28 Ca 14761/12 - EzA Schnelldienst
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ArbG Berlin, 16.11.20<strong>12</strong>, <strong>28</strong> <strong>Ca</strong> <strong>14761</strong>/<strong>12</strong><br />
Geltung der Grenzen wirksamer Bindungsdauer je nach Höhe des zugewandten Geldbetrages bei<br />
Gewährung eines Bonus (hier: "Sign-On Bonus") an den Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber gegen<br />
die Zusage einer Rückerstattung bei dessen Ausscheiden<br />
Gericht: ArbG Berlin<br />
Datum: 16.11.20<strong>12</strong><br />
Aktenzeichen: <strong>28</strong> <strong>Ca</strong> <strong>14761</strong>/<strong>12</strong><br />
Entscheidungsform: Urteil<br />
JURION Fundstelle: JurionRS 20<strong>12</strong>, 29564<br />
Rechtsgrundlagen: § 611 BGB<br />
§ 622 BGB<br />
Amtlicher Leitsatz:<br />
I. Lässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zur Bindung an das Unternehmen gegen die Zusage einer<br />
Rückerstattung bei Ausscheiden diesseits bestimmter Zeitpunkte einen Bonus zukommen (hier:<br />
"Sign-On Bonus"), so gelten die Grundsätze der Gerichte für Arbeitssachen zu den Grenzen<br />
wirksamer Bindungsdauer je nach Höhe des zugewandten Geldbetrages (s. ständige<br />
Rechtsprechung seit BAG 10.5.1962 - 5 AZR 452/61 - AP § 611 BGB Gratifikation Nr. 22 = NJW<br />
1962, 1537; 10.5.1962 - 5 AZR 353/61 - AP § 611 BGB Gratifikation Nr. 23 = JZ 1963, 173 [BAG<br />
10.05.1962 - 5 AZR 353/61] ).<br />
II. Kann hiernach mit einer Zuwendung, die das Doppelte einer Monatsvergütung nicht erreicht, keine<br />
Bindung des Empfängers über den 30. Juni des Folgejahres hinaus bewirkt werden (so bereits BAG<br />
13.7.1962 - 5 AZR 498/61 - AP § 611 BGB Gratifikation Nr. 24), und könnte die Zuwendung von<br />
10.000,-- Euro bei einem Gehalt von (hier) mehr als 5.300,-- Euro danach keine Bindung für das<br />
komplette Folgejahr erzeugen, so führt auch die Verfünffachung des Geldbetrages (hier: Bonus von<br />
50.000,-- Euro) nicht dazu, dass eine Bindung von (knapp) fünf Jahren (59 Monaten) erzielbar wäre.<br />
III. Erweist sich die Bindungsklausel nach diesen Grundsätzen als unwirksam, so kann ein<br />
Rückzahlungsanspruch auch nicht auf Bereicherungsrecht gestützt werden (vgl. BAG 21.8.20<strong>12</strong> -<br />
3 AZR 698/10 - z.V.v. [II.4.]).<br />
IV. Es führt nicht ohne weiteres zu einer "Bestätigung" ( § 141 BGB ) der unwirksamen<br />
Rückzahlungsklausel, wenn sich die Anspruchsgegnerin bei einer Rückforderung von (hier noch)<br />
40.000,-- Euro auf eine Stundungsvereinbarung einlässt.<br />
— — — — —<br />
In Sachen<br />
pp<br />
hat das Arbeitsgericht Berlin, <strong>28</strong>. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 16.11.20<strong>12</strong>durch den Richter<br />
am Arbeitsgericht Dr. R. als Vorsitzender sowie den ehrenamtlichen Richter Herrn L. und den ehrenamtlichen<br />
Richter Herrn B.<br />
für Recht erkannt:<br />
Tenor:<br />
I. Die Klage wird abgewiesen.<br />
II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.<br />
III. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 40.000,-- Euro festgesetzt.<br />
Tatbestand<br />
Es geht um die Rückzahlung eines "Sign-On-Bonus". - Vorgefallen ist dies:<br />
1 © 2013 Wolters Kluwer Deutschland GmbH - Jurion NV-Gesamtprodukt, Rechtsstand 9. Januar 2013 - 10.01.2013
I. Die Beklagte trat im September 2004 als "Leitende Beraterin" (1) in die Dienste der "p. S. GmbH"<br />
(Wiesbaden). Diese Gesellschaft verschmolzen die wirtschaftlichen Akteure der beteiligten Unternehmen<br />
(wohl) per Oktober 2006 zur hiesigen Klägerin ("p. M. Consulting GmbH"; Frankfurt/Main), die im Zuge<br />
dessen kraft Betriebsübergangs ( § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB (2) ) in das Arbeitsverhältnis zur Beklagten<br />
eintrat. - Diese bezog zur Zeit der Ereignisse, die den Hintergrund des Rechtsstreits bilden, neben<br />
erfolgsbezogenen Vergütungsanteilen ein Monatsgehalt von 5.333,-- Euro (3) (brutto).<br />
II. Mit besagten "Ereignissen" hat es folgende Bewandtnis:<br />
1. Unter Begleitumständen, zu denen die Darstellungen der Parteien teilweise auseinander gehen (s. unten,<br />
S. 6 [V.1.]; S. 7 [VI.1.]), kam es am 23. Dezember 2008 zur Auszahlung eines "Bonus" von - nominell (4) -<br />
50.000,-- Euro an die Beklagte. Von diesem Betrag setzte die Beklagte nach eigenen Angaben wenige Tage<br />
später 25.000,-- Euro ein, um sich davon noch vor Jahresende Aktien der Muttergesellschaft der Klägerin (5)<br />
("p. AG") anzuschaffen (6) .<br />
2. Im Januar 2009 (7) ließ die Klägerin dem ein auf den 18. Dezember 2008 datiertes und nach<br />
Erscheinungsbild und Diktion von ihr vorformuliertes Schriftstück (8) (Kopie: Urteilsanlage I.) folgen, das die<br />
Beklagte in der Rubrik "Einverstanden" unterzeichnete. - Text:<br />
"Sign on Bonus und Verpflichtungserklärung<br />
Frau K. [Name der Beklagten im Original ausgeschrieben; d.U.] ist zum<br />
Partnerkandidaten der p. gewählt worden und übernimmt in diesem Kontext weitere<br />
Führungsaufgaben.<br />
1. Frau K. erhält einen Sign-On Bonus in Höhe von EUR 50.000,00.<br />
2. Der Sign-On Bonus wird ausgezahlt bis zum 31.<strong>12</strong>.2008.<br />
3. Sollte Frau K. ihren Anstellungsvertrag kündigen, aus welchem Umstand auch immer,<br />
muss ein Teil des Sign-On Bonuses wie folgt zurückgezahlt werden:<br />
Vertragsende vor dem 31.<strong>12</strong>.2009 EUR 50.000,00<br />
Vertragsende vor dem 31.<strong>12</strong>.2010 EUR 40.000,00<br />
Vertragsende vor dem 31.<strong>12</strong>.2011 EUR 30.000,00<br />
Vertragsende vor dem 31.<strong>12</strong>.20<strong>12</strong> EUR 20.000,00<br />
Vertragsende vor dem 30.11.2013 EUR 10.000,00<br />
Zusätzlich fallen auf den verbleibenden Rückzahlungsbetrag 5% Zinsen p.a. ab dem Tag der<br />
Zurverfügungstellung an.<br />
4. Alle übrigen Bestandteile des bestehenden Anstellungsverhältnisses bleiben unverändert<br />
und behalten weiterhin ihre Gültigkeit".<br />
3. Diese Urkunde ersetzte die Klägerin später nach gleichem Muster durch ein auf den 18. Mai 2009 datiertes<br />
Schriftstück (9) (Kopie: Urteilsanlage II.), das die Beklagte gleichfalls wunschgemäß unterzeichnete und in<br />
dem es heißt:<br />
"Sign on Bonus / Rückzahlungstermin<br />
Abweichend von der bereits unterzeichneten Sign-On Bonus Vereinbarung gelten die<br />
folgenden unter Punkt 3 genannten Rückzahlungsfristen:<br />
2 © 2013 Wolters Kluwer Deutschland GmbH - Jurion NV-Gesamtprodukt, Rechtsstand 9. Januar 2013 - 10.01.2013
3. Sollte Frau K. ihren Anstellungsvertrag kündigen, aus welchem Umstand auch immer,<br />
muss ein Teil des Sign-On Bonuses wie folgt zurückgezahlt werden:<br />
Vertragsende vor dem 01.01.2010 EUR 50.000,00<br />
Vertragsende vor dem 01.01.2011 EUR 40.000,00<br />
Vertragsende vor dem 01.01.20<strong>12</strong> EUR 30.000,00<br />
Vertragsende vor dem 01.01.2013 EUR 20.000,00<br />
Vertragsende vor dem 01.<strong>12</strong>.2013 EUR 10.000,00<br />
Alle übrigen Bestandteile der bestehenden Sign-On Bonus Vereinbarung bleiben unverändert<br />
und behalten weiterhin ihre Gültigkeit".<br />
4. Nun geschah folgendes:<br />
a. Mit Schreiben vom 7. Januar 2010 (10) (Kopie: Urteilsanlage III.) erklärte die Beklagte ohne Angabe von<br />
Gründen die (Eigen-)Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. April 2010. Daraufhin ließ ihr die Klägerin<br />
(wohl) am 21. April 2010 abermals einen Text (11) zur Unterzeichnung zukommen, der als<br />
"Ergänzungsvereinbarung" (Kopie: Urteilsanlage IV.) folgendes bestimmte:<br />
"Sign-On Bonus<br />
Frau K. [Name im Original ausgeschrieben; d.U.] hat ihr Arbeitsverhältnis mit p. fristgerecht<br />
zum 30.04.2010 gekündigt. Laut Punkt 3 der Sign-On Bonus Vereinbarung vom<br />
18. Dezember 2008 resp. vom 18. Mai 2009 sind somit EUR 40.000,00 des Sign-On Bonus<br />
an p. zurückzuzahlen. Darüber hinaus fallen laut Vereinbarung auf den verbleibenden<br />
Rückzahlungsbetrag 5% Zinsen p.a. ab dem Tag der Zurverfügungstellung, d.h. ab dem<br />
31.<strong>12</strong>.2008 an.<br />
Abweichend wird hiermit folgendes vereinbart:<br />
- Die Rückzahlung des Sign-On Bonus wird für 2 Jahre, d.h. vom 01.05.2010 bis zum<br />
30.04.20<strong>12</strong> ausgesetzt.<br />
- Sollte Frau K. innerhalb dieses Zeitraumes wieder für ein Unternehmen der p. Gruppe<br />
festangestellt tätig werden, werden die Fristen für die Rückzahlung des Sign-On Bonus<br />
entsprechend des Eintrittsdatums neu berechnet.<br />
- Sollte Frau K. bis zum 30.04.20<strong>12</strong> keine Festanstellung in einem Unternehmen der p.<br />
Gruppe antreten, ist der Rückzahlungsbetrag inklusive Zinsen bis spätestens zum<br />
30.04.20<strong>12</strong> fällig".<br />
Auch das unterschrieb die Beklagte wunschgemäß.<br />
b. Nachdem es zu einer neuen Anstellung im Hause der Klägerin in der Folgezeit nicht mehr gekommen war,<br />
wandte sich diese mit Schreiben vom <strong>12</strong>. April 20<strong>12</strong> (<strong>12</strong>) (Kopie: Urteilsanlage V.) und folgenden Worten an<br />
die Beklagte:<br />
"Rückzahlung des Sign-On Bonus<br />
... wie vereinbart, wurde die Rückzahlung Deines Sign-On Bonus für zwei Jahre, d.h. vom<br />
01.05.2010 bis 30.04.20<strong>12</strong> ausgesetzt. Da Du zwischenzeitlich keine Festanstellung in einem<br />
Unternehmen der p. Gruppe angetreten hast, ist die Rückzahlung der 40.000,00 Euro<br />
inklusive 5% Zinsen ab dem 31.<strong>12</strong>.2008, d.h. 46.666,67 Euro, bis spätestens<br />
30.04.20<strong>12</strong> fällig.<br />
3 © 2013 Wolters Kluwer Deutschland GmbH - Jurion NV-Gesamtprodukt, Rechtsstand 9. Januar 2013 - 10.01.2013
Wir bitten Dich daher um Überweisung des Betrages in Höhe von 46.666,67 Euro bis<br />
spätestens 30.04.20<strong>12</strong> auf folgendes Konto. ... [wird benannt; d.U.]<br />
Im Voraus vielen Dank".<br />
c. Daraus wurde nichts. - Die Beklagte suchte und fand nämlich nunmehr anwaltlichen Rat. Mit Schreiben<br />
vom 25. April 20<strong>12</strong> (13) , auf dessen Einzelheiten verwiesen wird und dem sich weitere anwaltliche<br />
Korrespondenz zwischen den Parteien anschloss (14) , ließ die Beklagte die Klägerin hiernach wissen, dass<br />
sich eine rechtlich begründbare Rückzahlungsverpflichtung angesichts des Sachverhalts nicht erkennen<br />
lasse. Letztlich solle der Mitarbeiter durch einschlägige Rückzahlungsklauseln von einem Wechsel des<br />
Arbeitgebers abgehalten werden, was allerdings im Hinblick auf die verfassungsrechtlich geschützte<br />
Berufsfreiheit des Arbeitnehmers nur zulässig sei, wenn die Bindungsklausel auch dessen Interessen<br />
angemessen berücksichtige. Gemessen an den von den Gerichten hierzu entwickelten Grundsätzen<br />
namentlich zur Kontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen im Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB sei<br />
vorliegend unter jedem Gesichtspunkt von einer unangemessen langen Bindungsdauer auszugehen, weshalb<br />
die hiesige Rückzahlungsklausel unwirksam sei. Außerdem scheitere eine Rückzahlung hier auch daran,<br />
dass die Auszahlung des Sign-On Bonus Vergütungscharakter habe. Nach neuerer Judikatur des<br />
Bundesarbeitsgerichts (BAG) sei bei Sonderzahlungen, die mehr als 25 v.H. der Gesamtvergütung eines<br />
Jahres erreichten, davon auszugehen, dass eine Bindungsklausel überhaupt nicht wirksam vereinbart werden<br />
könne, da hier zu vermuten sei, dass der reine Vergütungscharakter (und nicht der Motivationscharakter) der<br />
Leistung im Vordergrund stehe (15) . Ferner müsse der Klauseltext nach besagter Rechtsprechung erkennen<br />
lassen, unter welchen Voraussetzungen die Leistung entfallen solle. Hier lege die Klausel, wonach die<br />
Rückzahlung immer dann zu erfolgen habe, wenn sie (Beklagte) ihren Anstellungsvertrag "aus welchem<br />
Umstand auch immer" kündige, nahe, dass ihr sogar eine Kündigung nach § 626 BGB (16) verwehrt sein solle,<br />
also einer Kündigung, bei der der Kündigungsgrund allein im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers liege.<br />
Dies aber sei "offensichtlich nicht sachgerecht". Die Klausel sei damit ebenso unangemessen wie<br />
überraschend im Sinne der §§ 305 ff. BGB . Auch das führe letztendlich zu dem Ergebnis, dass eine<br />
Rückzahlungsverpflichtung nicht vorliegen könne.<br />
III. Das sieht die Klägerin anders: Sie nimmt die Beklagte mit ihrer am 10. Juni 20<strong>12</strong> zunächst beim<br />
Arbeitsgericht Frankfurt/Main eingereichten Klage nunmehr gerichtlich auf Ausgleich ihres<br />
Zahlungsverlangens nebst Zinsen in Anspruch. Sie hält die beanspruchte Zahlung angesichts der<br />
diesbezüglichen vertraglichen Abmachungen (s. oben, S. 2-3 [II.2. u. 3.]; Urteilsanlagen I. u. II.) für zwanglos<br />
geschuldet. So habe die Beklagte nach ihrer Wahl zur "Partnerkandidatin" mithilfe des Sign-On Bonus in der<br />
Tat an das Unternehmen gebunden werden sollen (17) . Da das Arbeitsverhältnis dann jedoch kraft<br />
