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Zeitschrift - Kommunalverlag

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Im Doppel: Die Kombination von zwei Eisspeicher-Tanks verspricht<br />

eine höhere Energieausbeute. Foto: Isocal<br />

Doch auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten konnte<br />

die Eisspeicher-Variante punkten: „Unter den drei Aspekten<br />

Energiekosten, Investitionskosten und Wartungskosten bietet<br />

das Eisspeichersystem die günstigste Lösung,“ so Bertram.<br />

Bei den reinen Verbrauchskosten liegt der Eisspeicher danach<br />

mit 55.000 Euro jährlich rund 30 Prozent unter den Verbrauchskosten<br />

einer konventionellen Lösung, die etwa 78.000<br />

Euro pro Jahr betragen hätten. „Zwar liegen die Mehrkosten<br />

bei der Planung und beim Bau unserer Eisspeicherlösung bei<br />

rund 400.000 Euro – aber auf 20 Jahre gerechnet, lassen sich<br />

beim Verbrauch mit Hilfe des Eisspeichers locker weit mehr<br />

als diese 400.000 Euro einsparen,“ ist Matthias Bertram überzeugt.<br />

Das gelte besonders dann, wenn die Preise für Gas<br />

und Öl noch mehr in die Höhe klettern.<br />

Ein weiteres Plus: Der Eisspeicher benötigt keine oberirdischen<br />

Flächen, sondern „verschwindet“ unsichtbar unter<br />

der Erde – in diesem Fall unter dem Parkplatz der Archivgebäude.<br />

Doch die Entscheidung für den Eisspeicher, der vor allem<br />

auch auf Initiative des Generalplanungsbüros „agn“ aus Ibbenbüren<br />

realisiert wurde, hatte noch einen anderen triftigen<br />

Grund. Matthias Bertram: „Besonders im Frühjahr und im<br />

Herbst schwanken die Außentemperaturen beträchtlich, so<br />

dass man oft nachts heizen muss, aber tagsüber die Kühlung<br />

benötigt wird. Wenn man diese Temperaturschwankungen<br />

mit einer konventionellen Anlage bewältigen will, verursacht<br />

dies einen enormen Energieverbrauch. Anders beim Eisspeicher:<br />

Die Kälte, die beim nächtlichen Heizen als eine Art Abfallprodukt<br />

anfällt und im Eisspeicher zwischengelagert wird,<br />

kann tagsüber problemlos für die Kühlung abgerufen werden.<br />

Diese Energie geht also nicht verloren, sondern kann selbst<br />

innerhalb von 24 Stunden sinnvoll genutzt werden“.<br />

Derweil läuft der Probebetrieb der Bad Cannstatter Anlage<br />

bereits seit Anfang Oktober – störungsfrei. Und schon bald<br />

könnte die neue Technologie in ähnlichen öffentlichen Einrichtungen<br />

„wie etwa Bibliotheken, Stadthallen, Kongresszentren<br />

oder Kliniken zur Anwendung kommen,“ ist Heiko Lüdemann<br />

überzeugt, der gemeinsam mit Alexander von Rohr die Geschäftsführung<br />

der Firma „Isocal HeizKühlsysteme“ in Friedrichshafen<br />

innehat: „Dabei kann, wie im Fall des Stuttgarter<br />

Stadtarchivs einerseits flexibel auf einzelne Elemente wie<br />

zum Beispiel Solarkollektoren verzichtet werden – anderer-<br />

seits ist es aber auch möglich, verschiedenste Energiequellen<br />

zu nutzen, die ohnehin vorhanden sind.“ Dazu zählen neben<br />

Sonne, Luft und Erdwärme etwa auch Wärmeenergie, die<br />

bei Industrieprozessen (vor allem in der Automobilindustrie)<br />

entsteht – oder die Warmluft aus Abwasserkanälen. Heiko<br />

Lüdemann: „Das ist sicher für viele Kommunen interessant,<br />

denn hier verpufft eine Menge bisher ungenutzter Energie,<br />

die ja zunächst mal nichts kostet.“ Bislang war die Nutzung<br />

von Kanalluft dennoch selten ein Thema, wenn es um die Erschließung<br />

