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Helden sind „in“! - Mag. Susanne Wolf-Eberl

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Odilo Seisser, Angelika Kofler<br />

<strong>Helden</strong> <strong>sind</strong> <strong>„in“</strong>!<br />

Ergebnisse einer Repräsentativ-Studie der GfK Austria Sozialforschung, 2010<br />

„Googelt“ man heute den Begriff „<strong>Helden</strong>“, so werden über 30 Millionen Einträge gelistet; Einträge<br />

und Beiträge, welche die ganze „Buntheit“ des modernen <strong>Helden</strong>begriffes thematisieren. <strong>Helden</strong><br />

(griechisch: Heros) <strong>sind</strong> – nach einer Definition im Brockhaus – Akteure, „die sich mit<br />

Unerschrockenheit und Mut einer schweren Aufgabe stellen oder eine außergewöhnliche,<br />

bewunderungswürdige Tat vollbringen“. Der Held „ragt durch seine Taten und sein Schicksal aus der<br />

Menge der anderen Menschen hervor und kann diesen so zum Vorbild werden“. Aus soziologischer<br />

Sicht gehen vor allem Zeiten sozialer und wirtschaftlicher Umwälzungen mit einem starken Bedürfnis<br />

nach <strong>Helden</strong> einher. Je schlechter die Zeiten <strong>sind</strong>, desto größer ist im Allgemeinen die Sehnsucht nach<br />

neuen <strong>Helden</strong> als Vorbilder und Hoffnungsträger.<br />

Angesichts der komplexen Bedingungen der modernen Arbeitswelt und einer Zeit, die vor<br />

Dynamisierung und Unwägbarkeiten strotzt, sucht man nach Identifikationsfiguren; nach Figuren, die<br />

den Herausforderungen mit außerordentlichen und rühmenswerten Taten begegnen und dem<br />

Einzelnen über die Identifikation damit die Möglichkeit einräumen, Orientierung zu finden und sich<br />

größer zu fühlen als man tatsächlich ist. <strong>Helden</strong> als Identifikationsobjekte finden Lösungen für schier<br />

Unlösbares; sie wachsen in ihrem Tun und Handeln über sich und ihre Grenzen hinaus und geben<br />

Orientierung, indem sie Problemlösungen vorleben.<br />

<strong>Helden</strong> <strong>sind</strong> gefragt, denn die Gegenwart stellt an das Individuum große Herausforderungen. Die<br />

Moderne ist, folgt man Max Weber, ein „Prozess der Entzauberung der Welt“; ein Prozess der<br />

planbaren Logik, Rationalisierung und Berechenbarkeit. Und die Gegenwart kennzeichnet darüber<br />

hinaus ein Ausmaß an Komplexität und Dynamik, das – verschärft durch Krisen – vielfach zu<br />

emotionaler Verunsicherung und Desorientierung führt. Wir leben in einer dynamischen und<br />

unwägbaren Zeit, die dem Einzelnen kaum Zeit lässt, sich neu zu orientieren und zurechtzufinden. Und<br />

hier kommt die Vorstellung des „<strong>Helden</strong>“ zur Wirkung, denn <strong>Helden</strong>mythen, unabhängig davon, aus<br />

welchem Kulturkreis oder Jahrhundert sie stammen, <strong>sind</strong> stets nach einem gemeinsamen<br />

Grundmuster gestrickt: Die <strong>Helden</strong>-Abenteuer und <strong>Helden</strong>-Herausforderungen vollziehen sich als eine<br />

Art Road-Movie, als die Geschichte eines risikoreichen Weges. Der Held hat auf seiner Reise, seiner<br />

Expedition etwas zu suchen, zu erforschen und zu finden und muss dabei schier unüberwindliche<br />

Hindernisse und Herausforderungen bewältigen.<br />

Welche Hindernisse und Herausforderungen der Gegenwart <strong>sind</strong> nun aus Perspektive der Österreicher<br />

und Österreicherinnen maßgeblich, um durch deren Bewältigung zum „<strong>Helden</strong>“ zu werden?<br />

Sind es die Herausforderungen des alltäglichen Lebens? Ist es das Überwinden von<br />

unvorhergesehenen Ereignissen, Krisen und Schicksalsschlägen? Ist es das Bestehen von fiktiven oder<br />

lebensnahen Abenteuern oder die Erforschung und Gestaltung neuer Lebensfelder, die den Akteur<br />

zum „<strong>Helden</strong>“ machen? Und welche Protagonisten eignen sich heutzutage aus Sicht der Bevölkerung<br />

besonders dazu, als Held in Erscheinung zu treten?<br />

Diesen und noch weiteren Fragen gingen die Sozialforscher und Sozialforscherinnen der GfK Austria<br />

2010 in einer umfangreichen Untersuchung nach. Im Rahmen dieser Studie wurden zunächst<br />

Gruppendiskussionen mit psychologischen Erhebungsmethoden durchgeführt, um die spontane<br />

1


Vorstellungswelt zum Thema <strong>Helden</strong> zu erfassen. Diese Ergebnisse bildeten die Grundlage für eine<br />

österreichweite Bevölkerungsbefragung von 2.000 Personen ab 15 Jahren. Die Befragung selbst wurde<br />

als „Online-Befragung“ abgewickelt.<br />

<strong>Helden</strong> <strong>sind</strong> – wenn man den Medien folgt – durchaus en vogue; sie beherrschten nicht nur die<br />

Gedankenwelt der Antike, sondern prägen auch die Alltagssprache der Gegenwart. In diesem Kontext<br />

<strong>sind</strong> beispielsweise Schlagwörter wie „<strong>Helden</strong> der Arbeit“, „heroische Anstrengung“, die „<strong>Helden</strong> von<br />

New York“ oder auch die „<strong>Helden</strong> von Cordoba“ zu erwähnen. „Nelson Mandela“ – so der Redakteur<br />

Richard Stengel vom „Time“-<strong>Mag</strong>azin – „ist vielleicht der letzte echte Held auf unserer Erde. Er ist das<br />

lächelnde Sinnbild für Opferbereitschaft und Rechtschaffenheit“ (zit. nach: <strong>Mag</strong>azin „Spiegel“<br />

29.03.2010).<br />

Und vor wenigen Jahren, 2005, widmete sich die niederösterreichische Landesausstellung unter dem<br />

Titel „Lauter <strong>Helden</strong>“ auch dem Wandel der <strong>Helden</strong>bilder von der Antike bis in die Welt der Comics<br />

und des Cyberspace. Gegenwärtig macht sich ein Autohersteller – unter dem Motto „<strong>Helden</strong> gesucht“<br />

– gerade auf die Suche nach dem besten ehrenamtlichen Einsatzkräfteteam Österreichs; im<br />

österreichischen Fernsehen läuft die Suche nach den „<strong>Helden</strong> von Morgen“ und im deutschen<br />