Eigenkündigung vor dem 1. Januar 2011 beendet worden sei, sei die Rückzahlungspflicht nach Nr. 3 der<br />
vorerwähnten Abmachungen entstanden (18) . Im Übrigen habe die Beklagte ihre Zahlungspflicht auch bereits<br />
in der Ergänzungsvereinbarung vom 21. April 2010 (s. oben, S. 3 [4 a.]; Urteilsanlage IV.) anerkannt. Sie<br />
könne sich, wie die Klägerin meint, auch deshalb nicht mehr darauf berufen, zur Rückzahlung des Sign-On<br />
Bonus etwa nicht verpflichtet zu sein.<br />
IV. Nachdem das zunächst angegangene Arbeitsgericht Frankfurt/Main den Rechtsstreit mit Beschluss vom<br />
18. September 20<strong>12</strong> (19) an das nunmehr befasste Arbeitsgericht Berlin verwiesen hat, beantragt die Klägerin<br />
hier,<br />
die Beklagte zu verurteilen, an sie 40.000,-- Euro (brutto) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten<br />
über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2009 zu zahlen.<br />
Die Beklagte beantragt,<br />
die Klage abzuweisen.<br />
V. Sie hält das Klagebegehren der Sache nach für gegenstandslos. Das ergebe sich neben den schon<br />
vorgerichtlich zur Sprache gebrachten rechtlichen Erwägungen nicht zuletzt auch aus den eingangs schon<br />
einmal erwähnten Begleitumständen der fraglichen Abmachungen:<br />
1. So habe sie am Abend des 16. Dezember 2008 einen Anruf des Vorstandsvorsitzenden der<br />
Unternehmensgruppe (Herrn H. S.) erhalten, der ihr mitgeteilt habe, dass mit dem Beschluss der<br />
4 © 2013 Wolters Kluwer Deutschland GmbH - Jurion NV-Gesamtprodukt, Rechtsstand 9. Januar 2013 - 10.01.2013
Partnerrunde, einen Bonus von 50.000,-- Euro für alle Partner auszuschütten, eine Bedingung verbunden sei<br />
(20) : Hiernach seien die Partner nämlich verpflichtet, "für die Hälfte der 50.000,00 EUR Aktien von p. zu<br />
erwerben". Eben deshalb habe sie, "wie ihr geheißen", sofort nach Empfang des Nettobetrags von <strong>28</strong>.701,24<br />
Euro ihrer Bank den betreffenden Erwerbsauftrag erteilt (21) .<br />
2. In diesem Hintergrund sei, wie die Beklagte meint, ein weiterer Umstand zu erblicken, der sie neben der<br />
unangemessenen Bindungsdauer benachteilige (22) : Hiermit mache das Unternehmen nämlich sogar ein<br />
Geschäft mit der Auszahlung des Bonus (23) . Einerseits finde eine Aufwertung des Kurses kurzfristig durch<br />
den Aktienverkauf an die Partner statt (24) . Andererseits erfolge dann trotz des zwischenzeitlich erheblichen<br />
Verlusts der Aktie eine Aufforderung, den Aktienwert in Geld zum Emissionskurs zurückzuzahlen (25) . Hiermit<br />
werde der Adressat "quasi in die Spekulation gezwungen" und müsse das Risiko des Aktienerwerbs voll<br />
tragen (26) . Derlei aufgedrängte Spekulationsgeschäfte unterfielen, wie die Beklagte weiter meint, von<br />
vornherein nicht einer Rückzahlungsverpflichtung (27) .<br />
VI. Das lässt die Klägerin nicht gelten:<br />
1. Sie lässt bestreiten, dass die Beklagte von ihr ("von der Klägerin") verpflichtet worden sei, für die Hälfte des<br />
Bonus "Aktien der Klägerin" zu erwerben (<strong>28</strong>) . Weiter heißt es dazu bei ihr (29) :<br />
"Weder in der Vereinbarung vom 18.<strong>12</strong>.2008 noch in der Vereinbarung vom 18.05.2009 ist<br />
eine derartige Verpflichtung geregelt. Beide Vereinbarungen sind insoweit abschließend und<br />
tragen die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit in sich. Darüber hinausgehende<br />
Vereinbarungen sind von der Beklagten nicht bewiesen. Insbesondere wird mit Nichtwissen<br />
bestritten, das der ehemalige Vorstandsvorsitzende Herr H. S. die Beklagte zum Erwerb von<br />
Aktien der Klägerin verpflichtet haben soll".<br />
2. Im Übrigen diene der Sign-On Bonus, wie sie beteuert, "ausschließlich der Motivation der Mitarbeiter und<br />
ihrer Bindung an das Unternehmen" (30) . Anders etwa als bei einer erfolgsabhängigen Vergütung solle damit<br />
also keine vorangegangene Leistung des Mitarbeiters belohnt werden (31) . Schließlich hält sie die rechtlichen<br />
Überlegungen der Beklagten nicht für stichhaltig und macht dazu Ausführungen (32) .<br />
VII. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze<br />
und auf deren Anlagen sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften verwiesen.<br />
Entscheidungsgründe<br />
Der Klage ist kein Erfolg beschieden.<br />
Die Beklagte schuldet der Klägerin keine 40.000,-- Euro nebst Zinsen. Die auf die Rückzahlungspflicht<br />
gerichteten Abmachungen der Parteien halten rechtlicher Kontrolle nämlich nicht stand. Sie sind daher<br />
unwirksam. - Im Einzelnen:<br />
I. Was zunächst den normativen Rahmen anbelangt, so darf als Binsenweisheit gelten, dass eine<br />
eingearbeitete und mit den spezifischen betrieblichen Belangen vertraute Belegschaft für jedes<br />
Wirtschaftsunternehmen ein wichtiges "Kapital" bildet (33) .<br />
1. Es hat deshalb nicht an Versuchen gefehlt, derartiges Personal mit den Mitteln der Vertragsfreiheit an<br />
seinen Vertrag zu binden. Allerdings eignen sich entsprechende Abreden über Kündigungsfristen dazu nur<br />
sehr bedingt: Weil das Gesetz nämlich in § 622 Abs. 6 BGB (34) bestimmt, dass für die Kündigung des<br />
Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer keine längere Frist vereinbart werden darf als für die Kündigung<br />
durch den Arbeitgeber, engen auf diesem Gebiet getroffene Abreden den Kündigungsspielraum der<br />
Unternehmen in unerwünschter Nebenwirkung mit ein. Außerdem schützen längere Fristen nicht vor dem<br />
sogenannten "Vertragsbruch", also jenem vorzeitigen Verlassen der Arbeitsstelle, das bekanntlich vor allem in<br />
der Frühzeit des modernen Arbeitsvertrages an der Tagesordnung (35) war. Sie begünstigen ihn sogar eher.<br />
Strukturell ähnlich liegen die Probleme für die außerordentliche Kündigung (s. auch schon § 626 Abs. 1 BGB<br />
(36) ): Hier ist für das Handelsvertreterrecht in § 89 a Abs. 1 Satz 1 HGB (37) eigens kodifiziert, dass dieses<br />
Recht "nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden" könne. Dem entspricht das Dienstvertragsrecht in<br />
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§ 626 Abs. 1 BGB . Auch dort ist die Möglichkeit eines jeden Vertragsteils gesetzlich verankert, sich aus<br />
wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist durch außerordentliche Kündigung jederzeit aus dem<br />
Vertrag zu lösen. Dass (auch) diese Befugnis rechtsgeschäftlich nicht ausgeschlossen oder beschränkt<br />
werden kann, ist im Dienstvertragsrecht zwar nicht extra kodifiziert. Diese Begrenzung vertraglicher<br />
Gestaltungsmacht entspricht hier jedoch ebenso langjähriger wie einhelliger Judikatur der Ziviljustiz (38) .<br />
2. In dieser Lage sind findige Unternehmer schon frühzeitig auf die Möglichkeiten des Entgeltbereichs<br />
gestoßen. Hier findet sich seit Jahrzehnten jede nur erdenkliche Spielart vertraglicher Regularien, mit denen<br />
die Ausübung des an sich freien Kündigungsrechts von Arbeitsnehmern zur Hemmung einschlägiger<br />
Entschlusskraft mit finanziellen Folgelasten verknüpft zu werden versucht. Nicht immer kommen einschlägige<br />
Versuche so grobschlächtig daher wie in jenen Fällen, in dem der Arbeitgeber sich für die Eigenkündigung<br />
seines Personals eine Abfindung versprechen (39) oder auch eine zuvor gestellte "Kaution" verfallen (40)<br />
sehen wollte. Stattdessen sind die Gestalter der Reglements schon frühzeitig auf das weite Feld sogenannter<br />
"Gratifikationen" (41) ausgewichen:<br />
a. Das vorerwähnte Verbot lediglich zugunsten des Arbeitgebers wirkender Disparität der Kündigungsfristen<br />
hat aber auch hier schon frühzeitig den Widerstand befasster Gerichte geweckt. Das begann bereits in den<br />
Zeiten der legendären Kaufmannsgerichte (42) , namentlich des Kaufmannsgerichts Berlin (43) : Dieses bekam<br />
es Anfang 1907 mit einer Vertragsklausel zu tun, wonach kaufmännische Angestellte ihnen gewährtes<br />
Urlaubsgeld zurückzahlen sollten, wenn sie vor Ende des Jahres aus den Diensten des Unternehmens<br />
ausschieden. Das machte das Gericht nicht mit; Kommentar: "Die gestellte Bedingung enthält auch eine<br />
Beschränkung des Kündigungsrechts der Klägerin und ist als Verletzung des im § 67 Abs. 1 [HGB a.F.]<br />
ausgesprochenen Grundsatzes der Gleichheit der Kündigungsfristen nichtig".<br />
b. Die hier bereits vorgezeichnete Bereitschaft befasster Spruchkörper, lediglich faktische Erschwerungen der<br />
Wahrnehmung kündigungsrechtlicher Dispositionsbefugnisse von Arbeitnehmern in gleicher Weise am<br />
normativen Verbot fristenrechtlicher Disparitäten zu messen wie deren rechtsgeschäftliche Fixierung (44) ,<br />
kennzeichnet die Judikatur der Gerichte für Arbeitssachen bis heute. Allerdings sind zum ursprünglichen Blick<br />
vorrangig auf Regelungen wie in § 622 Abs. 6 BGB mittlerweile neben der Betonung grundrechtlicher<br />
Wertgehalte der Berufsfreiheit (s. Art. <strong>12</strong> Abs. 1 GG (45) ) in jüngster Zeit insbesondere auch die hier von der<br />
Beklagten für sich aufgegriffenen Wertungen der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen ( §§ 305<br />
ff. BGB ) hinzugetreten:<br />
ba. Insofern lässt sich zwar feststellen, dass die sich unmittelbar auf die Wertungen aus Art. <strong>12</strong> Abs. 1 GG<br />
berufenden Gerichtsentscheidungen (46) tendenziell auf dem Rückzug befinden. Stattdessen werden die<br />
Resultate richterlicher Rechtsgewinnung zunehmend aus der Generalklausel des § 307 Abs. 1 BGB (47)<br />
hergeleitet, an deren Maßgaben sich in der Tat auch das hiesige Regularium der Schriftstücke vom<br />
18. Dezember 2008 und 18. Mai 2009 (s. oben, S. 2-3 [II.2. u. 3.]; Urteilsanlagen I. u. II.) messen lassen<br />
muss (s. § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB (48) ). Das macht die Klägerin der Beklagten mit Recht nicht streitig.<br />
bb. Was die Ergebnisse solcherart geläuterter Angemessenheitskontrolle (s. § 307 Abs. 1 Sätze 1 u. 2 BGB<br />
(49) ) anbelangt, so schälen sich derzeit - teilweise unter Aufnahme und Verarbeitung älterer<br />
Entwicklungslinien - im Wesentlichen mehrere Trends heraus:<br />
(1.) Insofern besteht zunächst Einigkeit, dass die Entlohnung erbrachter Arbeitsleistungen nicht in den Dienst<br />
von Bindungsklauseln, also nicht für den Fall (namentlich) der Eigenkündigung wirksam unter<br />
Rückzahlungsvorbehalt gestellt werden kann (50) . Anderes gilt zwar für Sonderleistungen, deren (in ihren<br />
Bezugsvoraussetzungen objektivierbare (51) ) Zweckbestimmung in der - zusätzlichen - Honorierung<br />
sogenannter "Betriebstreue" zu erblicken ist. Insofern ist jedoch - jedenfalls (52) nach heutigem (53)<br />
Bewertungsstand - anerkannt, dass nur solche Sonderleistungen vom Bindungsverbot freigestellt sind, die<br />
ausschließlich dazu bestimmt sind, sogenannte "Betriebstreue" zu honorieren oder anzuregen.<br />
Sonderzahlungen mit "Mischcharakter" sind somit nicht mehr als zulässige Bindungsmittel privilegiert.<br />
(2.) Ein weiteres Kassationskriterium erblickt die Beklagte (s. oben, S. 5 [vor III.]) mit Blick auf die neuere<br />
Judikatur des BAG in der Größenordnung einer Sonderzahlung: Richtig daran ist, dass der Zehnte Senat des<br />
BAG in der von ihr für sich aufgegriffenen Entscheidung vom 24. Oktober 2007 (54) Zweifel daran zu erkennen<br />
gegeben hat, ob seine bisherigen Grundsätze zur Zulässigkeit von Bindungsklauseln auch für<br />
Bonuszahlungen unbesehen Geltung beanspruchen könnten, "die höher sind als das dem Arbeitnehmer<br />
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zustehende Jahresfestgehalt, dessen Höhe nahezu erreichen oder jedenfalls mehr als 25% der<br />
Gesamtvergütung ausmachen" (55) . Daraus hat das LAG Düsseldorf in der von der Beklagten gleichfalls<br />
bereits angesprochenen Entscheidung aus dem November 2008 (56) , das im Übrigen im Anschluss an die<br />
dortige Vorinstanz unterstützend auf die eingangs skizzierten nomativen Wertungen aus § 622 Abs. 6 BGB (s.<br />
oben, S. 8-10) zurückgreift (57) , in der Tat Konsequenzen gezogen: Dort schließt sich das Gericht den<br />
zitierten Überlegungen des Zehnten Senats jedenfalls im Hinblick darauf an, "dass der Bonus vorliegend<br />
sogar 44% der Gesamtvergütung (58) entspricht" (59) . Das gelte auch insbesondere deshalb, weil "der<br />
Vergütungscharakter der Zahlung eindeutig im Vordergrund" stehe (60) . Letztlich könne die Frage freilich<br />
auch offen bleiben, weil bei einer Zahlung mit "Mischcharakter" die Bindungsdauer die Grenzen des<br />
Zulässigen überschreite: Danach sei der Betroffene unter Berücksichtigung seiner individuellen<br />
Kündigungsfrist nämlich gezwungen gewesen, das Arbeitsverhältnis zur Vermeidung eines Verlust seines<br />
Bonusanspruchs 18 Monate lang fortzusetzen (61) . Eine derartige Dauer der Bindung sei jedoch mit<br />
Rücksicht auf Art. <strong>12</strong> Abs. 1 GG unverhältnismäßig (62) .<br />
(3.) Mit diesen Stichworten ist zugleich das nächste Kassationskriterium an-<br />
gesprochen, das der Fünfte Senat des BAG ursprünglich diesseits der heutigen Angemessenheitskontrolle<br />
