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<strong>EWeRK</strong>-Energiehandel:<br />
Zur Erlaubnispflichtigkeit von<br />
Energiehandelsgeschäften<br />
nach dem geänderten KWG<br />
Tino Glass, Wiss. Mit. am <strong>EWeRK</strong><br />
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 11. Mai 2007 das Gesetz zur Umsetzung der europäischen Richtlinie<br />
über Märkte für Finanzinstrumente (FRUG bzw. MiFID-Umsetzungsgesetz) gebilligt. Damit werden die durch die<br />
MiFID veranlassten Änderungen des nationalen Rechts, welche im Bereich des Bank- und Börsenrechtes<br />
angesiedelt sind, fristgerecht <strong>zum</strong> 1. November 2007 in Kraft treten. Für die Energiewirtschaft werden hierbei<br />
insbesondere die Änderungen im Bereich der Finanzmarktaufsicht, welche überwiegend im Kreditwesengesetz<br />
(KWG) normiert ist, von Relevanz sein. 1<br />
Das FRUG wird die Erlaubnispflichtigkeit von Energiehandelsaktivitäten durch Veränderungen in drei<br />
Regelungsbereichen beeinflussen. Dies geschieht einerseits durch eine Ausweitung der (grundsätzlich)<br />
erlaubnispflichtigen Tätigkeiten (I.) und andererseits durch die gleichzeitige Ergänzung der Ausnahmen von der<br />
Erlaubnispflicht (II.). Von zentraler Bedeutung ist überdies die Neuregelung innerhalb der erlaubnispflichtigen<br />
Finanzprodukte infolge der Neudefinition des Derivatebegriffs (III.). Warenderivate und Sonstige Derivate<br />
werden zukünftig zwei neue Kategorien von erlaubnispflichtigen Finanzinstrumenten begründen.<br />
Diese Neuregelungen werden sich auf die Aufsicht über den Waren- bzw. Warenderivatehandel jedoch nur<br />
beschränkt auswirken. Dafür sorgen in erster Linie eine Vielzahl von speziellen Bereichsausnahmen mit<br />
Einschlägigkeit für den Energiehandel sowie die Übergangsvorschriften in § 64i FRUG. Viele Energiehändler<br />
verfügen bereits <strong>zum</strong> jetzigen Zeitpunkt über eine BaFin-Erlaubnis für eine oder mehrere Finanzdienstleistungen. 2<br />
Hinsichtlich der zukünftig ebenfalls erlaubnispflichtigen Tatbestände (z.B. Anlageberatung und Eigengeschäfte)<br />
werden diese Händler oftmals von der zuvor zitierten Übergangsregelung profitieren können, so dass es keines<br />
erneuten Erlaubnisantrages bedarf. Auch die BaFin rechnet nicht mit weit reichenden Konsequenzen für<br />
Energiehändler. 3<br />
Die meisten Sachverhalte bzw. die hierfür einschlägigen Bereichsausnahmen seien nach Ansicht der BaFin auf<br />
der Grundlage des KWG und der Übergangsregelung auch eindeutig zu erfassen, so dass es keiner klarstellenden<br />
Auslegungshinweise durch die BaFin bedürfe. Für unklare Sachverhalte mit Abgrenzungsproblemen gebe es<br />
jedoch die Möglichkeit der Einholung eines Negativattestes bei der BaFin.<br />
Der Artikel widmet sich im Folgenden den drei von der MiFID-Umsetzung tangierten Regelungskomplexen im<br />
Rahmen der Erlaubnispflichtigkeit von Energiehandelsgeschäften.<br />
I. Potentiell erlaubnispflichtige Tätigkeiten<br />
Nach § 32 I 1 KWG bedarf der Erlaubnis der BaFin, wer im Inland gewerbsmäßig (...) Bankgeschäfte betreiben<br />
oder Finanzdienstleistungen erbringen will.<br />
Maßgebend für die Erlaubnispflichtigkeit nach § 32 I KWG ist die konkrete Bestimmung der ausgeübten<br />
Tätigkeiten und hiernach deren Einstufung als (potentiell) aufsichtsrelevant. Ermöglicht wird dies durch einen<br />
abschließenden Katalog von erlaubnispflichtigen Geschäftstätigkeiten in § 1 I KWG (Bankgeschäfte) und § 1 Ia<br />