Privatfernsehen kämpfen Menschen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten in der Mystery-Serie „Heroes“<br />

gegen drohende Weltuntergangskatastrophen und tragische Ereignisse.<br />

Als „<strong>Helden</strong>“ gelten im einen Fall die selbstlosen, freiwilligen und stets einsatzbereiten Helfer und<br />

Retter im Krisen- und Notfall; im anderen Fall potentielle Idole der Unterhaltung<strong>sind</strong>ustrie und im<br />

nächsten Fall kämpfende Akteure mit „übermenschlichen“ Fähigkeiten. Unter dem Begriff „Held“ wird<br />

also vielerlei subsummiert; der Begriff ist heute äußerst bunt und vielfältig; er ist manipulativ besetzt<br />

und breitgetreten und löst Reaktionen aus, die von der totalen Ablehnung bis hin zur glorifizierenden<br />

Verherrlichung reichen. Heute ist der „Held der Schlachten“, der „Kriegsheld“ zumindest in den<br />

mitteleuropäischen Ländern längst aus der Mode gekommen und das Wort „Held“ wird im modernen<br />

Sprachgebrauch vielmehr als Synonym für Star, Ikone, Idol oder Vorbild verwendet.<br />

Dieser „Vielfältigkeit“ und „Schwammigkeit“ des modernen <strong>Helden</strong>begriffes wurde auch in der<br />

vorliegenden Untersuchung Rechnung getragen, indem neben dem Begriff „Held“ auch die<br />

Vorstellungen, die mit den Wörtern „Vorbild“, „Idol“ und „Ideal“ einhergehen, untersucht worden <strong>sind</strong>.<br />

<strong>Helden</strong> <strong>sind</strong> stark!<br />

In der Zuschreibung von Eigenschaften zu den vorgegebenen Begriffen „Held“, „Vorbild“, „Idol“ und<br />

„Ideal“ sowie in der Erfassung des Selbstbildes der Befragten zeigt sich, dass der <strong>Helden</strong>-Begriff<br />

Distinktion und Exzellenz, Akzeptanz und Distanzierung, Faszination und Irritation impliziert. Einerseits<br />

kann man durch Höchstleistungen zum <strong>Helden</strong>/zur Heldin werden, andererseits steht der Held/die<br />

Heldin gerade für Taten, die nahezu unerreichbar und übermenschlich <strong>sind</strong>. <strong>Helden</strong> und Heldinnen<br />

evozieren somit Bewunderung, aber auch Abgrenzung.<br />

Insgesamt wurden den Befragten 29 Eigenschaften/Attribute zur Beschreibung des „<strong>Helden</strong>“, des<br />

„Vorbilds“, des „Idols“ bzw. des „Ideals“ vorgegeben. Klassifiziert man diese Attribute mit<br />

mathematisch-statistischen Methoden (Faktorenanalyse), so resultieren in Bezug auf die<br />

„<strong>Helden</strong>beschreibung“ vier zugrunde liegende Dimensionen, die in der folgenden Tabelle dargestellt<br />

<strong>sind</strong>.<br />

2


Tab. 1: <strong>Helden</strong>-Attribute – zugrunde liegende Dimensionen<br />

KRAFT/STÄRKE TUGEND APPEAL AFFEKT<br />

Kräftig Ehrlich Sexy Dumm<br />

Aggressiv Anständig Attraktiv Abgehoben<br />

Mutig/Risikofreudig Menschlich Leidenschaftlich Tragisch<br />

Zäh Hilfsbereit Witzig Gefährlich<br />

Widerstandsfähig Liebevoll Charismatisch<br />

Mächtig Geradlinig<br />

Gut<br />

Schlau/Intelligent/Weise<br />

Willensstark<br />

Zielstrebig<br />

Eigenständig<br />

Sensibel<br />

Selbstlos<br />

Individuell<br />

Quelle: GfK Austria, Sozial- und Organisationsforschung; <strong>Helden</strong>; Online-Studie 2010<br />

Am meisten prägen den Held/die Heldin aus Sicht der Österreicher und Österreicherinnen<br />

Eigenschaften, die hier in der Dimension „Kraft/Stärke“ zusammengefaßt <strong>sind</strong>; gefolgt von<br />

einzelnen Aspekten aus dem Komplex der „(sozialen) Tugenden“. Der Held/die Heldin ist in den Augen<br />

der Bevölkerung zuallererst mutig und risikofreudig, kräftig, aggressiv und kämpferisch, zäh und<br />

widerstandsfähig. Zu den häufigsten Eigenschaften, die dem <strong>Helden</strong>/der Heldin attestiert werden<br />

zählen vor allem jene, an denen es der eigenen Person mangelt; allerdings ohne allzu großen<br />

Leidensdruck, denn sie werden zwar relativ selten der eigenen Person zugeschrieben (Selbstbild), aber<br />

auch nur begrenzt als wünschenswert für die eigene Persönlichkeit erachtet (Wunschbild).<br />

Mut, Kraft, Einsatzbereitschaft und Ausdauer befähigen den <strong>Helden</strong>/die Heldin letztendlich dazu, jene<br />

Handlungen zu setzen, die dann – den jeweiligen sozialen und kulturellen Normen entsprechend – als<br />

herausragend und rühmenswert wahrgenommen werden und den Handelnden in den Augen der<br />

Mitwelt zum <strong>Helden</strong>/zur Heldin machen. Held-Sein setzt diese Eigenschaften folglich voraus und dies<br />

wird von den Befragten durchaus erkannt. Zur Charakterisierung von <strong>Helden</strong> werden doppelt so häufig<br />

Beschreibungskategorien, die mit Kraft und Stärke zu tun haben, verwendet, als Aspekte, welche<br />

beispielsweise den „Appeal“ oder den „Affekt“ zum Inhalt haben. Um in den Augen der Bevölkerung<br />

ein Held/eine Heldin zu sein, muss man also vor allem stark und kräftig und erst in zweiter Linie<br />

attraktiv und charismatisch sein.<br />

<strong>Helden</strong> weisen Kraft und Stärke auf; die eigene Person vor allem „Tugenden, die das Miteinander<br />

bestimmen“. Die in der nachfolgenden Tabelle enthaltene Gegenüberstellung, welche Charakteristika<br />

Akteure aufweisen müssten, um als Held/als Heldin zu gelten, und welche Merkmale die eigene<br />

Person charakterisieren (Selbstbild, Wunschbild), verdeutlicht, dass für den <strong>Helden</strong>status<br />

Eigenschaften kennzeichnend <strong>sind</strong>, welche für die eigene Person von geringer Relevanz <strong>sind</strong>. In dieser<br />

Darstellung <strong>sind</strong> all jene Werte mit Grauflächen unterlegt, die vom Durchschnitt der betreffenden<br />

Spalte signifikant abweichen.<br />

3


Tab. 2: Vergleich <strong>Helden</strong>eigenschaften – Selbstbild – Wunschbild (gruppiert nach Dimensionen)<br />

