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Freiheit, Macht, Herrschaft und Gewalt - Wissen schaffen

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<strong>Freiheit</strong> - <strong>Macht</strong>, <strong>Herrschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong><br />

Was heisst <strong>Freiheit</strong>? Wer vertritt sie? Wie vertragen sich <strong>Freiheit</strong> <strong>und</strong><br />

Wirtschaft?<br />

Martin Herzog, Dipl. Ing. ETH, akademisches Proletariat, Rheinfelden, 22. Juli 2004<br />

Definition:<br />

• <strong>Freiheit</strong> ist die Möglichkeit, so zu handeln, wie<br />

man will. <strong>Freiheit</strong> ist also Willensfreiheit. Der<br />

<strong>Freiheit</strong><br />

•<br />

Wille ist seinem Wesen nach stets frei.<br />

Man unterscheidet zwischen <strong>Freiheit</strong> von (nega-<br />

ist immer auch<br />

tive <strong>Freiheit</strong>en) <strong>und</strong> <strong>Freiheit</strong> zu etwas (positive<br />

<strong>Freiheit</strong>en). So basiert das alte <strong>Freiheit</strong>smodell<br />

der USA, dasjenige von Roosevelt, auf der <strong>Freiheit</strong><br />

von Furcht <strong>und</strong> der <strong>Freiheit</strong> von Not - das<br />

die <strong>Freiheit</strong> der anderen.<br />

neue, vom gegenwärtigen präsidialen Obermotz<br />

der USA propagierte, jedoch auf der <strong>Freiheit</strong> der<br />

Aneignung. (s. Neofeudalismus 1 ). Aus diesem<br />

Gr<strong>und</strong> ufert vorliegender Artikel etwas aus hintennach,<br />

wo's um <strong>Freiheit</strong> <strong>und</strong> Wirtschaft geht.<br />

Rosa Luxemburg<br />

• Als ärgste<br />

Beengung der <strong>Freiheit</strong> wurde von<br />

jeher der Despotismus gesehen, also absolute<br />

<strong>Macht</strong>, <strong>Herrschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>.<br />

• Für die Kirche war <strong>und</strong> ist das wichtigste Anliegen,<br />

die Befreiung von Schuld (wobei die<br />

•<br />

Christliche Kirche hier etwas hinterlistig ist, da sie ihre Anhänger mit einer<br />

Urschuld belädt, die eh nur von Gott/Jesus getilgt werden kann.)<br />

Die Renaissance versteht unter <strong>Freiheit</strong> die unbehinderte allseitige Entfaltung<br />

der menschlichen Persönlichkeit.<br />

• Der Marxismus hält <strong>Freiheit</strong> für eine Fiktion,<br />

da menschliches Verhalten<br />

stark durch Triebe <strong>und</strong> das Milieu, die Klassenzugehörigkeit, bestimmt wird.<br />

• Liberale <strong>und</strong> Neoliberale verstehen unter <strong>Freiheit</strong> vor allem die <strong>Freiheit</strong> des<br />

Wirtschaftens. Für die Mehrheit der Bevölkerung wird diese allerdings leicht<br />

zum Zerrbild einer <strong>Freiheit</strong> der Flexibilität. Statt frei zu agieren <strong>und</strong> Märkte zu<br />

<strong>schaffen</strong>, wird immer mehr die Anpassung an den Markt, also die Unterwerfung<br />

unter den Markt gefordert.<br />

• Für Sartre <strong>und</strong> die Existenzialisten<br />

ist <strong>Freiheit</strong> nicht bloss eine Eigenschaft<br />

des Menschen, sondern seine eigentliche Substanz. Der Mensch hat keine<br />

Entschuldigung für das was ihm zustösst, denn er wählt sein Ziel frei <strong>und</strong> lässt<br />

sich von diesem Ziel leiten. Wählt er das falsche Ziel, ist er selbst schuld.<br />

Lässt er sich von seinem Ziel, dem so beliebten Sachzwang, dirigieren, handelt<br />

er nicht mehr frei - <strong>und</strong> ist ebenfalls selbst schuld.<br />

• Das Wort "frei" stammt ab von fri, was zugleich Frau (=ursprünglich Herrin)<br />

bedeutet. Amüsant, isn't it. Die <strong>Herrschaft</strong> war also mal Frauschaft. Die<br />

1 http://www.brainworker.ch/Geldtheorie/feudalismus.htm


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Umdeutung wird dadurch begründet, dass die dem Haus <strong>und</strong> der Herrin unterworfenen<br />

doch ein angenehmeres <strong>und</strong> "freieres" Leben führten als etwas<br />

Sklaven. Die seltsame Doppelbedeutung haben wir ja heute noch im Wort<br />

Freier.<br />

Einschränkungen der <strong>Freiheit</strong> ergeben sich vor allem aus ethischen Gründen,<br />

aus der Übernahme von Verantwortung für freies Handeln.<br />

Patent lässt sich der Gehalt des Wortes <strong>Freiheit</strong> mit der Formanalyse<br />

nach Spencer-<br />

Brown bestimmen. Hier nur ein paar Beispiele, basierend auf dem Konzept, dass<br />

<strong>Freiheit</strong> von <strong>und</strong> <strong>Freiheit</strong> zu sich verbinden lässt zum Begriff "Entwicklungsfähigkeit.<br />

Diese hängt ab von Strukturen. Zu wenig Strukturen, also das Chaos, gemeinhin,<br />

wenn auch fälschlich, oft Anarchie genannt, wird nur durch Strukturierung entwicklungsfähig.<br />

Auf der einen Seite. Auf der andern können verfestigte Strukturen die<br />

Entwicklung aber genau so behindern. Von zu engen Normen <strong>und</strong> Gesetzen muss man<br />

sich befreien (emanzipieren), um entwicklungsfähig zu werden.<br />

Der lästige dauernde Ruf nach mehr <strong>Freiheit</strong> <strong>und</strong> Strukturwandel,<br />

der dauernd von<br />

Rechts kommt, ist also berechtigt - aber, wir müssen uns darüber klar werden, welche<br />

Strukturen da ge<strong>schaffen</strong> werden sollen. <strong>Freiheit</strong> bedeutet nicht Unabhängigkeit von<br />

jeglicher Struktur, aber wohl Wahl der Struktur <strong>und</strong> Veränderbarkeit von Strukturen.


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Die Anarchisten, Hüter der <strong>Freiheit</strong><br />

Wenn's um <strong>Freiheit</strong> geht, sollte man auch auf die Experten hören ... nein,<br />

nicht die SVP <strong>und</strong> auch nicht die <strong>Freiheit</strong>spartei, sondern die Anarchisten.<br />

[s. Hector Zoccoli: Die Anarchie <strong>und</strong> die Anarchisten. Karin Kramer Verlag, Berlin,<br />

1976].<br />

Max Stirner (1806-56): Der Einzige <strong>und</strong> sein Eigentum<br />

Einerseits legten die Anarchisten den Gr<strong>und</strong>stein zur Erfüllung der Gebote der<br />

Renaissance,<br />

der Selbstverwirklichung. Andererseits betonten sie Eigennutz <strong>und</strong> Selbstsucht<br />

etwas über (Das darf man so doch nicht schreiben! Eben drum ...). Der Trend<br />

wurde verstärkt durch die Aufspaltung in Wirtschaftsanarchisten (liberale, neoliberale),<br />

die heute überall das Sagen haben <strong>und</strong> entgegen ihrer Ursprünge <strong>Macht</strong> ausüben,<br />

<strong>und</strong> Sozialanarchisten (Sozialliberale), die's kaum mehr gibt.<br />

Darum wendet Euch lieber an Euch als an eure Götter oder Götzen. Bringt<br />

aus Euch heraus, was in Euch steckt, bringt's zu Tage, bringt es zur Offenbarung.<br />

Möglich, dass ich aus mir sehr wenig machen kann: dies wenige ist aber<br />

alles <strong>und</strong> ist besser, als was ich aus Mir machen lasse durch die <strong>Gewalt</strong><br />

Anderer, durch die Dressur der Sitte, der Religion, der Gesetze, des Staates<br />

u.s.w.<br />

____________________________________________________________<br />

Pierre-Joseph Proudhon (1809-65): Eigentum ist Diebstahl<br />

Proudhon erhob sich als erster gegen<br />

das Recht der Mehrheit, ihre Beschlüsse<br />

der Minderheit aufzuzwingen.<br />

Das Problem des Minderheitenschutzes<br />

ist für alle Demokratien eine<br />

Knacknuss.<br />

Der Mensch ist als geselliges Wesen geboren,<br />

d.h. er sucht in allen seinen Beziehungen die<br />

Gleichheit <strong>und</strong> die Gerechtigkeit, doch liebt<br />

er auch die Unabhängigkeit.<br />

Der Arbeiter wird durch die immer mehr ins Detail geführte Arbeitsteilung in<br />

einen immer mehr erniedrigerenderen Zustand eines Automaten herabgedrückt.<br />

Dies macht zwar die Industrie unvergleichlich produktiver, aber zur<br />

selben Zeit verelenden sie den Arbeiter physisch <strong>und</strong> psychisch ... Je mehr die<br />

Arbeitsteilung <strong>und</strong> die <strong>Macht</strong> der Maschinen wächst, umso mehr sinkt die Intelligenz<br />

des Arbeiter <strong>und</strong> umsomehr geht das Bestreben, die Zahl der Arbeitskräfte<br />

zu reduzieren.<br />

Das anarchistische Programm von 1866:<br />

1. Aufhebung des göttlichen Rechts<br />

2. Aufhebung des diplomatischen Rechts<br />

3. Aufhebung des historischen Rechts<br />

4. Verzicht auf jede Idee nationaler Vorherrschaft<br />

5. <strong>Freiheit</strong> des Individuums in der Kommune


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6. <strong>Freiheit</strong> der Kommunen <strong>und</strong> freie Föderationsbildung<br />

7. Aufhebung des öffentlichen <strong>und</strong> privaten Rechts<br />

8. Politische Gleichheit aller<br />

9. Aufhebung aller persönlichen oder königlichen Privilegien<br />

10. Emanzipation der Arbeit vom Kapital<br />

11. Das einzige Eigentum ist: Die Arbeitswerkzeuge den Arbeitern, die Erde denen,<br />

die sie bebauen.<br />

12. Freie Föderation der Nationen untereinander.<br />

Bevor Sie sich nun künstlich aufregen, von wegen Volltrottel <strong>und</strong> so, weil einige der<br />

Anliegen heute nicht Mehrheitsfähig sind, sehen sie sich die andern an, die heute<br />

selbstverständlich sind. Die verdanken wir also den Anarchisten.<br />

Michail Bakunin (1814-1876) Philosophie der Tat. 2<br />

Bakunin hat sich überdies auch an der Jura-Föderation beteiligt, damals eine Kerngruppe<br />

der Anarchisten. Er lebte vorübergehend in Genf <strong>und</strong> Zürich.<br />

Die ungeheure Mehrheit der liberalen Doktrinäre gehört der Bourgeoisie<br />

an. Diese so grosse <strong>und</strong> beachtenswerte Klasse wünscht sich<br />

nicht mehr, als das Recht oder vielmehr das Vorrecht der vollkommensten<br />

Anarchie mit sich in Einklang zu bringen; ihre ganze soziale<br />

Ökonomie, die tatsächliche Gr<strong>und</strong>lage ihrer politischen Existenz, hat<br />

bekanntlich kein anderes Gesetz als das der Anarchie, die in den so berühmt<br />

gewordenen Worten: Laissez faire et laissez passer ihren Ausdruck<br />

finde. Aber sie liebt die Anarchie nur um ihretwillen <strong>und</strong> nur unter<br />

der Bedingung, dass die Massen, "zu unwissend um daraus Nutzen<br />

zu ziehen", der strengsten Disziplin unterworfen bleiben.<br />

Bereits 1871, als Bakunin diese Worte niederschrieb, war also klar, dass der<br />

Liberalismus zwar sich anarchisch verhält wo er jegliche Lenkung <strong>und</strong><br />

Begrenzung wirtschaftlichen Tuns ablehnt, dass der selbe Liberalismus<br />

sich aber innerhalb der Betriebe enorm autoritär gebärdet <strong>und</strong> das<br />

Gr<strong>und</strong>prinzip der Anarchie negiert: Nicht beherrscht werden - nicht beherrschen!<br />

- wodurch er die <strong>Macht</strong> von der Politik zur Wirtschaft verlagert.<br />

Die Sache mit den unwissenden Massen mag diesen sauer aufstossen,<br />

aber wenn Sie in den letzten 10 Jahren selbst Erfahrung gemacht haben mit<br />

Arbeitslosigkeit <strong>und</strong> Beschäftigungsprogrammen ... Was war den immer das<br />

höchste Ziel dieser Programme? Was hörte man als erstes von den Ausführenden?<br />

> Ein geregelter Tagesablauf ist wichtig! [Kein Witz, ich habe 1995/96<br />

wochenlang Umfragen betrieben. Es war echt zum Haaröl saiche]. Natürlich<br />

haben die Leute recht, denn Arbeitslosigkeit entsteht ja, weil so viele zu spät<br />

zur Arbeit kommen <strong>und</strong> entlassen werden müssen ... nicht weil das Kapital mit<br />

dem Geld rumspielt, statt zu investieren. … oder nicht?<br />

2 [Hegner Bücherei, Köln, 1968.]


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Aber einiges hat sich seit der hohen Zeit der Anarchie doch auch zum Bessern<br />

gewendet. Staatliche Autorität ist heute weit weniger ausgeprägt als damals<br />

<strong>und</strong> hat, zumindest in Demokratien, nur noch wenige Möglichkeiten, sich mittels<br />

<strong>Gewalt</strong> durchzusetzen:<br />

Der Staat ist die Autorität, die <strong>Macht</strong>, das Prahlen <strong>und</strong> die Verdummung<br />

mit der <strong>Gewalt</strong>. Nicht sanft setzt er sich fest, er sucht nicht zu<br />

überzeugen: wenn er sich einmischt, tut er dies sehr ungern, denn seine<br />

Natur besteht nicht darin zu überzeugen, sondern darin, Eindruck zu<br />

machen, zu erzwingen ....<br />

Präzise hier gerät aber unser heutiger Staat in die Bredouille, denn ihm stehen<br />

heute viel weniger Mittel zur Verfügung, um öffentlich zu argumentieren <strong>und</strong><br />

das Volk zu überzeugen, als die Konzerne einsetzen können um ihre Interessen<br />

zu propagieren. Das noch grössere Problem ist, dass Staat wie Wirtschaft<br />

primär populistisch 3 mit Schlagworten an die Öffentlichkeit treten, <strong>und</strong> diese<br />

primär auf Gr<strong>und</strong> des bekannten rechts-links-Schemas entscheidet. Die<br />

öffentliche Diskussion 4 ist eigentlich nicht bloss Not leidend, sondern fast<br />

inexistent.<br />

Aktueller Einschub: So behauptet zwar die neuste Eidgenössische Volksinitiative<br />

«Volkssouveränität statt Behördenpropaganda», dass es ihr darum geht, die freie<br />

Meinungsbildung erhalten! Nun überlegen Sie sich mal, wie Sie sich selbst Ihre Meinung<br />

bilden. Ich vermute, Sie lesen Zeitung, sehen Nachrichten <strong>und</strong> ab <strong>und</strong> zu auch<br />

eine politische Analyse. Sie informieren sich offensichtlich im Internet, Sie unterhalten<br />

sich mit Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Kollegen ... <strong>und</strong> bilden sich Ihre Meinung auf Gr<strong>und</strong> all<br />

dieser Informationen, ihres eigenen Hintergr<strong>und</strong>wissens <strong>und</strong> natürlich auch Ihrer persönlichen<br />

Schwerpunkte. Nun kommt vor den Abstimmungen, zusätzlich zu den Paketen<br />

an Parteipropaganda <strong>und</strong> Zeitungen, noch eine Dokumentation vom B<strong>und</strong>.<br />

Wirft diese Ihre freie Entscheidung einfach um? Sind die Berichte aus Bern wirklich<br />

soooo gut <strong>und</strong> derart überzeugend? Oder könnte der Bericht vielleicht noch aufzeigen,<br />

wo sie beim Denken zu sehr in ihrem eigenen Gartenzaun stecken bleiben. Auch<br />

die Regierung muss ihre Entscheide begründen können. Es soll nicht reichen Parteien<br />

vorbehalten bleiben, ihre Sicht der Dinge verbreiten zu dürfen. Die Initiative ist<br />

