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Der steile Weg im flachen Land

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<strong>Der</strong> <strong>steile</strong> <strong>Weg</strong> <strong>im</strong> <strong>flachen</strong> <strong>Land</strong><br />

100 Jahre<br />

Buir-Blieshe<strong>im</strong>er<br />

Agrargenossenschaft


Herausgeber: Buir-Blieshe<strong>im</strong>er Agrargenossenschaft eG<br />

Konzept, Redaktion, Gestaltung: ERNST KARL WIENER<br />

Herstellung: Ariadne Produktions-Gesellschaft mbH, Brühl<br />

Fotos: Buir-Blieshe<strong>im</strong>er; Wiener; m+m Verlag;<br />

Umschlag: Mauritius, Motiv S.15 und Europa-Flagge<br />

S.32: zefa;<br />

Scans: Wiener, MSB Belichtungsservice, Bornhe<strong>im</strong><br />

Druck und Verarbeitung: Schertgens Handels- und<br />

Vertriebsgesellschaft, Troisdorf<br />

Die in dieser Broschüre veröffentlichten Beiträge sind<br />

urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte sind vorbehalten.<br />

Nachdruck und Vervielfältigung bedürfen der<br />

Genehmigung des Herausgebers. Diese Broschüre wurde<br />

auf chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt.


„ . . . alles längst<br />

Geschichte!”<br />

Das ist wahr. Dennoch: Geschichte war<br />

die Gegenwart unserer Eltern und Großeltern<br />

– und die best<strong>im</strong>mte ihr Leben.<br />

Aus ihr erwuchs unsere heutige Gegenwart<br />

. . . die morgen schon Vergangenheit<br />

– und wenig später selbst wieder<br />

Geschichte sein wird.<br />

Am 2. April 2001 wird die Buir-Blieshe<strong>im</strong>er<br />

100 Jahre alt. Lassen Sie uns jene<br />

wirklich jubiläumswerte Zeitspanne –<br />

die älteren und auch die jüngeren zurückliegenden<br />

"Gegenwarten", die zugleich ein<br />

bedeutendes Stück rheinischer <strong>Land</strong>wirtschafts-Geschichte<br />

widerspiegeln –<br />

gemeinsam in dieser Festschrift ein wenig<br />

nacherleben.<br />

Die Älteren unter uns werden sich sicher<br />

manchmal erinnern: „ . . . ja-ja – so war das<br />

damals, das hat mir schon mein Großvater<br />

erzählt ”, oder: „ . . . ich weiß noch genau, als<br />

die ersten Beton-Silos gebaut wurden”.<br />

Und die Jüngeren werden vielleicht sagen:<br />

„Mein Gott – so war das früher mal? Das<br />

war ja alles unhe<strong>im</strong>lich aufwendig ”, oder:<br />

„ . . . na ja – so gut war die ‘gute alte Zeit’ auch<br />

nicht <strong>im</strong>mer . . .”<br />

Erinnerungen an die Zeit der Gründung,<br />

an die Zwangswirtschaft zwischen 1914<br />

und 1919 und die zwanziger Jahre . . . an<br />

den schweren Neuanfang nach 1945 und<br />

die aufstrebenden sechziger Jahre –<br />

Erinnerungen zwischen Wehmut und<br />

der Gewissheit, dass dies "alles längst<br />

Geschichte" ist.<br />

Gedanken über den Strukturwandel, der<br />

in den 70er Jahren begann und bis heute<br />

anhält . . . und über die paneuropäischen<br />

Veränderungen, aber auch Bewunderung<br />

für den gerätetechnischen und agrarwissenschaftlichen<br />

Fortschritt in diesen<br />

Jahren.<br />

Und nicht zuletzt der Stolz der Mitglieder<br />

auf die dynamische Entwicklung "ihrer"<br />

Buir-Blieshe<strong>im</strong>er . . .<br />

Gedanken zwischen staunendem Kopfschütteln<br />

und Anerkennung . . . vor allem<br />

aber Genugtuung über die erbrachten Leistungen<br />

und die erreichten Ziele. Sie alle<br />

begleiten uns auf unserer Zeitreise von<br />

1901 bis 2001.<br />

Am Ende dieser Zeitreise werden Ältere<br />

wie Jüngere darin übereinst<strong>im</strong>men:<br />

„Es ist doch alles sehr viel besser geworden” –<br />

und haben damit ihre Gegenwart möglicherweise<br />

neu bewertet.<br />

Und schon kommen Zukunftsgedanken:<br />

‘Wie mag es wohl weitergehen?’<br />

Das weiß dann die nächste Jubiläumsschrift<br />

zu berichten.<br />

Doch nun sollen die ersten 100 Jahre der<br />

Buir-Blieshe<strong>im</strong>er vorüberziehen . . .<br />

Vorwort<br />

1


2<br />

Geboren aus der Not<br />

Ein epochemachender Gedanke<br />

und seine Auslöser<br />

Die Geschichte der Buir-Blieshe<strong>im</strong>er<br />

Agrargenossenschaft beginnt eigentlich<br />

schon vor ihrer Gründung, und zwar in<br />

den vierziger Jahren des vorletzten<br />

Jahrhunderts.<br />

Die existenzielle Situation der <strong>Land</strong>wirte<br />

in der damaligen preußischen Rheinprovinz<br />

war Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

denkbar schlecht: Zersplitterung auf allen<br />

Ebenen, extreme Abhängigkeit vom<br />

ebenfalls unorganisierten <strong>Land</strong>handel<br />

und Ausgeliefertsein gegenüber ganz offensichtlichen<br />

Missständen <strong>im</strong> ländlichen<br />

Kreditwesen – Kredithaien, wie wir<br />

heute sagen würden.<br />

Die Mehrzahl der landwirtschaftlichen<br />

Betriebe schleppte sich unterhalb des Existenzmin<strong>im</strong>ums<br />

dahin, die Familien litten<br />

bittere Armut – und zuweilen auch Hunger.<br />

Jeder war auf sich selbst angewiesen.<br />

Hilfen vom Staat – sprich: vom damaligen<br />

Kaiserreich – gab es nicht.<br />

Diese Situation war Auslöser eines Gedankens<br />

für einen Mann, der als Urvater des<br />

Genossenschaftswesens in die Geschichte<br />

eingehen sollte. Sein Gedanke ist der<br />

"Genossenschaftsgedanke", sein Motto:<br />

"Einer für alle – alle für einen", sein Name:<br />

Friedrich Wilhelm Raiffeisen.<br />

Als der wohl bedeutendste unter den<br />

genossenschaftlichen Pionieren hat er<br />

den Anstoß gegeben für eine Entwicklung,<br />

die weltweit Nachahmung fand.<br />

Natürlich ist ein <strong>Land</strong>wirtschaftspionier<br />

dieser Zeit auch auf dem <strong>Land</strong>e geboren<br />

und aufgewachsen. Am 30. März 1818 in<br />

Hamm an der Sieg als siebtes Kind des dortigen<br />

Bürgermeisters zur Welt gekommen,<br />

begann sein öffentliches Wirken für die<br />

Sache der ländlichen Bevölkerung in dem<br />

harten Winter von 1846/47.<br />

”<strong>Der</strong> Sämann“, 1888<br />

Vincent van Gogh<br />

Friedrich Wilhelm Raiffeisen, geb. 1818, gest. 1888<br />

<strong>Der</strong> Schöpfer des (Zitat) "Genossenschaftsgedankens<br />

als <strong>Weg</strong> zur Selbsthilfe für das<br />

deutsche Bauerntum" gründete zunächst<br />

"Darlehnskassen-Vereine als Mittel zur<br />

Abhilfe der Not der ländlichen Bevölkerung".<br />

Sein gesamtes weiteres Wirken war<br />

geprägt von der Umsetzung des Genossenschaftsgedankens.<br />

Nach mühseliger Kleinarbeit<br />

<strong>im</strong> engen regionalen Bereich der<br />

Westerwald- Gemeinde Weyerbusch<br />

(Kreis Altenkirchen) errang seine Idee zunehmend<br />

auch nationale Anerkennung:<br />

1884 erhielt Raiffeisen den ‘Rote-Adler-<br />

Orden’ aus der Hand Kaiser Wilhelms I.<br />

Als Raiffeisen 1888 <strong>im</strong> Alter von siebzig<br />

Jahren starb, hatten sich in der<br />

preußischen Rheinprovinz mehr als vierhundert<br />

Genossenschaften gebildet – dennoch,<br />

so weiß man heute, war seine Idee gerade<br />

erst entflammt.


Prä-europäische Entwicklung<br />

Das 19. Jahrhundert ging zu Ende – es<br />

war die Zeit der aufkommenden Industrialisierung<br />

in Europa, begleitet von<br />

einem beachtlichen wirtschaftlichen<br />

Aufschwung. So war das Deutsche Reich<br />

zum drittgrößten Strom- und Kohleerzeuger<br />

geworden. Die aufstrebende Industrie<br />

zog die Menschen an, Märkte verschoben sich.<br />

Die europäischen Nationen wetteiferten<br />

um wirtschaftliche und politische Vorherrschaft,<br />

die Bevölkerungen wuchsen<br />

dank sozialer und auch medizinischer<br />

Errungenschaften.<br />

Als Folge jener Entwicklung stieg der Bedarf<br />

an landwirtschaftlichen Erzeugnissen.<br />

Einen solchen Bedarf konnte die<br />

damalige deutsche <strong>Land</strong>wirtschaft mit<br />

ihren kleingliedrigen, schlecht organisierten<br />

Strukturen nicht bewältigen. Bis etwa<br />

1870 war Deutschland Getreide-Exporteur<br />

– nun mußte Getreide eingeführt<br />

werden. Importe, beispielsweise von billigerem<br />

Weizen aus den USA und Roggen<br />

aus Russland, waren die Folge – Überangebot<br />

und sinkende Preise blieben nicht<br />

aus . . .<br />

Dem standen finanzielle Belastungen<br />

aufgrund der fortschreitenden Mechanisierung<br />

in der <strong>Land</strong>wirtschaft gegenüber<br />

– zusätzlich forciert durch die damalige<br />

Auswanderungswelle, vor allem in die<br />

USA. Unsichere Lebensverhältnisse und<br />

geringe Verdienstmöglichkeiten trieben<br />

nicht wenige <strong>Land</strong>arbeiter nach Übersee.<br />

Dort, wo auf großen, preiswert erworbenen<br />

Jungbodenflächen kostengünstig<br />

produziert werden konnte, erhofften sie<br />

sich eine sichere Zukunft.<br />

Den hiesigen Arbeitskräftemangel versuchte<br />

man durch Wanderarbeiter auszugleichen,<br />

teure Maschinen mussten <strong>Land</strong>helfer<br />

ersetzen, teure Handelsdünger<br />

sollten die Erträge steigern. Somit zeigten<br />

nicht nur die Löhne, sondern auch viele<br />

andere Kosten eine steigende Tendenz.<br />

Während es in den übrigen Wirtschaftsbereichen<br />

leichter war, sinkende Preise<br />

mittels gesteigerter Produktivität zu kompensieren,<br />

musste die <strong>Land</strong>wirtschaft<br />

sich naturbedingt mit einer Ernte, mit einem<br />

Jahresumsatz zufrieden geben. Die<br />

bescheidenen Produktivitäts- und Ertragssteigerungen<br />

durch Mechanisierung und<br />

erhöhten Dünger-Einsatz konnten den<br />

Verfall der Erlöse und die steigenden Kosten<br />

so schnell nicht ausgleichen.<br />

Zeichen der Zeit<br />

Vor diesem Hintergrund betrachtet war<br />

es damals schon der Druck der präeuropäischen<br />

Entwicklung, der auf die<br />

<strong>Land</strong>wirtschaft wirkte – und in letzter<br />

Konsequenz auf die ländlichen Regionen<br />

und ihre Menschen.<br />

Wie <strong>im</strong>mer in der Menschheitsgeschichte<br />

löst Druck Gedanken aus, setzt Gehirne<br />

in Gang, um den Druck für die Menschen<br />

erträglich zu machen:<br />

"Viele Einzelne" entdeckten unter der konzeptionellen<br />

Führung "weniger Einzelner"<br />

ihre gemeinschaftlichen Interessen und<br />

schlossen sich zusammen – und schrieben<br />

epochemachende Geschichte zum<br />

nachhaltigen Wohle aller.


4<br />

Situationsbedingt<br />

Vor der Jahrhundertwende 1900/1901 – damals<br />

Betrachtet man auf der <strong>Land</strong>karte das<br />

damalige Verbreitungsgebiet der Buirer<br />

Genossenschaft, so wird man feststellen,<br />

dass es <strong>im</strong> wesentlichen jene fruchtbaren<br />

Lösslehmböden umfaßt, die sich in der<br />

Köln-Aachener Bucht hinziehen. Da sind<br />

einerseits die milden Lösslehm-Ackerflächen,<br />

die bereits seit über tausend<br />

Jahren vom Pflug durchzogen werden,<br />

andererseits ist es jüngeres Rodungsland,<br />

sogenannte Grauerde, die zum Teil erst<br />

<strong>im</strong> vorletzten Jahrhundert vom Wald<br />

entblößt wurde und als schwerer Lehmboden<br />

qualitativ etwas hinter dem<br />

milden Lösslehm zurücksteht.<br />

”Die Ährenleserinnen“, 1857, Jean-François Millet<br />

Diese Bodenarten begünstigten, wenn<br />

auch mit gewissen Unterschieden, eine<br />

intensive Ackernutzung. Sie bildeten die<br />

natürliche Voraussetzung dafür, dass dieser<br />

waldfreie Komplex in der Köln-<br />

Aachener Bucht eines der bedeutendsten<br />

Anbaugebiete für Getreide und Zuckerrüben<br />

<strong>im</strong> Rheinland geworden ist.<br />

Im Getreideanbau auf den kühlen Grauerdeböden<br />

waren Aufwuchs und Ernte<br />

zeitlich etwas zurückgesetzt, während die<br />

Bauern auf den Lösslehmböden ihr Getreide<br />

8 - 14 Tage früher in die Scheunen<br />

brachten.<br />

Das einseitige Acker/Grünland-Verhältnis<br />

mit deutlich überwiegendem Ackerland-Anteil<br />

hat von Anfang an<br />

Bedürfnisse und Notwendigkeiten vorwiegend<br />

auf den Ackerbau ausgerichtet<br />

und nicht auf die Viehhaltung.<br />

Da in diesem Gebiet Wiesen nur entlang<br />

der Wasserläufe und Viehweiden nur in<br />

geringem Umfang in den Feldfluren nahe<br />

den Ortslagen vorkommen, mangelte es<br />

an natürlichem Sommer- und noch mehr<br />

an Winterfutter.<br />

Bei den nach Süden hin abnehmenden<br />

Niederschlägen, die sich um 600 mm pro<br />

Jahr bewegten, boten die Weiden als Sommerfutterflächen<br />

bei weitem nicht das,<br />

was sie aufgrund der guten Bodenqualität<br />

hätten leisten können. In der Tat war die<br />

Weide mehr Freiluftgehege als Futter-<br />

Erzeuger, doch wurde auch hier in<br />

begrenztem Umfang, aber durchaus<br />

erfolgreich, Viehwirtschaft betrieben.<br />

Die günstigen Vorau ssetzungen für den<br />

Ackerbau bei Böden und Kl<strong>im</strong>a <strong>im</strong> Buirer<br />

<strong>Land</strong> sowie die großen, ebenen und<br />

dadurch effizienter zu bewirtschaftenden<br />

Flächen ermöglichten bereits zu Zeiten<br />

Raiffeisens einen höher entwickelten<br />

und finanziell stabileren Zustand der<br />

landwirtschaftlichen Betriebe, als dies <strong>im</strong><br />

deutschen Durchschnitt der Fall war.<br />

Wahrscheinlich begannen hier deshalb<br />

die Pläne für eine genossenschaftliche<br />

Gründung rund ein halbes Jahrhundert<br />

später zu reifen, als bei Friedrich<br />

Wilhelm Raiffeisen <strong>im</strong> Westerwald.<br />

Dennoch stand auch <strong>im</strong> Buirer <strong>Land</strong> um<br />

die Jahrhundertwende für die <strong>Land</strong>wirtschaft<br />

nicht alles zum besten. Die Region<br />

erlebte <strong>im</strong> Großen und Ganzen den gleichen<br />

Umbruch wie das übrige Deutschland.<br />

<strong>Der</strong> Weizenpreis war, vor allem<br />

aufgrund der Importe, seit 1880 von 26,-<br />

Mark pro Doppelzentner auf 18,- Mark<br />

<strong>im</strong> Jahre 1900 gefallen. Nicht viel anders<br />

war es mit den übrigen landwirtschaftlichen<br />

Produkten. Gleichzeitig fehlten<br />

Arbeitskräfte, kletterten die Löhne und<br />

stieg die Mehrzahl der Betriebskosten.<br />

Zudem, so erinnern sich die älteren <strong>Land</strong>wirte<br />

an die Schilderungen ihrer Väter<br />

und Großväter, konnte der damals auf<br />

zahlreiche kleine Kaufleute verteilte<br />

<strong>Land</strong>handel nur sehr unzureichend den<br />

Bedürfnissen der <strong>Land</strong>wirtschaft gerecht<br />

werden.<br />

Sicher hat nicht die große historische<br />

Sicht Friedrich Wilhelm Raiffeisen ein<br />

halbes Jahrhundert zuvor seinen<br />

"Genossenschaftsgedanken" diktiert,<br />

sondern die Not vor der Haustür.


