Herausforderndes verhalten bei Menschen mit Demenz - Impuls-a
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<strong>Herausforderndes</strong> <strong>verhalten</strong> <strong>bei</strong> <strong>Menschen</strong><br />
<strong>mit</strong> <strong>Demenz</strong><br />
Von Michael<br />
Rogner<br />
In einer Zeit wo Intelligenz, Souverflnitiit<br />
und Autonomie allerhiichste prio_<br />
ritiit <strong>bei</strong>gemessen wird, ist es verstiindlich,<br />
dass <strong>Demenz</strong> als projektionsfliiche<br />
tiefgehender Angste verstanden wird.<br />
Die Pflege von <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Demenz</strong><br />
in stationiiren Einrichtungen stellt eine<br />
groBe Herausforderung dar und bedarf<br />
groBer kommunikativer und fachlicher<br />
Kompetenzen. Vor allem wenn Verhal_<br />
tensweisen an den Tag gelegt werden, die<br />
als stdrend oder problematisch gesehen<br />
werden. Zu diesen Verhaltensweisen ge_<br />
hciren vor allem zielloses Umherwandern,<br />
Aggressivitat, Schreien, Apathie und Ab_<br />
lehnung von Pflegeangeboten. Vor allem<br />
vokale Stdrungen wie Schreien, Echo_<br />
lalien, Rufen oder Gertiusche<br />
fthren <strong>bei</strong><br />
Pflegenden oft zur Distanzierung. Aber<br />
gerade diese Verhaltensweisen<br />
kdnnen<br />
darauf hinweisen, dass die Betroffenen<br />
selbst einen starken Leidensdruck haben<br />
und <strong>mit</strong> ihrem Zustand hadern. Die Um_<br />
welt reagiert oft <strong>mit</strong> Unverstdndnis und<br />
Abwehr, was wiederum zur negativen<br />
Verstiirkung<br />
fi.ihren kann (BMG, 2006).<br />
Unfdhigkeit<br />
sich verstdndlich<br />
zu<br />
-ltf l-r..'terrf.-r<br />
.'.a,1 I *.,f '.1 r ij|.,l !.F.1<br />
. !-, J-i:tr:,:r*if r ,ilnfr<br />
. .{'., r {i iAt{:'!rj,i..lr;f.r._,.<br />
Abb. l: Herausfordemde Verhaltensweisen (adaptiert nach Howler.<br />
2008)<br />
OsrERREtcHtscHE<br />
eFLEGEZEtTscHRtFT<br />
t/2or7<br />
,,<strong>Demenz</strong> fiihrt dazu, dass die iiblichen<br />
Kontrollmechanismen der persdnlichkeit,<br />
die ciffentliches Auftreten und da<strong>mit</strong><br />
erwachsene Kommunikation und<br />
Interaktion ermdglichen, zunehmend<br />
weniger verfiigbar sind. <strong>Demenz</strong> allein<br />
muss fiir die <strong>Menschen</strong> aber kein<br />
furchtbares Ungliick sein, wenn Milieu<br />
und Bezieh*g stimmen und sich dem<br />
<strong>Menschen</strong> entsprechend anpassen. Der<br />
Verlust der inneren Strukturen fiihrt<br />
zur Kollision <strong>mit</strong> sozialen Normen und<br />
geftihrdet die eigene soziale priisentabifitat.<br />
Keiner mdchte sich schwach oder<br />
hilflos fiihlen." (Miiller-Hergl, 2000).<br />
machen<br />
Begriffe wie Verhaltensaufftilligkeit,<br />
Verhaltensstdrung<br />
oder Verhaltensprobleme<br />
werden im deutschen Sprachgebrauch<br />
sehr hiiufig verwendet (BMG,<br />
2007). All diese Bezeichnungen gehen<br />
davon aus, dass dieses Verhalten einen<br />
intrinsischen Ursprung hat, d.h. durch<br />
den <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Demenz</strong> selbst verursacht<br />
wird. Die Umwelt und das Umfeld<br />
werden hier nicht als Auslciser<br />
in Betracht<br />
gezogen. Dass aber Umgebung und Um_<br />
welt einen groBen Teil zum Verhalten<br />
<strong>bei</strong>tragen gilt als unbestritten.<br />
Der Begriff<br />
des herausfordernden<br />
Verhaltens sieht das<br />
Verhalten als wertfrei<br />
und impliziert einen<br />
Einfluss der Umwelt<br />
auf dieses Verhalten.<br />
Eine Zusammenfassung<br />
des BMG (2007)<br />
zeigt einen guten<br />
Querschnitt tiber die<br />
Prdvalenz von herausforderndem<br />
Verhalten<br />
<strong>bei</strong> <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> De-<br />
menz. Nach Schtitzungen<br />
zeigen 1l bis 65<br />
