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Round-Table-Gespräch<br />
Denkwelt etwas verändert<br />
hat, sie tun das ja ganz<br />
gewiss auch, da bin ich sicher<br />
von überzeugt... Wie<br />
gehen Sie damit um? Ist<br />
das etwas, um abzuwehren,<br />
oder müssen Sie sich<br />
da auch noch mal selbstkritisch<br />
an die Nase fassen<br />
und sagen: Vielleicht können<br />
wir ja das eine oder<br />
andere über Zielvereinbarungen<br />
besser machen –<br />
wie sehen Sie das selbst?<br />
Dr. W. Marschner:<br />
Bürokratieabbau im Sinne<br />
von Vorschriftenunwesen,<br />
ja gut, da kann sich natürlich<br />
sowohl der Staat als<br />
auch wir uns an die eigene<br />
Nase fassen. Vielleicht<br />
haben wir die eine oder<br />
andere Vorschrift zu viel.<br />
Wobei wir ja daran arbeiten,<br />
diese zu minimieren.<br />
Verwaltungsaufwand, Effektivität,<br />
denke ich, ist<br />
bei uns recht gut. Wenn<br />
Sie da Verwaltungskosten<br />
bei anderen Versicherungen,<br />
privatwirtschaftliche,<br />
dagegenhalten, dann sind<br />
die Verwaltungskosten bei<br />
den Berufsgenossenschaften<br />
sehr gering. Aber es<br />
geht ja um Beratungseffizienz<br />
und das Sozialgesetzbuch<br />
VII schreibt uns<br />
als Sozialversicherungsträger<br />
eindeutig vor: Der<br />
Schwerpunkt liegt zunächst<br />
einmal auf dem<br />
Bereich der Beratung. Und<br />
das ist das, was die Kollegen<br />
in den letzten Jahren<br />
auch eindeutig, denke ich,<br />
umgesetzt haben. Die Kollegen<br />
vor Ort, die Aufsichtspersonen,<br />
verstehen<br />
sich als Berater, als Begleiter,<br />
als Unterstützer des<br />
Betriebes und nicht etwa<br />
als jemand, der den Knüp-<br />
84<br />
pel in der Tasche hat und<br />
draufhauen muss. Und<br />
der Rat der Kollegen wird<br />
auch gerne angenommen.<br />
Diese von Baden-Württemberg<br />
und Bayern angestoßene<br />
Diskussion zum<br />
Thema Doppelberatung<br />
und Vorschriftenunwesen<br />
ist für mich eine rein vorgeschobene<br />
Diskussion.<br />
Denn die Tatsache, dass<br />
eine Doppelberatung vorkommt,<br />
gibt es auf dem<br />
Papier. Aber wenn man<br />
sich mal anguckt, wie die<br />
Personaldecke beim Staat<br />
und bei uns ist, ist die<br />
Wahrscheinlichkeit, einen<br />
Kollegen von der StAfA<br />
ohne Absprache im Betrieb<br />
zu treffen, nahezu<br />
gleich Null.<br />
J. Zurheide:<br />
Herr Keller, stimmt das?<br />
K.-J. Keller:<br />
Jein. Also zuerst muss<br />
man mal sagen, dass wir<br />
allesamt fleißig dabei sind,<br />
diesen Vorschriftenwust<br />
abzubauen. Dann muss<br />
ich sagen, haben die Berufsgenossenschaften<br />
eine<br />
Menge Federn gelassen.<br />
Es würde jetzt eine ganz,<br />
ganz lange Debatte und<br />
Diskussion werden, wenn<br />
wir das Kistchen<br />
aufmachen, ob das gut<br />
und richtig ist, ob das zielführend<br />
ist. Ich muss ganz<br />
ehrlich sagen: Vorschriftenwust<br />
abbauen: Ja, aber<br />
die Machtverhältnisse im<br />
Hintergrund, was die<br />
Rechtsetzungskompetenz<br />
anbelangt, so radikal zu<br />
verändern, wie wir das im<br />
Moment machen, da mache<br />
ich meine Fragezeichen<br />
dran. Ich glaube, der<br />
soziale Konsens wird darunter<br />
leiden. Das möchte<br />
ich nur mal einfach so in<br />
den Raum werfen. Was<br />
Kontrollen anbelangt: Ja,<br />
auch da muss ich sagen,<br />
gibt es eine erhebliche<br />
Wandlung. Beide Häuser<br />
haben sich radikal gewandelt<br />
von den Kontrolleuren<br />
zu den Beratern. Ich<br />
glaube, dass steht auch<br />
beiden Häusern sehr gut<br />
zu Gesicht. Denn wenn<br />
wir jetzt offene Gesetze<br />
formulieren, wie das heute<br />
Morgen schon mal gesagt<br />
worden ist, die nicht<br />
mehr dem Unternehmer<br />
vorgeben, konkret, das<br />
musst Du so machen und<br />
nicht anders, sondern den<br />
Unternehmen Gestaltungsspielraum<br />
lassen,<br />
dann brauchen die Unter-<br />
nehmen kompetente Berater.<br />
In diese Rollen müssen<br />
die technischen Aufsichtsbeamten<br />
schlüpfen.<br />
J. Zurheide:<br />
Da kommt ja immer das<br />
berühmte Beispiel mit den<br />
Nassräumen und den<br />
Nasszellen, wie die Temperatur<br />
ist und dies und<br />
das, ich höre da immer<br />
Beispiele...<br />
K.-J. Keller:<br />
Das ist ja noch ganz in<br />
Ordnung, aber dass die<br />
Anzahl der Kleiderhaken<br />
vorgegeben ist, das finde<br />
ich, überzogen.<br />
J. Zurheide:<br />
...und vielleicht die Höhe<br />
der Kleiderhaken...<br />
K.-J. Keller:<br />
Das ist nicht witzig, das ist<br />
wirklich vorgegeben – und<br />
das bleibt jetzt alles offen,<br />
aber: Die Unternehmen,<br />
die es gewohnt sind Listen<br />
abzuarbeiten, die müssen<br />
jetzt kreativ sein und teils<br />
hochkomplexe Dinge beurteilen,<br />
bewerten und<br />
teils auch eigene Lösungen<br />
dafür finden. Die<br />
brauchen die Beratung<br />
und da denke ich, in die<br />
Lücke müssen die Aufsichtsbeamten<br />
springen.<br />
J. Zurheide:<br />
Herr Römer, welche Rolle<br />
können da Gewerkschaften<br />
spielen, wir haben das<br />
in Berlin auf einer ähnlichen<br />
Veranstaltung schon<br />
mal gehabt. Ist das eine<br />
Aufgabe, die die Gewerkschaften<br />
übernehmen<br />
können, müssen, sollen?