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Bachelor - Lehrstuhl Schaile - LMU

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<strong>Bachelor</strong>-Arbeiten 2013<br />

in experimenteller<br />

Elementarteilchenphysik<br />

21. November 2012<br />

am <strong>Lehrstuhl</strong> <strong>Schaile</strong> und in der Arbeitsgruppe Schieck


A Ausbildungsprogramm<br />

Wir bieten im Sommersemester 2013 am <strong>Lehrstuhl</strong> <strong>Schaile</strong> in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe<br />

‘Schwere Quarks’ von Prof. Dr. Jochen Schieck ein integriertes Programm, das Ihnen einen vielseitigen<br />

Einblick in die Arbeiten der experimentellen Elementarteilchenphysik gibt. Im Zentrum des<br />

Programms stehen Arbeiten mit engem Bezug zu Forschungsthemen des ATLAS-Experiments am<br />

Large Hadron Collider des internationalen Forschungszentrums CERN in Genf. Wir möchten Ihnen<br />

hierbei Einblicke vermitteln in die physikalischen Ziele des LHC und Analysemethoden für hochenergetische<br />

Teilchenkollisionen, in Detektorkonzepte und Entwicklung neuer Detektorkomponenten und<br />

in Grid-Computing als innovative Technologie der LHC Datenverarbeitung.<br />

Elemente unseres Programms sind<br />

• Wahlpflichtlehrveranstaltung des Moduls V für <strong>Bachelor</strong>-Studenten (3+1 SWS, 6 ECTS Punkte):<br />

‘Advanced Course in Particle Physics for <strong>Bachelor</strong> Students’<br />

Teil I: Datenanalyse in der Teilchenphysik<br />

Dieser Kurs ist eine grundlegende Einführung zur Darstellung und statistischen Auswertung<br />

experimenteller Daten, zur Modellierung elementarer Teilchenreaktionen, zur Simulation von<br />

Detektoren und des Teilchennachweises und zur Rekonstruktion der Primärreaktion aus einem<br />

komplexen Ereignismuster.<br />

Die Teilnahme am Teil I dieses Kurses (15.4.-19.4.13 ganztägig) ist verpflichtend für alle<br />

<strong>Bachelor</strong>-Studenten in der Experimentellen Elementarteilchenphysik<br />

Teil II: Vertiefungsvorlesung Teilchenphysik<br />

Teil II vertieft die Konzepte der Elementarteilchenphysik und des experimentellen Nachweises<br />

spezieller Ereignistopologien. Vorlesung und Übungen mit 3 SWS wöchentlich finden begleitend<br />

zur 10-wöchigen <strong>Bachelor</strong>-Arbeit statt. Die Teilnahme am Teil II dieses Kurses wird allen<br />

<strong>Bachelor</strong>-Studenten in der Experimentellen Elementarteilchenphysik empfohlen.<br />

Die Teilnahme an einer Klausur zu Teil I und Teil II des Kurses ist Voraussetzung für den Erwerb<br />

von 6 ECTS Punkten im Bereich der Wahlpflichtveranstaltungen des Moduls V.<br />

• Physikalisches Seminar: Moderne Aspekte der Teilchenphysik<br />

Dieses Seminar findet wöchentlich begleitend zur <strong>Bachelor</strong>-Arbeit statt. Die Teilnahme am Seminar<br />

wird allen <strong>Bachelor</strong>-Studenten in der Experimentellen Elementarteilchenphysik empfohlen,<br />

Voraussetzung für den Erwerb von 3 ECTS Punkten ist die aktive Teilnahme und ein Referat.<br />

• Eine betreute <strong>Bachelor</strong>-Arbeit (12 ECTS Punkte, 22.4.-1.7.2013) mit aktuellem Bezug zu<br />

unseren Forschungsarbeiten zu einem der nachfolgend aufgeführten Themen.<br />

Weiterhin haben Sie bei uns in Garching die Möglichkeit an einem breiten Spektrum wissenschaftlicher<br />

Veranstaltungen in unserem Forschungsumfeld im Rahmen des ‘BMBF Forschungsschwerpunkts FSP-<br />

101 ATLAS’, des Exzellenzclusters ‘Origin and Structure of the Universe’, der HGF-Allianz ‘Physics<br />

at the Terascale’, des Maier-Leibnitz-Laboratoriums und der ‘Munich Particle Physics School’ teilzunehmen.<br />

Ansprechpersonen: Wenn Sie Fragen zum Programm haben, oder wenn Sie sich bei der Auswahl der<br />

