Die Abbrecherproblematik in der Berufsausbildung - Adalbert Ruschel
Die Abbrecherproblematik in der Berufsausbildung - Adalbert Ruschel
Die Abbrecherproblematik in der Berufsausbildung - Adalbert Ruschel
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Glie<strong>der</strong>ung<br />
<strong>Die</strong> <strong>Abbrecherproblematik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Berufsausbildung</strong><br />
Von <strong>Adalbert</strong> <strong>Ruschel</strong><br />
1. Problembeschreibung<br />
2. Gesetzliche Regelung zur Beendigung <strong>der</strong> <strong>Berufsausbildung</strong><br />
3. Abbruchursachen<br />
4. Abbrechertypologie<br />
5. Abbruchsverlauf<br />
6. Maßnahmen zur Reduzierung <strong>der</strong> Abbrüche<br />
1. Problembeschreibung<br />
Im Berichtsjahr 2010 wurden bundesweit 142.242 Ausbildungsverträge vorzeitig gelöst.<br />
Damit lag die Lösungsquote bei 23% und ist trotz verbesserter Lage auf dem Ausbildungsstellenmarkt<br />
gegenüber dem Vorjahr (22,1%) wie<strong>der</strong> leicht gestiegen. Damit hat sich<br />
die lange gängige These, dass sich die Lösungsquote <strong>in</strong> Zeiten von Entspannung auf dem<br />
Ausbildungsstellenmarkt erhöht und bei zunehmendem Mangel an Ausbildungsplätzen<br />
abnimmt, nicht bestätigt. Sicher ist jedoch, dass die Lösungsquote zwischen den Wirtschaftsbereichen<br />
und den Län<strong>der</strong>n deutlich variiert.<br />
Vorzeitig gelöste Ausbildungsverträge s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>esfalls mit e<strong>in</strong>em endgültigen Ausbildungsabbruch<br />
gleichzusetzen. Studien des BIBB zeigen deutlich, dass etwa die Hälfte <strong>der</strong><br />
Auszubildenden mit gelöstem Ausbildungsvertrag erneut e<strong>in</strong>en Ausbildungsvertrag abschließen<br />
und somit dem dualen <strong>Berufsausbildung</strong>ssystem erhalten bleiben.<br />
Als „vorzeitig gelöste Ausbildungsverträge“ gelten statistisch solche, die vor Ablauf <strong>der</strong> im<br />
<strong>Berufsausbildung</strong> genannten Ausbildungszeit gelöst werden. Bereits vor Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Ausbildung<br />
gelöste Ausbildungsverträge gehen nicht <strong>in</strong> die Statistik e<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e Form <strong>der</strong> vorzeitigen<br />
Auflösung e<strong>in</strong>es <strong>Berufsausbildung</strong>sverhältnisses stellt die Kündigung des Ausbildungsvertrages<br />
dar, e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Abschluss e<strong>in</strong>es Aufhebungsvertrages o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> gerichtlicher<br />
Vergleich o<strong>der</strong> die Anfechtung e<strong>in</strong>es Ausbildungsvertrages wegen Irrtums o<strong>der</strong><br />
Täuschung.<br />
Seit <strong>der</strong> Revision <strong>der</strong> Berufsbildungsstatistik ab dem Berichtsjahr 2007 werden alle Daten<br />
für jeden gemeldeten Ausbildungsvertrag erhoben und <strong>in</strong>dividuell erfasst, ob er gelöst<br />
wurde o<strong>der</strong> nicht. Das jeweilige Ausbildungsjahr sowie <strong>der</strong> Zeitraum zwischen Vertragsbeg<strong>in</strong>n<br />
und Vertragslösung können auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> gemeldeten Variablen berechnet werden.<br />
Erst die Individualdaten machen es möglich, die Zahl <strong>der</strong> gelösten Verträge und die<br />
Lösungsquoten nach allen Variablen auszuwerten, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Berufsbildungsstatistik relevant<br />
s<strong>in</strong>d. <strong>Die</strong>se neue Lösungsquote ist ab dem Berichtsjahr 2009 ausgewiesen<br />
<strong>Die</strong> vorzeitigen Vertragslösungen werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Berufsbildungsstatistik <strong>der</strong> statistischen<br />
Ämter des Bundes und <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> (Erhebung zum 31.12.) erfasst. Auf Basis dieser Daten<br />
berechnet das Bundes<strong>in</strong>stitut für Berufsbildung (BIBB) jährlich die Vertragslösungsquote<br />
(kurz: Lösungsquote). Sie gibt den Anteil <strong>der</strong> vorzeitig gelösten Ausbildungsverträge an<br />
allen Neuabschlüssen wie<strong>der</strong>.<br />
Vertragslösungsquote <strong>in</strong> % <strong>der</strong> begonnenen Ausbildungsverträge 1 nach Zuständigkeitsbereichen 2<br />
und Län<strong>der</strong>n 2010, Bundesgebiet 2009 sowie 2010<br />
1
<strong>Die</strong> Abbrecherquote, kann den Qualifizierungserfolg e<strong>in</strong>er beruflichen Ausbildungsmaßnahme<br />
sehr stark negativ bee<strong>in</strong>flussen. Bei allen Betroffenen, dem Ausbildenden, den<br />
Ausbil<strong>der</strong>n und den Auszubildenden stellen sich Misserfolgserlebnisse e<strong>in</strong>, die auch das<br />
Gel<strong>in</strong>gen späterer Bildungsmaßnahmen <strong>in</strong> Frage stellen können. Motivation und Engagement<br />
für die berufliche Bildung gehen verloren, Geld wird zum Fenster h<strong>in</strong>ausgeworfen.<br />
<strong>Die</strong> Beziehung zwischen Beruf, Ausbildung und Arbeitsmarkt wird von drei Merkmalen gekennzeichnet:<br />
• <strong>der</strong> Bereitschaft <strong>der</strong> Unternehmen, selbst auszubilden,<br />
• <strong>der</strong> Abbrecherquote während <strong>der</strong> Ausbildung und<br />
