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Vorwort zu Der alte Ortlepp war's wohl doch - Nietzsche

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auf die <strong>Ortlepp</strong>thematik persÉnlich aufmerksam gemacht hÅtte. Erst 11 Jahre nach Bohleys<br />

Aufsatz 2 und 6 Jahre nach Bohleys wiederholter Anfrage, was ich von seiner <strong>Ortlepp</strong>these<br />

hielte, erfolgte ein doppelter <strong>Ortlepp</strong>-<strong>Nietzsche</strong>-Thematisierungsschritt 3 , den Reiner Bohley<br />

leider nicht mehr erlebte: <strong>Nietzsche</strong>s von Bohley noch ausgeklammertes <strong>Ortlepp</strong>verhÅltnis der<br />

Naumburger Kinderjahre berÇcksichtigend und zweitens die offenbar unerhÉrte Hypothese<br />

beinh<strong>alte</strong>nd, Ernst <strong>Ortlepp</strong>, in seinen letzten Lebensjahren scheinbar <strong>zu</strong>m Trinker verkommen<br />

und sich im Umfeld der Gelehrtenschule Pforte aufh<strong>alte</strong>nd, in der er (1812-1819) ebenso wie<br />

<strong>Nietzsche</strong> (1858-1864) InternatsschÇler war, habe in ein Album <strong>Nietzsche</strong>s Texte eingetragen,<br />

die eine intensive und mÉglicherweise sogar pÅderastische Beziehung <strong>zu</strong> <strong>Nietzsche</strong> erahnen<br />

lassen: <strong>Nietzsche</strong>s Entwicklung, Dichten und Denken sei durch Ernst <strong>Ortlepp</strong> also noch nachhaltiger<br />

unterstÇtzt und bestÅrkt worden als das selbst Rainer Bohley ÅuÄerte (oder <strong>zu</strong> ÅuÄern<br />

wagte).<br />

FÇnf Jahre spÅter, 1999, wurde die zweite meiner <strong>Ortlepp</strong>hypothesen nicht nur mit negativem<br />

Ergebnis – <strong>Der</strong> <strong>alte</strong> <strong>Ortlepp</strong> war es Äbrigens nicht –, sondern auch mit dem Anspruch<br />

einer Philologie fÄr Spurenleser 4 , einem als unleugbar bewiesen offerierten Alternativvorschlag<br />

und <strong>zu</strong>mal auf eine Weise gekontert, die gerade diese Philologie dank ihres nahe<strong>zu</strong><br />

durchgÅngig generalisierbaren, typischen Charakters auch im Blick auf nur Angedeutetes,<br />

je<strong>doch</strong> Vorausgesetztes als in mannigfacher Hinsicht geeignet erweist, die in ihr nachprÇfbaren<br />

Argumentationen und aufweisbaren Argumentationsmuster usw. auch im Blick darauf <strong>zu</strong><br />

rÉntgen, auf welche Weise brisanten Themen aus dem Wege <strong>zu</strong> gehen gesucht werden kann.<br />

AuÄerdem sucht die Kritik nun nochmals modellhaft <strong>zu</strong> demonstrieren, wie wichtig es ist,<br />

sich weder auf nahe<strong>zu</strong> evidente PlausibilitÅten noch auf AutoritÅten <strong>zu</strong> verlassen, sondern<br />

sogar als „unleugbar“ Inseriertes mÉglichst kritisch und prinzipiell <strong>zu</strong> ÇberprÇfen.<br />

GlÇcklicherweise stand je<strong>doch</strong> weder diese Philologie noch deren Kritik im Mittelpunkt, sondern<br />

Ernst <strong>Ortlepp</strong>, dessen 200. Geburtstag am 1.8.2000 nahelegte, die Diskussion um ihn<br />

voran<strong>zu</strong>bringen; und JÇngere <strong>zu</strong> ermutigen, nun ihrerseits auf die <strong>Ortlepp</strong>spur <strong>zu</strong> gehen.<br />

Deshalb waren hier mehrere ProblemstrÅnge miteinander verknÇpft und Argumentationen<br />

ineinander verwoben:<br />

an erster Stelle die <strong>Ortlepp</strong>-<strong>Nietzsche</strong>-Thematik: resÇmiert in Teil I, in Details eingebracht<br />

und kritisch eingesetzt in Teil II sowie dank mehrfacher Revision von bisher Vorausgesetztem<br />

und einer Skizze „Ernst <strong>Ortlepp</strong> und die Folgen“ in vielleicht neue Dimensionen<br />

vorangetrieben in Teil IV, dem HerzstÇck dieser Untersuchung; und<br />

an zweiter Stelle auf diversen Ebenen angesetzte multiperspektivische Kritik an einem<br />

zwar knappen, speziell ansetzenden, als Philologie fÄr Spurenleser je<strong>doch</strong> prinzipiell intendierten<br />

Alternativprojekt <strong>zu</strong> <strong>Nietzsche</strong> absconditus oder Spurenlesen bei <strong>Nietzsche</strong> des Verfassers,<br />

1991-1994, konkret in Teil II, auch ansonsten relevante HintergrÇnde ausleuchtend in<br />

Teil III.<br />

Damit thematisierte diese Kritik diverse Praktiken an konkreten Beispielen und klÅrte dabei<br />

en passant vielleicht auch HintergrÇnde, die <strong>zu</strong> der eigentÇmlichen Forschungskonstellation<br />

keineswegs nur in Sachen Ernst <strong>Ortlepp</strong> oder Friedrich <strong>Nietzsche</strong> gefÇhrt haben, wie sie<br />

sich im deutschen Sprachraum nicht erst seit dem auch in die AnschluÄgebiete verlÅngerten<br />

und lÅngst kirchenvertraglich abgesicherten Sieg 1933-1945 mit dem Nationalsozialismus<br />

weitgehend kollaborierender und seinen Zusammenbruch hinausschiebender fÇnfter Besat<strong>zu</strong>ngsmÅchte<br />

(Kurt Schumacher) zwar nicht unbemerkt <strong>doch</strong> kaum thematisiert durchgesetzt<br />

und im Sinne einer Verharmlosung und Tabuierung zentraler Themen und Perspektiven der<br />

Provokation <strong>Nietzsche</strong> (als „Entnietzschung <strong>Nietzsche</strong>s“) lÅngst eingeschliffen hat.<br />

So sprengte diese nicht nur Einzelheiten in vielleicht exemplarischer Weise minutiÉs analysierende,<br />

sondern auch methodologische, philosophische, ja – kaum wage ich es in unserer<br />

korrumpierten, weltblinden, megasÇchtigen und finanzgeilen Restaurationsperiode an<strong>zu</strong>deuten<br />

– philosophie-, religions- und weltanschauungskritische Gesichtspunkte nicht vÉllig aus-

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