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Jahresbericht 2011 - Arbeitsgemeinschaft

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<strong>Jahresbericht</strong><br />

<strong>2011</strong>


2<br />

Impressum<br />

Impressum:<br />

<strong>Arbeitsgemeinschaft</strong><br />

Spezialisierte Schuldnerberatung<br />

Mannheim gGmbH<br />

Kaiserring 36<br />

68161 Mannheim<br />

Geschäftsführung:<br />

Sabine Neuber und<br />

Thomas Weichert<br />

HRB 703323<br />

Amtsgericht Mannheim<br />

Steuernummer: 37008/01320<br />

Redaktion / Text:<br />

Peter Borel<br />

Renate Erkelenz<br />

Katharina Luft<br />

Sabine Neuber<br />

Anita Ockert<br />

Bilder:<br />

ASS<br />

Creditreform<br />

Thorben Wengert / pixelio.de<br />

Michael Staudinger / pixelio.de<br />

www.Rudis-Fotoseite.de / pixelio.de<br />

Istockfoto<br />

d-SigNBüro<br />

�� ASS gGmbH – <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2011</strong><br />

Grafische Konzeption / Layout<br />

d-SigNBüro, Mannheim


�� Editorial<br />

�� �� ASS gGmbH – <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2011</strong><br />

3<br />

Editorial<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

wir freuen uns, Ihnen auch für das Jahr<br />

<strong>2011</strong> einen Geschäftsbericht der vom Paritätischen<br />

Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg<br />

und der Arbeiterwohlfahrt Mannheim<br />

getragenen <strong>Arbeitsgemeinschaft</strong> Spezialisierte<br />

Schuldnerberatung Mannheim (ASS)<br />

präsentieren zu können.<br />

Auch das Jahr <strong>2011</strong> stand unter dem<br />

Einfluss des Haushaltsstrukturprogramms<br />

des Stadt Mannheim. Eine immer wieder stockende<br />

Praxis bei den Kostenbewilligungen<br />

und viele Ablehnungen von Kostenübernahmeanträgen<br />

stellten uns vor sowohl betriebswirtschaftliche<br />

als auch organisatorische<br />

Herausforderungen. Hinzu kam die große<br />

Anzahl von Ratsuchenden, die aufgrund ihrer<br />

Einkommenssituation nun keinen Anspruch<br />

auf Übernahme der Beratungskosten mehr<br />

haben. Nach eingehenden Diskussionen und<br />

trotz Bedenken entschlossen wir uns, auch<br />

diese Ratsuchenden weiter zu beraten und<br />

von ihnen dafür einen pauschalen Selbstzahlersatz<br />

zu verlangen. Ein Schritt, der uns<br />

innerhalb der gemeinnützigen Schuldnerberatungsstellen<br />

viel Kritik einbrachte. Die<br />

Sabine Neuber<br />

Geschäftsführerin der <strong>Arbeitsgemeinschaft</strong><br />

Spezialisierte<br />

Schuldnerberatung Mannheim<br />

Alternative wäre, diese Ratsuchenden von<br />

unserem Beratungsangebot auszuschließen.<br />

Ein Beitrag in diesem Bericht geht näher auf<br />

diese Problematik ein.<br />

Neben den üblichen statistischen Informationen<br />

und dem Überblick über das<br />

Beratungsgeschehen haben wir auch diesmal<br />

in diesem Bericht einige aktuelle fachliche<br />

Informationen aufbereitet. Besonders stolz<br />

sind wir auf das Ergebnis einer erstmals<br />

durchgeführten Kundenbefragung zur Qualitätssicherung<br />

unserer Arbeit. 1018 ehemalige<br />

Ratsuchende, deren Beratung bereits<br />

abgeschlossen ist, hatten die Möglichkeit,<br />

unsere Arbeit anonym zu bewerten. Im Bericht<br />

finden Sie eine Zusammenfassung der<br />

wichtigsten Ergebnisse.<br />

Nicht zuletzt möchten wir uns bei allen<br />

bedanken, die unsere Arbeit wohlwollend<br />

begleitet und unterstützt haben. Danke auch<br />

für die positiven Rückmeldungen zu unserem<br />

letzten <strong>Jahresbericht</strong> und zu unserer Arbeit.<br />

Sie sind für uns Bestätigung und gleichzeitig<br />

Motivation.<br />

Thomas Weichert<br />

Geschäftsführer der <strong>Arbeitsgemeinschaft</strong><br />

Spezialisierte<br />

Schuldnerberatung Mannheim


4<br />

45,05%<br />

�� Allgemeine Statistik<br />

Das Jahr <strong>2011</strong><br />

in Zahlen<br />

Allgemeine Statistik<br />

Die <strong>Arbeitsgemeinschaft</strong> Spezialisierte<br />

Schuldnerberatung Mannheim hat im vergangenen<br />

Jahr 1001 Personen (Vorjahr: 1224 Personen)<br />

beraten, davon waren 45,05 % weiblichen<br />

und 54,95 % männlichen Geschlechts.<br />

Geschlechterverteilung<br />

Geschlechterverteilung<br />

Geschlechterverteilung<br />

54,95%<br />

45,05%<br />

54,95%<br />

männlich<br />

weiblich<br />

Das Durchschnittsalter der Klienten betrug<br />

– wie im Vorjahr – 41 Jahre. Der größte<br />

Teil unserer Klienten (59 %) war zwischen 30<br />

und unter 50 Jahre alt, wobei in dieser Gruppe<br />

ein Zuwachs von über 2 % zu verzeichnen<br />

war. Die Klienten in der Altersgruppe von 20<br />

bis unter 30 Jahren (16 %) und von 50 bis<br />

unter 60 Jahren (18 %) blieben nahezu unverändert<br />

gegenüber dem Vorjahr. Die Altersgruppe<br />

unter 20 Jahren (1 %) und ab 60 Jahren<br />

(7 %) bildeten in der Beratung, wie bisher<br />

auch, praktisch die Ausnahme.<br />

Das Verhältnis der Staatsangehörigkeit<br />

der Klienten blieb ebenfalls nahezu unverändert<br />

gegenüber dem Vorjahr. Rund 71 %<br />

waren deutsche Staatsbürger, rund 8 %<br />

Angehörige eines EU-Mitgliedsstaats, die<br />

verbleibenden 21 % besaßen eine sonstige<br />

Staatsbürgerschaft.<br />

�� ASS gGmbH – <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2011</strong><br />