• <strong>der</strong> Weiterbeschäftigung nach abgeschlossener Ausbildung.<br />
Angesichts <strong>der</strong> zunehmenden Bedeutung beruflicher Ausbildung und expandieren<strong>der</strong> Kostenbelastung<br />
für die Unternehmen auf dem Gebiet <strong>der</strong> beruflichen Bildung müssen alle<br />
dafür Verantwortlichen aufschrecken, wenn sie beobachten, dass bei <strong>der</strong> <strong>Berufsausbildung</strong><br />
die Teilnehmerzahl schwankt o<strong>der</strong> gar wegen vorzeitigen Abbruches rückläufig ist.<br />
Beides s<strong>in</strong>d Alarmsignale, die deutlich machen, dass Auszubildende ihren ursprünglichen<br />
Beschluss zur Ausbildung - und wohl auch die damit verbundenen guten Vorsätze - umgekehrt<br />
haben. So verschiedenartig die dazu führenden Gründe auch se<strong>in</strong> mögen, dürfte<br />
e<strong>in</strong>es aber sicher se<strong>in</strong>: Leichtfertig o<strong>der</strong> gar grundlos bricht niemand e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>mal angefangene<br />
<strong>Berufsausbildung</strong> ab. Je<strong>der</strong> Entscheidung zum Abbruch g<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>e Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung<br />
des Auszubildenden mit sich und se<strong>in</strong>er Umwelt voraus.<br />
Wer die Abbrecherquote senken will, darf sich nicht mit den <strong>in</strong> solchen Fällen häufig vorgetragenen<br />
vor<strong>der</strong>gründigen Rechtfertigungsargumenten zufrieden geben, we<strong>der</strong> mit de-<br />
2
nen <strong>der</strong> Auszubildenden, noch mit denen <strong>der</strong> Ausbil<strong>der</strong>. <strong>Die</strong> Tendenz, die Probleme auf<br />
<strong>der</strong> jeweils an<strong>der</strong>en Seite zu sehen, bee<strong>in</strong>trächtigt hier leicht die Betrachtungsweise und<br />
verursacht "bl<strong>in</strong>de Flecken". <strong>Die</strong> Ursachenforschung wird nicht zuletzt durch die Denktradition<br />
<strong>der</strong> schrecklichen Vere<strong>in</strong>facher erschwert, nach <strong>der</strong> irgend e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>gleisigkeit von Ursache<br />
und Wirkung als Erklärungsmuster herhalten muss. Das Abbrecher-Problem ist dagegen<br />
multifaktoriell begründet, hat also viele Ursachen, die zumeist auch noch komplex<br />
ersche<strong>in</strong>en, also mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verwickelt s<strong>in</strong>d und sich gegenseitig bee<strong>in</strong>flussen. Wegen<br />
dieser Wechselwirkung verschärfen sich die e<strong>in</strong>zelnen Ursachen, die Belastung <strong>der</strong> Teilnehmer<br />
steigt, <strong>der</strong> Abbruch erfolgt. Wenn die gängigen Theorien stimmen, gibt es zwischen<br />
<strong>der</strong> Wahlmöglichkeit am Ausbildungsplatzmarkt und <strong>der</strong> Abbrecherquote e<strong>in</strong>en direkten<br />
Zusammenhang. Je besser die Wahlmöglichkeiten, um so eher kommt es zu Abbrüchen.<br />
<strong>Die</strong> Zahlen <strong>der</strong> letzten Jahre lassen jedoch Zweifel an dieser Theorie aufkommen.<br />
<strong>Die</strong> Lösungsquoten s<strong>in</strong>d im Handwerk beson<strong>der</strong>s hoch und hier wie<strong>der</strong>um <strong>in</strong> den Berufen<br />
Maler/Lackierer, Kfz-Mechaniker, und Friseure. In vielen Berufen lösen e<strong>in</strong> Drittel und<br />
mehr <strong>der</strong> Auszubildenden ihren Vertrag vorzeitig auf. <strong>Die</strong> ger<strong>in</strong>gste Abbrecherquote hat<br />
<strong>der</strong> öffentliche <strong>Die</strong>nst.<br />
Vertragslösungsquote (<strong>in</strong> %) 1 <strong>in</strong> den 20 am stärksten besetzten dualen Ausbildungsberufen<br />
im Bundesgebiet 2010<br />
3
Sollte es zu e<strong>in</strong>em Abbruch <strong>der</strong> Ausbildung kommen, ist dieser Schritt für beide Seiten mit<br />
erheblichen Nachteilen verbunden. Das Ausbildungsunternehmen hat bereits viel Arbeits-<br />
und Geldaufwand <strong>in</strong> die Ausbildung <strong>in</strong>vestiert und kann den Ausbildungsplatz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />
nicht nahtlos wie<strong>der</strong> besetzen. Der Auszubildende, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>geschlagenen Berufsweg<br />
aufgibt, läuft Gefahr, frustriert zu werden und auf jegliche <strong>Berufsausbildung</strong> zu<br />
verzichten. Zum<strong>in</strong>dest wird er als Abbrecher gesehen und deshalb mit Schwierigkeiten bei<br />
<strong>der</strong> Suche e<strong>in</strong>es neuen Ausbildungsplatzes rechnen müsse. Deshalb ist es ratsam, die<br />
begonnene Ausbildung zunächst zu Ende zu br<strong>in</strong>gen und sich dann auf <strong>der</strong> Basis des erlernten<br />
Berufes neu zu orientieren. E<strong>in</strong>e abgebrochene Ausbildung führt erfahrungsgemäß<br />
allzu oft direkt <strong>in</strong> die Arbeitslosigkeit. Das sollte durch geeignete Maßnahmen verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t<br />
werden.<br />
Obwohl das Abbrecherproblem auch an Schulen und Hochschulen auftritt, wird im Vergleich<br />
dazu die Problematik <strong>in</strong> <strong>der</strong> beruflichen Bildung sehr viel <strong>in</strong>tensiver diskutiert. <strong>Die</strong><br />
