Festschrift 2006 als Download - gdp-hameln.de
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Hagen Wolff<br />
Weitere<br />
Legen<strong>de</strong>n um<br />
HAMELN<br />
Hameln ist ja vor allem durch die Rattenfängersage weltweit bekannt gewor<strong>de</strong>n.<br />
Doch gibt es neben <strong>de</strong>r Rattenfängersage noch an<strong>de</strong>re kleinere Legen<strong>de</strong>n und<br />
Geschichten, die sich um Hameln ranken. Einige davon sollen hier beschrieben<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Der Bau eines kleinen Kirchleins im 8.<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rt ist <strong>de</strong>r erste Hinweis in <strong>de</strong>n<br />
Geschichtsbüchern auf die spätere Rattenfängerstadt.<br />
Diese Gründung <strong>de</strong>s ersten<br />
Kirchleins in Hameln durch Fuldaer Mönche<br />
ist von Legen<strong>de</strong>n umrankt. So geht die<br />
Sage, <strong>de</strong>r heilige Bonifatius habe um 712<br />
auf seiner Reise von Merseburg kommend,<br />
hier an <strong>de</strong>r Weser ein heidnisches Heiligtum<br />
vorgefun<strong>de</strong>n. Bonifatius soll dann<br />
dieses heidnische Werk zerstört haben und<br />
<strong>de</strong>n hier ansässigen Grafen Bernhard<br />
getauft und um die Erlaubnis gebeten<br />
haben, hier eine Kirche zu errichten. Das<br />
gräfliche Ehepaar stimmte zu und um nun<br />
<strong>de</strong>n besten Platz für das Gotteshaus zu fin<strong>de</strong>n,<br />
habe das Ehepaar dann auf einer<br />
schon existieren<strong>de</strong>n Burg auf <strong>de</strong>m Klüt<br />
einen Esel mit Gold bela<strong>de</strong>n und diesen<br />
dann <strong>de</strong>n Berg heruntergeschickt. In einer<br />
sumpfigen Gegend, am Fuße <strong>de</strong>s Berges,<br />
sei <strong>de</strong>r Esel dann stehen geblieben und an<br />
dieser Stelle habe man dann die Kirche<br />
und später das Münster gebaut. Eine<br />
etwas bösere Version <strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong> berichtet,<br />
dass da, wo <strong>de</strong>r Esel seinen ersten Haufen<br />
gemacht habe, dass da an dieser Stelle<br />
<strong>de</strong>r Ursprung Hamelns zu fin<strong>de</strong>n sei.<br />
Doch bei<strong>de</strong> Legen<strong>de</strong>n haben mit <strong>de</strong>r Wirklichkeit<br />
nichts zu tun.<br />
Zwar kann man durch Urkun<strong>de</strong>n nachweisen,<br />
dass <strong>de</strong>r Graf Bernhard wirklich<br />
gelebt hat, jedoch hat Bonifatius, <strong>de</strong>r Apostel<br />
<strong>de</strong>r Deutschen, die Hei<strong>de</strong>n in Hessen,<br />
in Thüringen und in Friesland bekehrt,<br />
sein Aufenthalt in Hameln ist allerdings<br />
nirgends bezeugt. Die Gründung Hamelns<br />
erfolgte wahrscheinlich <strong>als</strong> fränkische<br />
Siedlung im Jahre 778 und erst 817 wur<strong>de</strong><br />
die Kirche erbaut. Die schöne Geschichte<br />
mit <strong>de</strong>m Esel ist eine so genannte Wan<strong>de</strong>rsage,<br />
die in vielen Gemein<strong>de</strong>n erzählt<br />
wird und die das be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Ereignis von<br />
Kirchengründungen nachträglich ausschmücken<br />
soll.<br />
Zu <strong>de</strong>n Hamelner Sagen rund um das<br />
Münster gehört auch die Erscheinung <strong>de</strong>r<br />
weißen Jungfrau am Riepen. Man will sie<br />
gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 18. Jahrhun<strong>de</strong>rts gesehen<br />
haben, wie sie mit einem Bund Schlüssel<br />
in <strong>de</strong>r Hand traurig durch <strong>de</strong>n Wald wan<strong>de</strong>rte<br />
und bei Mondschein sehnsüchtig die<br />
Arme nach <strong>de</strong>m zu dieser Zeit verfallenen<br />
Münster ausstreckte. Auch sei ihr Geist<br />
ruhelos gewesen, weil ihre Gruft im Münster<br />
zerstört wor<strong>de</strong>n war. Außer<strong>de</strong>m<br />
bewache die weiße Jungfrau einen großen<br />
Schatz im Wald. Und erst wenn das Münster<br />
wie<strong>de</strong>r hergestellt sei und die Glocken<br />
vom Kirchturm das Osterfest verkün<strong>de</strong>n,<br />