Prozent der Bewohnerlnnen<br />
ein solches Ver-<br />
halten. Sch?itzungen<br />
aus den USA liefern<br />
Zahlenzwischen<br />
43 bis<br />
93 Prozent <strong>bei</strong> Bewoh-<br />
nerlnnen<br />
in Altenheimen. Die Htiufigkeir<br />
<strong>bei</strong>m Herumwandern variiert sehr stark.<br />
ist aber in Special Care Units <strong>mit</strong> 5l<br />
Prozent sehr hoch angesiedelt. Die przi_<br />
valenz von kcirperlicher Aggression liegt<br />
zwischen 3l bis 42 prozent und stellt in<br />
den USA einen der htiufigsten Heimaut'-<br />
nahmegrtinde<br />
dar.<br />
Verhalten ist immer ein soziales Konstrukt,<br />
das aus dem Prozess der Interaktion<br />
zwischen dem Subjekt, <strong>mit</strong> gegebenen<br />
bio-psycho-somatischen<br />
Voraussetzungen<br />
und den Normen der Gemeinschati<br />
entsteht. Verhalten ist demnach ein Aus_<br />
druck der menschlichen psyche und herausforderndes<br />
Verhalten ist ein Resultat<br />
der Unftihigkeit sich verstiindlich zu<br />
machen. Das Problem ist vielfach diese<br />
Signale zu deuten und entsprechend<br />
zu handeln. Intensive Beobachtung und<br />
biografische Kenntnisse sind da<strong>bei</strong> sehr<br />
wichtig. Wenn <strong>Menschen</strong> ihren Freiheitsspielraum<br />
und den Einfluss auf die Umgebung<br />
verlieren, resultiert das hiiufig darin.<br />
dass sie versuchen die verlorene Freiheir<br />
zu sichern und zurtickzugewinnen. In Institutionen<br />
kommt es zum Teil zu groBen<br />
Einschr?inkungen der Selbstbestimmung<br />
durch gegebene Organisationsstrukturen<br />
(feste Mahlzeiten), Routine, tradier_<br />
te Pflege und nicht ressourcenorientierte<br />
Pflege.<br />
Folgen von herausforderndem<br />
Verhalten<br />
Fiir die <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Demenz</strong> als auch<br />
fi.ir die Pflegenden hat dieses ph?inomen<br />
weitreichende Folgen, die Hdwler (2009 )<br />
zusammengefasst hat:<br />
l. Sie erhalten mehr psychopharmaka<br />
zur Beruhigung und haben dadurch ein<br />
erhrihtes Sturzrisiko<br />
2. Die Betroffenen erhalten minimal interaktiven<br />
Kontakt<br />
3. Durch die kdrpernahe Fixierung wird<br />
die LebensqualitAt<br />
eingeschriinkt<br />
4. Pflegende erleben die Atmosphiire ei_<br />
ner schlechten Pflegebeziehung und<br />
sind psychisch und physisch tiberlastet<br />
5. Die erlebte Hilflosigkeit <strong>bei</strong> pflegenden<br />
kann sich in aggressive Handlungen<br />
gegentiber dem Betroffenen umkehren<br />
6. Hiiufi ger Personalwechsel<br />
Erleben und Strategien von pflegenden<br />
Herausfordernde Verhaltensweisen l
Jedes Verhalten hat triigt ebenso einen wichtigen Beitrag zum<br />
Grrinde<br />
Entstehen <strong>bei</strong> (BMG, 2007). Als Konse-<br />
Die Suche nach Griinden quenz dieses Modells mtissen Pflegende<br />
eines solchen Verhaltens herausforderndes Verhalten als Versuch<br />
hat absolute Prioritiit. In der Anpassung betrachten und da<strong>bei</strong> ganz<br />
den 1990er Jahren wurde konkret ihren Einfluss und den der Um-<br />
ein Modell zum Verstehen welt genau beleuchten und reflektieren.<br />
entwickelt - das Need-Dri- Viele Verhaltensweisen (Leben in der<br />
ven-Dementia-Compro Vergangenheit, Apathie oder Riickzug)<br />
mised-Behaviour-Model dienen, um sich vor der Realitat zu schiit-<br />
(bediirfnisorientiertes Verzen. Verhalten wird meist im Kontext<br />
haltensmodell) ist als Hilfs- erzeugt. Mit allen Faktoren kann man<br />
<strong>mit</strong>tel fi.ir eine verstehende sich der Erkliirung von Verhalten niihern,<br />
Diagnostik zu verstehen und zur F
Rogner, M. (2009): Primary Nursing<br />
Literatur<br />
in Kitwood, T. (2005): <strong>Demenz</strong> - der per-<br />
der ambulanten Pflege - eine<br />
Bartholomeyczlk,<br />
cisterreisonenzentrierte S. & Halek,<br />
Ansatz<br />