KWG (Finanzdienstleistungen).<br />
Die für den Energiehandelsbereich bereits nach der gegenwärtig geltenden Fassung des KWG - und auch<br />
zukünftig - relevanten Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen sind:<br />
1. die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen für fremde Rechnung 4<br />
1<br />
Vgl. zur Bedeutung des FRUG für die Energiewirtschaft bereits Dessau, <strong>EWeRK</strong>-info April 2007, S. 27 ff.<br />
2<br />
Grund: Die BaFin stuft bereits nach derzeitiger Rechtslage börslich gehandelte Stromterminkontrakte als Finanzinstrumente<br />
i.S.d. KWG ein. Selbiges praktiziert sie hinsichtlich außerbörslicher Termingeschäfte, wenn diese darauf abzielen, nicht physisch<br />
erfüllt zu werden.<br />
3<br />
lt. telefonischem Statement von Frau Rahmstorf am 17.08.07 (BaFin – Ref. Bankenaufsicht)<br />
4<br />
d.h. auf Kundenorder und gegenüber dem Kunden abrechnungspflichtig
(Finanzkommissionsgeschäft),<br />
2. die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten<br />
(Anlagevermittlung),<br />
3. die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten im fremden Namen für fremde Rechnung<br />
(Abschlussvermittlung),<br />
4. die Verwaltung einzelner in Finanzinstrumenten angelegter Vermögen für andere mit Entscheidungsspielraum<br />
(Finanzportfolioverwaltung) und<br />
5. die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung 5 als Dienstleistung für andere<br />
(Eigenhandel).<br />
Zukünftig wird dieser Katalog um folgende energiehandelsrelevante Tätigkeiten erweitert:<br />
1. An erster Stelle ist hierbei die Anlageberatung aufzuführen, die in Zukunft zur Finanzdienstleistung avancieren<br />
wird. Das Gesetz definiert die Anlageberatung als „die Abgabe von persönlichen Empfehlungen an Kunden oder<br />
deren Vertreter, die sich auf Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten beziehen, sofern die Empfehlung auf<br />
eine Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt oder für ihn geeignet dargestellt wird und nicht<br />
ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bekannt gegeben wird“ (§ 1 Abs.<br />
1a Satz 2 Nr. 1a KWG n.F.).<br />
Denkbar ist eine Anlageberatung beispielsweise im Zusammenhang mit dem in der Energiebranche verbreiteten<br />
Stromhandel zur Beschaffungs- und Absatzoptimierung als Dienstleistung für den Abnehmer<br />
(„Portfolioverwaltung“) 6 . Bislang lag hierin regelmäßig eine genehmigungsfreie Beratungsleistung, im Rahmen<br />
derer spezialisierte Unternehmen hinsichtlich Strategien und Risiko-Management aufklärten. In Zukunft läge<br />
hierin jedoch, sofern die sonstigen Tatbestandsmerkmale einer Anlageberatung vorliegen 7 , eine erlaubnispflichtige<br />
Finanzdienstleistung, für die auch keine der Bereichsausnahmen 8 einschlägig wäre.<br />
2. Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten, die keine Dienstleistung für andere darstellt<br />
(Eigengeschäft) 9<br />
3. Betrieb eines multilateralen Handelssystems (MTF) 10<br />
II. Finanzinstrumente im Sinne des KWG<br />
Eine Erlaubnispflicht für die oben aufgeführten Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen kann nur dann<br />
eintreten, wenn es sich bei den Energiehandelsgeschäften um Dienstleistungen handelt, die Finanzinstrumente<br />
i.S.d. § 1 Abs. 11 Satz 4 KWG n.F. <strong>zum</strong> Gegenstand haben.<br />
Im Zuge der MiFID-Umsetzung wird es zur expliziten Aufnahme von zwei neuen Kategorien von<br />