erst dann könne die weiße Jungfrau wie<strong>de</strong>r<br />
ruhig schlafen. Und <strong>de</strong>r Schatz, tief<br />
versteckt im Wald, solle dann <strong>de</strong>mjenigen<br />
gehören, <strong>de</strong>r dies alle bewirkt habe.<br />
So weit die Sage um die weiße Jungfrau<br />
am Riepen. Da hier in dieser Sage von<br />
einem verfallenen Münster berichtet wird<br />
lasst sich <strong>de</strong>r Ursprung <strong>de</strong>r Sage zeitlich<br />
genauer bestimmen. Zuletzt war das Münster<br />
nach <strong>de</strong>m siebenjährigen Krieg 1763<br />
verfallen. Außer<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong> es während<br />
<strong>de</strong>r französischen Besatzungszeit <strong>als</strong> Reithalle<br />
missbraucht. Im Jahre 1870 wur<strong>de</strong><br />
das Münster dann durch <strong>de</strong>n Baumeister<br />
Wilhelm Hase in seiner heutigen Gestalt<br />
wie<strong>de</strong>r aufgebaut. Das lässt einen<br />
Ursprung <strong>de</strong>r Sage im späten achtzehnten<br />
o<strong>de</strong>r frühen neunzehnten Jahrhun<strong>de</strong>rt vermuten.<br />
Weiße Jungfrauen hingegen, die ruhelos<br />
durch die Gegend wan<strong>de</strong>rn, sind oft in<br />
<strong>de</strong>utschen Sagen und Legen<strong>de</strong>n <strong>als</strong><br />
Schlossgespenster verbreitet. Wahrscheinlich<br />
greift man hier auf die weiße Frau<br />
<strong>de</strong>s Berliner Stadtschlosses zurück, die<br />
ebenfalls unruhig <strong>als</strong> Geist umher wan<strong>de</strong>lte<br />
und mehrm<strong>als</strong> <strong>de</strong>n Tod preußischer<br />
Könige angekündigt haben soll.<br />
Im Wald oberhalb <strong>de</strong>s Schöt bei Hameln<br />
stehen zwei auffällige Steine, die auch die<br />
„Brü<strong>de</strong>rsteine am Schöt“ genannt wer<strong>de</strong>n.<br />
Der Sage nach waren zwei Brü<strong>de</strong>r in das<br />
gleiche Mädchen verliebt und keiner <strong>de</strong>r<br />
bei<strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>r konnte von <strong>de</strong>m Mädchen<br />
lassen. Eines Tages trafen die Brü<strong>de</strong>r bei<br />
Erntearbeiten zusammen, es kam zu<br />
Geschichte<br />
einem Streit um das Mädchen und mit<br />
ihren Sensen brachten sich die Brü<strong>de</strong>r<br />
gegenseitig um. Das Mädchen aber<br />
bewahrte die Liebe <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>r in<br />
ihren Gedanken. An <strong>de</strong>r Stelle wo die Brü<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>n Tod fan<strong>de</strong>n ließ sie zwei Steine<br />
aufstellen und schmückte diese je<strong>de</strong>s Jahr<br />
mit Kränzen aus Waldblumen.<br />
Der Ursprung dieser Sage um die Brü<strong>de</strong>rsteine<br />
am Schöt liegt im Dunkeln.<br />
Warum die Steine errichtet wur<strong>de</strong>n weiß<br />
niemand mehr. Es ist nicht einmal sicher,<br />
dass die Steine hier zusammen stan<strong>de</strong>n.<br />
Wahrscheinlich sind sie bei <strong>de</strong>r Verkopplung<br />
aus <strong>de</strong>r Feldflur in <strong>de</strong>n Wald versetzt<br />
wor<strong>de</strong>n, wo sie nun nieman<strong>de</strong>m mehr im<br />
Wege stehen.<br />
Eine an<strong>de</strong>re Hamelner Sage ist die Basilisken<br />
Sage. Drei Menschen kamen in einem<br />
Brunnen am Himmelreich in <strong>de</strong>r Fischpfortenstrasse<br />
ums Leben, <strong>als</strong> sie <strong>de</strong>n<br />
Brunnen von Dreck und Unrat säuberten.<br />
Im Mittelalter wusste niemand <strong>de</strong>n Grund<br />
für <strong>de</strong>n plötzlichen Tod <strong>de</strong>r drei Arbeiter,<br />
<strong>als</strong>o erklärte man das Unverständliche<br />
dadurch, dass man annahm eine große<br />
Echse, ein Basilisk, habe am Grund <strong>de</strong>s<br />
Brunnens gesessen und die drei durch seinen<br />
giftigen Atem getötet.<br />
Die heutige Erklärung ist jedoch einleuchten<strong>de</strong>r.<br />
Die Arbeiter starben durch Faulgase,<br />
die sich auf Grund <strong>de</strong>s Mulls im<br />
Brunnen bil<strong>de</strong>ten.<br />
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