Bei den Einkünften der Klienten zeigt sich, dass – wie im Vorjahr<br />

– der größte Teil (61,24 %) sich im laufenden ALG-II-Bezug befand,<br />

4,25 % bezogen Leistungen über die Bundesanstalt für Arbeit. In einem<br />

Arbeitsverhältnis standen 24,91 % unserer Klienten, 1,58 % waren<br />

selbstständig. Lediglich 1,46 % unserer Klienten befanden sich in einer<br />

Ausbildung oder einem Studium.<br />

Die Hauptursache für die Überschuldung ist nach wie vor, mit einem<br />

Anteil von 53,78 %, Arbeitslosigkeit, Teilzeitarbeit oder ein prekäres<br />

Beschäftigungsverhältnis. Auf Platz 2 folgt die Überschuldung aufgrund<br />

einer gescheiterten Selbstständigkeit mit 27,34 %. Dieser Personenkreis<br />

wird von der <strong>Arbeitsgemeinschaft</strong> Spezialisierte Schuldnerberatung<br />

Mannheim als einziger gemeinnütziger Stelle in Mannheim beraten.<br />

Praktisch männlich gleich auf befanden sich die Konsumschulden mit 25,18 %.<br />

Auf weiblich den weiteren Plätzen der Ursachen für eine Überschuldung folgen<br />

Scheidung, Krankheit sowie Haushaltsgründung oder Geburt eines Kindes.<br />

In der Regel führt nicht eine Ursache allein zur Überschuldung,<br />

sondern das unglückliche Zusammenspiel mehrerer Aspekte. Eines<br />

bleibt dabei festzuhalten: Je länger sich jemand in Arbeitslosigkeit befindet,<br />

desto prekärer stellt sich die Gesamtsituation dar.<br />

Überschuldung wegen<br />

Beim Amtsgereicht Mannheim wurden <strong>2011</strong> insgesamt 653<br />

Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet. Davon wurden 180 Anträge<br />

auf Eröffnung, also rund 28 %, von den Berater/-innen der <strong>Arbeitsgemeinschaft</strong><br />

Spezialisierte Schuldnerberatung Mannheim vorbereitet<br />

und eingereicht.


�� ASS gGmbH – <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2011</strong> �� Allgemeine Statistik 5<br />

Beratungsstatistik<br />

Die <strong>Arbeitsgemeinschaft</strong> Spezialisierte<br />

Schuldnerberatung Mannheim gliedert ihre<br />

Tätigkeit gemäß dem Gemeinderatsbeschluss<br />

580/2004 der Stadt Mannheim in drei Abschnitte.<br />

Die Schuldnerberatung der Phase I<br />

und Phase II, sowie die Nachbetreuung.<br />

Die Phase I dient der Datenerhebung<br />

und beinhaltet eine Beratung zur Existenzsicherung,<br />

eine grundlegende Aufklärung<br />

(Pfändungsschutzkonto etc.) und, falls möglich<br />

bzw. aussichtsreich, eine Beratung und<br />

Unterstützung zur Selbsthilfe. Nach erfolgreichem<br />

Abschluss erfolgt, falls noch erforderlich,<br />

der Übergang in die Phase II. Diese<br />

umfasst die Budgetberatung, Erhebung und<br />

Prüfung der Forderungen sowie die Schuldenregulierung.<br />

Die Nachbetreuung der Klienten<br />

erfolgt z. B. bei Fragen zum laufenden Insolvenzverfahren.<br />

Im vergangenen Jahr wurde die Phase I<br />

von 548 Personen (Vorjahr: 459 Personen)<br />

durchlaufen. Davon gingen 283 Personen<br />

(51,64 %) in die Phase II über, das ist gegenüber<br />

dem Vorjahr eine prozentuale Steigerung<br />

von fast 10 %. 115 Personen (20,99 %) konnten<br />

aufgrund unserer Beratung ihre Schulden<br />

selbst regulieren und ihre wirtschaftlichen Verhältnisse<br />

ordnen. Bei 82 Personen (14,97 %)<br />

– einer immer noch viel zu hohen Anzahl –<br />

musste die Beratung wegen mangelnder Mitwirkung<br />

beendet werden. Im Vorjahr waren es<br />

noch 18 %.<br />

Die Phase II wurde von 332 Personen<br />

durchlaufen. Davon nahmen 283 Personen<br />

(85 %) die Möglichkeit des Insolvenzverfahrens in Anspruch. Im Vorjahr<br />

waren es noch 68 %, die diese Sanierungsmöglichkeit in Anspruch<br />

nahmen. Bei 43 Personen (13 %) konnte im Wege eines Vergleichs<br />

eine vollständige Regulierung sämtlicher Forderungen erzielt werden.<br />

Auch hier gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um immerhin 9 %!<br />

Bei 5 Personen (1,5 %) wurde eine Teilregulierung per Vergleich erzielt,<br />

die komplette Sanierung wurde durch das Insolvenzverfahren bewirkt.<br />

Forderungsstatistik<br />

Im Jahr <strong>2011</strong> betrug die durchschnittliche Verschuldung unserer<br />

Klienten 41.492 € (Vorjahr: 52.041 €) bei 8 (Vorjahr: 14) Gläubigern.<br />

Zu erwähnen ist, dass bei 129 Beratungsfällen (12,88 %) die Schuldenhöhe<br />

im Bereich zwischen 50.000 € bis über 100.000 € lag. Dies<br />

resultiert aus der Beratung der (ehemals) Selbstständigen, die vor diesem<br />

Hintergrund meist erhebliche höhere Verbindlichkeiten haben.<br />

Hier fallen insbesondere Steuerschulden (Steuerschätzung durch das<br />

Finanzamt, da keine Erklärung gefertigt wurde), Lieferantenverbindlichkeiten<br />

und gewerbliche Mietschulden erheblich ins Gewicht.<br />

Die privaten Schulden unserer Klienten gliedern sich wie folgt (Aufzählung<br />

nicht vollständig – nur die am häufigsten vorhandenen Schulden):<br />

Schulden bei Gewerbetreibenden 1666<br />

Telekommunikationsschulden 1012<br />

Bankschulden (Dispo-, Raten-, Hypothekenkredite) 793<br />

Versandhausschulden 594<br />

Sonstige Schulden bei öffentlich-rechtlichen Gläubigern* 572<br />

Rückständige private Versicherungsprämien 537<br />

Energieschulden 342<br />

Private Mietschulden 219<br />

Schulden bei Freien Berufen 216<br />

ALG-I-/ALG-II-Rückforderung 173<br />

* Hierzu gehören auch Schulden aus der so genannten Beförderungserschleichung<br />

inkl. der damit zusammenhängenden Verfahrenskosten.