7 angebotenen Themenbereiche beraten lassen wollen, wenden Sie sich bitte an<br />

Prof. Dr. Otmar Biebel (Otmar.Biebel@physik.uni-muenchen.de)<br />

Prof. Dr. Dorothee <strong>Schaile</strong> (Dorothee.<strong>Schaile</strong>@physik.uni-muenchen.de)<br />

Prof. Dr. Jochen Schieck (Jochen.Schieck@physik.uni-muenchen.de)<br />

Wenn Sie Interesse an oder Fragen zu einem spezifischen Thema haben, können Sie sich auch direkt an<br />

die angegebenen Kontaktpersonen (email: Vorname.Nachnahme@physik.uni-muenchen.de,<br />

Ausnahmen sind direkt aufgeführt) wenden.<br />

1


B Themenkatalog für <strong>Bachelor</strong>-Arbeiten am LS <strong>Schaile</strong><br />

1 Suche nach dem Higgs-Boson<br />

Abbildung 1: Ereignisdarstellung eines Higgs-Kandidaten in ATLAS Daten. Die Selektionskriterien der Analyse<br />

sind für Higgs-Bosonen, die in ein virtuelles und ein reelles Z-Boson zerfallen optimiert. Die beiden Z-<br />

Bosonen zerfallen wiederum nach µ + µ − und e + e − . Die invariante Masse der 4 Leptonen beträgt m(4ℓ) =<br />

122.6 (123.9) GeV ohne (mit) Zwangsbedingungen.<br />

Jüngere Colliderexperimente (LEP, HERA, TeVatron) haben das Standardmodell der Teilchenphysik<br />

mit phantastischer Präzision etabliert. Die Generierung der Massen von Fermionen und Bosonen durch<br />

den Higgs-Mechanismus war allerdings nur sehr indirekt mit experimentellen Hinweisen belegt. Der<br />

Higgs-Mechanismus sagt zwingend mindestens ein physikalisch beobachtbares skalares Teilchen, das<br />

Higgs-Boson, voraus. In einem weltweit mit Spannung verfolgten Seminar im Juli 2012 am CERN<br />

in Genf berichteten die beiden großen LHC Experimente ATLAS und CMS über Fortschritte bei<br />

der Suche nach dem legendären Higgs-Boson. Im August 2012 veröffentlichten beide Experimente<br />

die Entdeckung eines neuen Bosons, dessen Produktions- und Zerfallsraten kompatibel mit einem<br />

Standardmodell Higgs Boson sind.<br />

1.1 Studien zu H → bb Zerfällen bei LHC<br />

Ein wichtiger Schritt zum Verständnis der Eigenschaften des entdeckten Bosons ist der Nachweis aller<br />

theoretisch verhergesagten Zerfallskanäle, insbesonders der Zerfall in ein bb Quark-Antiquark-Paar.<br />

Dieser Zerfall kann am besten in der Produktion eines Higgs-Bosons in Assoziation mit einem Woder<br />

Z-Boson studiert werden. Zu diesem Endzustand tragen allerdings auch viele Standardmodellprozesse<br />

bei, bei denen die rekonstruierten b-Jets nicht aus dem Zerfall eines Higgs-Bosons stammen.<br />

Zur Unterdrückung dieser Untergrundprozesse können mehrere Methoden in einer <strong>Bachelor</strong>-Arbeit<br />

untersucht werden:<br />

• Multivariate Techniken für optimale Signal-Untergrund Trennung,<br />

• Verbesserung der Massenauflösung mit Hilfe von, z.B. Myonen,<br />

• Beschränkung der Analyse auf Higgs-Bosonen mit hohem Impuls.<br />

Kontakt: Dr. Michiel Sanders<br />

2


1.2 Studien zu H → W + W − Zerfällen bei LHC<br />

Der Zerfall in W-Boson Paare ist ein wichtiger Zerfallskanal für ein Higgs-Boson mit der Masse MH ≈<br />

126 GeV. Zerfallen beide W-Bosonen leptonisch, d.h. in einen Endzustand mit 2 geladenen Leptonen<br />

und 2 Neutrinos, so hat man für diesen Kanal eine klare und gut studierbare Signatur. Verschiedene<br />

Themenbereiche können in jeweils einer <strong>Bachelor</strong>-Arbeit bearbeitet werden:<br />

• Die Spin-, Ladungs- und Paritätseigenschaften des neuen Teilchens sollen studiert werden. Für<br />

ein Standard Modell Higgs Boson wird J P C = 0 ++ erwartet. Simulationen verschiedener J P C<br />