HELD muss<br />

…sein<br />

BIN ICH MÖCHTE ICH<br />

SEIN<br />

Mutig, risikofreudig 54 45 68<br />

Aggressiv, kämpferisch 45 26 26<br />

Kräftig 50 48 62<br />

Widerstandsfähig 43 79 85<br />

Zäh 44 71 68<br />

Mächtig 42 9 29<br />

Ehrlich 32 96 75<br />

Anständig 31 95 73<br />

Menschlich 35 96 79<br />

Hilfsbereit 35 96 75<br />

Liebevoll 19 92 80<br />

Geradlinig 32 79 72<br />

Gut 36 89 79<br />

Schlau, intelligent, weise 33 83 87<br />

Willensstark 41 76 84<br />

Zielstrebig 34 74 82<br />

Eigenständig 31 82 78<br />

Sensibel 14 79 47<br />

Selbstlos, aufopfernd 37 54 43<br />

Individuell 27 79 74<br />

Sexy 18 30 56<br />

Attraktiv 21 39 67<br />

Leidenschaftlich 25 65 71<br />

Charismatisch 35 49 65<br />

Witzig 17 71 79<br />

Dumm 10 2 2<br />

Abgehoben 18 5 6<br />

Tragisch 20 8 5<br />

Gefährlich 35 6 7<br />

Quelle: GfK Austria, Sozial- und Organisationsforschung; <strong>Helden</strong>; Online-Studie 2010<br />

Weist der Held/die Heldin vor allem Kraft und Stärke auf, so kennzeichnen die eigene Person in erster<br />

Linie Eigenschaften, die unter dem Titel „(soziale) Tugenden“ zusammengefaßt <strong>sind</strong>. Man sieht sich<br />

selbst als ehrlich, menschlich, hilfsbereit, anständig und liebevoll. Nahezu alle Österreicher und<br />

Österreicherinnen schreiben sich selbst derartige Tugenden zu (zwischen 92% und 96%) und wollen<br />

dies auch sein (zwischen 73% und 80%).<br />

Die ansprechende Wirkung auf andere, der Appeal, spielt, um Held oder Heldin zu sein eine<br />

vernachlässigbare Rolle; für das eigene Bildnis hingegen nicht, denn in dieser Hinsicht ist die Distanz<br />

zwischen Selbstbild und Wunschvorstellung am größten. Für den Held/die Heldin werden<br />

diesbezügliche Eigenschaften nicht oder nur selten gefordert; für sich selbst hingegen schon. Etwa ein<br />

Drittel der Befragten hält sich für „sexy“ und „attraktiv“, aber rund zwei Drittel äußern diesbezüglich<br />

4


Wunschvorstellungen (möchte ich gerne sein). Man will sozial und fair und für andere sexy und<br />

attraktiv sein; Stärke, Kraft und Macht kennzeichnen den <strong>Helden</strong>/die Heldin; für sich selbst spielt das<br />

nur insofern eine Rolle, als man sich mehr Zuversicht, Mut und Ausdauer für die Schwierigkeiten des<br />

Alltags wünscht.<br />

Tab. 3: Eigenschaftsdimensionen: HELD, VORBILD, IDOL, IDEAL vs. Selbstbild – Wunschbild<br />

HELD VORBILD IDOL IDEAL Selbstbild Wunschbild<br />

Stärke 46 29 19 24 46 56<br />

Tugenden 31 57 28 43 84 73<br />

Appeal 23 36 31 34 51 67<br />

Affekt 21 6 10 11 5 5<br />

Quelle: GfK Austria, Sozial- und Organisationsforschung; <strong>Helden</strong>; Online-Studie 2010<br />

Im Vergleich von Held, Vorbild, Idol und Ideal mit dem Selbst- und Wunschbild ist<br />

* der Held/die Heldin aus Perspektive der Bevölkerung vor allem durch Stärke und in zweiter Linie<br />

durch Tugenden beschreibbar;<br />

* das Vorbild durch Tugenden und – etwas abgeschwächt – durch Appeal;<br />

* das Idol primär durch Statements, die den Appeal beinhalten;<br />

* das Ideal durch Tugenden und Appeal;<br />

* die eigene Person in erster Linie durch tugendhaftes Verhalten, sowie wunschgemäß auch durch<br />

die positive Wirkung auf andere (Appeal).<br />

Dies spiegelt wider, dass das Vorbild sowie das Ideal dem Individuum näher stehen als etwa der<br />

Held/die Heldin oder das Idol. Held, Vorbild, Idol und Ideal <strong>sind</strong> – ausgehend von den vorliegenden<br />

empirischen Daten – unterschiedliche Konstrukte. Das Idol wird beispielsweise am häufigsten durch<br />

Eigenschaften gekennzeichnet, welche die Wirkung auf andere, den Reiz, den Appeal zum Inhalt<br />

haben. Charisma und (ästhetische) Attraktivität stehen im Vordergrund. Hinzu kommen Eigenschaften<br />

aus dem Komplex der (sozialen) Tugenden (schlau, willensstark, gut, ehrlich). Im Unterschied zum<br />

<strong>Helden</strong>/zur Heldin muss das Idol allerdings nicht altruistisch und selbstlos, oder gar kräftig, aggressiv<br />

und kämpferisch sein. Vorbild und Ideal werden hingegen – ebenso wie die eigene Person – vor allem<br />

durch Tugenden beschrieben, die das Zusammenleben und den Umgang untereinander positiv<br />

gestalten. Beide Identifikations- und Orientierungsobjekte werden vor allem mit Attributen aus dem<br />

Themenkomplex sozialer Tugenden beschrieben. Um ein „Ideal“ zu sein, muss man – ebenso wie im<br />

Bestreben, ein Vorbild zu sein – in erster Linie tugendhafte, soziale Werte verkörpern, also jene Werte<br />

und Eigenschaften aufweisen, die auch der eigenen Person am häufigsten zugeschrieben werden. Ein<br />

Ideal oder Vorbild ist folglich jemand, dem man auch mit den eigenen Verhaltensweisen und<br />

Eigenschaften gezielt nahe kommen kann; ein Held oder Idol ist das hingegen nicht, denn hierfür <strong>sind</strong><br />

– neben Eigenschaften wie Mut, Stärke, Risikobereitschaft, Aggressivität, Attraktivität und Sexappeal -<br />

auch äußere Umstände und spezifische Situationen erforderlich.<br />

Der <strong>Helden</strong>status setzt voraus, so die Mehrheit der befragten Österreicher und Österreicherinnen, dass<br />

die Eigenschaften Mut, Kraft, Zähigkeit, Kampfeswillen und Mächtigkeit gegeben <strong>sind</strong>. <strong>Helden</strong><br />

vollbringen in aller Regel außergewöhnliche, heldenhafte Leistungen; Leistungen, die rühmens- und<br />

bewundernswert, aber zumeist unerreichbar <strong>sind</strong>. Erreichbar <strong>sind</strong> dagegen Eigenschaften, Leistungen<br />

und Verhaltensweisen, die von Vorbildern oder Idealen verkörpert werden, von Personen, die wirklich<br />

leben und daher auch authentisch <strong>sind</strong>. Dies zeigt sich auch in der Zuschreibung von Eigenschaften zu<br />