6<br />

�� Verschuldung<br />

Verschuldung in<br />

Mannheim<br />

Mit insgesamt 997 beratenen Personen<br />

im Jahr <strong>2011</strong> war die Nachfrage nach einer<br />

Schuldnerberatung bei der ASS Mannheim<br />

nach wie vor auf hohem Niveau.<br />

Eine Einschätzung der Überschuldungssituation<br />

in der Stadt Mannheim lässt sich aus<br />

dem Schuldenatlas ablesen, welcher jährlich<br />

von der Wirtschaftsauskunftei Creditreform<br />

herausgegeben wird. Anhand der dort gespeicherten<br />

Daten ermittelt sie eine Schuldnerquote,<br />

welche den Anteil der Personen mit so genannten<br />

Negativmerkmalen (z. B. Abgabe der<br />

eidesstattlichen Versicherung oder die Eröffnung<br />

eines Insolvenzverfahrens) im Verhältnis<br />

zu allen Personen ab 18 Jahren beschreibt.<br />

Für die gesamte Bundesrepublik ergibt<br />

sich im Jahr <strong>2011</strong> eine Schuldnerquote von<br />

Schuldnerquoten in Mannheim nach Postleitzahlen<br />

�� ASS gGmbH – <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2011</strong><br />

9,38 %. Dies entspricht rund 6,4 Millionen Bürgern, welche mit immensen<br />

Zahlungsschwierigkeiten kämpfen. Im Vergleich zum Jahr 2010<br />

hat sich die Anzahl der Schuldner um rund 80.000 Personen (-1,3 %)<br />

verringert. Die Schuldnerquote <strong>2011</strong> bleibt aber weiterhin deutlich über<br />

dem Tiefstwert aus dem Jahr 2009 (9,09 %). Für das Jahr <strong>2011</strong> ist festzustellen,<br />

dass sich der Befund einer strukturellen Überschuldung vieler<br />

Betroffener weiter verfestigt hat. Inzwischen weisen rund 3,7 Millionen<br />

Schuldner eine hohe Überschuldungsintensität auf (Anteil an Gesamt:<br />

58 % / + 92.000 Fälle). Sie befinden sich in einer nachhaltigen und meist<br />

dauerhaften Krise und können nicht oder nur begrenzt von der Konjunktur<br />

und dem Beschäftigungsmarkt profitieren. Diese Gruppe bildet einen<br />

mehr oder minder veränderungsresistenten Schuldnersockel der zwischen<br />

2006 und <strong>2011</strong> um rund 300.000 Schuldner zugenommen hat.<br />

Zwar belegt das Land Baden-Württemberg im Ranking hinter<br />

Bayern mit 7,50 % Platz 2 der Schuldnerquote, aber bei genauerer<br />

Betrachtung sieht es für die Stadt Mannheim deutlich schlechter aus.<br />

Mit 12,81 % ist die Schuldnerquote in der Stadt fast doppelt so hoch<br />

wie im gesamten Bundesland. Hinter Ludwigshafen mit 14,12 % und<br />

PLZ Stadtteil Quote 2004 Quote 2005 Quote 2006 Quote 2007 Quote 2008 Quote 2009 Quote 2010 Quote <strong>2011</strong> Differenz 11-10 Differenz 11-04<br />

68159 Mannheim (Quadrate) 19,98 21,42 29,40 29,25 27,08 23,97 23,53 18,39 -5,14 -1,59<br />

68161 Mannheim (Quadrate) 15,10 16,55 19,31 19,63 17,17 14,99 14,30 12,58 -1,72 -2,52<br />

68163 Mannheim (Neuostheim) 6,32 7,01 6,75 6,80 6,58 6,51 6,45 6,14 -0,31 -0,18<br />

68165 Mannheim (Oststadt) 9,71 10,58 10,92 11,13 10,15 9,10 9,47 8,50 -0,97 -1,21<br />

68167 Mannheim (Neckarstadt) 15,32 16,24 14,90 14,54 13,51 12,41 12,95 11,93 -1,02 -3,39<br />

68169 Mannheim (Friesenheimer Insel) 21,61 23,02 23,46 23,49 22,61 20,27 20,55 19,00 -1,55 -2,61<br />

68199 Mannheim Almenhof) 10,32 11,01 11,46 11,41 10,83 9,84 9,78 9,92 0,14 -0,40<br />

68219 Mannheim (Rheinau) 11,30 12,26 12,77 13,05 11,94 11,10 11,98 12,28 0,30 0,98<br />

68229 Mannheim (Friedrichsfeld) 9,05 9,49 11,50 11,63 10,49 9,19 9,58 10,63 1,05 1,58<br />

68239 Mannheim (Seckenheim) 11,15 11,69 12,67 12,79 11,95 10,83 11,47 12,51 1,04 1,36<br />

68259 Mannheim (Feudenheim) 5,57 6,16 6,18 6,16 5,69 5,28 5,39 5,82 0,43 0,25<br />

68305 Mannheim (Waldhof) 13,20 14,25 15,36 15,38 14,75 13,26 13,99 14,52 0,53 1,32<br />

68307 Mannheim (Schönau) 15,84 16,67 17,82 17,44 15,79 14,50 14,91 16,79 1,88 0,95<br />

68309 Mannheim (Vogelstang) 11,30 12,30 12,18 11,95 11,08 10,48 11,00 11,75 0,75 0,45<br />

Entwicklung Stadt Mannheim 12,78 13,73 14,35 14,31 13,33 12,13 12,44 12,31 -0,13 -0,47<br />

Entwicklung Baden-Württemberg 7,50 7,95 8,06 8,14 7,65 7,11 7,46 7,50 0,04 0,00<br />

Entwicklung Bundesrepublik Deutschland 9,74 10,43 10,68 10,85 10,11 9,09 9,50 9,38 -0,12 -0,36<br />

Kreis Mannheim in Baden Württemberg weiterhin auf dem letzten Platz, im bundesweiten Ranking auf Rang 379 (insgesamt 412, letzter Platz Bremerhaven).


