten der linguistischen Wende, in: ders., Wahrheit <strong>und</strong> Rechtfertigung. Philosophische Aufsätze,<br />

Frankfurt a.M., Suhrkamp, 1999, S. 65-101.<br />

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