<strong>im</strong> Buirer <strong>Land</strong><br />

Und so waren es schließlich auch die regionalen, die praktischen und ganz alltäglichen<br />

Umstände <strong>im</strong> Buirer <strong>Land</strong>, die am 2. April 1901 zweiundzwanzig Männer veranlassten,<br />

die "Buirer Bezugs- und Absatz-Genossenschaft eGmbH" zu gründen.<br />

5


6<br />

1901 Von den Anfängen der Urgroßväter<br />

Carl Krafft, geb. 1864, gest. 1923<br />

CHRONOLOGIE DER BUIRER GENOSSENSCHAFT<br />

Aus dem Druck des Alltags<br />

erwächst eine große Tat<br />

“Die <strong>Land</strong>wirte der vorwiegend kleineren Betriebe<br />

<strong>im</strong> Buirer <strong>Land</strong> – wie auch sonst überall<br />

– waren durch schwere körperliche Arbeit<br />

oft überfordert und zudem in wirtschaftlichen<br />

Dingen wenig geschult. Deshalb überließen<br />

sie häufig die schriftliche Aufzeichnung<br />

Gründungsmitglieder<br />

Am 25. April wurden die nachstehenden 22 Mitglieder als Gründer<br />

be<strong>im</strong> Amtsgericht in Kerpen eingetragen:<br />

Krafft Carl, Buir Hoch Hans-Josef, Mannhe<strong>im</strong><br />

Außem Caspar Joseph, Buir Hecker Theodor, Buir<br />

Brecher Josef, Buir Kalscheuer Christian, Buir<br />

Borgard Johannes, Buir Kaiser Wilhelm, Buir<br />

Cremer Bernhard, Buir Kaiser Johann, Buir<br />

Dahmen Mathäus, Buir Löhrer Reiner, Buir<br />

Davepon Gabriel, Buir Latten Armand, Morschenich<br />

Esser M.J., Buir Rick Josef, Buir<br />

Graß Peter, Buir Schumacher Heinrich, Buir<br />

Hoffsümmer Julius, Haus Bochhe<strong>im</strong> Schumacher Bertram, Buir<br />

Hoffsümmer Robert, Haus Bochhe<strong>im</strong> Thoennes Peter, Buir<br />

Getreide-Erlöse pro dz in Mark Weizen Roggen Gerste Hafer<br />

Deutschland 1880 - 1889 24,00 20,00 16,00 13,50<br />

Deutschland 1890 - 1897 20,00 17,00 12,00 16,25<br />

Neußer Börse Januar 1901 14,25 11,20 ? 12,40<br />

Dürener Marktbericht 2. April 1901<br />

1. Qualität 16,00 13,50 14,75 12,50<br />

'ihrem Kaufmann'. Wenn dann der Strich<br />

unter die Rechnung gezogen war, konnten sie<br />

meist nicht zufrieden sein: Zu hohe Kosten<br />

und zu geringe Erlöse ließen nur wenig oder<br />

nichts für sie übrig...”<br />

. . . so der Bericht eines Zeitgenossen.<br />

Diese Schilderung sowie die Zusammenfassung<br />

der Verhältnisse vor der Jahrhundertwende<br />

verdeutlichen, wie sehr besonders<br />

damals die Macht des Einzelnen<br />

begrenzt war, die Verhältnisse zu seinen<br />

Gunsten zu ändern. Mit Raiffeisen jedoch<br />

begannen einzelne, die Macht der Gemeinsamkeit<br />

zu erkennen.<br />

Aus jener Erkenntnis, vor allem aber aus<br />

der schlichten Tatsache der sinkenden<br />

Rentabilität der Betriebe erwuchs auch in<br />

der Buirer Region die Überzeugung, das<br />

gesamte System des Bezuges und Absatzes<br />

sei auf ein neues Fundament zu stellen.<br />

Dass diese Überzeugung zur Tat wurde,<br />

ist in erster Linie das Verdienst eines<br />

Mannes: Carl Krafft.<br />

Seine Initiative führte die 22 Männer aus<br />

Buir und Haus Bochhe<strong>im</strong>, aus Manhe<strong>im</strong><br />

und Morschenich am 2. April 1901 zur<br />

Gründung der "Buirer Bezugs- und Absatzgenossenschaft<br />

eGmbH" zusammen.<br />

Erträge um 1900 Kreis Düren Genossenschaftsin<br />

dz/ha bereich in dz/ha<br />

Winterweizen 23,5 30,0<br />

Sommerweizen<br />

Winterroggen 20,0 23,0<br />

Sommerroggen<br />

Sommergerste 24,0 27,0<br />

Hafer 24,0 27,0<br />

Kartoffeln 117,0 200 - 250<br />

Zuckerrüben 269,0 275,0<br />

Carl Krafft war Gutsbesitzer und Inhaber<br />

einer bedeutenden und erfolgreichen<br />

Saatzuchtfirma, ein Mann also, den die<br />

damaligen Verhältnisse in der <strong>Land</strong>wirtschaft<br />

persönlich nicht am schwersten<br />

bedrängten. Dennoch fühlte er sich veranlasst,<br />

eine bessere Lösung der Probleme<br />

durch ein gemeinsames Handeln auf<br />

genossenschaftlicher Basis zu bewirken.<br />

Es ist in der Geschichte der rheinischen<br />

Genossenschaften nicht die Regel, dass<br />

<strong>im</strong>mer die "Großen" zur Tat aufriefen und<br />

selbst vorausschritten. Wenn dies hier in<br />

so beispielhafter Weise geschah, dann verdient<br />

es festgehalten zu werden als Beweis<br />

des sozialen Gewissens und des Gemeinsinns<br />

dieses Mannes, der sich durch Weitblick<br />

und Überzeugunskraft in der heutigen<br />

Buir-Blieshe<strong>im</strong>er Agrargenossenchaft<br />

ein noch nach 100 Jahren lebendiges<br />

Denkmal gesetzt hat.


Frühe Erfolge beweisen Realitätssinn<br />

Naturgemäß war eine Genossenschaft von<br />

22 Mitgliedern anfänglich ein sehr kleines<br />

Unternehmen. Man verfügte weder über<br />

eigene Räume noch über geschultes<br />

Personal. Deshalb stelle Carl Krafft dem<br />

jungen Unternehmen seine Büroräume<br />

zur Verfügung und leitete es auch selbst.<br />

Den Gründungsmitgliedern ging es vorrangig<br />

um den günstigen Bezug landwirtschaftlicher<br />

Bedarfsgüter wie<br />

Düngemittel und Kalk, Futtermittel,<br />

Brennmate-rialien und Torfstreu.<br />

Bei gleichen Rechten und Pflichten aller<br />

Mitglieder muss den Gründern wohl von<br />

Anfang an klar gewesen sein, dass sie als<br />

Mitglieder zugleich auch Mitunternehmer<br />

waren. Die ersten Gehversuche der<br />

neuen Genossenschaft konnten sich denn<br />

auch sehen lassen: Im Geschäftsjahr<br />

1901/1902 wurden rund 11.550 dz an<br />

Ware <strong>im</strong> Wert von 69.700,- Mark bezogen;<br />

es blieb ein Gewinn von 1.100,- Mark.<br />

Damals wie heute wird das Betriebskapital<br />

der Genossenschaft durch Zeichnung<br />

von Geschäftsanteilen seitens der Mitglieder<br />

aufgebracht. Bei der Gründung wurde<br />

gemeinsam festgelegt, dass jedes Mitglied<br />

1 Geschäftsanteil in Höhe von 2 Mark<br />

Düren 1.4.1901, Pro Kopf-Verbrauch an Lebensmitteln<br />

in kg pro Jahr und Preise pro kg in Mark<br />

Rindfleisch 33,6 1,20<br />

Schweinefleisch 33,3 1,40<br />

Kalbfleisch 6,4 1,60<br />

Hammelfleisch 2,2 1,30<br />

Butter 6,0 2,60<br />

Margarine 2,0 1,60<br />

Talg 1,0 1,30<br />

Schmalz, Speck 5,0 1,15 - 1,40<br />

Plattenfett und Speiseöl 2,0 1,25<br />

Roggenbrot 17,3 0,18<br />

Graubrot 105,3 0,20<br />

Kartoffeln 500,0 0,06 - 0,10<br />

Sonstige Erlöse pro dz in Mark<br />

Rheinland 1901 – Zuckerrüben: 1,60<br />

Rheinland 1901 – Kartoffeln: 4,- bis 5,50<br />

Pachtpreise Ackerland 1880 1901<br />

pro Hektar in Mark 140,- 125,-<br />

nebst der damit verbundenen Haftsumme<br />

von 500 Mark erwerben solle.<br />

Schon <strong>im</strong> ersten Geschäftsjahr war die<br />

Zahl der Mitglieder unerwartet deutlich<br />

gestiegen. Aufgrund der unterschiedli-<br />

1901 – 1911 Gründerjahre<br />

chen Betriebsgrößen beschloss die Generalversammlung<br />

dann Ende 1902, die zu<br />

erwerbende Anzahl von Geschäftsanteilen<br />

an die Größe der pro Mitglied selbst<br />

bewirtschafteten Nutzfläche zu koppeln.<br />

7


8<br />

1901 – 1911 Gründerjahre<br />

Geschäftsentwicklung 1901 - 1911<br />

Fortan war je 25 Morgen 1 Geschäftsanteil<br />

zu 5 Mark mit einer auf 200,- Mark<br />

reduzierten Haftsumme zu erwerben.<br />

Die rapide Entwicklung des Unternehmens<br />

in den Folgejahren – und die daraus<br />

resultierende Ausdehnung des Einzugsgebietes<br />

– bewirkte einen wachsenden<br />

Bedarf an Betriebs- und Lagerräumen,<br />

an Grundstücken hierfür sowie an technischen<br />

Einrichtungen und Personal.<br />

Zur Stärkung des Unternehmens und seiner<br />

Kreditwürdigkeit hat man deshalb<br />

1908 den Wert des Geschäftsanteils von<br />

inzwischen 10,- auf 30,- Mark heraufgesetzt<br />

– bei unveränderter Haftsumme.<br />

In den Anfangsjahren vorwiegend mit<br />

Bezugsgeschäften betraut, übernahm<br />

die Genossenschaft in zunehmendem<br />

Maße und mit Erfolg auch Absatzaufgaben<br />

für ihre Mitglieder.<br />

Zusammenfassend gesehen waren die<br />

Mitglieder durch diese rentabel geführte<br />

gemeinschaftliche Selbsthilfe rasch<br />

zur erhofften Eigenhilfe gekommen.<br />

Das Vertrauen in die Genossenschaft<br />

wuchs.<br />

BEZUG ABSATZ GEWINN GESCHÄFTS-<br />

ANTEILE<br />

Ztr. Mark Ztr. Mark Mark Mark<br />

1901/02 23.094 69.710 – – 1.100 675<br />

1902/03 32.017 107.437 100 142 691 1.000<br />

1903/04 40.748 161.899 5.873 10.122 2.122 1.915<br />

1904/05 62.970 251.171 20.470 86.711 2.728 3.355<br />

1907/08 140.718 582.348 81.677 395.676 9.677 25.635<br />

1910/11 237.568 866.632 142.396 674.857 13.780 33.110<br />

So waren die ersten zehn Jahre – die<br />

"Gründerjahre" – <strong>im</strong> wesentlichen durch<br />

Wachstum und durch Konsolidierung<br />

gekennzeichnet.<br />

1905<br />

Durch Anmietung einer Kegelbahn in Buir<br />

entsteht das erste Umschlaglager.<br />

1910<br />

In Distelrath errichtet die Genossenschaft<br />

ein weiteres Lager.<br />

Bürohaus in Buir,<br />

erbaut 1914


1912 – 1925 Geschäftsentwicklung<br />

BEZUG ABSATZ GEWINN GESCHÄFTS-<br />

ANTEILE<br />

Ztr. Mark Ztr. Mark Mark Mark<br />

1911/12 227.442 969.818 130.802 827.844 15.908 34.160<br />

1914/15 188.968 1.123.758 267.350 2.374.172 30.087 36.890<br />

1915/16 158.083 787.124 458.142 6.577.868 38.747 41.240<br />

1916/17 156.911 1.241.387 353.032 4.580.934 13.644 42.020<br />

1917/18 101.786 609.814 175.334 2.233.162 10.282 42.800<br />

1918/19 55.748 788.279 105.134 1.833.773 15.239 44.510<br />

1919/20 59.294 2.593.832 142.495 5.639.908 25.782 50.780<br />

1920/21 150.790 8.003.019 134.390 11.291.368 44.972 54.770<br />

1921/22 145.655 24.006.908 168.354 35.962.209 209.131 59.000<br />

1922/23 86.308 1.063.066.200 136.954 3.340.241.872 346.644.813 100.401.530<br />

1923/24 68.380 – 120.897 – – –<br />

1.7.1924 Vollständige Inflation und daher Goldmark-Eröffnungsbilanz 12.000<br />

1924/25 131.819 Rm. 831.459 114.391 Rm. 1.062.543 Rm. 11.916 Rm. 20.190<br />

1913<br />

Durch Ankauf einer stillgelegten Möbelfabrik in Buir entsteht<br />

ein Bürohaus mit einem neuen Umschlaglager.<br />

1915<br />

Das Absatzgeschäft erhält umsatzmäßig erstmalig das<br />

Übergewicht vor dem Bezugsgeschäft.<br />

1922<br />

Das Lagerhaus in Distelrath wird duch Anbau eines<br />

Getreidesilos erweitert.<br />

Die Genossenschaft<br />

<strong>im</strong> Sturm politischer Wirren<br />

1922<br />

Die Anzahl der Mitglieder ist auf 391 angewachsen,<br />

die zusammen 1.966 Geschäftsanteile mit einem<br />

Guthaben von 59.000,- Mark halten.<br />

1912 – 1925 Bewährungsproben<br />

In der Politik standen die Zeichen auf<br />

Sturm zu jener Zeit. Zwar nahm der<br />

industrielle und damit der wirtschaftliche<br />

Aufschwung seinen Fortgang, aber mit<br />

dem Schuss von Sarajewo 1914 begannen<br />

für ganz Europa die schmerzhaftesten<br />

Zeiten seiner Geschichte, die erst mit der<br />

Gründung der Europa-Union 1957 weitgehend<br />

ausgestanden sein sollten.<br />

<strong>Der</strong> Wetteifer der Nationen um die Vorherrschaft<br />

<strong>im</strong> Europa von 1914 war –<br />

gefördert durch die Macht der bereits<br />

morbiden Feudalstrukturen und aufgeheizt<br />

durch nationalistische Emotionen –<br />

zu einer Zeitbombe geworden, die sich <strong>im</strong><br />

1. Weltkrieg entlud.<br />

Auf die gesamte deutsche <strong>Land</strong>wirtschaft<br />

kamen zusätzliche Aufgaben und Belastungen<br />

zu, die für die gerade flügge gewordene<br />

Genossenschaft und ihre Mitglieder<br />

<strong>im</strong> Buirer und Dürener <strong>Land</strong> eine erste<br />

harte Bewährungsprobe darstellten.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Land</strong>wirtschaft fiel die Aufgabe<br />