Ursache dafür dürfte se<strong>in</strong>, dass sich durch die Abbruchproblematik im beruflichen Bildungswesen<br />
nicht nur für die Abbrecher selbst, son<strong>der</strong>n auch für die ausbildenden Betriebe<br />
und die Volkswirtschaft Schwierigkeiten ergeben:<br />
• Für die Abbrecher selbst äußert sich die menschliche Problematik <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e dadurch,<br />
dass sich für den weiteren beruflichen Lebensweg richtungsweisende Konsequenzen<br />
ergeben. Während Schul- und Studienabbrechern an<strong>der</strong>e Bildungswege offenstehen,<br />
bleibt Ausbildungsabbrechern kaum e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Wahl, als erneut e<strong>in</strong>e <strong>Berufsausbildung</strong><br />
im dualen System zu beg<strong>in</strong>nen. E<strong>in</strong>e Ausnahme bilden hier Abiturienten,<br />
die nicht selten e<strong>in</strong>e Ausbildung abbrechen, um e<strong>in</strong> Studium beg<strong>in</strong>nen zu können.<br />
• Für die Betriebe ergeben sich aus dem Ausbildungsabbruch organisatorische und f<strong>in</strong>anzielle<br />
Probleme. <strong>Die</strong> E<strong>in</strong>satzplanung für die Auszubildenden muss geän<strong>der</strong>t werden<br />
und für die Ersatzbeschaffung entstehen zusätzliche Kosten. Das gilt vor allem dann,<br />
wenn <strong>der</strong> Abbruch sehr früh <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausbildungszeit erfolgt. Bis dah<strong>in</strong> hat <strong>der</strong> Betrieb <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Regel bereits viel Geld <strong>in</strong>vestiert, <strong>der</strong> Auszubildende dagegen zum Betriebsergebnis<br />
noch kaum etwas beigetragen.<br />
• Für die Volkswirtschaft entstehen soziale Kosten, weil Abbrecher größeren Arbeitsmarktrisiken<br />
ausgesetzt s<strong>in</strong>d und weil e<strong>in</strong> großer Teil <strong>der</strong> durch die Abbrüche frei gewordenen<br />
Ausbildungsstellen kurzfristig nicht wie<strong>der</strong> besetzt werden kann. Für die Abbrecher<br />
müssen an<strong>der</strong>e Wege <strong>in</strong> die Berufs- und Arbeitswelt gefunden werden, die<br />
meistens auch erhebliche Kosten verursachen.<br />
2. Gesetzliche Regelung zur Beendigung <strong>der</strong> <strong>Berufsausbildung</strong><br />
An<strong>der</strong>s als bei normalen Arbeitsverhältnissen, ist die Probezeit für <strong>Berufsausbildung</strong>sverhältnisse<br />
wegen <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s schutzbedürftigen Auszubildenden und <strong>der</strong> grundlegenden<br />
Bedeutung <strong>der</strong> <strong>Berufsausbildung</strong> als Erstausbildung obligatorisch (§ 22 Abs.1 BBiG).<br />
Sie muss m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>en Monat und darf höchstens vier Monate betragen. Während <strong>der</strong><br />
Probezeit sollen die Vertragsparteien ihre Entscheidungen verhältnismäßig leicht rückgängig<br />
machen können. Deshalb kann <strong>der</strong> Ausbildungsvertrag <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Probezeit je<strong>der</strong>zeit<br />
fristlos und ohne Angabe von Gründen gekündigt werden (e<strong>in</strong>seitige, empfangsbedürftige<br />
Willenserklärung). <strong>Die</strong> Kündigung muss allerd<strong>in</strong>gs schriftlich erfolgen, um voreiliges<br />
Handeln zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n.<br />
Etwa e<strong>in</strong> Drittel aller Vertragslösungen fällt <strong>in</strong> die Probezeit. <strong>Die</strong>se große Gruppe för<strong>der</strong>t<br />
die Ungenauigkeit <strong>der</strong> Ausbildungsstatistik, denn bei Ausbildungsbeg<strong>in</strong>n zum 1. August<br />
bzw. 1. September und viermonatiger Probezeit zieht sich <strong>der</strong> Prozess bis Anfang Januar<br />
des nächsten Jahres h<strong>in</strong>.<br />
Vorzeitige Vertragslösungen nach Zuständigkeitsbereichen 1 und Zeitpunkt <strong>der</strong> Lösung<br />
2 (absolut und <strong>in</strong> % 3 ), Bundesgebiet 2010<br />
4
Das <strong>Berufsausbildung</strong>sverhältnis endet vertragsgemäß entwe<strong>der</strong><br />
• mit dem Ablauf <strong>der</strong> vere<strong>in</strong>barten Ausbildungszeit o<strong>der</strong><br />
• mit Bestehen <strong>der</strong> Abschlussprüfung.<br />
<strong>Die</strong> Abschlussprüfung hat materiell bestanden, wer m<strong>in</strong>destens ausreichende Leistungen<br />
erbr<strong>in</strong>gt. Formell ist die Abschlussprüfung bestanden – und damit die Ausbildung beendet<br />
– mit Bekanntgabe des Erfolges.<br />
Möglichkeiten zur Beendigung e<strong>in</strong>es <strong>Berufsausbildung</strong>sverhältnisses<br />
nach Ablauf <strong>der</strong> Probezeit<br />
Durch zweiseitige,<br />
gleichlautende<br />
Willenserklärung<br />
Durch<br />
Zeitablauf<br />
§ 21 (1)<br />
BBiG<br />
Durch<br />
Erreichung des<br />
Durch<br />
Aufhebung<br />
im gegenseitigenE<strong>in</strong>vernehmen<br />
Durch e<strong>in</strong>seitige,<br />
empfangsbedürftige<br />
Willenserklärung<br />
Durch Kündigung<br />
während<br />
<strong>der</strong> Probezeit<br />
§ 22 (1) BBiG<br />
Fristgerechte Kündigung<br />
durch den<br />
Durch Kündigung<br />
nach<br />
<strong>der</strong> Probezeit<br />
§ 22 (2) BBiG<br />
Fristlose Kündigung<br />
aus e<strong>in</strong>em "wichti-<br />