Finanzinstrumenten kommen, die für den Energiehandel von wesentlicher Bedeutung sind. Dies sind <strong>zum</strong> einen<br />
die Warenderivate (§ 1 XI 4 Nr. 2 KWG n.F.) und <strong>zum</strong> anderen die sog. Sonstigen Derivate (§ 1 XI 4 Nr. 5 KWG<br />
n.F.).<br />
Beiden Kategorien ist inhärent, dass es sich bei diesen um Termingeschäfte handelt, dem zentralen Begriff für die<br />
Klassifizierung als Derivat. So definiert das KWG Derivate als „Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete<br />
Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Wert sich unmittelbar oder<br />
mittelbar vom Preis oder Maß eines Basiswertes ableitet (Termingeschäfte) mit Bezug auf bestimmte Basiswerte.“<br />
Warenderivate sind Termingeschäfte mit Bezug auf Waren. Tauglicher Basiswert (engl.: Underlying) von<br />
Warenderivaten können mithin ausschließlich Waren 11 sein. Sonstige Derivate sind Termingeschäfte, die sich auf<br />
5<br />
„Handel unter Einsatz des eigenen Kapitals“<br />
(Art. 4 Abs. 1 Nr. 6 MiFID)<br />
6<br />
I.U. zur erlaubnispflichtigen<br />
Finanzportfolioverwaltung gem. § 1 Abs. 1a<br />
Satz 2 Nr. 3 KWG)<br />
7<br />
Siehe <strong>zum</strong> Tatbestand der Anlageberatung das Gemeinsame Informationsblatt von BaFin und Deutscher Bundesbank vom 24.07.2007 (erhältlich<br />
<strong>zum</strong> Download auf der BaFin-Homepage unter der Rubrik Aufsichtspraxis/Merkblätter und Formulare)<br />
8<br />
siehe unten zu Punkt III.<br />
9<br />
I.U. <strong>zum</strong> Eigenhandel erfolgt hier der Handel ohne Bezug zu Kundenaufträgen.<br />
10<br />
Ein MTF, ist nach § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1b KWG n.F. ein System, „das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von<br />
Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach Regeln, die hinsichtlich der Auftragsausführung keinen Ermessensspielraum lassen, in einer<br />
Weise zusammenbringt, die zu einem Vertrag führt“. (z.B. elektronische Handelsplattformen)<br />
11<br />
Gemäß Art. 2 Nr. 1 MiFID-Durchführungsverordnung sind Waren Güter fungibler Art, die geliefert werden können. Dazu gehören auch Energien<br />
wie Strom.
Basiswerte beziehen, die in Art. 39 MiFID-Durchführungsverordnung (nachfolgend abgekürzt DVO) genannt<br />
sind. Dazu gehören beispielsweise Frachtsätze, Emissionsberechtigungen, Klimavariablen, Inflationsraten oder<br />
sonstige Vermögenswerte, Indices oder Messwerte.<br />
Der Abschluss eines derart ausgestalteten Kontraktes (z.B. Future, Forward, Option, Swap oder Kombinationen<br />
daraus) genügt hingegen noch nicht, um von einem Derivat i.S.d. KWG zu sprechen. Der Vertrag muss ferner eine<br />
der folgenden (alternativen) Bedingungen nach § 1 XI 4 Nr. 2 a) bis c) KWG n.F. erfüllen:<br />
1. Die Erfüllung des Vertrages erfolgt durch Barausgleich (obligatorisches Cash Settlement) oder es ist <strong>zum</strong>indest<br />
ein Recht <strong>zum</strong> Barausgleich zu Gunsten einer Partei vereinbart worden (fakultatives Cash Settlement).<br />
2. Der Vertragsschluss erfolgt am organisierten Markt oder einem MTF.<br />
3. Die Termingeschäfte weisen nach Maßgabe von Art. 38 Abs. 1 DVO die Merkmale anderer Derivate auf und<br />
dienen nicht kommerziellen Zwecken und die Voraussetzungen von Art. 38 Abs. 4 DVO liegen nicht vor<br />
Schließlich darf es sich nicht um Kassageschäfte handeln. Darunter sind jedenfalls (physische) Geschäfte zu<br />
verstehen, deren Lieferzeitraum nicht mehr als zwei Handelstage beträgt (Art. 38 Abs. 2 lit. a DVO). Der<br />