höchstmöglicher Erzeugung zu, die<br />

Zwangswirtschaft setzte ein, die Buirer<br />

Genossenschaft musste sich als Kommissionär<br />

in den Dienst der Behörden stellen.<br />

Umsomehr ist es vor allem dem Zusammenhalt<br />

und Fleiß der Mitglieder zu<br />

verdanken, dass diese Aufgaben erfüllt<br />

werden konnten. Besondere Anerkennung<br />

gebührt jedoch den alleinstehenden<br />

Soldatenfrauen für die gemeinschaftliche<br />

Hilfe zur Weiterführung der Betriebe in<br />

dieser schl<strong>im</strong>men und ungewissen Zeit.<br />

9


10<br />

1926 Das erste Jubiläum<br />

Mit allerletzten Reserven an Nahrungsund<br />

Futtermitteln war das letzte Kriegsjahr<br />

1918 zum Notjahr <strong>im</strong> wahren Sinne<br />

geworden; Hunger und Elend, Raub und<br />

Plünderungen der Ernten nahmen zu,<br />

und die Nachricht von gefallenen oder vermissten<br />

Ehemännern und Söhnen<br />

stürzten viele Familien in tiefe Depression.<br />

Zudem wurden der <strong>Land</strong>wirtschaft –<br />

wie auch jeder anderen Wirtschaftseinheit<br />

– infolge der Reparationsverpflichtungen<br />

aus dem Versailler Vertrag und<br />

anderen Abkommen erhebliche wirtschaftliche<br />

und steuerliche Belastungen<br />

auferlegt. Noch <strong>im</strong> März 1922 haben die<br />

<strong>Land</strong>wirte des Kreises Düren gegen die<br />

Getreidezwangswirtschaft protestiert.<br />

Die Behinderung des wirtschaftlichen<br />

Wiederaufbaus durch die Siegermächte<br />

und die politische Uneinigkeit und weitgehende<br />

Handlungsunfähigkeit der nach<br />

der Abdankung Kaiser Wilhelms des II.<br />

mittlerweile ausgerufenen "freien Republik"<br />

– der sogenannten "We<strong>im</strong>arer<br />

Republik" – verursachte kurz nach Kriegsende<br />

eine zunehmende Geldentwertung,<br />

die in der galoppierenden Inflation von<br />

1922/23 gipfelte.<br />

1926 – Kurze Erholung<br />

nach schwieriger Zeit<br />

Ein viertel Jahrhundert war vergangen seit<br />

der Gründung. Genossenschaft und<br />

Mitglieder feierten . . . und sie waren mit<br />

Recht stolz auf ihre Pionierleistung, ihren<br />

Geschäftssinn und die Besserung für alle,<br />

auf ihr Durchhaltevermögen und ihren<br />

Fleiß – und auf ihre Mitmenschlichkeit,<br />

besonders auch in schwieriger Zeit.<br />

1926<br />

Bezugsgeschäft: 9.500 t/ 1,0 Mio.Reichsmark<br />

Absatzgeschäft: 5.500 t/ 1,5 Mio.Reichsmark<br />

Mitgliederzahl: 413<br />

Es fällt wahrhaft schwer, sich heute vorzustellen,<br />

dass in dieser Zeit ein Brötchen bis<br />

zu 20 Milliarden Mark gekostet hat. . .<br />

Mit der Stabilisierung der Währung <strong>im</strong><br />

November 1923 ist der Wert von 1 Billion<br />

Papiermark auf 1 Goldmark umgestellt<br />

worden. Natürlich hatte die inflationäre<br />

Geldentwertung auch das Zahlenwerk der<br />

Genossenschaft <strong>im</strong> Würgegriff.<br />

Neben den – aus damaliger Sicht –<br />

bereits "würdigen" 25 Jahren gaben gute<br />

Bezugs- und Absatz-Zahlen und die stetig<br />

steigende Mitgliederzahl reichlich Anlass<br />

zur Genugtuung. Früchte der Arbeit zu<br />

"ernten" entsprach hier <strong>im</strong> doppelten Sinne<br />

dem Wesen der <strong>Land</strong>wirte.<br />

Louis Rey<br />

Mitglied des Aufsichtsrates<br />

1905 - 26<br />

Vorsitzender des Aufsichtsrates<br />

1914 - 26<br />

Nach Genehmigung der Goldmark-<br />

Eröffnungsbilanz der Genossenschaft am<br />

1. Juli 1924 kehrten dann wieder normale<br />

Währungsverhältnisse zurück.<br />

Die Wiederherstellung der landwirtschaftlichen<br />

Normalität stellte das genossenschaftliche<br />

Gemeinwesen jedoch noch vor<br />

harte Bedingungen.<br />

Die nach der Inflation in Deutschland einsetzende<br />

industrielle Scheinblüte hatte inzwischen<br />

zu einer gewissen Erholung auch<br />

<strong>im</strong> landwirtschaftlichen Bereich geführt.<br />

Engelbert Schnitzler<br />

Mitglied des Aufsichtsrates<br />

1913 - 29<br />

Vorsitzender des Aufsichtsrates<br />

1926 - 29


Die Wirtschaft hatte in diesen Jahren keine<br />

Substanz; die Erholung in Industrie<br />

und <strong>Land</strong>wirtschaft war von geringer Dauer.<br />

Nach kurzzeitigem Sog von ländlichen<br />

Arbeitskräften in die Industrie griff nun,<br />

aufgrund allgemeinwirtschaftlicher<br />

Einbrüche, die Arbeitslosigkeit um sich.<br />

Die Folge war ein Absinken der Inlandsnachfrage<br />

für landwirtschaftliche Erzeugnisse.<br />

Zudem brachten billige Einfuhren<br />

den Markt durcheinander, vormals beachtliche<br />

Agrar -Exporte schrumpften auf ein<br />

Min<strong>im</strong>um. Zusätzlich erschwerten Missernten<br />

<strong>im</strong> Genossenschaftsraum die Lage.<br />

Die Erzeugerpreise sanken existenzbedrohend<br />

unter die Gestehungskosten ab, die<br />

Verschuldung der <strong>Land</strong>wirtschaft nahm<br />

drastische Formen an.<br />

In dieser komplexen Situation unternahm<br />

die Genossenschaft alle Anstrengungen,<br />

um die Notlage vieler Mitgliedsbetriebe<br />

zu mildern. Quasi antizyklisch – wie wir<br />

heute sagen würden – schaffte sie zusätzlichen<br />

Lagerraum für Getreide, um den<br />

Marktschwankungen besser begegnen zu<br />

können.<br />

Damals, 1933, hatte Deutschland über<br />

6 Millionen Arbeitslose. Kurzsichtige und<br />

Mutlose verschrieben sich jener neuen<br />

Partei, die für tausend Jahre den H<strong>im</strong>mel<br />

auf deutscher Erde versprach.<br />

1928<br />

Das Lagergebäude der <strong>Land</strong>handelsfirma Schmitz in Buir wurde angepachtet.<br />

Fassungsvermögen nach Umbauten:<br />

1.200 Sack Getreide, 1.550 Zentner Kraftfutter und Dünger<br />

1931<br />

Vergrößerung der Grundstücksfläche in Distelrath<br />

Kampf<br />

1933<br />

Anbau eines weitern Silos für 13.800 Sack Getreide, Kosten 55.000,- Rm<br />

gegen Windmühlen<br />

Die neue Regierung von 1933 hat die<br />

Sache forsch angepackt. Als Folge der<br />

großdeutschen Ziele <strong>im</strong> allgemeinen und<br />

der militärischen Aufrüstung <strong>im</strong> besonderen<br />

begann ein schneller, wenn auch<br />

künstlich forcierter wirtschaftlicher Aufschwung;<br />

die Arbeitslosigkeit wurde in<br />

kürzester Zeit "hinweggefegt".<br />

Die Einführung der landwirtschaftlichen<br />

Marktordnung mit festen Preisen und<br />

Verdienstspannen machte auf viele <strong>Land</strong>wirte<br />

einen verheißungsvollen Eindruck.<br />

Dennoch – die Masse der hiesigen Bauern<br />

wollte die demokratische Freiheit nicht<br />

aufgeben. Aber alle Proteste gegen staatliche<br />

Eingriffe – wie z.B. am 17. Februar<br />

1934 <strong>im</strong> Dürener Tivolisaal – nützten<br />

nichts mehr.<br />

Indes bereitete die Einführung der Getreide-Preisgebiete<br />

und anderer Lenkungsinstrumente<br />

sowie die neuen Einlagerungsverpflichtungen<br />

von der 'Reichsstelle für<br />

Getreide' der Genossenschaft wachsende<br />

Schwierigkeiten.<br />

<strong>Der</strong> Zusammenhalt der Mitglieder der<br />

Buirer Genossenschaft – auch über<br />

ideologische Gräben hinweg – und das<br />

1927 – 1939 Schwarze Wolken<br />

1937<br />

Anpachtung mit Vorkaufsrecht eines Lagergebäudes<br />

in Vettweiß, Vergrößerung auf 3 Läger für gesamt<br />

23.800 Sack Getreide<br />

konsequente Handeln nach ihren<br />

Grundsätzen führte selbst in dieser Zeit<br />

der tiefen Einschnitte zu beträchtlichem<br />

wirtschaftlichem Erfolg. Sogar die Anwerbung<br />

neuer Mitglieder gelang noch – vor<br />

allem <strong>im</strong> Raum Vettweis. <strong>Der</strong> pekuniäre<br />

Umsatz ließ sich ab 1937 jedoch nicht<br />

mehr halten; die Maßnahmen des Reiches<br />

zugunsten der 'Ernährungsschlacht' standen<br />

dagegen.<br />

Inzwischen waren alle dem totalitären<br />

Regelwerk unterworfen: Die Dienststellen<br />

des Reichsnährstandes verschafften sich<br />

detaillierten Einblick in die wirtschaftlichen<br />

Verhältnisse jedes einzelnen Betriebes,<br />

Fahrzeuge und Nutztiere wurden genau<br />

erfasst. <strong>Der</strong> Umfang des Haferanbaus<br />

(für die Pferde) wurde vorgeschrieben.<br />

Betriebsinhaber und mitarbeitende Familienangehörige,<br />

Knechte und Mägde, Tagelöhner<br />

und Saisonarbeiter waren zahlenmäßig<br />

ermittelt und die wehrfähigen<br />

Männer wie auch die "Unabkömmlichen"<br />

längst in Listen vorgemerkt.<br />

Im Sommer 1939 wurde die vorläufig<br />

letzte Friedensernte eingefahren...<br />

11


12<br />

1939 – 1945 Die Ernährungsschlacht<br />

Kaum war die Ernte geborgen, brach am<br />

2. September 1939 der zweite Weltkrieg<br />

aus. Väter, Söhne, <strong>Land</strong>arbeiter mussten<br />

zur Truppe einrücken, Pferde und Fahrzeuge<br />

wurden gemustert und abgeholt.<br />

Pachtverhältnisse wurden zur "Sicherung<br />

1941 Mitglieder des Vorstandes/des Aufsichtsrates<br />

von links nach rechts von links nach rechts<br />

Vorstand, sitzend Aufsichtsrat, stehend<br />

August Hempsch, stellv. Vorsitzender Wihelm Wolter, Geschäftsführer<br />

Franz Schnitzler Johann Z<strong>im</strong>mermann<br />

Julius Hoffsümmer, Vorsitzender Carl Fischer, Vorsitzender<br />

Hermann Josef Hoch Bertram Knoch, stellv. Vorsitzender<br />

Robert Hoffsümmer Franz Kurth<br />

Barthel Siepen<br />

Fritz Conzen<br />

Es fehlen vom Aufsichtsrat: Josef Krafft, Martin Mertens, Lambert Courth<br />

Aus "durchhalten" wurde<br />

"aushalten"<br />

der Erzeugung" zwangsweise bei unveränderten<br />

Pachtzinsen verlängert. Man hat<br />

sogar <strong>im</strong> Kreis Düren rund 21.000 Maulbeerbäume<br />

als Futtergrundlage für eine<br />

Seidenraupenzucht angepflanzt – offenbar<br />

zur Herstellung von Fallschirm-Seide.<br />

Die Misere begann mit Bezugsscheinen<br />

und Lebensmittelkarten.<br />

Viele Dinge<br />

gab es nicht mehr zu kaufen;<br />

jeder war vermehrt auf Vorräte<br />

angewiesen.<br />

Mit gedämpfter St<strong>im</strong>mung<br />

beging die Buirer Genossenschaft<br />

1941 ihr 40-jähriges<br />

Bestehen. Inzwischen hatte<br />

sie große Not, ihrem genossenschaftlichen<br />

Auftrag, der<br />

Hilfe und Existenzsicherung für ihre Mitglieder,<br />

vorrangig zu dienen. Schließlich<br />

hatte auch die "Buirer" als Treuhänder für<br />

die Getreideläger der "Reichsstelle" zu fungieren,<br />

und die kannte selbst bei kleinsten<br />

Abweichungen vom Plansoll kein Pardon.<br />

Gefallenen-, Vermissten- und Gefangenenmeldungen<br />

häuften sich von Tag zu Tag,<br />

es fehlte an den notwendigen Arbeitskräften.<br />

Luftangriffe störten den Arbeitsablauf,<br />

Handelsdünger wurden zunehmend<br />

knapper und andere landwirtschaftliche<br />

Bedarfsgüter waren trotz sowieso schon rarer<br />

Bezugsscheine vielfach nicht lieferbar.<br />

Mangels Brennstoff mussten die wenigen<br />

verbliebenen Zugmaschinen auf Holzvergaser<br />

umgestellt werden. Folge dieser Zustände:<br />

Die Erträge ließen erheblich nach,<br />

die Ernährungsschlacht war verloren.<br />

Mit dem Herannahen der Front hatte die<br />

Evakuierung der Bauernfamilien eingesetzt,<br />

Vieh konnte nur sehr begrenzt mitgenommen<br />

werden. So waren Anfang<br />

1945 die Dörfer von deutschem Militär belegt<br />

und Plünderungen an der Tagesordnung.<br />

Im Februar ist dann das restliche,<br />

ausgehungerte und meist wild herumlaufende<br />

Vieh noch vor den herannahenden<br />

alliierten Truppen abgetrieben worden.<br />

Nach fünfeinhalb Jahren ging der zweite<br />

Weltkrieg <strong>im</strong> Mai 1945 grauenhaft zu Ende.<br />

Mit der "bedingungslosen Kapitulation"<br />

vom 9. Mai 1945 hörte das III. Reich<br />

faktisch auf, zu existieren.<br />

1940<br />

Festschreibung des Pachtzinses für gute Böden<br />

auf 200,-- Rm/ha<br />

1941<br />

Bezugsgeschäft: 9.500 t / 0,8 Mio. Reichsmark<br />

Absatzgeschäft: 8.500 t / 1,9 Mio. Reichsmark<br />

Mitgliederzahl: 422, 1.539 Geschäftsanteile,<br />

Guthaben: 307.800,-- Reichsmark<br />

Gesamtbewirtschaftung: 12.500 ha


Mitte 1945<br />

Verbraucherration pro Person je Woche:<br />

2 kg Kartoffeln, 1 kg Fett, 100 g Fleisch,<br />

100 g Nährmittel, 31 g Zucker<br />

Mitte 1945<br />

Arbeiter-Wochenlohn: 33,30 Rm<br />

(= Gegenwert für 2-3 amerikanische Zigaretten !!)<br />

1945 – 1950 Eine bessere Zeit beginnt<br />

Aus neuem Mut<br />

kommt neue Kraft<br />

Ein Aufatmen ging durch die Welt . . .<br />

Die Siegermächte teilten Deutschland in<br />

vier Besatzungszonen auf, in denen sie<br />

Verwaltungshoheit ausübten. Das Gebiet<br />

der Buirer Genossenschaft unterstand britischer<br />

Verwaltung – sie sorgte unmittelbar<br />

nach Kriegsende für einigermaßen geregelte<br />

Lebensverhältnisse und für die<br />

Linderung der allergrößten Not. Im Jahr<br />

1948 wurde mit dem "Europäischen Wie-<br />

deraufbauprogramm" – besser bekannt<br />

als "Marshall-Plan" (nach dem damaligen<br />

US-Außenminister George Marshall) –<br />

die Beseitigung der Kriegsschäden sowie<br />

der Wiederaufbau der europäischen<br />

Wirtschaft in Gang gesetzt. Diese<br />

amerikanische Nachkriegshilfe kam in<br />

starkem Maße auch Deutschland zugute.<br />

Aufgrund seiner westlichen Lage hielt <strong>im</strong><br />

Genossenschaftsgebiet noch vor Kriegsende<br />

der Frieden Einzug.<br />

1945<br />

Bezugsgeschäft: 2.000 t / 0,25 Mio. Reichsmark<br />

Absatzgeschäft: 4.000 t / 1,00 Mio. Reichsmark<br />

Mitgliederzahl: 408<br />

Bereits <strong>im</strong> März 1945 kamen die ersten<br />

<strong>Land</strong>wirte zurück auf ihre Höfe. Die He<strong>im</strong>at<br />

