B II – 3 - Aktivitätskoeffizienten - Physikalisch-Chemische Praktika
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B <strong>II</strong> <strong>–</strong> 3 - <strong>Aktivitätskoeffizienten</strong><br />
Aufgaben:<br />
1. Begründen Sie die Abweichung der Meßwerte von der nach Gleichung (B <strong>II</strong> - 3 -10)<br />
zu erwartenden Geraden! Verifizieren Sie mit Ihren experimentellen Werten die<br />
genauere Funktion nach (B <strong>II</strong> - 3 -7) oder einer anderen Ihnen bekannten Form.<br />
Vergleichen Sie mit Tabellenwerten!<br />
2. Berechnen Sie den theoretischen Wert für das Standardpotential nach Gleichung (B <strong>II</strong><br />
- 3 -13) aus den folgenden thermodynamischen Daten und begründen Sie die<br />
Abweichung gegenüber dem gemessenen Wert (falls Sie eine solche feststellen)!<br />
Ho in kcal·mol -1<br />
G0 in kcal·mol -1<br />
S0 in cal·mol -1<br />
H 2 ( g)<br />
+<br />
H ( aq)<br />
Ag ( s)<br />
AgCl ( s)<br />
Cl<br />
−<br />
( aq)<br />
0 0 0 -30.362 -40.023<br />
0 0 0 -26.224 -31.350<br />
31.21 0 10.21 22.97 13.17<br />
3. Berechnen Sie den Einfluß des Wasserdampf-Partialdruckes bei 25°C auf die EMK<br />
entsprechend Gleichung (B <strong>II</strong> - 3 -15)!<br />
4. Welche anderen Methoden zur Bestimmung von <strong>Aktivitätskoeffizienten</strong> kennen Sie?<br />
Welche sind prinzipiell anders als die hier verwendete?<br />
5. Auf welche Weise müssen individuelle Ionenradien berücksichtigt werden?<br />
6. Lassen sich <strong>Aktivitätskoeffizienten</strong> auch aus Zellen mit Überführung bestimmen?<br />
Welche zusätzlichen Informationen können Sie aus solchen Messungen entnehmen?<br />
7. Berechnen Sie die Ionenstärke eines Elektrolyten, der 0.2mol eines 1.1-wertigen und<br />
0.6mol eines 3.1-wertigen Elektrolyts bei gleichem Anion enthält!<br />
Literaturhinweise:<br />
- Försterling/Kuhn: Kap.7.13<br />
Grundlagen:<br />
Das chemische Potential einer Teilchensorte i in einem kondensierten System ist im Idealfall<br />
(B <strong>II</strong> -3 -1): µ = g ( T,<br />
p)<br />
+ RT ⋅ ln[<br />
x ]<br />
i<br />
ideal<br />
i<br />
wenn gi die Abhängigkeit von den Intensivgrößen beschreibt und xi der Molenbruch der<br />
Teilchensorte i ist.<br />
Aus Messungen des Löslichkeitsproduktes weiß man, daß<br />
(B <strong>II</strong> -3 -2): Lik = x i ⋅ x k<br />
keine Konstante ergibt, daß sich aber das MWG erfüllen läßt, wenn man statt der Molen-<br />
brüche (resp. Konzentrationen) die Aktivitäten einführt:<br />
(B <strong>II</strong> -3 -3): a i = x i ⋅ f i .<br />
i<br />
1
Dann wird aus Gleichung (B <strong>II</strong> -3 -1):<br />
(B <strong>II</strong> -3 -4): =<br />
(B <strong>II</strong> -3 -5): =<br />
µ g ( T,<br />
p)<br />
+ RT ⋅ ln[<br />
a ]<br />
i<br />
real<br />
i<br />
= g ( T,<br />
p)<br />
+ RT ⋅ ( ln[<br />
x ] + ln[<br />
f ] )<br />
i<br />
= g ( T,<br />
p)<br />
+ RT ⋅ ln[<br />
x ] + RT ⋅ ln[<br />
f ]<br />
i<br />
µ ireal<br />
iideaal<br />
i<br />
i<br />
µ RT ⋅ ln[<br />
f ]<br />
i<br />
+ .<br />
Damit ist der Aktivitätskoeffizient als eine thermodynamische Größe gekennzeichnet und<br />
⎛ dW ⎞<br />
⎜ dn ⎟<br />
⎝ i ⎠<br />
(B <strong>II</strong> -3 -6): ⎜ ⎟ = RT ⋅ ln[<br />
f ]<br />
T,<br />
p,<br />
n<br />
ist die Arbeit, die erforderlich ist, um das reale System in ein ideales zu überführen.<br />
