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Herausforderndes verhalten bei Menschen mit Demenz - Impuls-a

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26<br />

<strong>Herausforderndes</strong> <strong>verhalten</strong> <strong>bei</strong> <strong>Menschen</strong><br />

<strong>mit</strong> <strong>Demenz</strong><br />

Von Michael<br />

Rogner<br />

In einer Zeit wo Intelligenz, Souverflnitiit<br />

und Autonomie allerhiichste prio_<br />

ritiit <strong>bei</strong>gemessen wird, ist es verstiindlich,<br />

dass <strong>Demenz</strong> als projektionsfliiche<br />

tiefgehender Angste verstanden wird.<br />

Die Pflege von <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Demenz</strong><br />

in stationiiren Einrichtungen stellt eine<br />

groBe Herausforderung dar und bedarf<br />

groBer kommunikativer und fachlicher<br />

Kompetenzen. Vor allem wenn Verhal_<br />

tensweisen an den Tag gelegt werden, die<br />

als stdrend oder problematisch gesehen<br />

werden. Zu diesen Verhaltensweisen ge_<br />

hciren vor allem zielloses Umherwandern,<br />

Aggressivitat, Schreien, Apathie und Ab_<br />

lehnung von Pflegeangeboten. Vor allem<br />

vokale Stdrungen wie Schreien, Echo_<br />

lalien, Rufen oder Gertiusche<br />

fthren <strong>bei</strong><br />

Pflegenden oft zur Distanzierung. Aber<br />

gerade diese Verhaltensweisen<br />

kdnnen<br />

darauf hinweisen, dass die Betroffenen<br />

selbst einen starken Leidensdruck haben<br />

und <strong>mit</strong> ihrem Zustand hadern. Die Um_<br />

welt reagiert oft <strong>mit</strong> Unverstdndnis und<br />

Abwehr, was wiederum zur negativen<br />

Verstiirkung<br />

fi.ihren kann (BMG, 2006).<br />

Unfdhigkeit<br />

sich verstdndlich<br />

zu<br />

-ltf l-r..'terrf.-r<br />

.'.a,1 I *.,f '.1 r ij|.,l !.F.1<br />

. !-, J-i:tr:,:r*if r ,ilnfr<br />

. .{'., r {i iAt{:'!rj,i..lr;f.r._,.<br />

Abb. l: Herausfordemde Verhaltensweisen (adaptiert nach Howler.<br />

2008)<br />

OsrERREtcHtscHE<br />

eFLEGEZEtTscHRtFT<br />

t/2or7<br />

,,<strong>Demenz</strong> fiihrt dazu, dass die iiblichen<br />

Kontrollmechanismen der persdnlichkeit,<br />

die ciffentliches Auftreten und da<strong>mit</strong><br />

erwachsene Kommunikation und<br />

Interaktion ermdglichen, zunehmend<br />

weniger verfiigbar sind. <strong>Demenz</strong> allein<br />

muss fiir die <strong>Menschen</strong> aber kein<br />

furchtbares Ungliick sein, wenn Milieu<br />

und Bezieh*g stimmen und sich dem<br />

<strong>Menschen</strong> entsprechend anpassen. Der<br />

Verlust der inneren Strukturen fiihrt<br />

zur Kollision <strong>mit</strong> sozialen Normen und<br />

geftihrdet die eigene soziale priisentabifitat.<br />

Keiner mdchte sich schwach oder<br />

hilflos fiihlen." (Miiller-Hergl, 2000).<br />

machen<br />

Begriffe wie Verhaltensaufftilligkeit,<br />

Verhaltensstdrung<br />

oder Verhaltensprobleme<br />

werden im deutschen Sprachgebrauch<br />

sehr hiiufig verwendet (BMG,<br />

2007). All diese Bezeichnungen gehen<br />

davon aus, dass dieses Verhalten einen<br />

intrinsischen Ursprung hat, d.h. durch<br />

den <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Demenz</strong> selbst verursacht<br />

wird. Die Umwelt und das Umfeld<br />

werden hier nicht als Auslciser<br />

in Betracht<br />

gezogen. Dass aber Umgebung und Um_<br />

welt einen groBen Teil zum Verhalten<br />

<strong>bei</strong>tragen gilt als unbestritten.<br />

Der Begriff<br />

des herausfordernden<br />

Verhaltens sieht das<br />

Verhalten als wertfrei<br />

und impliziert einen<br />

Einfluss der Umwelt<br />

auf dieses Verhalten.<br />

Eine Zusammenfassung<br />

des BMG (2007)<br />

zeigt einen guten<br />

Querschnitt tiber die<br />

Prdvalenz von herausforderndem<br />

Verhalten<br />

<strong>bei</strong> <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> De-<br />