Durch<br />
"höhere Gewalt"<br />
z.B. durch Tod des<br />
Ausbildenden o<strong>der</strong><br />
des Auszubildenden,<br />
durch Konkurs des<br />
Unternehmens u.a.<br />
5
Zwecks<br />
§ 21 (2) BBiG<br />
Auszubildenden<br />
§ 22 (2) Nr.2 BBiG<br />
Durch den<br />
Auszubildenden<br />
gen" Grund<br />
§ 22 (2) Nr.3 BBiG<br />
Durch den<br />
Ausbildenden<br />
Der Auszubildende, nicht <strong>der</strong> Ausbildende, kann mit e<strong>in</strong>er Kündigungsfrist von 4 Wochen<br />
auch nach <strong>der</strong> Probezeit noch kündigen, wenn er die <strong>Berufsausbildung</strong> ganz aufgeben will<br />
o<strong>der</strong> sich für e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e <strong>Berufsausbildung</strong> entscheidet. Es muss sich dabei aber wirklich<br />
um e<strong>in</strong>en grundsätzlich an<strong>der</strong>en Ausbildungsberuf handeln, nicht etwa vom Bäcker zum<br />
Konditor. Auch wenn die Eltern des Auszubildenden den Wohnsitz wechseln und die Fortsetzung<br />
<strong>der</strong> Ausbildung am Ort unzumutbar ist, kann <strong>der</strong> Auszubildende kündigen. Jede<br />
Kündigung nach <strong>der</strong> Probezeit muss schriftlich und unter Angabe <strong>der</strong> Gründe erfolgen.<br />
Nicht nur Auszubildende brechen ihre <strong>Berufsausbildung</strong> vorzeitig ab. Auch Ausbildende<br />
beenden nicht selten das Ausbildungsverhältnis vor Erreichen des Ausbildungszieles bzw.<br />
<strong>der</strong> vere<strong>in</strong>barten Ausbildungszeit.<br />
Seitens des Ausbildenden kann das <strong>Berufsausbildung</strong>sverhältnis nach <strong>der</strong> Probezeit jedoch<br />
nur aus e<strong>in</strong>em wichtigen Grund und ohne E<strong>in</strong>haltung e<strong>in</strong>er Kündigungsfrist aufgelöst<br />
werden (fristlose Kündigung). Auch hier ist die Schriftform verb<strong>in</strong>dlich vorgeschrieben.<br />
Bleibt die Frage, was als "wichtiger Grund" angesehen werden kann. Für den Begriff des<br />
wichtigen Grundes s<strong>in</strong>d unbed<strong>in</strong>gt die hohen Maßstäbe des § 626 BGB analog anzuwenden.<br />
<strong>Die</strong>ser regelt, dass das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragspartner aus wichtigem<br />
Grund ohne E<strong>in</strong>haltung e<strong>in</strong>er Kündigungsfrist gekündigt werden kann, wenn Tatsachen<br />
vorliegen, aufgrund <strong>der</strong>er den Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des<br />
E<strong>in</strong>zelfalles und unter Abwägung <strong>der</strong> Interessen bei<strong>der</strong> Vertragsteile die Fortsetzung des<br />
Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf <strong>der</strong> Kündigungsfrist o<strong>der</strong> bis zur vere<strong>in</strong>barten Beendigung<br />
des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar ist. Das BAG hat <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Rechtsprechung<br />
mehrfach darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass die beson<strong>der</strong>e Rechtsnatur des <strong>Berufsausbildung</strong>sverhältnisses<br />
und die zurückgelegte Ausbildungszeit zu beachten s<strong>in</strong>d, wenn herauszuf<strong>in</strong>den<br />
ist, ob e<strong>in</strong> sogenannter wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung des <strong>Berufsausbildung</strong>sverhältnisses<br />
gegeben ist (BAG AP-Nr. 3 zu § 15 BBiG).<br />
E<strong>in</strong>e Kündigung aus wichtigem Grund ist dann unwirksam, wenn die ihr zugrundeliegenden<br />
Tatsachen dem zur Kündigung Berechtigten länger als zwei Wochen bekannt s<strong>in</strong>d.<br />
Gründe, die zu e<strong>in</strong>er fristlosen Kündigung führen können s<strong>in</strong>d:<br />
a) für den Ausbildenden:<br />
Der Auszubildende hat<br />
• wie<strong>der</strong>holt und schwer gegen se<strong>in</strong>e Pflichten verstoßen,<br />
• sich grob diszipl<strong>in</strong>widrig verhalten,<br />
• die ärztliche Nachuntersuchung trotz dr<strong>in</strong>glicher Auffor<strong>der</strong>ung versäumt,<br />
• <strong>in</strong> <strong>der</strong> Berufsschule unentschuldigt gefehlt,<br />
• ist gegen e<strong>in</strong>en Kollegen tätlich geworden,<br />
• gestohlen,<br />
• hat erheblich und wie<strong>der</strong>holt gegen die Arbeitsschutzbestimmungen verstoßen,<br />
• eigenmächtig Urlaub angetreten.<br />
Zur Bewertung des Kündigungsgrundes ist immer die Dauer <strong>der</strong> bereits zurückgelegten<br />
Ausbildungszeit heranzuziehen. Nach dem Grundsatz <strong>der</strong> Verhältnismäßigkeit <strong>der</strong> Mittel<br />
hat das Erreichen des Ausbildungsabschlusses <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel das stärkere Gewicht.<br />
b) für den Auszubildenden:<br />
Der Ausbildende<br />
• bildet unzureichend aus,<br />
6
• hat se<strong>in</strong>e vertraglichen o<strong>der</strong> gesetzlichen Pflichten nicht erfüllt,<br />
• hat mehrfach o<strong>der</strong> schwer gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz o<strong>der</strong> das Berufsbildungsgesetz<br />
verstoßen,<br />
• hat den Auszubildende körperlich gezüchtigt.<br />
Wenn im Unternehmen e<strong>in</strong> Betriebsrat vorhanden ist, muss dieser zur fristlosen Kündigung<br />