Schrott.<br />

Autorität <strong>und</strong> <strong>Freiheit</strong> vertragen sich schlecht, egal ob die Autorität nun<br />

beim Staat oder bei der Wirtschaft liegt. Die Autorität ist nun, 150<br />

Jahre später, noch genau so da wie damals, nur wanderte sie von der<br />

Politik zur Wirtschaft. Und genau wie damals wird die <strong>Freiheit</strong> im<br />

Namen der Sicherheit untergraben. Wurden damals die Anarchisten zu<br />

gefährlichen Terroristen gemacht gegen die es mit <strong>Gewalt</strong> vorzugehen<br />

galt, so sind es heute die Muslime. Wenn Sie sich ansehen, welche politischen<br />

Strukturen Bakunin als Anarchist forderte, so sehen Sie den<br />

Betrug sofort:<br />

k. Die Gr<strong>und</strong>lage der politischen Organisation eines Landes<br />

muss die absolute autonome Gemeinde sein, die immer von<br />

der Mehrzahl der Stimmen aller grossjährigen Einwohner,<br />

Männer <strong>und</strong> Frauen mit gleichen Rechten vertreten wird.<br />

[Katechismus der revolutionären Gesellschaft, 1965/66]<br />

3 http://www.brainworker.ch/Politik/populismus.htm<br />

4 http://www.brainworker.ch/Dialog/politische%20diskussion


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l. Die Provinz darf nichts als eine freie Föderation der autonomen<br />

Gemeinden sein.<br />

m. Die Nation darf nichts sein als eine Föderation autonomer<br />

Provinzen<br />

n. Die internationale Föderation umfasst alle Völker dieser Erde.<br />

Ehrlich, wenn diese Gr<strong>und</strong>sätze eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit<br />

darstellen, dann hätte man die Schweiz doch schon lange auflösen<br />

müssen, oder? Im Übrigen waren die Anarchisten ja nicht gegen Politik<br />

<strong>und</strong> nicht gegen eine gemeinsame Organisation gesellschaftlicher Belange<br />

- aber sie wollten diese von unten her, grassroots, organisieren.<br />

Sie wehrten sich gegen eine Politik von oben, gegen <strong>Herrschaft</strong>. Ihre<br />

Losung war, zumindest zeitweise <strong>und</strong> in gewissen Gruppierungen<br />

(Anarchosyndikalisten): Alle <strong>Macht</strong> den Räten. So was wie Schlafbrot,<br />

Chnulleri & Co. hätte also einer sozial-anarchistischen Gesellschaft<br />

genau so passieren können wie unserer wirtschaftsanarchistischen.<br />

Peinlich aber wahr.<br />

Im übrigen ist Bakunins Lebenslust: Die Lust der Zerstörung ist auch<br />

eine <strong>schaffen</strong>de Lust! eigentlich die selbe wie der kreative Zerstörung<br />

Schumpeters. Wir sehen also, dass die Anarchie, well, eine Art von<br />

Anarchie, heute eigentlich in der Wirtschaft herrscht - leider aber ohne<br />

die freiheitlichen Ideale die von den klassischen Anarchisten vertreten<br />

wurden.<br />

Peter Kropotkin (1842-1921)<br />

Kropotkin hat bereits von h<strong>und</strong>ert Jahren, in Gegenseitige Hilfe in der Tier <strong>und</strong> Menschenwelt,<br />

darauf hingewiesen, dass die Evolution nicht nur aus Wettbewerb 5 <strong>und</strong><br />

Kampf besteht, sondern vor allem auf Kooperation 6 baut. Wäre dem nicht so,<br />

hätten sich die Zellen nie zu Organismen <strong>und</strong> Organen zusammengeschlossen<br />

<strong>und</strong> wir würden immer noch als Einzeller im Meer rumdümpeln. Auch die<br />

Menschheit begann ihre eigentlich kulturelle Entwicklung erst mit dem Zusammenleben<br />

in den Städten. Dort hatte das Überleben Priorität vor dem Markt: Erst wenn<br />

sich die Bevölkerung mit Gütern am Markt versorgt hatte, durften die Händler den<br />

Rest kaufen. (s. Rheinfelden). Kornhandel wurde oft gemeinsam getätigt. Preise wurden<br />

durch erfahrene Männer, eine dritte Partei, festgelegt, aber nicht durch Verkäufer<br />

<strong>und</strong> Käufer. Dies war sozialem <strong>und</strong> friedlichem Verhalten so förderlich, dass zur Verteidigung<br />

eine besondere Kriegergilde nötig wurde, angeführt von einem Herzog (Der<br />

vor dem Heere zog. Nomen est obviously Omen). Städte bewahrten Europa bis ins<br />

späte 15. Jahrh<strong>und</strong>ert vor theokratischen oder sonst wie despotischen Staatsformen.<br />

Nach jedem verloren gegangenen Bauernaufstand gerieten allerdings weitere Gemeindeländereien,<br />

die zuvor als Gemeinschaftsbesitz betrachtet wurden, an die Feudalherren.<br />

Dann wurde Föderalismus <strong>und</strong> Partikularismus zum Staatsfeind erklärt.<br />

Die Gemeindeautonomie wurde aufgehoben. Besondere Bündnisse unter<br />

Bürgern wurden verboten: Kein Staat im Staate. In Frankreich z.B. sind laut Kropotkin<br />

Vereinigungen von mehr als 18 Personen erst seit 1848 erlaubt! Dies war der<br />

Ausgangspunkt der Anarchisten. Sie forderten:<br />

5 http://www.diskussionsforen.ch/Wettbewerb/<br />

6 http://www.diskussionsforen.ch/WAP/gemeinwohl.htm


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• Gemeindeautonomie<br />

• Streikrecht<br />

• Versammlungsrecht<br />

• Das Recht auf politische Vereine (Parteien)<br />

Mit Anarchie ist heute also kein Staat mehr zu machen, da die meisten Forderungen<br />

erfüllt wurden, einige mehr als erfüllt, insbesondere diejenige, dass die Wirtschaft <strong>und</strong><br />

nicht der Staat regieren solle. Auch dazu wurde die Gr<strong>und</strong>lage früh aufgebaut mit der<br />

Wettbewerbstheorie, die besagt, jeder Mensch müsse<br />

sein eigenes Glück suchen, ohne sich um die Bedürfnisse<br />

anderer zu kümmern.<br />

Während Gewohnheitsrechte wie die Demokratie früher<br />

zu verhindern suchten, dass die Massen durch Minderheit<br />

unterdrückt werden, so ist heute die Eigentumsgarantie<br />

der wohl wirksamste Minderheitenschutz. Eine<br />

Minderheit, deren <strong>Macht</strong> um so mehr wuchs, je leichter<br />

es wurde, Privatvermögen anzuhäufen. Auch traditionelle<br />

Gesellschaften kennen das Recht auf persönliches<br />

Eigentum, aber dieses beschränkte sich auf bewegliche<br />

Habe wie Vieh, Geräte <strong>und</strong> Haus (!), nicht<br />

aber Land, das oft gemeinsam bewirtschaftet wurde.<br />

Eine Tradition die lange Zeit auch in der Schweiz<br />

galt (s. Allmend 7 ). Mit der Einführung des Geldes<br />

beginnt ... das natürliche Recht auf unbegrenzte<br />

Apropriation <strong>und</strong> unbegrenztes Eigentum. [Helmut<br />

Rittstieg] Zu nebenstehendem Zitat ist doch noch anzumerken,<br />

wie auffallend der Kontrast zu heutigen Gepflogenheiten<br />

ist, wo doch das erste Gebot heisst: Du<br />

musst Dich verkaufen können! Für die Stoa war der<br />

freie Mensch eben derjenige, sich nicht auf dem Markt<br />

zur Schau oder gar zum Verkauf anbieten zu müssen:<br />

Entweder musst du eine Vernunft ausbilden oder das,<br />

was in der Welt zählt, dich um dein Inneres kümmern<br />

oder um die Aussenseite deiner Existenz, anders gesagt:<br />

Entweder du musst Philosoph sein oder ein ganz<br />

gewöhnlicher Mensch. [Epiktet 8 } So entspring Rousseaus<br />

Kritik an eben dem Gesellschaftsvertrag eben<br />

diesem Missbrauch, durch den Minderheiteninteressen<br />

zum Gesetz für die Mehrheit gemacht werden: Unter<br />

schlechten Regierungen ist diese Gleichheit nur schein-<br />

Nun gibt sich aber ein<br />

Mensch der sich zum Sklaven<br />

eines andern macht,<br />

nicht umsonst her, er verkauft<br />

sich, zumindest für<br />

seinen Lebensunterhalt.<br />

------------------------<br />

<strong>Gewalt</strong> hat die ersten Sklaven<br />

ge<strong>schaffen</strong>,<br />

ihre Feigheit hat diesen<br />

Zustand verewigt.<br />

Jean-Jacques Rousseau: Le<br />

contrât social<br />

[Der Gesellschaftsvertrag]<br />

______________________<br />

Freilich, wenn man es<br />

durchaus Prostitution nennen<br />

will, wenn ein Mensch<br />

nicht, wie es üblich ist,<br />

seine ganze Person für<br />

Geld hergibt, sondern nur<br />

seinen Körper, so betrieb<br />

Leona gelegentlich Prostitution.<br />

Robert Musil. Der Mann<br />

ohne Eigenschaften<br />

bar <strong>und</strong> vorgespiegelt; sie dient nur dazu, den Armen in seinem Elend <strong>und</strong> den Reichen<br />

in seinem anmassenden Besitz zu erhalten. In Wirklichkeit sind die Gesetze immer<br />

den Besitzenden nützlich <strong>und</strong> den Habenichtsen schädlich. Daraus folgt, dass der<br />

gesellschaftliche Stand für Menschen nur vorteilhaft ist, soweit sie alle etwas besitzen<br />

<strong>und</strong> niemand zu viel besitzt. Auch hier hat sich die Interpretation ins Gegenteil verkehrt.<br />

Heute bekämpfen die Besitzenden den Staat, weil er ihnen zu wenig Unterstützung<br />

gewährt in der Mehrung ihrer Besitztümer.<br />

7 http://www.diskussionsforen.ch/WAP/gemeinwohl.htm<br />

8 http://www.diskussionsforen.ch/zynismus/epiktet.htm


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Die einzige Forderung der Anarchisten die nicht bloss nicht erfüllt, sondern ins Gegenteil<br />

verkehrt wurde, ist also die Kontrolle der <strong>Macht</strong> des Kapitals durch Beschränkung<br />

von Vermögensungleichheit, speziell von Erb- <strong>und</strong> Eigentumsrecht auf so viel,<br />

wie eine Person oder Familie wirklich nutzen kann (Problem Latif<strong>und</strong>ien Südamerika,<br />

Bodenreform). Die Forderung ist berechtigt, denn der Mensch lebt nicht von <strong>Freiheit</strong><br />

allein! Der Schlachtruf der mexikanischen Revolution: Tierra y Libertad, ist<br />

zwar längst verhallt, das Problem aber in anderer Form, als Kapitalakkumulation,<br />

immer noch vorhanden http://www.nodo50.org/tierraylibertad/<br />

http://www.brainworker.ch/r-evolution/1_3_01%20Bodenrecht.htm<br />

Der gegenwärtig lauteste Ansatz in dieser Beziehung will eine Steuer auf Kapitaltransaktionen<br />

(Tobin-Tax, attac), ist also mehr als beschränkt, auch wenn wir den Widerstand<br />

gegen die Globalisierung dazu nehmen. Die Anhänger der Freiwirtschaft<br />

schiessen sich regelmässig selbst ins Bein, wenn sie einen Aufstand machen, wegen<br />

0.5% Inflation <strong>und</strong> alles Glück der Welt durch eine monetaristische Lenkung der<br />

Wirtschaft erwarten.<br />

Man bedenke weiter im allgemeinen, welche Verkümmerung des Geistes<br />

in der Menschheit durch die Idee des Gehorsams herbeigeführt<br />

wurde, die das Wesen des Gesetzes <strong>und</strong> der Autorität bilden.<br />

Wir haben keine zwei Gewicht <strong>und</strong> zwei Masse für die Vorzüge der Regierten<br />

<strong>und</strong> die der Regierer; wir wissen, dass wir selber nicht ohne<br />

Fehler sind, <strong>und</strong> dass die Besten unter uns rasch durch die Ausübung<br />

der <strong>Macht</strong> verdorben würden. Wir sehen die Menschen wie sie sind,<br />

<strong>und</strong> deshalb verwerfen wir die <strong>Herrschaft</strong> des Menschen über den<br />

Menschen.


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Hier wird's Zeit für einige Definitionen:<br />

<strong>Herrschaft</strong><br />

Der Begriff wird in den Sozialwissenschaften häufig in Anlehnung an Max<br />

Weber verwendet, der ihn in wie folgt definiert: "<strong>Herrschaft</strong> soll heißen die<br />

Chance für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam<br />

zu finden". S. http://www.brainworker.ch/<strong>Wissen</strong>/max_weber.htm<br />

Max Weber unterscheidet drei Idealtypen von <strong>Herrschaft</strong>, nach der Art ihrer<br />

Legitimation:<br />

• rationale <strong>Herrschaft</strong>, die auf dem Glauben der an die Legalität gesatzter<br />

Ordnungen (zum Beispiel Gesetze) ruht, Beispiel: Bürokratie<br />

• traditionale <strong>Herrschaft</strong>, die auf dem Alltagsglauben an die Heiligkeit<br />

von jeher geltender Traditionen <strong>und</strong> der Legitimität der durch sie<br />

Berufenen ruht, Beispiel: Patriarchat, Feudalismus<br />

• charismatische <strong>Herrschaft</strong>, die auf der außeralltäglichen Hingabe an<br />

die Heiligkeit oder Heldenkraft oder die Vorbildlichkeit einer Person<br />

<strong>und</strong> der durch sie ge<strong>schaffen</strong>en Ordnung ruht. Sie versachlicht sich<br />

stets in eine rationale oder traditionale <strong>Herrschaft</strong>, Beispiel: Prophet<br />

Interessanterweise setzt Weber also "<strong>Herrschaft</strong>" <strong>und</strong> "Autorität" praktisch<br />

gleich. Da <strong>Herrschaft</strong> nach Max Weber ein Minimum an Gehorsam<br />

voraussetzt; widerspricht seine Definition der von Karl Marx, dessen <strong>Herrschaft</strong>sbegriff<br />

auf <strong>Macht</strong> basierte. Der Begriff von Max Weber ähnelt eher<br />

dem Gesellschaftsvertrag. Wo weit unter<br />

http://www.thur.de/philo/herrschaft.htm. <strong>Herrschaft</strong> wie Autorität setzen sich<br />

allerdings meist nicht so ganz durch "freiwillige Anerkennung" durch, sondern<br />

meist durch den Beistand des Kettenh<strong>und</strong>es der Autorität, nämlich der<br />

Disziplin. [s. Autorität - das F<strong>und</strong>ament von Faschismus, Rechtsextremismus,<br />

Antisemitismus <strong>und</strong> anderer Formen von ethnozentrischer Ausländerfeindlichkeit<br />

<strong>und</strong> Disziplin, der Kettenh<strong>und</strong> der Autorität.]<br />

http://www.diskussionsforen.ch/Orientierung/autoritaet.htm<br />

DAS Handbuch zur Erhaltung der <strong>Macht</strong> ist ja Machiavellis<br />

Der Fürst (il principe). Obwohl auch heute eigentlich<br />

alle nach <strong>Macht</strong> streben (hier liegt das systemische Problem<br />

der <strong>Macht</strong> verborgen, hier liegt der Gr<strong>und</strong>, warum<br />

sich <strong>Herrschaft</strong>sfreiheit (Anarchie) nicht durch das Wegbomben<br />

einiger <strong>Macht</strong>träger erreichen lässt), verwerfen<br />

alle scheinheilig die Hände, wenn da einer beschreibt, wie<br />

man an die <strong>Macht</strong> kommt <strong>und</strong> sie fest hält. <strong>Macht</strong> kann<br />

notwendig sein. Ich erklär das lieber an einem etwas mo-<br />

Religion ist<br />

das, was die<br />

Armen davon<br />

abhält, die Reichenumzubringen.<br />

Napoleon I.<br />

derneren Beispiel als an Machiavellis mittelalterlichen. Im Jemen war bis zur<br />

Revolution 1962 das Staatsoberhaupt, der Imam, zuständig für alles, für die<br />

Armee, die Gesetzgebung, das Gericht, die Wirtschaft, die Religion. Wollte<br />

wer von einer Stadt in die andere, brauchte er eine Bewilligung von Sana'a.<br />

Diese absoluten Herrscher erhielten aber ihre <strong>Macht</strong> weder durch Wahl noch