allgemeiner Geschäftsbedingungen nach § 307 Abs. 1 BGB (63) entwickelt hatte, deren Grundsätze sich aber<br />
strukturell sachgerecht einfügen (64) : Gemeint ist das abgestufte System von Bindungsfristen je nach der<br />
Höhe des zugewandten Geldbetrages, welches das BAG seinerzeit im Wege richterlicher Rechtsfortbildung<br />
prototypisch für die Begrenzung allfälliger Versuche betrieblicher Sachwalter hervorgebracht hat, sich die<br />
Weihnachtsgratifikation als Mittel möglichst langanhaltender "Betriebstreue" nutzbar zu machen. Hierzu hat<br />
der Fünfte Senat mit wegweisenden Urteilen vom 10. Mai 1962 (65) die in den Grundzügen bis heute<br />
maßgebliche Vorgabe getroffen, dass diesseits gewisser Mindestgrenzen (damals: 100,-- DM) eine<br />
Rückzahlungsklausel überhaupt nicht in Betracht kommt (66) . Erhält die Zielperson hingegen mehr als jenen<br />
Mindestbetrag, aber noch immer weniger als einen Monatsbezug, so darf sie per Rückzahlungsklausel auf ein<br />
Verbleiben im Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf des ersten Quartals des Folgejahres festgelegt werden (67) .<br />
Eine längere Bindung des Arbeitnehmers ist somit nach dieser Rechtsprechung vom Arbeitgeber nur durch<br />
eine "Investition" zu erkaufen, die mindestens eine Monatsvergütung ausmacht (68) . Allerdings ist die Dauer<br />
der Bindung auch im Rahmen des besagten Systems nicht allein eine "Frage des Preises": Insbesondere<br />
lässt der grundrechtliche Schutz der Berufsfreiheit des Arbeitnehmers ( Art. <strong>12</strong> Abs. 1 GG ) keine beliebige<br />
Vervielfachung von Bindungszeiträumen durch entsprechende Vermehrung von Monatsentgelten zu.<br />
Vielmehr bestehen die Gerichte für Arbeitssachen insoweit darauf, dass eine über den 30. Juni des<br />
Folgejahres hinausreichende Bindungsdauer (hier: bis 30. September) allenfalls dann in Betracht zu ziehen<br />
ist, wenn sich die betreffende Gratifikation von mehr einem Monatsbezug als "eindrucksvoll" und "beachtlich"<br />
darstelle (69) . Dabei ist ein "Bindungseffekt ohne Ende" jedoch zu vermeiden (70) . Anerkannt ist bei allem im<br />
Übrigen in Fortschreibung des erwähnten Stufensystems, dass eine Sonderzahlung, die einen Monatsbezug<br />
übersteigt, ohne das Doppelte zu erreichen, keine Bindung des Adressaten über den 30. Juni des Folgejahres<br />
hinaus erzeugen kann, wenn er bis dahin mehrere Kündigungsmöglichkeiten hatte (71) . Schließlich sei<br />
beiläufig ergänzt, dass das geschriebene Gesetzesrecht sich an verschiedenen Stellen mit der Höchstdauer<br />
nicht bereits rechtsgeschäftlich für kündbar erklärter Arbeitsverhältnisse befasst: Dabei ist in beiden Fällen ein<br />
Zeitraum von fünf Jahren kodifiziert (s. § 15 Abs. 4 Satz 1 TzBfG (72) ; § 624 Satz 1 BGB (73) ).<br />
(4.) Eine wechselvolle Geschichte war endlich dem letzten Gesichtspunkt im Ensemble von Prüfkriterien<br />
beschieden, den hier auch die Beklagte bereits für sich aufgegriffen hat (s. oben, S. 5 [vor III.]). Gemeint ist<br />
die seit Jahrzehnten umstrittene Frage, ob Rückzahlungsvorbehalte nach den Gründen zu differenzieren<br />
haben, an denen eingeforderte "Betriebstreue" gescheitert ist:<br />
(a.) Insofern hatten der Fünfte und Dritte Senat des BAG der Verweigerung einschlägiger Gratifikationen<br />
wegen der Beendigung von Arbeitsverhältnissen die Anerkennung versagt, die der Arbeitgeber und Berufung<br />
auf dringende betriebliche Erfordernisse selber bewirkt hatte (74) . Von dieser - überzeugenden -<br />
Rechtsprechung haben der Fünfte und Sechste Senat sich dann allerdings jedenfalls für sogenannte<br />
Stichtagsklauseln im September 1985 (75) und April 1991 (76) ausdrücklich abgewandt. Danach soll das<br />
Bezugsrecht des Arbeitnehmers selbst dann ausgeschlossen sein, wenn die Realisierung weiterer<br />
betrieblicher Verbundenheit ausschließlich per betriebsbedingter Kündigung des Arbeitgebers durchkreuzt<br />
worden ist. Damit war dem Gedanken der Zweckverfehlung von Investitionsmitteln eine Bresche geschlagen<br />
(77) und verdeutlicht, dass mit besagter Bindungsklausel eine "Treue" thematisiert sein sollte, die entgegen<br />
intuitivem Verständnis mitnichten auf Gegenseitigkeit angelegt war.<br />
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(b.) Wie dem auch sei. - Die Problematik hat jedenfalls im Zuge der Angemessenheitskontrolle des § 307<br />
Abs. 1 BGB neue Aktualität erfahren. Das zeichnet sich unter deren Firmament (78) bei den Gerichten für<br />
Arbeitssachen auch deutlich ab. So judiziert der Neunte Senat des BAG etwa für Rückzahlungsklauseln bei<br />
Ausbildungsbeihilfen, dass diese nicht an jedes Ausscheiden des Arbeitnehmers anknüpfen dürften, das<br />
innerhalb der Bindungsfrist stattfinde (79) . Vielmehr müsse nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens<br />
unterschieden werden (80) . Eine Rückzahlungsklausel stelle "nur dann eine ausgewogene Gesamtregelung<br />
dar, wenn es der Arbeitnehmer in der Hand" habe, "durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungspflicht zu<br />
entgehen" (81) . Und, weiter: "Verluste auf Grund von Investitionen, die nachträglich wertlos werden", habe<br />
grundsätzlich "der Arbeitgeber zu tragen" (82) . - Dem entspricht nicht nur die Folgejudikatur desselben (83) ,<br />
sondern auch anderer Senate des BAG (84) und des Bundesgerichtshofs (85) (BGH). Dieselben Wertungen<br />
finden sich bei Instanzgerichten (86) . Umgekehrt beharrt allerdings der Zehnte Senat des BAG einstweilen<br />
zumindest für sogenannte Stichtagsklauseln nach wie vor (87) auf seiner aus Zeiten vor der<br />
Schuldrechtsnovelle herrührenden (88) Rechtsprechung, wonach es den Geboten von Treu und Glauben<br />
jedenfalls bei vergleichsweise überschaubaren Sonderzahlungen keinen Abbruch tue, treuebereite<br />
Arbeitspersonen von einer Sonderzahlung allein deshalb auszunehmen, weil er sie selber nicht länger im<br />
Arbeitsverhältnis halten will oder kann (89) . Immerhin verhehlt er die bereits erwähnten Zweifel (s. oben,<br />
S. <strong>12</strong>-13 [(2.)]) zumindest für Fälle nicht, in denen die fragliche Sonderleistung - wie im Streitfall (90) -<br />
erhebliche Ausmaße annimmt (91) : Spätestens dann, wenn eine Bonuszahlung mehr als 25 v.H. der<br />
Jahresgesamtvergütung des Adressaten ausmache, erscheine bei typisierter Betrachtung "kaum<br />
interessengerecht", dem Arbeitnehmer "im Falle einer nicht in seinen Verantwortungsbereich fallenden, z.B.<br />
betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers einen ganz wesentlichen Teil seiner Vergütung<br />
vorzuenthalten".<br />
II. Im Lichte dieser Grundsätze erweist sich das hier in den Schriftstücken vom 18. Dezember 2008 und<br />
18. Mai 2009 enthaltene Reglement zur Rückzahlung des Sign-On Bonus (s. oben, S. 2-3. [II.2. u. 3.];<br />
Urteilsanlagen I. u. II.) als normativ mehrfach diskreditiert und damit als - letztlich offensichtlich - unhaltbar.<br />
Für diesen Befund kommt es auf die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob die Beklagte in der von ihr<br />
nicht unplausibel geschilderten Weise zum Erwerb von Aktien der Muttergesellschaft der Klägerin gedrängt<br />
worden ist (s. oben, S. 6 [V.1.]; S. 7 [VI.1.]), nicht einmal an. - Der Reihe nach:<br />
1. Was dabei die ältesten Schichten rechtlicher Kontrolle anbelangt (s. oben, S. 8-10), die sich zunächst noch<br />
ganz im Banne der Unverzichtbarkeit von Rechten aus § 622 Abs. 6 BGB (92) und § 626 BGB (93) gegen<br />
faktische Kündigungsbehinderungen durch wirtschaftliche Folgelasten richteten (94) , so wäre der sich für den<br />
Streitfall ergebende Befund evident: Die Verpflichtung zur Rückzahlung von bis zu 50.000,-- Euro im Falle der<br />
Ausübung einschlägiger Kündigungsrechte ist geeignet, diesbezüglich hochgradig abschreckende Wirkung zu<br />
entfalten und damit womöglich Verhältnisse im Vollzug der Arbeitsbeziehung hinzunehmen, die jede<br />
wirtschaftlich ungebundene Arbeitsperson mit fluchtartiger Abwanderung quittieren würde. Nach damaligen<br />
Kriterien erschiene das hiesige Reglement zur Rückzahlung des Sign-On Bonus auf Anhieb kassationsreif.<br />
2. Nichts anderes offenbart aber auch eine Kontrolle nach Maßgabe der gleichfalls skizzierten neuzeitlichen<br />
Prüfkriterien (s. oben, S. 10-19), die sich als Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB (95) unter dem Einfluss<br />
(96) nicht zuletzt des Art. <strong>12</strong> Abs. 1 GG (97) entfalten:<br />
a. Soweit das zunächst - diesseits der gerade angedeuteten Problematik einer Indienststellung der "Partner"<br />
der Klägerin zur Kurspflege der Muttergesellschaft - die Frage nach dem "Zweck" der vorweihnachtlichen<br />
Zahlung aufwirft (s. oben, S. 11-<strong>12</strong> [ab. (1.)]), ist zwar festzustellen, dass die Klägerin insofern beteuert (s.<br />
oben, S. 7 [VI.2.]), nichts anderes als die "Motivation der Mitarbeiter und ihrer Bindung an das Unternehmen"<br />
im Sinn gehabt zu haben. Insbesondere habe damit mitnichten etwa eine "vorangegangene Leistung des<br />
Mitarbeiters belohnt werden" sollen. Überzeugen (s. § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG (98) , §§ 495 Abs. 1 (99) , <strong>28</strong>6<br />
Abs. 1 Satz 1 ZPO (100) ) kann das freilich nicht. Denn abgesehen davon, dass schon allgemein kaum<br />
begreiflich erschiene, warum sich als Auslöser für Bindungsklauseln eigentlich ein Interesse am weiteren<br />
Verbleib ihrer Zielperson herausbilden sollte, wenn diese ihre Bereitschaft und Fähigkeit zur betrieblichen<br />
Wertschöpfung nicht schon unter Beweis gestellt hat, war speziell die hiesige Beklagte aus mutmaßlich<br />
denselben Gründen doch eben erst zur "Partnerkandidatin" aufgerückt (s. oben, S. 5 [III.]). Insofern dürfte die<br />
hiesige Beteuerung der Klägerin, es sei nicht um deren Belohnung, sondern allein um Ansporn gegangen, ihr<br />
Licht doch ein wenig "unter den Scheffel stellen". Nur beiläufig bliebe bei dieser Sachlage anzumerken, dass<br />
eine Zweckbestimmung, die sich - wie hier - nicht durch ihre konkreten Bezugsvoraussetzungen (101)<br />
eindeutig als reiner Zukunftsansporn identifizieren lässt (102) , realistischerweise ohnehin im Zweifel als<br />
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Entlohnung für erbrachte Leistungen klassifiziert werden sollte. - Im Streitfall dürfte eine Bindung der<br />
Beklagten indessen schon deshalb ausscheiden (103) , weil die Zahlung bei realitätsnaher Betrachtung<br />
zumindest auch als "Belohnung" erfolgreicher Arbeit anzusehen wäre.<br />
b. Dasselbe Bild erbringt, soweit man - wie das LAG Düsseldorf a.a.O. (104) - den diesbezüglichen<br />
Andeutungen des Zehnten Senats des BAG (105) zu folgen bereit ist, der Blick auf den Umfang der hiesigen<br />
Zahlung: Da die Beklagte im Dezember 2008 neben erfolgsbezogenen Vergütungsanteilen monatlich 5.333,--<br />
Euro bezog (s. oben, S. 2 [I.] mit Fn. 3), die sich jährlich auf (64.000,-- Euro + 16.000,-- Euro = ) 80.000,--<br />
Euro summiert haben mögen, entsprach der "Sign-On Bonus" von 50.000,-- Euro in der Tat nicht weniger als<br />
62,5 v.H. eines Jahreseinkommens. Das wäre allemal mehr als das Doppelte dessen, was der Zehnte Senat<br />
als bindungsrechtliche "Kappungsgrenze" anzuerkennen bereit zu sein scheint.<br />
c. Endgültig führt an der Unwirksamkeit der hiesigen Rückzahlungsklausel jedoch kein Weg mehr vorbei,<br />
wenn dabei die seit (heute) mittlerweile 50 Jahren praktizierte Judikatur ursprünglich des Fünften Senats des<br />
BAG zu Gratifikationen als "Bindemittel" (s. oben, S. 13-16) in Betracht gezogen wird. Zwar scheint sich der<br />
hiesige "Sign-On Bonus" einer solchen profanen Kontrolle nach Terminologie, Umfang und Bindungsdauer<br />
bei erstem Hinsehen zu entziehen. Das bliebe aber vordergründig und verstellte den Blick für die tatsächlich<br />
gebotenen Wertungen:<br />
ca. Was gemeint ist, macht eine einfache Kontrollüberlegung deutlich: Gesetzt nämlich den Fall, die Klägerin<br />
hätte es darauf angelegt, mit den nach Sprachgebrauch, Umfang und Bindekraft gewöhnlichen Mitteln eine<br />
betriebliche Bindung von lediglich einem (!) Jahr anzupeilen, so entspräche dies bei einem Teilbetrag von<br />
10.000,-- Euro (also einem Fünftel von 50.000,-- Euro) nicht einmal zwei Monatsbezüge der Beklagten. Dies<br />
wäre bei den Gerichten für Arbeitssachen nach den zitierten Grundsätzen nicht durchsetzbar gewesen: Da<br />
selbst eine Gratifikation von mehr als einem Monatsgehalt keine Bindung über den 30. Juni des Folgejahres<br />
gestattet, solange sie unterhalb des Doppelten des Monatsbezuges bleibt, hätte die Klägerin die hiesige<br />
Beklagte mit 10.000,-- Euro angesichts der vertraglichen Kündigungsfristen (106) nicht länger als bis 30. Juni<br />
2009 binden können. Tatsächlich zielte die hier intendierte Bindung der Beklagten anhand der (ersten)<br />
10.000,-- Euro jedoch sogar ausdrücklich auf eine Bindung bis 31. Dezember 2009. - Das wäre - bei weitem -<br />