�� ASS gGmbH – <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2011</strong> �� Verschuldung 7<br />

Worms mit 14,05 % (im Vorjahr noch 12,44 %)<br />

liegt Mannheim auf einem traurigen Platz 3 der<br />

Städte mit den meisten überschuldeten Haushalten<br />

in der Metropolregion.<br />

In der Detailanalyse lassen sich deutliche<br />

Unterschiede zwischen den Mannheimer<br />

Stadtteilen erkennen. So weisen die Stadtteile<br />

Lindenhof und Oststadt beispielsweise eine<br />

sehr geringe Schuldnerquote (0 % bis unter<br />

5 %) auf. In den Quadraten zeigt sich ein Rückgang<br />

der Verschuldung auf unter 20 %, im Jahr<br />

2010 waren es noch 23,53 %. Nur im Jungbusch<br />

und Filsbach liegt die Verschuldung<br />

nach wie vor deutlich über 20 %. Eine spürbare Verschlechterung der<br />

Verschuldungssituation ist hingegen im Stadtteil Schönau auf 16,79 %<br />

eingetreten. Im Vorjahr waren es noch 14,91 %.<br />

Für das nächste Jahr erwartet die Creditreform eine Stagnation der<br />

Situation. Im besten Fall kann ein leichter Rückgang der Verschuldung<br />

erzielt werden.<br />

Dies bedeutet, dass in Mannheim auch weiterhin ein erhöhter Bedarf<br />

für eine qualifizierte Schuldnerberatung besteht. Zwar ist mit einer<br />

weiteren Entspannung des Arbeitsmarkts zu rechnen aber auch die<br />

geringfügigen oder prekären Beschäftigungsverhältnisse steigen weiter<br />

deutlich an. Diese können Überschuldungsprozesse einleiten oder verstärken.<br />

Gleiches gilt für die Zunahme der Teilzeitarbeit.


8 �� Schuldnerberatung<br />

Schuldnerberatung<br />

�� ASS gGmbH – <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2011</strong><br />

mit finanzieller Eigenbeteiligung der Ratsuchenden<br />

Änderung der Rahmenbedingungen<br />

Im Jahr <strong>2011</strong> trat eine Änderung bei der Kostenübernahme für<br />

die Schuldnerberatung durch die Stadt Mannheim in Kraft, die diese<br />

nunmehr auf den folgenden Personenkreis beschränkt:<br />

�� Empfänger/-innen von Leistungen nach dem SGB II,<br />

�� Empfänger/-innen von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt<br />

nach dem SGB XII,<br />

�� Empfänger/-innen von Leistungen der Grundsicherung im Alter und<br />

bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII,<br />

�� Empfänger/-innen von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt<br />

nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und<br />

�� Empfänger/-innen von »Analogleistungen-SGB XII« nach dem Asylbewerberleistungsgesetz<br />

�� Diesen Berechtigten sollen auch diejenigen Menschen gleichgestellt<br />

sein, denen droht, dass sie eine der o. g. Leistungen nach<br />

dem SGB XII in Anspruch nehmen müssen.<br />

Erwerbstätigen – und anderen, nicht zum berechtigten Personenkreis<br />

gehörenden – Ratsuchenden ist somit der für sie kostenfreie Zugang<br />

zur Schuldnerberatung verwehrt. Die Stadt Mannheim verweist in<br />

diesem Zusammenhang auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom<br />

13.07.2010 Az.: B 8 SO 14/09, wonach Kosten für eine „präventive<br />

Schuldnerberatung“ staatlicherseits nicht übernommen werden müssen.<br />

Die ASS bedauert diese Entwicklung, denn gerade bei diesem<br />

Personenkreis war es in der Vergangenheit oft durch eine schnelle<br />

unbürokratische Unterstützung möglich, die soziale Abwärtsspirale zu<br />

verhindern.<br />

Die Eigenbeteiligung in der Praxis<br />

Für das Team der ASS war es schnell klar, dass es sich dem Personenkreis<br />

der Erwerbstätigen nicht verschließen und diesem weiterhin<br />

Unterstützung anbieten möchte. Allerdings ist es aus betriebswirtschaftlichen<br />

Gründen nicht möglich, diesen Personenkreis (bislang<br />

immerhin knapp ein Drittel der Ratsuchenden) kostenlos zu beraten.<br />

Vor diesem Hintergrund wurde für den betreffenden<br />

Personenkreis ab März <strong>2011</strong> eine Eigenbeteiligung<br />

in Höhe von 535 € inkl. Mehrwertsteuer<br />

eingeführt.<br />

Schon bei der ersten telefonischen Kontaktaufnahme<br />

und der Prüfung nach Zugehörigkeit<br />

zum berechtigten Personenkreis ist die<br />

Enttäuschung der Anrufer groß, wenn sich<br />

herausstellt, dass die Zugehörigkeit nicht gegeben<br />

ist und es sich um einen „Selbstzahler“<br />

handelt. Nicht selten sind davon Personen<br />

betroffen, bei denen die geringen Einkünfte<br />

(knapp oberhalb der SGB-II-Grenze ggf. mit<br />

Wohngeldbezug) Ursache der Überschuldung<br />

sind.<br />

Schon hier zeigt sich, dass einige Menschen<br />

den erforderlichen Geldbetrag nicht<br />

(auch nicht ratenweise) aufbringen können<br />

und somit auf kompetente Schuldnerberatung<br />

verzichten müssen. Jene Ratsuchenden,<br />

die unter Aufbietung aller finanziellen<br />

Ressourcen unsere Beratung in Anspruch<br />

nehmen möchten, werden zeitnah zu einem<br />

ersten Sondierungsgespräch eingeladen.<br />

Dort wird ein Beratungsvertrag geschlossen<br />

und die Rechnung ausgehändigt. Nach Eingang<br />

der Zahlung beginnt dann die weiterführende<br />

Beratung. In vielen Fällen wird die<br />

Möglichkeit der Ratenzahlung genutzt. Dies<br />

bedeutet, dass sich die Beratung, je nach<br />

Zahlungseingang, etappenweise vollzieht.<br />

Denn die Beratung beginnt erst bzw. wird<br />

erst fortgesetzt, wenn entsprechende Zahlungseingänge<br />

erfolgt sind. Anhand eines<br />

Beispiels wird im Folgenden die sich daraus<br />

ergebende Brisanz aufgezeigt.