bot ihnen ein wüstes Bild. Weite Flächen<br />

waren vermint, von Bomben aufgewühlt,<br />

von Wehrgräben durchzogen oder<br />

völlig zerfahren. Soweit die Hofgebäude<br />

noch standen, zeigten die meisten erhebliche<br />

Schäden. Inventarien waren häufig<br />

entwendet, zerstört oder beschädigt. Lebens-<br />

und Futtermittel, Saatgut, oft sogar<br />

die Trinkwasser-Versorgung fehlten.<br />

13


14<br />

1945 – 1950 Eine bessere Zeit beginnt<br />

Mit neuem Mut begann man <strong>im</strong> ganzen<br />

<strong>Land</strong> sogleich mit dem Wiederaufbau.<br />

<strong>Weg</strong>en des Mangels an jeder Art von Bedarfsmaterialien<br />

waren alle auf ihre spärlichen<br />

Reste angewiesen, vor allem aber<br />

auf die "Wiederverwertung" von Materialien<br />

aus den Trümmern. Es wurden – auch<br />

hier auf dem <strong>Land</strong> – Hunderttausende<br />

von Steinen abgeklopft, Tür- und Fensterrahmen<br />

repariert, Dächer geflickt. Es war<br />

die Zeit, in der unsere Väter und Großväter<br />

jeden krummen Nagel gerade klopften...<br />

Gleichzeitig hatten sich die Menschen um<br />

die Bestellung ihrer Felder zu kümmern,<br />

soweit dies überhaupt möglich war. Allenthalben<br />

fehlten Zugmaschinen, und Zugvieh<br />

war äußerst knapp. So mussten<br />

Planierarbeiten oft mit Schaufeln und<br />

Schubkarren erledigt werden.<br />

An dieser Stelle sei allen <strong>Land</strong>wirtsfrauen<br />

eine ganz besondere und höchste Anerkennung<br />

ausgesprochen. In der "männerarmen"<br />

Kriegs- und Nachkriegszeit haben sie<br />

Übermenschliches geleistet: Schwerste<br />

körperliche Arbeit auf Feld und Hof, die<br />

Aufrechterhaltung der Geschäfte, die Sorge<br />

um die Kinder, den Zusammenhalt der<br />

Familie und unzählige Hiobsbotschaften<br />

hatten sie meist alleine zu tragen. Vor allem<br />

ihnen ist das "Management der Not" zu<br />

verdanken, ohne das der Wiederaufbau<br />

des familiären und des genossenschaftlichen<br />

Lebens wohl kaum gelungen wäre.<br />

Mit Hilfe der Besatzung wurden wieder<br />

erste Mengen an Saatgut, Brennstoff und<br />

Vieh ausgegeben. <strong>Der</strong> Ernte folgte dann<br />

die Überwachung der Ablieferung – zur<br />

Linderung der Not und als Maßnahme<br />

gegen den Schwarzhandel; Lebensmittelkarten<br />

und Bezugsscheine konnten mangels<br />

Ware meist nicht eingelöst werden.<br />

1948<br />

Bezugsgeschäft: 8.500 t / 1,40 Mio. DM<br />

Absatzgeschäft: 5.500 t / 1,60 Mio. DM<br />

Mitgliederzahl: 416<br />

1948<br />

Ab Oktober durften Bauern für je 3 Personen pro Jahr<br />

1 Schwein, für 1 Person 1 Schaf oder Kalb schlachten<br />

Die Genossenschaft war 1945 nahezu am<br />

Ende: In Distelrath waren die Lagergebäude<br />

infolge des Großangriffs vom 16. November<br />

'44 auf Düren fast völlig zerstört,<br />

Büro und Lagergebäude in Buir hatten<br />

schwer gelitten, in Vettweiß lag der Kunstdünger-Schuppen<br />

in Trümmern, das<br />

Getreidelager war hier "nur" schwer<br />

beschädigt. . . Das Anlagevermögen der<br />

Genossenschaft war gleich null.<br />

Die zurückgekehrten Mitarbeiter standen<br />

vor den Ruinen ihres Arbeitsplatzes.<br />

Doch auch sie begannen – trotz der Unsicherheit<br />

auf Weiterbeschäftigung – sofort<br />

mit den Aufräumungsarbeiten.<br />

Für die Genossenschaft stellte sich die Existenzfrage<br />

in dieser so unüberschaubaren<br />

Zeit. Nach intensiven Beratungen entschied<br />

man sich zur Weiterführung der<br />

Geschäfte mit der ausdrücklichen Begründung,<br />

dass "der Einzelne in der Not allein<br />

erst recht nicht vorwärts kommen könne".<br />

So blieb der Zusammenhalt der Mitglieder<br />

auch durch diese schwerste Bewährungsprobe<br />

hindurch bestehen und erfuhr<br />

durch die beispiellose Aufbauleistung eine<br />

noch bis heute fortwirkende Festigung.<br />

Neben der Beseitigung unmittelbarer<br />

Kriegsfolgen waren noch andere Schwierigkeiten<br />

– mittelbare und auch naturgegebene<br />

– zu überwinden. <strong>Der</strong> Winter<br />

1946/47 zeigte sich als unerbittlich streng<br />

und kalt und der darauf folgende Sommer<br />

als überdurchschnittlich heiß und trocken,<br />

Kontigentierungen und Ablieferungsverpflichtungen<br />

erschwerten die Situation<br />

und die Währungsreform vom 20. Juni<br />

1948 hatte eine Geldentwertung von<br />

10 Reichsmark auf 1 D-Mark gebracht;<br />

viele Betriebe gerieten in finanzielle<br />

Schwierigkeiten.<br />

1948<br />

Arbeiter-Stundenlohn: 0,58 DM<br />

1948<br />

20. Juni 1948: Währungsreform<br />

Warenbestand der Genossenschaft:<br />

574.410,-- Reichsmark = 57.441,-- D-Mark<br />

Zudem stiegen betriebliche und private<br />

Steuern, hinzu kam der "Lastenausgleich"<br />

– und der Viehbestand lag noch <strong>im</strong>mer<br />

mit rund 20% unter dem Vorkriegsniveau.<br />

. .<br />

Dennoch waren ab Herbst 1949 die größten<br />

Nöte in Stadt und <strong>Land</strong> behoben, und<br />

<strong>im</strong> Jahr 1950 fuhren die <strong>Land</strong>wirte eine<br />

gute Ernte ein. Alles wendete sich zum<br />

besseren und das allgemeine St<strong>im</strong>mungstief<br />

war bald überwunden.<br />

Zur Schaffung einer neuen Verfassung beriefen<br />

die Westmächte am 1. September<br />

1948 in Bonn den "Parlamentarischen Rat"<br />

ein – seine Mitglieder sind die Väter unseres<br />

heutigen Grundgesetzes.<br />

Nach Abschluß der Beratungen folgten<br />

am 14.8.1949 die Wahlen zum 1. Deutschen<br />

Bundestag und schon am 7.9.1949<br />

wurde feierlich die Gründung der Bundesrepublik<br />

vollzogen.<br />

Für ganz Deutschland hatte eine bessere<br />

Zeit begonnen.<br />

Aber das alles ist schon über 50 Jahre her…<br />

1949<br />

Festsetzung des Weizenpreises auf 26,-- DM / 100 kg<br />

und des Zuckerrübenpreises auf 5,-- DM / 100 kg<br />

7. September 1949<br />

Gründung der Bundesrepublik Deutschland


16<br />

1951 – 1956 Tendenz steigend<br />

Die "zweiten 50 Jahre" der Geschichte der<br />

Buirer Genossenschaft stehen zunächst<br />

wieder einmal <strong>im</strong> Zeichen der Konsolidierung<br />

. . . aber auch <strong>im</strong> Zeichen des<br />

Wachstums. In dieser Zeit sind, <strong>im</strong> Vergleich<br />

zu den ersten 50 Jahren,<br />

verhältnismäßig geradlinig nach oben<br />

führende<br />

Entwicklungskurven zu konstatieren.<br />

Die Politik bewegte sich seit 1949 <strong>im</strong> sicheren<br />

Fahrwasser einer funktionierenden<br />

freiheitlichen Demokratie und das Geschäftsleben<br />

folgte den Regeln der "freien<br />

und sozialen Marktwirtschaft", die der<br />

'Vater des Wirtschaftswunders', Wirtschaftsminister<br />

Ludwig Erhard, proklamiert<br />

hatte. Zwar waren Erzeugung und<br />

Die 'Buirer' wird 50<br />

Verteilung von Grundnahrungsmitteln<br />

Anfang der 50er Jahre noch gewisser<br />

staatlicher Reglementierung unterworfen,<br />

doch die Strukturen der freien Wirtschaft<br />

begannen sich "von selbst" aufzubauen<br />

und zu festigen.<br />

Mit der Erholung der deutschen <strong>Land</strong>wirtschaft<br />

hat zugleich auch die Buirer Genossenschaft<br />

einen deutlichen Aufschwung<br />

genommen.<br />

Aufgrund der gleichzeitigen Belebung in<br />

der übrigen Wirtschaft stiegen die Löhne<br />

mit der Zeit dort stärker an, als in der<br />

<strong>Land</strong>wirtschaft. Dies führte zu verstärkter<br />

Abwanderung familienfremder Arbeits-<br />

kräfte in die Industrie.<br />

Kletternde Löhne auch in der <strong>Land</strong>wirtschaft,<br />

wachsende sozialstaatliche und<br />

steuerliche Belastungen, steigende Preise<br />

bei Bedarfsgütern sowie höhere Pachtzinsen<br />

– und damit insgesamt der Anstieg<br />

der Erzeugerkosten bei nicht adäquat mitwachsenden<br />

Erzeugerpreisen – brachten<br />

die <strong>Land</strong>wirtschaft in den Folgejahren<br />

zunehmend in Zugzwang.<br />

Das Schlüsselwort in den 50er und 60er<br />

Jahren hieß 'Technisierung'. Im vorwiegend<br />

Getreide produzierenden Genossen-<br />

1951<br />

Bubenhe<strong>im</strong>, Kauf des Grundstücks an der Bundesbahn<br />

1961<br />

Errichtung eines 2.000 t - Getreidesilos auf diesem Grundstück<br />

1951<br />

Bezugsgeschäft: 12.300 t / 1,9 Mio. DM<br />

Absatzgeschäft: 12.500 t / 3,4 Mio. DM<br />

Mitgliederzahl: 488


allem die Umstellung von Scheunenauf<br />

Erntedrusch, also die Investition in<br />

Mähdrescher.<br />

Infolge dieser sich überraschend schnell<br />

vollziehenden Umstellung erwarteten die<br />

Mitglieder eine beschleunigte Abnahme<br />

ihrer Produktion durch die Genossenschaft<br />

zur Erntezeit.<br />

Außerdem war die <strong>Land</strong>wirtschaft<br />

insgesamt weder finanziell noch bezüglich<br />

ihrer räumlichen Einrichtungen in der Lage,<br />

die steigenden Erträge ihres nunmehr<br />

'erntefertigen Erzeugerproduktes Getreide'<br />

professionell zu lagern. Zudem machte<br />

dies auch keinen wirtschaftlichen Sinn:<br />

Die individuelle Einlagerung der betrieblichen<br />

Kleinmengen war<br />

unverhältnismäßig investitions- und lohnintensiv<br />

– und bereits damals markt-<br />

1954<br />

Aufbau der Zweigstelle Nörvenich<br />

Getreidesilo 2.000 t<br />

1955<br />

Arbeiter-Stundenlohn: 1,30 DM<br />

1951 – 1956<br />

Die Anzahl der Mähdrescher stieg jährlich um 65%<br />

(<strong>im</strong> ges. Rheinland: 1952/256 Stück - 1956/1.100 Stück)<br />

wirtschaftliche Vergangenheit. Denn<br />

inzwischen boten Nachfrage-<br />

Schwankungen wieder die Chance, durch<br />

zeitlich flexibleren Absatz die Gunst höherer<br />

Marktpreise zu nutzen.<br />

In unternehmerischer Weitsicht erkannten<br />

Mitglieder wie<br />

Genossenschaftsführung den kausalen<br />

Zusammenhang dieser Entwicklung und<br />

den daraus resultierenden Handlungsbedarf<br />

für die Genossenschaft: die Schaffung<br />

entsprechender Annahme - und<br />

Lagerkapazitäten. Zunehmender Düngerund<br />

Futtermittelverbrauch belasteten die<br />

Lagersituation zusätzlich. Die Umsetzung<br />

jener Aufgabe stellte die Genossenschaft<br />

vor größte investive Herausforderungen.<br />

Dennoch<br />

1956<br />

Errichtung eines 2.000 t - Getreidesilos am Bahnhof Buir<br />

1956<br />

Bezugsgeschäft: 19.000 t / 4,6 Mio. DM<br />

Absatzgeschäft: 20.500 t / 7,4 Mio. DM<br />

Mitgliederzahl: 509<br />

gerieten die Erzeugerpreise inzwischen<br />

unter die Kosten, und die Abwanderung<br />

von Arbeitskräften hielt an; die Unruhe<br />

in der <strong>Land</strong>wirtschaft wuchs zusehends.<br />

Angesichts dieser Situation verabschiedete<br />

der Bundestag <strong>im</strong> Juli 1955 einst<strong>im</strong>mig<br />

das '<strong>Land</strong>wirtschaftsgesetz'. Es bedeutete<br />

eine Selbstverpflichtung der Bundesregierung,<br />

gemäß der das <strong>Land</strong>wirtschafts-<br />

Ministerium jeweils zum 15. Februar den<br />

sogenannten "Grünen Bericht" vorlegen<br />

und entsprechende<br />

Unterstützungsmaßnahmen erarbeiten<br />

musste, die <strong>im</strong><br />

"Grünen Plan" dokumentiert wurden.<br />

Das geschah erstmals Anfang 1956.<br />

17


18<br />

1957 – 1970 Eine ”ganz normale“ Zeit<br />

1958/1959<br />

Kauf des seit 1937 gepachteten Grundstücks in Vettweiß<br />

und Errichtung eines 2.000 t - Getreidesilos<br />

1960 - 1963<br />

Kauf eines Grundstücks in Merken und Aufbau eines<br />

Getreidesilos<br />

1961<br />

Die Genossenschaft verfügt über mehr als 10.000 t<br />

Getreidelagerraum<br />

1961<br />

Bezugsgeschäft: 35.000 t / 7,5 Mio. DM<br />

Absatzgeschäft: 28.500 t / 9,8 Mio. DM<br />

Mitgliederzahl: 558<br />

1962<br />

<strong>Der</strong> Gesamtumsatz überschreitet erstmalig die 20-Millionen-DM-Grenze<br />