Hypothesen sollen mit echten Daten des ATLAS-Experiments verglichen werden.<br />

• Verschiedene Effizienzen der Rekonstruktion und Identifikation der Lepton-Spuren sollen anhand<br />

von simulierten ATLAS Daten für eine höhere Schwerpunktsenergie von √ s= 14 TeV studiert<br />

werden.<br />

• Multivariate Verfahren wie z.B. Boosted-Decision-Trees sollen angewendet werden, um Signal-<br />

Ereignisse besser von Untergrund-Ereignissen trennen zu können, als es mit einer Schnittbasierten<br />

Analyse möglich ist.<br />

Kontakt: Dr. Johannes Elmsheuser, Christian Meineck, Bonnie Chow<br />

2 Suche nach Supersymmetrie<br />

Supersymmetrie (SUSY) ist eine hoch-motivierte Erweiterung des Standardmodells (Hierarchieproblem,<br />

Dunkle Materie, Quantengravitation, ...), in der jedem Fermion ein bosonischer Partner zugeordnet<br />

wird und umgekehrt, siehe Abbildung 2. Da man die supersymmetrischen Partner der bekannten<br />

Teilchen noch nicht beobachtet hat, müssen die Partner unterschiedliche Massen haben, d. h.<br />

Supersymmetrie ist eine gebrochene Symmetrie. Es gibt allerdings gute Argumente, dass die Massen<br />

mehrerer SUSY Teilchen in der Reichweite für LHC liegen sollten.<br />

Abbildung 2: Die Standardmodell-Teilchen und ihre supersymmetrischen Partner.<br />

Der Nachweis supersymmetrischer Teilchen aus Kollisionen von Protonen war ein wichtiges Design-<br />

Kriterium für den ATLAS-Detektor. Wir befassen uns mit Modellen, in denen das leichteste supersymmetrische<br />

Teilchen (LSP - lightest SUSY particle) auf Grund eines Erhaltungssatzes stabil ist.<br />

Astrophysikalische Messungen legen nahe, dass ein solches Teilchen weder eine elektrische Ladung<br />

noch eine Farbladung besitzen kann, und daher einen LHC Detektor ohne sichtbare Wechselwirkung<br />

verlässt. Eine typische Signatur aus Zerfallsketten supersymmetrischer Teilchen ist somit die fehlende<br />

transversale Energie im Ereignis. Diese Signatur wird je nach Modell begleitet von Jets und Leptonen,<br />

teilweise dominieren auch Ereignistopologien mit Fermionen der 3. Generation.<br />

3


Um verschiedene Möglichkeiten abzudecken, bieten wir in unserer Arbeitsgruppe Themen auf dem<br />

Gebiet der Suche nach Supersymmetrie an, welche die Sensitivität auf ein supersymmetrisches Signal<br />

optimieren oder Strategien für den Ereignistrigger ausarbeiten, damit wertvolle Signaturen mit hoher<br />

Effizienz aufgezeichnet werden.<br />

2.1 Optimierung der Analysestrategie für supersymmetrische Ereignisse<br />

Für die Datennahme 2012 wurden die Analysen so optimiert, dass sie eine maximale Sensitivität<br />

für einige supersymmetrische Modelle bei einer Schwerpunktsenergie von 8 TeV aufweisen. ATLAS<br />

wird ab 2015 beginnen Daten bei einer höheren Luminosität und Schwerpunktsenergie (13-14 TeV)<br />

aufzunehmen. Für höhere Schwerpunktsenergien wird jedoch eine erneute Optimierung nötig, natürlich<br />

unter Berücksichtigung der Ergebnisse der aktuell andauernden Analyse.<br />

Es muss überprüft werden, wie sensitiv die Analyse in Bezug auf verschiedene supersymmetrische<br />

Modelle ist. Ein Standardszenario ist das minimale supersymmetrische Modell (MSSM), das insbesondere<br />

für stark wechselwirkende supersymmetrische Teilchen über einen weiten Parameterbereich sehr<br />

hohe Ereignisraten verspricht. Hier reichen die Ausschließungsgrenzen bisheriger Daten jedoch schon<br />

zu sehr hohen Massenrenzen der SUSY-Partner von Quarks und Gluonen. Sollte im Energiebereich<br />

von LHC die elektroschwache Produktion dominieren, braucht man höhere Statistik für den Nachweis<br />

supersymmetrischer Teilchen. Gleiches gilt für Modelle, in denen lediglich die SUSY-Partner der Fermionen<br />

der 3. Generation leicht sind und explizit nachgewiesen werden müssen. Interessant sind auch<br />