5


den Begriffen Held, Vorbild, Idol und Ideal, indem nämlich jene Eigenschaften, die aus Sicht der<br />

Befragten Vorbilder und Ideale kennzeichnen, auch in der eigenen Person angelegt <strong>sind</strong>.<br />

<strong>Helden</strong> <strong>sind</strong> <strong>„in“</strong>, aber Vorbilder <strong>sind</strong> wichtig!<br />

Wenn es um Identifikationsobjekte und Orientierungsmöglichkeiten geht, ist in der Sprache der<br />

Medien heutzutage kaum von Vorbildern oder Idealen, aber häufig von <strong>Helden</strong> die Rede. Dies mag<br />

mitunter darin begründet sein, dass die Begriffe Vorbild und Ideal einen „pädagogischen<br />

Beigeschmack“ aufweisen, während der <strong>Helden</strong>-Begriff auf Stärke, Durchsetzungsfähigkeit und Erfolg<br />

hinweist. Aus Sicht der Österreicher und Österreicherinnen <strong>sind</strong> allerdings Vorbilder und Ideale von<br />

größerer Bedeutung. 30% der Befragten schätzen Vorbilder auf einer 4-stufigen Skala für sehr wichtig<br />

ein und weitere 44% für eher wichtig. Diese Haltung wird vor allem von älteren Personen sowie von<br />

Familien mit Kleinkindern eingenommen.<br />

Ideale als Orientierungsobjekte werden von 60% der Befragten als wichtig erachtet; das<br />

Vorhandensein von Idolen von 31% und das Bildnis von <strong>Helden</strong> von 22%. <strong>Helden</strong> <strong>sind</strong> also im<br />

gegenwärtigen Leben für den Einzelnen von relativ geringer Bedeutung; gefragt <strong>sind</strong> vielmehr<br />

Vorbilder und Ideale, die als nachahmenswerte Identifikationsfiguren Orientierung geben. Vor allem<br />

die ältere Generation (60+ Jahre) sowie Familien mit Erziehungsaufgaben sehen Vorbilder und Ideale<br />

überdurchschnittlich häufig als wichtig ein.<br />

Abb. 1: Subjektive Wichtigkeit von <strong>Helden</strong>, Vorbildern, Idolen und Idealen<br />

GfK Custom Research<br />

Sozial- und Organisationsforschung<br />

Attribuierte Wichtigkeit von <strong>Helden</strong>, Vorbilder, Idole, Ideale<br />

Basis: alle Befragten<br />

Frage 5: Bitte geben Sie an, für wie wichtig für Sie persönlich <strong>Helden</strong>, Vorbilder, Idole bzw. Ideale <strong>sind</strong>.<br />

Vorbilder<br />

Ideale<br />

Idole<br />

<strong>Helden</strong><br />

7<br />

7<br />

sehr wichtig (1) eher wichtig (2) eher unwichtig (3) völlig unwichtig (4) weiß nicht (5)<br />

24<br />

30<br />

15<br />

24<br />

Quelle: GfK Austria, Sozial- und Organisationsforschung, 2000er ONLINE 2010, n=2.000, 19.05. – 14.06.2010<br />

Angaben in Prozent<br />

36<br />

44<br />

39<br />

44<br />

2000er ONLINE 2010<br />

Idole sowie <strong>Helden</strong> entsprechen hingegen eher der Bedürfniswelt von jüngeren Männern und<br />

Personengruppen aus niedrigeren Bildungs- und Sozialschichten. Beide Identifikationsobjekte, Idole<br />

23<br />

30<br />

18<br />

26<br />

12<br />

6<br />

6<br />

4<br />

4<br />

2<br />

MW<br />

2.01<br />

2.24<br />

2.88<br />

3.02<br />

6


und <strong>Helden</strong>, werden überdurchschnittlich häufig von unter 30-jährigen Männern und Personen, deren<br />

höchster Bildungsgrad der Pflichtschulabschluss darstellt, als sehr oder eher wichtig für die eigene<br />

Person beurteilt. Zieht man die Lebensphase, in der die Befragten stehen, in Betracht, so erweisen<br />

sich am ehesten Jugendliche und junge Erwachsene als anfällig für <strong>Helden</strong>vorstellungen, obgleich<br />

auch unter ihnen die Begriffe „Vorbild“ und „Ideal“ hinsichtlich der Wichtigkeit den Vorrang erhalten.<br />

<strong>Helden</strong> <strong>sind</strong> „real“ und gegenwärtig!<br />

Der <strong>Helden</strong>begriff hat eine lange Geschichte, doch wer oder was <strong>Helden</strong> <strong>sind</strong>, wird immer wieder neu<br />

und anders definiert. „<strong>Helden</strong>bilder“ – so die Archäologin Prof. Dr. Marion Mayer vom Institut für<br />

Archäologie der Universität Wien – „<strong>sind</strong> Spiegelbilder ihrer Verehrer, symptomatisch für ihre Werte<br />

und ihr kulturelles Selbstverständnis“. Der Figur des <strong>Helden</strong> begegnet man zunächst im antiken Heros,<br />

der durch Abstammung oder Vorzeichen angekündigt wird und durch seine erste außergewöhnliche<br />

und „heroische“ Tat zum <strong>Helden</strong> wird. Zum <strong>Helden</strong> wird man dadurch, indem die <strong>Helden</strong>tat, die<br />

Leistung, Anerkennung seitens Dritter findet und diese Anerkennung wiederum ist historisch und<br />

kulturell geprägt. Ein Held entspricht also der Definition dessen, was in der jeweiligen Kultur als<br />

lobenswert und vortrefflich gilt.<br />

Die spontanen Antworten auf die Frage, wer als Held oder Heldin gilt, zeigen, dass für die befragten<br />

Österreicher und Österreicherinnen vor allem real existierende Personen der Gegenwart, die sich bei<br />

der Bewältigung von Alltagsaufgaben und Krisen durch ihren Einsatz als besonders<br />

gemeinschaftsdienlich erweisen, <strong>Helden</strong>status aufweisen. Der Held, so die Befragten,<br />

- ist meist männlich (60%);<br />

- fast immer eine „echte Person“ (92%);<br />

- lebt in der Gegenwart (95%);<br />

- ist aber in aller Regel „persönlich nicht bekannt“ (84%).<br />

<strong>Helden</strong>/Heldinnen der Gegenwart <strong>sind</strong> vor allem Menschen, die sich im Alltag und im sozialen<br />

Leben im besonderen Maß auszeichnen. Zu derartigen Alltagshelden und -heldinnen zählen aus<br />

Bevölkerungsperspektive beispielsweise Einsatzkräfte, Katastrophenhelfer und (Lebens-)Retter, sowie<br />