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über Nachfolgeregelung (mit den üblichen reichlichen Ausnahmen, versteht<br />

sich). Der Imam muss sich die <strong>Herrschaft</strong> durch <strong>Gewalt</strong> erobern. Er<br />

musste dadurch zeigen, dass er fähig war, finanzielle wie tatkräftige Unterstützung<br />

für sein Anliegen zu mobilisieren. Dies mag aus unserer Sicht<br />

brutal scheinen, aber die Lebensbedingungen in einem Land wie dem Jemen<br />

sind dies nicht minder. Und ein Herrscher muss das Bestehen <strong>und</strong> die<br />

Entwicklung seines Landes garantieren können - ohne Rücksichten.<br />

Wir sehen hier allerdings, dass nicht nur die internationalen Beziehungen,<br />

sondern auch die relative Grösse <strong>und</strong> Bedeutung eines Landes zu berücksichtigen<br />

ist. Der Jemen ist ein kleines Wüstenland auf einer Halbinsel, mit geringem<br />

Einfluss auf die Weltgeschichte. Je stärker aber ein Land mit seinen<br />

Nachbarn kommunizieren muss, desto mehr Bedeutung erhält die Aussenpolitik<br />

<strong>und</strong> die Rücksichtnahme auf andere. Wenn also ein Land wie die USA<br />

die selbe Politik vertritt wie ein mittelalterliches Fürstentum <strong>und</strong> rücksichtslos<br />

die Interessen des eigenen Landes vertritt, dann ist das nicht mehr das<br />

selbe, wie wenn dies der Herrscher eines kleinen unbedeutenden Landes tut.<br />

Wenn kleine Betriebe einander das Wasser abgraben, so ist das offensichtlich<br />

der Lauf der Dinge <strong>und</strong> der Aufregung nicht wert, wenn das Selbe aber auf<br />

dem Niveau von global players stattfindet, dann kann dies für ganze Regionen<br />

<strong>und</strong> Völkerscharen tragisch enden. Nicht nur die <strong>Freiheit</strong> des<br />

Wettbewerbs wird durch Grösse der Bewerber beschränkt, auch die Folgen<br />

wachsen mit der Grösse der Konkurrenten zu einem Ausmass an, für das<br />

niemand mehr die Verantwortung (oder gar einen Versicherungsschutz)<br />

übernehmen will <strong>und</strong> kann.<br />

<strong>Macht</strong><br />

http://www.diskussionsforen.ch/Wettbewerb/index.htm<br />

Die bekannteste Definition stammt von Max Weber. Seiner Ansicht nach<br />

bedeutet <strong>Macht</strong> "jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen<br />

Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel, worauf diese<br />

Chance beruht." [Wirtschaft & Gesellschaft. S. 28]<br />

Der bekannteste Propagandist von <strong>Macht</strong> dürfte nebst Machiavelli vor allem<br />

Nietzsche sein. Bei aller <strong>Freiheit</strong>sliebe haben auch seine Gründe eine gewisse<br />

Gültigkeit. Zu Beginn des 20. Jh. setzten sich Güte, Demut, Gehorsam, Geduld,<br />

Verzeihung, Mitleid als Werte durch. Für Nitzsche war dies ein Sieg<br />

der Sklavenmoral. Rational, historisch-soziologisch betrachtet, ist das Aufkommen<br />

solcher Werte vor allem durch immer dichteres Wohnen bedingt.<br />

Der Wertekatalog einer Stadtgesellschaft ist z.B. für Beduinen, Sammler,<br />

Jäger in Steppe oder T<strong>und</strong>ra weit weniger attraktiv. Hierin liegt der Hauptgr<strong>und</strong><br />

weshalb sich das weiche Christentum in den heute islamischen Gebieten,<br />

mit äusserst harten Überlebensbedingungen, nicht durchsetzen konnte.<br />

F<strong>und</strong>amentalismus jeglicher Provenienz ist also dümmlich, denn jede Kultur<br />

hat diejenige Religion, die lokal funktioniert:<br />

Wirtschaftliche <strong>Macht</strong> des einen bedeutet im<br />

Rahmen einer sozialen Beziehung Verengung


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des Handlungsspielraums der betroffenen anderen.<br />

[Eric Homburger in Geld & Wachstum, Binswanger. S. 189]<br />

Zum Thema Masse <strong>und</strong> <strong>Macht</strong> [s. Elias Canetti]<br />

<strong>Macht</strong> ist fast immer äusserst ungleich verteilt (s. Graph,<br />

click für Vergrösserung). Wir finden diese Verteilung nicht<br />

bloss bei Geld, Entwicklungsorganisationen (Bild), Industrie<br />

etc., sondern jeder von uns steht irgend wo in einer solchen<br />

<strong>Macht</strong>treppe. Wichtig ist, dass jeder zumindest ein<br />

Treppchen hat, auf dem er nicht ganz unten steht, denn Ohnmacht führt<br />

zu <strong>Gewalt</strong>, <strong>Gewalt</strong> gegen sich selbst oder <strong>Gewalt</strong> gegen andere. Hier dürfte<br />

die wichtigste Ursache für die <strong>Gewalt</strong>tätigkeit mancher, in der Arbeit frustrierter<br />

<strong>und</strong> machtloser, Ehemänner liegen, eine <strong>Gewalt</strong>tätigkeit die nicht zu<br />

mehr Anerkennung führt, sondern meist ebenfalls zur Anwendung von <strong>Gewalt</strong>,<br />

im Falle von Frauen also meist psychischer <strong>Gewalt</strong> (Noch nie von einer<br />

Frau fertig gemacht worden? Eben, sag ich doch! Dabei würde ein kleines<br />

bisschen eigene <strong>Macht</strong>, Beteiligung oder schon bloss Anerkennung als<br />

psychischer Ausgleich meist genügen, deshalb sind ja in der Schweiz die<br />

Vereine so beliebt, in denen jeder der Lust hat, zu einem "wichtigen" Aemtchen<br />

kommen oder sogar Präsident werden kann.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> ist das Vorgehen von Bush gegen den Terror so ziemlich<br />

das Verkehrteste was möglich ist, denn Terror ist ganz einfach die Waffe<br />

der <strong>Macht</strong>losen, die militärisch den USA nichts entgegen zu setzen haben.<br />

Die <strong>Macht</strong> auf der Seite der bereits Mächtigen noch mehr zu stärken ist kein<br />

vernünftiger Umgang mit den bereits <strong>Macht</strong>losen. Es gilt, auch Ihnen Gehör<br />

<strong>und</strong> eine angemessene Bedeutung zu geben. Eine dominierende Weltmacht,<br />

die sich zur einzigen <strong>Macht</strong> macht, die alle andern zur Ohnmacht verdammt,<br />

hat nur noch Feinde. Präzise aus diesem Gr<strong>und</strong> dauern tausendjährige Reiche<br />

meist viel kürzer als sie versprechen.<br />

Aktueller Einschub: Die Idee, Atombomben im Krieg gegen den Terrorismus,<br />

also dem Krieg der Ohnmächtigen, einzusetzen, zeigt, wie verblödet<br />

man heute sein darf, ohne seine Karriere als Spitzenpolitiker zu riskieren.<br />

Allerdings liegen auch die Terroristen falsch, denn die Ohnmächtigen haben<br />

meist die Mehrheit. Würden sie den Schrott mit immer mehr Wettbewerb<br />

nicht glauben <strong>und</strong> kooperieren, keine <strong>Macht</strong> könnte einem solchen, auch gewaltfreien,<br />

Widerstand etwas entgegen setzen.<br />

Ein exzellentes Mittel für die <strong>Macht</strong>teilung war bis anhin die berufliche<br />

Spezialisierung. Sie hat eine Unzahl an <strong>Macht</strong>treppen ge<strong>schaffen</strong>, allerdings<br />

mit dem Problem, dass, wer von einer Treppe runterfällt, oft auf einer andern<br />

wieder unten einsteigen muss.


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auch als Anerkennungsleiterchen bezeichnen, sind auch mit ein ursächlicher<br />

Faktor für den Wachstumszwang: immer höher, immer mehr, immer grösser,<br />

immer schneller. Das Problem liegt, nein, nicht in den unbeschränkten materiellen<br />

Bedürfnissen der Menschen, sondern im <strong>Macht</strong>streben - <strong>und</strong> in der<br />

Dummheit, den Zynismus dieses Ordnungsprinzips nicht zu erkennen. Alle<br />

streben nach oben, obwohl eigentlich jedem klar ist, dass oben nix ist ausser<br />

dünner Luft <strong>und</strong> der Angst, runter zu fallen. Nehmen wir wieder das Beispiel<br />

der Graphik, die Entwicklungsorganisationen (s. S. 10). Zuoberst ist also die<br />

DEZA, die finanziert, die bestimmt was läuft, die über Sein oder Nichtsein<br />

von Organisationen <strong>und</strong> Jobs entscheidet. Trotzdem, lustvolle <strong>Macht</strong> ist da<br />

keine, denn da ist der Auftrag, der Auftrag eines Volkes, von dem niemand<br />

weiss, wo <strong>und</strong> wie es diesen Auftrag erteilt hat. Da ist der der Markt, der bestimmt,<br />

da sind die Konsumentenwünsche, die es zu erfüllen gilt, da sind die<br />

Trends, die es zu erkennen gilt. Die <strong>Macht</strong> löst sich also oben auf auf in fluffige<br />

<strong>Macht</strong>illusionswölkchen. Dies sogar beim B<strong>und</strong>esrat, wenn das Volk zu<br />

mächtiger Politik, trotz Drohungen <strong>und</strong> gutem Zureden, wieder mal ganz<br />

einfach nein sagt.<br />

<strong>Macht</strong> ist allerdings oft ein etwas zu starker Ausdruck. Wertschätzung <strong>und</strong><br />

Anerkennung reichen oft auch. Je stärker der Wettbewerb, desto stärker die<br />

relative Deklassierung, denn in den meisten Wettbewerben gibt es nur einen<br />

Sieger. Auch wenn es so ist, wie die Fre<strong>und</strong>e des ewigen Wachstums auf<br />

freien Märkten behaupten, dass die Ökonomie kein Nullsummenspiel ist, so<br />

bleibt die Tatsache, dass Wettbewerb nicht nur Gewinner, sondern mehr noch<br />

Verlierer schafft.<br />

Ehrgeiz, <strong>Macht</strong>streben, Mobbing - <strong>Macht</strong>gerangel, das<br />

den Status quo erhält<br />

Der gewalttätige Anarchismus, die Anarchie der Tat, der Anarchist mit der<br />

Bombe - mit dem der Begriff meist assoziiert wird, beruht leider auf einem<br />

Irrtum, nämlich der falschen Hoffnung, man könne das Böse personalisieren.<br />

Natürlich ist es meist leicht möglich, einen Sündenbock zu finden. Der Teufel<br />

aber liess sich so noch nie erwischen. Der Fehler wird auch heute noch<br />

von vielen begangen, obwohl die Analyse komplexer Systeme enorme Fortschritte<br />

gemacht hat <strong>und</strong> wir heute zumindest am Rande verstehen könne, wie<br />

solche funktionieren. Es gibt kein System, das nur aus Bossen besteht. Ein<br />

System besteht aus allen Gliedern, unser Wirtschaftssystem also aus uns allen.<br />

Wir sind unser System, wir machen es, wir haben dafür die Verantwortung<br />

zu tragen. Die unglückliche Systemwirkung der Hierarchie entsteht<br />

ganz einfach: Wer in eine Firma einsteigt <strong>und</strong> am Anfang nur Befehle erhält,<br />

strebt danach, Befehle erteilen zu können. Je mehr eine(r) zuvor das Verhalten<br />

seines Chefs gehasst hat, um so mehr wird er/sie später das selbe Recht in<br />

Anspruch nehmen, das Recht zu herrschen, das Recht vom Untergebenen<br />

Gehorsam zu fordern. So trägt jeder mit zur Etablierung eines Systems, dass<br />

eigentlich keiner so gewollt hat. So dürfte man auch Mobbing definieren als:<br />

Mobbing ist die Rache der Untergebenen an Kollegen <strong>und</strong><br />

Kolleginnen, dafür dass man selbst Untergebene(r) ist. Mobbing<br />

ist die vulgäre Ausdrucksform von Ehrgeiz <strong>und</strong> <strong>Macht</strong>streben,<br />

auf dem unsere ganze Ordnung, die Ordnung der <strong>Macht</strong>treppchen,<br />

beruht. Mobbing ist die Anwendung der, in den


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meisten Betrieben dominanten, trivialen Definition von Chef:<br />

Chef ist, wer auf andern rumtrampeln darf.<br />

Dies die psychologische <strong>und</strong> soziale Begründung der allgegenwärtigen<br />

Hierarchie. Statistisch belegt wird diese These durch die Personalbeurteilung<br />

bei der SBB [Cash Nr 23. 7. Juni 2002, S. 2]. Während sich<br />

die obersten Lohnstufen dort gegenseitig die durchschnittliche Note von 2.25<br />

zuteilten <strong>und</strong> damit 2000 Franken zusätzlich erhielten, bewerteten sich die<br />

untersten Stufen gegenseitig am strengsten, <strong>und</strong> hätten 80 Fr. zurückgeben<br />

müssen, hätte sich nicht die Gewerkschaft für sie gewehrt. Wenn vielleicht<br />

auch nicht die Solidarität, so ist zumindest die Schlauheit besser vertreten bei<br />

den oberen Chargen. Büetzer, merkt's endlich, ihr stellt euch ja regelmässig<br />

selber ein Bein! Da braucht's gar keine bösen Kapitalisten mehr, damit<br />

ihr auf die Nase fallt.<br />

Das übelste Beispiel der systemischen Verbindung von <strong>Macht</strong> <strong>und</strong> Unterwürfigkeit<br />

liefert uns Heinrich Mann in seinem unübertroffenen *: Der Untertan.<br />

Der Hauptdarsteller entwickelt sich vom geprügelten Jungen, zum schlagenden<br />

Verbindungsmitglied <strong>und</strong> vom schleimigen königstreuen Untertanen zum<br />

herrischen Fabrikbesitzer. Während er lauthals Zucht, Sitte, Religion <strong>und</strong><br />

Ordnung vertritt, verzeiht er sich selbst jegliche Übertretung derselben, da er<br />

ja zu einer höheren Gattung von Menschen gehört:<br />

Diederich Hessling war ein weiches Kind, das am liebsten träumte,<br />

sich vor allem fürchtete <strong>und</strong> viel an den Ohren litt.<br />

Fürchterlicher als Gnom <strong>und</strong> Kröte war der Vater, <strong>und</strong> obendrein<br />

sollte man ihn lieben. Dieterich liebte ihn: "Ich habe Prügel bekommen<br />

von meinem Papa. Ihr wäret froh, wenn ihr auch Prügel von ihm<br />

bekommen könntet. Aber dafür seid ihr viel zu wenig."<br />

Denn für mich ist jeder Sozialdemokrat gleichbedeutend mit Feind<br />

meines Betriebes <strong>und</strong> Vaterlandsfeind.<br />

Bei der Gründung des christlichen Arbeitervereins: Wer von meinen<br />

Leuten nicht rein will, fliegt!<br />

An seine Familie, als er bei Geschäften wegen eigener Dummheit auf<br />

die Nase fällt: Wenigstens hier im Hause sollte man seine Kraft nicht<br />

untergraben! Ich hab grosses mit euch vor, aber das überlasst gefälligst<br />

meiner besseren Einsicht.<br />

Sie wüssten noch nicht, ob sie sich altdeutsch oder Louis käs einrichten<br />

sollten.<br />

An seine Schwester: Wenn du endlich einen Mann kriegst, verdankst<br />

du es allein mir <strong>und</strong> den Opfern, die ich bringe. Dein Bräutigam hat<br />

um deine Mitgift geschachert, dass es schon nicht mehr schön war.<br />

Du bist überhaupt bloss die Zugabe.