Modelle mit fast entarteten supersymmetrischen Spektren (‘compressed spectra’). In diesen Modellen<br />

haben die Teilchen, die aus der Zerfallskette bis zum LSP hervorgehen sehr wenig sichtbare Transversalenergie.<br />

Es lohnt sich daher Analysen auch auf möglichst niedrige Schwellen für die sichtbare<br />

Transversalenergie zu optimieren. Ein weiterer Zugang zu solchen Modellen ist die Ereignisrate isolierter<br />

Jets (sog. Monojets), die aus harter Gluonabstrahlung im Anfangszustand der Parton-Parton<br />

Reaktion hervorgehen und nur von sehr geringer sichtbarer Transversalenergie begleitet werden.<br />

Kontakt: Dr. Federica Legger, Dr. Alexander Mann (a.mann@lmu.de)<br />

2.2 Triggerstrategien<br />

Reaktionen in Proton-Proton-Kollisionen bei LHC erfolgen mit einer Ereignisrate von O(10 9 ) Hz, interessante<br />

Ereignisse wie zum Beispiel die Higgs Boson Produktion haben Raten ≤ O(10 −2 ) Hz. Um<br />

bei solchen Verhältnissen nicht in Konflikt mit heute verfügbaren Bandbreiten der Datenübertragung,<br />

Rechen- und Speicherkapazität zu geraten, muss es eine mehrstufige unwiderrufliche Vorauswahl von<br />

Ereignissen geben. Diese Vorauswahl übernimmt der Ereignistrigger, ein der Aufzeichnung der Daten<br />

vorgeschaltetes programmierbares System, das im ATLAS-Experiment in mehreren Stufen mit<br />

unterschiedlichen Verarbeitungszeiten implementiert ist. Eine ständige Anpassung dieses Triggersystems<br />

auf aktuelle Bedingungen und Ziele der Datennahme ist grundlegend für den Erfolg eines LHC<br />

Experiments bei der Suche nach interessanten Ereignissen.<br />

Die getriggerten Ereignisse enthalten beispielsweise mindestens ein mit bestimmten Merkmalen<br />

als Lepton identifiziertes Teilchen, das einen Mindestimpuls besitzt. Dieser Trigger wurde z.B. für<br />

die inklusive Suche nach Supersymmetrie verwendet. Bereits 2012 wurden erfolgreich kombinierte<br />

Trigger eingesetzt, die sowohl ein Lepton wie auch fehlende transversale Energie verlangen. Jedoch<br />

werden ihre Raten für die Luminositäten bei Schwerpunktsenergien von 13 − 14 T eV zu hoch sein,<br />

und so werden diese Trigger weiterentwickelt, um strengere Triggerkriterien umsetzen zu können. Eine<br />

vielversprechende Möglichkeit ist die Verwendung von Triggern, die gleichzeitig ein Lepton, fehlende<br />

transversale Energie und Jets oder mehrere Leptonen verlangen. Eine <strong>Bachelor</strong>-Arbeit soll sowohl<br />

die mögliche Ratenreduktion dieser Trigger als auch die Performance in Bezug auf supersymmetrische<br />

Signale untersuchen. Eine alternative Arbeit ist die Weiterentwicklung eines Modells zur Beschreibung<br />

der Raten des Triggers auf fehlende transversale Energie.<br />

Kontakt: Dr. Federica Legger, Dr. Alexander Mann (a.mann@lmu.de)<br />

4


3 Physik des Top-Quarks<br />

Abbildung 3: Kandidat für ein tt Ereignis mit 6 Jets.<br />

Das top-Quark hat viele Besonderheiten im Vergleich zu den anderen Quarks. So hadronisiert es aufgrund<br />

seiner hohen Masse nicht und ’vererbt’ seine Eigenschaften so direkt an seine Zerfallsprodukte.<br />

Da bis heute noch nicht alle seine vorhergesagten Eigenschaften überprüft werden konnten, stellt<br />

es auch weiterhin ein interessantes Studienobjekt dar. Der LHC mit seiner hohen Luminosität und<br />