zw<strong>in</strong>gend gehört werden. <strong>Die</strong> fristlose Kündigung ist e<strong>in</strong>e Ordnungsmaßnahme. Sie<br />
darf bei e<strong>in</strong>em Jugendlichen erst dann angewandt werden, wenn an<strong>der</strong>e Erziehungsmaßnahmen<br />
wirkungslos geblieben s<strong>in</strong>d.<br />
Schließlich kann das <strong>Berufsausbildung</strong>sverhältnis je<strong>der</strong>zeit auch <strong>in</strong> gegenseitigem E<strong>in</strong>vernehmen<br />
durch erneute übere<strong>in</strong>stimmende Willenserklärung (Aufhebungsvertrag) beendet<br />
werden.<br />
3. Abbruchursachen<br />
Obwohl die für die <strong>Berufsausbildung</strong> gesetzlich vorgeschriebene Probezeit sowohl den<br />
Ausbildenden als auch den Auszubildenden die Möglichkeit geben soll, e<strong>in</strong>e getroffene<br />
Entscheidung zu korrigieren, treten auch später gelegentlich noch Mängel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Eignung<br />
auf, wenn e<strong>in</strong>e Auflösung des Ausbildungsvertrages nicht mehr ohne weiteres möglich ist.<br />
<strong>Die</strong> wichtigsten Gründe für e<strong>in</strong>en vorzeitigen Abbruch <strong>der</strong> Ausbildung s<strong>in</strong>d<br />
a) beim Auszubildenden:<br />
• berufliche Umorientierung (an<strong>der</strong>er Beruf, an<strong>der</strong>er Betrieb),<br />
• Wahl e<strong>in</strong>es an<strong>der</strong>en Ausbildungsweges (Schule, Hochschule)<br />
• persönliche Gründe (Schwierigkeiten mit Ausbil<strong>der</strong>n und Kollegen),<br />
• Defizite <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vorbildung,<br />
• Lücken <strong>in</strong> Fachtheorie und –praxis,<br />
• Lernhemmungen und Prüfungsängste,<br />
• Sprachprobleme,<br />
• schwieriges soziales Umfeld.<br />
• eng begrenzte, unstete o<strong>der</strong> schwach entwickelte Interessen,<br />
• niedrige Frustrationsschwelle,<br />
• unzureichende Vor<strong>in</strong>formation und Vorerfahrung,<br />
• ger<strong>in</strong>ge geistige und soziale Flexibilität,<br />
• nicht ausreichende physisch-psychische Belastbarkeit,<br />
• fehlendes Durchhaltevermögen,<br />
• Zielkonfusion o<strong>der</strong> Zielkonflikte.<br />
b) Im familiären Umfeld liegende Ursachen:<br />
• häusliche Belastung durch Hausarbeit und Geschwister,<br />
• ger<strong>in</strong>ge Wertschätzung von <strong>Berufsausbildung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familie,<br />
• Konflikte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familie,<br />
• f<strong>in</strong>anzielle Sorgen,<br />
• fehlendes Verständnis bei den Angehörigen,<br />
• ungünstige Wohnverhältnisse,<br />
• beson<strong>der</strong>e zeitraubende Belastungen, z.B. Wohnungsbau.<br />
c) Im betrieblichen Umfeld liegende Ursachen:<br />
• Ungünstige Arbeitszeitregelung,<br />
• Fehlende Unterstützung und Anerkennung durch Vorgesetzte,<br />
• Ger<strong>in</strong>ges Ansehen <strong>der</strong> Maßnahme bei Arbeitskollegen,<br />
7
• Mangeln<strong>der</strong> Zusammenhang zwischen Maßnahmebeteiligung und Aufstieg,<br />
• Fehlende materielle Anerkennung,<br />
• Unzureichende Koord<strong>in</strong>ation zwischen Betrieb und Bildungse<strong>in</strong>richtung,<br />
• Technisch-organisatorische Ursachen, z.B. Bed<strong>in</strong>gungen von Zeit und Raum o<strong>der</strong> technische<br />
Ausstattung, Lichtverhältnisse und Geräuschkulisse,<br />
• Gruppengröße und –klima,<br />
• Umgangston <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lerngruppe,<br />
• Überbelegung, Kostendruck beim Ausbildungsbetrieb,<br />
• Abweichen <strong>der</strong> Lern<strong>in</strong>halte vom Ausbildungsrahmenplan,<br />
• Überfor<strong>der</strong>te o<strong>der</strong> überlastetes Ausbildungspersonal,<br />
• schlechtes Verhältnis zwischen Auszubildenden und Ausbil<strong>der</strong>n,<br />
• verschulter Ausbildungsablauf,<br />
• methodische Unzulänglichkeiten des Ausbildungspersonals.<br />
d) Sonstige Ursachen:<br />
• Ungünstige Verkehrsverhältnisse,<br />
• weite Entfernung zwischen Wohn- und Ausbildungsort,<br />
• Engagements <strong>in</strong> Vere<strong>in</strong>en und Verbänden,<br />
• sportliche Aktivitäten,<br />
• plötzlich auftretende Krankheiten,<br />
• aufwendige Nebenbeschäftigungen, Schwarzarbeit.<br />
4. Abbrechertypologie<br />
Typologie <strong>der</strong> Ausbildungsabbrecher<br />
Abbruch vor Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Ausbildung Abbruch während <strong>der</strong> Ausbildung<br />
Nichtantritt<br />
Rücktritt<br />
Während <strong>der</strong><br />
Probezeit<br />
Nach <strong>der</strong><br />
Probezeit<br />
So mancher Ausbildungsvertrag platzt frühzeitig, weil Auszubildende nicht zum <strong>Die</strong>nst ersche<strong>in</strong>en.<br />
Der DIHT beziffert <strong>der</strong>en Zahl im Jahre 1997 alle<strong>in</strong> im Bereich <strong>der</strong> Industrie- und<br />
Handelskammern auf 14000. Nach wie vor fällt es Jugendlichen <strong>in</strong> Westdeutschland entschieden<br />
leichter, e<strong>in</strong>en Ausbildungsplatz zu f<strong>in</strong>den, als denen <strong>in</strong> Ostdeutschland.<br />
Wenn Auszubildende nach Gründen für ihren Ausbildungsabbruch gefragt werden, stehen<br />
sechs Antworten im Vor<strong>der</strong>grund:<br />
• schulische Defizite,<br />
• unzureichende Aufklärung im Prozess <strong>der</strong> Berufswahl,<br />