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* Thomas Manns: Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull, gibt ebenfalls<br />

gute Einblicke, wie man in der Gesellschaft nach oben, in die Nähe der<br />

<strong>Macht</strong>, kommen kann. Aber Krull ist irgendwie sympathisch, denn der geniesst's<br />

mindestens. Für ihn ist das Leben Kür, also <strong>Freiheit</strong>, während Hessling<br />

aus allem Pflicht macht. Eine grässliche Gestalt, aber eben genau das,<br />

was man mit übertriebener Betonung von Pflichtbewusstsein, Gehorsam<br />

<strong>und</strong> Anpassung erzielt.<br />

Die Aussage, dass <strong>Gewalt</strong> in jedem Falle nur zerstörerisch <strong>und</strong> sinnlos<br />

ist, muss ich zur Zeit (30. Dez. 05) leider etwas korrigieren. Dies nicht<br />

weil ich Lust hätte, handgreiflich zu werden statt mit spitzer Feder zu agieren,<br />

sondern auf Gr<strong>und</strong> neuerer Ergebnisse der Hirnforschung <strong>und</strong> der evolutionären<br />

Psychologie: Soziales Verhalten ist erlerntes Verhalten. Daraus<br />

lässt sich einige Erkenntnis gewinnen, die leider nicht gerade erfreulich ist:<br />

Im Kampf der Klassen haben sich die disjunkten, das<br />

heisst scharf getrennten Klassen zwar in ein System stetiger<br />

Verteilung, der pareto-Verteilung, verändert, aber die<br />

Lage unten ist immer noch die selbe. Während die Benachteiligten<br />

dafür auch noch bestraft werden, dass<br />

sie zum Leben zu wenig verdienen, belohnen sich die<br />

Gutverdiener immer häufiger mit grosszügigen Steuererlassen.<br />

Der Lerneffekt den ihr Hirn daraus zieht<br />

ist also: Je besser ich für mich selbst seh', je mehr<br />

Scheiss ich bau (volkswirtschaftlich gesehen), desto reicher<br />

werd' ich. Da soziales Verhalten ein erlerntes<br />

Frieden gäbe es<br />

nur dann, wenn<br />

die Menschen<br />

nicht bloss gegen<br />

den Krieg,<br />

sondern auch<br />

gegen das Siegen<br />

wären.<br />

Elazar Benyoetz<br />

Verhalten ist, dieses Lernen aber bei den Herrschenden nicht mehr<br />

funktioniert, d.h. durch übermässige Verehrung <strong>und</strong> Schutz dieser Klasse<br />

geradezu ins Gegenteil verkehrt wurde, verstärkt sich der Druck aufs<br />

Individuum generell, auch auf Individuen ohne Kapital - die in der modernen,<br />

vernetzten Wirtschaft alleine ja kaum mehr eine Chance haben.<br />

Die Bauern, die im Mittelalter ab <strong>und</strong> zu ihre Vögte <strong>und</strong> anderen Herren mit<br />

Mistgabeln Äxten <strong>und</strong> Keulen vertrieben, machten die Grenzen der <strong>Herrschaft</strong><br />

<strong>und</strong> das Minimum an sozialer Gerechtigkeit immer wieder mal deutlich<br />

- <strong>und</strong> zwar viel deutlicher, als das irgend ein Schreiberling das tun könnte,<br />

sei er noch so beredt. Heute regieren nur die Herren mit Angst: Angst<br />

vor Entlassung, Lohnkürzung, schlechteren Bedingungen - während sich<br />

kein Mensch mehr trauen darf, ihnen Angst einzujagen. Genau dies<br />

braucht es aber offenbar, damit diese Kreise soziales Verhalten wieder lernen<br />

<strong>und</strong> nicht meinen, es reiche wenn sie ein paar Pfifferlinge in öffentliche<br />

Dressur- oder Sozialkontroll-Anstalten stecken (z.B. UNION Basel: Abfalltraining<br />

(was will man mehr an Anpassung fordern von Zuwanderern, die auf<br />

ein solches Angebot nicht mit einem kräftigen Lachen reagieren, oder der<br />

Deponie eines Lastwagens voller Müll, "zu Übungszwecken" - sondern sich<br />

sogar darauf einlassen? Malen, Tanzen, Menschrechte in Mexiko, Deutschkurse<br />

... Küche - Sport, kurz das bekannte alte römische Motto: panem et<br />

circenses). (Im Detail s. Wie das Hirn denkt ... Fazit aus wirtschaftlicher<br />

Hinsicht). Ob es nötig wird, dass nun auch die Angestellten zum selben Mittel<br />

greifen, das die Herren längst verwenden, nämlich zur Angst, ist noch


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nicht entschieden. Es ist noch Zeit, vernünftige Lösungen im Dialog zu<br />

suchen. Aber die Arbeitgeber müssen sich bewusst sein, dass ihre nun seit 15<br />

Jahren herrschende Angstmacherei sehr rasch <strong>und</strong> sehr schnell dazu führen<br />

kann, dass auch die Gegenseite wieder (remember RAF & Co) zu diesem<br />

Mittel greift - auch ohne kommunistische Ziele, einfach aus Überdruss vor<br />

dem Herum-Geschoben-Werden. Die mehr oder minder sinnlosen Wutausbrüche<br />

die seit 1980 immer wieder sporadisch auftreten, zuletzt in den Vorstädten<br />

Frankreichs, sind da wohl nur ein paar relativ harmlose Warnschüsse.<br />

(<strong>Freiheit</strong>, Gleichheit, Brüderlichkeit: Der Niedergang der fünften Republik?)<br />

Autorität - das F<strong>und</strong>ament von Faschismus,<br />

Rechtsextremismus, Antisemitismus <strong>und</strong> anderer<br />

Formen von ethnozentrischer Ausländerfeindlichkeit.<br />

<strong>Gewalt</strong><br />

“Es gibt viele Arten zu töten. Man<br />

kann einem ein Messer in den Bauch<br />

stecken, einem das Brot entziehen,<br />

einen von einer Krankheit nicht heilen,<br />

einen in eine schlechte Wohnung stecken,<br />

einen durch Arbeit zu Tode<br />

schinden, einen zum Selbstmord treiben,<br />

einen in den Krieg führen. Nur<br />

weniges davon ist in unserem Staat<br />

verboten."<br />

Bertold Brecht<br />

<strong>Gewalt</strong> bedeutet von der sprachlichen Wurzel her vor allem <strong>Herrschaft</strong>. Im<br />

gegenwärtigen Sprachgebrauch, etwa in Wörtern <strong>und</strong> Wendungen wie <strong>Gewalt</strong>verbrechen,<br />

gewalttätig, <strong>Gewalt</strong>androhung, elterliche <strong>Gewalt</strong>, richterliche<br />

<strong>Gewalt</strong>, überwiegen Aspekte des Zwangs bis hin zur Rohheit <strong>und</strong> Rücksichtslosigkeit.<br />

Traditionell wird begrifflich unterschieden zwischen physischer, psychischer<br />

<strong>und</strong> verbaler <strong>Gewalt</strong>. Dieser Dreiteilung lassen sich die folgenden Umschreibungen<br />

ungefähr zuordnen: a) direkte oder gezielte körperliche <strong>Gewalt</strong>, vom<br />

Polizeigriff bis zum Waffengebrauch, b) strukturelle oder verkappte <strong>Gewalt</strong>,<br />

von den hierarchischen Rangstufen <strong>und</strong> sozialen Klassen bis zu den vielfältigen<br />

Formen der Konkurrenz (s. <strong>Macht</strong>treppe oben), c) sanfte oder schleichende<br />

<strong>Gewalt</strong>, von der Kulturtradition mittels Erziehung <strong>und</strong> Bildung bis zu<br />

den direkten <strong>und</strong> indirekten Einflüsterungen durch Sprache <strong>und</strong> Medien.


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Darüber hinaus gibt es die Unterscheidung zwischen der <strong>Gewalt</strong> gegen Menschen,<br />

gegen Tiere <strong>und</strong> gegen Sachen.<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/<strong>Gewalt</strong><br />

Apropos <strong>Gewalt</strong> ... ich war ja im März-April 04 in Bagdad <strong>und</strong> hab die Aufnahmen<br />

für einen neuen Stadtplan gemacht. Ja ist den das nicht gefährlich?<br />

lautet da oft die Frage. Es geht, man hört alle paar St<strong>und</strong>en eine Bombe. Aber<br />

an das hat man sich unter Saddams <strong>Herrschaft</strong> seit 1980 gewohnt. Näher dran<br />

war ich 1975 im Bürgerkrieg in Libanon <strong>und</strong> 1994 in Sana'a, als von Aden<br />

her Langstreckenraketen abgefeuert wurden <strong>und</strong> eine 300 m neben mir niederging.<br />

Staub, Dreck, Glassplitter, ein Haus zerstört, Krater 12m breit, 4m<br />

tief, keine Toten. Als militärische Wirkung lächerlich. Spielzeug. <strong>und</strong> wegen<br />

so was, halb so gross, fängt Bush einen Krieg an.<br />

Aber heute 27. Juli 04) war im Schweizer Fernsehen eine Sendung zu<br />

Selbstmorden in der Schweiz <strong>und</strong> da wurde behauptet, es gäbe in Zürich<br />

jeden Tag einen Selbstmord. Damit wäre Zürich gewalttätiger als Bagdad!<br />

Eine Überprüfung der Statistik zeigt allerdings, dass da der Referent vermutlich<br />

übertrieben hat (oder dass die offizielle Statistik nicht stimmt). Zürich<br />

verzeichnet etwa 30.6 Selbstmorde auf 100'000 Einwohner <strong>und</strong> liegt damit<br />

mit Japan an der Spitze. Auf Bagdad mit seinen 5.6 Millionen Einwohnern<br />

bezogen wären das 1713. Im ersten Jahr der Besatzung kamen dort 4270<br />

Menschen gewaltsam um, also "nur" 2.5 mal so viele wie sich bei Zürcher<br />

Verhältnissen das Leben selbst nähmen. Also sooo gewalttätig ist<br />

Bagdad offenbar doch nicht, wie uns das die Medien weis machen, die aber<br />

nur in extremen Fällen, wenn jemand telegen Amok läuft, das Thema aufgreifen<br />

<strong>und</strong> auch dann nur ganz am Rande auf die strukturelle <strong>Gewalt</strong> unseres<br />

Wirtschaftssystems eingehen, sondern lieber, journalistisch gekonnt<br />

emotional feinfühlig, persönliches Versagen der Betroffenen aufzeigen. [Leider<br />

hat sich die Situation im Irak inzwischen so verschlechtert, dass nicht mal<br />

ich noch lieber im Irak wäre.]


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Rang <strong>und</strong> Würde:<br />

Die Menschen sind nicht gleich - aber alle verdienen<br />

<strong>und</strong> brauchen ihre Würde!<br />

Solange Rang verdient ist <strong>und</strong> angemessen<br />

zum Einsatz kommt, ist er ein unverzichtbares<br />

organisatorisches Instrument für die Verbesserung<br />

von Teamwork <strong>und</strong> zur Realisierung<br />

von Zielen. Das Problem ist der weit verbreitete<br />

Missbrauch - der als rankism bezeichnet<br />

wird. [GDI_Impuls 4-04. S 18-23] Eine aktuelle<br />

Analyse <strong>und</strong> Gegenstrategie dazu liefert<br />

Robert W. Fuller in Somebodies and Nobo-<br />

dies: Overcoming the Abuse of Rank. [New Society Publishers 2003]:<br />

Wer nach oben steigt, muss nach unten treten.<br />

Definition rankism:<br />

Rangmissbrauch in Form<br />

von Selbstüberhöhung <strong>und</strong><br />

verletzendem oder diskriminierendem<br />

Verhalten gegenüber<br />

untergeordneten<br />

Personen.<br />

Nicht selten <strong>schaffen</strong> höherrangige <strong>und</strong> mächtigere Personen<br />

ein feindliches <strong>und</strong> erniedrigerenderes Umfeld für Personen in<br />

niedrigeren Positionen mit geringer <strong>Macht</strong> ....<br />

Aus Demütigung erwächst Widerstand, <strong>und</strong> nicht selten<br />

dürsten die Opfer nach Rache.<br />

Was sich vielerorts als natürliche Organisationspraxis eingebürgert<br />

hat, erweist sich immer mehr als Hemmschuh. Die<br />

durch Rangmissbrauch verursachten Demütigungen sind nicht<br />

nur ineffizient <strong>und</strong> kontraproduktiv, sie hinterlassen auch tiefe<br />

Narben, die zur Gefahr für unsere wirtschaftliche <strong>und</strong> gesellschaftliche<br />

Organisation werden. Daher ist im 21. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

die Überwindung des Rangmissbrauchs sowohl ein moralisches<br />

Ziel wie auch praktische Notwendigkeit.<br />

Benchmarking <strong>und</strong> andere Ranglisten sind der Kompass einer Gesellschaft<br />

die sich am Wettbewerb orientiert. Dummerweise handelt es sich um einen<br />

Kompass, der immer in Richtung Mehrheit <strong>und</strong> Trend zeigt, also nicht konforme<br />

Personen <strong>und</strong> Ideen disqualifiziert: Hits repräsentieren selten das<br />

Werk von Pionieren. Fortschritt kam <strong>und</strong> kommt aber immer von den Nonkonformisten<br />

<strong>und</strong> nicht von den Anpassern <strong>und</strong> Mitläufern, denn die laufen<br />

eben erst mit wenn was läuft.<br />

Fuller macht zu Recht darauf aufmerksam, dass Rangordnungen zu sich<br />

selbst erfüllenden Prophezeiungen werden können. Aktuell wäre hier gerade<br />

der Intelligenztest in der Form der Pisa-Studie. In jenem Text wie in den begleitenden<br />

Informationen zur Intelligenz wird immer wieder darauf aufmerksam<br />

gemacht, dass es nun mal so ist, dass die Hälfte der Bevölkerung einen<br />

IQ von unter 100, <strong>und</strong> die andere Hälfte einen IQ von über 100 hat, sowie,<br />

dass einerseits der IQ zu einem grossen Teil vererbt ist, dass andererseits aber<br />

die Erfahrungen mit Tests <strong>und</strong> dem Umgang mit abstrakten Denkmodellen


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einen beträchtlichen Einfluss haben. Ein Analphabet im Busch würde sich<br />

also mit einen IQ von 0 qualifizieren, obwohl er in Lebensfragen, in seiner<br />

eigenen Umgebung, jedem Professor haushoch überlegen ist. Der Test sollte<br />

also zu nicht mehr <strong>und</strong> nicht weniger genutzt werden, um Begabungen,<br />

Chancen <strong>und</strong> Grenzen zu erkennen <strong>und</strong> diese Selbsterkenntnis positiv zu nutzen<br />

- nicht aber um selektierend zu werten <strong>und</strong> Schwache zu stigmatisieren!!!<br />

Ranking, das Gräben zieht zwischen Schülern die auf Erfolg programmiert<br />

sind ... <strong>und</strong> die es deshalb grad nochmals zu fördern gilt, <strong>und</strong> solchen, deren<br />

Misserfolg bereits genetisch vorherbestimmt ist, solche Rankings müssen in<br />

einer demokratischen Gesellschaft überw<strong>und</strong>en werden. Im heutigen Wettbewerbssystem<br />

müssen viele junge Leute dieses Spiel bereits im Alter von 6<br />

Jahren als verloren aufgeben, denn dem gelobten Wettbewerb wird sich nur<br />

stellen, wer sich zumindest eine Chance auf die vorderen Plätze vorstellen<br />

kann.<br />

So wird die Motivation zu lernen untergraben durch den Wunsch, seinen<br />

Stolz zu wahren <strong>und</strong> selbst eine würdigere Position zu bekleiden, also über<br />

Wettbewerb andere daraus zu verdrängen. Dies fördert das heute übliche zynische<br />

Lernen, Sloterdijks <strong>Wissen</strong>szynismus 1, <strong>und</strong> behindert sinnvolles Lernen.<br />

Der Kommunismus hat eine Elite ge<strong>schaffen</strong>, die <strong>Macht</strong> <strong>und</strong> Wohlstand exklusiv<br />

für sich beanspruchte. Die Wettbewerbsgesellschaft macht präzise das<br />

selbe, einfach mit andern Mitteln.<br />

Erniedrigung <strong>und</strong> Entwürdigung findet statt: Wo Eheleute ihre Partner<br />

lächerlich machen, ältere Geschwister jüngere dominieren, Trainer Spieler<br />

demütigen (Detlev Dee Soost wäre so ein Fall was Kandidaten im Musikwettbewerb<br />

betrifft [s. Popstars]), Vorgesetzte ihre Angestellten drangsalieren,<br />

Lehrer ihre Schüler dumm hinstellen, Noch-Beschäftigte sich über Arbeitslose<br />

lustig machen, Besitzende die Nichtshabenden auf Eigenverantwortung<br />

festnageln, kurzum, wo Wettbewerbsgewinner sich über Wettbewerbsverlierer<br />

lustig machen.<br />

Auswege:<br />

Liberté - Dignité - Fraternité<br />

In einer Gesellschaft die Würde achtet, dürften Selbstüberhöhung wie<br />

Unterwürfigkeit nicht auftreten - wie das in vielen traditionellen, auf Konsens<br />

basierenden, Stammesgesellschaften der Fall war. Der Rang bestünde<br />

für eine bestimmte Aufgabe <strong>und</strong> eine bestimmte Zeit <strong>und</strong> basierte auf <strong>Wissen</strong><br />

<strong>und</strong> Leistung auf einem bestimmten Gebiet. Ranghohe wären dann anerkannt<br />

als Lehrer <strong>und</strong> Führer, die eine der Gesellschaft gerade dienende Funktion<br />

ausüben. Rangtiefe wären nichts als Menschen, die eben gerade eine Rolle<br />

mit tiefem Profil ausüben. In einer solchen Gesellschaft erhalten zwar nicht<br />

alle den selben Lohn, aber keiner wird auf Gr<strong>und</strong> seiner untergeordneten Position<br />

<strong>und</strong> der damit eigentlich immer verb<strong>und</strong>enen geringeren Einkünfte von<br />

Ges<strong>und</strong>heitsleistungen <strong>und</strong> Fort-Bildung ausgeschlossen. Höhere werden<br />

nicht protegiert, untergeordnete vor Ein- <strong>und</strong> Übergriffen geschützt.


