VORBEMERKUNGEN
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Vorbemerkungen<br />
<strong>VORBEMERKUNGEN</strong><br />
Zwei Ziele stehen im Vordergrund der vorliegenden Arbeit: Zum einen soll ein<br />
Verfahren konstruiert und erprobt werden, das sich aufgrund seiner konzeptionellen<br />
Besonderheiten als hilfreiche (nützliche) und sinnvolle Alternative am<br />
Markt psychologisch-diagnostischer Tests bewähren kann und für das es einen<br />
praktischen Bedarf gibt. Die Konstruktion ist aber nicht nur Selbstzweck, denn<br />
gerade bei der Erprobung von Strategien zur Erfassung von Persönlichkeitseigenschaften<br />
anhand Objektiver Persönlichkeitstests sind aus einer gelungenen Testkonstruktion<br />
auch Übertragungseffekte auf andere Konstrukte denkbar. Damit ist<br />
gemeint, dass wenn sich die hier beschriebenen Strategien als Erfolg versprechend<br />
herausgestellt haben, sie unter Umständen auch auf die Erfassung anderer<br />
psychologischer Eigenschaften übertragbar sind. Als weiteres Ziel soll eine bekannte<br />
und weit verbreitete Theorie, die Berufsinteressen-Theorie von Holland<br />
(1997), in einem anwendungsbezogenen Bereich erweitert werden. Diese Überlegungen<br />
können am besten in einer einfachen Abbildung veranschaulicht werden<br />
(Abbildung 1).<br />
Abbildung 1. Ziele des Projekts<br />
Ziele<br />
Entwicklung Objektiver<br />
Persönlichkeitstests zur Erfassung des<br />
Interesses an beruflichen Tätigkeiten<br />
Erweiterung der praktischen<br />
Anwendbarkeit der Berufs-<br />
Interessen-Theorie von J.L. Holland<br />
Ergänzend zum ersten Punkt aus Abbildung 1, der Testentwicklung (Arbeitstitel<br />
Interessen Assessment computerisierte Objektive Testbatterie, IAcO), kann<br />
festgehalten werden, dass sich Verfahren aus dem deutschen Sprachraum zur Erfassung<br />
beruflicher Interessen im Wesentlichen auf die Erhebungstechnik des<br />
„Fragens“ beziehen. Es stehen ausreichend Fragebogen zur Interessenmessung<br />
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Proyer<br />
zur Verfügung. Eine sinnvolle Erweiterung des Methodeninventars sollte sich daher<br />
auf eine alternative Erhebungstechnik beziehen. Somit soll das Produkt der<br />
Arbeit ein Objektiver Persönlichkeitstest (i. S. R. B. Cattells) sein. In einem eigenen<br />
Kapitel (Kap. 4) werden Verfahren dieser Art genau beschrieben.<br />
Durch den Einsatz eines Verfahrens, bei dem Informationen über die Persönlichkeit<br />
(hier über die Interessenstruktur) einer Testperson erhalten werden, die<br />
nicht aus der Selbstbeschreibung gewonnen werden, kann die Berufsberatung auf<br />
vielfache Weise profitieren. Schließlich kann man nicht voraussetzen, dass alle<br />
Testpersonen in gleichem Maß über Bereitschaft und Fähigkeit zur differenzierten<br />
Selbstbeschreibung verfügen. Zum anderen zeigen Erfahrungen aus der Praxis<br />
(Proyer, 2004) auch, dass vor allem Jugendliche beim Berufsberater häufig angeben:<br />
„Ich weiß nicht, wofür ich mich interessiere.“ Solchen Personen dann einen<br />
Fragebogen vorzulegen, wo die erste Frage lautet: „Interessierst Du dich für ...“<br />
scheint nur bedingt zielführend. Ein Verfahren, bei dem man sich selbst nicht bewerten<br />
(einschätzen) muss, mag also in manchen Situationen aufschlussreichere<br />