M. (2009):<br />
im Umgang <strong>mit</strong><br />
chische Perspektive. VDM-Verlag<br />
<strong>Herausforderndes</strong><br />
verwirrten<br />
Verhalten<br />
<strong>Menschen</strong><br />
verstehen. Mtiller-Hergl, C. (2000): <strong>Demenz</strong><br />
In: pflegen:<strong>Demenz</strong><br />
zwi-<br />
1012009,S. 45-49 schen Angst und Wohlbefinden.<br />
Bartholomeyczrk,<br />
In:<br />
S. (2007): Mit heraus- P. Tackenberg und A. Abt-Zegelin<br />
forderndem Verhalten umgehen. Bun- (Hrsg.): <strong>Demenz</strong> und Pflege, Mabuse<br />
deskongress DRK.http://www.drk.del<br />
Verlag<br />
verband_d_s chwe stern s c haften/aktu- Hciwler, E. (2008): <strong>Herausforderndes</strong><br />
elle_meldungen/2007/kongress/doku<br />
Verhalten <strong>bei</strong> <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Demenz</strong><br />
mente/B artho lomeyc zik _Langfas s ung. - Erleben und Strategien Pflegender.<br />
doc-l02.PDF Zugriff vom 5. Mai 2009 Verlag Kohlhammer.<br />
Bundesministerium fi.ir Gesundheit<br />
(2006): Rahmenempfehlungen zum<br />
Umgang <strong>mit</strong> herausforderndem Verhalten<br />
<strong>bei</strong> <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Demenz</strong> in er<br />
stationiiren Altenhilfe. Berlin: BMG<br />
Erikson, E. (1981): Identitiit und Lebenszyklus.<br />
Drei Aufstitze. Suhrkamp Ver-<br />
Mag. Michael Rogner<br />
lug,<br />
Pflegewissenschafter. Tea m leiter<br />
Kolanowski,<br />
u nd Leh rga ngsleiter pa<br />
A. M. (1999):<br />
| | iative ca re.<br />
An overview<br />
Liechtenstei n ische Alters- u nd Kra n ken h i lfe ( LAK)<br />
of the Need-Driven Dementia-Compro-<br />
m ichael. rogner@gmx.at<br />
mised Behavior Model. In: Journal of<br />
http://m ichael rogner.twoday. net<br />
Gerontological Nursing 25 (9), S. 7-9<br />
Die Osterreichische<br />
Gesundheitsberufe-Konferenz<br />
lcidt ein:<br />
Tqg der Gesundheitsberufe<br />
Beruf <strong>mit</strong> Zukunfl - Zukunft im Beruf<br />
19. Jrinner 201I<br />
Festsool des Gesundheitsministeriums, RodetzkystroBe 2, 1030 Wien<br />
09:30 - I l:00 Gesundheilsberufe<br />
heufe & morgen<br />
lmpulsreferot: AloisStoger, dip16m6,<br />
Eundesminisfer frir Gesun dheif<br />
Anfrogen von Vertreterlnnen der<br />
einzelnen Gesundheitsberufe<br />
Publikumsdiolog<br />
I 1:00 - I l:30 Koffeepouse<br />
I l:30 - l3:00 Pflegeberufe<br />
im 21. Johrhunderl<br />
lmpulsreferot Rudolf H undstorfer,<br />
Bundesminisfer f 0r Ar<strong>bei</strong>t, sozio/es und Konsu mentenschufz<br />
lmpulsreferot Ursulo Frohner, prosidenfin des osrerreichisch<br />
en Ges un dh eits- u n d Kro nke n pf I e g everbon des<br />
lmpulsreferot Gerdo Mostbou ar, vorsifzende des Fochousschusses<br />
Gesundheifsberufe der Ar<strong>bei</strong>ferkommer wien<br />
Publikumsdiolog<br />
l3:00 - 14:00 Mittogspouse<br />
Vorsitz: Dr. Wolfer Dorner, prosident der<br />
Osfeneichischen Anf eko m m er<br />
14:00 - l5:15 Abenteuer helfen? Gemeinschqfttiches<br />
Denken und die Ar<strong>bei</strong>t in Gesundheitsberufen<br />
Mog. Bernhord Heinzlmoier, tnsfifuf fur J ugendkulturforschung<br />
Berufswohl - Choncen ftir den Nochwuchs<br />
Dr. Herbert Buchinger, Vorsf ondsvorsitzender des AMS<br />
Publikumsdiolog<br />
15:15<br />
- l5:45 Koffepouse<br />
l5:45 - l6:30 Fcirderpreis der 6sferreichischen<br />
Gesu nd h eitsberufe - Konferenz<br />
Prosentotion der Siegerprojekte<br />
Moderolion der Togung: Cloudio Reiterer<br />
Die Teilnohme om Kongress ist kostenlos. Aus orgonisotorischen<br />
Grunden wird jedoch um Anmerdung ersucht:<br />
en twed er u nter www.gesu nd heitsberuf eko nferenz. ol<br />
unter Kongress/Anmeldung oder per Fox 0l /514 06/49<br />
Wohrend des Kongresses besteht die Moglichkeit,<br />
sich uber die verschiedensten Gesundheitsberufe<br />
zu informieren.