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Unternehmen die ihren Angestellten eine Stimme geben <strong>und</strong> sie an den Erträgen<br />

beteiligen, die Diskriminierung <strong>und</strong> Ungerechtigkeit beseitigen, profitieren<br />

von grösserer Loyalität, weniger Krankheitsabsenzen <strong>und</strong> damit höherer<br />

Produktivität.<br />

Richard Layard hat auch ökonomisch belegt, dass sich Glück nicht durch<br />

hierarchischen Aufstieg fördern lässt, da die Spitzenplätze limitiert sind. Eine<br />

Ökonomie die dem allgemeinen Streben nach Glück <strong>und</strong> Wohlstand zuträglich<br />

sein soll, muss den Produzenten gestatten, ihren Beitrag zum<br />

Sozialprodukt zu geniessen!<br />

Interessant ist hier auch die Tatsache, dass die Umkehrung von etwas Bedrohlichem<br />

<strong>und</strong> Unterdrückendem wie <strong>Macht</strong> oder <strong>Herrschaft</strong>, nicht in jedem<br />

Falle zu etwas Positivem wie <strong>Freiheit</strong> wird, obwohl auch diese oft nur durch<br />

aktiven Widerstand gegen eine existierende <strong>Herrschaft</strong> erworben werden<br />

kann (s. Liberté von Delacroix,. Tell). Wurde die <strong>Gewalt</strong>losigkeit durch<br />

Ghandis Vorbild noch zu einem Wünschenswerten, so dürften die Anhänger<br />

von <strong>Macht</strong>losigkeit, Ohnmacht <strong>und</strong> <strong>Herrschaft</strong>slosigkeit (= Anarchie) in der<br />

Minderheit sein. Um Widerstand zu leisten gegen <strong>Gewalt</strong>, <strong>Herrschaft</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Macht</strong>anmassung hilft nicht Ohnmacht, sondern nur<br />

Civilcourage, <strong>und</strong> ein klein bisschen vielleicht die <strong>Herrschaft</strong><br />

von Vernunft <strong>und</strong> Weisheit.<br />

Gar nicht amüsant ist der heutige Begriff von <strong>Freiheit</strong>:<br />

• <strong>Freiheit</strong> der Wirtschaft,<br />

• <strong>Freiheit</strong> des Geldes,<br />

• <strong>Freiheit</strong> zu produzieren <strong>und</strong> zu konsumieren was immer sich der Eine<br />

vom Andern aufschwatzen lässt.<br />

Pädagogik der <strong>Freiheit</strong><br />

Während wir heute unter Pädagogik der <strong>Freiheit</strong> gleich an Freire, Montessori <strong>und</strong> die<br />

Waldorfschule denken, waren es auch hier die Anarchisten, welche die Gr<strong>und</strong>steine<br />

gelegt haben. Sie [L'école libertaire. Publ. du groupe d'initiative ... Paris 1898] forderten, ja,<br />

ganz autoritär, kommt vor, der Unterricht sei:<br />

1. integral (allseitig), strebe also eine harmonische Entwicklung des ganzen Wesens<br />

an <strong>und</strong> sei zudem ein systemisch verknüpftes Ganzes an intellektuellen,<br />

physischen, manuellen <strong>und</strong> professionellen Kenntnissen.<br />

2. rationell (... gemeint ist rational) indem er auf der Vernunft <strong>und</strong> auf den Prinzipien<br />

der <strong>Wissen</strong>schaft, <strong>und</strong> nicht des Glaubens (Gruss an Bush), begründet<br />

sei. Zu fördern sind die persönliche Würde <strong>und</strong> Unabhängigkeit, nicht der Gehorsam.<br />

3. Gemeinsam für beide Geschlechter!<br />

4. freiheitlich, indem er die progressive Vernichtung der Autorität zu Gunsten<br />

der <strong>Freiheit</strong> rechtfertigen wird.


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Die Erziehung besteht nicht in der Aneignung äusseren <strong>Wissen</strong>s, sondern<br />

darin, aus dem Inneren das hervorzubringen, was dort im Keime schlummert.<br />

Der Mensch soll leben lernen. (... <strong>und</strong> nicht bloss arbeiten ...)<br />

Im genauen Gegensatz dazu stehen die neusten Entwicklungen in der Schweiz. In<br />

Zürich fördert das kantonale Mittelschul- <strong>und</strong> Berufsbildungsamt ein neues Berufsbildungskonzept,<br />

bei dem Informatiklehrlinge für die Ausbildung nicht bloss keinen<br />

Lehrlingslohn erhalten, sondern für die Ausbildung bezahlen müssen. Dies obwohl<br />

Studien klar belegen, dass Lehrlinge mehr einbringen als sie kosten. (s.<br />

Bildungszwang).<br />

Pressefreiheit<br />

Die Konzentration im Medienmarkt <strong>und</strong> bei der Presse hat nicht nur Einbussen im<br />

Stellenmarkt zur Folge, sonder weit mehr. Grosse Zeitungen brauchen grosse Verkaufszahlen.<br />

Dieser Bedarf an K<strong>und</strong>enmassen bedingt aber die Ausrichtung auf<br />

Massengeschmack, <strong>und</strong> damit eben auch die Ausrichtung auf eine Massenmeinung<br />

... welche die Masse kauft. Die Folge davon nun ist (s. 20 minutes, Basler Zeitung<br />

<strong>und</strong> viele mehr ), dass (bald) nur noch Blätter überlebensfähig sind, die den Abonnenten<br />

die Meinung liefern, die die Abonnenten wünschen. Die Meinungsbildung geht so<br />

völlig unter, da Meinung als Marketingfaktor vorgegeben ist (s. übelstes Beispiel<br />

der letzten Jahre: Weltwoche).<br />

Mit dieser zunehmenden Marktausrichtung kann die Pressen den öffentlichen Informationsauftrag<br />

nicht mehr erfüllen <strong>und</strong> hat gar keine Möglichkeit mehr, Meinungen<br />

zu bilden. (Sich eine Meinung bilden heisst, Informationen mit dem eigenen Hintergr<strong>und</strong>swissen<br />

verarbeiten <strong>und</strong> so zu einer eigenen Meinung kommen, nicht eine vorgekaute<br />

Meinung zu übernehmen, wie das bei Parteien, bei allen, diesmal, nicht bloss<br />

der SVP, gerne gesehen wird). Der kurze <strong>und</strong> schmerzlose Info-Brosamen wie sie von<br />

vielen Internet-Portalen geboten werden, die Collage <strong>und</strong> der Konfettidialog 9 , sind<br />

keine Form des Dialogs, die es erlauben, irgend ein Thema kritisch <strong>und</strong> konstruktiv<br />

anzugehen. Damit tragen sich auch immer weniger zu einem dringend notwendigen<br />

Dialog über die zukünftige Entwicklung bei. Die Informationslandschaft wird eingeebnet,<br />

platt gemacht.<br />

In der sog. Freien Marktwirtschaft ist die Pressefreiheit nicht mehr<br />

durch den Staat bedroht, aber sie hat keinen Bestand gegen die Nivellierung<br />

durch den Markt.<br />

Ein moderner Autor der die Bedeutung von <strong>Freiheit</strong>, klarer Analyse <strong>und</strong> Kritik wie<br />

des Widerstands statt des Gehorsams, wieder mal herausgearbeitet hat, ist etwa Rüdiger<br />

Safranski: Das Böse oder Das Drama der <strong>Freiheit</strong>. Carl Hanser Verlag, München,<br />

Wien, 1997:<br />

9 http://www.diskussionsforen.ch/komplexe_argumentation.htm#collage


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• <strong>Freiheit</strong> ist nur eine Chance, keine Garantie des Gelingens. Das Leben kann<br />

auch misslingen - aus <strong>Freiheit</strong>.<br />

• Warum findet der Mensch keine Seelenruhe, warum gibt es für ihn kein<br />

höchstes Gut, mit dem er zufrieden sein könnte? Er ist ein Wesen, das nicht<br />

nur in der Gegenwart lebt, sondern eine ungewisse Zukunft vor sich sieht<br />

<strong>und</strong> seine Vergangenheit mit sich schleppt.<br />

• Man kann die Welt der Meinungen nicht verlassen, man kann sie nur reinigen.<br />

Dies war des Sokrates' Weg, über die Maieutik, als Geburtshelfer, Wahrheit<br />

hervorbringen, Irrtümer über das Gute <strong>und</strong> das Böse enthüllen.<br />

• In Hitlers Triumph zeigt sich der vollkommene Bankrott der Wahrheit in der<br />

Politik. Die Menschen, über die er <strong>Macht</strong> gewann, wirkten an seinen Inszenierungen<br />

<strong>und</strong> Exekution der Geschichte, als Gläubige, als Befehlsempfänger,<br />

als willige Helfer, als Eingeschüchterte, als Gleichgültige. ... Das Ungeheure<br />

des Falles Hitler liegt darin, dass er die Einsamkeit des Wahns überwand, indem<br />

er seinen Wahn erfolgreich vergesellschaftete.<br />

Der Einzelne ist auch für seinen Gehorsam<br />

verantwortlich.<br />

Hanna Ahrendt:<br />

So übel, wie sie überliefert wird, war aber auch die anarchistische Ideologie nur selten,<br />

denn ihre Losung lautete: Kein Recht ohne Pflichten, keine Pflichten ohne<br />

Rechte. Die Ursprünge finden sich in einer Zeit da der Staat, trotz Liberalisierung,<br />

noch sehr autoritär mit seinen Untergebenen verfuhr <strong>und</strong> da auch die Kirche noch<br />

mehr Autorität hatte, sich in irdische Belange einzumischen, als sie haben sollte. Heute<br />

haben wir oft eher den Zustand, dass die Wirtschaft mit dem Staat autoritär umspringt<br />

<strong>und</strong> dass zu viele Rechte beansprucht werden, während man sich um die<br />

Pflichten gerne drückt. Dies ist aber nicht das einzige Problem heutiger anarchistischer<br />

Splittergruppen. Das grössere ist, dass die meisten den alten Idealen <strong>und</strong> Ideologien<br />

verhaftet bleiben, weiter kräftig auf den Staat schimpfen - aber noch gar nicht<br />

gemerkt haben, dass die <strong>Macht</strong> längst ans Kapital übergegangen ist. Ein weiteres<br />

Problem haben wir dort, wo politische Rechtsaussen sich als Vertreter für die <strong>Freiheit</strong><br />

aufspielen, während sie aber nur die <strong>Freiheit</strong> des Kapitals meinen, gegenüber Bürgern<br />

die sich <strong>Freiheit</strong>en herausnehmen, aber gerne mit aller <strong>Macht</strong> auftreten. Während heute<br />

die Wirtschaftsanarchisten am Ruder sind, leben die Sozialanarchisten weiter im<br />

Niemandsland, der Utopie, obwohl die Gründung eine sozialliberale Zentrumspartei<br />

schon längst überfällig wäre. Leider eignet sich die CVP dazu nur mässig, da mit historisch-katholischem<br />

Balast behaftet. Leider entpuppten sich die Initianten, die vor<br />

Jahren im Aargau versucht haben den Landesring als Sozialliberale Partei wieder zu<br />

beleben, als eher faschistoid.


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Antithese der <strong>Freiheit</strong>sliebe<br />

Der Mensch will nichts als da sein, seine <strong>Macht</strong> <strong>und</strong> die Befriedigung<br />

seiner Triebe.<br />

Die elementaren, still oder stürmisch, in jedem Fall unwiderstehlich sich durchsetzenden<br />

Bedürfnisse des Menschen sind:<br />

Der Daseinsdrang: Wenn das Dasein bedroht ist, so ist der Mensch zu allem bereit,<br />

nur um sein Dasein zu erhalten. ... Wer das Dasein garantiert, dem wird gehorcht.<br />

Sofern die Sicherung des Daseins nur durch gemeinsame Aktion unter<br />

unbeschränkter Führung gelingt, gibt der Mensch für das Dasein sogar seine<br />

<strong>Freiheit</strong> hin. (s. Irak. Kommunismus, Faschismus, Kapitalismus).<br />

Der Unterwerfungsdrang: Aber die <strong>Freiheit</strong> selber ist, so scheint es, der Mehrzahl<br />

der Menschen unerträglich. Es ist ein Drang ...die Autorität zu finden, die<br />

ihnen die <strong>Freiheit</strong> abnimmt, damit sie in gedankenloser Ruhe leben können,<br />

aber unter der Bedingung, gerade dieses Tun frei zu nennen. Das aber ist nur<br />

möglich, wenn dem Menschen im Hingeben seiner <strong>Freiheit</strong> gleich gesagt<br />

wird, wofür er lebt. (Patriotismus: Für den Staat. Kommunismus: Für die Gemeinschaft.<br />

F<strong>und</strong>amentalismus, in dem sich Anbetungsdrang <strong>und</strong> Unterwerfungsdrang<br />

mischen: Für die göttliche Ordnung. Faschismus, in dem sich Unterwerfungsdrang<br />

mit Einheitsdrang mischt: Für die staatliche Ordnung. Kapitalismus:<br />

Für effizienten Gelderwerb ...) Er will einen Sinn des Lebens <strong>und</strong> will<br />

ein befriedigtes Gewissen, diesem Sinn genug zu tun. Dadurch wird aus dem<br />

Volk eine getäuschte <strong>und</strong> enttäuschte Masse.<br />

Der Anbetungsdrang: Ehrfurcht ist eine Haltung der <strong>Freiheit</strong>. Anbetung ist eine<br />

Haltung der gedankenlosen Unterwerfung unter das Unbegreifliche einer<br />

Realität in der Welt (statt des echten Gebets zur unsichtbaren, verborgenen,<br />

unfasslichen Gottheit).<br />

Der Einheitsdrang: Zu fühlen in der Gemeinschaft aller, der nichts widerstehen kann,<br />

steigert die Kraft. Erst in der Weltherrschaft wird die Daseinssicherung geheiligt<br />

durch das, was als das Gleiche für alle allein anbetungswürdig ist.<br />

[Karl Jaspers: Von der Wahrheit. Piper & Co. München 1947/83 S. 772 ff.]<br />

Weitere LINKS zum Thema <strong>Freiheit</strong>:<br />

• Steiner, Anthroposophie: Philosophie der <strong>Freiheit</strong><br />

http://www.anthroposophy.com/Steinerwerke/GA4-Inhalt.html Steiner<br />

schreibt, nicht nur meiner Ansicht nach, recht mühsam, esoterisch, metaphysisch.<br />

Wenn man sich jedoch die Mühe macht, <strong>und</strong> es ist leider eine, seine<br />

Texte zu studieren, so findet man jede Menge wertvoller Gedanken darin:<br />

Ist der Mensch in seinem Denken <strong>und</strong> Handeln ein geistig freies Wesen oder<br />

steht er unter dem Zwange einer rein naturgesetzlichen ehernen Notwendigkeit?<br />

Auf wenige Fragen ist so viel Scharfsinn gewendet worden als auf diese.<br />

Die Idee der <strong>Freiheit</strong> des menschlichen Willens hat warme Anhänger wie


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hartnäckige Gegner in reicher Zahl gef<strong>und</strong>en.<br />

Man sagt: frei sei der Mensch, wenn er nur unter der <strong>Herrschaft</strong> seiner Vernunft stehe<br />

<strong>und</strong> nicht unter der der animalischen Begierden. Oder auch: <strong>Freiheit</strong> bedeute, sein<br />

Leben <strong>und</strong> Handeln nach Zwecken <strong>und</strong> Entschlüssen bestimmen zu können.<br />

• Verständlicher dargestellt finden sie anthroposophisches Gedankengut bei<br />

http://www.dreigliederung.de/freiheit/<br />

Eine ges<strong>und</strong>e Gesellschaft setzt eine Differenzierung der Gesellschaft in die<br />

Bereiche<br />

Geistesleben (Kultur <strong>und</strong> Bildung),<br />

Wirtschaftsleben (Preise <strong>und</strong> Währung) <strong>und</strong><br />

Rechtsleben voraus.<br />

• liberale Argumente http://www.mehr-freiheit.de/<br />

• Forschungsfreiheit <strong>und</strong> ihre Grenzen, ausführlich in<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Forschungsfreiheit<br />

• Anarchie:<br />

o Definitionen http://www.bibliothekderfreien.de/publ/wasist.html<br />

o Datenbank der deutschsprachigen Anarchie<br />

http://www.free.de/dada/index.htm<br />

o http://www.anarchismus.de/<br />

Anarchie ist Ordnung ohne <strong>Herrschaft</strong><br />

also in moderner Terminologie: selbstorganisierendes Chaos.<br />

o http://www.dreigliederung.de/anarchismus/<br />

o http://www.chomskyarchiv.de/<br />

o http://www.graswurzel.net/<br />

o Anarcha-Feminismus<br />

http://members.aol.com/Cypunk0815/homepage/fuenf.html#fuenf<br />

o Linksammlung: Internationale sozialistische Linke http://www.diewelt-ist-keine-ware.de/isl/<br />

o etcetc. Ich hatte da mal eine Riesenliste, hab sie aber vor Jahren gelöscht,<br />

da man mit dem Namen anarcho..., egal ob syndicalismus oder<br />

was immer, die Leute bloss erschreckt, also keine Realpolitik treiben<br />

kann, also ganz <strong>und</strong> gar nichts erreicht ... ganz anders leider als mit Liberalismus,<br />

der ja den selben Ursprung hat.