Lieferzeitraum eines Kassageschäftes kann jedoch auch länger sein, wenn eine solche (längere) Frist in der Regel<br />
vom entsprechenden Markt als Standardlieferfrist akzeptiert wird (Art. 38 Abs. 2 lit. b DVO).<br />
Auf der Grundlage dieser Voraussetzungen ergeben sich folgende praktische Konsequenzen hinsichtlich der<br />
Klassifizierung als Derivat und damit als ein Finanzinstrument im Sinne des KWG:<br />
Sämtliche Spotgeschäfte, börsliche (z.B. EEX-Spotgeschäfte 12 ) und außerbörsliche (Over-The-Counter = OTC<br />
Trades), sind als Kassageschäfte keine Derivate und mithin auch keine Finanzinstrumente im Sinne des KWG.<br />
Alle börslichen Termingeschäfte (d.h. an einem organisierten Markt) mit Bezug auf Waren 13 oder sonstige<br />
Basiswerte i.S.d. Art. 39 DVO (z.B. Emissionsberechtigungen 14 ) unabhängig davon, ob diese physisch oder<br />
finanziell (obligatorischer oder fakultativer Barausgleich) erfüllt werden, gelten als Derivate und somit als<br />
Finanzinstrumente im Sinne des KWG.<br />
Selbiges gilt für Termingeschäfte mit Bezug auf Waren und sonstige Basiswerte i.S.d. Art. 39 DVO, welche an<br />
einem MTF abgeschlossen werden.<br />
Bei außerbörslichen Termingeschäften mit Bezug auf Waren oder sonstige Basiswerte nach Art. 39 DVO (z.B.<br />
Forwards, Optionen und Swaps) ist hingegen wie folgt zu differenzieren:<br />
Finanzielle OTC-Termingeschäfte (obligatorischer oder fakultativer Barausgleich) auf Waren und sonstige<br />
Basiswerte nach Art. 39 DVO gelten ebenfalls als Derivate und damit als Finanzinstrumente im Sinne des KWG.<br />
Physische OTC-Termingeschäfte auf Waren und sonstige Basiswerte nach Art. 39 DVO sind dann<br />
Finanzinstrumente, wenn sie Merkmale anderer Derivate aufweisen, nicht kommerziellen Zwecken dienen und<br />
keine Kassageschäfte sind. 15 Die DVO regelt in Art. 38 Abs. 1 und 4 16 unter welchen Kriterien dies der Fall ist.<br />
Aus Raumgründen wird an dieser Stelle jedoch auf die Darstellung dieser sehr zahlreichen und komplexen<br />
Bedingungen verzichtet und stattdessen auf Art. 38 DVO verwiesen.<br />
III. Bereichsausnahmen<br />
Das FRUG setzt in § 2 Abs. 1 und 6 KWG n.F. eine Reihe von Ausnahmeregelungen aus der MiFID mit Relevanz<br />
für den Energiehandelssektor um. Einige dieser Ausnahmen sind jedoch bereits in der jetzigen Fassung des KWG<br />
enthalten und werden nur unwesentlich geändert. 17 Bei Einschlägigkeit dieser sog. Bereichsausnahmen gilt das<br />
entsprechende Unternehmen trotz des Betreibens erlaubnispflichtiger Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen<br />
12<br />
13<br />
14<br />
15<br />
16<br />
17<br />
z.B. EEX-Stromprodukte „Day Ahead“ und „Intraday“<br />
z.B. EEX-Phelix-Futures<br />
z.B. EEX-Futures auf EU-Emissionsrechte<br />
§ 1 Abs. 11 Satz 4 Nr. 2 c) KWG n.F.<br />
Nach Art. 38 Abs. 4 DVO sollen bestimmte Verträge mit Netzbetreibern a priori nicht zu den Finanzinstrumenten zählen, wenn diese „für den<br />
Ausgleich des Energieangebots und der Energienachfrage zu einem bestimmten Moment unabdingbar“ sind.<br />
z.B. „Konzern- und Terminbörsenprivileg“
nicht als Kredit bzw- Finanzdienstleistungsinstitut und bedarf folglich keiner Erlaubnis von der BaFin und ist<br />
ferner auch von den übrigen Anforderungen des KWG im Hinblick auf etwaige Meldepflichten und eine<br />
angemessene Eigenkapitalunterlegung befreit.<br />
1. Nebengeschäftssausnahme<br />
Diese Ausnahme ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 9, Abs. 6 Satz 1 Nr. 11 KWG n.F. für Unternehmen einschlägig, die als<br />