• Motivationsschwund,<br />
• mangelnde Attraktivität des betrieblichen Lernangebotes,<br />
• unbefriedigende Ausbildungsbed<strong>in</strong>gungen.<br />
Für viele Abbrecher ist die Umorientierung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Beruf o<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en<br />
Ausbildungsbetrieb <strong>der</strong> Grund für die Lösung des Vertrages bzw. zum Nichtantritt. Auch<br />
die Entscheidung für e<strong>in</strong>en ganz an<strong>der</strong>en Ausbildungsweg, z. B. Schule o<strong>der</strong> Hochschule,<br />
8
spielt e<strong>in</strong>e Rolle. E<strong>in</strong>e große Gruppe von Abbrechern gibt persönliche Gründe an: Probleme<br />
mit Ausbil<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> Kollegen. <strong>Die</strong> Hälfte <strong>der</strong> Abbrecher dürfte zu den Umsteigern gehören,<br />
die zwar ihre Ausbildung fortsetzen, aber unter an<strong>der</strong>en Umständen.<br />
<strong>Die</strong> Ausbildenden sehen die Ursachen für den Ausbildungsabbruch vor allem <strong>in</strong> schulischen<br />
Defiziten (Wissenslücken, unzureichende Sprachbeherrschung, fehlende Lerntechniken,<br />
mangelnde Kooperationsfähigkeit, unterentwickelte Arbeitstugenden) und im<br />
Durchhaltevermögen <strong>der</strong> Auszubildenden. Häufiger <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur als von Verantwortlichen<br />
<strong>in</strong> den Betrieben werden als Abbruchursache erwähnt<br />
• leichtfertige Bewerberauswahl und<br />
• ger<strong>in</strong>ger bis fehlen<strong>der</strong> Aufwand bei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>arbeitung <strong>der</strong> Auszubildenden.<br />
Sorgfältige Auswahl und angemessene E<strong>in</strong>führung von Auszubildenden s<strong>in</strong>d die besten<br />
Voraussetzungen zur M<strong>in</strong>imierung <strong>der</strong> Ausbildungsabbrüche. Auf diese Zusammenhänge<br />
wird an an<strong>der</strong>er Stelle dieser website ausführlicher e<strong>in</strong>gegangen.<br />
5. Abbruchsverlauf<br />
Je<strong>der</strong> Abbruch hat se<strong>in</strong>e Geschichte, kaum e<strong>in</strong>er erfolgt aus heiterem Himmel. Selbst dort,<br />
wo das "plötzliche" Fernbleiben e<strong>in</strong>es Auszubildenden den Beobachtern unbegreiflich ersche<strong>in</strong>t,<br />
s<strong>in</strong>d ihm mit Sicherheit Ereignisse vorausgegangen, welche die Entscheidung<br />
beim Abbrecher langsam heranreifen ließen. Der Abbruchgefährdete setzt Signale und<br />
gibt zu erkennen, dass es mit se<strong>in</strong>er Durchhaltemotivation und -kraft nicht gut steht.<br />
Doch wer ist da, die Signale zu erkennen - und gar zu verstehen? Hier s<strong>in</strong>d nicht nur die<br />
Ausbil<strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>t, son<strong>der</strong>n auch Kollegen, Eltern und an<strong>der</strong>e Auszubildende.<br />
Von nicht zu unterschätzen<strong>der</strong> Bedeutung für den Lernerfolg <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Berufsausbildung</strong> ist<br />
<strong>der</strong> sozial bed<strong>in</strong>gte Charakter des beruflichen Lernens. Gel<strong>in</strong>gt es e<strong>in</strong>em Auszubildenden,<br />
kooperativ mit se<strong>in</strong>en Kollegen und dem Ausbil<strong>der</strong>n zu arbeiten, ist die Abbruchgefahr<br />
ger<strong>in</strong>ger als bei e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>trovertierten E<strong>in</strong>zelgänger.<br />
<strong>Die</strong> Geschichte e<strong>in</strong>es Ausbildungsverhältnisses ist geprägt von den Menschen, die daran<br />
beteiligt s<strong>in</strong>d. <strong>Die</strong> Bedeutung <strong>der</strong> Gruppe für den Lernerfolg ist bei jungen Erwachsenen<br />
weitaus größer als bei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Obwohl jede Gruppe ihre eigene Entwicklung durchläuft.<br />
SelbstständigeBerufswahl<br />
Struktur <strong>der</strong> Entwicklung von Ausbildungsabbrüchen<br />
ne<strong>in</strong><br />
Durch Beratung ja<br />
geweckt<br />
ne<strong>in</strong><br />
För<strong>der</strong>maß<br />
Potentieller<br />
Ausbildungsabbrecher<br />
nahmen<br />
erhalten<br />
ja<br />
ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong><br />
ja<br />
Betrieb<br />
gezielt<br />
gewählt<br />
ja<br />
Interesse<br />
an Ausbildungs<strong>in</strong>halten<br />
ja<br />
Anwendbarkeit<br />
<strong>der</strong> Lehr<strong>in</strong>halte<br />
ja<br />
Vorbildung,Vorkenntnisse<br />
vorhanden<br />
ja<br />
Altersgemäßes<br />
Lehren<br />
und<br />
Lernen<br />
Motivationsbereich Lernbereich<br />
ja<br />
Soziale<br />
Anerkennung<br />
im<br />
Unternehmen<br />
ja<br />
PotentiellerDurchhalter<br />
9
Wer gegen den eigenen Wunsch zu e<strong>in</strong>er <strong>Berufsausbildung</strong> gezwungen o<strong>der</strong> auch nur<br />
überredet wird, wer sich nur aus Anpassungsbestreben zu e<strong>in</strong>er Ausbildung entschließt,<br />
dem wird <strong>der</strong> ger<strong>in</strong>gste missliebige Anlas Grund genug zur Aufgabe se<strong>in</strong>. Hier wird bereits<br />
im Vorfeld <strong>der</strong> <strong>Berufsausbildung</strong> e<strong>in</strong> Teufelskreis aufgebaut, <strong>der</strong> den erfolgreichen Ausbildungsabschluss<br />