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2. Teil: <strong>Freiheit</strong> <strong>und</strong> Wirtschaft<br />

Sind Sie (links- oder rechts-)autoritär?<br />

Einen Test, mit dem Sie rausfinden können, wo Sie im Schema links-rechts, autoritärlibertär<br />

stehen, finden Sie unter<br />

http://www.digitalronin.f2s.com/politicalcompass/questionnaire.pl?page=1. Meine Werte sind für<br />

Economic Left/Right: -4.75, für Social Libertarian/Authoritarian: -3.95, womit ich<br />

offenbar zwischen Gandhi, Nelson Mandela <strong>und</strong> dem Dalai Lama stehen - <strong>und</strong> dies<br />

obwohl ich nichts von gleichgeschlechtlichen Ehen halte <strong>und</strong> Schwule um so tolerabler<br />

finde, je grösser die Distanz zwischen ihnen <strong>und</strong> mir [Nach der Abstimmung vom<br />

5. Juni 05, die belegt, dass offenbar 58% der SchweizerInnen schwul sind, gehöre ich<br />

da offenbar wieder mal zu einer Minderheit, von allerdings immer noch 42%. Wär'<br />

ich nicht bereits Moslem, müsste ich nun wohl zum Katholizismus konvertieren.<br />

Scherz <strong>und</strong> Zynismus beiseite. Seien Sie also ehrlich, der Test verzeiht Ehrlichkeit.<br />

Welche Partei nun wirklich für IHRE <strong>Freiheit</strong> einsteht zeigt der Test ebenfalls. [Falls<br />

Sie den Eindruck haben, da stimme doch was nicht, dann teilen den einige Leute mit<br />

Ihnen die mich persönlich kennen. Aber 130 kg, Vollbart à la Alp Öhi <strong>und</strong> eine unbremsbare<br />

Lust an Erkenntnis <strong>und</strong> Diskussion, die keine höhere Autorität anerkennt<br />

als die des besseren Arguments, das kann trotz libertärer Gr<strong>und</strong>haltung halt schon<br />

autoritär wirken. Ist aber äusserlich, <strong>und</strong> man sollte Menschen ja nicht zu sehr nach<br />

Äusserlichkeiten beurteilen, oder?<br />

Denkanstösse:<br />

Da aber <strong>Freiheit</strong> immer mehr in "rechte" Hände gerät<br />

<strong>und</strong> dadurch zu wirtschaftlichen Handlungszwängen<br />

entartet, ist es höchste Zeit, sie aus dem Lager zu<br />

befreien!<br />

200 Jahre nachdem die französische Revolution Aristokratie<br />

<strong>und</strong> Feudalherrschaft abgeschafft hat, ist<br />

sie wieder da, in voller Pracht, im Feudalismus der<br />

Grossbetriebe, die absolutistische <strong>Herrschaft</strong> anstreben,<br />

aber zu ihrer <strong>Herrschaft</strong> den Boden nicht<br />

mal mehr benötigen. Und genau wie bei den damaligen<br />

Aristokraten, erben auch hier <strong>und</strong> heute wieder die<br />

Nachkommen von Herren die <strong>Herrschaft</strong>, zunehmend sogar<br />

steuerfrei ...<br />

Sozialliberale Anliegen wurden also bereits von Kommunisten, von Sozialisten<br />

<strong>und</strong> von Liberalen bekämpft.<br />

Warum eigentlich?<br />

DENK MAL!


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Eine umfassendere Kritik unserer "totalen Determiniertheit" lieferte Gottfried Benn<br />

(1886-1956) bereits vor der Aera der Postmoderne:<br />

Zog ich von mir meine geschäftlichen Obliegenheiten ab wie Lohnauszahlung, Seifenbeschaffung,<br />

Steuerbetrug, Schwarzhandel, so blieb nichts übrig das ich als individuell hätte<br />

bezeichnen können. Die Soziologie <strong>und</strong> das Leere! Was Trieb war, bekämpfte der Staat,<br />

das Gedankliche die <strong>Wissen</strong>schaft, die Affekte beanspruchte die öffentliche Wohlfahrt,<br />

das Amüsement bestimmten die Plakate <strong>und</strong> die Reisebüros, das Interieur die Mode,<br />

Krankheiten die Universitätskliniken.<br />

[5.1883 Gesammelte Werke. Dieter Wellershoff, Wiesbaden. 1960]<br />

Brainworker's 1. Syntheseraport<br />

als<br />

E-Book:<br />

Nur wer Vermögen<br />

hat, hat auch das<br />

Vermögen, etwas zu<br />

bewirken. Den andern<br />

bleibt Ohnmacht. ...


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Wie vertragen sich <strong>Freiheit</strong> <strong>und</strong> Wirtschaft?<br />

Dass obiger Test offenbar vor allem auf eine Achse von links unten nach rechts oben<br />

aggregiert (zwei g, sagt der Duden! 98'000 richtig im Internet, 66'000 falsch!), mag einerseits an ungeschickten<br />

Fragen liegen, kann andererseits aber auch auf einen systemischen Effekt von Wettbewerb<br />

<strong>und</strong> Kooperation, den Effekt der Wurst mit zwei Enden, hindeuten: Wirtschaften<br />

wie Politisieren ist kein Geschäft für Einzelgänger. Für beides braucht<br />

es kooperierende Mehrheiten, oder zumindest recht grosse Trägerschaften. Während<br />

die demokratische Politik von Zustimmung, freiwilligen Engagement <strong>und</strong> freiwilliger<br />

Kooperation abhängt, wird im Betrieb die Kooperation rational, wissenschaftlich,<br />

sachlich. hierarchisch - <strong>und</strong> damit autoritär, organisiert.<br />

Im folgenden eine graphische Analyse der Position von Wirtschaft <strong>und</strong> Politik zwischen<br />

Planung <strong>und</strong> Chaos (= <strong>Freiheit</strong>). Es wird klar, <strong>und</strong> für jeden akzeptabel der<br />

sich je mit den einzelnen Gruppen auseinander gesetzt hat, dass in jeder Ecke <strong>und</strong> an<br />

jeder Kante Diktatur ebenso wie <strong>Freiheit</strong> auftreten kann. Wenn Sie in einer faschistoiden<br />

Organisation tätig sind, so haben Sie als Leiter einige <strong>Freiheit</strong>en mehr, als Untergebener<br />

einige weniger. Wenn Sie in einer sozialen Organisation arbeiten, so kann<br />

einem der Gruppenzwang ziemlich auf den Keks gehen. Und der 4. Quadrant unten<br />

links, der auch in oben erwähntem Test offenbar nur schwer zu erreichen ist, zeigt<br />

uns, wie hirnlos das dauernde Geschwätz von immer mehr Wettbewerb <strong>und</strong> von <strong>Freiheit</strong><br />

ist. Vollständige Konkurrenz hiesse, jeder gegen jeden, <strong>und</strong> das können sich<br />

nur wenige leisten, vor allem Künstler <strong>und</strong> ev. technische oder andere Spezialisten.<br />

Historisch betrachtet hat der Quadrant vermutlich weitaus mehr Menschen ein<br />

Auskommen verschafft als heute, denn es ist der eigentliche Quadrant individueller<br />

Subsistenzwirtschaft 10 (Bauern, Fischer ....). Wenn Sie dem Klick folgen, sehen Sie<br />

sofort, warum heute Wirtschaft <strong>und</strong> <strong>Freiheit</strong> absolut nicht mehr identisch sind, denn,<br />

diejenigen die am meisten von der Förderung der Konkurrenz <strong>und</strong> von <strong>Freiheit</strong><br />

reden, streben allesamt nach Marktbeherrschung, nicht nach <strong>Freiheit</strong>. Am weitesten<br />

sind hier die grössten Förderer des globalen Marktes, die USA, die nicht nur<br />

über Markt- <strong>und</strong> Betriebsgrösse dominieren, sondern auch über ihren Komplex aus<br />

Forschung, Militär <strong>und</strong> Grosskonzernen aller Art. Wenn Sie auf Gr<strong>und</strong> des Titels die<br />

<strong>Freiheit</strong> im Diagram suchen <strong>und</strong> nicht finden, so ist das nicht ganz daneben. Denn<br />

<strong>Freiheit</strong> wird weder durch Politik noch Wirtschaft gegeben, <strong>Freiheit</strong>(en) müssen Sie<br />

sich nehmen. Am wenigsten finden Sie <strong>Freiheit</strong> bei konservativen, autoritären<br />

Rechtsparteien. Ist doch ein Witz!<br />

Dieser seltsame Umgang mit <strong>Freiheit</strong> <strong>und</strong> Wettbewerb findet sich aber nicht nur in<br />

den USA. 1/3 aller Bankgeschäfte der Schweiz werden von der UBS getätigt. Zusammen<br />

mit der CS <strong>und</strong> den Kantonalbanken beherrschen (merke: beherrschen, nicht<br />

bewerben!) diese 85% des Schweizer Marktes! Den KMUs bleibt da zwar die <strong>Freiheit</strong>,<br />

aber wenig Möglichkeiten, ihre Kredite anderswo zu suchen. (s. auch: Die grössten<br />

Firmen der Schweiz 11 ).<br />

10 http://www.brainworker.ch/Arbeit/Subsistenz.htm<br />

11 http://www.brainworker.ch/Wirtschaft/die_groessten.htm


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Eine schlagende Bestätigung für den hier stipulierten Zusammenhang von florierender<br />

Wirtschaft <strong>und</strong> autoritärem politischem Regime liefert China 12 : Weltweit<br />

gelobt für sein Wachstum, kaum mehr kritisiert für den Mangel an Demokratie. Japan<br />

verdankt seinen Aufschwung China . Halb Asien stützt den maroden Dollar, um seine<br />

Exportchancen nach China zu wahren (<strong>und</strong> bezahlt damit Bushs Kriegsschulden). In<br />

China leben heute 236'000 Dollarmillionäre. Der Kommunismus ist tot - die kommunistische<br />

Partei aber lebt <strong>und</strong> hat sich aufs Geschäften verlegt. Mit ihrem Sicherheitsapparat<br />

<strong>und</strong> der Armee stützt sie die neureiche Geldelite, verherrlicht Nationalismus,<br />

<strong>Macht</strong> <strong>und</strong> Geld. Dem Wohlstand in den Städten steht aber ein patriarchalisch kontrolliertes<br />

armes Hinterland gegenüber. Bauern <strong>und</strong> Billigstarbeiter verfügen über<br />

keinerlei Rechte, nicht mal das Stimmrecht. Sie werden von den Städten fern<br />

gehalten, indem man ihnen die Aufenthaltsbewilligung verweigert. Gewerkschaften<br />

sind verboten. China wird ganz offensichtlich zum Traum der Kapitalisten ...<br />

<strong>und</strong> zum Albtraum der Arbeiter <strong>und</strong> Bauern. Der Londoner Daily Telegraph, eine<br />

selbst ziemlich rechts stehende Zeitung, sieht in China heute: eine derartige Rechtslastigkeit,<br />

dass Studenten anderswo längst in den Strassen marschieren würden, um<br />

laut "Faschismus" zu rufen. Aber eben, anderswo kann man auch keine Panzer gegen<br />

Studenten auffahren ... [Daten aus Kai Strittmatter, Peking: China, ein entfesseltes Land. Tagesanzeiger 18. August 2004,<br />

S. 11]. Dazu kommt, dass China das Wirtschaften um einiges legerer angehen könnte, da<br />

dieses immer noch durch einen beträchtlichen Bevölkerungszuwachs von über 5%<br />

angeheizt wird.<br />

WARNUNG! - Heute, wo China kein kommunistisches Land mehr ist sondern mit<br />

Elan <strong>und</strong> Erfolg dem freien Kapitalismus frönt, ist sein autoritärer Umgang mit den<br />

Bürgern, präzise der selbe wie zu Zeiten des Kommunismus, offenbar vom Weh zum<br />

Wohl geworden. Heliane Canepa, viel gelobte Wirtschaftsführerin, kann sich vor Begeisterung<br />

kaum halten [Cash 9. Dezember 2004. Enterprise. S. 3. Kolumne]:<br />

China von heute - die Schweiz von morgen<br />

Dynamik <strong>und</strong> die "let's do it"- Mentalität waren atemberaubend. Auch<br />

die menschlichen Qualitäten beeindrucken mich tief. Fre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong><br />

zuverlässig verrichten die Menschen dort k<strong>und</strong>enorientiert ihre Arbeit,<br />

besonders auffallend ist es im Dienstleistungs- <strong>und</strong> Gastronomiebereich.<br />

Die Menschen lieben ihre Tätigkeit. Auch weniger qualifizierte<br />

Arbeit wird als Berufung <strong>und</strong> nicht nur als Broterwerb verstanden. ...<br />

Man vernimmt kein Jammern über zu viel Arbeit, zu viel Stress, zu<br />

wenig Lohn usw. Ich für meinen Teil habe einige Aha-Erlebnisse zurück<br />

nach Europa genommen. Der chinesische Riese ist erwacht <strong>und</strong><br />

eröffnet uns nicht nur einen riesigen, ständig wachsenden Markt, sondern<br />

er präsentiert sich auch als ein mächtiger Konkurrent, was Rahmenbedingungen,<br />

Innovationskraft <strong>und</strong> mentale Einstellung der Menschen<br />

betrifft.<br />

Das Chinesische Volk hat es über Jahrtausende gelernt, sich das Leben weder von<br />

gewalttätigen Herrschern noch herrschsüchtigen Mandarinen linker wie rechter Provenienz<br />

vergällen zu lassen. Recht haben sie <strong>und</strong> die Lebensfreude sei ihnen gegönnt.<br />

Aber ich finde doch, das wir es unsern WirtschaftsführerInnen nicht gönnen dürfen,<br />

<strong>Freiheit</strong> <strong>und</strong> Demokratie, die immer gegen Sozialistische <strong>und</strong> Kommunistische Dikta-<br />

12 http://www.brainworker.ch/China/index.htm


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tur als Schild hochgehoben wurden, nun dem Profit- <strong>und</strong> Wachstumsstreben privater<br />

Firmen zu opfern. Wenn sich bis anhin die Aufopferung für gemeinschaftliche<br />

Ziele nicht gelohnt haben soll, warum sollen sich die Untergebenen nun freudig<br />

den von privaten Eigentümern gesetzten Zielen freudig sich opfern? Hier stinkt's<br />

gewaltig nach Volksbetrug.<br />

Ähnlich kritisch sieht das Ian Buruma in Asien als Themenpark [Lettre International.<br />

Winter 2003. S. 56-59]. In gewisser Weise ist Singapur eine Karikatur, eine Miniaturdarstellung<br />

der chinesischen Politik. Lees Mandarine stellen sicher, dass sich alle<br />

Singapurer einer autoritären Version der konfuzianischen Ethik anpassen, die frühe<br />

weiterhin unter dem Begriff "asiatische Werte" propagiert wurde: Sparsamkeit, harte<br />