Personen, deren soziales Engagement weit über das übliche Maß hinausreicht. Fast jede zweite<br />

spontane „<strong>Helden</strong>-Nennung“ beinhaltet sozial überaus aktive und engagierte Persönlichkeiten oder<br />

Alltagshelden und Einsatzkräfte.<br />

Grundsätzlich können <strong>Helden</strong> und Heldinnen aber – folgt man den Aussagen der Befragten – aus dem<br />

gesamten Spektrum des sozialen und kulturellen Lebens kommen; aus der Politik ebenso wie aus dem<br />

eigenen sozialen Umfeld; aus der Unterhaltung<strong>sind</strong>ustrie und Fiktion genauso wie aus Wissenschaft,<br />

Sport, Militär, Religion oder Kunst und Kultur.<br />

Die häufigste Anerkennung finden allerdings diejenigen, die sich durch besonderen und selbstlosen<br />

Einsatz für andere auszeichnen; gefolgt von Nennungen aus dem Bereich der Politik und dem eigenen<br />

sozialen Nahumfeld (Familie, Freunde, Nachbarn). In dieser Einschätzung <strong>sind</strong> auch kaum<br />

Unterschiede zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen auszumachen. Ob jung oder alt, männlich<br />

oder weiblich, gut gebildet oder weniger gut gebildet, das außerordentliche und selbstlose<br />

Engagement für andere trifft nahezu gleichermaßen auf Anerkennung.<br />

7


Abb. 2: Persönliche <strong>Helden</strong> – spontane Nennungen nach gesellschaftlichen Bereichen<br />

GfK Custom Research<br />

<strong>Helden</strong> der Kindheit/Jugend: von der Fiktion zum Alltagsleben<br />

Ein knappes Drittel der befragten Österreicher und Österreicherinnen ab 15 Jahren hat auch in der<br />

eigenen Kindheit oder Jugendphase <strong>Helden</strong> oder Heldinnen verehrt; jüngere Menschen etwas häufiger<br />

als ältere; und Männer tendenziell etwas häufiger als Frauen. Auffällig ist, dass sich im Verlauf der<br />

jeweiligen biografischen Entwicklung eine Modifikation der potentiellen Orientierungs- und<br />

Identifikationsobjekte weg vom fiktiven hin zum realen Leben vollzogen hat.<br />

Kinder und Heranwachsende suchen und finden ihre <strong>Helden</strong> und Heldinnen vorzugsweise über die<br />

Medien. Das Fernsehen zum Beispiel hat mit Zeichentrickserien und Filmen auch immer wieder<br />

mythische Themen aufgegriffen; Mythen der Antike und des Mittelalters, Mythen von Abenteuern im<br />

Weltraum, mythische Erzählungen und Märchen. In vielen Kindermärchen finden sich ebenfalls<br />

Identifikations- und Vorbildfiguren; sie bieten Anleitungen für die Identitätsbildung und Entwicklung<br />

der Selbstständigkeit. Im Verlauf der biografischen Entwicklung lernen wir – so die Pädagogik –, dass<br />

die fiktiven <strong>Helden</strong> und Heldinnen und ihre Vorbildfunktion den realen Anforderungen ungenügend<br />

entsprechen, und neue, authentischere Identifikationsfiguren, etwa Idole, Stars und Vorbilder<br />

kommen ins Spiel.<br />

Sozial- und Organisationsforschung<br />

Persönliche <strong>Helden</strong> – Spontannennungen nach Bereichen<br />

Basis: alle Befragten<br />

Frage 6: Bleiben wir bei den <strong>Helden</strong>: Wer <strong>sind</strong> für Sie persönlich <strong>Helden</strong> oder Heldinnen?<br />

Alltagshelden/soziales Engagement<br />

Politik<br />

Famlilie, Freundeskreis, Nachbarn<br />

Film/Zeichentrick<br />

Medizin<br />

Sport<br />

Militär/Soldaten/Kämpfer<br />

Wissenschaft<br />

Religion<br />

Kunst/Kultur<br />

Quelle: GfK Austria, Sozial- und Organisationsforschung, 2000er ONLINE 2010, n=2.000, 19.05. – 14.06.2010<br />

Angaben in Prozent<br />

2<br />

3<br />

3<br />

4<br />

4<br />

6<br />

7<br />

13<br />

15<br />

2000er ONLINE 2010<br />

Diese Entwicklung bestätigt sich auch in dem Ergebnis, dass die Kindheits- und Jugendhelden der<br />

Befragten häufig fiktiver Natur waren (43%), während die gegenwärtigen <strong>Helden</strong> und Heldinnen<br />

zumeist „echte Personen“ darstellen (92%). Wird die <strong>Helden</strong>definition der Gegenwart von<br />

Alltagshelden und uneigennützigen Helfern dominiert, so war der <strong>Helden</strong>begriff in der eigenen<br />

Vergangenheit von Figuren aus Film und Zeichentrick bestimmt. Hinsichtlich der konkreten<br />

Ausgestaltung der <strong>Helden</strong>figuren in der Kindheit <strong>sind</strong> erwartungsgemäß Unterschiede je nach<br />

Alterskohorte anzutreffen. Was Tarzan, Winnetou, Robinson Crusoe und andere Figuren aus der<br />

43<br />

8


Abenteuerliteratur und deren Verfilmung für die Generation der 50+-Jährigen bedeuteten, stellen<br />

Comic- und Zeichentrickfiguren für die unter 30-Jährigen dar.<br />

Auffallend ist auch, dass Familie, Freundeskreis und Nachbarn, also das soziale Nahumfeld, in der<br />

Retrospektive nur eine verschwindend geringe Bedeutung als verehrungswürdige <strong>Helden</strong> der Kindheit<br />

einnehmen, aber in der Gegenwart – nach den uneigennützigen Helfern des Alltags und den Akteuren<br />

der Politik – spontan am dritthäufigsten als <strong>Helden</strong> und Vorbilder genannt werden.<br />

Abb. 3: Kindheits-/Jugendhelden – spontane Nennungen nach Lebensbereichen<br />

<strong>Helden</strong> machen Hoffnung und inspirieren.<br />

Gilt jemand auf Grund seiner Leistungen und Eigenschaften als Held oder Heldin, so wird er/sie im<br />

Regelfall insgeheim bewundert; sowie zum Objekt der Aufmerksamkeit und Kommunikation und<br />

letztlich auch zum Ziel der persönlichen Annäherung. Ältere Personen (60+ Jahre) reagieren<br />

diesbezüglich etwas zurückhaltender; man verfolgt zwar die allfällige Berichterstattung über den<br />

Held/die Heldin in den Medien, setzt aber kaum Aktivitäten, um den Held/die Heldin für sich persönlich<br />

greifbarer zu machen; beispielsweise durch das Sammeln von Fan-Artikeln, durch den Versuch der<br />

Kontaktaufnahme, oder durch die Imitation von Auftreten und Verhalten der bewundernswürdigen<br />