Schwerpunktsenergie wird eine top-Fabrik sein und somit Messungen zum top-Quark erstmals mit<br />

hoher Statistik ermöglichen.<br />

3.1 Messung der Top-Quarkmasse in Top-Antitop-Z Reaktionen<br />

In Proton-Proton Kollisionen, wie sie aktuell bei LHC bei einer Schwerpunktsenergie von 8 TeV stattfinden,<br />

entstehen Top-Quarks hauptsächlich in Top-Antitop-Paaren. Gemäß Standardmodellvorhersage<br />

zerfallen diese beinahe ausschließlich in jeweils ein b-Quark sowie ein W-Boson, welches wiederum in<br />

zwei leichte Quarks zerfallen kann. Um nun die Top-Quarkmasse zu bestimmen, müssen alle Zerfallsprodukte<br />

experimentell gemessen werden. Da die Quarks nur als Teilchenbündel, so genannte Jets, im<br />

ATLAS-Detektor nachweisbar sind, sind ausgefeilte Korrekturen notwendig, um die korrekte Energie<br />

des Quarks aus dem im Detektor gemessenen Jet zu erhalten. Daraus resultieren große Unsicherheiten<br />

für den experimentell bestimmbaren Wert der Top-Quarkmasse.<br />

Ein Trick, diese Unsicherheiten erheblich zu vermindern, besteht darin, die präzise bekannte W-<br />

Bosonmasse für die Korrektur der Jetenergien zu verwenden. Damit kann allerdings nur die Energiemessung<br />

der leichten Jets auf den W-Bosonmassenwert bezogen werden. Um auch den b-Quarkjet mit<br />

einem solchen Trick an eine präzise bekannte Teilchenmasse zu knüpfen, kann man eine Reaktion betrachten,<br />

bei der nebem dem Top-Antitop-Quarkpaar noch ein Z-Boson entsteht, welches in ein Paar<br />

von b-Quarks zerfällt. Auf diese Weise wäre es möglich, die experimentell gemessenen Energien aller im<br />

top-Quarkzerfall auftretenden Jets an die sehr genau bekannte Teilchenmassen von W- und Z-Boson zu<br />

knüpfen. Diese <strong>Bachelor</strong>-Arbeit soll mittels einer Simulationsstudie die prinzipielle Möglichkeit, experimentelle<br />

Herausforderungen und Limitierungen einer Top-Quarkmassenbestimmung in t¯tZ-Reaktionen<br />

untersuchen.<br />

Kontakt: Prof. Dr. Otmar Biebel, Stefanie Adomeit<br />

3.2 Neue Methoden zur Top-Quarkmassenbestimmung<br />

Bislang erfolgt die Bestimmung der Top-Quarkmasse durch die präzise Vermessung von Energie und<br />

Impuls der Zerfallsprodukte. Damit hängt aber die experimentelle Präzision der Top-Quarkmasse von<br />

der Genauigkeit ab, mit der diese Energien und Impulse mit dem ATLAS-Detektor gemessen werden<br />

können. Letztlich ist es die so genannte Energiekalibration der Messungen in den Kalorimeter, welche<br />

die Skala für die erreichbare Genauigkeit festlegen. Nur mit großem Aufwand kann man die Präzision<br />

5


der Energiekalibration weiter verbessern. Und dieser Aufwand ist jedesmal neu aufzubringen, wenn<br />

etwa an den Betriebsbedingungen des Detektors oder sogar des Beschleunigers verändert wird. Diese<br />

Beschränkung der Genauigkeit der Energiekalibration äußert sich in einer systematischen Unsicherheit<br />

für die Top-Massenbestimmung.<br />

Mit alternativen Messmethoden kann diese Beschränkung möglicherweise vollständig vermieden<br />

werden. Ein solcher Ansatz nutzt die Besonderheit der Kinematik eines top-Quarkzerfalls aus, um<br />

aus den Winkeln zwischen den Zerfallsprodukten deren Energie zu berechnen. Damit kann dann die<br />

top-Quarkmasse experimentell mit minimaler Abhängigkeit von der Energiekalibration bestimmt und<br />

deren bislang immer vorhandene systematische Unsicherheitsbeiträge vermieden werden. Bevor diese<br />

neuartige Methode tatsächlich eingesetzt werden kann, soll sie mit dieser <strong>Bachelor</strong>-Arbeit weiter<br />

systematisch anhand von Simulationsdaten untersucht werden.<br />

Kontakt: Prof. Dr. Otmar Biebel<br />

3.3 Bestimmung des CKM-Matrixelements Vts<br />

Das Top-Quark zerfällt nach Vorhersage des Standardmodells mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa<br />

99,8% in ein b-Quark und in ein assoziiertes W-Boson. Die Zerfälle in strange-Quark bzw. down-<br />