Miller, Debye und Hückel haben diese Arbeit als eine rein elektrostatische aufgefaßt, die bei<br />
der Überführung eines Teilchens aus der Umgebung von anderen Ladungsträgern in eine<br />
ladungsfreie Umgebung aufgebracht werden muß. Bei Annahme einer Boltzmann-Verteilung<br />
läßt sich über die Poisson-Gleichung - nach Einführung diverser Näherungen - der<br />
individuelle Aktivitätskoeffizient fi zu<br />
(B <strong>II</strong> -3 -7): ln[<br />
f ]<br />
i<br />
A ⋅ I ⋅ z i<br />
=<br />
1+<br />
B ⋅ I<br />
berechnen. A und B sind darin lösungsmittelabhängige Konstanten, I ist die Ionenstärke,<br />
die nach<br />
1 2<br />
2 i z i<br />
(B <strong>II</strong> -3 -8): I = ⋅∑<br />
c ⋅<br />
(erweitertes Debye-Hückel-Grenzgesetz) definiert wird. zi ist die Ladungszahl des Teilchens i.<br />
Für die Konzentrationen kleiner als 10 -2 mol·l -1 geht Gleichung B <strong>II</strong> -3 -7) in eine lineare Ab-<br />
hängigkeit des ln[f] von I über, die sogenannte Grenzgerade.<br />
Da sich individuelle Aktivitäten thermodynamisch nicht bestimmen lassen, wandelt man die<br />
nach Gleichung (B <strong>II</strong> -3 -7) bestimmten individuellen <strong>Aktivitätskoeffizienten</strong> noch in<br />
praktikable mittlere Größen um, wobei man sich bei einem (m,n)-wertigen Elektrolyt der<br />
Definition<br />
(B <strong>II</strong> -3 -9):<br />
f<br />
±<br />
=<br />
m+<br />
n<br />
f<br />
m n<br />
− ⋅ f +<br />
bedient, was bei einem (n,n)-wertigen Elektrolyt natürlich gegenstandslos wird, da sich diese<br />
Beziehung dann auf f ± = f + ⋅ f − reduziert. Mit der genannten Näherung für kleine<br />
Konzentrationen geht die Beziehung (B <strong>II</strong> -3 -7) über in<br />
(B <strong>II</strong> -3 -10): ln[ f ] A ⋅ z ⋅ z ⋅ I<br />
±<br />
= + −<br />
2<br />
i<br />
.<br />
i<br />
i<br />
i<br />
2
Methode<br />
Von den zahlreichen experimentellen Methoden zur Bestimmung von <strong>Aktivitätskoeffizienten</strong><br />
erweist sich die der EMK-Bestimmung als universell und leicht zu handhaben. Sie setzt<br />
lediglich voraus, dass sich der Elektrolyt in einer elektrochemischen Zelle einem Elektrodenprozess<br />
unterwerfen muss, bei dem das zu untersuchende Ion potentialbestimmend wirkt.<br />
Diese Zellen unterscheiden sich hinsichtlich der Elektroden-Teilprozesse in sogenannte<br />
galvanische und Konzentrationszellen, wobei die letzten dadurch gekennzeichnet sind, dass<br />
Anode und Kathode den gleichen Elektrolyten, nur in verschiedenen Konzentrationen<br />
enthalten, und hinsichtlich des Kontaktes von Anolyt und Katholyt in Zellen mit und ohne<br />
Überführung. Bei Zellen mit Überführung findet stets ein Stofftransport über den<br />
Konzentrationsgradienten hinweg statt, was zum Auftreten von Überführungs- oder<br />
Diffusionspotentialen führt.<br />
In diesem Versuch wird eine galvanische Zelle ohne Überführung benutzt, die aus zwei<br />
Teilzellen besteht, in denen jeweils Anion bzw. Kation reversibel ausgetauscht werden<br />
können. Die Überführung läßt sich technisch entweder dadurch ausschalten, dass zwischen<br />
die beiden Teilzellen eine gemeinsame, für beide Teile gleichartige Elektrode trennend<br />
eingefügt wird (Helmholtzsche Doppelzelle) oder dadurch, dass in beiden Teilzellen der<br />
gleiche Elektrolyt verwendet wird.<br />
Die EMK dieser Zelle wird in Abhängigkeit von der Konzentration des Elektrolyts gemessen.<br />