bzw. zusätzliche Informationen liefern können, die auf andere Art und Weise<br />
nicht zugänglich sind. Dass Interessenfragebogen in der Berufsberatung wertvolle<br />
Informationen liefern ist in der Literatur gut belegt und dementsprechend ist das<br />
Ziel der Entwicklung Objektiver Persönlichkeitstests, das Methodeninventar zu<br />
ergänzen und dem Berufsberater dadurch Zusatzinformation zur Verfügung zu<br />
stellen, die im Beratungsprozess sinnvoll eingesetzt werden können. Dem Zusammenspiel<br />
zwischen Fragebogen und Objektiven Persönlichkeitstests soll in<br />
der Diskussion der Arbeit breiter Raum gewidmet werden.<br />
Wie eine Durchsicht der aktuellen Literatur zur Berufsberatung zeigt, nimmt<br />
die Berufsinteressen-Theorie von Holland eine zentrale Rolle ein. Gründe dafür<br />
werden in Kapitel 2 referiert. In der vorliegenden Arbeit wurde versucht, diese<br />
Theorie durch einen neuen Aspekt anzureichern. Dabei wurde wie folgt vorgegangen:<br />
Bei Verfahren aus dem deutschen Sprachraum, die sich auf Hollands<br />
Theorie beziehen, wie Explorix ® (Jörin, Stoll, Bergmann & Eder, 2003) oder dem<br />
Allgemeinen-Interessen-Struktur-Test/Umwelt-Struktur-Test (Bergmann & Eder,<br />
1999, 2005) erhält die Testperson am Ende eine Übersicht darüber, mit welchen<br />
Berufen ihre Interessenstruktur kongruent ist. Dafür stehen (länderspezifische)<br />
Berufsregister zur Verfügung. Die vorliegende Arbeit stellt den Versuch dar,<br />
diese Idee zu erweitern: Nicht eine Zuordnung der Interessenstruktur zu bestimmten<br />
Berufen, sondern zu bestimmten beruflichen Tätigkeiten wird angestrebt.<br />
Dazu war es notwendig, ein möglichst umfassendes Verzeichnis beruflicher<br />
Tätigkeiten (der deutschen Sprache) zu erstellen und gemäß den Modellvorstellungen<br />
Hollands zu kodieren (s. Kap. 6). Das Ziel ist es, dem Berufsberater<br />
dadurch Zusatzinformationen zur Verfügung stellen zu können. Eine Zuordnung<br />
zu beruflichen Tätigkeiten (die dann wieder einzelnen Berufen zugeordnet wer-
Vorbemerkungen<br />
den können, aber mit spezifischer Ausrichtung) ist letztlich aber auch wieder<br />
möglich.<br />
Somit soll in dieser Arbeit dem Beitrag nachgegangen werden, den Objektive<br />
Persönlichkeitstests zur Erfassung beruflicher Interessen zu leisten im Stande sind<br />
und die Möglichkeit, Interessen mit Objektiven Persönlichkeitstests zu erfassen<br />
auszuloten. Weiter soll die Erweiterbarkeit der Berufsinteressentheorie Hollands<br />
auf Ebene beruflicher Tätigkeiten geprüft werden. Diese Vorbemerkungen abschließend<br />
soll eine kurze Übersicht über den Inhalt der einzelnen Kapitel gegeben<br />
werden.<br />
In Kapitel 1 werden theoretische Überlegungen zu (beruflichen) Interessen auf<br />
einer allgemeinen Ebene angestellt. Es soll unter anderem den Fragen nachgegangen<br />
werden, wie Interessen entstehen oder wie sie aufrechterhalten werden. In<br />
diesem Zusammenhang ist auch die Frage nach der Stabilität von (beruflichen)<br />
Interessen zu stellen, da diese von zentraler Bedeutung für die Erfassung des<br />
Konstrukts mittels eines psychologisch-diagnostischen Verfahrens ist. Verschiedene<br />
Definitionen des Interessenbegriffs werden vorgestellt und diskutiert.<br />
Kapitel 2 hat Interessentheorien zum Inhalt. Das Hauptaugenmerk wird dabei<br />