�� ASS gGmbH – <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2011</strong> �� Schuldnerberatung 9<br />

Angenommen, die Beratung beginnt<br />

nach der 4. Ratenzahlung à 50 € und ein<br />

außergerichtlicher Einigungsversuch wird<br />

gestartet (Exkurs: Der außergerichtliche<br />

Einigungsversuch ist bei einer Verbraucherinsolvenz<br />

zwingend vorgeschrieben).<br />

Erfolgt keine weitere Ratenzahlung, ruht<br />

das gesamte außergerichtliche Verfahren<br />

bzw. die Antragstellung auf Eröffnung des<br />

Verbraucherinsolvenzverfahrens verzögert<br />

sich erheblich mit negativen Folgen, denn<br />

beispielsweise Zwangsvollstreckungsmaßnahmen<br />

(Lohnpfändung, Kontopfändung)<br />

der Gläubiger sind weiterhin möglich. Das<br />

schuldnerberaterische Ziel, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen<br />

zu vermeiden,<br />

stellt uns vor die Problematik des entweder<br />

schnellen Handelns (sofortiger Antrag auf<br />

Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim<br />

Amtsgericht) und ggf. auf die restliche<br />

Begleichung der Rechnung zu verzichten<br />

oder des Abwartens auf weitere Zahlungen,<br />

während ein Gläubiger inzwischen<br />

den Lohn pfändet. Tritt dies ein, wird möglicherweise<br />

aus dem unpfändbaren Einkommen<br />

keinerlei Zahlung mehr zu erwarten<br />

sein.<br />

In diesem Zusammenhang stellt sich<br />

für die Beratungsstellen die Frage, ob sie<br />

sich wie Gläubiger verhalten, Beitreibungsmaßnahmen<br />

durchführen und letztlich<br />

selbst zu Insolvenzgläubigern werden. Die<br />

ASS verzichtet auf ein solch verwaltungsintensives<br />

Inkassowesen und berät damit<br />

den betreffenden Personenkreis – schon<br />

angesichts der Kostenbeteiligung von lediglich<br />

535 € – nicht kostendeckend.<br />

Im Jahr <strong>2011</strong> hat die ASS 78 Personen als „Selbstzahler“ aufgenommen.<br />

35 Personen wurden beraten und haben entweder mit<br />

Einmalzahlung oder mit Raten bezahlt oder es wurde unsererseits aufgrund<br />

der besonderen finanziellen und familiären Rahmenbedingungen<br />

auf die Eigenbeteiligung gänzlich verzichtet. In 33 Fällen (darunter<br />

auch Personen, die eine oder zwei Raten bezahlt und sich dann nicht<br />

mehr gemeldet haben) wurde die Rechnung storniert bzw. die Beratung<br />

beendet. Bei 10 Personen läuft die Beratung noch. In einigen<br />

Fällen wurde die Beratung zeitweise wegen des Ausbleibens der Ratenzahlung<br />

unterbrochen, später jedoch fortgeführt.<br />

Fazit<br />

Schuldnerberatungsstellen, die eine Eigenbeteiligung von ihren<br />

Klienten verlangen, sehen sich dem Vorwurf ausgesetzt, dass sie ihre<br />

Glaubwürdigkeit unterminieren und die Existenzsicherung ihrer Klienten<br />

konterkarieren. Denn einerseits wird den Ratsuchenden empfohlen,<br />

aus dem unpfändbaren Einkommen keine Raten an Gläubiger zu<br />

leisten, andererseits sollen sie stattdessen Ratenzahlungen für ihre<br />

Schuldnerberatung aufbringen. Seit die Stadt Mannheim den kostenfreien<br />

Zugang zur sozialen Schuldnerberatung für Erwerbstätige,<br />

Rentner, Studierende, Auszubildende, ALG-I-Bezieher/-innen und<br />

aktuell auch Selbstständige versperrt hat, stehen die Schuldnerberatungsstellen<br />

in Mannheim in diesem Dilemma. Nach unserer Auffassung<br />

sollte weiterhin das Sozialstaatsprinzip gelten. Zu diesem gehört,<br />

dass Menschen in Notlagen kostenloser Zugang zu sozialer Beratung<br />

gewährt wird. Insbesondere die Überwindung Existenz gefährdender<br />

Notlagen muss jedem Mitglied der Gesellschaft unentgeltlich zur Verfügung<br />

stehen.<br />

Ein weiterer Ausweg aus dem Dilemma könnte auch eine gesetzgeberische<br />

Regelung sein, mit der die Kosten einer Schuldnerberatung,<br />

analog den Kosten des Insolvenzverwalters bei einer gewerblichen Insolvenz,<br />

aus der „Insolvenzmasse“ vorrangig bedient werden müssen.


10 �� Die Reform<br />

Die Reform<br />

Auf der Jahresfachtagung der BAG<br />

Schuldnerberatung Anfang Mai <strong>2011</strong> in<br />

Berlin wurden die geplanten Änderungen<br />

des Verbraucherinsolvenzverfahrens von<br />

einer Vertreterin des Bundesjustizministeriums<br />

dargestellt. Hintergrund der Reform ist,<br />

dass die Dauer der Wohlverhaltensperiode<br />

mit sechs Jahren im europäischen Vergleich<br />

verhältnismäßig lang ist. Die Halbierung des<br />

Restschuldbefreiungsverfahrens war bereits<br />

2009 im Koalitionsvertrag zwischen CDU,<br />

CSU und FDP enthalten.<br />

�� ASS gGmbH – <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2011</strong><br />

der Verbraucherinsolvenz und der Restschuldbefreiung<br />

Konkretisiert wurden die Änderungen<br />

nun in einem Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums<br />

vom 18.01.2012 mit<br />

der Überschrift „Gesetz zur Verkürzung des<br />

Restschuldbefreiungsverfahrens, zur Stärkung<br />

der Gläubigerrechte und zur Insolvenzfestigkeit<br />

von Lizenzen“. Der Gesetzentwurf<br />

enthält eine Vielzahl unterschiedlicher Änderungen,<br />

von denen hier die in der Praxis<br />

bedeutsamsten, nämlich die Umgestaltung<br />

des außergerichtlichen Einigungsversuches<br />

und die Verkürzung der Wohlverhaltensphase


�� ASS gGmbH – <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2011</strong> �� Die Reform 11<br />