In einem ideal verdünnten Elektrolyt müsste diese sich nach der Nernstschen Gleichung<br />
logarithmisch mit der Konzentration ändern. Tatsächlich beobachtet man ein Abweichen vom<br />
idealen Verhalten, aus dem man entsprechend der folgenden Überlegung den mittleren<br />
<strong>Aktivitätskoeffizienten</strong> des Elektrolyts berechnen kann.<br />
System<br />
Im vorliegenden Versuch ist der mittlere Aktivitätskoeffizient der Salzsäure zu bestimmen.<br />
Wir legen die Zelle H 2(<br />
g,<br />
pH 2)<br />
HClc(<br />
HCl)<br />
, AgCl(<br />
s)<br />
Ag(<br />
s)<br />
Pt zugrunde, in der die Teilreaktionen<br />
1 (B <strong>II</strong> -3 -11): ⋅ H 2<br />
(B <strong>II</strong> -3 -12):<br />
ablaufen, was zu der Bruttoreaktion<br />
2<br />
→<br />
−<br />
AgCl + e →<br />
1 (B <strong>II</strong> -3 -13): ⋅ + AgCl<br />
2<br />
H 2<br />
führt. Daraus resultiert die Zellspannung<br />
→<br />
+ −<br />
H + e<br />
−<br />
Ag + Cl<br />
Ag<br />
− +<br />
+ + H<br />
⎡ +<br />
0 RT<br />
− RT a<br />
(B <strong>II</strong> -3 -14): ( [ ( ) ] ) ( H )<br />
= ε − ε = ε − ⋅ ln a Cl − ⋅ ln⎢<br />
(B <strong>II</strong> -3 -15):<br />
E Ag / AgCl H2<br />
E = E<br />
0<br />
Ag / AgCl<br />
−<br />
Ag / AgCl<br />
F<br />
+ − ( H ) a(<br />
Cl )<br />
RT ⎡a ⋅<br />
⋅ ln⎢<br />
F ⎢⎣<br />
p<br />
⎤<br />
( ) ⎥ ⎥<br />
H<br />
2<br />
⎦<br />
Cl<br />
F<br />
⎢⎣<br />
( )⎥ ⎥<br />
⎤<br />
p H 2 ⎦<br />
3
In der Gleichung (B <strong>II</strong> -3 -15) taucht - entsprechend der vorangegangenen Theorie - das<br />
Produkt der Aktivitäten auf, das sich in das Produkt der Konzentrationen und das Produkt der<br />
individuellen <strong>Aktivitätskoeffizienten</strong> zerlegen läßt.<br />
( ) atm<br />
Wenn H 1 , ergibt sich unter Berücksichtigung, daß<br />
p 2<br />
= ( ) ( ) ( ) HCl c Cl c H c = =<br />
+<br />
−<br />
[ ⋅ f ]<br />
RT<br />
= Ag / AgCl<br />
+ ⋅ f<br />
F<br />
0<br />
2<br />
(B <strong>II</strong> -3 -16): E E − ⋅ ln c ( HCl)<br />
2<br />
Mit f + ⋅f<br />
− = f ± folgt:<br />
2 ⋅ RT<br />
F<br />
2 ⋅ RT<br />
F<br />
0<br />
(B <strong>II</strong> -3 -17): E + ⋅ ln[<br />
c(<br />
HCl)<br />
] = E − ⋅ ln[<br />
f ]<br />
Ag / AgCl<br />
In der Gleichung (B <strong>II</strong> -3 -17) ist die linke Seite durch EMK-Messung und Einsetzen der<br />
vorgegebenen Konzentration zugänglich. Sie müßte bei idealem Verhalten des Elektrolyts auf<br />
das Ruhepotential mit f ± = 1 führen. Tatsächlich aber führt sie auf keinen konstanten Wert,<br />
sondern auf eine konzentrationsabhängige Größe, aus der sich der Aktivitätskoeffizient berechnen<br />
läßt. Ruhepotential und Korrekturglied sind beide zunächst unbekannt.<br />
Trägt man die linke Seite der Gleichung (B <strong>II</strong> -3 -17) gegen die Konzentration auf, so ergibt<br />
sich als Grenzwert für die Konzentration null (ideales Verhalten f = 1) das Standardpotential<br />
E 0 .<br />
Da nach der Debye-Hückel-Theorie eine lineare Abhängigkeit der EMK von der<br />
Quadratwurzel der Ionenstärke (die bei einem 1.1-wertigen Elektrolyt gleich der<br />
Konzentration ist) zu erwarten ist, tragen wir die linke Seite nicht über die Konzentration,<br />
sondern über der Wurzel daraus auf und können so linear extrapolieren. Ist das<br />
Standardpotential bekannt, so lassen sich nach Gleichung (B <strong>II</strong> -3 -17) für die vorgelegten<br />
Konzentrationen die <strong>Aktivitätskoeffizienten</strong> f ± berechnen.<br />