zu viel.<br />
cb. Hiernach bedarf (hoffentlich) keiner weiteren Ausführungen, dass sich die Konsequenzen dessen nicht<br />
kurzerhand dadurch abwenden lassen, dass die Akteure ihr Konzept unter Verfünffachung seines monetären<br />
und zeitlichen Volumens in eine andere Größenordnung bringen. Denn die leitenden Wertungen der<br />
Rechtsprechung sind immer die Selben: Wenn sich mit 10.000,-- Euro keine Jahresbindung erzielen lässt, so<br />
erzeugen 50.000,-- Euro erst Recht keine Fünfjahresbindung. Auf die Frage, ob und unter welchen<br />
Umständen mit den Mitteln des Gratifikationsrechts überhaupt eine bis an die Grenzen des gesetzlich<br />
denkbaren Höchstbindungszeitraums (s. oben, S. 16 [vor (4.)] zu gelangen wäre, kann bei dieser Sachlage<br />
auf sich beruhen.<br />
d. Wäre das rechtliche Schicksal der hiesigen Rückzahlungsklausel nicht schon nach den bisherigen<br />
Kontrollkriterien besiegelt, so überstände sie spätestens die letzte der Prüfstufen nicht, die weiter oben<br />
(Seite 16-19) bereits umrissen worden sind. - Gemeint ist der Umstand, dass die Klausel nicht nach der<br />
Sphäre differenziert, aus der der Impuls zur (Eigen-)Kündigung der Beklagten herrührt. Auch dieses Defizit<br />
zieht die Unwirksamkeit der Klausel nach sich:<br />
da. Die Regelung in Nr. 3 der Schriftstücke vom 18. Dezember 2008 bzw. 18. Mai 2009 stellt nämlich nicht<br />
klar, dass sie jedenfalls dann keine Anwendung beanspruche, wenn sich die Fortsetzung des<br />
Arbeitsverhältnisses für die Beklagte aufgrund von Umständen, die im Verantwortungsbereich der Klägerin<br />
liegen, als unzumutbar erweist. Damit ist sie, weil das daraus herrührende Recht einer jeden<br />
Dienstvertragspartei, ihr Arbeitsverhältnis sogar außerordentlich zu kündigen, nicht wirksam beschränkt<br />
werden darf (s. oben, S. 8 mit Fn. 38), inhaltlich signifikant zu weit gefasst.<br />
db. Dies bleibt im Lichte der AGB-Kontrolle mit Blick auf § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB (107) nicht ohne Folgen.<br />
Insofern ist mittlerweile "ausgepaukt", dass den Verwender allgemeiner Geschäftsbedingungen gegenüber<br />
seinem Adressaten nicht zuletzt auch Informationsverantwortung (108) trifft: So soll dem Verwendungsgegner<br />
nicht nur "die Möglichkeit sachgerechter Information" über die ihm "aus dem vorformulierten Vertrag<br />
erwachsenden Rechte und Pflichten verschafft" (109) werden. Vielmehr muss der Maßstab von § 307<br />
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Abs. 1 ZPO auch "nach dem Text der Klausel zum Ausdruck kommen" (110) . Ganz im Sinne dessen hat etwa<br />
der Neunte Senat des BAG an einer Versetzungsklausel beanstandet, dass deren Text "keine<br />
Einschränkung" dahin enthielt, dass eine einseitige Änderung der Art der Tätigkeit nur dann zugelassen sei,<br />
wenn diese in der Zuweisung einer "gleichwertigen Tätigkeit" bestehe (111) . Erst recht stoßen "unzutreffende<br />
Belehrungen über die Rechtslage" (1<strong>12</strong>) vor Gericht auf Widerstand: Läuft der Inhalt der<br />
Formularvertragsklausel auf Irreführung des Adressaten hinaus, so erfährt die Klausel - schon deshalb - ihre<br />
Kassation (113) . - Genau dasselbe geschieht in den weiter oben schon erwähnten Fällen, in denen es der<br />
Verwender von Rückzahlungsklauseln - wie die hiesige Klägerin - an der nötigen Differenzierungstiefe fehlen<br />
lässt: Auch dann ist die Klausel unwirksam - und so liegt es hier.<br />
dc. Das Blatt ist schließlich auch nicht damit gewendet, dass hier die Beklagte die Eigenkündigung erklärt hat<br />
(s. oben, S. 3 [4 a.]; Urteilsanlage III.), ohne dass von Gründen in der Sphäre der Klägerin die Rede war.<br />
Darauf kommt es im Rahmen der AGB-Kontrolle in der Tat nicht an. Denn im Gegensatz zur früheren und am<br />
konkreten Einzelfall orientierten Rechtsgewinnung, beruht die nunmehr vom Recht der Allgemeinen<br />
Geschäftsbedingungen gestiftete Inhaltskontrolle bekanntlich "auf einer typisierenden Betrachtung" der zur<br />
Debatte stehenden Klausel, "die ohne Rücksicht auf individuelle Besonderheiten der Vertragsparteien und<br />
des konkreten Einzelfalles vorzunehmen ist" (114) .<br />
3. Ergibt sich aus allem die Nichtigkeit der hiesigen Rückzahlungsklausel, deren Rechtsfolgen auch nicht etwa<br />
über das sogenannte Bereicherungsrecht ( §§ 8<strong>12</strong> ff. BGB ) auszuschalten sind (115) , so hilft es der Klägerin<br />
nicht weiter, dass die Beklagte neben den beiden Schriftstücken vom 18. Dezember 2008 und 18. Mai 2009<br />
dann auch noch den Text vom 21. April 2010 (s. oben, S. 3-4 [4 a.]; Urteilsanlage IV.) unterschrieben hat.<br />
Entgegen der Ansicht der Klägerin (s. oben, S. 5-6 [vor IV.]) kann die Beklagte sich gleichwohl vor Gericht auf<br />
die Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel berufen. Dies wäre zwar möglicherweise anders, wenn sich die<br />
Unterzeichnung des Schriftstücks vom 21. April 2010 als "Bestätigung" eines nichtigen Rechtsgeschäfts im<br />
Sinne des § 141 BGB (116) darstellte. Davon kann aber keine Rede sein. Unabhängig von der Frage, ob eine<br />
entsprechende "Heilung" mit den Schutzzwecken des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu<br />
vereinbaren und § 141 BGB insofern allenfalls restriktiv anzuwenden wäre, ist diese Vorschrift nämlich schon<br />
tatbestandlich nicht erfüllt: Insofern ist vielmehr seit mehr als 100 Jahren anerkannt, dass "zur Bestätigung" im<br />
Sinne des § 141 BGB "die Kenntnis des Bestätigenden von der Nichtigkeit des bestätigten Geschäfts" gehört<br />
(117) . Dem entspricht die Judikatur des BGH (118) und des BAG (119) . - Da es im Streitfall nicht den geringsten<br />
Anhaltspunkt dafür gibt, dass die Beklagte vor der Konsultation ihres Bevollmächtigten im April 20<strong>12</strong> (s. oben,<br />
S. 4 [c.]) entsprechende Kenntnis von den - letztlich durchgreifenden - rechtlichen Bedenken gegen die<br />
Wirksamkeit der Rückzahlungsabreden gehabt hätte, ist für eine "Bestätigung" im vorerwähnten Sinne kein<br />
Raum.<br />
III. Unter diesen Umständen kann die Zahlungsklage folglich nur abgewiesen werden (Tenor zu I.). - Für die<br />
"Nebenentscheidungen" lässt es sich angesichts dessen kurz machen:<br />
1. Soweit das Gericht auch ohne bekundeten Wunsch der Parteien über die Verpflichtung zur Tragung der<br />
Kosten seiner Inanspruchnahme entschieden hat, bedurfte es hierzu keines Antrags ( § 308 Abs. 2 ZPO (<strong>12</strong>0)<br />
). Diese Kosten hat das Gericht, soweit in der Sache zu entscheiden war, der Klägerin als unterlegener Partei<br />
zuweisen müssen (s. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO (<strong>12</strong>1) ). Soweit es um Kosten der Verweisung geht, treffen diese<br />
ohnehin die Klägerin (s. § <strong>28</strong>1 Abs. 3 ZPO (<strong>12</strong>2) ). - Tenor zu II.<br />
2. Den Wert des Streitgegenstandes hat die Kammer aufgrund des § 61 Abs. 1 ArbGG (<strong>12</strong>3) im Tenor<br />
festgesetzt und mit dem bezifferten Betrag der Klageforderung bemessen. Das sind somit 40.000,-- Euro. -<br />
Tenor zu III.<br />
D r . R<br />
Zulassung: Berufung<br />
Verkündet am 16.11.20<strong>12</strong><br />
Hinweis: Das Dokument wurde redaktionell aufgearbeitet und unterliegt in dieser Form einem besonderen<br />
urheberrechtlichen Schutz. Eine Nutzung über die Vertragsbedingungen der Nutzungsvereinbarung hinaus -<br />
insbesondere eine gewerbliche Weiterverarbeitung außerhalb der Grenzen der Vertragsbedingungen - ist<br />
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nicht gestattet.<br />
(1) Amtl. Anm.:<br />
S. Kopie des Anstellungsvertrags vom 31.8.2004 als Anlage K 1 zur Klageschrift (Bl. 34-39 der Gerichtsakte<br />
[künftig kurz: "GA"]).<br />
(2) Amtl. Anm.:<br />
S. Text: "§ 613 a Rechte und Pflichten bei Betriebsübergang. (1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch<br />
Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im<br />
Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein".<br />
(3) Amtl. Anm.:<br />
S. Klageerwiderungsschrift vom <strong>12</strong>.10.20<strong>12</strong> S. 2 (Bl. 145 GA): "Ihr damaliges Bruttogehalt betrug 5.333,00 €<br />
im Monat. Hinzukam ein variabler Gehaltsanteil von jährlich 16.000,00 € brutto bei 100% Zielerreichung".<br />
(4) Amtl. Anm.:<br />
S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.: "Am 23.<strong>12</strong>.2008 wurde der Beklagten der Bonus in Höhe von 50.000,00 €<br />
brutto überwiesen, was anteilig - abzüglich der anfallenden Steuern - einen Nettobetrag von nur <strong>28</strong>.701,24 €<br />
ergab".<br />
(5) Amtl. Anm.:<br />
S. dazu Text eines Schreibens der "p. Systems GmbH" vom 7.9.2006 (S. 1) an die Klägerin - Kopie als<br />
Anlage K 2 zur Klageschrift (Bl. 40 GA): "Die p. M. Consulting GmbH als aufnehmendes Unternehmen ist eine<br />
100%ige Tochter der p. AG".<br />
(6) Amtl. Anm.:<br />
S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.: "Wie ihr geheißen gab die Beklagte sofort ihrer Bank sofort den Auftrag, für<br />
25.000,00 € p.-Aktien zu kaufen, was zur Folge hatte, dass ihr tatsächlich nur ein Nettobetrag von rund<br />
3.000,00 € zur Verfügung stand".<br />
(7) Amtl. Anm.:<br />
S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.: "Im Januar 2009 wurde der Beklagten dann in schriftlicher Form eine<br />
Verpflichtungserklärung vorgelegt, welche besagte, dass diese den Bonus insgesamt und als Barwert<br />
zurückzuzahlen habe, sofern sie eine Kündigung, gleich aus welchem Grund, aussprechen würde".<br />
(8) Amtl. Anm.:<br />
S. Kopie als Anlage K 4 zur Klageschrift (Bl. 43 GA).<br />
(9) Amtl. Anm.:<br />
S. Kopie als Anlage K 5 zur Klageschrift (Bl. 44 GA).<br />
(10) Amtl. Anm.:<br />
S. Kopie als Anlage K 6 zur Klageschrift (Bl. 45 GA).<br />
(11) Amtl. Anm.:<br />
S. Kopie als Anlage K 7 zur Klageschrift (Bl. 46 GA).<br />
(<strong>12</strong>) Amtl. Anm.:<br />
S. Kopie als Anlage K 8 zur Klageschrift (Bl. 47 GA).<br />
(13) Amtl. Anm.:<br />
S. Kopie als Anlage K 9 zur Klageschrift (Bl. 48-52 GA).<br />
(14) Amtl. Anm.:<br />
S. Anwaltsschreiben der Klägerin vom 24.5.20<strong>12</strong> - Kopie als Anlage K 10 zur Klageschrift (Bl. 53-55 GA);<br />
Anwaltsschreiben der Beklagten vom 22.6.20<strong>12</strong> - Kopie als Anlage K 11 zur Klageschrift (Bl. 56 GA).<br />
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(15) Amtl. Anm.:<br />
So Anwaltsschreiben vom 24.5.20<strong>12</strong> (Fn. 14) S. 4 (Bl. 51 GA) unter Hinweis auf BAG 24.10.2007 - 10 AZR<br />
825/06 - BAGE <strong>12</strong>4, 259 = AP 307 BGB Nr. 32 = <strong>EzA</strong> § 307 BGB 2002 Nr. 26 = NJW 2008, 680 - DB 2008,<br />
<strong>12</strong>6; LAG Düsseldorf 5.11.2008 - 7 Sa 927/08 - AuA 2009, 302 ff.<br />
(16) Amtl. Anm.:<br />
S. Text: "§ 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund. (1) Das Dienstverhältnis kann von jedem<br />
Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen<br />
vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und<br />
unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf<br />
der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden<br />
kann. - (2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt,<br />
in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der<br />
Kündigende muss dem anderen Teil den Kündigungsgrund auf Verlangen unverzüglich schriftlich mitteilen".<br />
(17) Amtl. Anm.:<br />
S. Klageschrift S. 2 (Bl. 30 GA).<br />
(18) Amtl. Anm.:<br />
S. Klageschrift S. 5 (Bl. 33 GA).<br />
(19) Amtl. Anm.:<br />
S. Blatt <strong>12</strong>3-<strong>12</strong>5 GA.<br />
(20) Amtl. Anm.:<br />
S. Klageerwiderungsschrift S. 2 [1.] (Bl. 145 GA): "Wohl vor diesem Hintergrund erhielt die Beklagte am<br />
Abend des 16.<strong>12</strong>.2008 einen Anruf des Vorstandsvorsitzenden Herrn H. S., um mitzuteilen, dass die<br />
Partnerrunde beschlossen habe einen Bonus von 50.000,00 € an alle Partner auszuschütten. Hierbei seien<br />
die Partner allerdings verpflichtet, für die Hälfte der 50.000,00 € Aktien von p. zu erwerben".<br />
(21) Amtl. Anm.:<br />
S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.<br />
(22) Amtl. Anm.:<br />
S. Klageerwiderungsschrift S. 5 [c)] (Bl. 148 GA).<br />
(23) Amtl. Anm.:<br />
S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.<br />
(24) Amtl. Anm.:<br />
S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.<br />
(25) Amtl. Anm.:<br />
S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.<br />
(26) Amtl. Anm.:<br />
S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.<br />
(27) Amtl. Anm.:<br />
S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.<br />
(<strong>28</strong>) Amtl. Anm.:<br />
S. Schriftsatz vom <strong>12</strong>.11.20<strong>12</strong> S. 2 [2.] (Bl. 162 GA).<br />
(29) Amtl. Anm.:<br />
S. Schriftsatz vom <strong>12</strong>.11.20<strong>12</strong> a.a.O.<br />
<strong>12</strong> © 2013 Wolters Kluwer Deutschland GmbH - Jurion NV-Gesamtprodukt, Rechtsstand 9. Januar 2013 - 10.01.2013