1964<br />

Die Ausgaben eines 4-Personen-Arbeitnehmer-Haushaltes mit mittlerem<br />

Einkommen für Lebensmittel sind von 46% in 1950 auf 33,6% in 1964<br />

zurückgegangen<br />

1964<br />

Bau des Verwaltungsgebäudes in Düren<br />

1966<br />

Aufnahme der Produktion von Schweinemastfutter<br />

1966: 2.890 t, 1970: 3.935 t<br />

1967<br />

Errichtung eines weiteren Getreidesilos in Nörvenich


1969<br />

Bau einer Getreide- und Mineraldüngerhalle in Buir,<br />

Ausrüstung der Zweigstelle Buir mit einem Getreide-Trockner<br />

Anschaffung von Getreide-Kühlgeräten<br />

Genossenschaftlicher Alltag…<br />

und Europa kommt<br />

Bereits <strong>im</strong> Juli 1957 nahm ein weiteres<br />

Gesetz zugunsten der <strong>Land</strong>wirtschaft die<br />

parlamentarischen Hürden: Das 'Altersgeld-Gesetz'<br />

brachte die dringend notwendige<br />

Erleichterung der Hofübergabe an<br />

die nächste Generation; in der Folge war<br />

das Durchschnittsalter der landwirtschaftlichen<br />

Unternehmer merklich<br />

zurückgegangen. 1963 erweiterte dann eine<br />

No-velle die Altersgeldzahlung auf jene<br />

<strong>Land</strong>wirte, die vor Vollendung des 65. Lebensjahres<br />

erwerbsunfähig geworden waren.<br />

Rom 1957: Deutschland, Frankreich, Italien,<br />

Niederlande, Belgien und Luxemburg<br />

gründen die 'Europäische Wirtschaftsgemeinschaft'<br />

(EWG). Die 'Römischen<br />

Verträge' treten am 1. Januar 1958 in<br />

Kraft und bewirken die Errichtung eines<br />

gemeinsamen Marktes und die gegenseitige<br />

Annäherung der Wirtschafts- und<br />

Währungspolitik.<br />

In Fortführung dieser Gemeinsamkeit beginnt<br />

am 1. Juli 1968 die 'Zollunion' der<br />

EWG - Staaten. Alle Binnenzölle werden<br />

abgeschafft und einheitliche Außenzölle<br />

vereinbart. Ziel des gemeinsamen Handelns<br />

ist die Stärkung der europäischen<br />

Länder <strong>im</strong> Weltmarkt. Wie in jeder Familie<br />

erfordert auch die neue Europäische<br />

Gemeinschaft ein hohes Maß an Toleranz<br />

– und sie bringt Reibungsverluste mit sich.<br />

Die stetige Zunahme des Mäh- und Erntedruschs<br />

bewirkte <strong>im</strong> guten Erntejahr 1957<br />

wieder größere Annahmeschwierigkeiten<br />

für Getreide. Dies bestätigte erneut die<br />

Bedeutung der Schaffung weiteren Lagerraums.<br />

Die Ernten der Jahre 1959 - '61<br />

fielen witterungsbedingt mager bis ausge-<br />

1965 und 1970 Handelsmengen Getreide<br />

in % der Gesamtmenge<br />

1965 1970<br />

Weizen 50 62<br />

Roggen 29 21<br />

Gerste 16 16<br />

Hafer 5 1<br />

sprochen schlecht aus. Eine große Dürre<br />

verursachte 1959 erheblichen<br />

Grünfuttermangel mit der Folge stark sinkender<br />

Milcherträge und emporschnellender<br />

Preise für Zukaufsfutter. Die<br />

Zuckerrüben-Erträge enttäuschten<br />

ebenfalls.<br />

Im Gegensatz zu 1959 zeigten sich die<br />

Erntejahre 1960 und '61 ausgesprochen<br />

nass – 1961 ertranken gar die Felder <strong>im</strong><br />

wahrsten Sinne des Wortes: Am 2. und 3.<br />

Juni verwüsteten extreme, in einem Hochwasser<br />

gipfelnde Niederschläge die Felder,<br />

Binsfeld und Rommelshe<strong>im</strong> waren sogar<br />

zeitweise von der Außenwelt abgeschnitten.<br />

Zu allem Überfluß folgte <strong>im</strong> Herbst<br />

'61 noch eine erschreckende Mäuseplage.<br />

Solche Ertrags- und auch<br />

Qualitätseinbrüche bescherten <strong>Land</strong>wirten<br />

und Genossenschaft neben beträchtlichen<br />

Einnahmeverlusten auch erhebliche<br />

Zusatzkosten.<br />

Dennoch hielt die Genossenschaft an<br />

ihrem 'Lagerraumkonzept' unvermindert<br />

fest. Aufgrund der Getreideanlieferungen<br />

mit hohem Feuchtigkeitsgehalt wurden<br />

zudem entsprechende Aufbereitungsanlagen<br />

installiert.<br />

Alle diese Investitionen boten den Mitgliedern<br />

eine fühlbare Hilfe zur Unterbringung<br />

ihrer Getreide-Erträge, die nun<br />

schon zu 95% mit Mähdreschern vom<br />

Halm kamen.<br />

Gleichzeitig drückten ausländische Erzeugnisse<br />

auf den deutschen Verbrauchermarkt.<br />

Die als Antwort darauf vom<br />

'Zentralausschuss der deutschen <strong>Land</strong>wirtschaft'<br />

initiierte Werbekampagne<br />

19


20<br />

1957 – 1970 Eine ”ganz normale“ Zeit<br />

In dieser Zeit der gemischten Gefühle feierte<br />

die 'Buirer' ihr 60-jähriges Bestehen.<br />

Entgegen aller widrigen Umstände hatte<br />

sie Grund zum Feiern: Den stetigen Anstieg<br />

ihrer Mitgliederzahl durfte sie mit Fug<br />

und Recht als Vertrauensbeweis werten,<br />

und die sogar proportional deutlich in<br />

Mengen und Wert gestiegenen Umsätze<br />

bestätigten das Genossenschaftskonzept<br />

der flexiblen Anpassung.<br />

In den Folgejahren stieg der Umsatz weiter<br />

an und überschritt bereits 1962 die<br />

20-Millionen-DM-Grenze – hier<br />

besonders durch einen erhöhten Düngerund<br />

Futtermittelverbrauch.<br />

Jedoch blieb das Kosten/Preisverhältnis<br />

weiterhin ungünstig und führte einerseits<br />

zu Betriebsaufgaben und andererseits zu<br />

Betriebsvergrößerungen, die der Existenzsicherung<br />

dienten. Die Zahl der Betriebe<br />

mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche<br />

zwischen 20 und 50 Hektar nahm<br />

zu.<br />

Veranlasst durch Bergschäden am Buirer<br />

Bürohaus konnte die Genossenschaft<br />

bereits1964 ihr neues Verwaltungsgebäude<br />

an der Kölner <strong>Land</strong>straße in<br />

Düren beziehen. Das 1965 errichtete<br />

erste Obergeschoß wurde an das<br />

Erzeuger- und Verbraucherpreise Brotgetreide – in DM pro kg<br />

Erzeuger- Verbraucher- Erzeuger- Verbraucherpreis<br />

preis preis preis<br />

1951/52 1952 1963/64 1964<br />

Weizen 0,44 0,42<br />

Weizenmehl 0,80 1,06<br />

Weißbrot 0,87 1,35<br />

Brötchen 1,23 1,98<br />

Roggen 0,41 0,39<br />

Roggenbrot 0,61 0,98<br />

1965/66 Erzeuger- und Betriebsmittelpreise in DM/100 kg<br />

Weizen 42,40 Kalkstickstoff 32,70<br />

Roggen 37,70 Kali <strong>im</strong> Mittel 15,70<br />

Gerste 36,50 Thomasmehl 8,04<br />

Hafer 33,70 Saatgetreide 70,00<br />

Raps 62,20 Milchleistungsfutter 44,00<br />

Zuckerrüben 7,31 Schweinemastfutter 52,90<br />

Verwaltungsgebäude in Düren, erbaut 1964<br />

‘Mittelrheinische landwirtschaftliche<br />

Rechenzentrum‘ vermietet. In diesem<br />

Jahr erhielt die Buirer auch ihre erste<br />

EDV-Anlage.<br />

Im gleichen Jahr entschloss man sich zur<br />

Aufnahme einer eigenen Futtermittelherstellung<br />

– ausgelöst vor allem durch die<br />

positive Gersten-Erzeugung. So wurden<br />

in Nörvenich, Distelrath und Vettweiß<br />

Mischanlagen errichtet, in denen mit<br />

guten jährlichen Zuwächsen vor allem<br />

Schweinemastfutter produziert wurde.<br />

Zugunsten einer verbesserten Belieferung<br />

der Mitglieder und Kunden mit losen<br />

Futter- und Düngemitteln, deren Verwendung<br />

ständig zunahm, erwarb die Genossenschaft<br />

einen ersten Silo-Lastzug.<br />

1970 hat man dann vollständig auf 'Lose-<br />

Dünger-Kette' umgestellt. Während die<br />

1961 Mitglieder des Vorstandes/des Aufsichtsrates<br />

von links nach rechts von links nach rechts<br />

Vorstand, sitzend Aufsichtsrat, stehend<br />

Edmund Graf Wihelm Dahmen<br />

Hubert Hergarden Fritz Baumann<br />

August Hempsch, Vorsitzender Albert Merckelbach<br />

Heinrich Minten Jürgen Sieger<br />

Leo Esser Karl Hoffsümmer, Vorsitzender<br />

Josef Krafft<br />

Lambert Courth<br />

Johann Zens<br />

Michael Frings<br />

Josef Kölling, Geschäftsführer<br />

'Getreidepreis-Senkung' aufgrund eines<br />

EWG-Beschlusses ab dem 1. Juli '67 zu<br />

einer direkten wertmäßigen Umsatzminderung<br />

führte, verursachte die<br />

Einführung der 'Mehrwertsteuer' 1968<br />

zunächst eine Umsatzverlagerung –<br />

letztendlich<br />

allerdings mit gleicher Folge.<br />

Als neues Steuerungselement für den Getreidemarkt<br />

trug die <strong>im</strong> 1. Halbjahr 1970<br />

eingeführte 'Intervention B' spürbar zu<br />

einer gleichmäßigeren Vermarktung bei:<br />

Lagerverträge mit dem Staat – gegen<br />

Vergütung der Lagerkosten – sorgten <strong>im</strong><br />

Interesse der Erzeuger für eine vom Preis<br />

abhängende Verfügbarkeit großer Getreidemengen<br />

am Markt. Jedoch bewirkte<br />

diese Regelung zuweilen Umsatzverschiebungen<br />

ins Folgejahr.<br />

Vor allem aufgrund der reichen und qualitätsvollen<br />

Ernte und des Verkaufs der<br />

letztjährigen Vorräte erfuhr das Absatzgeschäft<br />

1970 eine wertmäßige Steigerung<br />

von 31%.<br />

So haben vorwiegend gute, aber auch weniger<br />

gute Zeiten die vergangenen Jahre der<br />

Genossenschaftsgeschichte geprägt. Insgesamt<br />

jedoch hat die Doppelstrategie der<br />

Konsolidierung und der flexiblen Anpassung<br />

Früchte getragen und das Vertrauen


Bubenhe<strong>im</strong><br />

Pro-Kopf-Verbrauch an Lebensmitteln in kg pro Jahr<br />

1935 1951 1973<br />

Weizenmehl 61,0 61,8 47,4<br />

Roggenmehl 47,0 35,1 14,7<br />

Rindfleisch 15,2 11,7 20,5<br />

Schweinefleisch 29,9 19,9 42,0<br />

Kalbfleisch 3,1 1,8 1,7<br />

Butter 8,1 6,4 7,3<br />

Trinkmilch 126,0 111,2 86,5<br />

Käse u. Quark 4,4 5,2 16,2<br />

Gemüse 51,9 49,9 66,6<br />

Kartoffeln 176,0 186,0 93,8<br />

1971<br />

Bezugsgeschäft: 50.000 t / 15,1 Mio. DM<br />

Absatzgeschäft: 53.000 t / 15,9 Mio. DM<br />

Mitgliederzahl : 622<br />

1971<br />

Ausstattung der Zweigstellen mit Gabelstaplern<br />

1976<br />

Bezugsgeschäft : 26,3 Mio. DM<br />

Absatzgeschäft : 19,3 Mio. DM<br />

Mitgliederzahl : 646<br />

Die <strong>Land</strong>wirtschaft<br />

wird<br />

marktwirtschaftlicher<br />

1976<br />

Fertigstellung einer Getreide-Lagerhalle für 6.000 t<br />

in Nörvenich<br />

1977<br />

Bau einer Getreide- und Düngerhalle in Vettweiß<br />

Bau einer offenen Halle in Distelrath<br />

1979<br />

Erweiterung der Getreideannahmen in Buir und Distelrath<br />

1971 – 1992 Strukturwandel<br />

Seit gut 20 Jahren hat sich bundesweit<br />

eine Entwicklung in nahezu geradliniger<br />

Gleichmäßigkeit fortgesetzt, die den<br />

Alltag der <strong>Land</strong>arbeit auch <strong>im</strong> Genossenschaftsraum<br />