Person.<br />

GfK Custom Research<br />

Sozial- und Organisationsforschung<br />

2000er ONLINE 2010<br />

Eigene/r Kindheits-/Jugendheld/in – Spontannennungen nach Bereichen<br />

Basis: Held/Heldin in Jugend / Kindheit gehabt<br />

Frage 7a: Und wer war das?<br />

Film/Zeichentrick<br />

Alltagshelden/soziales Engagement<br />

Kunst/Kultur<br />

Sport<br />

Politik<br />

Wissenschaft<br />

Religion<br />

Familie, Freundeskreis, Nachbarn<br />

Quelle: GfK Austria, Sozial- und Organisationsforschung, 2000er ONLINE 2010, n=2.000, 19.05. – 14.06.2010<br />

Angaben in Prozent<br />

1<br />

1<br />

1<br />

3<br />

7<br />

Zum Gesprächsstoff wird der Held/die Heldin bzw. seine/ihre lobenswerte Aktivität und Leistung bei<br />

etwas mehr als einem Drittel der Befragten. Je jünger im Allgemeinen die Befragten <strong>sind</strong>, desto größer<br />

ist die persönliche Relevanz eines potentiellen <strong>Helden</strong>/einer Heldin für das eigene Dasein. Man<br />

versucht vergleichsweise häufig Artikel, Objekte zu sammeln, die im Zusammenhang mit dem<br />

Held/der Heldin stehen, oder bemüht sich gar um persönlichen Kontakt. Auch die Vorbildfunktion des<br />

<strong>Helden</strong>/der Heldin kommt bei jüngeren Bevölkerungssegmenten stärker zur Wirkung als bei älteren;<br />

22<br />

24<br />

42<br />

9


man versucht häufiger als dies ältere Personen tun, das Verhalten und Auftreten von Personen<br />

nachzuahmen, die als <strong>Helden</strong>/als Heldin gelten. Der Held/die Heldin liefert Orientierung; seine/ihre<br />

<strong>Helden</strong>tat macht Hoffnung und regt an, selbst seine Grenzen neu zu definieren.<br />

Vom Protagonisten der <strong>Helden</strong>geschichte geht ein Motivationsschub aus, der nicht nur, aber vor allem<br />

die Generation der unter 30-Jährigen trifft. Rund ein Drittel der Österreicher und Österreicherinnen<br />

geben an, dass die wahrgenommenen und beeindruckenden <strong>Helden</strong>leistungen auch die<br />

Eigenverantwortung und die eigene Leistungsbereitschaft forcieren. Dies wird vor allem von unter 30-<br />

Jährigen als positive Konsequenz anerkannt. <strong>Helden</strong> und deren außergewöhnliche Aktivitäten haben<br />

aus Bevölkerungssicht auch eine ordnende und strukturierende Funktion; zum einen durch die<br />

Definition, was richtig oder falsch ist und zum anderen durch die Herstellung von Ordnung und<br />

Gemeinschaftsgefühlen.<br />

Diese Ordnungs- und Definitionsmacht birgt allerdings auch gewisse Risiken. So geht ein knappes<br />

Fünftel der Befragten auch davon aus, dass die <strong>Helden</strong>verehrung manipulierbar macht. <strong>Helden</strong> und<br />

Heldinnen übernehmen die Verantwortung. Diese Delegation von Verantwortung kann aber auch dazu<br />

führen, dass Passivität entsteht. Weitere vereinzelt genannte Befürchtungen in Bezug auf die Funktion<br />

von <strong>Helden</strong> und Heldinnen beziehen sich darauf, dass der unbedingte Einsatzwille von <strong>Helden</strong> und<br />

Heldinnen, gepaart mit Stärke und Macht, zugleich Angst verursacht und letztlich für Unruhe im<br />

Gemeinschaftsgefüge sorgen kann.<br />

Abb. 4: Umgang mit <strong>Helden</strong>: <strong>Helden</strong>verehrung<br />

GfK Custom Research<br />

Sozial- und Organisationsforschung<br />

Riten: Eigene <strong>Helden</strong>verehrung<br />

Basis: alle Befragten<br />

2000er ONLINE 2010<br />

Frage 9:Wenn Sie an sich selbst denken, was davon machen Sie, wenn Sie jemand so sehr beeindruckt, dass er oder Sie für Sie ein Held/eine Heldin ist?<br />

Quelle: GfK Austria, Sozial- und Organisationsforschung, 2000er ONLINE 2010, n=2.000, 19.05. – 14.05.2010<br />

Angaben in Prozent<br />

einfach nur bewundern für das, was er/sie<br />

darstellt<br />

Berichterstattung über ihn/sie in den<br />

Medien verfolgen<br />

über ihn/sie reden<br />

Fan-Artikel, Dinge, die etwas mit ihm/ihr zu<br />

tun haben, sammeln<br />

den persönlichen Kontakt suchen<br />

Nachahmen<br />

etwas anderes<br />

das kommt nicht vor, habe keine <strong>Helden</strong><br />

1<br />

6<br />

Klassifiziert man die Funktionen und Aufgaben, die von <strong>Helden</strong> und Heldinnen wahrgenommen<br />

werden, so können im Wesentlichen vier Funktionsfelder (Faktoren) abgeleitet werden: eine ordnende<br />

Funktion und Auswirkung (Ordnung), Motivierung, Ablenkung und Verunsicherung.<br />

8<br />

8<br />

24<br />

36<br />

40<br />

50<br />

10


Tab. 4: Funktion von <strong>Helden</strong>: Vier Dimensionen<br />

ORDNUNG MOTIVIERUNG ABLENKUNG VERUNSICHERUNG<br />

Übernimmt<br />

Verantwortung<br />

Erzeugt Begeisterung Macht manipulierbar Macht Angst<br />

Schafft Ordnung Regt Leistung an Verursacht Passivität Verursacht Unruhe<br />

Schafft Geborgenheit<br />

Löst starke Gefühle<br />

aus<br />

Lässt Realität<br />

vergessen<br />

Schafft<br />

Gemeinschaftsgefühl<br />

Macht Hoffnung Denkt für einen<br />

Definiert, was<br />

Regt Eigen-<br />

richtig/falsch ist verantwortung an<br />

Quelle: GfK Austria, Sozial- und Organisationsforschung; <strong>Helden</strong>; Online-Studie 2010<br />

Am häufigsten tragen <strong>Helden</strong> und Heldinnen aus dem Blickwinkel der Befragten dazu bei, andere zu<br />

motivieren. Insbesondere erwecken <strong>Helden</strong> Hoffnung und Begeisterung. Die zweithäufigste<br />

Auswirkung von <strong>Helden</strong>taten ist die „ordnende Funktion“. Die geringste Auswirkung bezieht sich aus<br />

Sicht der Befragten auf die mögliche „Verunsicherung“. Die Dimension „Ablenkung“ kommt dagegen<br />

häufiger zur Sprache, wobei vor allem die mögliche „Flucht aus der Realität“ und die<br />

