Mit sanften Bewegungen leichter pflegen - Ökumenische ...
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gepflegT<br />
Ausgabe 02 • 2013<br />
liebe leserin, lieber leser,<br />
das sehr positive Echo auf die erste<br />
Ausgabe unserer Hauszeitung<br />
GEPFLEGT ZU HAUSE hat uns stark<br />
motiviert, die Nummer zwei auf<br />
den Weg zu bringen.<br />
Unser Schwerpunkt auf dieser<br />
Seite: Kinästhetik – eine ideale<br />
Methode, sich selbst und andere<br />
Menschen schonend und behutsam<br />
zu bewegen. Lernen kann<br />
Kinästhetik jeder, der es möchte.<br />
Deshalb geben wir unser Wissen<br />
vor allem gerne an <strong>pflegen</strong>de<br />
Angehörige weiter!<br />
Zwei von drei Menschen, die an<br />
Demenz erkrankt sind, werden zu<br />
Hause von der eigenen Familie<br />
versorgt. Damit der Alltag gelingen<br />
kann, brauchen <strong>pflegen</strong>de Angehörige<br />
Informationen über die<br />
Krankheit, Beratung und entlasten<br />
de Angebote. Lesen Sie mehr zu<br />
diesem Thema auf den nächsten<br />
Seiten von GEPFLEGT ZU HAUSE.<br />
Wir wünschen Ihnen, dass Sie<br />
dieses Frühjahr nach dem langen<br />
Winter besonders genießen<br />
können und grüßen Sie herzlich.<br />
Barbara lienhard Reinhard Wolff<br />
Pflegedienstleiterin Geschäftsführer<br />
Wir stellen uns vor<br />
KONTAKT<br />
Foto: © Alterfalter_fotolia.com<br />
Kinästhetik<br />
<strong>Mit</strong> <strong>sanften</strong> <strong>Bewegungen</strong> <strong>leichter</strong> <strong>pflegen</strong><br />
Kinästhetik – das ist eine sanfte<br />
Methode, pflege- und hilfebedürf-<br />
tige Menschen schonend zu bewe-<br />
gen und zu berühren. Unsere Pflege-<br />
kräfte sind ausnahmslos in Kinäs-<br />
thetik geschult und wenden dieses<br />
Wissen in ihrer täglichen Praxis an.<br />
Wir helfen Menschen bei jenen<br />
Aktivitäten, die sie aufgrund ihres<br />
Alters, einer Verletzung oder Krankheit<br />
nicht mehr alleine bewältigen<br />
können. So unterstützen wir sie zum<br />
Bei spiel bei der Körperpflege, beim<br />
An und Auskleiden, beim Aufstehen<br />
und Hinsetzen. Die Art und Weise,<br />
petra Jogerst und Heidi fraas | pflegefachkräfte und Kinästhetik-Tutorinnen<br />
Kinästhetik hilft uns dabei, das Selbstwertgefühl<br />
von Patienten zu stärken und als Pflegekraft<br />
rückenschonend zu arbeiten. Kinästhetik<br />
erfüllt für uns damit eine wesentliche Voraussetzung<br />
für gute Pflege.<br />
Seit über zehn Jahren sind wir beide in der<br />
häuslichen Pflege tätig. 2006 haben wir uns zu<br />
Kinästhetik-Tutorinnen beim Freiburger Institut<br />
für Kinästhetik ausbilden lassen. <strong>Mit</strong> dieser<br />
Fachkompetenz leiten wir unsere Kolleginnen und Kollegen im Pflegeteam an,<br />
Patienten schonender zu bewegen. Zweimal jährlich richten wir Kinästhetik-<br />
Fortbildungen für alle <strong>Mit</strong>arbeitenden der Sozialstation aus. I<br />
Hauszeitung der <strong>Ökumenische</strong>n Sozialstation<br />
St. Martin Gengenbach-Hohberg e.V.<br />
wie wir unsere Patienten berühren<br />
und bewegen, nennt sich Kinästhetik.<br />
Kinäs thetik hilft, die körperliche<br />
Belastung wesentlich zu reduzieren<br />
und Men schen ohne große körperliche<br />
Anstren gung zu bewegen.<br />
Wir bringen einzelne Körperteile des<br />
Patienten gezielt und langsam in Be <br />
wegung. Das behutsame Vorgehen<br />
vermittelt ihm das Gefühl, dass nichts<br />
über seinen Kopf hinweg geschieht<br />