erheblich und nachhaltig<br />

beeinflusst hat: die Abwanderung von<br />

Arbeitskräften. So schmolz in diesem Zeitraum<br />

die Zahl der mitarbeitenden Familienangehörigen<br />

um die Hälfte, die der familienfremden<br />

Arbeitskräfte sogar um 80%.<br />

Es gab zwei Hauptgründe für diesen Wandel:<br />

Zum einen zahlte die "übrige" Wirtschaft<br />

bessere Löhne – ihre von Naturgegebenheiten<br />

unabhängigen und zudem<br />

von schnell fortschreitender Technologie<br />

best<strong>im</strong>mten Strukturen ermöglichten dies<br />

und brachten zugleich die Zeit der Vollbeschäftigung.<br />

Zum anderen waren dort<br />

die Arbeitsplätze bequemer, mit kürzerer<br />

und geregelter Arbeitszeit ausgestattet –<br />

und vor allem lohndynamischer durch<br />

permanenten gewerkschaftlichen Druck.<br />

Die Personalkosten galten seitens der landwirtschaftlichen<br />

Unternehmer seit langem<br />

als ausgereizt; die <strong>im</strong> wesentlichen unverändert<br />

geringe Bandbreite der Gewinne<br />

setzte hier – wieder einmal – "natürliche"<br />

Grenzen.<br />

Sowohl diese Situation als auch die<br />

Einflüsse aus der sich entwickelnden<br />

Europäischen Gemeinschaft und den zunehmend<br />

multinationaler agierenden<br />

Agrarmärkten zwangen die <strong>Land</strong>wirte zu<br />

einer massiven Effizienzsteigerung in<br />

ihren Unternehmen. In dem an Arbeitsgängen<br />

reichen Ackerbau bedeutete dies<br />

Technisierung und Mechanisierung,<br />

sprich: Investition. Es konnte aber auch<br />

den <strong>Weg</strong>fall eines unrentabel gewordenen<br />

Betriebszweiges bedeuten, z. B. einer bis<br />

dato zusätzlichen Milchkuh-Haltung.<br />

21


22<br />

1971 – 1992 Strukturwandel<br />

Folge des Effizienz-Drucks war häufig<br />

auch die Aufgabe kleiner, zum Teil nebenerwerblich<br />

geführter Betriebe einerseits<br />

und die Vergrößerung der bestehen gebliebenen<br />

Betriebe andererseits.<br />

Und schließlich bedeutete der Effizienz-<br />

Druck die Zusammenlegung von Flächen<br />

mit gleicher Fruchtfolge, die Steigerung<br />

der Erträge und ihrer Qualität, die Opt<strong>im</strong>ierung<br />

des Betriebsmittel-Einkaufs –<br />

letztendlich die Rationalisierung des gesamten<br />

Betriebes. Dabei gab es oft<br />

Zündstoff in den Familien, und Alte wie<br />

Junge mussten strenger als jemals zuvor<br />

ent-scheiden, was "unabdingbar nötig" ist<br />

– und was man bisher "für nötig" hielt . . .<br />

Als Folge jener Zusammenhänge entwickelten<br />

sich die "Bauern" zunehmend zu "Agrar-Ingenieuren",<br />

Söhne und Töchter begannen<br />

mit dem Studium auf landwirtschaftlichen<br />

Hochschulen – und die<br />

<strong>Land</strong>wirtsfrauen wechselten endgültig<br />

aus Stall und Scheune ins "Betriebsbüro".<br />

Auch die 'Buirer Genossenschaft' unterstand<br />

dem Zwang zur Veränderung: <strong>Der</strong><br />

bisher rein ländliche Interessenverband<br />

begann sich zum Wirtschaftsunternehmen<br />

zu wandeln.<br />

Im Aufbauschub der Nachkriegszeit fast<br />

1976 Mitglieder des Vorstandes/des Aufsichtsrates<br />

von links nach rechts<br />

Vorstand, sitzend Aufsichtsrat, stehend<br />

Jan Kirsch Fritz Baumann<br />

Karl Forsbach, stellv. Vorsitzender Hans August Knoch<br />

August Hempsch, Vorsitzender Anton Berg, stellv. Vorsitzender<br />

Josef Kölling, geschäftsf. Vorstand Josef Krafft<br />

Edmund Graf Karl Hoffsümmer, Vorsitzender<br />

Heinrich Zens<br />

Hans-Bernd Kretz<br />

Karl Merckelbach<br />

Georg Olligs<br />

Futterverladung und Getreide-Annahme Nörvenich<br />

unmerklich, und dann leise aber merklich,<br />

begann dieser 'Strukturwandel' seinen<br />

mittlerweile <strong>im</strong>mensen Einfluss geltend<br />

zu machen. Und wenn wir heute analysierend<br />

zurückblicken, wissen wir: Er war<br />

von Anfang an unumkehrbar – und er ist<br />

noch nicht zu Ende. Nach ihrem<br />

nunmehr gut 40 Jahre währenden "zwei-<br />

Buirer Erfolgsmast<br />

1971 Erweiterung der Fertigfutter-Anlage<br />

1973 Einbau der Pelletieranlage in Nörvenich,<br />

Erweiterung Vorratsbehälter<br />

1974 Anschaffung eines weiteren Silofahrzeuges<br />

und Einstellung eines Futtermittel-Beraters<br />

Produktion auf 8.650 t verdreifacht<br />

<strong>Land</strong>wirtschaftliche Betriebe nach Betriebsgrößenklassen<br />

<strong>im</strong> Rheinland 1949, 1970 und 1990<br />

Anzahl der Betriebe je Klasse [Tsd.]<br />

40 49 %<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

24 %<br />

18 %<br />

1949<br />

5 %<br />

3 %<br />

1 %<br />

ten<br />

Leben" konnten Genossenschaft und Mitglieder<br />

stolz darauf sein, diesen Strukturwandel<br />

in unermüdlicher Arbeit und<br />

gegenseitiger Hilfsbereitschaft bisher mit<br />

wachsendem unternehmerischem Geschick<br />

bewältigt zu haben.<br />

Beide mussten Federn lassen, aber beide<br />

22 % 20 %<br />

33 %<br />

15 %<br />

7 %<br />

3 %<br />

1970<br />

Prozentwerte = Jahresanteil<br />

22 %<br />

27 %<br />

15 % 14 % 12 %<br />

10 %<br />

1990<br />

LF 1-5 ha LF 6-10 ha LF 11-20 ha LF 21-30 ha LF 31-50 ha LF > 50 ha<br />

LF = <strong>Land</strong>wirtschaftlich genutzte Fläche)<br />

1980<br />

Zukauf des Lagers Zülpich (Mundt)<br />

Aufbau der Flüssigdünger-Einrichtung in Nörvenich und Buir<br />

1981<br />

Zukauf des Lagers Vettweiß (Irnich)<br />

1983<br />

Bau einer weiteren Getreidehalle in Nörvenich<br />

1986<br />

Inbetriebnahme der neuen Lagerhalle in Buir mit separater<br />

Annahme, mit Trocknung und Hallenbeschickung<br />

24 %<br />

11 % 15% 18 %<br />

21 %<br />

11 %<br />

2000


Netto-Erzeugerpreise Weizen von 1980 - 2000<br />

[DM] 50<br />

48<br />

46<br />

44<br />

42<br />

40<br />

38<br />

36<br />

34<br />

32<br />

30<br />

28<br />

26<br />

24<br />

22<br />

20<br />

Zurück zum Alltag der 70er und 80er Jahre…<br />

1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000<br />

1988<br />

Kauf des Getreidesilos der Brennerei in Buir<br />

Bau der Flüssigdünger-Tanks in Buir, Vettweiß und Nörvenich<br />

Einrichtung einer eigenen EDV-Anlage<br />

1990<br />

Die Erzeugerpreise für Getreide waren (wieder) auf dem<br />

Stand von 1970<br />

Beachtlich schnell erfreute sich die Eigenproduktion<br />

des Schweinefutters 'Buirer<br />

Erfolgsmast' zunehmender Beliebtheit;<br />

die Investitionen in die Fertigungsanlagen<br />

hatten sich gelohnt. Insgesamt war<br />

in dieser Zeit ein höherer Verbauch von<br />

Futtermitteln zu verzeichnen.<br />

Fast uneingeschränkt gute Erträge der Mitglieder,<br />

solide Vermarktungserfolge und<br />

stete Zuwächse bei Bezug und Absatz der<br />

meisten Warengruppen erzielten bereits<br />

Anfang der 70er Jahre einen kontinuierlichen<br />

Anstieg des Gesamtumsatzes, der<br />

bis zur Mitte der 80er Jahre anhalten sollte.<br />

So konnten 1976 die Mitglieder <strong>im</strong> Licht<br />

glänzender Zahlen das 75-jährige Bestehen<br />

ihrer Genossenschaft feiern – und<br />

ihren ungebrochenen Zusammenhalt, der<br />

über alle Schwierigkeiten hinweg Grundlage<br />

des gemeinsam erarbeiteten Erfolges<br />

geblieben war.<br />

Im Laufe der Jahre hatten veränderte<br />

Ernährungsgewohnheiten der Verbraucher<br />

einen Rückgang des Weizenmehlund<br />

besonders des Roggenmehl-Bedarfs<br />

mit sich gebracht. Im Gegensatz dazu stiegen<br />

die Absatzergebnisse der Genossenschaft<br />

fast stetig an, was auf einen Zuwachs<br />

der Marktanteile bei Getreide am<br />

Durchschnittliche Getreideerträge<br />

<strong>im</strong> Rheinland seit 1982<br />

[dt/ha]<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

1982 1985 1989 1993 1996 2000<br />

Winterweizen Roggen Wintergerste<br />

Erzeugerpreise <strong>im</strong> Rheinland<br />

in DM pro 100 kg (Durchschnittswerte)<br />

Weizen Roggen Gerste Raps<br />

1982 48,00 46,00 43,50 103,40<br />

1984 42,60 40,50 41,50 108,00<br />

1986 38,30 42,45 40,05 96,00<br />

1988 35,55 37,65 37,80 84,00<br />

1990 33,80 34,15 36,60 81,00<br />

2000 20,50 19,00 18,50 34,50<br />

damaligen deutschen und europäischen<br />

Erzeugermarkt hinweist.<br />

Direkter Grund hierfür waren die<br />

weiterhin durchweg guten Ernten und vor<br />

allem die konsequenten Qualitätsverbesserungen<br />

durch intensive Anstrengungen<br />

der <strong>Land</strong>wirte bei Sorten- und Saatgutwahl<br />

sowie bei Düngung, Pflanzenschutz und<br />

Pflege.<br />

Wachsende Qualitätsansprüche des Marktes<br />

in diesen Jahren zwangen die Genossenschaft<br />

zur Gründung von Erzeuger-<br />

Gemeinschaften mit dem Ziel der stetigen<br />

Qualitätsverbesserung. Im krassen<br />

Widerspruch zu dieser positiven Ertragssituation<br />

stand nach wie vor die tendenziell<br />

negative Entwicklung der Erlöse.<br />

Zwar kletterten die Erzeugerpreise für<br />

Getreide bis 1982/83 auf knapp 50,-- DM,<br />

parallel dazu stiegen aber auch die Produktionskosten<br />

um knapp 30%. Seither zogen<br />

die Verhältnisse auf dem Weltmarkt die<br />

europäischen und damit die deutschen<br />

Preise unaufhaltsam nach unten – Stand<br />

1990: rund 34,-- DM – und das bei<br />

inzwischen nur geringfügig gefallenen Produk-tionskosten.<br />

Dabei lag das Weltmarkt-<br />

Niveau noch deutlich unter 34,-- DM –<br />

Buirer Genossenschaft<br />

Umsatzanteile der Warengruppen 1976<br />

Weizen 26%<br />

Saatgut 3%<br />

sonstige Bedarfsart 1,2%<br />

Treib- & Brennstoffe 4,2%<br />

Pflanzenschutz 4,5%<br />

Roggen 5%<br />

Hafer 1,3%<br />

Futtermittel 19,4%<br />

Gerste 14,2%<br />

sonstige landwirtschaftl.<br />

Erzeugnisse 3,9%<br />

Düngemittel 14,2%<br />

23


24<br />

1971 – 1992 Strukturwandel<br />

3. Oktober 1990<br />

Wiedervereinigung Deutschlands<br />

Intervention gestützt. <strong>Der</strong>artige Erlösschmälerungen<br />

konnten die Mitglieder<br />

mit Hilfe der eingangs des Kapitels beschriebenen<br />

Effizienzsteigerungen jedoch<br />

nur mildern, nicht auffangen. Auch viele<br />

kleine <strong>Land</strong>warenhändler waren betroffen<br />

und gaben auf; ihre Geschäfte gingen<br />

auf die Genossenschaft über. So übernahm<br />

die Buirer Anfang der 80iger Jahre<br />

die <strong>Land</strong>handelsunternehmen Mundt<br />

und Irnich in Vettweiß.<br />

In jener Zeit – zwischen 1984 und 1992 –<br />

hatte auch die Buirer Genossenschaft erhebliche<br />

Belastungen zu verkraften: <strong>Der</strong><br />

Spagat zwischen einer generell verminderten<br />

Handelsspanne und den weiterhin notwendigen<br />

und zur Unterstützung der Mitglieder<br />

auch realisierten Investitionen ließ<br />

die Betriebsergebnisse in der zweiten Hälfte<br />

der 80er Jahre merklich zurückgehen.<br />

Gleichzeitig sah man sich auf Grund des<br />

Kostendrucks bei den Mitgliedern veranlasst,<br />

durch 'Wachstum' eine spürbare<br />

Kosten-Degression zu erreichen.<br />

Europa kam mit Riesenschritten. Die Zeit<br />

der rein auf Deutschland bezogenen Betrachtungsweisen,<br />

Aktionen und Reaktionen<br />

war nun endgültig vorbei. Aus dem<br />

Viel-Staaten-Gebilde Europa nach und<br />

nach eine gemeinsam handelnde Wirtschaftsunion<br />

zu gestalten, die den bereits<br />

am Weltmarkt agierenden sowie den zukünftig<br />

entstehenden Wirtschaftsblöcken<br />

paroli bieten kann, brachte und bringt<br />

unweigerlich schwerwiegende Veränderungen<br />

für alle mit sich. Dieser Prozess<br />

mit seinem zuvor angesprochenen<br />

Strukturwandel wird noch längere Zeit in<br />

das gerade begonnene neue Jahrhundert<br />

hineinreichen.<br />

Indes zeigte sich die deutsche Agrarstruktur<br />

mehr als reformbedürftig – und auch<br />

die Integration der durch die deutsche<br />

Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990<br />

hinzugekommenen neuen Agrargebiete<br />

<strong>im</strong> Osten war zu bewältigen.<br />

Die Agrarreform stand ins Haus – nach<br />

langen Verhandlungen aller involvierten<br />

Interessengruppen trat sie 1992 in Kraft.<br />

Als für die Mitglieder und ihre Genossenschaft<br />

wesentlichste Folge wurden die bislang<br />

staatlich gestützten Erzeugerpreise<br />

für Getreide von rund 32,-- DM <strong>im</strong> Jahr<br />

1992 fortan in Richtung Weltmarktpreis<br />

abgesenkt – bei mindestens gleichbleibender<br />

Produktion und steigenden Erzeugerkosten.<br />

Hierfür erhielten die <strong>Land</strong>wirte eine direkte,<br />

aber nur unzureichende Ausgleichszahlung.<br />

Durch dieses Konzept waren die<br />

Einkommen der <strong>Land</strong>wirte jedoch größtenteils<br />

vom Markt "abgekoppelt".<br />

Die Buirer Genossenschaft stand nun vor<br />

der Aufgabe einer konzeptionellen Neuordnung,<br />

um sich den aktuellen Gegebenheiten<br />

anzupassen und damit ihren Mitgliedern<br />

hilfreich zur Seite stehen zu<br />

können.<br />

1992 Buirer<br />

Bezugsgeschäft: 34,0 Mio. DM<br />

Absatzgeschäft: 38,7 Mio. DM<br />

Mitgliederzahl: 733<br />

1992<br />

Bau des Pflanzenschutz-Lagers Vettweiß<br />

mit 100 t Lagerkapazität


1.1.1993<br />

Fusion mit der '<strong>Land</strong>waren-Genossenschaft<br />

“Untere Erft“ eG, Blieshe<strong>im</strong>'<br />

1993 Buir-Blieshe<strong>im</strong>er<br />

Bezugsgeschäft: 54,3 Mio. DM<br />

Absatzgeschäft: 56,3 Mio. DM<br />

Mitgliederzahl: 1006<br />

1993 – 1995 Disziplinierte Erneuerung<br />

Starke Hand für<br />

große Schritte<br />

1993<br />

Kauf des Warengeschäftes von der Raiffeisenbank Zülpich<br />

mit dem Lager Dürscheven (Umsatz 12 Mio. DM)<br />

Kauf des Warengeschäftes von der Volksbank Düren<br />

mit dem Lager Niederzier (Umsatz 11 Mio. DM)<br />

Einrichtung des Haus- und Gartenmarktes, Blieshe<strong>im</strong><br />

1994<br />

Bau von 7.500 t zusätzlichem Getreidelagerraum in Merken,<br />

Erweiterung der Annahme-Kapazität auf 320 t/Stunde<br />

Vor dem Hintergrund dieser konzeptionellen<br />

Neuordnung begannen 1992 die<br />

Verhandlungen mit der '<strong>Land</strong>waren-<br />

Genossenschaft "Untere Erft" eG,<br />

Blieshe<strong>im</strong>', mit dem Ziel, die Möglichkeiten<br />

einer Fusion auszuloten. Die Fusions-<br />

Plattform wurde gemeinsam gefunden,<br />

das Fusionskonzept mit großem unternehmerischem<br />

Weitblick verabschiedet.<br />

Es wurde "die Fusion" in der bisherigen<br />

Geschichte beider Genossenschaften –<br />

dabei ist die 'Buirer Bezugs- und Absatzgenossenschaft'<br />

mit 72 Millionen und die<br />

'<strong>Land</strong>waren-Genossenschaft "Untere Erft<br />

eG" mit 50 Millionen Umsatz in die neue<br />

Unternehmenseinheit eingestiegen.<br />

Während erstere den höheren Umsatz<br />

und das größere Vermögen mit einbrachte,<br />

verfügte die zweite über einen ausgeprägteren<br />

Cash-flow. Insofern haben zwei in<br />

etwa gleichwertige Partner den 'Bund für's<br />

Leben' geschlossen.<br />

Mit Rechtswirksamkeit und Handlungsfähigkeit zum 1. Januar 1993<br />

war ein neues Unternehmen entstanden, das sich den paritätisch<br />

formulierten Namen 'Buir-Blieshe<strong>im</strong>er Agrargenossenschaft' gab.<br />

1994<br />

Einzug in das neue Verwaltungsgebäude in Nörvenich<br />

Verkauf der Verwaltungsgebäude in Düren und Blieshe<strong>im</strong><br />

1995<br />

Bau von11.000 t Getreidelagerraum in Dürscheven, Erweiterung<br />

der Annahme-Kapazität auf 400 t/Stunde<br />

25


26<br />

1931 Die erste Stunde<br />

CHRONOLOGIE DER BLIESHEIMER GENOSSENSCHAFT<br />

In einem 'Bund für's Leben' hat jeder Partner<br />

auch seine ureigene, ganz spezielle Vergangenheitsgeschichte.<br />

Eingebunden in die Entwicklung der europäischen,<br />

deutschen und rheinischen<br />

<strong>Land</strong>wirtschaft haben wir nunmehr 92<br />

Jahre der Buirer Geschichte gemeinsam<br />

nacherlebt – bis zu "der Fusion", die den<br />

Buirer und den Blieshe<strong>im</strong>er Lebensweg<br />

zusammenführte.<br />

Auf den folgenden beiden Doppelseiten<br />

wollen wir nun die 62 Jahre der Blieshe<strong>im</strong>er<br />

Vergangenheit vorbeiziehen lassen –<br />

bis zu "der Fusion". . .<br />

<strong>Der</strong> interessierte Leser möge dabei bitte<br />

bedenken, dass diese 62 Jahre in das selbe<br />

entwicklungspolitische Umfeld eingebettet<br />

waren, wie dies be<strong>im</strong> gleichen Zeitraum<br />

der Buirer Geschichte der Fall ist.<br />

Gründungsmitglieder der Gründungsversammlung<br />

vom 14. Februar 1931:<br />

Fritz Steinschulte Gregor Vosen<br />

Johann Peter Breuer Wilhelm <strong>Der</strong>igs<br />

Franz Boden Josef Stockem<br />

Johann Peter Horst Michael Beissel<br />

Johann Frohn Karl Kühn<br />

Johann Kübeler Adolf Klünter<br />

Cornelius Thiesen Gerhard Schaaf<br />

Adam Weiler Reinold Imgrund<br />

Wilhelm Kremer Josef Hommelshe<strong>im</strong><br />

Johann Kolgtraf<br />

Fritz Steinschulte, geb. 1881, gest. 1961<br />

1931<br />

Umsatz: 104 Tsd. Reichsmark<br />

Mitgliederzahl: 70<br />

1935<br />

Aufnahme des Versteigerungsgeschäfts<br />

1943<br />

Umsatz: 6,9 Mio. Reichsmark<br />

Mitgliederzahl: 348<br />

1950<br />

Umsatz: 1,7 Mio. DM, Mitgliederzahl: 342<br />

1951<br />

Aufnahme des Warengeschäfts<br />

1953<br />

Bau eines 600 t-Flachsilos für Getreide und<br />

einer Getreidetrocknung in Klein-Vernich<br />

1954<br />

Kauf des Angelsteiner Hofes in Lommersum


Von Gemüsebauern<br />

zu Genossenschafts-Pionieren<br />

1958<br />

Bau eines unterkellerten Rampenlagers in Blieshe<strong>im</strong><br />

1959 – 63<br />

Bau von 3 Hochsilos in Lommersum, Klein-Vernich<br />

und Blieshe<strong>im</strong> mit gesamt 2.250 t Fassungsvermögen<br />

1963 – 64<br />

Bau von 2 Getreide-Lagerhallen in Lommersum<br />

mit gesamt 3.300 t Fassungsvermögen<br />

Bereits vor 1931 hatten sich die Gemüseund<br />

Obstbauern der Region 'Untere Erft'<br />

<strong>im</strong> 'Verein der Vereinigten<br />

Gemüsezüchter "Untere Erft" e.V.' zusammengefunden.<br />

Doch erst die organisatorische<br />

und namentliche Umwandlung in<br />

die 'Gemüse- und Obstbau-Vereinigung<br />

"Untere Erft" eGmbH' gilt als Geburtsstunde<br />

der späteren '<strong>Land</strong>waren-<br />

Genossenschaft "Untere Erft" eG'.<br />

Das war am 14. Februar 1931.<br />

Initiator und Vater der Gründung war der<br />

<strong>Land</strong>wirt Fritz Steinschulte, der auch den<br />

Vorsitz der neuen Genossenschaft übernahm<br />

– und bis 1959 innehaben sollte.<br />

Die Beweggründe für die Initiative waren<br />

die gleichen, wie bei allen Genossenschafts-Gründungen:<br />

"Einigkeit macht<br />

stark".<br />

Die zuvor auf sich allein gestellten Gemüseund<br />

Obstbauern fanden nun Sicherheit<br />

für die Vermarktung ihrer Produkte unter<br />

dem Dach einer gemeinschaftlich<br />

geführten Organisation.<br />

Hart waren die Zeiten damals, und die Erlöse<br />

waren gering. Viele Anfangsschwierigkeiten<br />

waren zu überwinden. Nur die<br />

gemeinsame Kraft der Gründungspioniere<br />

und die finanzielle Unterstützung<br />

durch ihren Vorsitzenden – und in der<br />

Folge dann durch die 'Reichsgenossenschaftshilfe'<br />

– brachten die junge Genossenschaft<br />

über die ersten Jahre.<br />

Die Umsätze blieben unbedeutend, bis<br />

<strong>im</strong> Jahr 1935 in Blieshe<strong>im</strong> in der Kohlscheune<br />

das Versteigerungsgeschäft mit<br />

den landwirtschaftlichen Erzeugnissen<br />

1964<br />

Errichtung des Verwaltungsgebäudes in Blieshe<strong>im</strong><br />

1965<br />

Übernahme des Lagers Ollhe<strong>im</strong> von der<br />

Spar- und Darlehns-Kasse<br />

1967<br />

Übernahme des Lagers Weilerswist von der Raiffeisenbank<br />

Aufgabe des Versteigerungsgeschäfts<br />

der Region eröffnet wurde. Die Einrichtungen<br />

dafür kaufte man von der Roisdorfer<br />

Erzeugerzentrale. Mehrmals wöchentlich<br />

konnte nun mit akzeptablen Erlösen<br />

Obst und Gemüse an den Großhandel verkauft<br />

werden.<br />

Dabei stand die Einführung der 'Reichsmarktordnung'<br />

von 1934 der Versteigerungspraxis<br />

nicht <strong>im</strong> <strong>Weg</strong>e. Die Erzeuger<br />

von Gemüse und Frühkartoffeln waren jedoch<br />

verpflichtet, einen Teil ihrer Ernte<br />

über die Bezirksabgabestelle VIII, Blieshe<strong>im</strong>,<br />

zu vermarkten. Damit wurde zusätzlich<br />

ein geregelter Absatz eingeleitet<br />

und die wirtschaftliche Situation stabilisiert.<br />

Die Umsätze stiegen bis ins Kriegsjahr<br />

1943 stetig an. In dieser Zeit entstanden<br />

auch die ersten Sammelstellen für<br />

Frühkartoffeln. . .<br />

1969<br />

Bau einer 2.700 t - Getreidelagerhalle in Ollhe<strong>im</strong><br />

1971<br />

Umsatz: 18,0 Mio. DM, Mitgliederzahl: 710<br />

Errichtung mehrerer Getreidesilos in Vernich und Lommersum,<br />

Bau eines Saatgutsilos in Klein-Vernich<br />

1973<br />

Errichtung von Düngersilos mit gesamt 1.200 t in den Lägern<br />

Vernich, Lommersum und He<strong>im</strong>erzhe<strong>im</strong><br />

27


28<br />

1945 – 1980 Das zweite Leben<br />

Wiederaufbau und Konsolidierung<br />

Wie alle anderen Genossenschaften hatte<br />

auch die 'Gemüse- und Obstbau-Vereinigung<br />

"Untere Erft" unter den drastischen<br />

Folgen des 2. Weltkrieges zu leiden.<br />

Gebäude, Versteigerungseinrichtungen<br />

und Arbeitsmaterial waren beschädigt<br />

oder völlig zerstört.<br />

Mit großer Solidarität und persönlichem<br />

Engagement der Mitglieder und Mitarbeiter<br />

wurden Instandsetzung und Wiederaufbau<br />

vorangetrieben, das Versteigerungsgeschäft<br />

mit Erfolg neu begonnen.<br />

In den Folgejahren konnte der gute Ruf<br />

der "Versteigerung Blieshe<strong>im</strong>" gefestigt<br />

und ausgebaut werden. Es war weithin<br />

bekannt, dass man hier die besten dicken<br />

Bohnen, die schmackhaftesten<br />

Pflückerbsen, ausgezeichnete Einlegegurken<br />

und einen hervorragenden Rosenkohl<br />

ersteigern konnte. Großhändler aus Köln,<br />

Düssel-<br />

1975<br />

Einbau einer 8 t-Getreidetrocknung und<br />

Errichtung von zwei 750 t-Getreidesilos in Ollhe<strong>im</strong><br />

1976<br />

Bau einer Mehrzweckhalle in Klein-Vernich<br />

1979 - 80<br />

Bau eines 400 t-Stahlbetonbehälters für Flüssigdünger in<br />

Klein-Vernich<br />

dorf und dem Ruhrgebiet belieferten ihre<br />

Kunden mit diesen Qualitätserzeugnissen.<br />

Das ganze <strong>Land</strong> war von der Dynamik des<br />

Wiederaufbaus der Nachkriegszeit erfasst.<br />

Gegen Ende der vierziger Jahre drängten<br />

viele Mitglieder die Genossenschaft, das<br />

landwirtschaftliche Warengeschäft aufzunehmen.<br />

Mit dem Kauf des Klarenhofs<br />

in Klein-Vernich 1951 konnte man dieses<br />

Vorhaben in die Tat umsetzen. Seit jenem<br />

Zeitpunkt gehören Saatgut und Düngemittel,<br />

Futtermittel und landwirtschaftliche<br />

Bedarfsartikel zum Absatzgeschäft<br />

der Blieshe<strong>im</strong>er Genossenschaft. Die Vermarktung<br />

von Getreide wurde ebenfalls<br />

erfolgreich vorangetrieben.<br />

Im Zuge dieser Ausweitung der Geschäftsfelder<br />

erfolgte 1956 die Umfirmierung in<br />

'<strong>Land</strong>waren-Genossenschaft "Untere Erft"<br />

eGmbH, Blieshe<strong>im</strong>'.<br />

1988<br />

Kauf der Geschäftsstelle Frieshe<strong>im</strong> von der Raiffeisenbank<br />

1989<br />

Ausbau der Geschäftsstelle Swisttal-Ollhe<strong>im</strong><br />

mit 5.000 t Dünger-/Getreidehalle<br />

Schließung der Geschäftsstelle He<strong>im</strong>erzhe<strong>im</strong><br />