Quark (t → d + W und t → s + W ) sind hingegen stark unterdrückt und wurden bisher noch nicht<br />

bei Messungen nachgewiesen. Ein Grund hierfür liegt in der geringen Anzahl der erzeugten Top-<br />

Quarks bei den Vorgängerexperimenten des LHCs. Eine direkte Beobachtung dieser Zerfälle wäre ein<br />

großer Fortschritt, da aus diesen die Matrixelemente |Vtd| und |Vts| der CKM-Matrix abgeleitet werden<br />

können, was eine Überprüfung theoretischer Vorhersagen erlaubt. Beispielsweise könnte dadurch eine<br />

vierte Quarkgeneration vorhergesagt oder in bestimmten Bereichen ausgeschlossen werden.<br />

Eine Bestimmung dieser Matrixelemente an anderen Experimenten gelang bisher nur indirekt mithilfe<br />

von Oszillationen neutraler B-Mesonen. Am ATLAS Experiment wird es nun auf Grund der<br />

höheren Top-Ereignisraten möglich sein, die Zerfälle t → d + W und t → s + W direkt zu untersuchen.<br />

Allerdings gibt es bisher keine einfache Möglichkeit die bei diesen seltenen Zerfällen auftretenden<br />

strange-Quarks und down-Quarks voneinander zu unterscheiden. Die Matrixelement |Vtd| und |Vts|<br />

wären daher nur in Kombination zu bestimmen und nicht separat. Aus diesem Grund soll bei dieser<br />

Arbeit untersucht werden, ob sich die entstehenden strange- und down-Quarks durch einzelne Kriterien<br />

voneinander unterscheiden lassen. Auch eine Kombination verschiedener Variablen (beispielsweise<br />

durch neuronale Netzwerke) könnte zur Bestimmung der einzelnen Beiträge verwendet werden.<br />

Kontakt: Christopher Schmitt, Prof. Dr. Otmar Biebel<br />

4 QCD-Studien<br />

4.1 Studien zum ‘Underlying Event’ in pp-Kollisionen bei LHC<br />

Durch die innere Struktur der Protonen, die bei LHC zur Kollision gebracht werden, treten eine Vielzahl<br />

unterschiedlicher Wechselwirkungsreaktionen auf. Es findet nicht nur ein harter Stoß zwischen<br />

zwei Partonen der Protonen statt, sondern die übrigen Protonbestandteile weisen ebenfalls Wechselwirkungen<br />

auf. Diese Prozesse nennt man das ‘underlying event’. Diese überlagern sich mit dem harten<br />

Stoß und müssen daher absepariert werden, um die Untersuchung des harten Stoßprozesses nicht zu<br />

verfälschen.<br />

Eine in den letzten Jahren in München entwickelte Methode soll diesen Beitrag korrigieren. Dabei<br />

charakterisiert der niederenergetischste Jet innerhalb eines Ereignis das Underlying Event. Der<br />

Vorteil gegenüber etablierten Methoden, ist die Möglichkeit, das Underlying Event für jedes Ereignis<br />

separat zu bestimmen. Eine eingeführte Gewichtungsfunktion gibt dabei die Wahrscheinlichkeit für<br />

ein Teilchen an, ein Anteil des harten Stoßes zu sein oder als Beitrag des Underlying Events gezählt zu<br />

werden. Mithilfe der in der <strong>Bachelor</strong>-Arbeit durchzuführenden Untersuchung, soll die Methode weiter<br />

verbessert werden, indem der räumliche Abstand der Teilchen zu den harten Jets als weitere Variable<br />

implementiert wird. Darüber hinaus soll die Methode mit aktuellen Underlying-Event-Modellen<br />

6


Proton Proton<br />

Beam-Beam<br />

Remnants<br />

Auslaufendes<br />

Parton (Hart)<br />

Auslaufendes<br />

Parton (Hart)<br />

FSR: Gluon-<br />

Emission<br />

Beam-Beam<br />

Remnants<br />

ISR: Gluon-<br />

Emission<br />

Multiple Parton<br />

Interaction<br />

Abbildung 4: Veranschaulichung einer Proton-Proton Kollision mit Überlagerung eines Minimum-Bias Ereignisses.<br />

überprüft werden.<br />

Kontakt: Christopher Schmitt, Prof. Dr. Otmar Biebel<br />

5 Detektor-R&D zum Teilchennachweis<br />

Abbildung 5: Detektor R&D am Tandem-Beschleuniger des Maier-Leibnitz-Laboratoriums<br />