und dass er sich – und sei es noch so<br />
wenig – aktiv mit bewegen kann. Kinäs <br />
thetik macht somit die Pflege für alle<br />
Beteiligten weniger anstrengend.<br />
Gerade wahrnehmungsveränderten,<br />
dementen Menschen mangelt es an<br />
Körperbewusstsein. Sie verlieren das<br />
Gefühl für ihren Körper und werden<br />
immer unbeweglicher und steifer. Wer<br />
aber seinen Körper nicht mehr spürt,<br />
kann Körperteile schlecht bewegen.<br />
Wer sich nicht bewegt, kann sich in<br />
seiner Umwelt immer schlechter orientieren.<br />
Dies kann dazu führen, dass<br />
sich Unruhezustände und Ängste verstärken.<br />
Indem unsere Pflegekräfte<br />
geeignete Körperstellen des Patienten<br />
gezielt berühren, unterstützen sie<br />
zugleich seine Körperwahrnehmung,<br />
was letztlich zu einem verbesserten<br />
Lebensgefühl führt.<br />
Indem die Pflegenden ihre Patienten<br />
schonend bewegen und berühren,<br />
reduzieren sie „nebenbei“ ihr Risiko,<br />
<strong>Ökumenische</strong> Sozialstation St. Martin gengenbach-Hohberg e.V.<br />
www.sozialstation-gengenbach.de • Leutkirchstraße 32a • 77723 Gengenbach • Telefon 07803 980540 • Fax 07803 980541<br />
info@sozialstation-gengenbach.de • Geschäftsführung: Reinhard Wolff • Pflegedienstleitung: Barbara Lienhard<br />
Volksbank Lahr-Gengenbach • Konto 40645306 • BLZ 68290000 | Sparkasse Gengenbach • Konto 22202 • BLZ 66451346<br />
Foto: © Sandor Kacso_fotolia.com<br />
Themen dieser Ausgabe<br />
Seiten 2 + 3<br />
Trotz Demenz: Lebensqualität<br />
und Hilfen im Alltag<br />
Seite 4<br />
Beweg-Gründe: Dem Kopf<br />
im Alter Beine machen<br />
Kinästhetik hilft Rücken und<br />
Wirbelsäule zu entlasten, selbst<br />
gesund zu bleiben und den<br />
Pflegealltag gut zu bewältigen.<br />
sich arbeitsbedingt zu verletzen oder<br />
ihren Rücken zu überlasten.<br />
Kinästhetik ist auch eine große Er<br />
l eichterung für die tägliche Pflege der<br />
eigenen Angehörigen. Sie hilft ihnen,<br />
ihren Rücken und ihre Wirbel säule zu<br />
entlasten, selbst gesund zu bleiben<br />
und den Alltag gut zu bewältigen.<br />
Kinästhetik macht Bewegung weniger<br />
anstrengend.<br />
Pflegenden Angehörigen bieten wir<br />
KinästhetikKurse an, die von autorisierten<br />
KinästhetikTrainern durchgeführt<br />
werden. Die Kursgebühr übernimmt<br />
die Krankenkasse komplett.<br />
Auf dem Übungsprogramm stehen<br />
zum Beispiel: Aufstehen vom Stuhl,<br />
von der Rückenlage im Bett zum Sitzen<br />
am Bettrand, Transfer vom Bett<br />
auf einen Stuhl oder Rollstuhl, Drehen<br />
und Lagern im Bett, Handgriffe beim<br />
Waschen und Anziehen, Umgang mit<br />
dementen Menschen. Der nächste Kurs<br />
beginnt Ende Mai/Anfang Juni 2013. I
Menschen mit Demenz<br />
Lebensqualität und Hilfen im Alltag<br />
Foto: © Simone van den Berg_fotolia.com<br />
gepfLegt<br />
Betreuung und Pflege eines Demenzkranken<br />
dauern Monate, oft sogar<br />
Jahre. Pflegende Angehörige brauchen<br />
in dieser Situation kompetente<br />
Unterstützung wie zum Beispiel<br />
Betreuungsangebote, Gesprächsgruppen<br />
u.a. Zu ihrer Entlastung trägt auch<br />
bei, bestimmte Verhaltensweisen des<br />
kranken Menschen zu verstehen. Um<br />
sich in dessen innerer Welt zurecht zu<br />
finden, hilft es oft, etwas über die Körpersprache<br />
und Stimmungslage von<br />
Demenzkranken zu wissen. Dazu einige<br />
Beispiele:<br />
Ordnungssinn: Neue Untersuchungen<br />
zeigen, dass Menschen mit Demenz<br />