menz. Nach Schtitzungen<br />

zeigen 1l bis 65<br />

Prozent der Bewohnerlnnen<br />

ein solches Ver-<br />

halten. Sch?itzungen<br />

aus den USA liefern<br />

Zahlenzwischen<br />

43 bis<br />

93 Prozent <strong>bei</strong> Bewoh-<br />

nerlnnen<br />

in Altenheimen. Die Htiufigkeir<br />

<strong>bei</strong>m Herumwandern variiert sehr stark.<br />

ist aber in Special Care Units <strong>mit</strong> 5l<br />

Prozent sehr hoch angesiedelt. Die przi_<br />

valenz von kcirperlicher Aggression liegt<br />

zwischen 3l bis 42 prozent und stellt in<br />

den USA einen der htiufigsten Heimaut'-<br />

nahmegrtinde<br />

dar.<br />

Verhalten ist immer ein soziales Konstrukt,<br />

das aus dem Prozess der Interaktion<br />

zwischen dem Subjekt, <strong>mit</strong> gegebenen<br />

bio-psycho-somatischen<br />

Voraussetzungen<br />

und den Normen der Gemeinschati<br />

entsteht. Verhalten ist demnach ein Aus_<br />

druck der menschlichen psyche und herausforderndes<br />

Verhalten ist ein Resultat<br />

der Unftihigkeit sich verstiindlich zu<br />

machen. Das Problem ist vielfach diese<br />

Signale zu deuten und entsprechend<br />

zu handeln. Intensive Beobachtung und<br />

biografische Kenntnisse sind da<strong>bei</strong> sehr<br />

wichtig. Wenn <strong>Menschen</strong> ihren Freiheitsspielraum<br />

und den Einfluss auf die Umgebung<br />

verlieren, resultiert das hiiufig darin.<br />

dass sie versuchen die verlorene Freiheir<br />

zu sichern und zurtickzugewinnen. In Institutionen<br />

kommt es zum Teil zu groBen<br />

Einschr?inkungen der Selbstbestimmung<br />

durch gegebene Organisationsstrukturen<br />

(feste Mahlzeiten), Routine, tradier_<br />

te Pflege und nicht ressourcenorientierte<br />

Pflege.<br />

Folgen von herausforderndem<br />

Verhalten<br />

Fiir die <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Demenz</strong> als auch<br />

fi.ir die Pflegenden hat dieses ph?inomen<br />

weitreichende Folgen, die Hdwler (2009 )<br />

zusammengefasst hat:<br />

l. Sie erhalten mehr psychopharmaka<br />

zur Beruhigung und haben dadurch ein<br />

erhrihtes Sturzrisiko<br />

2. Die Betroffenen erhalten minimal interaktiven<br />

Kontakt<br />

3. Durch die kdrpernahe Fixierung wird<br />

die LebensqualitAt<br />

eingeschriinkt<br />

4. Pflegende erleben die Atmosphiire ei_<br />

ner schlechten Pflegebeziehung und<br />

sind psychisch und physisch tiberlastet<br />

5. Die erlebte Hilflosigkeit <strong>bei</strong> pflegenden<br />

kann sich in aggressive Handlungen<br />

gegentiber dem Betroffenen umkehren<br />

6. Hiiufi ger Personalwechsel<br />

Erleben und Strategien von pflegenden<br />

Herausfordernde Verhaltensweisen l


Jedes Verhalten hat triigt ebenso einen wichtigen Beitrag zum<br />

Grrinde<br />

Entstehen <strong>bei</strong> (BMG, 2007). Als Konse-<br />

Die Suche nach Griinden quenz dieses Modells mtissen Pflegende<br />

eines solchen Verhaltens herausforderndes Verhalten als Versuch<br />

hat absolute Prioritiit. In der Anpassung betrachten und da<strong>bei</strong> ganz<br />

den 1990er Jahren wurde konkret ihren Einfluss und den der Um-<br />

ein Modell zum Verstehen welt genau beleuchten und reflektieren.<br />

entwickelt - das Need-Dri- Viele Verhaltensweisen (Leben in der<br />

ven-Dementia-Compro Vergangenheit, Apathie oder Riickzug)<br />

mised-Behaviour-Model dienen, um sich vor der Realitat zu schiit-<br />

(bediirfnisorientiertes Verzen. Verhalten wird meist im Kontext<br />

haltensmodell) ist als Hilfs- erzeugt. Mit allen Faktoren kann man<br />

<strong>mit</strong>tel fi.ir eine verstehende sich der Erkliirung von Verhalten niihern,<br />