5.1 Micropatterndetektoren<br />

Micromegas und GEM (gaseous electron multiplier) sind moderne gasgefüllte Detektoren mit mikrostrukturierter<br />

Streifenanodenauslese, für die es vielfältige Anwendungsmöglichkeiten in der fundamentalen<br />

Forschung, wie in der Hochenergiephysik, oder interdisziplinär, wie in der Medizinforschung,<br />

gibt. Sie ermöglichen eine sehr gute Ortsauflösung von besser 40µm und können Teilchen auch bei<br />

sehr hohen Raten noch mit hoher Effizienz und Genauigkeit detektieren.<br />

7


Mit vorhandenen GEM oder Micromegas Detektoren soll experimentell deren Empfindlichkeit auf<br />

Röntgenstrahlung optimiert werden und dann mithilfe eines Schattenbildes eines dünnen Wolframdrahtes<br />

die Ortsauflösung überprüft werden.<br />

In diesem Zusammenhang bieten wir als zweites Thema die Simulation dieser Detektoren mithilfe<br />

der Programmpakete Garfield und Magboltz aus der CERN Bibliothek an. Zunächst steht hierbei das<br />

Verständnis der Elektronendrift im Driftbereich der Detektoren im Vordergrund. Alternativ interessiert<br />

aber auch, ob durch Veränderungen an den Detektoren, z.B. durch Invertierung der Hochspannung,<br />

nicht ein verbesserter Nachweis für Röntgenquanten erreicht werden kann.<br />

Kontakt: Prof. Dr. Otmar Biebel, Dr. Ralf Hertenberger<br />

5.2 Ortsauflösender Myon Detektor mit SiPM-Auslese<br />

Silizium Photomultiplier (SiPM) sind neuartige Halbleiterdetektoren zur Messung kleinster Lichtmengen.<br />

Sie bestehen aus einem Array lichtsensitiver Silizium-Pixel, deren Größe im µm-Bereich liegt.<br />

Die einzelnen Pixel werden als Avalanche-Photo-Dioden betrieben, beim Auftreffen eines Photons löst<br />

das durch Photoeffekt entstehende Elektron eine Geiger-Müller artige Verstärkungslawine in einem<br />

der Pixel aus. SiPMs sind daher sensitiv auf einzelne Photonen. Das Ausgangssignal ist beim Einfall<br />

mehrerer Photonen wegen der Kopplung vieler Pixel im Array trotzdem proportional zur Anzahl der<br />

Photonen.<br />

Wir verwenden SiPM’s, um die von kosmischen Myonen in einem Szintillator mit trapezförmigem<br />

Querschnitt erzeugte Lichtmenge zu messen. Diese ist proportional zum Durchgangsort des Myons.<br />

Das erzeugte Licht wird dabei mittels wellenlängenschiebender Fasern im Szintillator gesammelt und<br />

zum SiPM geführt. Ziel dieser Detektorentwicklung ist es, Ortsinformation über den Durchgangsort<br />

des Muons zu erhalten.<br />

Die Aufgabe im Rahmen dieser <strong>Bachelor</strong>-Arbeit besteht in der Simulation der Ausbreitung des Lichts<br />

im Szintillator. Hierbei interessiert unter anderem, wie die Reflexion an der Schrägseite des Trapezes<br />

die Lichtverteilung beeinflusst und wie die Position der lichtsammelnden Faser optimiert werden kann.<br />

Kontakt: Prof. Dr. Otmar Biebel, Alexander Ruschke<br />

8


C Themenkatalog für <strong>Bachelor</strong>-Arbeiten in der AG Schieck<br />

6 Physik mit B-Mesonen am ATLAS-Detektor<br />

Abbildung 6: Spektrum der invarianten Masse von BS-Mesonen, die mit dem Zerfall BS → J/ψφ rekonstruiert<br />

werden. Dieser Zerfallskanal ist besonders sensitiv auf mögliche Beiträge neuer Physik.<br />

6.1 Indirekte Suche nach Physik jenseits des Standard Modells mit B-Mesonen<br />

Eine präzise Vermessung von B-Meson-Zerfällen erlaubt eine indirekte Suche nach Physik jenseits des<br />

Standard Modells. Neue Teilchen können dabei in Schleifenkorrekturen auftauchen und Messobserva-<br />

blen signifikant vom Standardmodellwert abweichen. Der Zerfall BS → J/ψφ ist besonders sensitiv<br />

auf neue Teilchen, die in der Mischung zwischen dem BS und seinem Antiteilchen ¯<br />