„Manipulierbarkeit“ Bedenken auslösen.<br />

Potentielle <strong>Helden</strong> der Geschichte und Gegenwart<br />

In einem abschließenden Fragenkomplex wurden den Befragten neun potentielle Akteure vorgegeben,<br />

die dahingehend zu beurteilen waren, wie sehr sie Sympathie und Identifikation provozieren und in<br />

welchem Ausmaß sie für einen <strong>Helden</strong>status geeignet wären. Unter diesen Protagonisten mit<br />

potentieller <strong>Helden</strong>eignung befinden sich historische Persönlichkeiten (Prinz Eugen), Personen aus der<br />

Politik (Bill Gates, Barack Obama), Wissenschaftler (Albert Einstein), nationale Sportler (Hermann<br />

Maier), Actionhelden aus dem Film (James Bond), soziale und religiöse Persönlichkeiten (Mutter<br />

Teresa), sowie anonyme Berufsgruppen (Krankenschwester) und Helfer (unbekannter Retter).<br />

In den abgegebenen Sympathiewerten spiegelt sich wider, dass selbstlose Helfer im Notfall sowie<br />

sozial aktive Personen, aber auch die (internationale) Politik, verkörpert durch Barack Obama, bei der<br />

österreichischen Bevölkerung gegenwärtig einen großen Sympathiebonus genießen. Es <strong>sind</strong> jene<br />

Personengruppen, die auch spontan am häufigsten als persönliche <strong>Helden</strong> aufgeführt werden: der<br />

uneigennützige Retter, die aufopfernde Krankenschwester, die Mutter der Armen und der<br />

amerikanische Präsident Obama. Dahinter folgen von den Sympathiewerten her Albert Einstein, der<br />

integre und geniale Wissenschaftler; der stets das Böse besiegende Filmheld James Bond; Bill Gates;<br />

Hermann Maier; und der historische Held der Türkenkriege, Prinz Eugen.<br />

Die Wirkung, die diese Personen und Berufsgruppen auslösen, ist allerdings unterschiedlich. Nahezu<br />

alle Österreicher und Österreicherinnen empfinden große Sympathie für Retter und Helfer, doch eine<br />

persönliche Begegnung (würde ich gerne kennenlernen) wird mit jenen Personen angestrebt, die sich<br />

unter anderem durch Charisma, Intellekt und Öffentlichkeitswirkung auszeichnen; nämlich mit Albert<br />

Einstein (76%) und Barack Obama (74%). Nachahmenswert wiederum <strong>sind</strong> aus Sicht der Bevölkerung<br />

eher jene, denen man mit einer hohen Sympathie gegenübersteht (Retter, Albert Einstein, Mutter<br />

Teresa). Bedingungslose Hilfs- und Einsatzbereitschaft sowie persönliche Integrität und geniale<br />

Intellektualität treffen bei den Österreichern und Österreicherinnen – emotional gesehen – auf größten<br />

Zuspruch; zum Held/zur Heldin eignen sich aber primär jene, die sich durch Uneigennützigkeit, Mut<br />

11


und Zivilcourage auszeichnen, nämlich unbekannte Helfer und Retter bei Notfällen und Krisen und<br />

unbeugsame, selbstlose Helfer im Sozialen. Prinz Eugen, der historische „Held am Schlachtfeld“ spielt<br />

hingegen für die gegenwärtige Generation kaum eine Rolle. Hierin verdeutlicht sich, dass der<br />

<strong>Helden</strong>status - wie eingangs erwähnt – historisch und soziokulturell geprägt ist. Die Anerkennung und<br />

Bewunderungswürdigkeit der vollbrachten <strong>Helden</strong>taten hängt davon ab, wie sehr diese den aktuell<br />

gültigen Werten und Normen entsprechen. <strong>Helden</strong> <strong>sind</strong> – folgt man dem Soziologen Axel Gehring –<br />

nichts anderes als die „Projektion der integrierenden Werte einer Gruppe“ bzw. der jeweiligen<br />

Gesellschaft.<br />

Abb. 5: Potentielle exemplarische <strong>Helden</strong>: Persönliche Identifikation<br />

GfK Custom Research<br />

Sozial- und Organisationsforschung<br />

Identifikation mit Potentialhelden an Beispielen<br />

Basis: alle Befragten<br />

Frage 11b: Bitte geben Sie an, welche der folgenden Aussagen, die linke oder die rechte für Sie für die Person auf dem Bild eher zutrifft:<br />

Quelle: GfK Austria, Sozial- und Organisationsforschung, 2000er ONLINE 2010, n=2.000, 19.05. – 14.06.2010<br />

Angaben in Prozent<br />

Prinz Eugen<br />

James Bond<br />

Bill Gates<br />

Obama<br />

Mutter Theresa<br />

Albert Einstein<br />

Herman Maier<br />

Krankenschwester<br />

Unbekannter bei Rettungsaktion<br />

9<br />

16<br />

16<br />

möchte gerne so sein wie er/sie möchte nicht so sein wie er/sie<br />

29<br />

32<br />

37<br />

35<br />

42<br />

43<br />

91<br />

84<br />

84<br />

71<br />

68<br />

63<br />

65<br />

58<br />

57<br />

2000er ONLINE 2010<br />

12


Abb. 6: Potentielle exemplarische <strong>Helden</strong>: Persönliche Identifikation<br />

GfK Custom Research<br />

Sozial- und Organisationsforschung<br />

<strong>Helden</strong>potential an Beispielen<br />

Basis: alle Befragten<br />

<strong>Helden</strong> <strong>sind</strong> gefragt, doch die Eignung dafür hält sich in Grenzen<br />

Die Gegenwart kennzeichnet aus der Perspektive der Bevölkerung ein massiver Vertrauensverlust in<br />

Autoritäten und führende Instanzen. Dieser Vertrauensverlust betrifft insbesondere die Welt der<br />

Kirche, die Finanzwelt, die Politik, die Religionsstifter und das Bildungswesen. Das <strong>sind</strong> jene<br />

Gruppierungen, die aus Sicht der österreichischen Bevölkerung heute „weniger als früher“ dazu<br />

geeignet <strong>sind</strong>, einen <strong>Helden</strong> abzugeben. Auch das Militär und die Justiz <strong>sind</strong> heutzutage kaum dazu<br />

prädestiniert, „<strong>Helden</strong>haftes“ zu leisten. Vom <strong>Helden</strong> werden nämlich besondere Fähigkeiten erwartet;<br />