kostengünstiger Energiequellen ging. Der Grund:<br />

Herkömmliche Systeme sind kaum in der Lage, die eher niedrigen<br />

Temperaturen im Kanalnetz in Heizenergie zu verwandeln.<br />

„Gerade hier liegen die Stärken des Eisspeichers, denn<br />

das System funktioniert auch mit moderaten Temperaturen,“<br />

so Heiko Lüdemann.<br />

Auch Dr. Sylvia Schädlich, Leiterin des Instituts für Energie-,<br />

Kälte- und Klimatechnik (InEKK) im westfälischen Gladbeck,<br />

sieht in dem „SolarEis“-Speicher deutliche Vorteile gegenüber<br />

vergleichbaren Heizsystemen wie etwa geothermischen<br />

Wärmepumpen, die ihre Energie aus tief gelegenem Grundwasser<br />

beziehen: „Die Technologie des Eisspeichers ist erprobt<br />

und daher auch viel einfacher und unbedenklicher einsetzbar<br />

als etwa Geothermie,“ so Sylvia Schädlich.<br />

Tatsächlich ist – anders als beim „SolarEis“-Speicher – bei<br />

der Nutzung des Grundwassers für die Erzeugung von Heizenergie<br />

stets ein aufwendiges Genehmigungsverfahren durch<br />

die örtliche Wasserbehörde Pflicht. Die Bohrungen sind zudem<br />

teuer und mit gewissen Risiken für die Bausubstanz der<br />

umliegenden Gebäude verbunden. So zeigten sich etwa im<br />

Schwarzwaldstädtchen Staufen nach umfangreichen Erdwärmebohrungen<br />

Risse an 256 Häusern – ein Schaden von<br />

mehr als 40 Millionen Euro.<br />

Aber auch andere herkömmliche Wärmepumpen haben im<br />

Vergleich deutliche Nachteile: Für eine Erdwärmepumpe ist<br />

zum Beispiel eine ausreichende Bodenfläche erforderlich.<br />

Spätere Schäden an den Rohrleitungen – etwa durch starken<br />

Wurzelwuchs von Bäumen und Sträuchern – sind dabei nicht<br />

ausgeschlossen. Luftwärmepumpen wiederum erreichen<br />

nicht immer die erforderliche Vorlauftemperatur und müssen<br />

daher nicht selten durch klassische Öl- und Gasheizbrenner<br />

unterstützt werden. Den ganz großen Vorteil des „SolarEis“-<br />

Systems sieht Dr. Sylvia Schädlich jedoch ähnlich wie viele<br />

Anwender „in der Kombination mit der Nutzung kostenloser<br />

Kälte im Sommer.“<br />

In Kürze läuft ein mehrjähriges Forschungsprogramm aus,<br />

das Dr.Sylvia Schädlich leitet: Als Untersuchungsobjekt für<br />

die auf 30 Monate angelegte Feldstudie dient ihrem Team<br />

dabei ein 4-Sterne-Hotel am Bodensee. Der Heiz- und Kühlbedarf<br />

der 55 Zimmer, drei Konferenzräume, einer Bar, zwei<br />

Restaurants, zwei Küchen und eines Wellnessbereichs mit<br />

Swimmingpool wird vollständig durch einen „SolarEis“-Speicher<br />

der Firma „Isocal“ abgedeckt – insgesamt 500 Kilowatt.<br />

In einer ersten Zwischenbilanz stellte das Team um Dr. Sylvia<br />

Schädlich dabei eine erstaunliche Energieeffizienz des<br />

„SolarEis“-Speichersystems fest: „Durch die Kombination<br />

aus Gas-Absorptionswärmepumpe und saisonalem Eisspeicher<br />

kann aufgrund der gleichzeitigen Nutzung von Wärme<br />

und Kälte eine Gesamteffizienz von über 200 Prozent, bezogen<br />

auf die eingesetzte Primärenergie, erreicht werden,“ so<br />

das InEKK in einer Stellungnahme.<br />

Ein weiteres unabhängiges Institut bescheinigte dem<br />

„SolarEis“-Speicher unterdessen ebenfalls einen besonders<br />

hohen Wirkungsgrad: Demnach liegt die am kompletten System<br />

ermittelte Jahresarbeitszahl – mit Unterstützung der<br />

754 Kommunalwirtschaft 10-11/2010

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