Nebengeschäft zu ihrer kapitalmarktfremden Haupttätigkeit Eigengeschäfte in Bezug auf Finanzinstrumente<br />
ausführen oder das Finanzkommissionsgeschäft bzw. bestimmte 18 Finanzdienstleistungen in Bezug auf<br />
Warenderivate oder sonstige Derivate erbringen.<br />
Dies gilt jedoch nur unter den folgenden Bedingungen:<br />
a) Das Unternehmen gehört keiner Unternehmensgruppe an, die einen Schwerpunkt der Tätigkeit im Bereich der<br />
Einlagen-, Kredit-, Garantie- oder E-Geldgeschäfte oder der Finanzdienstleistungen hat (Anm.: Banken bzw.<br />
Finanzdienstleistungsunternehmen mit eigenen Warenhandelstochterunternehmen sollen gerade nicht privilegiert<br />
werden).<br />
b) Die Finanzdienstleistungen sind auf Ebene der Unternehmensgruppe von untergeordneter Bedeutung im<br />
Verhältnis zur Haupttätigkeit.<br />
c) Die Finanzdienstleistungen in Bezug auf die erfassten Derivate werden nur für Kunden der Haupttätigkeit im<br />
sachlichen Zusammenhang mit Geschäften der Haupttätigkeit erbracht.<br />
Bei Energieversorgungsunternehmen gilt der Regierungsbegründung <strong>zum</strong> FRUG 19 zufolge die Energieerzeugung,<br />
der Betrieb und Erhalt der Netzinfrastruktur sowie die Versorgung der Bevölkerung mit Energie als<br />
kapitalmarktferne Haupttätigkeit. Die Energiebeschaffung und –veräußerung, die Verwaltung von<br />
Energieportfolios sowie die Absicherung des Preisniveaus durch Finanzinstrumente steht mit dieser Haupttätigkeit<br />
in der Regel im geforderten sachlichen Zusammenhang.<br />
Bei dieser Bereichsausnahme geht es nur um die Freistellung von Unternehmen, die selbst oder auf Ebene der<br />
Unternehmensgruppe einer kapitalmarktfernen Haupttätigkeit als Warenproduzent oder Warenhändler nachgehen<br />
und diese Geschäftsrisiken durch Eigengeschäfte absichern wollen. Gleichzeitig sollen diese Unternehmen im<br />
Rahmen einer Nebentätigkeit im Sachzusammenhang mit ihrer Haupttätigkeit auch Wertpapierdienstleistungen<br />
zur Absicherung der Geschäfte der Kunden ihrer eigenen Haupttätigkeit oder der Kunden der<br />
Unternehmensgruppe durch Waren- oder sonstige Derivate erlaubnisfrei anbieten können.<br />
Privilegiert werden auf diese Weise <strong>zum</strong> Beispiel Energiehandelstöchter von Energieversorgungskonzernen, die<br />
außer Geschäfte mit erlaubnisfreien Gas- und Stromprodukten im eigenen oder im Namen der anderen<br />
Konzerngesellschaften auch Finanzdienstleistungen für ihre Kunden und/oder die Kunden der verbundenen<br />
Unternehmen des Energiekonzerns in Bezug auf Warenderivate 20 und sonstige Derivate erbringen.<br />
Ein weiterer Anwendungsfall der Bereichsausnahme wäre etwa ein Kupferproduzent, welcher neben seiner<br />
Haupttätigkeit (Kupferproduktion und -verkauf) auch Eigengeschäfte zur Absicherung von Preisrisiken<br />
resultierend aus Stromlieferungsverträgen abschließt.<br />
2. Warenhändlerausnahme<br />
Nach der Bereichsausnahme gemäß § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 13 KWG n.F. gelten Unternehmen auch dann nicht als<br />
Finanzdienstleistungsinstitute, wenn sie als Haupttätigkeit Eigengeschäfte und Eigenhandel mit Waren oder<br />
Warenderivaten betreiben. Besteht die Haupttätigkeit des Gesamtkonzerns in der Erbringung von<br />
Finanzdienstleistungen oder Einlagen-, Kredit-, Garantie- oder E-Geldgeschäften, greift die Ausnahme hingegen<br />
18<br />