1990<br />

Kauf der Geschäftsstelle <strong>Der</strong>kum von der Firma Speuser<br />

Siloanlagen <strong>im</strong> Lager Kl.-Vernich<br />

Um die Erfolge zu sichern und der schnellen<br />

Entwicklung jener Zeit auch auf der<br />

marktwirtschaftlichen Ertragsseite gerecht<br />

zu werden, waren erhebliche Investitionen<br />

erforderlich.<br />

So begann man bereits 1953 mit einer Serie<br />

von Maßnahmen zur Errichtung von<br />

Lagerkapazitäten in Blieshe<strong>im</strong> und Klein-<br />

Vernich, in He<strong>im</strong>erzhe<strong>im</strong>, Ollhe<strong>im</strong> und<br />

Lommersum, die sich bis zum Beginn der<br />

achtziger Jahre erstrecken sollte. Ein ganz<br />

besonderes Ereignis war der Einzug in ein<br />

eigenes neues Verwaltungsgebäude <strong>im</strong><br />

Jahr 1964.<br />

Als Folge der steten Strukturänderung der<br />

<strong>Land</strong>wirtschaft gestaltete sich das Versteigerungsgeschäft<br />

<strong>im</strong> Laufe der Jahre zunehmend<br />

schwieriger; die Warenerlöse<br />

sanken – <strong>im</strong> Gegensatz zu den ständig steigenden<br />

Kosten. 1967 hat dann die Genossenschaft<br />

ihre Versteigerungstätigkeit<br />

eingestellt und auf die 'Versteigerung<br />

Roisdorf' übertragen.<br />

Getreidesilo Blieshe<strong>im</strong>,<br />

<strong>im</strong> Bau 1963 – und heute<br />

1991<br />

Kauf der Geschäftsstelle Türnich von der Firma Ploenes<br />

1992<br />

Umsatz: 50,0 Mio. DM<br />

Mitgliederzahl: 333<br />

1993<br />

Fusion mit der 'Buirer Bezugs- und Absatzgenossenschaft'


Bereits einige Jahre zuvor wurde in kluger<br />

Voraussicht die Basis für einen Gemüse-<br />

Vertragsanbau geschaffen. Die hochqualitativen<br />

Gemüse-Erzeugnisse der Genossenschafts-Miglieder<br />

wurden fortan und<br />

in zunehmendem Maße direkt an die<br />

Rheinischen Konservenfabriken geliefert.<br />

Modernste Erntemaschinen und die entsprechende<br />

Anbaulogistik gewährleisteten<br />

stets erntefrische Lieferungen.<br />

Die Ausweitung der Geschäftsbereiche<br />

führte Anfang der sechziger Jahre zur Aufnahme<br />

des Handels mit Heizöl und mit<br />

Dieselkraftstoff für die <strong>Land</strong>wirtschaft;<br />

die Schaffung entsprechenden Lagerraumes<br />

und eigener Transportkapazitäten<br />

wurde zügig realisiert.<br />

Mit der Eröffnung des Baustoff-Geschäfts<br />

Ende der sechziger Jahre und der Errichtung<br />

eines Haus- und Gartenmarktes in<br />

In den vergangenen Jahren waren Wiederaufbau,<br />

Konsolidierung und Wachstum<br />

die zentralen Unternehmensziele. Mit<br />

zunehmender Europäisierung, mit der<br />

schrittweisen Umsetzng des "Gemeinsamen<br />

Marktes" und mit einer fortschreitenden<br />

mengenmäßigen und qualitativen Sättigung<br />

ist ein "Erfolgskriterium" relativ<br />

schnell in den Vordergrund gerückt: der<br />

Preis – und unausweichlich in seiner Folge:<br />

die Effizienz.<br />

Dieses Faktum hat für die <strong>Land</strong>wirte wie<br />

für die Genossenschaften gleichermaßen<br />

Gültigkeit. . . so, wie für alle an der freien<br />

Marktwirtschaft Beteiligten.<br />

Vorsitzender des Vorstandes<br />

Fritz Steinschulte 1931 – 1959<br />

Josef Steinschulte 1959 – 1982<br />

Fritz Löhers 1982 – 1992<br />

1981 – 1992 Zwei Vergangenheiten – eine Zukunft<br />

Blieshe<strong>im</strong> vervollkommnete sich das Warenangebot<br />

der Genossenschaft.<br />

Fachmännische Beratung, zuverlässiger<br />

Kundendienst und der Einsatz moderner<br />

Lieferfahrzeuge sowie landwirtschaftlicher<br />

Spezialmaschinen rundeten das<br />

In allen betrieblichen Ebenen war die Messlatte<br />

der Effizienz anzulegen, mehr und<br />

mehr best<strong>im</strong>mte sie den überwiegenden<br />

Teil der Unternehmens-Entscheidungen.<br />

Die Blieshe<strong>im</strong>er Genossenschaft stand nun<br />

vor der Aufgabe einer konzeptionellen<br />

Neuordnung, um sich den Gegebenheiten<br />

anzupassen und damit ihren Mitgliedern<br />

hilfreich zur Seite stehen zu können.<br />

Vor der gleichen Aufgabe stand die Buirer<br />

Genossenschaft . . . zur gleichen Zeit – in<br />

Vorsitzender des Aufsichtsrates<br />

Wilhelm Kremer 1931 – 1941<br />

Theodor Wolfgarten 1942 – 1945<br />

Adolf Klünter 1945 – 1958<br />

Johann Hemmersbach 1958 – 1969<br />

Karl Schmitt 1970 – 1991<br />

Hans Schorn 1991 – 1992<br />

Geschäftsführer<br />

Leistungsangebot der Genossenschaft ab.<br />

Die konsequente Entwicklung und Fortführung<br />

des Unternehmenskonzeptes<br />

brachten der Genossenschaft bis zum Beginn<br />

der 80er Jahre deutliche und kontinuierliche<br />

Umsatzsteigerungen.<br />

<strong>Der</strong> gemeinsame <strong>Weg</strong> in ein neues Zeitalter<br />

großer struktureller Verwandtschaft und<br />

in geradezu idealer räumlicher Nähe zur<br />

Blieshe<strong>im</strong>er: als Nachbar. . .<br />

So ist es das Verdienst der Blieshe<strong>im</strong>er wie<br />

der Buirer Gremien, dass die 1992 begonnenen<br />

Fusionsverhandlungen noch <strong>im</strong><br />

gleichen Jahr ein Fusions-Konzept hervorbrachten,<br />

das von großem unternehmerischem<br />

Weitblick geprägt ist – zum Wohle<br />

der Träger und Mitglieder beider Genossenschaften.<br />

Am 1. Januar 1993 hat der gemeinsame <strong>Weg</strong><br />

in ein neues Zeitalter begonnen.<br />

Franz Boden 1931 – 1932<br />

Heribert de Werth 1933 – 1936<br />

Wilhelm Fingerhut 1936 – 1958<br />

Josef Burghof 1959 – 1977<br />

Paul Bastgen 1977 – 1986<br />

Hans-Josef Hilgers 1986 – 1992<br />

29


30<br />

1993 – 1995 Disziplinierte Erneuerung<br />

CHRONOLOGIE DER BUIR- BLIESHEIMER AGRARGENOSSENSCHAFT<br />

Angesichts der zu erwartenden weitreichenden<br />

Veränderungen aus der 1992 in Kraft<br />

getretenen Agrarreform haben die Gremien<br />

und Mitglieder beider Genossenschaften<br />

mit der Fusion eine schnelle Reaktion<br />

gezeigt und eine kluge und weitsichtige<br />

Entscheidung gefällt.<br />

Die aus der Fusion hervorgegangene 'konzeptionelle<br />

Neuordnung' realisierte nun<br />

auch auf Genossenschaftsseite jene Effi-<br />

Buir-Blieshe<strong>im</strong>er Genossenschaft<br />

Umsatzanteile der Warengruppen 1993<br />

Roggen 5,52%<br />

Hafer 0,24%<br />

Gerste 7,47%<br />

Weizen 31,07%<br />

Saatgut 5,25%<br />

sonstige Bedarfsarten 1,88%<br />

Treib- & Brennstoffe 13,87%<br />

Starke Hand für<br />

große Schritte<br />

zienzsteigerung, die den <strong>Land</strong>wirten gleichermaßen<br />

abverlangt wurde: die generelle<br />

"Verschlankung" des Unternehmens.<br />

So wurde die Anzahl der Lagerstellen<br />

durch Konzentration in der Abwicklung<br />

von ehemals 26 (1992) auf 15 (Ende 2000)<br />

reduziert, Flächen wurden zusammengelegt<br />

sowie nach Standorten opt<strong>im</strong>iert, und<br />

die Zahl der Mitarbeiter konnte <strong>im</strong> <strong>Weg</strong>e<br />

der sozialverträglichen Freistellung um<br />

rund 50 auf 130 verringert werden.<br />

sonstige landwirtschaftl.<br />

Erzeugnisse 6,39%<br />

Düngemittel 8,27%<br />

Futtermittel 10,93%<br />

Pflanzenschutz 9,11%<br />

Weitere Maßnahmen begleiteten diesen<br />

Prozess.<br />

Mit Hilfe der Synergie-Effekte aus der<br />

Fusion hat einerseits das Unternehmen<br />

eine respektable Förderleistung bewiesen,<br />

andererseits ist es der Genossenschaft<br />

gelungen, den Preisverfall mit dem damit<br />

verbundenen Spannen-Verfall bei<br />

gleich-bleibendem Mengenumsatz einigermaßen<br />

zu kompensieren.<br />

Dass die Genossenschaft sogar <strong>im</strong> Zustand<br />

eklatanter Umbrüche ihre unternehmerische<br />

Handlungsfreiheit bewahren konnte,<br />

beweist die Serie von Investitionen, die in<br />

den darauffolgenden Jahren getätigt wurden<br />

– und die alle ein Ziel verfolgten: die<br />

Aufrechterhaltung bzw. Max<strong>im</strong>ierung<br />

der Absatz-Ergebnisse durch höchste<br />

Marktflexibilität. In diesem Zusammenhang<br />

ist auch der Kauf der Warengeschäfte<br />

der Volksbank Düren und der Raiffeisenbank<br />

Zülpich am 1.7.1993 zu sehen.<br />

Infolge der erheblichen Erweiterung der


Lagerkapazitäten wurden die Chancen,<br />

alle landwirtschaftlichen Erzeugnisse<br />

zum günstigsten Zeitpunkt und damit<br />

zum opt<strong>im</strong>alen Preis an den Markt zu<br />

geben, weitaus konsequenter genutzt als<br />

bisher. In ergänzender Umsetzung des<br />

neuen Unternehmenskonzeptes gründete<br />

die 'Buir-Blieshe<strong>im</strong>er' 1994 den 'Luxemburger<br />

Agrarhandel', der den <strong>Land</strong>wirten<br />

vor allem den günstigen Bezug von Pflanzenschutzmitteln<br />

ermöglicht.<br />

Eine Erweiterung des Bezugs- und Absatzprogramms<br />

erfolgte durch die Aufnahme<br />

des Bereichs 'Kartoffeln' Anfang der 90er<br />

Jahre. Im Bezugsgeschäft liefert die Genossenschaft<br />

Pflanzkartoffeln, <strong>im</strong> Absatzgeschäft<br />

vermarktet sie etwa je zur Hälfte<br />

stärkereiche Industriekartoffeln und verschiedene<br />

Sorten von Speisekartoffeln.<br />

Bereits <strong>im</strong> ersten Jahr entwickelte sich der<br />

Umsatz sehr gut und belief sich auf<br />

30.000 t <strong>im</strong> Jahr 2000.<br />

Im Sinne der 'Konzentration der Kräfte'<br />

hat man sich für Nörvenich als <strong>im</strong> wesentlichen<br />

einzige Annahme- und Lagerstelle<br />

für Kartoffeln entschieden. Zur Förderung<br />

eines schnellen Umschlages wurde<br />

dort 1995 mit der Installation einer Kartoffel<br />

-Aufbereitungsanlage begonnen, die<br />

1996 rechtzeitig vor der Ernte fertiggestellt<br />

war.<br />

Als eine der Wenigen in der Branche bietet<br />

die Buir-Blieshe<strong>im</strong>er ihren <strong>Land</strong>wirten<br />

bereits seit 1992 einen permanenten professionellen<br />

Großflächen-Versuchsanbau<br />

unter Praxisbedingungen – auf mehr als<br />

1.000 Parzellen. Unter wirtschaftlichen<br />

Kriterien stehen neue Sorten und die<br />

Wirkung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln<br />

in der alljährlichen Prüfung.<br />

Ziel dieses Projektes ist die Verbesserung<br />

des Kosten/Nutzen-Verhältnisses in der<br />

Praxis und die Steigerung der Vermarktungsergebnisse.<br />

Auf den mittlerweile<br />

weit über die Regionalgrenzen hinaus<br />

bekannten 'Buir-Blieshe<strong>im</strong>er Feldtagen'<br />

informieren sich mehr als 1.000 Besucher<br />

jährlich über den Fortgang der wissenschaftlich<br />

begleiteten Anbautests.<br />

Mit seiner "disziplinierten Erneuerung"<br />

sowie einer Vielzahl von Investitionen<br />

und Aktionen hat das neue Unternehmen<br />

'Buir-Blieshe<strong>im</strong>er Agrargenossenschaft' in<br />

den drei Jahren seit der 'Fusion' eine<br />

Handlungsfähigkeit und unternehmerische<br />

Kraft bewiesen, die jener aus den<br />

beiden Kriegszeiten in nichts nachsteht.<br />

Aus der Akzeptanz unveränderlicher<br />

Marktbedingungen entwickelte die<br />

Genossenschaft unter ihrer kompetenten<br />

Geschäftsführung die <strong>Weg</strong>e, die zu einer<br />

größtmöglichen Marktnutzung führen.<br />

Die Ergebnisse dieser Erneuerung haben<br />

die 'Buir-Blieshe<strong>im</strong>er' als Unternehmen<br />

ihrer Mitglieder in den vergangenen kurzen<br />

drei Jahren stärker gemacht, denn je.<br />

31


32<br />

1996 – 2001 Gut gerüstet ins neue Jahrhundert<br />

1996<br />

Bezugsgeschäft: 64,8 Mio. DM<br />

Absatzgeschäft: 56,5 Mio. DM<br />

Mitgliederzahl: 969<br />

1996<br />

Errichtung der Kartoffelaufbereitungsanlage in Nörvenich<br />

Bau einer Fahrzeugwaschhalle in Nörvenich<br />

Arrangement<br />

mit<br />

Europa<br />

1997<br />

Fusion mit der 'Köln-Gilbacher Bezugs- und Absatzgenossenschaft eG',<br />

Rommerskirchen (Umsatz 30 Mio. DM)<br />

Bau eines 2.500 t -Rundsilos in Bubenhe<strong>im</strong><br />

1998<br />

Übernahme des Warenlagers der Raiffeisenbank Brauweiler-Sinthern eG<br />

Kauf des Lagers Gladbach<br />

Bau von 2 Rundsilos in Swisttal-Ollhe<strong>im</strong> mit gesamt 3.500 t<br />