erschwert und e<strong>in</strong>en Ausbildungsabbruch geradezu provoziert:<br />
E<strong>in</strong>geschränktes Angebot an Ausbildungsplätzen ger<strong>in</strong>ge Ausbildungsqualität e<strong>in</strong>geschränkte<br />
Beschäftigungsmöglichkeiten Ausbildungsabbruch noch schlechtere<br />
Bed<strong>in</strong>gungen bei <strong>der</strong> Berufswahl.<br />
Interesse an den Lehr<strong>in</strong>halten und <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong>en erkennbarer Verwertbarkeit dagegen<br />
bestärkt die Durchhaltemotivation. Unkenntnis über effiziente Methoden geistiger Arbeit,<br />
Rückgriff auf alte o<strong>der</strong> veraltete Methoden aus <strong>der</strong> Schulzeit, schlechte Zeite<strong>in</strong>teilung,<br />
chaotisches Selbstmanagement und biologische Ermüdung nach e<strong>in</strong>em langen Arbeitstag<br />
erschweren das Lernen mehr als sogenannte psychische Altersbeson<strong>der</strong>heiten.<br />
Kaum jemand wird se<strong>in</strong>e Schwierigkeiten wie e<strong>in</strong> Werbeplakat vor sich hertragen. Eher<br />
das Gegenteil ist <strong>der</strong> Fall. Äußeres Verhalten und <strong>in</strong>nere Bef<strong>in</strong>dlichkeit stimmen nicht<br />
übere<strong>in</strong>. Fast immer bewegt sich die eher sichtbare und die eher verborgene Entwicklung<br />
ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. Ob Ausbil<strong>der</strong> überhaupt e<strong>in</strong>en Zugang zu <strong>der</strong> verborgenen Geschichte e<strong>in</strong>es<br />
Abbrechers f<strong>in</strong>den können o<strong>der</strong> ob sie sich nicht vielmehr mit den Anzeichen dafür zufrieden<br />
geben müssen, ist mehr als fraglich.<br />
6. Maßnahmen zur Reduzierung <strong>der</strong> Abbrüche<br />
Das multifunktionale Ursachenbündel für die Ausbildungsabbrüche verlangt e<strong>in</strong> breites<br />
Spektrum von Maßnahmen zu se<strong>in</strong>em Abbau.<br />
Der hohe Anteil <strong>der</strong> Vertragslösungen während <strong>der</strong> Probezeit, <strong>der</strong> zu e<strong>in</strong>em erheblichen<br />
Teil auf e<strong>in</strong>e Revision <strong>der</strong> ursprünglichen Berufswahl zurückgeht, könnte wahrsche<strong>in</strong>lich<br />
durch bessere Berufsvorbereitung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule und durch gründliche Berufsberatung<br />
deutlich reduziert werden.<br />
Bereits im Mai 1989 hat <strong>der</strong> Hauptausschuss des Bundes<strong>in</strong>stituts für Berufsbildung das<br />
Thema Ausbildungsabbruch aufgegriffen und e<strong>in</strong>en Maßnahmekatalog zur Verr<strong>in</strong>gerung<br />
<strong>der</strong> Ausbildungsabbrüche veröffentlicht. <strong>Die</strong>ser Katalog richtet sich an alle Beteiligten und<br />
enthält Empfehlungen, geglie<strong>der</strong>t nach<br />
1. Maßnahmen im Bereich allgeme<strong>in</strong>bilden<strong>der</strong> Schulen,<br />
2. Maßnahmen im Bereich <strong>der</strong> Berufsberatung,<br />
3. Beiträge <strong>der</strong> Auszubildenden zur Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen,<br />
4. Maßnahmen im Bereich <strong>der</strong> Ausbildungsbetriebe,<br />
5. Maßnahmen im Bereich <strong>der</strong> Berufsschulen. 1<br />
Für die allgeme<strong>in</strong>bildenden Schulen wird seitens <strong>der</strong> Arbeitgeber immer stärker gefor<strong>der</strong>t,<br />
die grundlegende Allgeme<strong>in</strong>bildung, die Kulturtechniken lesen, schreiben und rechnen,<br />
wie<strong>der</strong> verstärkt zu för<strong>der</strong>n und mit Hilfe von Realbegegnungen (Betriebsbesichtigung,<br />
Betriebserkundung und Betriebspraktika) die Weichen für das spätere Berufsleben zu stellen.<br />
Aufgabe <strong>der</strong> Berufsberatung sollte es se<strong>in</strong>, die vielfältigen Potentiale <strong>der</strong> Ausbildungsplatzsucher<br />
zu erkennen und über geeignete Wege und Möglichkeiten zur effektiven Berufswahlentscheidung<br />
zu <strong>in</strong>formieren.<br />
Von betrieblicher Seite sollte versucht werden, durch gezielte För<strong>der</strong>maßnahmen, ausbildungsbegleitende<br />
Hilfen (abH) bzw. betrieblichen Unterricht (bU) o<strong>der</strong> gezielte Nachhilfe<br />
die Defizite auszugleichen. Seit dem Ausbildungsjahr 1982/83 gibt es ausbildungsbeglei-<br />
1<br />
Nähere Informationen <strong>in</strong>: Hensge, K.: Verr<strong>in</strong>gerung <strong>der</strong> Abbrecherquote mit H<strong>in</strong>weisen aus <strong>der</strong> betrieblichen Praxis. In: Ausbil<strong>der</strong>-<br />
Handbuch, a.a.O. Band 2, Nr. 5.1.1.1, und<br />
<strong>Die</strong>selbe: Ausbildungsabbruch – Folgen für die Betroffenen, Konsequenzen für die Bildungspolitik. In: Kreklau, C.: Handbuch <strong>der</strong> Ausund<br />
Weiterbildung. Grundlagen <strong>der</strong> Bildungsarbeit -–Ausbildungsför<strong>der</strong>ung, Köln, 51. Erg.-Lfg., Oktober 1989, Nr.3332<br />
10
tende Hilfen. Geschaffen wurden sie, um benachteiligten Jugendlichen e<strong>in</strong>e qualifizierte<br />
<strong>Berufsausbildung</strong> zu ermöglichen. Ausbildungsbegleitende Hilfen sollen die <strong>Berufsausbildung</strong><br />
<strong>in</strong> Betrieben unterstützen, aber auch über betriebs- und ausbildungsübliche Maßnahmen<br />
