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Merkblatt: Kriterien zur Bewertung der ... - Hps-bl.ch

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Heilpädagogis<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>ule Baselland<br />

<strong>Merk<strong>bl</strong>att</strong>: <strong>Kriterien</strong> <strong>zur</strong> <strong>Bewertung</strong> <strong>der</strong> Integrationsfähigkeit und <strong>zur</strong><br />

Begründung <strong>der</strong> Segregation<br />

Die HPS BL vertritt zum Thema integrative S<strong>ch</strong>ulung folgende Position:<br />

Mens<strong>ch</strong>en sind entwicklungsfähig – sie haben jedo<strong>ch</strong> unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Lebens- und<br />

Lernvoraussetzungen und vers<strong>ch</strong>iedene Lebensverläufe. Die Entwicklung jedes einzelnen<br />

Mens<strong>ch</strong>en ist offen.<br />

Daraus folgt, dass die Frage na<strong>ch</strong> <strong>der</strong> bestmögli<strong>ch</strong>en Unterstützung im individuellen<br />

Lebensweg prioritär ist. Oberstes Ziel ist, Autonomie, soziales Eingebundensein und<br />

Partizipation in <strong>der</strong> gegenwärtigen Situation und für die Zukunft zu gewährleisten. „Leben<br />

lernen“ ist die Entwicklungsaufgabe unserer S<strong>ch</strong>ülerinnen*.<br />

Vor diesem Hintergrund ist die Frage na<strong>ch</strong> <strong>der</strong> optimalen, individuell zuges<strong>ch</strong>nittenen<br />

S<strong>ch</strong>ulung zentral. Dabei spielen die individuellen Voraussetzungen <strong>der</strong> einzelnen S<strong>ch</strong>ülerin<br />

zwar eine Rolle, aber ni<strong>ch</strong>t die einzig massgebende: Die Umweltfaktioren¹ (vor allem:<br />

unterstützende Systeme, Haltungen, Einstellungen, Te<strong>ch</strong>nologien…) beeinflussen<br />

die Entwicklung mindestens in glei<strong>ch</strong>em Mass – Behin<strong>der</strong>ung entsteht erst im Kontext<br />

mit <strong>der</strong> jeweiligen Lebenswelt.<br />

Die Überzeugung erfor<strong>der</strong>t au<strong>ch</strong> eine differenzierte Si<strong>ch</strong>t des Themas „integrative S<strong>ch</strong>ulung“:<br />

Beide S<strong>ch</strong>ulungsformen – integrative und separative – können je na<strong>ch</strong> Situation<br />

für eine längere o<strong>der</strong> kürzere Zeitspanne die optimale S<strong>ch</strong>ulungsform darstellen, au<strong>ch</strong><br />

Mis<strong>ch</strong>formen o<strong>der</strong> unü<strong>bl</strong>i<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>ulungssettings sollen zum denkbaren Repertoire gehören.<br />

Offene Entwicklung erfor<strong>der</strong>t au<strong>ch</strong> Offenheit und Kreativität für die Gestaltung <strong>der</strong><br />

optimalen S<strong>ch</strong>ulung.<br />

Die HPS BL steht voll und ganz hinter <strong>der</strong> integrativen S<strong>ch</strong>ulung, wenn sie – unter sorgfältiger<br />

Beurteilung aller relevanten Kontextfaktoren – die aktuell optimale S<strong>ch</strong>ulungsform<br />

darstellt und setzt ihre Kompetenz und ihr Engagement dafür ein, dass sie selber<br />

und alle an<strong>der</strong>en Beteiligten zu unterstützenden Einflussgrössen werden.<br />

13.09.2005 Markus Born<br />

Grundsätzli<strong>ch</strong>es<br />

Grundsätzli<strong>ch</strong> gehen wir davon aus, dass jedes Kind integrierbar ist; was ni<strong>ch</strong>t heisst,<br />

dass jedes Kind integriert werden muss. Um die Integrationsfähigkeit eines Kindes zu<br />

messen, spielen die Fähigkeiten des Kindes eine Rolle; genau glei<strong>ch</strong> zu gewi<strong>ch</strong>ten ist<br />

aber au<strong>ch</strong> die Integrationsfähigkeit des engeren (Familie, pädagogis<strong>ch</strong>es Team) und<br />

des weiteren (S<strong>ch</strong>ule, Gesells<strong>ch</strong>aft) Umfeldes. Diese <strong>Kriterien</strong> müssen alle überprüft<br />

werden, um in einem Auss<strong>ch</strong>lussverfahren die Integrationsfähigkeit zu bewerten.<br />

Die <strong>Kriterien</strong>fel<strong>der</strong> <strong>zur</strong> Ermittlung <strong>der</strong> Integrationsfähigkeit werden im folgenden S<strong>ch</strong>ema<br />

dargestellt:<br />

5.1 <strong>Kriterien</strong> <strong>zur</strong> <strong>Bewertung</strong> <strong>der</strong> Integrationsfähigkeit/Qualitätshandbu<strong>ch</strong> Seite 1 von 3