Diagnostik zu verstehen und zur F


Rogner, M. (2009): Primary Nursing<br />

Literatur<br />

in Kitwood, T. (2005): <strong>Demenz</strong> - der per-<br />

der ambulanten Pflege - eine<br />

Bartholomeyczlk,<br />

cisterreisonenzentrierte S. & Halek,<br />

Ansatz<br />

M. (2009):<br />

im Umgang <strong>mit</strong><br />

chische Perspektive. VDM-Verlag<br />

<strong>Herausforderndes</strong><br />

verwirrten<br />

Verhalten<br />

<strong>Menschen</strong><br />

verstehen. Mtiller-Hergl, C. (2000): <strong>Demenz</strong><br />

In: pflegen:<strong>Demenz</strong><br />

zwi-<br />

1012009,S. 45-49 schen Angst und Wohlbefinden.<br />

Bartholomeyczrk,<br />

In:<br />

S. (2007): Mit heraus- P. Tackenberg und A. Abt-Zegelin<br />

forderndem Verhalten umgehen. Bun- (Hrsg.): <strong>Demenz</strong> und Pflege, Mabuse<br />

deskongress DRK.http://www.drk.del<br />

Verlag<br />

verband_d_s chwe stern s c haften/aktu- Hciwler, E. (2008): <strong>Herausforderndes</strong><br />

elle_meldungen/2007/kongress/doku<br />

Verhalten <strong>bei</strong> <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Demenz</strong><br />

mente/B artho lomeyc zik _Langfas s ung. - Erleben und Strategien Pflegender.<br />

doc-l02.PDF Zugriff vom 5. Mai 2009 Verlag Kohlhammer.<br />

Bundesministerium fi.ir Gesundheit<br />

(2006): Rahmenempfehlungen zum<br />

Umgang <strong>mit</strong> herausforderndem Verhalten<br />

<strong>bei</strong> <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Demenz</strong> in er<br />

stationiiren Altenhilfe. Berlin: BMG<br />

Erikson, E. (1981): Identitiit und Lebenszyklus.<br />

Drei Aufstitze. Suhrkamp Ver-<br />

Mag. Michael Rogner<br />

lug,<br />

Pflegewissenschafter. Tea m leiter<br />

Kolanowski,<br />

u nd Leh rga ngsleiter pa<br />

A. M. (1999):<br />

| | iative ca re.<br />

An overview<br />

Liechtenstei n ische Alters- u nd Kra n ken h i lfe ( LAK)<br />

of the Need-Driven Dementia-Compro-<br />

m ichael. rogner@gmx.at<br />

mised Behavior Model. In: Journal of<br />

http://m ichael rogner.twoday. net<br />

Gerontological Nursing 25 (9), S. 7-9<br />

Die Osterreichische<br />

Gesundheitsberufe-Konferenz<br />

lcidt ein:<br />

Tqg der Gesundheitsberufe<br />

Beruf <strong>mit</strong> Zukunfl - Zukunft im Beruf<br />

19. Jrinner 201I<br />

Festsool des Gesundheitsministeriums, RodetzkystroBe 2, 1030 Wien<br />

09:30 - I l:00 Gesundheilsberufe<br />

heufe & morgen<br />

lmpulsreferot: AloisStoger, dip16m6,<br />

Eundesminisfer frir Gesun dheif<br />

Anfrogen von Vertreterlnnen der<br />

einzelnen Gesundheitsberufe<br />

Publikumsdiolog<br />

I 1:00 - I l:30 Koffeepouse<br />

I l:30 - l3:00 Pflegeberufe<br />

im 21. Johrhunderl<br />

lmpulsreferot Rudolf H undstorfer,<br />

Bundesminisfer f 0r Ar<strong>bei</strong>t, sozio/es und Konsu mentenschufz<br />

lmpulsreferot Ursulo Frohner, prosidenfin des osrerreichisch<br />

en Ges un dh eits- u n d Kro nke n pf I e g everbon des<br />

lmpulsreferot Gerdo Mostbou ar, vorsifzende des Fochousschusses<br />

Gesundheifsberufe der Ar<strong>bei</strong>ferkommer wien<br />

Publikumsdiolog<br />

l3:00 - 14:00 Mittogspouse<br />

Vorsitz: Dr. Wolfer Dorner, prosident der<br />

Osfeneichischen Anf eko m m er<br />

14:00 - l5:15 Abenteuer helfen? Gemeinschqfttiches<br />

Denken und die Ar<strong>bei</strong>t in Gesundheitsberufen<br />

Mog. Bernhord Heinzlmoier, tnsfifuf fur J ugendkulturforschung<br />

Berufswohl - Choncen ftir den Nochwuchs<br />

Dr. Herbert Buchinger, Vorsf ondsvorsitzender des AMS<br />

Publikumsdiolog<br />

15:15<br />

- l5:45 Koffepouse<br />

l5:45 - l6:30 Fcirderpreis der 6sferreichischen<br />

Gesu nd h eitsberufe - Konferenz<br />

Prosentotion der Siegerprojekte<br />

Moderolion der Togung: Cloudio Reiterer<br />

Die Teilnohme om Kongress ist kostenlos. Aus orgonisotorischen<br />

Grunden wird jedoch um Anmerdung ersucht:<br />

en twed er u nter www.gesu nd heitsberuf eko nferenz. ol<br />

unter Kongress/Anmeldung oder per Fox 0l /514 06/49<br />

Wohrend des Kongresses besteht die Moglichkeit,<br />

sich uber die verschiedensten Gesundheitsberufe<br />

zu informieren.

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