auf die Berufsinteressentheorie von Holland gelegt. Diese wird in ihren zentralen<br />
Annahmen und den daraus abgeleiteten Hypothesen vorgestellt. Empirische Befunde<br />
werden referiert. Weiters wird auf die besondere Bedeutung der so genannten<br />
Kongruenzhypothese sowie auf den Zusammenhang zu anderen Persönlichkeitsmerkmalen<br />
hingewiesen.<br />
In Kapitel 3 werden Interessentests vorgestellt. In der Praxis tatsächlich im<br />
Einsatz befindliche Verfahren sowie ältere Ansätze werden diskutiert.<br />
Das Kapitel 4 bietet Informationen über Objektive Persönlichkeitstests. Die<br />
Besonderheiten von Verfahren dieser Art werden vorgestellt und diskutiert. Theoretische<br />
Grundlagen eines Objektiven Interessentests werden vorgestellt.<br />
In Kapitel 5 wird der Frage nachgegangen, in wie fern es Geschlechtsunterschiede<br />
bei (beruflichen) Interessen gibt. Empirische Daten werden referiert sowie<br />
das Thema aus historischer Sicht beleuchtet.<br />
Inhalt von Kapitel 6 ist eine Auseinandersetzung mit beruflichen Tätigkeiten.<br />
Zunächst werden einige Berufsklassifikationssysteme dargestellt. Weiters werden<br />
verschiedene Quellen aufgelistet, die Informationen über relevante berufliche Tätigkeiten<br />
geben. Die Vorgehensweise bei der Erstellung eines „Katalogs“ beruflicher<br />
Tätigkeiten der deutschen Sprache wird vorgestellt. Anhand von Experteneinschätzungen<br />
wird eine vorläufige Liste beruflicher Tätigkeiten erstellt; diese<br />
wird im Anhang 1 wiedergegeben.<br />
Prinzipielle Umsetzungsmöglichkeiten, Ideen und erste konkrete Vorschläge<br />
für Untertests eines neu zu konstruierenden Verfahrens werden in Kapitel 7 dargestellt.<br />
Dabei wird jeweils die relevante Hintergrundliteratur dargestellt und die<br />
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Proyer<br />
daraus abgeleiteten Hypothesen werden beschrieben. Ziel dieses Kapitels ist es,<br />
einen Überblick über verschiedene Ansatzmöglichkeiten zu geben. Dazu werden<br />
jeweils theoretische Annahmen und erste Ideen zur Umsetzbarkeit diskutiert.<br />
Nicht alle der beschriebenen Ideen werden im Rahmen dieser Arbeit umgesetzt.<br />
Sie sollen aber an dieser Stelle dokumentiert werden und bei weiteren Forschungsbemühungen<br />
wieder aufgegriffen werden.<br />
Die Entwicklung Objektiver Persönlichkeitstests zur Erfassung des Interesses<br />
an beruflichen Tätigkeiten wird in Kapitel 8 dargestellt. Hier wird die Entwicklung<br />
des Testmaterials dokumentiert. Dabei werden die Ausgangsideen auf ihre<br />
Umsetzbarkeit hin erneut geprüft und gegebenenfalls modifiziert.<br />
Nach der Erstellung des Testmaterials folgt die empirische Prüfung, die in<br />
Kapitel 9 (Ergebnisse) dargestellt wird. Das Design der Studien sowie die dabei<br />
gewählte Vorgehensweise werden vorgestellt.<br />
Die Diskussion der Ergebnisse der durchgeführten Studien erfolgt in Kapitel<br />
10. Augenmerk wird dabei auch auf die praktische Bewährung sowie die Akzeptanz<br />
auf Seiten der Testperson gelegt.<br />
In Kapitel 11 wird eine Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse gegeben.<br />
Den Abschluss bildet das Kapitel 12, in dem ein Ausblick gegeben wird. Dabei<br />
werden vor allem Anregungen für zukünftige Forschungsfragen vorgestellt. Die<br />
Ergebnisse werden einer abschließenden Bewertung unterzogen.