Arbeit, Gehorsam gegenüber der Obrigkeit, Opferung individueller Interessen für die<br />

der Gemeinschaft [auch hierzulande gerne verbreitet, s. aktuell Swissair. Fies ist, dass<br />

heute "Gemeinschaft" für Betriebe steht.] sowie Unterlassung jeglicher Kritik an der<br />

Politik der Regierung, mit Ausnahme von konstruktiven Vorschlägen zu deren effizienterer<br />

Umsetzung. Diese dieser sich rapid auswirkende asiatische Form des "Protestantismus"<br />

dürfte zwar vorübergehend als leuchtendes Beispiel für autoritären Kapitalismus,<br />

mit freudig dienenden Untertanen, dienen. Aber die weltweiten Auswirkungen<br />

werden bald die geteilte Gr<strong>und</strong>haltung in ihren Festen erschüttern.<br />

Auch was CASH betrifft, so hab ich beim Lesen (Geschrieben 1. Hälfte 2005) seit<br />

Monaten ein ungutes Gefühl im Magen. Der mediale Rechtstrend hat nun, nachdem<br />

ihm die Weltwoche erlegen ist, offensichtlich auch Cash erfasst. Mit der Kolumne<br />

von Eliane Canepa macht sich CASH allerdings zum Sprachrohr des Arbeits- <strong>und</strong><br />

Wirtschaftsfaschismus:<br />

Definition:<br />

1. Autorität wird nicht mehr durch Politik ausgeübt, sondern Betriebe setzen<br />

die politischen Ziele, herrschen <strong>und</strong> sorgen für Zucht <strong>und</strong> Ordnung.<br />

Als Peitsche dient die Arbeitslosigkeit. Gearbeitet wird um der Arbeit willen.<br />

Als Motivation dienen Angst, die Angst vor Arbeitslosigkeit <strong>und</strong> Existenzverlust.<br />

2. Arbeite <strong>und</strong> Produziere - frag' nicht worum. Früher hiess es zumindest:<br />

Arbeite, konsumiere - <strong>und</strong> frage nicht. Der Konsum wird immer mehr von<br />

aussen geregelt, verordnet über Krankenkasse, Bildung, Versicherungen, Altersvorsorge,<br />

Pensionskasse <strong>und</strong> nicht zu vergessen: Zinsen, die das Geld immer<br />

wieder dorthin zurück bringen, wo es her kam ... alles für ein sicheres<br />

besseres Leben - <strong>und</strong> alles Geld für die Geldvermehrer am Finanzmarkt.<br />

3. Produziere um andere durch Export zu beglücken, produziere des Wettbewerbs<br />

wegen, um besser (billiger) zu sein als andere, um den Markt zu<br />

beherrschen ... des "freien" Wettbewerbs wegen.<br />

Der plutokratische Wirtschaftskomplex bezieht seine Energie<br />

nicht bloss aus individuellem <strong>Macht</strong>streben <strong>und</strong> Geldgier, sondern<br />

auch aus der ANOMIE 13 , zu deren Entstehung er selbst<br />

substantiell beiträgt.<br />

13 http://www.diskussionsforen.ch/Orientierung/anomie.htm


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Warum Rechtskonservative <strong>und</strong> sogar Neoliberale<br />

lügen, sobald sie das Wort <strong>Freiheit</strong> in den M<strong>und</strong><br />

nehmen & warum der so genannte freie Markt nicht<br />

frei, ja nicht mal demokratisch ist, sondern eine Plutokratie:<br />

• Rechtskonservative sind autoritär, Neoliberale sind elitär (aber leider weder<br />

Intelligente noch Intellektuelle): Sie bestehen auf der Autorität des Alters,<br />

des Ranges, der Erfahrung, der sozialen Position, des Reichtums <strong>und</strong> Einkommens,<br />

die alle mit Leistung gleich gesetzt werden.<br />

o Parteidoktrin, Parteicredo, eiserne Fraktionsdisziplin - Sanktionen,<br />

Ausschluss von Abweichlern <strong>und</strong> Querdenkern. Wenn eine<br />

Partei derart argumentiert, verstösst sie bereits gegen die Basis aller<br />

<strong>Freiheit</strong>, das Recht auf eine eigene Meinung <strong>und</strong> darauf, dieser Meinung<br />

auch Äussern zu dürfen. Diese Art Argumentation können wir<br />

von einer diktatorischen Kommunistischen oder Nationalsozialistischen<br />

Partei erwarten, nicht aber von einer, die sich wie die SVP als<br />

Partei der <strong>Freiheit</strong> aufspielt.<br />

• Der Neoliberalismus setzt alles aufs Spiel, aufs spekulative Spiel des sog. freien<br />

Wettbewerbs. Das Ziel dieses Spiels des freien Wettbewerbs ist aber<br />

nicht <strong>Freiheit</strong>, sondern Marktdominanz, Beherrschung <strong>und</strong> Kontrolle der<br />

andern Mitspieler.<br />

o Der freie Wettbewerb war nie frei in dem Sinne, dass alle Beteiligten<br />

die selben Chancen haben:<br />

Einen Betrieb einzurichten wird um so aufwändiger, je anspruchsvoller,<br />

innovativer das produzierte Gut, <strong>und</strong> je umfangreicher der zu bearbeitende<br />

Markt. Es braucht also Kapital, <strong>und</strong> hier sind die Spiesse<br />

bekanntermassen extrem ungleich lang.<br />

Besonders ungleich sind die Spiesse dort, wo es um den Aufbau<br />

sog. strukturstarker Betriebe geht, womit produktive Betriebe,<br />

gewinnträchtige Betriebe mit hohen Margen gemeint sind.<br />

Diese finden sich aber vor allem dort, wo relativ wenig Leute<br />

relativ hohe Umsätze machen, oder wo auf Gr<strong>und</strong> beschränkten<br />

Wettbewerbs hohe Margen möglich sind, also überall dort,<br />

wo der ge<strong>schaffen</strong>e Mehrwert auf wenig Köpfe verteilt<br />

werden muss, wie Banken, Versicherungen, Pharmazie,<br />

Chemie, Energieversorgung .... Dies zeigt am besten, wie eng<br />

der Begriff <strong>Freiheit</strong> hier gefasst ist, denn wer von uns kann<br />

auch nur daran denken, eine (grosse) Bank zu eröffnen oder<br />

beim (grossen) Energiemarkt mitzumischen?<br />

o Das Risiko, einen Betrieb aufzubauen <strong>und</strong> zu scheitern, ist hoch. Damit<br />

wäre der Spieleinsatz, die sog. sunk costs, verloren. Wer also kann sich<br />

dieses Risiko leisten?<br />

o Betriebe arbeiten um so günstiger, je mehr sie von den selben Gütern<br />

herstellen <strong>und</strong> verkaufen können (economy of scale). Die Betriebsgrösse<br />

hat so zumeist einen positiven Effekt auf die Produktionskosten.<br />

Grossbetriebe haben also längere Spiesse im Wettbewerb.<br />

o Diese Vorteile werden weiter akkumuliert durch das Verdoornsche<br />

Gesetz, das besagt, dass Produktivitätswachstum <strong>und</strong> bereits vorhande-


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ne Produktivität positiv korreliert sind, zu Deutsch: Was bereits stark<br />

ist wird quasi von selbst noch stärker.<br />

o Im Gegensatz dazu wird <strong>Freiheit</strong> jedoch meist im Einklang mit Gerechtigkeit<br />

genannt. Neoliberalismus gedeiht aber am besten unter Ungerechtigkeit,<br />

welche die Ökonomen allerdings wohlweislich als<br />

Pareto-Verteilung verbrämen. Während sich Kooperativen mit sämtlichen<br />

Teilhabern auseinander setzen müssen, also enorme innere Reibungen<br />

zu bewältigen haben, setzt die liberale Wirtschaft auf den für<br />

sie äusserst positiven 80/20 Effekt. Da Geld <strong>und</strong> <strong>Macht</strong> nur bei 20%<br />

der Bevölkerung vorhanden sind, beschränkt man sich auf diese.<br />

Der Rest soll bitteschön flexibel <strong>und</strong> selbstverantwortlich selbst sehen<br />

wo er bleibt.<br />

o Grösse wird gefordert <strong>und</strong> gefördert durch Globalisierung. Was<br />

auf dem globalen Markt aber klein <strong>und</strong> unscheinbar, ist oft auf dem<br />

Heimmarkt dominant <strong>und</strong> damit zerstörerisch, zumindest was die <strong>Freiheit</strong><br />

betrifft.<br />

o Zunehmende Konzentration, also Wachstum <strong>und</strong> <strong>Herrschaft</strong> der<br />

bereits Grossen <strong>und</strong> Starken (also Marktverzerrung, Unfreiheit,<br />

Marktstörung, Marktbehinderung) wird auch gefördert durch die<br />

Konjunktur. ? strange? Blödsinn? Nö:<br />

Bei positiver Konjunkturentwicklung, also wachsendem<br />

Absatz, gelingt es jenen am besten, ihre meist vorhandenen<br />

Überkapazitäten zu reaktivieren, die am meisten Flüssiges<br />

haben, also Cash. Sie können rasch Arbeitskräfte einstellen,<br />

Materialien einkaufen <strong>und</strong> die Produktion hochfahren.<br />

Bei wirtschaftlichem Abschwung stellen sie das nun<br />

überflüssige Personal genau so schnell wieder frei (ein Lob der<br />

Flexibilität!) <strong>und</strong> haben nun ausreichend Reserven, um sich<br />

an einem billigen, da im Überfluss vorhandenen, Angebot<br />

an beinahe oder ganz konkursiten Firmen zu bedienen <strong>und</strong><br />

die eigenen Betriebe zu arrondieren.<br />

Cash is king!<br />

Oder zu Deutsch: Der Markt ist keine Demokratie, <strong>und</strong> frei<br />

schon grad gar nicht. Im Markt herrscht auch nicht die christliche<br />

Nächstenliebe, sondern die heidnische Plutokratie.


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Fazit:<br />

Höchstes Ziel eines nach liberalen Gr<strong>und</strong>sätzen geführten Betriebes<br />

ist es, die Konkurrenz zu verdrängen, womit auch Wettbewerb<br />

<strong>und</strong> <strong>Freiheit</strong> durch die der Marktökonomie eigenen Gesetze<br />

zum Verschwinden gebracht werden.<br />

Nach allen Regeln der Logik wie der Ehrlichkeit, dürfte keine<br />

Partei welche diese Praxis unterstützt, in ihrem Namen die Worte<br />

<strong>Freiheit</strong>s... <strong>und</strong> Volks... führen!<br />

Hier noch ein wichtiger HINWEIS AN DIE JÜNGEREN STIMMBÜRGER: Mit<br />

dem Alter wird man konservativer. Ich bin in den letzten 25 Jahren vom Anarchosyndikalisten<br />

über die Freiwirtschaft zum Sozialliberalismus/Kommunitarismus gedriftet,<br />

Andere in der selben Zeit vermutlich eher von einer sozialliberalen Position zur SVP.<br />

Wohin diejenigen treiben, die bereits als Jugendliche in die SVP einsteigen, möchte<br />

ich schon gar nicht wissen ... Komischstes wie vielleicht tragischstes Beispiel: Nationalrätin<br />

Jasmin Hutter, Jahrgang 1978!, die voller Elan <strong>und</strong> Engagement die bornierten<br />

Rezepte ihres leiblichen freiheitsparteiischen Vaters wie ihrer geistigen Überväter<br />

CB&Co vertritt. Woran wird sie sich orientieren, wenn sie feststellt, dass die von ihr<br />

bew<strong>und</strong>erte Härte <strong>und</strong> Unnachgiebigkeit eigentlich wenig mit <strong>Freiheit</strong>sdrang, aber<br />

viel mehr mit einer, vielleicht gar durch Arteriosklerose geförderten, Sturheit <strong>und</strong><br />

Rechthaberei zurück zu führen sind? Sie verwechselt, wie so manche(r) Jugendliche,<br />

Weisheit damit, die Position der Alten einfach zu übernehmen <strong>und</strong> nachzubeten, obwohl<br />

ihnen Hintergründe <strong>und</strong> Tragweite solcher Positionen nicht bekannt sind. [Ist<br />

mir auch passiert. Ich war bis 20 ziemlich rechts-konservativ. Bin mit Cordhosen,<br />

Bürstenschnitt <strong>und</strong> streng christlicher Haltung durch die 68er <strong>und</strong> die Hippiezeit gestapft.<br />

Schön blööd .... Drum weiss ich aus persönlicher Erfahrung, woher eine solche<br />

Haltung kommt <strong>und</strong> wodurch sie gefördert wird: Anpassungswille fordern! Programm<br />

Gardi ... (pardon, die ist ja viel amüsanter), Jasmin Hutters]. Vielleicht herrscht aber<br />

auch einfach Denkfaulheit: Nein zu Europa, nein zur Mutterschaftsversicherung,<br />

nein zu, nein zu, nein, nein, nein .... Man könnte ja mal versuchen bei den nächsten<br />

Wahlen zu fragen: Wollt ihr keine Mutterschaftsversicherung? Wollt ihr Europa fern<br />

bleiben?<br />

Das Problem wird dadurch verschärft, dass ältere Menschen nicht bloss konservativer<br />

abstimmen, sondern auch häufiger!!! s.<br />

http://www.ipw.unisg.ch/publikationen/205.pdf Wenn Sie also finden, die Schweiz<br />

habe eine Schnarchsackpolitik, gehen Sie gefälligst abstimmen <strong>und</strong> beteiligen Sie<br />

sich auch sonst, dort wo Politik betrieben wird!


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Der interessantes Quadrant scheint mir der unten<br />

rechts, den ich mit 4. Weg, der Weg der Künstler, bezeichnet<br />

habe. Heute befinden sich die meisten alternativen<br />

Bewegungen im linken untern Quadranten (Neofaschismus<br />

rechne ich nicht zu den Alternativen ...).<br />

Leider muss man jedoch zugeben, dass der Quadrant<br />

<strong>Freiheit</strong> ohne Gelegenheit<br />

ist ein Geschenkt des Teufels.<br />

Noam Chomsky<br />

finanziell recht unergiebig ist. Kommen Gemeinden <strong>und</strong> Kooperativen nicht zu Geld,<br />

so gilt für sie das selbe wie im neoliberalen Bereich: Ohne Moos nix los. Hier fehlt<br />

das Motiv Geld zu machen schon ein bisschen, es steht hinter dem Motiv, etwas für<br />

die Gemeinschaft zu tun. Absolut sozial, absolut richtig, aber eben, ziemlich unrentabel.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> müsste dringend der 4. Sektor gefördert werden, denn hier<br />

würden sich Menschen finden, die effizient, marktorientiert, für Geld, produzieren,<br />

sich frei assoziieren - ABER sich nicht vorgegebenen Betriebszielen unterordnen<br />

wollen - noch irgend einen Gr<strong>und</strong> sehen, sich über andere zu stellen. [s.<br />

folgende Kommentare] Hier würde sich eine wirklich liberale, individualistische bis<br />

klein strukturierte, Wirtschaft befinden, wenn es sie gäbe. Dieser Bereich ist auch<br />

dringend zu entwickeln, da jeder technologische Fortschritt erst einmal dazu verwendet<br />

wird, effizienter zu produzieren, also Arbeitskräfte weg zu rationalisieren. Da jedoch<br />

diejenigen Betriebe, welche sog. starke Strukturen bilden, enorm kapitalintensiv<br />

sind, <strong>und</strong> mit militärischer Effizienz, Strategie <strong>und</strong> Taktik geführt werden, bildet dieser<br />

Quadrant wenig Chancen für Menschen mit geringen finanziellen Mitteln <strong>und</strong><br />

kaum Chancen für Menschen die doch noch einen gewissen <strong>Freiheit</strong>sdrang haben,<br />

sich nicht mit Krawatte <strong>und</strong> Anzug uniformieren wollen. Es ist mir unverständlich,<br />

wie man aus freien Stücken, oft gar im Namen der <strong>Freiheit</strong>, immer mehr Dressur fordern<br />

kann. Respekt gebührt Menschen, nicht Betrieben <strong>und</strong> ihren Hierarchien. Vermutlich<br />

wäre der 4. Quadrant auch der, in dem intellektuelle Aussenseiter auftauchen<br />

müssten, hätten die Leute von digitalronin die Fragebogen richtig angelegt.<br />

Seine Grenze findet der vierte Quadrant in der Tatsache, dass es hier primär um Eigennutz<br />

- dem Brüderchen der Selbstverantwortung - geht. Für einen produktiven<br />

politische Dialog wäre unbedingt ergänzend der Argumentationskompass 14 <strong>und</strong> der<br />