(30) Amtl. Anm.:<br />
S. Schriftsatz vom <strong>12</strong>.11.20<strong>12</strong> S. 2 [II.] (Bl. 162 GA).<br />
(31) Amtl. Anm.:<br />
S. Schriftsatz vom <strong>12</strong>.11.20<strong>12</strong> a.a.O.<br />
(32) Amtl. Anm.:<br />
S. Schriftsatz vom <strong>12</strong>.11.20<strong>12</strong> S. 3-4 (Bl. 163-164 GA).<br />
(33) Amtl. Anm.:<br />
S. dazu nur Bernd Ruberg, Stichwort "Gratifikation", in: Dirk Neumann/Peter Freitag, Lexikon zum<br />
Kündigungsrecht (Loseblattsammlung; Stand: 06/1999), Rn. 1: "Entgelt und Betriebsbindung".<br />
(34) Amtl. Anm.:<br />
S. Text: "§ 622 Kündigungsfristen bei Arbeitsverhältnissen. (1) & (6) Für die Kündigung des<br />
Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung<br />
durch den Arbeitgeber".<br />
(35) Amtl. Anm.:<br />
S. dazu und zugleich zur historischen Quelle der Arbeitsgerichtsbarkeit als Sonderjustiz anschaulich Klaus<br />
Grobig, Gerichtsbarkeit als Mittel sozialer Befriedung, dargestellt am Beispiel der Entstehung der<br />
Arbeitsgerichtsbarkeit in Deutschland (1985), S. 42-43: "1814 baten wiederum 23<br />
Kattundruckerei-Unternehmer den Fabrikenkommissar um ein besonderes Gericht. Als Grund gaben diese<br />
Unternehmer ausdrücklich an, durch den Arbeitermangel gebe es viele Streitigkeiten mit den Arbeitern, ,die<br />
einen hohen Lohn ertrotzten und nur dann arbeiten wollten, wenn es ihnen gefiele'. Entlassungen seien<br />
zwecklos, da Ersatz nicht zu beschaffen sei und die Konkurrenz die freiwerdenden Arbeiter sofort einstellte. &<br />
- & Auch dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Funktion des Gerichts in erster Linie darin bestehen<br />
sollte, ungerechtfertigte Arbeitsaufgabe durch die Arbeiter zu verhindern".<br />
(36) Amtl. Anm.:<br />
S. Text oben, S. 5 Fn. 16.<br />
(37) Amtl. Anm.:<br />
S. Text: "§ 89 [Fristlose Kündigung] (1) Das Vertragsverhältnis kann von jedem Teil aus wichtigem Grund<br />
ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Dieses Recht kann nicht ausgeschlossen oder<br />
beschränkt werden".<br />
(38) Amtl. Anm.:<br />
S. insofern etwa bereits BAG 18.<strong>12</strong>.1961 - 5 AZR 104/61 - AP § 626 BGB Kündigungserschwerung Nr. 1 [1.]:<br />
"Wenn somit die außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses das vom Gesetz anerkannte Mittel<br />
ist, um sich von einem untragbar gewordenen Arbeitsverhältnis sofort zu lösen, dann kann es - abgesehen<br />
vom dem hier nicht weiter interessierenden Fall des § 6<strong>28</strong> Abs. 2 BGB - nicht mehr gestattet sein, denjenigen,<br />
er nach dem Gesetz aus wichtigem Grund kündigen und sich damit aus der unzumutbaren Situation befreien<br />
darf, aus Anlass einer solchen Kündigung noch mit besonderen Folgen zu belasten oder ihm die<br />
außerordentliche Kündigung zu erschweren. Deshalb hat auch das Bundesarbeitsgericht in Übereinstimmung<br />
mit der Rechtslehre den Rechtsgrundsatz vertreten, eine außerordentliche Kündigung könne nicht durch<br />
Vereinbarung besonderer Nachteile für den Kündigenden erschwert werden und eine vereinbarte<br />
Kündigungserschwerung sei daher gemäß § 134 BGB ungültig (&); 8.8.1963 - 5 AZR 395/62 - AP § 626 BGB<br />
Kündigungserschwerung Nr. 2; 15.3.1991 - 2 AZR 516/90 - NZA 1992, 452, 455 [II.2 d, aa.]; BGH 3.7.2000 - II<br />
ZR <strong>28</strong>2/98 - NJW 2000, 2983 = NZA 2000, 945 = ZIP 2000, 1442 [2.]; weit früher indessen schon RG<br />
9.10.1905 - I 133/05 - RGZ 61, 3<strong>28</strong> (zu § 723 Abs. 1 u. 3 BGB ); 24.10.1908 - I 53/08 - RGZ 69, 363, 365:<br />
"Auf das Recht, jedes unter das Bürgerliche Gesetzbuch fallende Dienstverhältnis fristlos zu kündigen, kann<br />
nicht im voraus verzichtet werden; der § 626 muss absolut sein, wenn ihm überhaupt eine Bedeutung<br />
zukommen soll"; 15.2.1911 - I 387/10 - RGZ 75, 234, 239 zu Frage, ob "die Kündigung aus wichtigen<br />
Gründen dadurch erschwert werden" könne, "dass Vermögensnachteile an die Ausübung des<br />
Kündigungsrechts geknüpft werden": "Weil aber das Gesetz mit unvorhergesehenen Ereignissen rechnet und<br />
die Billigkeit entscheiden lassen will, ist es unzulässig, das Kündigungsrecht aus wichtigen Gründen im<br />
voraus auszuschließen oder zu beschränken".<br />
13 © 2013 Wolters Kluwer Deutschland GmbH - Jurion NV-Gesamtprodukt, Rechtsstand 9. Januar 2013 - 10.01.2013
(39) Amtl. Anm.:<br />
S. BAG 6.9.1989 - 5 AZR 586/88 - AP § 622 BGB Nr. 27 = <strong>EzA</strong> § 622 BGB n.F. Nr. 26 = NZA 1990, 147<br />
[Leitsatz 1.]: "Soll der Arbeitnehmer bei einem auf unbestimmte Zeit geschlossenen Arbeitsvertrag für den Fall<br />
einer vertraglich eingeräumten kürzeren fristgemäßen Eigenkündigung eine ,Abfindung' zahlen, kann in einer<br />
solchen Vertragsklausel eine unzulässige Kündigungsbeschränkung zu Lasten des Arbeitnehmers liegen (<br />
§ 622 Abs. 5 BGB , § 134 BGB ), und zwar auch dann, wenn der Arbeitgeber bei einer fristgerechten<br />
Kündigung seinerseits ebenfalls eine Abfindung zahlen soll, deren Betrag sogar höher ist (...)".<br />
(40) Amtl. Anm.:<br />
S. BAG 11.3.1971 - 5 AZR 349/70 - AP § 622 BGB Nr. 9 = <strong>EzA</strong> § 622 BGB n.F. Nr. 2 = DB 1971, 1068<br />
[Leitsatz 1.]: "Der Verfall einer durch den Arbeitnehmer gestellten Kaution für den Fall der fristgerechten<br />
Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann nicht rechtswirksam vereinbart werden".<br />
(41) Amtl. Anm.:<br />
S. dazu statt vieler BAG 15.3.1973 - 5 AZR 525/72 - AP § 611 BGB Gratifikation Nr. 78 = NJW 1973, <strong>12</strong>47<br />
[1 a.]: "Gratifikationen im Rechtssinne sind - in der Regel einmalige - betriebliche Sonderzuwendungen an die<br />
Arbeitnehmer aus besonderem Anlass"; s. auch § 4 a Abs. 1 Satz 1 EntgFG: "Leistungen, die der Arbeitgeber<br />
zusätzlich zum laufenden Arbeitsentgelt erbringt (Sondervergütungen)".<br />
(42) Amtl. Anm.:<br />
S. zur Historie der Kaufmannsgerichte - falls Interesse - den Überblick bei Hanns Prütting in: Claas-Hinrich<br />
Germelmann u.a., ArbGG, 7. Auflage (2009), Einleitung Rnrn. 1 ff., 11 mit Hinweis auf das<br />
Kaufmannsgerichtsgesetz vom 6.7.1904 (RGBl. 1904 S. 266) als einer der kodifikatorischen Wurzeln des<br />
ArbGG 1926.<br />
(43) Amtl. Anm.:<br />
S. Kaufmannsgericht Berlin 9.1.1907 - 954/06 - DJZ 1907, 487.<br />
(44) Amtl. Anm.:<br />
S. dazu - älter, aber noch immer prägnant - etwa BAG 11.3.1971 (Fn. 40): "Insbesondere in der<br />
erstgenannten Entscheidung [ BAG 9.2.1956 - 1 AZR 329/55 - BAGE 2, 322, 325, 326 = AP § 394 BGB Nr. 1]<br />
hat das BAG aus den Vorschriften über das Verbot ungleicher Kündigungsfristen (jetzt § 622 Abs. 5 BGB )<br />
den allgemeinen Grundsatz gefolgert, es sei unzulässig, durch vertragliche Absprachen eine ungleiche<br />
Kündigungslage zum Nachteil einer der Parteien des Arbeitsverhältnisses, vor allem des Arbeitnehmers, zu<br />
schaffen; insbesondere die Vereinbarung eines einseitigen Vermögensnachteils zu Lasten des Arbeitnehmers<br />
für den Fall einer von ihm erklärten Kündigung führt nach dieser Entscheidung zu einem nicht vertretbaren<br />
Ungleichgewicht in der Kündigungslage".<br />
(45) Amtl. Anm.:<br />
S. Text: "Art. <strong>12</strong> [Berufsfreiheit] (1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und<br />
Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes<br />
geregelt werden".<br />
(46) Amtl. Anm.:<br />
S. als Beispiele anschaulich etwa noch BAG 29.6.1962 - 1 AZR 343/61 - BAGE 13, 168 = AP Art. <strong>12</strong> GG<br />
Nr. <strong>12</strong> = NJW 1962, 1981 = MDR 1962, 1020 [Leitsatz 3.]: "Das Recht, den Arbeitsplatz zu wählen, umfasst<br />
bei auf unbestimmte Zeit eingegangenen Arbeitsverhältnissen auch das Recht, den gewählten Arbeitsplatz<br />
beizubehalten, aufzugeben und zu wechseln. Die auf vertraglicher Absprache beruhende Begründung von<br />
Zahlungspflichten zu Lasten des kündigenden Arbeitnehmers kann eine Beschränkung des Grundrechts des<br />
Art. <strong>12</strong> GG bedeuten und damit zur Unwirksamkeit der Vereinbarung führen"; im Anschluss BAG 24.2.1975 -<br />
5 AZR 235/74 - AP Art. <strong>12</strong> GG Nr. 50 = SAE 1976, 71 = DB 1975, 1083: "Bindungsklauseln im<br />
Zusammenhang mit der Rückerstattung von Umzugskosten sind & im Grundsatz zulässig. Die allgemeine<br />
Grenze ihrer Zulässigkeit ist erreicht, wenn sie das Maß des dem Arbeitnehmer zumutbaren überschreiten<br />
und ihr Inhalt - vom Standpunkt eines verständigen Betrachters aus gesehen - durch begründete und zu<br />
billigende Interessen des Arbeitgebers nicht mehr gedeckt sind; insoweit gilt das gleiche wie hinsichtlich der<br />
Vereinbarung von Bindungsklauseln im Zusammenhang mit der Rückgewähr von Ausbildungskosten (&). Hält<br />
eine Bindungsklausel sich innerhalb der bezeichneten allgemeinen Grenzen, so verletzt sie insbesondere<br />
nicht das Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes ( Art. <strong>12</strong> GG )".<br />
14 © 2013 Wolters Kluwer Deutschland GmbH - Jurion NV-Gesamtprodukt, Rechtsstand 9. Januar 2013 - 10.01.2013
(47) Amtl. Anm.:<br />
S. Text: "§ 307 Inhaltskontrolle. (1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam,<br />
wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen<br />
benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung<br />
nicht klar und verständlich ist".<br />
(48) Amtl. Anm.:<br />
S. Text: "§ 310 Anwendungsbereich. (1) & (3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem<br />
Verbraucher (Verbraucherverträge) finden sie Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben<br />
Anwendung: 1. Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie<br />
durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden".<br />
(49) Amtl. Anm.:<br />
S. Text oben, Fn. 47.<br />
(50) Amtl. Anm.:<br />
S. in diesem Sinne bereits BAG <strong>12</strong>.1.1973 - 3 AZR 211/72 - AP § 87 a HGB Nr. 4 = DB 1973, 1177 = BB<br />
1973, 1072 [Leitsätze]: "1. Eine Erfolgsbeteiligung, die sich nach dem vom Arbeitnehmer durch seine Tätigkeit<br />
vermittelten Umsatz bemisst, hat Provisionscharakter und ist verdienter Lohn. - 2. Eine solche Beteiligung<br />
kann nicht davon abhängig gemacht werden, dass das Arbeitsverhältnis eine bestimmte Zeit bestanden<br />
haben muss. Hierin liegt eine unzulässige Kündigungserschwerung"; 27.4.1982 - 3 AZR 814/79 - BAGE 38,<br />
318 = AP § 620 BGB Probearbeitsverhältnis Nr. 16 = NJW 1983, 135 [Leitsatz 2. u. II.3 b.]: "Eine<br />
Jahresumsatzprämie kann nicht an die Bedingung geknüpft werden, dass das Arbeitsverhältnis im folgenden<br />
Jahr von keiner Seite gekündigt wird"; [II.3 b.]: "Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG darf Lohn im<br />
engeren Sinn nicht mit Bindungsklauseln belastet werden. Das Arbeitsentgelt ist verdient, sobald der<br />
Arbeitnehmer die entsprechende Arbeitsleistung erbracht hat (&)"; s. aus neuerer Zeit tendenziell etwa BAG<br />
<strong>28</strong>.3.2007 - 10 AZR 261/06 - NZA 2007, 687 = AP § 611 BGB Gratifikation Nr. 265 = <strong>EzA</strong> § 611 BGB 2002<br />
Gratifikation, Prämie Nr. 21 [II.2 b, aa. - "[...]"-Rn. 17]: "Die Sonderzahlung kann ausschließlich im<br />
Bezugszeitraum erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich honorieren. Hat sie nur diesen Zweck, entsteht der<br />
Anspruch auf sie bereits im Laufe des Bezugszeitraums entsprechend der zurückgelegten Zeitdauer und<br />
Arbeitsleistung und wird lediglich zu einem anderen Zeitpunkt insgesamt fällig".<br />
(51) Amtl. Anm.:<br />
S. dahin bereits BAG 13.6.1991 - 6 AZR 421/89 - <strong>EzA</strong> § 611 BGB Gratifikation, Prämie Nr. 86 [Leitsatz 2.]:<br />
"Die Zweckbestimmung einer Sonderleistung ergibt sich vorrangig aus den tatsächlichen und rechtlichen<br />
Voraussetzungen, von deren Vorliegen und Erfüllung die Leistung abhängig gemacht wird"; nachdrücklich<br />
dann BAG 24.3.1993 - 10 AZR 160/92 - AP § 611 BGB Gratifikation Nr. 152 = <strong>EzA</strong> § 611 Gratifikation, Prämie<br />
Nr. 102 = NZA 1993, 1043 [Leitsatz]: "Der Zweck einer betrieblichen oder tariflichen Sonderzahlung (&), wie<br />
er sich allein aus deren Voraussetzungen, Ausschluss- und Kürzungstatbeständen ergibt, kann zwar bei der<br />
Auslegung der konkreten Regelung zu berücksichtigen sein, nicht aber weitere Ausschluss- oder<br />
Kürzungstatbestände begründen".<br />
(52) Amtl. Anm.:<br />
S. zuvor etwa noch BAG 13.6.1991 (Fn. 51) [II.1.]: "Die Sonderleistung kann aber auch die Belohnung<br />
bisheriger Dienste und erwiesener Betriebstreue zum Ziel haben und zugleich in Erwartung künftiger<br />
Betriebstreue gezahlt werden (&). Es handelt sich dann um Gratifikationen oder um Leistungen mit<br />
Mischcharakter (Entgelt im weiteren Sinne), wenn die Zahlung sowohl ein Entgelt für erbrachte<br />
Arbeitsleistungen darstellt als auch eine Belohnung für in der Vergangenheit erwiesene Betriebstreue (&).<br />
Derartige Entgelte sind regelmäßig mit weiteren anspruchsbegründenden Voraussetzungen wie einer<br />