dargestellt werden sollen. Gerade in jüngster<br />

Zeit wurden wir auch vermehrt von Ratsuchenden<br />

zu der geplanten Verkürzung des<br />

Restschuldbefreiungsverfahrens befragt, was<br />

darauf schließen lässt, dass die Änderungen<br />

nicht mehr nur in der Fachpresse diskutiert,<br />

sondern über die Medien auch schon einer<br />

breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht<br />

werden. Allerdings muss dann auch mancher<br />

Ratsuchende der Illusion beraubt werden,<br />

dass die Restschuldbefreiung künftig einfacher<br />

und schneller zu erhalten sein wird.<br />

1. Die Umgestaltung<br />

des außergerichtlichen<br />

Einigungsversuches<br />

gem. § 305 InsO<br />

Der Gesetzentwurf sieht vor, das in der<br />

Praxis bedeutungslos gewordene gerichtliche<br />

Schuldenbereinigungsplanverfahren abzuschaffen<br />

und den außergerichtlichen Einigungsversuch<br />

zu stärken. Zudem soll in<br />

bestimmten Fällen der außergerichtliche Einigungsversuch<br />

entfallen und stattdessen mit<br />

dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />

eine Bescheinigung einer geeigneten<br />

Person oder Stelle vorgelegt werden, aus der<br />

sich ergibt, dass ein Einigungsversuch offensichtlich<br />

aussichtslos ist.<br />

Nach der geltenden Gesetzeslage ist der<br />

außergerichtliche Einigungsversuch obligatorisch,<br />

was bedeutet, dass mit einem erheblichen<br />

Arbeits- und Kostenaufwand an mitunter<br />

20 – 30 Gläubiger Schuldenbereinigungspläne verschickt werden, bei<br />

denen von vorneherein klar ist, dass sie nicht angenommen werden,<br />

weil es sich um sog. Nullpläne handelt. Hierbei wird für die Dauer von<br />

72 Monaten das jeweils pfändbare Einkommen des Schuldners angeboten,<br />

das aber bei Versenden des Plans null Euro beträgt.<br />

Das Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuches kann<br />

von uns erst bescheinigt werden, wenn die Mehrzahl der Gläubiger den<br />

vorgelegten Plan abgelehnt hat. Da dieses Verfahren natürlich auch auf<br />

der Gläubigerseite zu einem erheblichen Arbeitsaufwand führt, sind in<br />

jüngster Zeit einige Gläubigervertreter dazu übergegangen, bereits mit<br />

Übersendung der Forderungsaufstellung darauf hinzuweisen, dass ein<br />

Nullplan nicht akzeptiert wird. In Zukunft soll es daher ausreichend<br />

sein, wenn die Schuldnerberatung oder ein Rechtsanwalt „auf der<br />

Grundlage persönlicher Beratung und eingehender Prüfung der Einkommens-<br />

und Vermögensverhältnisse des Schuldners bescheinigen,<br />

dass eine außergerichtliche Einigung offensichtlich aussichtslos war“.<br />

Der Gesetzentwurf bestimmt ferner, dass „eine Einigung in der Regel<br />

aussichtslos ist, wenn die Gläubiger im Rahmen einer Schuldenbereinigung<br />

voraussichtlich nicht mehr als 5 % ihrer Forderungen erhalten<br />

hätten oder der Schuldner mehr als 20 Gläubiger hat“.<br />

In den Fällen, in denen eine außergerichtliche Einigung Erfolg<br />

verspricht, weil entweder eine Einmalzahlung angeboten werden kann<br />

oder der Schuldner über pfändbares Einkommen verfügt, soll es nach<br />

den geplanten Änderungen ausreichend sein, wenn gleichzeitig mit<br />

dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Zustimmungsersetzung<br />

nur derjenigen Gläubiger beantragt wird, die den Plan außergerichtlich<br />

abgelehnt oder sich hierzu nicht geäußert haben.<br />

Der beim Amtsgericht eingereichte Schuldenbereinigungsplan<br />

wird dann nicht mehr wie bisher an alle beteiligten Gläubiger verschickt,<br />

sondern nur noch an die ablehnenden, wobei dem Antrag auf Zustimmungsersetzung<br />

die vorangegangenen Stellungnahmen der Gläubiger<br />

sowie eine Erklärung beizufügen ist, dass die Vermögensübersicht und<br />

der Schuldenbereinigungsplan allen darin genannten Gläubigern in<br />

der dem Gericht vorliegenden Fassung übersandt wurden. Diejenigen<br />

Gläubiger, die dem außergerichtlichen Plan zugestimmt hatten, bleiben<br />

an ihre Zustimmung gebunden.


12<br />

�� Die Reform<br />

In den Stellungnahmen der Wohlfahrtsverbände zum Referentenentwurf<br />

wird allgemein begrüßt, dass der aufwändige außergerichtliche<br />

Einigungsversuch in offensichtlich aussichtslosen Fällen nicht mehr<br />

durchgeführt werden muss. Allerdings ist zu befürchten, dass die<br />

Bundesländer, die den Schuldnerberatungsstellen für die Durchführung<br />

des Einigungsversuches und das Ausstellen der Bescheinigungen<br />

Fallpauschalen gewähren, diese streichen oder für das Ausstellen einer<br />

Aussichtslosigkeitsbescheinigung erheblich reduzieren werden. In<br />

diesem Zusammenhang ist nämlich auch eine Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes<br />

(RVG) geplant, wonach die Gebühr für die<br />

Ausstellung einer Bescheinigung 60 € betragen soll. Es versteht sich<br />

aber von selbst, dass diese Pauschalvergütung für die auch hierfür<br />

notwendige, umfassende Tätigkeit der Schuldnerberatung (Durchführung<br />

mehrerer Beratungstermine, Ordnen und Zusammenstellen der<br />

Unterlagen, etc.) nicht annähernd kostendeckend ist.<br />

2. Die Verkürzung des<br />

Restschuldbefreiungsverfahrens<br />

Nach geltendem Recht wird die Restschuldbefreiung nach 6 Jahren<br />

ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erteilt. In dem vorgelegten<br />

