Artikel über Kreditausfallversicherungen
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EUROKRISE Mittwoch, 18. Jänner 2012 vonCorinna Milborn<br />
Am Gängelband der Hedgefonds<br />
• Analyse: Eine Handvoll Zocker-Fonds wettet auf den Bankrott Griechenlands<br />
und hält ganz Europa in Atem. Dass sie das dürfen, liegt an politischem Versagen.<br />
Die Verhandlungen <strong>über</strong> den Schuldenschnitt für Griechenland haben ein Gespenst wiederauferstehen<br />
lassen, von dem man in letzter Zeit wenig gehört hat: Die Hedgefonds sind zurück – und sie halten die<br />
gesamte Eurozone am Gängelband. Am Freitag scheiterten die Gespräche des Privatsektors mit der<br />
griechischen Regierung unerwartet. Der angestrebte Deal: Die privaten Gläubiger, denen Griechenland<br />
in Summe 200 Milliarden Euro schuldet, verzichten auf 50 % des Geldes, dafür geht Griechenland<br />
vorerst nicht pleite. Das ist für den Rest der Eurozone <strong>über</strong>lebenswichtig: Denn allein Italien braucht bis<br />
April 150 Milliarden Euro vom Finanzmarkt. Der Bankrott eines Euro staates würde das Vertrauen<br />
zerstören – und entweder Italien gleich mit in den Bankrott schicken oder zumindest die Zinsen enorm<br />
verteuern. Die Folgen wären auch für Österreich dramatisch.<br />
Staatsbankrott als Bonanza. Doch in die weit fortgeschrittenen Verhandlungen platzte eine<br />
Hiobsbotschaft: Die Hedgefonds weigerten sich, beim freiwilligen Schuldenverzicht mitzumachen. Die<br />
offizielle Begründung: Die angebotenen Zinsen seien zu niedrig. Doch für eine ganze Reihe von<br />
Hedgefonds ist es <strong>über</strong>haupt lukrativer, wenn Griechenland zahlungsunfähig wird. Ein Staatsbankrott<br />
wäre für sie ein Bonanza.<br />
Das liegt an fiesen, relativ neuen Finanzpapieren namens CDS (Credit Default Swap). Der<br />
Grundgedanke: Mit einem CDS kann sich ein Gläubiger gegen einen Kreditausfall versichern.<br />
Zahlreiche Banken, die griechische Anleihen gekauft haben, haben solche Versicherungen<br />
abgeschlossen: Geht Griechenland bankrott, bekommen sie die Versicherungssumme ausgezahlt. So<br />
weit, so logisch.<br />
Feuerversicherung aufs Haus des Nachbarn. Doch es gibt einen Haken: Man kann CDS auch auf<br />
Anleihen abschließen, die man gar nicht besitzt. Diese Papiere heißen dann „ungedeckte CDS“, und sie<br />
sind eine Wette auf den Untergang. Sie werden außerbörslich gehandelt und müssen nirgends registriert<br />
werden. Niemand weiß genau, wer sie hält und auf wessen Pleite sie wetten. Ihr Volumen ist so hoch,<br />
dass sie niemals bedient werden können – und eine größere Pleite eine Finanzkrise auslösen kann.<br />
George Soros nennt sie daher „Massenvernichtungswaffen des Finanzmarktes“. Stephan Schulmeister<br />
vergleicht sie mit einer Feuerversicherung, anonym abgeschlossen auf ein Haus im Nachbardorf: Die<br />
Verlockung, es anzuzünden, ist groß.<br />
» Warum erlaubt es die Politik, auf einen<br />
Staatsbankrott zu wetten? «<br />
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Und genau das haben einige der Hedgefonds offenbar im Sinn. Wer sie sind und wie viele CDS sie<br />
abgeschlossen haben, weiß niemand so genau: Selbst die Verhandler geben zu, dass sie bei einem Viertel<br />
der griechischen Staatsschulden nicht wissen, wer der Gläubiger ist. Sicher ist nur so viel: Stimmen nicht<br />
90 Prozent der Gläubiger zu, freiwillig auf die Hälfte ihres Geldes zu verzichten, ist Griechenland<br />
24.03.2012
ankrott. Eine verlockende Perspektive für jene, die daran verdienen können.<br />
Politisches Versagen auf ganzer Linie. Trotzdem klingen die Buhrufe gegen die anonymen Fonds nun<br />
hohl. Denn ihnen die Schuld zu geben greift zu kurz: Was hier offenbar wird, ist ein Versagen der<br />
europäischen Politik auf ganzer Linie. Denn: Warum ist es <strong>über</strong>haupt erlaubt, Papiere auszugeben, mit<br />
denen man auf Staatspleiten wettet? Schon seit 2006, als das Volumen der CDS weltweit explodierte,<br />
wurden Regulierungen gefordert. Als ihr Volumen das der gesamten Weltwirtschaft <strong>über</strong>stieg, war klar,<br />
dass Feuer am Dach ist. Erst als die Lehman-Pleite 2008 wegen der quer <strong>über</strong> den Globus verteilten CDS<br />
eine weltweite Finanzkrise auslöste, schworen Kommission und Regierungschefs, zumindest die<br />
ungedeckten CDS zu verbieten. Geschehen ist allerdings nichts: Die Finanzlobby verhinderte die<br />
Regulierung, die nun erst 2013 in Kraft treten soll – für Griechenland zu spät. Das Bruttovolumen der<br />
CDS, die auf Griechenlands Schulden abgeschlossen sind, beträgt 75 Milliarden Dollar. Werden diese<br />
Papiere schlagend, lösen sie eine Kettenreaktion wie bei der Lehman-Pleite aus.<br />
Deshalb trickst Europa jetzt: Wenn der Großteil der privaten Gläubiger – denen Griechenland in Summe<br />
200 Milliarden Euro schuldet – „freiwillig“ auf einen Teil seines Geldes verzichtet, dann gilt das nicht<br />
als Ausfall. Und dann werden die Kreditausfallsversicherungen CDS auch nicht schlagend. Doch bei<br />
diesem Trick wollen die Hedgefonds offensichtlich nicht mitmachen – und halten nun die ganze<br />
Eurozone am Gängelband. Schwer fällt es ihnen nicht: Denn auch die Regulierung von Hedgefonds, die<br />
2009 angekündigt wurde, hat bisher nicht stattgefunden. Wir sehen also nur die Rechnung für eine<br />
säumige, lobbygetriebene EU- Politik. Die Zeche zahlen allerdings wir alle.<br />
Corinna Milborn ist stellvertretende Chefredakteurin von NEWS<br />
Leser Kommentare (1)<br />
Die Zeche bezahlen wir alle<br />
Für alle die das System noch nicht verstanden haben: es geht darum, dass einige wenige Prozent der Bevölkerung den<br />
Rest ausbeutet. Sklaventum im 21. Jahrhundert, nur halt subtiler.<br />
brabus 18. 01. '12 18:32<br />
Leser Kommentare (1)<br />
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24.03.2012