Stichtagsregelung oder einer Rückzahlungsklausel verbunden. In diesen Fällen entsteht der Anspruch nicht,<br />
wenn z.B. der Arbeitnehmer vor einem Stichtag ausscheidet"; <strong>28</strong>.3.2007 (Fn. 50) [II.2 b, bb. - "[...]"-Rn. 18]:<br />
"Die Sonderzahlung kann aber auch vergangenheits- und zukunftsbezogene Elemente miteinander<br />
verknüpfen und sowohl die Belohnung bisheriger Dienste und erwiesener Betriebstreue bezwecken als auch<br />
als Anreiz für künftige Betriebstreue dienen (&). & Nach der Rechtsprechung des Senats ist es auch<br />
grundsätzlich möglich, dass der Arbeitgeber den Anspruch auf eine freiwillige Sonderzahlung daran knüpft,<br />
dass das Arbeitsverhältnis über den Auszahlungszeitpunkt hinaus innerhalb eines bestimmten Zeitraumes<br />
fortbesteht, wobei für die zulässige Bindungsdauer die Höhe der Sonderzahlung maßgeblich ist (...)"; s. zu -<br />
berechtigten - Bedenken insofern bereits Viola Lindemann, in: Ulrich Preis (Hrg.), Der Arbeitsvertrag, 4.<br />
15 © 2013 Wolters Kluwer Deutschland GmbH - Jurion NV-Gesamtprodukt, Rechtsstand 9. Januar 2013 - 10.01.2013
Auflage (2011), Teil II S. Nr. 40 [Sonderzahlungen] Rn. 94: "Nach bisheriger Rechtsprechung waren<br />
Rückzahlungsklauseln auch bei Sonderzahlungen mit Mischcharakter (&) zulässig, es wurde gerade als<br />
Zweck derartiger Sonderzahlungen angesehen, nicht nur die erbrachte Arbeitsleistung, sondern (auch) die<br />
vom Arbeitnehmer erbrachte Betriebstreue bzw. den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu vergüten. & Ob<br />
dies angesichts der angekündigten Rechtsprechungsänderung für Stichtagsklauseln außerhalb des<br />
Bezugszeitraums - die in ihrer Wirkung den Rückzahlungsklauseln sehr ähnlich sind - auch zukünftig so<br />
bleibt, ist offen. Sachgerechter erscheint es, konsequent auch die Rückzahlungsklauseln nur hinsichtlich<br />
desjenigen Teils der Sonderzahlung zuzulassen, die ausschließlich die Betriebstreue honoriert".<br />
(53) Amtl. Anm.:<br />
S. insofern jetzt BAG 18.1.20<strong>12</strong> - 10 AZR 6<strong>12</strong>/10 - NZA 20<strong>12</strong>, 561 = MDR 20<strong>12</strong>, 718 [I.2 a, ff. - "[...]"-Rn. <strong>28</strong>]:<br />
"Dass die Sonderzahlung im Streitfall auch die Betriebstreue honorieren sollte, ändert an dem Ergebnis<br />
nichts. Soweit der Senat die Auffassung vertreten hat, Bestandsklauseln seien bei Sonderzahlungen bereits<br />
dann zulässig, wenn sie sowohl der Vergütung bereits erbrachter Arbeitsleistung als auch der Honorierung<br />
von Betriebstreue dienten (&), gibt der Senat diese auf. Der zusätzliche Zweck ändert nichts daran, dem<br />
Arbeitnehmer entgegen der in § 611 BGB zum Ausdruck kommenden Vorstellung des Gesetzgebers durch<br />
eine Bestandsklausel bereits verdiente Arbeitsvergütung entzogen würde"; ebenso BAG 10 AZR 667/10 -<br />
NZA 20<strong>12</strong>, 620 [I.1 b. - "[...]"-Rn. 11]: "Dagegen kann eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung für<br />
bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu<br />
einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraumes abhängig gemacht werden (&). Es ist unangemessen ge.<br />
§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und widerspricht der gesetzlichen Wertung des § 611 BGB , vereinbartes<br />
Arbeitsentgelt dem Arbeitnehmer über eine Stichtagsklausel oder eine sonstige Zahlungsbedingung wieder zu<br />
entziehen, wenn der vorleistungspflichtige Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung erbracht hat".<br />
(54) Amtl. Anm.:<br />
S. BAG 24.10.2007 (Fn. 15).<br />
(55) Amtl. Anm.:<br />
S. BAG 24.10.2007 (Fn. 15) [II.3 b, aa. (2) - "[...]"-Rn. <strong>28</strong>]: "Ob diese Grundsätze bei allen Sonderzahlungen<br />
unabhängig von ihrer Höhe gelten & , braucht der Senat hier nicht zu entscheiden. Wenn allerdings die Frage,<br />
ob eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des<br />
Klauselverwenders vorliegt, auf der Grundlage einer Abwägung der berechtigten Interessen der Beteiligten zu<br />
beantworten ist, erscheint es bei typisierender Betrachtung kaum interessengerecht, dem Arbeitnehmer im<br />
Falle einer nicht in seinen Verantwortungsbereich fallenden, z.B. betriebsbedingten Kündigung des<br />
Arbeitgebers einen ganz wesentlichen Teil seiner Vergütung vorzuenthalten, mag auch das Ziel, künftige<br />
Betriebstreue zu belohnen und den Arbeitnehmer zu reger und engagierter Mitarbeit zu motivieren, nicht mehr<br />
zu erreichen sein, wenn dieser seinen Arbeitsplatz verloren hat. Es spricht auch viel dafür, dass in Fällen, in<br />
denen die Sonderzahlung mindestens 25 % der Gesamtvergütung ausmacht, der mit der Sonderzahlung<br />
verfolgte Zweck einer zusätzlichen Vergütung bei der Abwägung der Interessen der Arbeitsvertragsparteien<br />
und damit bei der Beurteilung der Bindungsklausel maßgebend ist, und die Zielsetzung, künftige<br />
Betriebstreue zu motivieren, dahinter zurückzutreten hat (...)".<br />
(56) Amtl. Anm.:<br />
S. LAG Düsseldorf 5.11.2008 (Fn. 15).<br />
(57) Amtl. Anm.:<br />
S. LAG Düsseldorf 5.11.2008 (Fn. 15) [II. - "[...]"-Rn. 67]: "Darüber hinaus geht die Berufungskammer in<br />
Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht davon aus, dass ein Verstoss gegen § 622 Abs. 6 BGB vorliegt.<br />
Nach dieser Vorschrift darf für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer<br />
einzelvertraglich keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber. Ein<br />
Verstoß gegen dies Bestimmung ist nach Sinn und Zweck nicht nur dann gegeben, wenn einzelvertraglich für<br />
den Arbeitnehmer längere Kündigungsfristen oder ungünstigere Kündigungstermine festgelegt werden als für<br />
den Arbeitgeber, sondern bereits dann anzunehmen, wenn die Kündigung des Arbeitnehmers gegenüber der<br />
des Arbeitgebers erschwert ist. Daher sind Kündigungsbeschränkungen zu Lasten des Arbeitgebers als<br />
unzulässig anzusehen (vgl. BAG 20.8.1996 - 9 AZR 471/95 - zitiert nach ,[...]")".<br />
(58) Amtl. Anm.:<br />
Dies betraf bei einem Grundgehalt von 140.000,-- Euro p.a. einen "Total Incentive Award" von 110.000,--<br />
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Euro pro Geschäftsjahr; d.U.<br />
(59) Amtl. Anm.:<br />
S. LAG Düsseldorf 5.11.2008 (Fn. 15) [II. - "[...]"-Rn. 65].<br />
(60) Amtl. Anm.:<br />
S. LAG Düsseldorf 5.11.2008 a.a.O.<br />
(61) Amtl. Anm.:<br />
S. LAG Düsseldorf 5.11.2008 a.a.O.<br />
(62) Amtl. Anm.:<br />
S. LAG Düsseldorf 5.11.2008 a.a.O.<br />
(63) Amtl. Anm.:<br />
S. Text oben, S. 11 Fn. 47.<br />
(64) Amtl. Anm.:<br />
S. etwa BAG 11.4.2006 - 9 AZR 610/05 - BAGE 118, 36 = AP § 307 BGB Nr. 16 = NZA 2006, 1042 = <strong>EzA</strong><br />
§ 307 BGB 2002 Nr. 14 [A.II.3 a. - "[...]"-Rn. 20-21]: "Das BAG hat schon nach altem Schuldrecht trotz<br />
Geltung der Bereichsausnahme in § 23 Abs. 1 AGBG eine allgemeine richterliche Inhaltskontrolle<br />
vorgenommen, um dem grundgesetzlichen Schutzauftrag mit den Mitteln des Zivilrechts Geltung zu<br />
verschaffen (&). In Anwendung von §§ 138 , 242 , 315 BGB sind u.a. auch vorformulierte<br />
Rückzahlungsklauseln in Arbeitsverträgen darauf überprüft worden, ob sie den Arbeitnehmer entgegen dem<br />
Gebot von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (&). - b) Die von der Klägerin vorformulierte<br />
Rückzahlungsklausel ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ebenfalls daran zu messen, ob sie den<br />
Vertragspartner des die Klausel verwendenden Arbeitgebers ,unangemessen benachteiligt'"; 14.1.2009 -<br />
3 AZR 900/07 - BAGE <strong>12</strong>9, <strong>12</strong>1 = AP § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe Nr. 41 = <strong>EzA</strong> § 307 BGB 2002 Nr. 18 =<br />
NZA 2009, 666 [II.2 b. - [...]"-Rn. 16]: "Bereits bevor mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (&)<br />
mit Wirkung zum 1.1.2002 das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Verträge auf dem Gebiet<br />
des Arbeitsrechts erstreckt wurde (&), nahm die Rechtsprechung eine Inhaltskontrolle von<br />
Rückzahlungsklauseln anhand der §§ 138 , 242 , 315 BGB vor. Die auf dieser Grundlage entwickelten<br />
Kriterien sind auch im Rahmen der Prüfung nach § 307 Abs. 1 BGB heranzuziehen (...)".<br />
(65) Amtl. Anm.:<br />
S. BAG 10.5.1962 - 5 AZR 452/61 - BAGE 13, <strong>12</strong>9 = AP § 611 BGB Gratifikation Nr. 22 = NJW 1962, 1537 =<br />
SAE 1962, 177; 10.5.1962 - 5 AZR 353/61 - AP § 611 BGB Gratifikation Nr. 23 = JZ 1963, 173 = BB 1962,<br />
758.<br />
(66) Amtl. Anm.:<br />
S. BAG 10.5.1962 [452/61] [4 d.]: "Erhält der Arbeitnehmer als Weihnachtsgratifikation nur einen Betrag, der<br />
100,-- DM nicht übersteigt &, so kann damit regelmäßig überhaupt keine Rückzahlungsklausel verbunden<br />
werden".<br />
(67) Amtl. Anm.:<br />
S. BAG 10.5.1962 [452/61] [4 c.]: "Erhält der Arbeitnehmer einen Betrag, der 100,-- DM übersteigt, jedoch<br />
nicht einen Monatsbezug erreicht, so ist ihm aus Gründen der Vertragstreue in aller Regel noch immer<br />
zuzumuten, eine Rückzahlungsklausel einzuhalten, die bis zum 31. März des darauffolgenden Jahres reicht.<br />
In diesem Falle kann also der Arbeitnehmer mit Ablauf des 31. März auf Grund einer von ihm vorher<br />
ausgesprochenen Kündigung ausscheiden, ohne mit der Rückzahlungspflicht belastet zu sein".<br />
(68) Amtl. Anm.:<br />
S. BAG 10.5.1962 [452/61] [4 a.]: "Erhält der Arbeitnehmer einen Monatsbezug, und hat er bis zum 31. März<br />
des darauffolgenden Jahres nur eine Kündigungsmöglichkeit, wie das z.B. nach § 66 HGB in der Regel für<br />
Handlungsgehilfen der Fall ist, dann ist ihm in aller Regel zuzumuten, diese eine Kündigungsmöglichkeit<br />
auszulassen, wenn er die Gratifikation behalten will (&). - b) Erhält der Arbeitnehmer einen Monatsbezug, und<br />
hat er bis zum 31. März des darauffolgenden Jahres mehrere Kündigungsmöglichkeiten, dann ist ihm wegen<br />
der Höhe der ihm gewährten Weihnachtsgratifikation regelmäßig zuzumuten, den Betriebs erst nach dem<br />
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31. März zum nächstzulässigen Kündigungstermin zu verlassen, wenn er die Gratifikation behalten will. In<br />
einem solchen Fall kann also der Arbeitnehmer, ohne zur Rückzahlung verpflichtet zu sein, zwar schon vor<br />
dem 31. März kündigen, jedoch nicht in der Weise, dass das Arbeitsverhältnis mit dem 31. März endet".<br />
(69) Amtl. Anm.:<br />
S. etwa BAG 10.5.1962 (Fn. 65 - 353/61] [4.]: "Einem Arbeitnehmer, der eine eindrucksvolle Gratifikation<br />
erhält, ist durchaus zuzumuten, die ihm zustehenden Kündigungsmöglichkeiten innerhalb der in der<br />
Rückzahlungsklausel vorgesehenen Zeit nicht auszuüben"; 13.7.1962 - 5 AZR 498/61 - BAGE 13, 204 = AP<br />
§ 611 BGB Gratifikation Nr. 24 = NJW 1962, 1932 = SAE 1963, 10 [3 b.]: "Es mögen durchaus Fälle denkbar<br />
sein, in denen es dem Arbeitnehmer zuzumuten ist, über den 30. Juni des darauffolgenden Jahres im Betrieb<br />
des Arbeitgebers zu verbleiben, wenn er eine beachtliche freiwillige Weihnachtsgratifikation ohne<br />
Rückzahlungsvorbehalt und dazu noch zu Weihnachten eine Abschluss- und Treueprämie in Höhe eines<br />
Monatsbezuges unter Rückzahlungsvorbehalt der hier in Rede stehenden Art erhalten hat und er die<br />
Abschluss- und Treueprämie behalten will"; im Anschluss BAG <strong>12</strong>.<strong>12</strong>.1962 - 5 AZR 324/62 - AP § 611 BGB<br />
Gratifikation Nr. 25 = SAE 1963, 92 = DB 1963, 454 = BB 1963, 433 [II.]: "Eine über den 30. Juni des<br />
darauffolgenden Jahres hinausgehende Bindung mag zumutbar sein, wenn die Zuwendung einen<br />
Monatsbezug erheblich überschreitet. Das hat der Senat bereits in seinen beiden Entscheidungen vom<br />
10.5.1962 ( & [353/61 u. 452/61; d.U.]) und in der Entscheidung vom 13. 7.1962 (&) angedeutet und dabei<br />
von einer ,eindrucksvollen' und ,beachtlichen' Gratifikation gesprochen".<br />
(70) Amtl. Anm.:<br />
S. prägnant namentlich BAG 13.7.1962 a.a.O. [3 b.]: "Für die Unzumutbarkeit einer über den 30. Juni des<br />
darauffolgenden Jahres hinausgehenden Bindungswirkung des von der Beklagten geltend gemachten<br />
Rückzahlungsversprechens spricht auch noch folgender besondere Gesichtspunkt: Am 30. September<br />
1961 müsste die Klägerin vernünftigerweise in Betracht ziehen, dass demnächst aus dem am 30. September<br />
1961 ablaufenden Geschäftsjahr der Beklagten wiederum vorbehaltlose Weihnachtsgratifikation und dazu<br />
eine unter Vorbehaltsklausel gestellte Treueprämie zu erwarten sei, bei deren Entgegennahme sie sich dann<br />
wiederum verpflichten müsse, eine Rückzahlungsklausel bis zum 30. September 1962 einzuhalten. Das<br />
würde sich jedes Jahr wiederholen und wäre praktisch ein Bindungseffekt ohne Ende. Es ist aber einem<br />
Arbeitnehmer nicht zuzumuten, für eine freiwillig und ohne Rückzahlungsvorbehalt gewährte<br />
Weihnachtsgratifikation von nur 100,-- DM und eine unter Rückzahlungsvorbehalt bis zum 30. September des<br />
folgenden Jahres gestellte Abschluss- und Treueprämie in Höhe eines Monatsgehaltes regelrecht im<br />