Anlage- und Abschlussvermittlung, Anlageberatung, Betrieb eines MTF, Platzierungsgeschäft, Eigenhandel und Finanzportfolioverwaltung<br />
19<br />
Vgl. BT-Drs. 16/4028<br />
20<br />
z.B. (Anlage-) Vermittlung eines EEX-Futurekontraktes an einen Kunden zur Preisabsicherung einer Stromlieferung durch die<br />
Vertriebsgesellschaft des Energiekonzerns
(wiederum) nicht ein.<br />
Die Ausnahme bildet neben der zuvor bereits erörterten Nebentätigkeitsausnahme ein System zur Freistellung der<br />
Eigengeschäfte von spezialisierten Warenproduzenten und Warenderivatehändlern, die Eigengeschäfte betreiben,<br />
miteinander Warentermingeschäfte abschließen oder solche Geschäfte mit oder für die gewerblichen Verwender<br />
dieser Waren erbringen. Die Ausnahme erfasst nur die Haupttätigkeit der Eigengeschäfte und des Eigenhandels.<br />
Sie setzt jedoch nicht voraus, dass die Eigengeschäfte und der Eigenhandel mit Warenderivaten als einzige<br />
Finanzdienstleistung betrieben werden. Andere Finanzdienstleistungen können als Nebentätigkeit aber nur dann<br />
erlaubnisfrei erbracht werden, wenn dafür eine andere Bereichsausnahme einschlägig ist, die eine kumulative<br />
Anwendung gestattet.<br />
Hauptadressaten dieser Bereichsausnahme werden vor allem selbständige spezialisierte Warenhändler und<br />
Energiehandelstöchter von Energieversorgungskonzernen sein.<br />
3. Reine Eigenhändler<br />
Eine weitere Bereichsausnahme enthält § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 14 KWG n.F.. Unternehmen, die ausschließlich 21<br />
Eigengeschäfte und Eigenhandel 22 betreiben werden hiernach grundsätzlich aus dem Anwendungsbereich des<br />
KWG ausgenommen.<br />
Es besteht jedoch eine Rückausnahme für zwei Formen des Eigenhandels:<br />
Davon sind <strong>zum</strong> einen Unternehmen betroffen, die als Market Maker (Marktbetreuer) an organisierten Märkten<br />
oder MTF kontinuierlich ihre Bereitschaft anzeigen, durch An- und Verkauf von Finanzinstrumenten zu selbst<br />
gestellten Kursen Geschäfte anzubieten.<br />
Zum anderen gilt die Bereichsausnahme nicht für Unternehmen, die in organisierter und systematischer Weise<br />
häufig für eigene Rechnung außerhalb eines organisierten Marktes oder MTF Handel treiben, indem sie ein für<br />
Dritte zugängliches System 23 anbieten, um mit ihnen Geschäfte abzuschließen.<br />
Nach der Regierungsbegründung <strong>zum</strong> FRUG wird der Hauptanwendungsfall der Bereichsausnahme auf Personen<br />
bezogen sein, die nur Eigengeschäfte betreiben, insbesondere Industrieunternehmen und wohlhabende Personen,<br />
die ihr eigenes Finanzportfolio verwalten, ohne dass sie Finanzdienstleistungen für Dritte erbringen. Auch ein<br />
regelmäßiges und systematisches Risikomanagement für das eigene Industrieunternehmen ist daher regelmäßig<br />
von der Ausnahme erfasst, wenn ansonsten keine Finanzdienstleistung erbracht wird.<br />
4. Konzernprivileg<br />
Unternehmen. die Bank- oder Finanzdienstleistungen ausschließlich innerhalb der Unternehmensgruppe<br />
erbringen gelten nicht als Institut (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 und § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 5 KWG n.F.). Diese<br />
Ausnahmeregelung existiert (inhaltlich) bereits jetzt. Das Konzernprivileg greift ausdrücklich nur bei<br />
Ausschließlichkeit. Tätigt das Unternehmen auch nur ein weiteres Bank- oder Finanzdienstleistungsgeschäft mit<br />
einem bzw. für einen nicht konzernverbundenen Kunden, werden seine Geschäfte insgesamt erlaubnispflichtig.<br />