BS auftauchen. Um<br />

Beiträge von Physik jenseits des Standard Modells zu bestimmen muss man die zeitliche Entwicklung<br />

des Zerfalls präzise studieren. Bisher wurden die Ereignisse mit Hilfe einer schnittbasierten Auswahl<br />

selektiert. Im Rahmen einer <strong>Bachelor</strong>-Arbeit soll eine verbesserte Selektion, die auf multivariaten<br />

Methoden basiert, entwickelt werden.<br />

Kontakt: Prof. Dr. Jochen Schieck<br />

7 Studien zum BELLE II-Pixeldetektors am KEKB-Beschleuniger<br />

in Japan<br />

Im Belle II-Experiment am KEK-Beschleunigerlabor in Japan werden ab dem Jahr 2015 Ereignisse mit<br />

B-Mesonen im Endzustand in extrem hoher Anzahl prodzuiert und mit höchster Präzision vermessen.<br />

Mit der Analyse dieser Zerfälle ist man sensitiv auf Physik jenseits des Standard Modells, das sich<br />

durch Teilchen in Schleifenkorrekturen manifestieren kann. Der Spurdetektor der sich am nächsten<br />

zum Wechselwirkungspunkt befindet wird von einer Gruppe europäischer Universitäten gebaut. Die<br />

<strong>LMU</strong> entwirft und baut die Spannungsversorgung und entwickelt Software für die Rekonstruktion der<br />

B-Meson-Zerfallsprodukte.<br />

7.1 Entwicklung eines Testsystems für die Spannungsversorgung<br />

Die Spannungsversorgung umfasst mehr als 880 Kanäle und diese hohe Anzahl erfordert es, eine automatische<br />

Testprozedur zu entwickeln. Das Testsystem soll Volllasttests durchführen, die Überwachung<br />

9


Abbildung 7: Modell des Pixeldetektors für das Belle II-Experiment am KEKB-Beschleuniger in Japan.<br />

von Start- und Stoppsequenzen und Fehler der Spannungsversorgung simulieren können. Für die Entwicklung<br />

dieses Testsystems werden zwei <strong>Bachelor</strong>-Arbeiten für Hardware- und Softwareentwicklung<br />

angeboten:<br />

• Entwicklung der Elektronik für ein Testsystems der Spannungsversorgung des Pixeldetektors<br />

Ziel der <strong>Bachelor</strong>-Arbeit wird es sein, Hardware für ein Testsystem für einen Protoytpen der<br />

Spannungsversorgung des Pixeldetektors zu entwickeln. Das Testsystem soll entwickelt werden<br />

und ausführlich auf Funktionsfähigkeit getestet werden. Danach sollen mit diesem Testsystem erste<br />

Überprüfungen eines Prototypen der Spannungsversorgung durchgeführt werden. Die Arbeit<br />

ist geeignet für Studenten mit Interesse an Elektronik und Hardware.<br />

• Entwicklung der Software zur Steuerung des Testsystems der Spannungsversorgung<br />

des Pixeldetektors<br />

Für das Testsystem soll Steuerungssoftware entwickelt werden. Die Software kann, je nach Erfahrung,<br />

in C/C++ oder LabView programmiert werden. Gemeinsam mit dem Studenten der<br />

für den Hardwareteil der Entwicklung verantwortlich ist, sollen Tests durchgeführt werden. Die<br />

Arbeit richtet sich an Studenten mit Interesse an Programmierung.<br />

Kontakt: Dr. Stefan Rummel, Prof. Dr. Jochen Schieck<br />

7.2 Studien zur Spurrekonstruktion mit dem Pixeldetektor<br />

Geladene Spuren hinterlassen in den verschiedenen Detektorschichten Treffer, die mittels Software<br />

zu Bahnkurven der dazugehörigen Teilchen zusammengefügt werden. Mit den Bahnkurven kann der<br />

Impuls, der räumliche Ursprung (”Vertex”) und die Lebensdauer der Teilchen bestimmt werden. Im<br />

Rahmen der <strong>Bachelor</strong>-Arbeit soll der Einfluss verschiedener Randbedingungen auf diese Messungen<br />

untersucht werden. Solche Randbedingungen sind z.B. ungenau bekannte Detektorpositionen oder<br />

Magnetfelder.<br />

Kontakt: Dr. Tobias Schlüter, Prof. Dr. Jochen Schieck<br />

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