Dauerzustand unter Bindungswirkungen gegebener oder Sogwirkungen demnächstiger Gratifikationen und<br />
Prämien zu stehen. Es gehört vielmehr zu seinen Rechten, sich gelegentlich unbeeinflusst einmal darauf<br />
besinnen zu können, ob er bei seinem Arbeitgeber bleiben will oder nicht".<br />
(71) Amtl. Anm.:<br />
S. BAG 27.10.1978 - 5 AZR 754/77 - AP § 611 BGB Gratifikation Nr. 99 = <strong>EzA</strong> § 611 BGB Gratifikation,<br />
Prämie Nr. 61 = DB 1979, 898 = BB 1979, 1350 [Leitsatz]: "Erhält ein Arbeitnehmer eine Gratifikation, die ein<br />
zweifaches Monatsgehalt nicht erreicht, so kann er durch eine Rückzahlungsklausel jedenfalls dann nicht<br />
über den 30. Juni des folgenden Jahres hinaus an den Betrieb gebunden werden, wenn er bis dahin mehrere<br />
Kündigungsmöglichkeiten hatte"; ErfArbR/Ulrich Preis, 13. Auflage (2013), § 611 BGB Rn. 550: "Erhält der AN<br />
eine Sonderzahlung, die einen Monatsbezug übersteigt, jedoch ein zweifaches Monatsbehalt nicht erreicht,<br />
kann er durch eine Rückzahlungsklausel nicht über den 30.6. des folgenden Jahres hinaus gebunden werden,<br />
wenn er bis dahin mehrere Kündigungsmöglichkeiten hatte".<br />
(72) Amtl. Anm.:<br />
S. Text: "§ 15 Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses. (1) & (4.) Ist das Arbeitsverhältnis für die Lebenszeit<br />
einer Person oder für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen, so kann es von dem Arbeitnehmer nach Ablauf<br />
von fünf Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate".<br />
(73) Amtl. Anm.:<br />
S. Text: "§ 624 Kündigungsfrist bei Verträgen über mehr als fünf Jahre. Ist das Dienstverhältnis für die<br />
Lebenszeit einer Person oder für längere Zeit als fünf Jahre eingegange, so kann es von dem Verpflichteten<br />
nach dem Ablauf von fünf Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate".<br />
(74) Amtl. Anm.:<br />
S. zunächst für Stichtagsklauseln BAG 13.9.1974 - 5 AZR 48/74 - AP § 611 BGB Gratifikation Nr. 84 = NJW<br />
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1975, 278 = DB 1974, 2483 = BB 1974, 1639 [Leitsatz 1. u. 3 a.]: "Werden in einer betrieblichen Regelung<br />
über eine ,Jahresprämie' solche Mitarbeiter vom Bezug ausgeschlossen, die vor dem 31. Mai des auf das<br />
Prämienjahr folgenden Jahres aus der Firma ausscheiden oder die sich an diesem Tage in einem<br />
gekündigten Arbeitsverhältnis befinden, so gilt diese Ausschlussklausel nicht für solche Mitarbeiter, deren<br />
Arbeitsverhältnis der Arbeitgeber aus betriebsbedingten Gründen gekündigt hat"; [3 a.]: "In einem solchen Fall<br />
wird der Arbeitnehmer durch die Beklagte gehindert, sich betriebstreu zu erweisen. Es ist ein<br />
widersprüchliches Verhalten und deshalb rechtsmissbräuchlich, eine Jahresprämie als Entgelt dafür<br />
auszusetzen, dass der Arbeitnehmer im Bezugsjahr im Dienst des Arbeitgebers gearbeitet hat und darüber<br />
hinaus im Betriebe verbleibt, zugleich aber einem solchen Mitarbeiter die in Aussicht gestellte Jahresprämie<br />
zu versagen, wenn er diese Prämie durch Mitarbeiter während des ganzen Bezugszeitraumes verdient hat<br />
und bereit gewesen ist, dem Betrieb auch weiterhin anzugehören. Ein solcher Mitarbeiter hat die von ihm<br />
erwartete Leistung, soweit es an ihm liegt, voll erbracht; dann darf ihm die Gegenleistung nicht verweigert<br />
werden"; 26.6.1975 - 5 AZR 4<strong>12</strong>/74 - AP § 611 BGB Gratifikation Nr. 86 = DB 1975, 2089 = BB 1975, 1531<br />
[Leitsatz 3.]: "In Gratifikationszusagen eingefügte Klauseln, die den Arbeitnehmer im Falle betriebsbedingten<br />
Ausscheidens von dem Anspruch ausschließen, sind regelmäßig unwirksam (...)"; übergreifend dann BAG<br />
27.4.1982 (Fn. 50) [II.2 b.]: "Der Fünfte Senat des BAG hat bei Bindungsklauseln wiederholt entschieden,<br />
dass eine Vertragsgestaltung rechtsmissbräuchlich ist, die den Arbeitnehmer für seine Betriebstreue vergütet,<br />
diese Vergütung aber vorenthält, obwohl der Arbeitnehmer gar keinen Einfluss auf den Fortbestand des<br />
Arbeitsverhältnisses hat (&). Dem schließt sich der Senat an".<br />
(75) Amtl. Anm.:<br />
S. BAG 4.9.1985 - 5 AZR 655/84 - BAGE 49, <strong>28</strong>1 = AP § 611 BGB Gratifikation Nr. <strong>12</strong>3 = <strong>EzA</strong> § 611 BGB<br />
Gratifikation, Prämie Nr. 76 = NZA 1986, 225 = MDR 1986, 343 [Leitsatz]: "Klauseln in einem Tarifvertrag (&),<br />
die den Anspruch auf eine Sonderzuwendung von dem Bestehen eines Arbeitsverhältnisses an einem<br />
bestimmten Stichtag innerhalb des Bezugsjahres abhängig machen, gelten auch für den Fall einer<br />
betriebsbedingten Kündigung (Aufgabe von BAG 27.10.1978 - 5 AZR <strong>28</strong>7/77 - BAGE 31, 113 = AP<br />
§ 611 BGB Gratifikation Nr. 98)".<br />
(76) Amtl. Anm.:<br />
S. BAG 25.4.1991 - 6 AZR 183/90 - BAGE 68, 41 = AP § 611 BGB Gratifikation Nr. 138 = NZA 1991, 765 =<br />
<strong>EzA</strong> § 611 BGB Gratifikation, Prämie Nr. 85 = MDR 1991, 865 [Leitsatz 1.]: "Die Bestimmung einer<br />
Betriebsvereinbarung, wonach Mitarbeiter von der Gratifikationszahlung ausgeschlossen sind, die am<br />
Stichtag 30. November des Jahres in einem gekündigten Arbeitsverhältnis stehen, gilt auch für den Fall einer<br />
betriebsbedingten Kündigung (Aufgabe von BAG 13.9.1974 - 5 AZR 48/74 - AP § 611 BGB Gratifikation<br />
Nr. 84)".<br />
(77) Amtl. Anm.:<br />
S. im gleichen Sinne Bernd Ruberg (Fn. 33) Rn. 31: "Der ursprüngliche Grundgedanke zur Akzeptanz von<br />
Bindungsklauseln - wechselseitiger Nutzen durch Abkauf von Kündigungsmöglichkeiten (&) - ist hier<br />
verlassen. Es geht auch nicht mehr um das die Klauseln einst herausbildende Anliegen der Unternehmen, auf<br />
das Kündigungsverhalten der Beschäftigten einzuwirken (&). Hier waltet vielmehr der Gedanke der<br />
Zweckverfehlung: Da die Zuwendung sich zugunsten künftiger Betriebstreue nicht mehr auswirken kann,<br />
verliert sie ihren wirtschaftlichen Sinn. Ob die Vermeidung von Fehlinvestitionen entsprechende<br />
Bindungsklauseln rechtfertigen kann, ist allerdings höchst fragwürdig. & ".<br />
(78) Amtl. Anm.:<br />
Sprachliche Anleihe bei Hartmut Oetker, Der arbeitsrechtliche Bestandsschutz unter dem Firmament der<br />
Grundrechtsordnung (1996), S. 1 ff.<br />
(79) Amtl. Anm.:<br />
S. BAG 11.4.2006 (Fn. 64) [A.II.3 e, aa. - "[...]"-Rn. 27]: "Es ist nicht zulässig, die Rückzahlungspflicht<br />
schlechthin an jedes Ausscheiden des Arbeitnehmers zu knüpfen, das innerhalb der in der Klausel<br />
vorgesehenen Bindungsfrist stattfindet. Vielmehr muss nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens<br />
unterschieden werden".<br />
(80) Amtl. Anm.:<br />
S. BAG 11.4.2006 a.a.O. - Zitat Fn. 79.<br />
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(81) Amtl. Anm.:<br />
S. BAG 11.4.2006 a.a.O.<br />
(82) Amtl. Anm.:<br />
S. BAG 11.4.2006 a.a.O.<br />
(83) Amtl. Anm.:<br />
S. BAG 23.1.2007 - 9 AZR 482/06 - AP § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe Nr. 38 = NZA 2007, 748 = ZTR 2007,<br />
507 [Orientierungssatz 1.]: "Eine Rückzahlungsklausel, die einen Mitarbeiter zur (anteiligen) Rückzahlung der<br />
als Darlehen gewährten Studiengebühren verpflichtet, ,wenn das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendigt wird'<br />
und nicht danach unterscheidet, ob der Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Sphäre des<br />
Arbeitgebers oder der des Arbeitnehmers zuzuordnen ist, ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil<br />
sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt"; s. auch BAG 19.1.2011 - 3 AZR 621/08 - BAGE 137, 1 =<br />
AP § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe Nr. 44 = NZA 20<strong>12</strong>, 85 = MDR 2011, <strong>12</strong>40 [II.3 b, bb. - "[...]"-Rn. 31]: "Die<br />
vom Kläger gestellte Klausel belastet den Beklagten auch nicht ohne Ausnahme für jeden Fall der<br />
Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit einer Rückzahlungspflicht für entstandene Ausbildungskosten (&).<br />
Die Bestimmung unterscheidet vielmehr danach, ob der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses<br />
der Sphäre des Arbeitgebers oder der des Arbeitnehmers zuzuordnen ist".<br />
(84) Amtl. Anm.:<br />
S. etwa BAG 18.11.2008 - 3 AZR 192/07 - <strong>EzA</strong> § 307 BGB 2002 Nr. 42 = NZA 2009, 435 = DB 2009, 853<br />
[Orientierungssätze 4 u. 5]: "Der Arbeitgeber kann nicht ohne weiteres die Kosten einer beruflichen Aus- oder<br />
Fortbildung auf den Arbeitnehmer abwälzen, wenn es sich bei den vom Arbeitgeber vorgeschossenen Ausoder<br />
Fortbildungskosten der Sache nach um eine Investition im Interesse des arbeitgeberischen<br />
Unternehmens handelt. - 5. Liegt ein derartiger Fall vor, ist eine Rückzahlungsklausel nur interessengerecht,<br />
wenn dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eingeräumt wird, der Rückzahlungspflicht durch Betriebstreue zu<br />
entgehen. Deswegen kann die Übernahme von Kosten durch den Arbeitgeber nicht davon abhängig gemacht<br />
werden, dass das Arbeitsverhältnis aus Gründen endet, die ausschließlich dem Verantwortungs- und<br />
Risikobereich des Arbeitgebers zuzuordnen sind".<br />
(85) Amtl. Anm.:<br />
S. BGH 17.9.2009 - III ZR 207/08 - NJW 2010, 57 = NZA 2010, 37 = MDR 2009, 1396 [II.1 b. - "[...]"-Rnrn.<br />
19-20], wonach die Verpflichtung zur Erstattung der Ausbildungskosten nach der Rechtsprechung des BAG<br />
vor Ablauf einer angemessenen Bindungsfrist nur "durch ein Ereignis ausgelöst werden (darf), das in die<br />
(Verantwortungs- und Risiko-)Sphäre des Arbeitnehmers und nicht in die Sphäre des Arbeitgebers fällt":<br />
"Nach diesen Grundsätzen, denen sich der erkennende Senat anschließt, ergibt sich die Unwirksamkeit der<br />
Entgeltregelung in Ziffer 6 Abs. 3 des Ausbildungsvertrages".<br />
(86) Amtl. Anm.:<br />
S. statt vieler nur LAG Düsseldorf 19.7.2011 - 16 Sa 607/11 - NZA-RR 2011, 630 [Leitsatz]: "Die<br />
Rückzahlungsklausel in einem formularmäßigen Arbeitsvertrag, nach der eine Weihnachtsgratifikation<br />
zurückgefordert werden kann, soweit das Arbeitsverhältnis bis zum 31.3. des Folgejahres beendet wird,<br />
benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen, wenn sie auch in Fällen eingreift, in denen der die<br />
Rückforderung auslösende Grund nicht im Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers liegt"; ebenso zuvor<br />
schon LAG Hamm 16.9.2010 - 15 Sa 8<strong>12</strong>/10 - LAGE § 611 BGB 2002 Gratifikation Nr. 18 [Leitsatz]:<br />
"Schließen Bestimmungen eines Arbeitsvertrages, die als Allgemeine Geschäftsbedingungen anzusehen<br />
sind, den Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation aus, wenn sich das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der<br />
Auszahlung im gekündigten Zustand befinde, ohne danach zu differenzieren, ob der Grund für die Kündigung<br />
im Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers liegt, so benachteiligen diese<br />
Vertragsbestimmungen den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und<br />
sind damit gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam"; s. dazu aber auch BAG 18.1.20<strong>12</strong> (Fn. 53 - 667/10) - dazu<br />
sogleich im Text.<br />
(87) Amtl. Anm.:<br />
S. BAG <strong>28</strong>.3.2007 (Fn. 50) [II.2 b, bb. - "[...]"-Rn. 18]: "Solche Klauseln sind selbst dann zulässig, wenn der<br />
Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Bindungsfrist nicht in der Sphäre des<br />
Arbeitnehmers liegt. Sie gelten damit grundsätzlich auch bei einer betriebsbedingten Kündigung des<br />
Arbeitgebers (&). & . Eine Sonderzahlung kann ihren Zweck, künftige Betriebstreue zu belohnen und den<br />
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Arbeitnehmer zu reger und engagierter Mitarbeit zu motivieren, bei bereits ausgeschiedenen oder alsbald<br />
ausscheidenden Arbeitnehmern nicht erfüllen"; s. auch BAG 18.1.20<strong>12</strong> (Fn. 53 - 667/10) [I.2 b. - "[...]"-Rn. 14]:<br />
"Der Arbeitgeber darf unabhängig vom Verhalten des Arbeitnehmers allein die fortdauernde<br />
Betriebszugehörigkeit über den Stichtag hinaus zur Voraussetzung der Sonderzahlung machen, weil ihre<br />
motivierende Wirkung sich nur bei den Arbeitnehmern entfalten kann, die dem Betrieb noch - oder noch einige<br />
Zeit - angehören".<br />
(88) Amtl. Anm.:<br />
S. dazu etwa BAG 19.11.1992 - 10 AZR 264/91 - BAGE 72, 1 = AP § 611 BGB Gratifikation Nr. 147 = NZA<br />
1993, 353 [Leitsatz 3.]: "Es ist in der Regel nicht unbillig oder treuwidrig, Arbeitnehmer im Falle einer sozial<br />
gerechtfertigten betriebsbedingten Kündigung vom bezug einer freiwilligen Sonderzahlung auszunehmen".<br />
(89) Amtl. Anm.:<br />
S. BAG 18.1.20<strong>12</strong> [Fn. 53 - 667/10] (I.2 b. - "[...]"-Rn. 14] - Zitat oben, Fn. 87 am Ende.<br />
(90) Amtl. Anm.:<br />
S. dazu noch unten, S. 21 [b.].<br />
(91) Amtl. Anm.:<br />
S. nochmals BAG 24.10.2007 (Fn. 15) [B.II.3 b, aa. (2) - "[...]"-Rn. <strong>28</strong>] - Zitat oben, Fn. 55.<br />