Wertekompass 15 zu berücksichtigen.<br />

Kommentare:<br />

Beim Versuch GUTE ARBEIT zu definieren, sehen wir allerdings sofort, dass es eben<br />

die atomistische Konkurrenz des vierten Sektors ist, der Spezialisierung <strong>und</strong> Arbeitsteilung<br />

erst nötig machte. Ohne die Komplexität der militärischwirtschaftlichen<br />

Komplexe gäbe es viele dieser beruflichen Spezialitäten gar<br />

nicht. Umgekehrt macht aber eben leider diese Komplexität auch die Ein- <strong>und</strong><br />

Unterordnung unter gegebene betriebliche Ziele nötig, soll das ganze funktionsfähig<br />

bleiben. Es bleibt uns, was gigantomanische global players betrifft, also<br />

nur, deren "Auftrag" zu analysieren <strong>und</strong> allenfalls als Konsumenten lenkend<br />

einzugreifen.<br />

Und hier zeigen sich, bei genauerer Betrachtung der Folgen, der durch Skalenerträge<br />

<strong>und</strong> sunk costs geförderten Gigantomanie, auch die Lösungen:<br />

14 http://www.brainworker.ch/Dialog/argumentation.htm#maieutik<br />

15 http://www.brainworker.ch/waldphilosophie/wertesystem.htm#wertorientierung


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• Dominanz der Grossen bedeutet Verlust an Vielfalt - Verlust an Vielfalt<br />

bedeutet Verlust an Lebensqualität<br />

• Aber nicht nur die Geschmäcker werden nivelliert, auch die Meinungen.<br />

(s. Pressefreiheit)<br />

• Und präzise dieser Verlust an Wahlmöglichkeiten, also an <strong>Freiheit</strong>, dürfte<br />

immer wieder eine natürliche Gegenbewegung zur <strong>Herrschaft</strong> der Grösse<br />

einleiten. (Beispiele aus der Landwirtschaft)<br />

Wenn Sie sich nochmals obige Graphik ansehen, mit den vier Feldern, dann wird eigentlich<br />

sofort klar, dass nicht nur der diktatorische Kommunismus nicht sozialverträglich<br />

ist, sondern die Diktatur der Marktdominanz genau so. Kapitalismus bezieht<br />

seine Legitimation aus der Notwendigkeit, Kapital zur Einrichtung <strong>und</strong> zum Betrieb<br />

von Grossbetrieben bereitstellen zu müssen <strong>und</strong> zu können. In den letzten 15 Jahren<br />

mussten wir allerdings anerkennen, dass grosse, effiziente, machtvolle Betriebe<br />

zwar DIE Lösung für deren Besitzer sind, nicht aber für diejenigen, die von Arbeit<br />

leben müssen (sollen, können, wollen, dürfen). Mit der Akkumulation von Kapital<br />

akkumuliert sich <strong>Macht</strong>, <strong>Macht</strong>, welche, wenn sie die Chance hat, rücksichtslos<br />

zu handeln, nicht bloss individuelle Existenzen bedroht, sondern auch die Existenz<br />

des Gemeinwesens <strong>und</strong> der Natur. (s. China).<br />

Eine Stärkung der beiden wirklich freiheitlichen Bereiche, sozial-freiheitlich <strong>und</strong><br />

individuell-freiheitlich, kann manches leisten, was unser aktuelles autoritärhierarchisches<br />

System nicht kann, gerade weil es auf Grösse, Marktbeherrschung<br />

<strong>und</strong> globale Märkte ausgerichtet ist:<br />

1. Die Produkte werden individueller <strong>und</strong> vielfältiger ... nicht bloss unterschiedlich<br />

eingepackte Massenprodukte.<br />

2. Kleinbetriebe können auch auf kleine Wünsche eingehen. Nicht industriell in<br />

Massen erzeugte, <strong>und</strong> damit auch nicht genetisch manipulierte, Nahrungsmittel<br />

erlauben z.B. wieder die Produktion einer Vielfalt an Geschmäckern <strong>und</strong><br />

Konsistenzen (wenn man die Kommissionen der EU in ihrer Regulierungswut<br />

etwas eindämmt. s. Verbot von Rohmilchkäse, was ja wirklich ein Horror ist).<br />

3. Für kleine Betriebe reicht kleines Kapital <strong>und</strong> damit kleine Banken. Kleine<br />

Betriebe können auf von kleine Leuten betrieben werden, die sich in der grossen<br />

Wirtschaft bloss zu Lohnsklaven eignen. Für Marktbeherrschende à la<br />

UBS & Co gibt es in einer wirklich freiheitlichen Wirtschaft eigentlich keinen<br />

Platz, insbesondere wenn grosse Banken kleine Kredite eher als Problem denn<br />

als zu erbringende Leistung ansehen.<br />

Billig? Billige Produkte erzeugen billige Löhne, gute Produkte gute Löhne. Wirtschaft<br />

ist ein Kreislauf, wenn sie läuft. Die Idee, selber billig einzukaufen <strong>und</strong> zu produzieren,<br />

aber teure Güter zu exportieren eliminiert sich von selbst, wenn die Importeure<br />

das Selbe denken. Wer billiges Produziert wird billiges konsumieren müssen. Die<br />

einzigen die dies nicht betrifft, sind die Kapitaleigner, die billiges in Massen produzieren<br />

können, aber das ist eigentlich nicht Volks- sondern Kriegswirtschaft - <strong>und</strong><br />

präzise darum sollten wir aus diesem 2. Sektor (obiger Graphik) raus <strong>und</strong> den 3. <strong>und</strong><br />

vierten entwickeln.


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Und zum Abschluss<br />

noch<br />

das <strong>Freiheit</strong>sgedicht<br />

LIBERTÉ<br />

von Eluart:<br />

Sur mes cahiers d'écolier<br />

Sur mon pupitre et les arbres<br />

Sur le sable de neige<br />

J'écris ton nom<br />

Sur les pages lues<br />

Sur toutes les pages blanches<br />

Pierre sang papier ou cendre<br />

J'écris ton nom<br />

Sur les images dorées<br />

Sur les armes des guerriers<br />

Sur la couronne des rois<br />

J'écris ton nom<br />

Sur la jungle et le désert<br />

Sur les nids sur les genêts<br />

Sur l'écho de mon enfance<br />

J'écris ton nom<br />

Sur tous mes chiffons d'azur<br />

Sur l'étang soleil moisi<br />

Sur le lac lune vivante<br />

J'écris ton nom<br />

Sur les champs sur l'horizon<br />

Sur les ailes des oiseaux<br />

Et sur le moulin des ombres<br />

J'écris ton nom<br />

Sur chaque bouffées d'aurore<br />

Sur la mer sur les bateaux<br />

Sur la montagne démente<br />

J'écris ton nom<br />

Sur la mousse des nuages<br />

Sur les sueurs de l'orage<br />

Sur la pluie épaisse et fade<br />

J'écris ton nom<br />

Sur les formes scintillantes<br />

Sur les cloches des couleurs<br />

Sur la vérité physique<br />

J'écris ton nom<br />

Sur les sentiers éveillés<br />

Sur les routes déployées<br />

Sur les places qui débordent<br />

J'écris ton nom<br />

Sur la lampe qui s'allume<br />

Sur la lampe qui s'éteint<br />

Sur mes raisons réunies<br />

J'écris ton nom<br />

Sur le fruit coupé en deux<br />

Du miroir et de ma chambre<br />

Sur mon lit coquille vide<br />

J'écris ton nom<br />

Sur mon chien gourmand et tendre<br />

Sur ses oreilles dressées<br />

Sur sa patte maladroite<br />

J'écris ton nom<br />

Sur le tremplin de ma porte<br />

Sur les objets familiers<br />

Sur le flot du feu béni<br />

J'écris ton nom<br />

Sur toute chair accordée<br />

Sur le front de mes amis<br />

Sur chaque main qui se tend<br />

J'écris ton nom<br />

Sur la vitre des surprises<br />

Sur les lèvres attendries<br />

Bien au-dessus du silence<br />

J'écris ton nom<br />

Sur mes refuges détruits<br />

Sur mes phares écroulés<br />

Sur les murs de mon ennui<br />

J'écris ton nom<br />

Sur l'absence sans désir<br />

Sur la solitude nue<br />

Sur les marches de la mort<br />

J'écris ton nom<br />

Sur la santé revenue<br />

Sur le risque disparu<br />

Sur l'espoir sans souvenir<br />

J'écris ton nom<br />

Et par le pouvoir d'un mot<br />

Je recommence ma vie<br />

Je suis né pour te connaître<br />

Pour te nommer<br />

Liberté


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FAZIT:<br />

Wirtschaft (Rechts) = <strong>Freiheit</strong> - Staat (Links) = Bevorm<strong>und</strong>ung <strong>und</strong><br />

Unterdrückung (zum 1.)<br />

- war im 19. JH wie im Kommunismus eine weit verbreitetes Faktum. Dadurch,<br />

dass inzwischen aber die Mehrheit der Staaten zu Demokratien wurden,<br />

die profitablen Wirtschaftszweige aber zu globalen Kampforganisationen,<br />

wurde obiger Gr<strong>und</strong>satz aber zu einem Mythos von Anarchisten degradiert.<br />

Heute versuchen sich die Bürger vor der Übermacht der Wirtschaft <strong>und</strong> der Unterwerfung<br />

unter eine autoritäre Wirtschaftsdoktrin zu wehren, indem sie in sozialen <strong>und</strong><br />

politischen Gruppen freiwillig kooperieren. In einer Demokratie sind wir, die Bürger,<br />

der Staat. Bevorm<strong>und</strong>en wir uns also selbst, sind wir auch selbst schuld.<br />

<strong>Freiheit</strong> ist in einer autoritären, auf Grösse angelegten, Wirtschaft nicht zu finden.<br />

Im Gegenteil. Es geht heute mehr als je darum, <strong>Freiheit</strong> für <strong>und</strong> durch gemeinsame<br />

Teilnahme an der Gestaltung der Entwicklung zu sichern. Dieses gemeinsame<br />

Gestalten ist eben Politik. Darum wäre es auch wichtig, diese <strong>Freiheit</strong> nicht<br />

nur in der Entwicklung der Schweiz wahr zu nehmen, sondern sich auch an der Gestaltung<br />

von Europa zu beteiligen. Lieber als widerborstige, ruppige, knurrige Störenfriede,<br />

aber als Mitglied, Basisdemokratie in die Beamtenbürokratie Europas einbringen,<br />

als so halbaussen ohnmächtig den "autonomen Nachvollzug" zu üben. Ohnmacht<br />

war nie eine valable Alternative zu <strong>Macht</strong>. Ohnmacht führt zu Terror.<br />

Zum selben Schluss kommen wir, wenn wir die Ziele der französischen Revolution,<br />

ein links wie rechts gefeierter Befreiungsschlag, mit heutigen Zielen vergleichen.<br />

Damals hiess die Losung: <strong>Freiheit</strong> - Gleichheit - Brüderlichkeit. Heute heisst sie:<br />

Hierarchie - Effizienz - Wettbewerb. Insbesondere über den Begriff Effizienz wird<br />

manches verschleiert. Nicht nur, dass die Wirtschaft nicht frei ist sondern despotisch.<br />

So machen die Rechten auch gerne einen grossen Bogen um den Begriff Gerechtigkeit.<br />

Sie, wie die Wirtschaftliberalen, akzeptieren den Begriff allenfalls noch als<br />

Pareto-Gerechtigkeit 16 , d.h. dass eine Änderung dann als gerecht zu bezeichnen ist,<br />

wenn es zumindest einer Person besser, keiner aber schlechter geht als zuvor.<br />

Dies ist die moralische Stütze des Leistungsprinzips. Allerdings steckt auch da ein<br />

Denkfehler drin, weshalb es sich also eher um eine moralische Krücke handelt. Die<br />

Folge davon, dass es einzelnen besser geht, viele aber auf dem gleichen Niveau bleiben,<br />

ist eine unvollständige Beschreibung der Vorgänge. Sobald es einer Schicht besser<br />

geht, ziehen nämlich die Preise an, die Mieten, die Kosten für mancherlei Lebensbedarf<br />

steigen. Insbesondere werden aber die Schwächeren durch die so genannten<br />

Zwangsabgaben 17 viel stärker belastet als die Reichen, da es sie proportional zu ihrem<br />

Einkommen weitaus mehr kosten (Musterbeispiel Krankenkasse). Aber in einer<br />

Gesellschaft in der es einer Schicht besser geht, steigen auch die Ansprüche an<br />

16 http://www.brainworker.ch/Geldtheorie/Wohlstand.htm#pareto<br />

17 http://www.brainworker.ch/Arbeit/Globalisierung.htm#zwangsabgaben


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Dienstleistungen <strong>und</strong> damit die Ausbildungskosten. Wen w<strong>und</strong>ert's, dass Kopfsteuern<br />

bei Rechten <strong>und</strong> Liberalen, ihrer "Effizienz" wegen, so beliebt sind.<br />

Fazit des Fazits: Rechte Parteien sind also weder Volks- noch <strong>Freiheit</strong>sparteien,<br />

sondern <strong>Herrschaft</strong>sparteien.<br />

Ausblick: Die nächste politische <strong>und</strong> wirtschaftliche Mode (Trend) die sich in<br />

den USA abzeichnet ist das Europäische Modell von Kooperation <strong>und</strong><br />

Gemeinschaft. Zum unterschiedlichen <strong>Freiheit</strong>sverständnis in den USA <strong>und</strong><br />

Europa. Es kann also gut sein, dass unsere Fre<strong>und</strong>e eines autoritärindividualistischen<br />

Liberalismus bald in Europa wie in den USA "daneben<br />

stehen".<br />

Martin Herzog, webdesign, Dipl. Ing. ETH, akademisches Proletariat, Rheinfelden, 22.<br />

Juli 2004<br />

Der Artikel wird weiter bearbeitet. Korrekturen <strong>und</strong> Ergänzungen nehme ich gerne an.<br />

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Inhaltsverzeichnis:<br />

<strong>Freiheit</strong> - <strong>Macht</strong>, <strong>Herrschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong> .......................................................................1<br />

Definition:..................................................................................................................1<br />

Die Anarchisten, Hüter der <strong>Freiheit</strong>...........................................................................3<br />

Max Stirner ............................................................................................................3<br />

Pierre-Joseph Proudhon .........................................................................................3<br />

Michail Bakunin.....................................................................................................4<br />

Peter Kropotkin......................................................................................................6<br />

<strong>Herrschaft</strong>.......................................................................................................................9<br />

<strong>Macht</strong> ...........................................................................................................................10<br />

Zum Thema Masse <strong>und</strong> <strong>Macht</strong> ............................................................................11<br />

Ehrgeiz, <strong>Macht</strong>streben, Mobbing - <strong>Macht</strong>gerangel, das den Status quo erhält ...12<br />

Autorität - das F<strong>und</strong>ament von Faschismus, Rechtsextremismus, Antisemitismus<br />

<strong>und</strong> anderer Formen von ethnozentrischer Ausländerfeindlichkeit. ........................15<br />

<strong>Gewalt</strong>......................................................................................................................15<br />

Rang <strong>und</strong> Würde: .....................................................................................................17<br />

Die Menschen sind nicht gleich - aber alle verdienen <strong>und</strong> brauchen ihre Würde! ..17<br />

Pädagogik der <strong>Freiheit</strong> .........................................................................................19<br />

Pressefreiheit............................................................................................................20<br />

Antithese der <strong>Freiheit</strong>sliebe .................................................................................22<br />

Der Mensch will nichts als da sein, seine <strong>Macht</strong> <strong>und</strong> die Befriedigung seiner<br />

Triebe. ..................................................................................................................22<br />

Weitere LINKS zum Thema <strong>Freiheit</strong>:..................................................................22<br />

2. Teil: <strong>Freiheit</strong> <strong>und</strong> Wirtschaft....................................................................................24<br />

Sind Sie (links- oder rechts-)autoritär? ....................................................................24<br />

Wie vertragen sich <strong>Freiheit</strong> <strong>und</strong> Wirtschaft? ...........................................................26<br />

China von heute - die Schweiz von morgen ............................................................27<br />

Warum Rechtskonservative <strong>und</strong> sogar Neoliberale lügen, sobald sie das Wort<br />

<strong>Freiheit</strong> in den M<strong>und</strong> nehmen & warum der so genannte freie Markt nicht frei, ja<br />

nicht mal demokratisch ist, sondern eine Plutokratie: .............................................29<br />

Kommentare:........................................................................................................33<br />

LIBERTÉ von Eluart:.........................................................................................35<br />

FAZIT: .....................................................................................................................36

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