Bau eines 4.500 t -Rundsilos in Nörvenich<br />

Inbetriebnahme der neuen Saatgut-Aufbereitungsanlage in Vettweiß<br />

Bei den Bemühungen der Europäischen<br />

Union, den Anschluss an die Weltagrarmärkte<br />

nicht zu verlieren, wird von allen<br />

Beteiligten mit harten Bandagen gekämpft.<br />

Inzwischen sind die Agrarerzeuger aller<br />

Nationen den Gesetzen des freien marktwirtschaftlichen<br />

Welthandels unterworfen.<br />

Gewiss verfügen einige von ihnen<br />

über günstigere naturgegebene und auch<br />

soziale Bedingungen, z.B. größere Flächeneinheiten,<br />

besseres Kl<strong>im</strong>a, mehr Arbeitskräfte,<br />

geringere Löhne, als "wir" hier in<br />

Europa, in Deutschland, <strong>im</strong> Genossenschaftsgebiet.<br />

Dafür haben "wir" die<br />

effizientere (wenn in Europa auch teurere)<br />

Infrastruktur – von den USA einmal abgesehen.<br />

Bei allen Einbußen, die die europäische<br />

und damit notgedrungen auch deutsche<br />

Einflussnahme mit sich bringt, mag man<br />

erkennen, dass die geforderte Erfüllung<br />

aller Individualwünsche der Quadratur<br />

des Kreises gleichkäme.<br />

Im übrigen gilt dies ebenso für Kohle,<br />

Stahl, Werften...<br />

Deshalb versucht die EU einerseits, die<br />

'Hochpreis-Insel Europa' einigermaßen zu<br />

schützen, andererseits kann auch sie der<br />

Weltmarktentwicklung nicht ausweichen.<br />

Folge: Agenda 2000. Nach langen und<br />

schwierigen Verhandlungen wurde am<br />

26. März 1999 anlässlich des Berliner Sondergipfels<br />

der Staats- und Regierungschefs<br />

der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft<br />

und unter dem Einfluss der 'Ersten Welthandelsrunde'<br />

(GATT) die Agenda 2000<br />

verabschiedet. In ihrem Agrarteil ist eine<br />

erneute Reform der EU-Agrarpolitik beschlossen<br />

worden. Diese beinhaltet <strong>im</strong><br />

Kern, dass das Agrarpreisniveau innerhalb<br />

der Europäischen Union in Richtung<br />

1999<br />

Eröffnung des Haus- und Gartenmarktes Rommerskirchen<br />

Einhausung der Getreideannahme in Buir<br />

Erhöhung der Getreideannahme in Rommerskirchen auf<br />

250 t/Stunde<br />

2000<br />

Ausbau des Lagers <strong>Der</strong>kum: 4 Rundsilos à 3.500 t,<br />

Halle mit 5 Boxen à 1.000 t,<br />

Flüssigdünger-Tank mit 800 t Lagerkapazität<br />

Steigerung der Annahme-Kapazität um 250 t auf<br />

400 t/Stunde


Weltmarktpreise abgesenkt werden muss.<br />

Beginnend ab dem Jahr 2000 wird die<br />

Preisstützung bei Getreide in zwei Schritten<br />

um gesamt 15 %, bei Rindfleisch in<br />

drei Schritten um 20 % und bei Milch,<br />

beginnend ab 2005/6, in drei Schritten<br />

um 15 % gesenkt. Als Folge der Protest-<br />

Aktionen der berufsständischen Vertretungen<br />

der <strong>Land</strong>wirtschaft ist dieses Ergebnis<br />

sogar günstiger ausgefallen, als es<br />

der Vorschlag der EU-Kommission vorsah.<br />

Allerdings können auch in diesem Fall die<br />

nach wie vor geleisteten Ausgleichszahlungen<br />

die Einbußen der <strong>Land</strong>wirte nur etwa<br />

zur Hälfte kompensieren...<br />

Seit eh und je ist es ureigenste Aufgabe der<br />

Genossenschaft, ihren Mitgliedern bei<br />

der Bewältigung solcher Einbußen zu helfen.<br />

So hat die Genossenschaft ihren seit<br />

der "Fusion" 1993 eingeschlagenen Kurs<br />

der stringenten Effizienzsteigerung<br />

einerseits und der opt<strong>im</strong>alen Marktnutzung<br />

andererseits bis heute konsequent weiterverfolgt.<br />

Unter diesem Aspekt erfolgte am 1.1.1997<br />

auch die Übernahme der Köln-Gilbacher<br />

Genossenschaft (Umsatz 30 Mio. DM),<br />

die ihrerseits 1992 aus der Fusion zwischen<br />

der <strong>Land</strong>w. Bezugs- und Absatzgenossenschaft<br />

Köln-Nord-West eG und der<br />

Gilbacher Bezugs- und Absatzgenossenschaft<br />

eG hervorgegangen ist.<br />

Bereits 1989 ist die <strong>Land</strong>w. Bezugs- und<br />

Absatzgenossenschaft Pulhe<strong>im</strong> eG in die<br />

Köln-Nord-West eG eingeflossen.<br />

<strong>Der</strong> Ausbau bestehender Anlagen, die<br />

Kapazitätssteigerung von Annahmeeinrichtungen<br />

und vor allem die weitere<br />

Erhöhung des Lagerraumes für Getreide<br />

2000<br />

Bezugsgeschäft: 94,1 Mio. DM<br />

Absatzgeschäft: 57,3 Mio. DM<br />

MItgliederzahl: 1158<br />

Nicht enthalten: Luxemburger Agrarhandel eG<br />

Diekirch (L),<br />

Buir-Blieshe<strong>im</strong>er Versicherungs -Service GmbH<br />

bei gleichzeitiger Konzentrierung der<br />

Lagerstellen sind Elemente dieses Kurses.<br />

Die neue Saatgut-Aufbereitungsanlage in<br />

Vettweiß und die Ausweitung der<br />

Flüssigdünger- und Pflanzenschutz-<br />

Bevorratung<br />

gehören ebenso dazu, wie die speziellen<br />

Leistungen des 'Luxemburger Agrarhandels'.<br />

Im "europaunabhängigen" Bereich 'Kartoffeln'<br />

dient die Aufbereitungsanlage<br />

ebenfalls der schnellen und erfolgreichen<br />

Vermarktung.<br />

Großraum-Lastzüge, Silofahrzeuge und<br />

Transporter sorgen für die schnelle Belieferung<br />

der Absatz- wie der Bezugskunden.<br />

Zur Versorgung des ländlichen Raums hat<br />

die Genossenschaft Brennstoffe, Treibstoffe<br />

und Schmierstoffe <strong>im</strong> Programm sowie<br />

ein umfangreiches Angebot an Baustoffen<br />

– und die Dinge des täglichen Lebens in<br />

den Haus- und Gartenmärkten.<br />

<strong>Der</strong> gesamte Warenumschlag der Genossenschaft<br />

belief sich <strong>im</strong> Jahr 2000 auf<br />

rund 450.000 Tonnen – das entspricht<br />

etwa 20.000 Lastzügen oder einem Umsatz<br />

von 160 Millionen DM.<br />

Das sind stolze Zahlen – ein kauf-<br />

Vorsitzende des Vorstandes<br />

M. Jan Esser 1901 – 1903<br />

Carl Krafft 1903 – 1905<br />

Felix Commer 1905 – 1935<br />

Julius Hoffsümmer 1935 – 1946<br />

August Hempsch 1946 – 1976<br />

Karl Forsbach 1976 – 1995<br />

Jan Kirsch seit 1995<br />

männisches Meisterstück.<br />

Auch <strong>im</strong> Dienstleistungsbereich bietet<br />

die Genossenschaft ihren Mitgliedern<br />

nachhaltige Leistungen – beispielsweise<br />

die Entwicklungsarbeit <strong>im</strong> Versuchsanbau.<br />

Seit 1996 übern<strong>im</strong>mt sie zudem mit<br />

der Gründung der 'Buir-Blieshe<strong>im</strong>er Versicherungsservice<br />

GmbH' den speziell auf<br />

landwirtschaftliche Risiken zugeschnittenen<br />

Versicherungsschutz bei günstigen<br />

Konditionen für ihre Mitglieder und Kunden.<br />

Die Ausführung von Lohnarbeiten,<br />

die Bereitstellung von landwirtschaftlichen<br />

Maschinen und nicht zuletzt ein<br />

umfassendes und fachlich hochwertiges<br />

Beratungsprogramm ergänzen die Dienstleistungspalette.<br />

Die Stärke der Genossenschaft trägt wesentlich<br />

zur Existenzsicherung der Mitglieder<br />

und <strong>Land</strong>wirte bei und fördert die<br />

Multifunktionalität als hohe Aufgabe der<br />

<strong>Land</strong>wirtschaft sowohl in der Sicherstellung<br />

der Ernährung als auch in der <strong>Land</strong>schaftspflege<br />

– zum Wohle aller.<br />

Getragen von nunmehr 1158 Mitgliedern,<br />

einem soliden wirtschaftlichen Fundament<br />

und einer starken Handlungskraft<br />

beginnt die Buir-Blieshe<strong>im</strong>er Agrargenossenschaft<br />

gut gerüstet das zweite Jahrhun-<br />

Buir-Blieshe<strong>im</strong>er Genossenschaft<br />

Umsatzanteile der Warengruppen 2000<br />

Roggen 0,74% Hafer 0,11%<br />

Gerste 5,6%<br />

sonstige landwirtschaftl.<br />

Erzeugnisse 9,19%<br />

Weizen 22,48%<br />

Saatgut 5,02%<br />

sonstige Bedarfsarten 6,89%<br />

Vorsitzende des Aufsichtsrates<br />

Treib- & Brennstoffe 21,94%<br />

Louis Rey 1914 – 1926<br />

Engelbert Schnitzler 1926 – 1929<br />

Johann Knoch 1929 – 1932<br />

Carl Fischer 1932 – 1945<br />

Josef Krafft 1946 – 1960<br />

Karl Hoffsümmer 1961 – 1987<br />

Degenhard Komp 1988 – 1992<br />

Hans Schorn seit 1993<br />

Geschäftsführer<br />

Düngemittel 8,22%<br />

Futtermittel 8,50%<br />

Pflanzenschutz 11,31%<br />

Wilhelm Wolter 1909 – 1945<br />

Wilhelm Schmieding 1945 – 1951<br />

Josef Kölling 1952 – 1985<br />

Heinz Breuer 1985 – 1992<br />

Hans-Josef Hilgers seit 1993<br />

Hans Langen seit 1993<br />

33


34<br />

Perspektiven<br />

Aus der Gegenwart fließend<br />

die Genossenschaft<br />

der Zukunft entwickeln


"Zweck der Genossenschaft ist die Förderung<br />

des Erwerbs und der Wirtschaft der Mitglieder<br />

durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb."<br />

So lautet Paragraph zwei unter Absatz eins<br />

der vor hundert Jahren durch die<br />

Gründer gegebenen Satzung – eine kurze,<br />

präzise und wahrhaft zeitlose Aussage.<br />

Zeitlos ist diese Aussage deshalb, weil sie<br />

unmissverständlich das Ziel vorgibt,<br />

jedoch nicht sagt – nicht sagen kann, wie<br />

es zu erreichen ist.<br />

Das 'Wie' war, ist und wird jeweils von den<br />

Zeitläufen und ihren Gegebenheiten<br />

beeinflusst. Unter diesen Gegebenheiten<br />

das 'Wie' <strong>im</strong>mer wieder aktuell und erfolgreich<br />

zu erarbeiten, ist die große und<br />

umfassende Aufgabe der Geschäftsleitung<br />

– in Abst<strong>im</strong>mung mit den sie tragenden<br />

Mitgliedern.<br />

Die Strukturentwicklung der <strong>Land</strong>wirtschaft<br />

– beeinflusst vor allem durch politische<br />

Rahmenbedingungen – ist Schrittmacher<br />

für die Strukturentwicklung der<br />

Genossenschaft . . . und:<br />

Die Ausrichtung der Genossenschaft<br />

nach den Bedürfnissen der landwirtschaftlichen<br />

Mitgliedsbetriebe ist oberstes<br />

Gebot.<br />

Diese beiden Grundsätze best<strong>im</strong>men das<br />

Handeln.<br />

Voraussetzung für den Erfolg dieses Handelns<br />

ist es, die Entwicklung der <strong>Land</strong>wirtschaft<br />

bereits <strong>im</strong> Voraus einzuschätzen,<br />

damit die Genossenschaft vorbereitend<br />

agieren kann.<br />

War es in frühesten Zeiten die Bewältigung<br />

der Arbeit – und dann der Aufbau<br />

einer Bezugs- und Vermarktungsstruktur,<br />

der die Entstehung der Genossenschaft<br />

hervorbrachte – so begann mit der Rationalisierung<br />

der Arbeit und mit der Steigerung<br />

der Erträge jener Faktor an Bedeutung<br />

zu gewinnen, der heute nahezu der<br />

allein ausschlaggebende ist – neben der<br />

Qualität: der Preis. Für die Genossenschaft<br />

bedeutet das in erster Linie, die<br />

Kostenführerschaft zu halten.<br />

Die Qualität – in ihren präzise geforderten<br />

Varianten, das pünktliche Funktionieren<br />

von Bezug und Vertrieb – die Logistik,<br />

und eine professionelle Geschäftsabwicklung<br />

werden heutzutage als gegeben vorausgesetzt.<br />

Somit wird in Zukunft die effiziente<br />

Bündelung der Bezugs- und Absatzströme<br />

verstärkt an Wichtigkeit gewinnen, Lagerung<br />

und Umschlag auf niedrigstmöglichem<br />

Kostenniveau werden ebenfalls<br />

weiterhin <strong>im</strong> Mittelpunkt stehen.<br />

Um diese Ziele zu erreichen und vor allem<br />

Mitglieder des Vorstandes/des Aufsichtsrates 2000<br />

von links nach rechts von links nach rechts von links nach rechts<br />

Vorstand, sitzend Aufsichtsrat, 1. Reihe stehend Aufsichtsrat, 2. Reihe stehend<br />

Hans Langen, geschäftsführ. Vorstand Ludwig Siepen Walter Meller<br />

Hans-Josef Hilgers, geschäftsführ. Vorstandssprecher Bernd Nellen Heinz Winterscheidt<br />

Jan Kirsch, Vorsitzender Stephan Decker Erich Fuß<br />

Stefan Schulze-Hagen, stellv. Vorsizender Hans Schorn, Vorsitzender Hans-Wilhelm Reinirkens<br />

Alfred Wynen Josef Bellartz, stellv. Vorsizender Martin Schmitz<br />

Friedhelm Decker Manfred Schmitz Hans-Bernd Kretz<br />

Hans-Josef Klein<br />

Es fehlen vom Aufsichtsrat: Jürgen Krafft, Engelbert Keuten, Dr. Gottfried Pauli (†)<br />

zu halten, bedarf es einer Genossenschaft<br />

mit 'schlanker' Administration und wirtschaftlich<br />

arbeitender Ausführungsebene.<br />

Eine konsequente Überprüfung der<br />

kostenverursachenden Faktoren und die<br />

Konzentration der Kräfte müssen zu nachhaltiger<br />

Kostenreduzierung führen. Entsprechende<br />

Maßnahmen wurden ergriffen<br />

und werden als permanenter Prozess<br />

auch für die Zukunft Priorität haben.<br />

Zentrale Aufgabe der Genossenschaft<br />

wird ferner die Steigerung der Marktflexibilität<br />

sein. Die seit langem betriebene<br />

Aufstockung der Annahme- und Lagerkapazitäten<br />

ist Voraussetzung hierfür. Nur<br />

die Fähigkeit, Waren zum bestmöglichen<br />

Zeitpunkt in den Markt zu bringen, sichert<br />

Vermarktungserfolg.<br />

Um ihren Mitgliedern weiterhin hilfreich<br />

zur Seite stehen zu können, wird die Genossenschaft<br />

in zunehmendem Maße Beraterfunktionen<br />

übernehmen. Außerdem<br />

stellt sich die Frage, ob und inwieweit sie<br />

Lohnarbeiten bereitstellen soll, denn aufgrund<br />

der knappen Arbeitskraft-Besetzung<br />

vieler Betriebe steigt die Tendenz,<br />

geeignete Arbeitsvorgänge auszugliedern.<br />

Die wirtschaftliche Leistung der deutschen<br />

<strong>Land</strong>wirtschaft macht heute 13 %<br />

des Bruttosozialproduktes aus. Bei konsequenter<br />

Übertragung der landwirtschaftlichen<br />

Strukturänderung auf die strategische<br />

sowie die praktische Arbeit kann die<br />

Buir-Blieshe<strong>im</strong>er Agrargenossenschaft<br />

weiterhin eine homogene wirtschaftliche<br />

Einheit mit ihren Mitgliedern bilden und<br />

mit Erfolg Partner ihrer Mitglieder und<br />

Kunden sein.<br />

Vorstand und Aufsichtsrat<br />

35


Das Ende<br />

einer Zeitreise<br />

Wie <strong>im</strong> ersten Jahr, so sieht sich die Genossenschaft<br />

auch <strong>im</strong> hundersten Jahr<br />

ihres Bestehens als gebündelte Kraft ihrer<br />

Mitglieder – und als die gemeinsame<br />

Institution, die Vermarktungs- und Beschaffungsaufgaben,<br />

Entwicklungs- und<br />

Beratungsaufgaben, kaufmännische und<br />

Versorgungsaufgaben zuverlässig erfüllt<br />

und zugleich Beistand leistet bei den Sorgen<br />

und Nöten ihrer landwirtschaftlichen<br />

Mitglieder und Kunden.<br />

…an der Schwelle zur Zukunft<br />

Hundert Jahre lang hat der Zusammenhalt<br />

der Mitglieder untereinander und die<br />

vertrauensvolle Gemeinsamkeit mit der<br />

Genossenschaft über bewegte Zeiten hinweg<br />

ein funktionierendes landwirtschaftliches<br />

Leben geprägt. Das erfüllt alle mit<br />

Stolz und Genugtuung, aber auch mit<br />

Dankbarkeit gegenüber den Gründern<br />

sowie allen, die seither ihre ganze Kraft in<br />

den Aufbau und die Fortentwicklung<br />

'unserer Genossenschaft' gestellt haben.<br />

Lassen Sie uns gemeinsam an dieser<br />

Aufgabe weiterarbeiten.<br />

100 Jahre<br />

Buir-Blieshe<strong>im</strong>er<br />

Agrargenossenschaft !<br />

Wir gratulieren allen Mitgliedern,<br />

Freunden und Mitarbeitern zu diesem<br />

würdigen Jubiläum.<br />

37


38<br />

2001 Präsenz <strong>im</strong> Einzugsgebiet<br />

Die Buir-Blieshe<strong>im</strong>er –<br />

dort, wo sie gebraucht wird!<br />

Nörvenich<br />

Vettweiß<br />

Bubenhe<strong>im</strong><br />

Dürscheven<br />

Liège<br />

Maastricht<br />

Buir<br />

NIEDER-<br />

LANDE<br />

BELGIEN<br />

Luxemburg<br />

Metz<br />

Aachen<br />

LUXEMBURG<br />

FRANKREICH<br />

Mönchengladbach<br />

Trier<br />

Düsseldorf<br />

Köln<br />

Bonn<br />

Saarbrücken<br />

Merken<br />

DEUTSCHLAND<br />

Niederzier<br />

JÜLICH<br />

Niederzier<br />

Merken<br />

G E<br />

DÜREN


S C H Ä F T S S T E L L E N<br />

Buir<br />

Rommerskirchen<br />

Rommerskirchen<br />

Nörvenich<br />

Vettweiß<br />

Dürscheven<br />

Niederaußem<br />

Bubenhe<strong>im</strong><br />

Mannhe<strong>im</strong><br />

Niederaußem<br />

Bocklemünd<br />

Türnich<br />

Ollhe<strong>im</strong><br />

EUSKIRCHEN<br />

KÖLN<br />

Blieshe<strong>im</strong><br />

Vernich<br />

<strong>Der</strong>kum<br />

Bocklemünd<br />

Ollhe<strong>im</strong><br />

Türnich<br />

Vernich<br />

Blieshe<strong>im</strong><br />

<strong>Der</strong>kum<br />

39


Buir-Blieshe<strong>im</strong>er<br />

Agrargenossenschaft eG<br />

Postfach 37<br />

52386 Nörvenich<br />

Tel 0 24 26 · 94 01- 0<br />

Fax 0 24 26 · 94 01-13<br />

Hausanschrift: Bahnhofstraße 70<br />

52388 Nörvenich

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