h<strong>in</strong>ausgehen. Zu den abH zählen <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Stützunterricht zur Reduzierung<br />
von Bildungs- und Sprachdefiziten und zur För<strong>der</strong>ung des Lernens sowie sozialpädagogische<br />
Betreuung. Unter bestimmten Voraussetzungen werden sie durch die Bundesanstalt<br />
für Arbeit f<strong>in</strong>anziert. Auch Maßnahmen zur Unterstützung <strong>der</strong> Durchhaltemotivation<br />
s<strong>in</strong>d angebracht. Dazu gehören <strong>in</strong>teressante Aufgaben, die Aussicht auf erfolgreiche<br />
Weiterbeschäftigung nach <strong>der</strong> Ausbildung, sozialpädagogische Betreuung bei <strong>der</strong><br />
Freizeitgestaltung und Stabilisierung gegen e<strong>in</strong> ausbildungsfe<strong>in</strong>dliches Milieu.<br />
E<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Zuwendung und Unterstützung seitens <strong>der</strong> Betriebe benötigen sogenannte<br />
"benachteiligte" Auszubildende. Dazu gehören <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />
• Hauptschulabgänger ohne Abschluss,<br />
• Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te, beson<strong>der</strong>s Lernbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>te,<br />
• Auslän<strong>der</strong>k<strong>in</strong><strong>der</strong>,<br />
• K<strong>in</strong><strong>der</strong> von Spätaussiedlern und<br />
• Mädchen, die e<strong>in</strong>e Ausbildung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em typischen Männerberuf absolvieren.<br />
Für die <strong>Berufsausbildung</strong> körperlich, geistig und seelisch Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ter bieten das Berufsbildungsgesetz<br />
<strong>in</strong> § 48 und die Handwerksordnung <strong>in</strong> § 42b zwar die Möglichkeit, Son<strong>der</strong>regelungen<br />
bei den zuständigen Stellen zu beschließen, diese werden aber nicht wie die<br />
anerkannten Ausbildungsberufe bundesweit anerkannt. Um die Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten <strong>in</strong> die Lage zu<br />
versetzen, ihre <strong>Berufsausbildung</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anerkannten Ausbildungsberuf erfolgreich zu<br />
durchlaufen, s<strong>in</strong>d die vorher genannten Maßnahmen auch für sie nützlich und angebracht.<br />
Um Enttäuschungen vorzubeugen: <strong>Die</strong> Abbrecherquote kann reduziert, aber nicht völlig<br />
beseitigt werden! Sie hat schließlich auch ihr Gutes: Nicht jedem Abbrecher we<strong>in</strong>t man<br />
Tränen nach.<br />
Checkliste zur Verr<strong>in</strong>gerung <strong>der</strong> Ausbildungsabbrüche im Unternehmen<br />
- Ausführliche Beratung <strong>der</strong> Interessenten<br />
- Handreichungen zur <strong>in</strong>dividuellen Information und Vorbereitung verteilen<br />
- Gründliche Auswahl und E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> Auszubildenden<br />
- Schriftliche Vor<strong>in</strong>formationen über Lehr<strong>in</strong>halte und -methoden an die Interessenten<br />
aushändigen<br />
- Zielorientierte Motivation schaffen<br />
- Bildungsfreundliche Atmosphäre im Arbeitsfeld schaffen und sichern<br />
- altersgemäße Ausbildungsmethoden und Umgangsformen wählen<br />
- Systematische Beobachtung und Auswertung aller Auszubildenden<br />
- Lernerfolge ermöglichen und bestätigen<br />
- Vermittlung von Lern- und Arbeitstechniken zu den Lehr<strong>in</strong>halten<br />
- Kritik und Beschwerden <strong>der</strong> Auszubildenden während <strong>der</strong> Ausbildung herausfor<strong>der</strong>n<br />
- Regelmäßige Kommunikation zwischen den Beteiligten<br />
- Zur Erfolgskontrolle gezielte Interviews mit erfolgreichen Auszubildenden und mit<br />
Abbrechern führen<br />
- Vorbil<strong>der</strong> (benchmarkets) schaffen und e<strong>in</strong>setzen<br />
Über die künftige Entwicklung bei den jährlichen Vertragsauflösungen wird seit <strong>der</strong> statistischen<br />
Erfassung <strong>der</strong> Ausbildungsabbrecher (1978) kontrovers diskutiert. Dabei geht die<br />
Diskussion von zwei unterschiedlichen Annahmen aus:<br />
1. <strong>Die</strong> zunehmende Entspannung auf dem Ausbildungsstellenmarkt wird die Anzahl von<br />
Ausbildungsabbrüchen reduzieren, weil die größere Berufswahlfreiheit die Ausbil-<br />
11
dungsmotivation erhöht und damit die Bereitschaft zum Abbruch tendenziell s<strong>in</strong>ken<br />
wird.<br />
2. <strong>Die</strong> zunehmende Entspannung auf dem Ausbildungsstellenmarkt wird die Anzahl von<br />
Ausbildungsabbrüchen erhöhen, weil berufliche Alternativen <strong>in</strong> ausreichen<strong>der</strong> Zahl zur<br />
Verfügung stehen werden und damit die Bereitschaft zum Abbruch tendenziell steigen<br />
wird.<br />
Welche <strong>der</strong> beiden Annahmen letztlich die realistischere se<strong>in</strong> wird, kann nur abgewartet<br />
werden. <strong>Die</strong> unterschiedliche sektorale (von Beruf zu Beruf) und regionale Versorgung mit<br />
Ausbildungsplätzen wurde allerd<strong>in</strong>gs mit fallen<strong>der</strong> Nachfrage auf dem Ausbildungsstellenmarkt<br />
bisher nicht ausgeglichen. Deshalb werden auch die Unterschiede auf Teilmärkten<br />
bestehen bleiben und weiterh<strong>in</strong> zu beson<strong>der</strong>en Härten führen.<br />
12