LSV kompakt Juni 2011
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❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ■ Sicherheit<br />
8 <strong>LSV</strong> <strong>kompakt</strong> <strong>Juni</strong> I 11<br />
Rinderhaltung:<br />
Die sache mit den hörnern<br />
kühe enthornen – ja oder<br />
nein? Diese frage wird seit<br />
vielen Jahrzehnten kontrovers<br />
diskutiert. Aktuell ist eine politische<br />
Diskussion zu diesem<br />
thema entfacht, welche möglicherweise<br />
weit reichende<br />
konsequenzen für die tierhalter<br />
nach sich ziehen könnte.<br />
mit der Umstellung von der<br />
Anbinde- auf die Laufstallhaltung<br />
werden seit den 1980er Jahren<br />
die meisten Rinder enthornt. Die Vorschriften<br />
für Sicherheit und Gesundheitsschutz<br />
der Landwirtschaftlichen<br />
Berufsgenossenschaften fordern, dass<br />
„Kälber von Rinderrassen, von denen<br />
aufgrund ihrer Hörnerbildung und der<br />
Art der Tierhaltung eine zusätzliche<br />
Gefahr ausgeht, gegen Hörnerbildung<br />
zu behandeln sind“ (VSG 4.1 § 10 Absatz<br />
16). Bislang sieht das Tierschutzgesetz<br />
vor, dass Kälber bis zu einem<br />
Alter von sechs Wochen betäubungslos<br />
enthornt werden dürfen. Ältere Tiere<br />
dürfen nur unter Betäubung von einem<br />
Tierarzt enthornt werden. Diese Regelung<br />
könnte sich bald ändern.<br />
Früher eingriff gegen Unfälle<br />
Meist erfolgt das Enthornen durch den<br />
Landwirt selber zwischen der ersten<br />
und zweiten Lebenswoche, da hier die<br />
passive Immunität gegen Krankheiten,<br />
durch die Kolostralmilchversorgung<br />
am Größten ist. Für die Enthornung<br />
dürfen in Deutschland nur spezielle<br />
Brennstäbe verwendet werden, mit<br />
denen die Hornanlagen ausgebrannt<br />
werden. Sicherlich keine schöne Prozedur<br />
für Tier und Halter, dennoch unter<br />
dem Aspekt der Sicherheit durchaus<br />
sinnvoll. Durch das Enthornen reduziert<br />
sich die Verletzungsgefahr des<br />
Tierhalters im Umgang mit den Rin-<br />
dern erheblich. Zudem kommt es zu<br />
geringeren Stoßverletzungen unter den<br />
Tieren, welche schwere Euterverletzungen<br />
nach sich ziehen können.<br />
Dennoch gibt es einige Verfechter, für<br />
die das Horn untrennbar mit der Kuh<br />
verbunden bleibt. Ein Ökoverband beispielsweise<br />
untersagt die Enthornung<br />
bei seinen Mitgliedsbetrieben gänzlich<br />
und auch andere Verbände streben<br />
Überlegungen in diese Richtung an.<br />
Seit 2002 ist der Tierschutz im Grundgesetz<br />
verankert worden und seither<br />
werden von Tierschützern immer wieder<br />
Forderungen geäußert, das Tierschutzgesetz<br />
zu novellieren und zu verschärfen.<br />
Einer der strittigen Punkte ist<br />
unter anderem auch die Enthornung<br />
von Rindern. Verschiedene Stimmen<br />
werden zu diesem Thema laut. Einige<br />
fordern ein generelles Enthornungsverbot,<br />
andere die Rückkehr zur chemischen<br />
Verätzung anstelle der thermischen<br />
Verbrennung, wiederum andere<br />
machen sich für die Betäubungspflicht<br />
stark.<br />
Weitreichende<br />
Konsequenzen möglich<br />
Denn im Jahr 2009 wurden der Landwirtschaftlichen<br />
Berufsgenossenschaft<br />
NRW 1.171 Unfälle gemeldet, die sich<br />
im Umgang mit Rindern ereigneten.<br />
Schwerpunktmäßig waren besonders<br />
Milchviehhalter von diesem Unfallgeschehen<br />
betroffen. Alleine 235 Unfälle,<br />
also ein Fünftel aller Rinderunfälle,<br />
wurden durch das Stoßen der<br />
Tiere verursacht, die meisten durch<br />
das Kopfstoßen. Diese Unfälle lagen<br />
mit einer Differenz von 500 € weit über<br />
dem durchschnittlichen Kostenniveau<br />
der Rinderunfälle und zogen somit<br />
eine höhere Ver-letzungsschwere nach<br />
sich (siehe Abbildung). Und das, obwohl<br />
der Großteil der Rinder in NRW<br />
enthornt ist!<br />
Sollte sich also die Forderung durchsetzen,<br />
dass die Enthornung verboten<br />
wird, so wäre voraussichtlich mit<br />
einem dramatischen Anstieg der Unfallzahlen<br />
im Rinderbereich zu rechnen!<br />
Viele Risiken<br />
Bereits bei enthornten, ausgewachsenen<br />
Tieren ist das Einziehen einer<br />
verloren gegangenen Ohrmarke äußerst<br />
riskant und bei Weitem nicht<br />
ungefährlich, so jedoch fordert es das<br />
Cross-Compliance-Regelwerk. Das<br />
Nachziehen von Ohrmarken bei behörnten<br />
Kühen kann jedoch lebensgefährlich<br />
werden.<br />
Dies zeigt auch ein Unfall der sich Anfang<br />
<strong>2011</strong> im Rheinland ereignet hat.<br />
Hier wurde ein Mutterkuhhalter, bei<br />
dem Versuch einer im Fressgitter fi-