Referentenentwurf bestimmt nun der neue § 300 Abs. 1 InsO-E,<br />

dass der Schuldner auf seinen Antrag hin nach drei Jahren die Restschuldbefreiung<br />

erhalten kann, wenn er nachweist, dass die Insolvenzgläubiger,<br />

die im Schlussverzeichnis enthalten sind, mindestens 25 %<br />

ihrer Forderungen erhalten haben und die Verfahrenskosten beglichen<br />

sind. Ferner ist die Erteilung der Restschuldbefreiung nach fünf Jahren<br />

möglich, wenn der Schuldner zumindest die Kosten des Verfahrens<br />

bezahlt hat.<br />

Hintergrund der geplanten Gesetzesänderung ist zum einen eine<br />

Angleichung an das Recht in verschiedenen anderen europäischen<br />

Staaten, in denen ein Restschuldbefreiungsverfahren zwischen 3 und<br />

5 Jahren dauert. Zum anderen will der Gesetzgeber aber auch den<br />

gescheiterten Unternehmern zügiger einen wirtschaftlichen Neustart<br />

ermöglichen, da die Existenzgründung immer mit dem Eingehen von<br />

�� ASS gGmbH – <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2011</strong><br />

finanziellen Risiken verbunden ist. Aber auch<br />

andere Personen, die durch Lebensrisiken<br />

wie Arbeitslosigkeit oder Scheidung in die<br />

Überschuldung geraten sind, benötigen im<br />

Allgemeinen keine sechsjährige Bewährungsphase,<br />

um wieder am wirtschaftlichen Leben<br />

teilnehmen zu können, sondern lediglich einen<br />

finanziellen Neuanfang.<br />

Die Möglichkeit einer schnelleren Entschuldung<br />

für alle natürlichen Personen wird<br />

von den Wohlfahrtsverbänden und dem Deutschen<br />

Anwaltsverein grundsätzlich in sozialpolitischer<br />

und volkswirtschaftlicher Hinsicht als<br />

sinnvoll angesehen. Die gesetzte Hürde, durch<br />

Einsatz „überobligatorischer Anstrengungen“ in<br />

den Genuss eines verkürzten Restschuldbefreiungsverfahrens<br />

zu kommen, muss allerdings<br />

auch erreichbar und überwindbar sein. Die<br />

Begründung des Gesetzentwurfs zitiert die Untersuchungen<br />

des AG Hamburg, die in einem<br />

sechsjährigen Verfahren eine durchschnittliche<br />

Befriedigungsquote von knapp 10 % feststellten.<br />

Auch unsere täglichen Erfahrungen in<br />

der Beratung überschuldeter Privatpersonen<br />

zeigen, dass aufgrund ihrer Einkommenssituation<br />

die wenigsten in der Lage sein dürften,<br />

in einem Zeitraum von 3 Jahren 25 % ihrer<br />

Schulden zu bezahlen. In den wenigen Fällen,<br />

in denen ausreichend pfändbares Einkommen<br />

vorhanden ist oder ein „reicher Verwandter“<br />

den Schuldner bei seinen Bemühungen um<br />

eine finanzielle Sanierung unterstützt, kommt<br />

in der Regel bereits eine außergerichtliche Einigung<br />

mit den Gläubigern zustande.<br />

In nahezu allen Stellungnahmen seitens<br />

der Wohlfahrtverbände wird daher vorgeschla-


�� ASS gGmbH – <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2011</strong> 13<br />

gen, das Restschuldbefreiungsverfahren ohne Mindestquote moderat<br />

auf 4 Jahre zu verkürzen.<br />

Zum Abschluss sollen noch zwei geplante Gesetzesänderungen<br />

dargestellt werden, die in der Beratungspraxis relevant sind und von<br />

denen die eine von Vorteil für die Betroffenen ist, während sich die<br />

andere als äußerst nachteilig erweisen kann.<br />

Zu begrüßen ist, dass künftig Mitglieder von Wohnungsgenossenschaften<br />

durch eine entsprechende Änderung des Genossenschaftsgesetzes<br />

vor dem Verlust ihrer Wohnung geschützt werden. Nach geltender<br />

Rechtslage kann der Treuhänder oder der Insolvenzverwalter<br />

die Mitgliedschaft des Schuldners bei der Wohnungsgenossenschaft<br />

kündigen und die Genossenschaftsanteile verwerten, so dass die Kündigung<br />

seitens der Genossenschaft wahrscheinlich ist. In Zukunft soll<br />

dies nur noch möglich sein, wenn die Genossenschaftsanteile den Betrag,<br />

der üblicherweise auch als Kaution hinterlegt wird, übersteigen.<br />

Von Nachteil wird für viele Betroffenen sein, dass künftig auch<br />

Unterhaltsrückstände von der Restschuldbefreiung ausgenommen<br />

werden, sofern der Unterhalt vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt<br />

wurde. Es kommt relativ häufig vor, dass Betroffene hohe Schulden<br />

bei Unterhaltsvorschusskassen oder den Unterhaltsberechtigten haben.<br />

Nach geltendem Recht ist die Forderung nur dann von der Restschuldbefreiung<br />

ausgenommen, wenn eine Verurteilung wegen vorsätzlicher<br />

Unterhaltspflichtverletzung nach § 170b StGB erfolgt ist. Die<br />

geplante Gesetzesänderung kann hier dazu führen, dass das Ziel eines<br />

wirtschaftlichen Neuanfangs bei hohen Unterhaltsschulden nicht zu<br />

erreichen sein wird.<br />

Durch das zum 01.12.2001 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung<br />

der Insolvenzordnung und anderer Gesetze wurden mit der Einführung<br />

der Verfahrenskostenstundung, der fakultativen Durchführung des gerichtlichen<br />

Schuldenbereinigungsplanverfahrens etc. einige Schwachstellen<br />

der Insolvenzordnung beseitigt. Seitdem wurden Änderungen<br />

des Verfahrens immer wieder diskutiert und Gesetzentwürfe vorgelegt,<br />

ohne dass diese verabschiedet wurden. Auch auf der diesjährigen Jahresfachtagung<br />

der BAG Schuldnerberatung befürchtete der Vertreter<br />

�� Die Reform<br />

des Deutschen Anwaltsvereins, dass der jetzige<br />

Referentenentwurf in Hinblick auf die Zerstrittenheit<br />

der Koalition und die anstehenden<br />

Wahlen das Schicksal seiner Vorgänger teilen<br />

könnte. Er rechnet nicht mehr mit einer Reform,<br />

wenn nicht bis spätestens Juli 2012 ein<br />

Regierungsentwurf vorliegt. Da die Vertreterin<br />

des Bundesjustizministeriums wiederum versicherte,<br />

dass an dem Referentenentwurf und<br />

den hierzu eingegangenen Stellungnahmen<br />

fleißig gearbeitet werde, bleibt die Frage, ob<br />

die Reform nun kommt, weiterhin spannend.