(92) Amtl. Anm.:<br />
S. Text oben, S. 8 Fn. 34.<br />
(93) Amtl. Anm.:<br />
S. Text oben, S. 5 Fn. 16.<br />
(94) Amtl. Anm.:<br />
S. insbesondere die Nachweise in Fn. 38 u. 39.<br />
(95) Amtl. Anm.:<br />
S. Text oben, S. 11 Fn. 47.<br />
(96) Amtl. Anm.:<br />
S. zum verfassungsrechtlichen Gebot grundrechtsorientierter Handhabung des nachrangigen<br />
Normenbestandes statt vieler BVerfG 30.7.2003 - 1 BvR 792/03 - AP Art. <strong>12</strong> GG Nr. 134 = <strong>EzA</strong> § 1 KSchG<br />
Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 58a = NJW 2003, <strong>28</strong>15 = NZA 2003, 959 [B.II.1 a. - "[...]"-Rn. 17], wo das<br />
Gericht einmal mehr betont, dass die Grundrechte "ihre Wirkkraft als verfassungsrechtliche<br />
Wertentscheidungen durch das Medium der Vorschriften entfalten, die das jeweilige Rechtsgebiet unmittelbar<br />
beherrschen, damit vor allem auch durch die zivilrechtlichen Generalklauseln". Der Staat habe "auch insoweit<br />
die Grundrechte des Einzelnen zu schützen und vor Verletzung durch andere zu bewahren". Dabei fällt es,<br />
soweit das geschriebene Gesetzesrecht den Interessenausgleich zwischen den Beteiligten nicht<br />
abschließend ausgestaltet hat, den Fachgerichtsbarkeiten zu, "diesen grundrechtlichen Schutz durch<br />
Auslegung und Anwendung des Rechts zu gewähren und im Einzelfall zu konkretisieren".<br />
(97) Amtl. Anm.:<br />
S. Text oben, S. 10 Fn. 45.<br />
(98) Amtl. Anm.:<br />
S. Text: "§ 46 Grundsatz. (1) & (2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszuges gelten die Vorschriften<br />
der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz<br />
nichts anderes bestimmt".<br />
(99) Amtl. Anm.:<br />
S. Text: "§ 495 Anzuwendende Vorschriften. (1) Für das Verfahren vor den Amtsgerichten gelten die<br />
Vorschriften über das Verfahren vor den Landgerichten, soweit nicht aus den allgemeinen Vorschriften des<br />
Buches 1, aus den nachfolgenden besonderen Bestimmungen und aus der Verfassung der Amtsgerichte sich<br />
Abweichungen ergeben".<br />
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(100) Amtl. Anm.:<br />
S. Text: "§ <strong>28</strong>6 Freie Beweiswürdigung. (1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der<br />
Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu<br />
entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht für wahr zu erachten sei".<br />
(101) Amtl. Anm.:<br />
Nur vorsorglich angemerkt sei, dass das hiesige Rückzahlungsregime in Nr. 3 der beiden Schriftstücke als<br />
solches für eine Zweckbestimmung unergiebig ist; zwar kann ihr entnommen werden, dass die Klägerin mit<br />
der Leistung auch (künftige) "Betriebstreue" eingefordert sehen will, nicht aber, dass die Zahlung nicht (auch)<br />
als Belohnung für bereits erbrachte Leistung und/oder erwiesene Betriebstreue gestiftet werde; d.U.<br />
(102) Amtl. Anm.:<br />
Das wäre etwa der Fall, wenn auch "Debütanten" in den Genuß der betreffenden Vergünstigung kommen, die<br />
sich im betrieblichen Geschehen also noch nicht bewährt haben können; d.U.<br />
(103) Amtl. Anm.:<br />
S. dazu nochmals BAG 18.1.20<strong>12</strong> (Fn. 53 - 6<strong>12</strong>/10) [I.2 a, ff. - "[...]"-Rn. <strong>28</strong>] - Zitat oben, Fn. 53.<br />
(104) Amtl. Anm.:<br />
S. LAG Düsseldorf 5.11.2008 (Fn. 15) [II. - "[...]"-Rn. 65] - s. dazu oben, S. 13.<br />
(105) Amtl. Anm.:<br />
S. BAG 24.10.2007 (Fn. 15) [II.3 b, aa. (2) - "[...]"-Rn. <strong>28</strong>] - Zitat oben, S. 13 Fn. 55.<br />
(106) Amtl. Anm.:<br />
S. hierzu § 5 ArbV (Bl. 8 GA); Textauszug: "§ 5 Probezeit, Kündigungsfristen - (1) & - (2) Nach Ablauf der<br />
Probezeit kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von drei (3) Monaten zum Monatsende gekündigt<br />
werden".<br />
(107) Amtl. Anm.:<br />
S. Text oben, S. 11 Fn. 47.<br />
(108) Amtl. Anm.:<br />
S. ähnlich schon Wolfhard Kohte Anm. BAG [26.1.2005 - 10 AZR 215/04] jurisPR-ArbR 17/2005 Anm. 1 [B. u.<br />
D.]: "Formulierungsverantwortung".<br />
(109) Amtl. Anm.:<br />
So bereits BGH 17.5.1982 - VII ZR 316/81 - BGHZ 84, 109 = NJW 1982, 2309 = MDR 1982, 921 [II.3 b.]; im<br />
Anschluss BAG 4.3.2004 - 8 AZR 196/03 - BAGE 110, 8 = AP § 309 BGB Nr. 3 = NZA 2004, 727 [B.III.2 c.]<br />
für formularvertragliche Vertragsstrafenklausel.<br />
(110) Amtl. Anm.:<br />
So BAG <strong>12</strong>.1.2005 - 5 AZR 364/04 - BAGE 113, 140 = AP § 308 BGB Nr. 1 = NZA 2005, 465 [B.I.5 a.] für<br />
formularvertraglichen Widerrufsvorbehalt; Anschlusspassage: "Es muss sich aus der Regelung selbst<br />
ergeben, dass der Widerruf nicht ohne Grund erfolgen darf"; im gleichen Sinne - hier für<br />
Versetzungsvorbehalt - statt vieler BAG 25.8.2010 - 10 AZR 275/09 - BAGE 135, 239 = NZA 2010, 1355 = AP<br />
§ 106 GewO Nr. 11 = MDR 2011, 431 [II.2 c, aa. - "[...]"-Rn. 25]: "Die Vertragsklausel muss dabei die<br />
Beschränkung auf den materiellen Gehalt des § 106 GewO unter Berücksichtigung der oben dargestellten<br />
Auslegungsgrundsätze aus sich heraus erkennen lassen. Insbesondere muss sich aus dem Inhalt der Klausel<br />
oder aus dem Zusammenhang der Regelung deutlich ergeben, dass sich der Arbeitgeber nicht die Zuweisung<br />
geringerwertiger Tätigkeiten - ggf. noch unter Verringerung der Vergütung - vorbehält".<br />
(111) Amtl. Anm.:<br />
S. BAG 9.5.2006 - 9 AZR 424/05 - BAGE 118, 189 = AP § 307 Nr. 21 = NZA 2007, 145 [II.2 b, cc.]: "zu weit<br />
gefasste Änderungsklausel".<br />
(1<strong>12</strong>) Amtl. Anm.:<br />
S. nur BAG 20.5.2008 - 9 AZR 382/07 - BAGE <strong>12</strong>6, 364 = AP § 307 BGB Nr. 35 = NZA 2008, <strong>12</strong>33 [A.II.3 c.]<br />
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für formularvertragliche Schriftformklausel; Text im Zusammenhang s. Folgefußnote.<br />
(113) Amtl. Anm.:<br />
S. BAG 20.5.2008 a.a.O. [A.II.3 c.]: "Unwirksam ist eine Schriftformklausel, wenn sie dazu dient, nach<br />
Vertragsschluss getroffene Individualvereinbarungen zu unterlaufen, indem sie beim anderen Vertragsteil den<br />
Eindruck erweckt, eine mündliche Abrede sei entgegen § 305 b BGB unwirksam (&). Solche Klauseln sind<br />
geeignet, den Vertragspartner von der Durchsetzung der ihm zustehenden Rechte abzuhalten (&). Die<br />
Bedeutung der Schriftformklausel liegt in einer stets unzutreffenden Belehrung über die Rechtslage. Diese<br />
Irreführung des Vertragspartners benachteiligt ihn unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB . Der<br />
Arbeitnehmer wird davon abgehalten, sich auf die Rechte zu berufen, die ihm auf Grund einer wirksamen<br />
mündlichen Vereinbarung zustehen (&)"; s. im gleichen Sinne auch schon BGH 15.2.1995 - VIII ZR 93/94 -<br />
NJW 1995, 1488 = BB 1995, 742 [II.2 a.]: "Unwirksam ist eine Schriftformklausel, wenn sie dazu dient,<br />
insbesondere nach Vertragsschluss getroffene Individualvereinbarungen zu unterlaufen, indem sie beim<br />
anderen Vertragsteil den Eindruck erweckt, eine mündliche Abrede sei entgegen allgemeinen Grundsätzen<br />
unwirksam"; 15.5.1991 - VIII ZR 38/90 - NJW 1991, 1750 = MDR 1991, 6<strong>28</strong> [II.2 b, bb.].<br />
(114) Amtl. Anm.:<br />
So statt vieler nur BAG 23.1.2007 (Fn. 83) [II.3 c. - "[...]"-Rn. 27]: "Soweit unter Geltung des alten Rechts im<br />
Rahmen des § 242 BGB bei weitgefassten Rückzahlungsklauseln jeweils geprüft wurde, ob der Arbeitnehmer<br />
im konkreten Einzelfall schutzwürdig ist, bleibt hierfür bei der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB kein Raum. &<br />
Im Gegensatz zu dieser am konkreten Einzelfall ausgerichteten Rechtsprechung beruht die nunmehr zum<br />
Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gehörende Inhaltskontrolle auf einer typisierenden<br />
Betrachtung einer Klausel, die ohne Rücksicht auf individuelle Besonderheiten der Vertragsparteien und des<br />
konkreten Einzelfalles vorzunehmen ist (&); im gleichen Sinne statt vieler etwa BGH 17.9.2009 (Fn. 85) [II.1 b,<br />
aa. - "[...]"-Rn. 19]: "allerdings kommt es bei der Kontrolle nun nicht mehr darauf an, ob die Beendigung des<br />
Arbeitsverhältnisses im konkreten Fall - wie hier - in der Sphäre des Arbeitnehmers liegt. Die vertragliche<br />
Formularregelung ist im Rahmen der Inhaltskontrolle anhand einer überindividuellen, typisierenden und<br />
generalisierenden Betrachtung zu würdigen (&) und deshalb stets nichtig, wenn sie dem Arbeitnehmer ohne<br />
Ausnahme und ohne Differenzierung nach der Sphäre der auslösenden Umstände für jeden Fall der<br />
vorfristigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Erstattungspflicht für entstandene Ausbildungskosten<br />
auferlegt (...)".<br />
(115) Amtl. Anm.:<br />
S. insofern nur beiläufig für den Fall (lediglich) intransparenter Klauseln BAG 21.8.20<strong>12</strong> - 3 AZR 698/10 - zur<br />
Veröffentlichung vorgesehen [II.4. - "[...]"-Rn. 46]: "Im Übrigen stehen auch Sinn und Zweck des<br />
Rechtsfolgensystems des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bereicherungsrechtlichen<br />
Ansprüchen entgegen. Der Zweck des Transparenzgebots würde unterlaufen, wenn der Klauselverwender<br />
einen vertraglich vereinbarten Rückzahlungsanspruch infolge einer intransparenten Vertragsgestaltung<br />
verlieren, anschließend aber über den Bereicherungsausgleich das nach §§ 305 ff. BGB missbilligte Ziel<br />
erreichen würde (&). Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen verfolgt mit dem beim<br />
Klauselverwender eintretenden Rechtsverlust das Ziel, die erfolgte Vermögensverschiebung bestehen zu<br />
lassen. Nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 306 Abs. 3 BGB kommt ein Bereicherungsanspruch<br />
nach § 8<strong>12</strong> BGB in Betracht (&). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt".<br />
(116) Amtl. Anm.:<br />
S. Text: "§ 141 Bestätigung des nichtigen Rechtsgeschäfts. (1) Wird ein nichtiges Rechtsgeschäft von<br />
demjenigen, welches es vorgenommen hat, bestätigt, so ist die Bestätigung als erneute Vornahme zu<br />
beurteilen. - (2) Wird ein nichtiger Vertrag von den Parteien bestätigt, so sind diese im Zweifel verpflichtet,<br />
einander zu gewähren, was sie haben würden, wenn der Vertrag von Anfang an gültig gewesen wäre".<br />
(117) Amtl. Anm.:<br />
So RG 20.5.1908 - V 372/07 - RGZ 68, 398, 401: "Das Wort ,bestätigen' wird in seinem ursprünglichen Sinne<br />
von ,stät oder fest machen' gerade mit Bezug auf die Gültigkeit von Rechtsgeschäften vielfach gebraucht (&)<br />
und bezeichnet stets etwas Bezwecktes, in Ansehung seiner Wirkung Gewolltes. In dem Urteile Rev. V.<br />
111/07 vom 18.11.1907 hat der Senat demgemäß für die in § 141 BGB behandelte Bestätigung eines<br />
nichtigen Rechtsgeschäfts das Erfordernis des Bestätigungswillens betont und sich auf den Standpunkt<br />
gestellt, dass zur Bestätigung die Kenntnis des Bestätigenden von der Nichtigkeit des bestätigenden<br />
Geschäfts gehöre"; anknüpfend etwa RG 13.10.1932 - VIII 292/32 - RGZ 138, 52, 56 [a.E.].<br />
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(118) Amtl. Anm.:<br />
S. statt vieler nur BGH 3.11.1953 - I ZR 155/52 - BGHZ 11, 59 ["[...]"-Rn. 23]: "Voraussetzung einer<br />
wirksamen Bestätigung eines nichtigen Geschäftes ist jedoch, dass die Parteien in Kenntnis der Nichtigkeit<br />
gehandelt oder jedenfalls mit dieser Möglichkeit gerechnet haben, weil sie anderenfalls nicht den Willen der<br />
erneuten Vornahme gehabt haben können (...)"; ständige Rechtsprechung.<br />
(119) Amtl. Anm.:<br />
S. hierzu nur BAG 1.<strong>12</strong>.2004 - 7 AZR 198/04 - BAGE 113, 75 = AP § 14 TzBfG Nr. 15 = <strong>EzA</strong> § 623 BGB 2002<br />
Nr. 3 = NZA 2005, 575 = MDR 2005, 877 [B.I.4 a, bb. - "[...]"-Rn. 25]: "Eine Bestätigung gemäß § 141 BGB<br />
setzt voraus, dass die Parteien den Grund der Nichtigkeit kennen oder zumindest Zweifel an der<br />
Rechtsbeständigkeit der Vereinbarung haben. Fehlt das Bewusstsein der möglichen Fehlerhaftigkeit des<br />
Rechtsgeschäfts, kann nicht von einer Bestätigung im Sinne von § 141 BGB ausgegangen werden (...)".<br />
(<strong>12</strong>0) Amtl. Anm.:<br />
S. Text: "§ 308 Bindung an die Parteianträge. (1) & (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen,<br />
hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen".<br />
(<strong>12</strong>1) Amtl. Anm.:<br />
S. Text: "§ 91 Grundsatz und Umfang der Kostentragungspflicht. (1) Die unterliegende Partei hat die Kosten<br />
des Rechtsstreits zu tragen & ".<br />
(<strong>12</strong>2) Amtl. Anm.:<br />
S. Text: "§ <strong>28</strong>1 Verweisung bei Unzuständigkeit. (1) & (3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht<br />
erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht<br />
erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der<br />
Hauptsache obsiegt".<br />
(<strong>12</strong>3) Amtl. Anm.:<br />
S. Text: "§ 61 Inhalt des Urteils. (1) Den Wert des Streitgegenstandes setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest".<br />
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