Heilpädagogis<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>ule Baselland<br />

Kind Familie<br />

Regels<strong>ch</strong>ule Pädagogis<strong>ch</strong>es<br />

HP S<strong>ch</strong>ule Team<br />

Umfeld (Politik, Finanzen, Behörden)<br />

Umfeld<br />

dur<strong>ch</strong> bildungspolitis<strong>ch</strong>e Ents<strong>ch</strong>eidungen werden die Rahmenbedingungen für<br />

die s<strong>ch</strong>ulis<strong>ch</strong>e Integration ges<strong>ch</strong>affen. Diese Basis (politis<strong>ch</strong> je<strong>der</strong>zeit beeinflussund<br />

verän<strong>der</strong>bar) dient den Beteiligten (Kind, Familie, Lehrperson, S<strong>ch</strong>ulen) die<br />

integrative S<strong>ch</strong>ulung in <strong>der</strong> Praxis zu leben und umzusetzen<br />

Kind<br />

fühlt si<strong>ch</strong> das Kind wohl, ist eine emotionale Entwicklung mögli<strong>ch</strong>?<br />

kann das Kind mit <strong>der</strong> wahrgenommenen Unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>keit umgehen?<br />

kann si<strong>ch</strong> das Kind sozial in die Klasse integrieren?<br />

ma<strong>ch</strong>t das Kind seinen Mögli<strong>ch</strong>keiten entspre<strong>ch</strong>ende kognitive Forts<strong>ch</strong>ritte?<br />

Familie<br />

ist die Familie <strong>zur</strong> Mitarbeit bereit?<br />

ist die Familie bereit, wahrgenommene Unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>keiten zu reflektieren und<br />

auszuhalten?<br />

Regels<strong>ch</strong>ule<br />

ist die RS (S<strong>ch</strong>ulleitung und Lehrpersonen) bereit, si<strong>ch</strong> methodis<strong>ch</strong>-didaktis<strong>ch</strong> mit<br />

heterogenen S<strong>ch</strong>ulklassen zu befassen (vom Lehren zum Lernen, von <strong>der</strong> Lehrer-<br />

<strong>zur</strong> S<strong>ch</strong>ülerorientierung)?<br />

können die Regels<strong>ch</strong>ülerinnen trotz heterogen zusammengesetzter Klasse die<br />

Lernziele errei<strong>ch</strong>en?<br />

ist die RS bereit, si<strong>ch</strong> bei S<strong>ch</strong>wierigkeiten über ungewöhnli<strong>ch</strong>e Lösungen Gedanken<br />

zu ma<strong>ch</strong>en?<br />

HP S<strong>ch</strong>ule<br />

die HP S<strong>ch</strong>ule ist bereit, diesen grundsätzli<strong>ch</strong>en Entwicklungss<strong>ch</strong>ritt zu gehen<br />

kann die HP S<strong>ch</strong>ule <strong>der</strong> RS die kompetente Unterstützung in Umfang und Qualität<br />

bieten?<br />

Bei <strong>der</strong> <strong>Bewertung</strong> <strong>der</strong> Integrationsfähigkeit, beziehungsweise bei <strong>der</strong> Begründung <strong>der</strong><br />

Segregation sind alle vier Quadranten zu berücksi<strong>ch</strong>tigen. Spre<strong>ch</strong>en bei den Quadran-<br />

5.1 <strong>Kriterien</strong> <strong>zur</strong> <strong>Bewertung</strong> <strong>der</strong> Integrationsfähigkeit/Qualitätshandbu<strong>ch</strong> Seite 2 von 3


Heilpädagogis<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>ule Baselland<br />

ten „Kind“ und „Familie“ die <strong>Kriterien</strong> für eine Segregation, ist die separative S<strong>ch</strong>ulung<br />

zweifellos die beste Mögli<strong>ch</strong>keit.<br />

<strong>Kriterien</strong> gegen eine Integration aus den Quadranten „Regels<strong>ch</strong>ule/HP S<strong>ch</strong>ule“ o<strong>der</strong><br />

„Pädagogis<strong>ch</strong>es Team“ sind zu wenig gewi<strong>ch</strong>tig, um einen Ents<strong>ch</strong>eid definitiv zu fällen.<br />

Es gilt allerdings zu berücksi<strong>ch</strong>tigen, dass eine aufgezwungene Integration unter denkbar<br />

ungünstigen Vorzei<strong>ch</strong>en startet.<br />

<strong>Kriterien</strong> für die Auswahl eines Kindes für eine integrative S<strong>ch</strong>ulung<br />

ist eine soziale Integration mögli<strong>ch</strong>?<br />

ist eine emotionale Entwicklung mögli<strong>ch</strong>?<br />

ist eine kognitive Entwicklung mögli<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> individueller För<strong>der</strong>planung und na<strong>ch</strong><br />