�� ASS gGmbH – <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2011</strong> 15<br />

Ergebnisse:<br />

Wartezeit<br />

Die Wartezeit auf einen Beratungstermin<br />

hat sich in den letzten drei Jahren eher<br />

zum Positiven verändert. Insofern war es für<br />

ein aussagekräftiges Ergebnis wichtig, neben<br />

der Zufriedenheit mit der Wartezeit auch die<br />

tatsächliche Wartezeit abzufragen. Denn nur<br />

so wurde erkennbar, welche Wartezeit bei den<br />

meisten Fällen zu einer Zufriedenheit bzw.<br />

Unzufriedenheit führte. Das Gesamtergebnis<br />

zeigt, dass Wartezeiten von einem Monat und<br />

mehr in der Regel nicht mehr akzeptiert werden<br />

und zu einer mehr oder weniger großen<br />

Unzufriedenheit führen.<br />

Derzeit liegt die Wartezeit auf einen Ersttermin<br />

bei der ASS unter einem Monat. Wir arbeiten<br />

daran, dies möglichst so beizubehalten.<br />

Qualität der Aufklärung<br />

und Information<br />

Insbesondere zur Phase 1 der Beratung,<br />

aber auch im weiteren Beratungsverlauf, gehören<br />

die grundlegende Aufklärung über den<br />

Prozess bzw. die erforderlichen Schritte der<br />

Schuldnerberatung sowie die Chancen, die<br />

notwendige Mitwirkung und die Information<br />

über mögliche Sofortmaßnahmen.<br />

Für uns sehr erfreulich, fühlten sich 138 Personen,<br />

also 92 % der Befragten im Rahmen<br />

der Phase 1 unserer Beratung über das, was<br />

sie erwartet, aufgeklärt.<br />

Sogar 95 % hatten den Eindruck, dass sie sich<br />

während des Beratungsprozesses jederzeit<br />

mit Fragen und Anliegen an die ASS wenden<br />

konnten.<br />

�� Qualitätssicherung – Kundenbefragung<br />

Hinzu kommt, dass wir bei rund 90 % der Befragten deren Ängste,<br />

Belastungen und Befürchtungen im Hinblick auf Zwangsvollstreckungsmaßnahmen<br />

verringern bzw. nehmen konnten. Das ist ebenfalls<br />

ein sehr ermutigender Wert, denn eine Überschuldung führt in<br />

den meisten Fällen zu massiven Existenzängsten. Vor allem die Unwissenheit<br />

über die Vollstreckungsmaßnahmen lässt Betroffene oft befürchten,<br />

dass ihnen alles Materielle abgenommen werden kann und<br />

sie einer Haftstrafe entgegensehen.<br />

Weitere 86 % der Befragten gaben an, dass sie ihre Schuldensituation<br />

mit unserer Unterstützung regeln konnten.<br />

Um den Anteil der Personen, die wir bislang nicht oder nicht optimal<br />

erreichen konnten, künftig besser zu erreichen, werden wir bei der<br />

Folgebefragung ein besonderes Augenmerk auf die Frage nach dem<br />

Warum legen.<br />

Fazit<br />

Insgesamt fiel die Befragung für uns sehr positiv aus. Auch die<br />

anderen, hier nicht dargestellten Teilaspekte wie z. B. die Beratungsatmosphäre<br />

und die Zufriedenheit mit den einzelnen Mitarbeiter/innen<br />

hatten durchweg sehr hohe Zustimmungsquoten.<br />

Immerhin 95 % der Befragten würden unsere Schuldnerberatung weiterempfehlen.<br />

Ein, wie wir finden, sehr guter Wert, der uns stolz macht<br />

und bestätigt.<br />

Der Ausgang der Befragung motiviert uns natürlich in besonderer Weise,<br />

unsere Qualitätsstandards nicht nur zu halten, sondern weiter zu<br />

optimieren.<br />

Wir danken allen sehr herzlich, die an der Befragung teilgenommen<br />

haben und damit ein sicherlich unerfreuliches Kapitel ihres Lebens<br />

noch einmal Revue passieren lassen mussten.<br />

Das Gesamtergebnis der Befragung kann auf unserer Homepage unter<br />

www.ass-ma.de eingesehen werden.


14<br />

�� Qualitätssicherung – Kundenbefragung �� �� ASS gGmbH – <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2011</strong><br />

Qualitätssicherung –<br />

Kundenbefragung<br />

Zur Qualitätssicherung unserer Arbeit haben wir <strong>2011</strong> erstmals<br />

eine große Fragebogenaktion gestartet und 1018 ehemalige<br />

Ratsuchende, deren Beratung in den Jahren 2009, 2010 und <strong>2011</strong><br />

abgeschlossen wurde, angeschrieben.<br />

Der Fragebogen beinhaltete 27 Fragen, die anonym beantwortet<br />

und in einem beigelegten Rückumschlag an uns kostenfrei zurückgesandt<br />

werden konnten.<br />

150 Personen, rund 15 %, beteiligten sich an der Befragung. Davon<br />

68 (45,3 %) Frauen und 82 (54,7 %) Männer. Die Umfrage ist<br />

damit repräsentativ.<br />

67 % der Befragten erhielten zum Zeitpunkt der Schuldnerberatung<br />

Leistungen durch das Job Center Mannheim. Das entspricht dem<br />

bei der ASS üblichen Anteil dieser Gruppe an den Ratsuchenden.<br />

Exemplarisch wird im Folgenden auf folgende Teilaspekte näher<br />

eingegangen:<br />

�� Zufriedenheit mit der Wartezeit auf einen Beratungstermin<br />

�� Zufriedenheit mit der Qualität der Aufklärung und Information


ASS<br />

<strong>Arbeitsgemeinschaft</strong><br />

Spezialisierte Schuldnerberatung Mannheim gGmbH<br />

Kaiserring 36<br />

68161 Mannheim<br />

Tel: +(49) 621-122 04 00 Fax: +(49) 621-122 04 01<br />

Unsere Hotlineberatung:<br />

immer mittwochs von 14:00 Uhr bis 16:30 Uhr<br />

Tel: +(49) 621-401 67 84<br />

für Selbstständige und ehemalige Selbstständige:<br />

Tel: +(49) 621-401 67 85

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