Fähigkeiten, die zum einen dem vorherrschenden Werte- und Normensystem entsprechen und sich<br />

zum anderen in herausragenden, lobenswerten Handlungen niederschlagen. Und dazu wiederum<br />

bedarf es auch der entsprechenden Anlässe.<br />

2000er ONLINE 2010<br />

Frage 11c: Wenn es so etwas wie Schulnoten für die Eignung zum <strong>Helden</strong> gäbe: Welche „Note“ würde die Person auf dem Bild dann von Ihnen<br />

bekommen? 1 bedeutet eignet sich „sehr“ als Held , 5 bedeutet eignet sich überhaupt nicht als Held, dazwischen können Sie fein<br />

abstufen.<br />

Prinz Eugen<br />

James Bond<br />

Bill Gates<br />

Obama<br />

Mutter Theresa<br />

Albert Einstein<br />

Herman Maier<br />

Krankenschwester<br />

Unbekannter bei<br />

Rettungsaktion<br />

eignet sich sehr als Held (1) (2) (3) (4) eignet sich überhaupt nicht als Held (5)<br />

8<br />

14<br />

15<br />

20<br />

23<br />

23<br />

32<br />

19<br />

Quelle: GfK Austria, Sozial- und Organisationsforschung, 2000er ONLINE 2010, n=2.000, 19.05. – 14.06.2010<br />

Angaben in Prozent, MW<br />

21<br />

23<br />

57<br />

21<br />

28<br />

69<br />

35<br />

30<br />

32<br />

Unter vorgegebenen beruflichen oder gesellschaftlichen Gruppierungen erzielen die „unbekannten<br />

Alltagshelden“ im Hinblick auf die <strong>Helden</strong>eignung in der Vergangenheit und Gegenwart die beste<br />

Bilanz. 45% der Befragten gehen davon aus, dass die unbekannten, selbstlosen, einsatzwilligen und<br />

couragierten Alltagshelden gegenwärtig „mehr als früher“ dazu geeignet <strong>sind</strong>, <strong>Helden</strong>leistungen zu<br />

vollbringen; 15% <strong>sind</strong> gegenteiliger Meinung („weniger als früher“ dazu geeignet). Anonyme<br />

potentielle Alltagshelfer erfahren somit die mit Abstand günstigste Beurteilung hinsichtlich der<br />

„<strong>Helden</strong>eignung“, gefolgt von der Gruppe der Sportler, die von 47% der Österreicher und<br />

Österreicherinnen heute als besser „heldentauglich“ als in der Vergangenheit bewertet werden,<br />

allerdings von 34% auch eine skeptische Beurteilung erfahren (weniger als früher dazu geeignet).<br />

24<br />

Was bleibt, <strong>sind</strong> virtuelle, fiktive <strong>Helden</strong>. 38% der Befragten gehen davon aus, dass fiktive <strong>Helden</strong> –<br />

angesichts der tristen realen Situation – heute eher dazu geeignet <strong>sind</strong>, einen <strong>Helden</strong>status<br />

einzunehmen als in früheren Jahren. Eine diesbezüglich positive Bilanz kann noch die Wissenschaft<br />

36<br />

21<br />

27<br />

22<br />

21<br />

25<br />

18<br />

13<br />

22<br />

15<br />

22<br />

13<br />

11<br />

10<br />

21<br />

21<br />

20<br />

9<br />

5<br />

14<br />

12<br />

7<br />

7<br />

6<br />

6<br />

MW<br />

2.94<br />

2.88<br />

3.27<br />

2.42<br />

1.82<br />

2.69<br />

3.06<br />

2.25<br />

2 1 1.44<br />

13


und Forschung aufweisen; 36% halten Wissenschafter und Forscher heute für besser geeignet, einen<br />

<strong>Helden</strong> abzugeben als früher, und 25% <strong>sind</strong> konträrer Ansicht.<br />

Auch die Berufsgruppe der Ärzte hat in dieser Hinsicht aus Bevölkerungsperspektive noch eine<br />

annähernd ausgeglichene Bilanz: Ärzte werden von 37% heute als „besser zum <strong>Helden</strong>tum als früher“<br />

geeignet wahrgenommen und von 38% als „weniger als früher“ dazu geeignet beschrieben.<br />

Prominente und Familienmitglieder liegen im Hinblick auf die grundsätzliche gegenwärtige<br />

„<strong>Helden</strong>tauglichkeit“ ebenfalls noch im Vorderfeld, polarisieren allerdings deutlich. In beiden Fällen<br />

<strong>sind</strong> etwas mehr Befragte der Ansicht, dass die Eignung zum <strong>Helden</strong> im Vergleich zu früher eher<br />

abgenommen denn zugenommen hat.<br />

Das <strong>Helden</strong>bild der Gegenwart ist primär von den Herausforderungen und Handlungsoptionen im<br />

Alltag geprägt; martialische, kämpferische, oder gar kriegerische <strong>Helden</strong>leistungen der Vergangenheit<br />

treffen auf keinen fruchtbaren Boden mehr. Gefordert ist viel mehr der selbstlose Helfer und Retter<br />

bei Alltagskatastrophen; und „als Held“ gefordert ist heute auch – um den anstehenden Problemen<br />

der Gesellschaft und der Subjekte Herr zu werden – eine überragende Lösungskompetenz von<br />

Wissenschaft, Technik und Medizin.<br />

Abb. 14: <strong>Helden</strong>: Entstehen und Vergehen<br />

GfK Custom Research<br />

Entstehen ....<br />

Basis: alle Befragten<br />

Sozial- und Organisationsforschung<br />

Frage 12: Wie wird Ihrer Meinung nach jemand zum Held oder zur Heldin? Durch…<br />

Quelle: GfK Austria, Sozial- und Organisationsforschung, 2000er ONLINE 2010, n=2.000, 19.05. – 14.06.2010<br />

Angaben in Prozent, MW<br />

besondere Erlebnisse, Taten<br />

Medien<br />

Erziehung<br />

Fantasiegeschichten<br />

gar nicht<br />

5<br />

12<br />

20<br />

25<br />

86<br />

2000er ONLINE 2010<br />

14


Abb. 15: <strong>Helden</strong>eignung von beruflichen und gesellschaftlichen Gruppierungen<br />

GfK Custom Research<br />

.....und Vergehen<br />

Basis: alle Befragten<br />

Sozial- und Organisationsforschung<br />

2000er ONLINE 2010<br />

Frage 13: Bitte geben Sie an, ob die folgenden Personen/ Gesellschaftsgruppen heute mehr oder weniger als früher geeignet <strong>sind</strong>, ein Held<br />

oder eine Heldin zu sein?<br />

Quelle: GfK Austria, Sozial- und Organisationsforschung, 2000er ONLINE 2010, n=2.000, 19.05. – 14.06.2010<br />

Angaben in Prozent, MW<br />

Politiker<br />

Banker<br />

Sportler<br />

Unbekannte Alltagshelden<br />

Wissenschaftler/Forscher/Entdecker<br />

Künstler<br />

Virtuelle, fiktive <strong>Helden</strong><br />

Religionsstifter, Heilige<br />

Ärzte<br />

Promis<br />

Familienmitglieder<br />

Lehrer<br />

Richter<br />

Priester<br />

Ingenieure<br />

Journalisten<br />

Soldaten/Krieger<br />

0 20 40 60 80 100<br />

mehr als<br />

früher<br />

weniger als<br />

früher<br />

15

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