Lernen am Modell (lernen von an<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Regelklasse)?<br />

regulärer Unterri<strong>ch</strong>t muss stattfinden können, die Bildungs<strong>ch</strong>ancen <strong>der</strong> Regels<strong>ch</strong>ülerinnen<br />

dürfen ni<strong>ch</strong>t vermin<strong>der</strong>t werden. Mögli<strong>ch</strong>e Störfaktoren können eigentli<strong>ch</strong><br />

nur grosse Verhaltensauffälligkeiten (S<strong>ch</strong>reien, Fremd- und Autoaggressionen)<br />

sein. Allen an<strong>der</strong>en Eins<strong>ch</strong>ränkungen kann mit einem entspre<strong>ch</strong>enden<br />

Personalpool didaktis<strong>ch</strong> methodis<strong>ch</strong> begegnet werden.<br />

<strong>Kriterien</strong> für die Auswahl <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> für eine Integrationsklasse (bei zu vielen<br />

Anmeldungen)<br />

In den Jahren 1987 und 1988 konnten jeweils weniger als 50% <strong>der</strong> angemeldeten behin<strong>der</strong>ten<br />

Kin<strong>der</strong> aufgenommen werden, weil es ni<strong>ch</strong>t genügend Plätze in Integrationsklassen<br />

gab (HINZ & WOCKEN 1988). Die Na<strong>ch</strong>frage überstieg bei weitem das Angebot<br />

(HINZ 1990). Die hier zitierte Erfahrung aus dem Hamburger S<strong>ch</strong>ulversu<strong>ch</strong> „Integrationsklassen“<br />

zei<strong>ch</strong>net si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> beim IK Konzept <strong>der</strong> HPS BL ab. Ein Auswahlverfahren<br />

ist in einigen Fällen unumgängli<strong>ch</strong>. Für die HPS BL ist es wi<strong>ch</strong>tig, die Auswahl ni<strong>ch</strong>t<br />

na<strong>ch</strong> dem Kriterium <strong>der</strong> „Pflegelei<strong>ch</strong>tigkeit“ zu treffen. Es ist hervorzuheben, dass diese<br />

Selektion keine qualitative im Sinne von Mindestfähigkeiten <strong>der</strong> behin<strong>der</strong>ten Kin<strong>der</strong> ist,<br />

son<strong>der</strong>n eine quantitative im Sinne eines bes<strong>ch</strong>ränkten Angebots (vgl. hierzu WOCKEN<br />

1988). Die Reihenfolge <strong>der</strong> hier aufgezählten Auswahlkriterien orientiert si<strong>ch</strong> an <strong>der</strong>en<br />

Wi<strong>ch</strong>tigkeit:<br />

Wohnort (bevorzugt werden Kin<strong>der</strong>, die am Standort <strong>der</strong> Integrationsklasse wohnen)<br />

Indikation <strong>der</strong> s<strong>ch</strong>ulpsy<strong>ch</strong>ologis<strong>ch</strong>en Abklärung<br />

Dur<strong>ch</strong>mis<strong>ch</strong>ung von sogenannt „Praktis<strong>ch</strong>bildungsfähigen“ und „S<strong>ch</strong>ulbildungsfähigen)<br />

Bevorzugt werden Kin<strong>der</strong> aus Einzelintegrationen und Son<strong>der</strong>s<strong>ch</strong>ulen<br />

Ausgewogenes Verhältnis zwis<strong>ch</strong>en Mäd<strong>ch</strong>en und Jungen<br />

Keine Bena<strong>ch</strong>teiligung von Kin<strong>der</strong>n mit Migrationshintergrund<br />

Tragfähigkeit <strong>der</strong> beteiligten Regels<strong>ch</strong>ule<br />

¹ ICF (WHO 2004)<br />

WOCKEN, H: <strong>Kriterien</strong> <strong>der</strong> Aufnahme behin<strong>der</strong>ter Kin<strong>der</strong>/1988<br />

HINZ, A.: Integrationsfähigkeit – Grenzen <strong>der</strong> Integration/1990<br />

BORN, M.:IS-Tagung <strong>der</strong> HPS BL/2005<br />

ZURFLUH, E.: Mail vom 7.01.2006<br />

* für die wei<strong>bl</strong>i<strong>ch</strong>e gilt immer au<strong>ch</strong> die männli<strong>ch</strong>e Form<br />

Liestal, 18.05.2008<br />

5.1 <strong>Kriterien</strong> <strong>zur</strong> <strong>Bewertung</strong> <strong>der</strong> Integrationsfähigkeit/Qualitätshandbu<strong>ch</strong> Seite 3 von 3

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