Versuchsaufbau und -durchführung:<br />
Die Zelle besteht aus einer Wasserstoffelektrode (platiniertes wasserstoffumspültes Pt-Blech)<br />
und einer Silber-Silberchlorid-Elektrode.<br />
Der Elektrolyt wird, angefangen mit der geringsten<br />
Konzentration, in die Zelle eingefüllt.<br />
Nach dem Temperieren im Thermostaten wird Wasserstoff eingeleitet (10 bis 15min) und die<br />
EMK abgelesen. Die exakte Zellspannung wird mit dem Kompensator gemessen. Um den<br />
−<br />
.<br />
±<br />
.<br />
4
Größenbereich der Zellspannung zu ermitteln, dient ein Röhrenvoltmeter, das vor der exakten<br />
EMK-Messung kurzzeitig an die Elektroden angeschlossen wird. Messen Sie sowohl mit dem<br />
Röhrenvoltmeter als auch mit dem Kompensator.<br />
Die Pt-Elektrode ist sehr empfindlich gegen Verunreinigung und muss sorgfältig sauber<br />
gehalten werden. Sie ist herausnehmbar angeordnet und muss vor jeder Messung mit<br />
destilliertem Wasser gespült werden. Sie darf nicht an der freien Luft liegengelassen werden!<br />
Die AgCl-Elektrode wird etwa einen Tag vor dem Versuch präpariert (von der Laborantin)<br />
und ist ebenfalls sorgfältig zu spülen. Sie darf nicht verunreinigt werden.<br />
Bedenken Sie, daß die Qualität Ihrer Messungen im wesentlichen<br />
Elektroden abhängt!<br />
vom Zustand der<br />
Meßvorschrift<br />
h Verdünnen von 0.1mol·l -1 und 0.01mol·l -1 HCl die folgenden Meßlösungen<br />
4 mol·l -1<br />
0.002 mol·l -1<br />
0.007 mol·l -1<br />
0.04 mol·l -1<br />
Stellen Sie durc<br />
her:<br />
0.000<br />
0.0006 mol·l -1<br />
0.003 mol·l -1<br />
0.01 mol·l -1<br />
0.07 mol·l -1<br />
0.001 mol·l -1<br />
0.005 mol·l -1<br />
0.02 mol·l -1<br />
0.1 mol·l -1<br />
Füllen Sie den Elektrolyten in die mit tridest. Wasser sorgfältig gespülte Zelle, setzen Sie die<br />
Zelle (den Hahn entfernen, um Diffusionspotentiale am Hahnsitz zu vermeiden) so in den auf<br />
25°C eingestellten Thermostaten ein (mit Stativklemmen sichern), dass das Verbindungsrohr<br />
der beiden Halbzellen eintaucht. Dabei muß der Elektrolyt selbstverständlich über dem<br />
Niveau des Verbindungsrohres stehen.<br />
-1<br />
Regulieren Sie den Wasserstoffstrom auf<br />
4 bis 5 Blasen·s und warten Sie 10min bis zur<br />
Messung. Warten Sie ab, bis die am Kompensator abgelesenen EMK einen konstanten Wert<br />
erreicht hat. Bedenken Sie, dass die Spannungsmessung exponentiell in den<br />
<strong>Aktivitätskoeffizienten</strong> eingeht und dass geringe Meßfehler zu großen Abweichungen bei den<br />
f-Werten führen.<br />
Hinweise<br />
zur Auswertung:<br />
Tragen Sie die Werte für die Gleichung (B <strong>II</strong> -3 -17) in das folgende Schema ein:<br />
1 2 3 4 5 6<br />
c E E + 0.<br />
1183⋅<br />
log[<br />
c]<br />
c 0 . 1183⋅<br />
lo g[<br />
f ± ] f ±<br />
Zur Bestimmung der Werte E 0 und f ± verfahren Sie am besten wie folgt:<br />
1. Tragen Sie graphisch Spalte 3 gegen Spalte 4 auf, extrapolieren Sie<br />
auf c = 0, lesen<br />
Sie den Ordinatenabschnitt ab und berechnen Sie mit diesem die Werte für die<br />
Spalten 5 und 6.<br />
2. Bestimmen Sie den<br />
Bereich, in dem die Funktion eine Gerade darstellt (Grenzgerade)!<br />
L iteraturwerte:<br />
- D'ans Lax, 3.Aufl., S 5-98 - 5-101<br />
- P.W. Atkins, <strong>Physikalisch</strong>e Chemie, 2.Auflage, VCH Weinheim (1990) <strong>–</strong> Tabell<br />
5