Die Anwendung der Ausnahmebestimmungen setzt nach der BaFin-Auslegung 24 zur inhaltsgleichen<br />
Vorgängerregelung weiter voraus, dass Bankgeschäfte ausschließlich mit Konzernunternehmen betrieben bzw. für<br />
diese erbracht werden. Maßgebend sei damit das Verhältnis der an der Dienstleistung als Auftraggeber und<br />
-nehmer bzw. als Anbieter und Nachfrager Beteiligten. Diese beiden müssen Konzernunternehmen sein. Für das<br />
Kommissionsgeschäft bedeute dies, dass ein Konzernunternehmen die Finanzinstrumente - etwa Stromderivate -<br />
im eigenen Namen von einem Dritten, der außerhalb des Konzerns steht, anschaffen oder veräußern kann, dies<br />
aber in jedem Fall für Rechnung eines anderen Konzernunternehmens tun muss.<br />
5. Terminbörsenprivileg für „Locals“<br />
Das Terminbörsenprivileg setzt auf die bereits bestehende Regelung auf und gilt für sog. Locals. Nach den<br />
künftigen (erweiterten) Bereichsausnahmen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 6 Satz 1 Nr. 9 KWG n.F. gelten solche<br />
Unternehmen, nicht als KWG-Institute, welche ausschließlich Finanzkommissionsgeschäfte oder bestimmte<br />
21<br />
Die Privilegierung entfällt dementsprechend bei Erbringung einer anderen Finanzdienstleistung (z.B. Anlagevermittlung).<br />
22<br />
I.U. zur Warenhändlerausnahme sind hier Eigengeschäfte u. Eigenhandel mit sämtlichen Arten von Finanzinstrumenten privilegiert.<br />
23<br />
Erfasst werden einerseits außerbörsliche für Dritte zugängliche (bilaterale) elektronische Handelssysteme (ATS - Alternative Trading Systems)<br />
und andererseits bilaterale Handelsysteme ohne elektronische Handelsplattform, die auf der Grundlage von Regelwerken betrieben werden.<br />
24<br />
BaFin-Merkblatt „Hinweise zur Erlaubnispflichtigkeit von Geschäften im Zusammenhang mit Stromhandelsaktivitäten“ vom Juli 2003<br />
(erhältlich <strong>zum</strong> Download auf der BaFin-Homepage unter der Rubrik Aufsichtspraxis/Merkblätter und Formulare)
Finanzdienstleistungen (nunmehr gesetzlich beschränkt auf Eigenhandel, Abschlussvermittlung und Eigenhandel<br />
als Market Maker) an inländischen Derivatemärkten (Börse oder MTF) betreiben und dieses nur für andere<br />
Mitglieder dieser Derivatemärkte tun, sofern für die Erfüllung der Verträge Clearingmitglieder derselben<br />
Derivatemärkte haften.<br />
Alternativ oder kumulativ können diese Unternehmen Eigengeschäfte in Derivaten an diesen Derivatemärkten<br />
betreiben und diese Positionen auch an inländischen Kassamärkten absichern.<br />
Die Bereichsausnahme wurde dahingehend erweitert, dass das aus der Institutsdefinition herausgenommene<br />
Unternehmen derartige Geschäfte nunmehr auch an mehreren Derivatemärkten erlaubnisfrei betreiben kann.<br />
Grundsätzlich können die vorgenannten Bereichsausnahmen von dem privilegierten Unternehmen für mehre<br />
unterschiedliche Tätigkeiten gleichzeitig in Anspruch genommen werden. Dies gilt jedoch nicht bei einem<br />
ausdrücklichen Ausschluss.<br />
Hinsichtlich der oben dargestellten Nebentätigkeitsausnahme und der Warenhändlerausnahme ist im Übrigen<br />
darauf hinzuweisen, dass deren Zweckmäßigkeit gegenwärtig bereits von der EU-Kommission überprüft wird und<br />
die Kommission dem Europäischen Rat bis <strong>zum</strong> 30.04.2008 hierüber einen entsprechenden Bericht vorlegen wird.<br />
Eine gänzliche Abschaffung der Ausnahmen für den Bereich des Eigenhandels mit Warenderivaten kann mithin<br />
nicht ausgeschlossen werden.