zunehmend zufriedener werden,<br />
je mehr Freiraum sie zur eigenen Gestaltung<br />
haben. Sie sind ruhiger und weniger<br />
abweisend zu Angehörigen oder<br />
anderen Menschen, die zu ihnen ins<br />
Haus kommen. Auch Mimik und Gestik<br />
drücken Zufriedenheit aus. Das kann<br />
man bei einem Demenzkranken beobachten,<br />
der vielleicht mehr als eine<br />
Stunde konzentriert mit etwas beschäftigt<br />
ist, das ihm sinnvoll erscheint. Zwei<br />
Beispiele: Ein 80-jähriger an Demenz<br />
erkrankter Mann reinigte in seinem<br />
Garten mit Hingabe Blumentöpfe.<br />
Weil seine Frau die alten und zum Teil<br />
kaputten Töpfe eigentlich wegwerfen<br />
wollte, hatte sie ihn zunächst lange<br />
daran gehindert, damit zu hantieren.<br />
Dabei verschaffte ihm diese „Arbeit“<br />
Freude und Genugtuung.<br />
Eine 79-jährige demenzkranke Frau, die<br />
eine eigene Wohnung im Haus ihrer<br />
Tochter bewohnt, räumte regelmäßig<br />
ihre Schränke komplett aus und ein<br />
und brachte damit objektiv alles durcheinander.<br />
Die verzweifelte Tochter versuchte<br />
anfangs ständig, das Chaos zu<br />
bändigen. Seit sie jedoch aufgehört<br />
hat, in die subjektive Ordnung der Mutter<br />
einzugreifen, ist Ruhe im Haus. Die<br />
Tochter musste ihre eigene Vorstellung<br />
von Ordnung verändern, seitdem ist die<br />
Mutter deutlich zufriedener. Gegenstände,<br />
die die Tochter in der Wohnung<br />
der Mutter braucht (zum Beispiel Putz-<br />
oder Kochgeschirr), bringt sie inzwischen<br />
jeweils aus der eigenen Wohnung<br />
mit, weil alles Suchen keinen<br />
Sinn macht. Sie weiß: Bloß nicht diskutieren<br />
– die Mutter versteht aufgrund<br />
der Krankheit noch so gute Argumente<br />
nicht.<br />
Bewegungsdrang: Viele Menschen<br />
mit Demenz haben einen ausgeprägten<br />
Bewegungsdrang. Sie werden<br />
unruhig und zum Teil aggressiv, wenn<br />
sie ihm nicht nachgeben können. Wann<br />
immer möglich, sollten Menschen mit<br />
Demenz daher laufen können – im<br />
Haus, im Garten. Da es problematisch<br />
Rund zwei Drittel der Menschen, die an Demenz<br />
erkrankt sind, werden zu Hause von der eigenen<br />
Familie versorgt. Für viele Angehörige ist die<br />
Betreuung meist außerordentlich belastend, auch<br />
weil sie Abschied von der Persönlichkeit nehmen<br />
müssen, die der Kranke einmal war. Die meisten<br />
Familien wollen diese Zeit des Zusammenseins<br />
trotzdem nicht missen. Pflegende Angehörige, die<br />
den täglichen Herausforderungen auf Dauer<br />
gewachsen sein wollen, sollten deshalb aber vor<br />
allem darauf achten, im Pflegealltag gut mit sich<br />
selbst umzugehen.<br />
sein kann, wenn der Kranke alleine die<br />
Wohnung verlässt, kann man solche<br />
Gegenstände aus dem Blickfeld räumen,<br />
die ihn dazu anregen könnten,<br />
sich auf den Weg zu machen (Mantel,<br />
Schirm, Straßenschuhe, Schlüssel<br />
etc.). Da bereits der Anblick einer<br />
Wohnungstür einen Menschen mit<br />
Demenz auf die Idee bringen kann,<br />
unbedingt nach draußen zu wollen,<br />
kann man probieren, die Tür mit einem<br />
Vorhang zu verdecken. Fachleute warnen<br />
jedoch ausdrücklich davor, einen<br />
an Demenz erkrankten Menschen einzusperren<br />
oder gar festzubinden. Das<br />
ist menschenrechtverletzend und Freiheitsberaubung.<br />
Essen to go: Der Bewegungsdrang<br />
macht auch vor Hunger und Essen nicht<br />
halt. Es bringt jedoch nichts, den<br />
Kranken zu drängen,<br />
sitzen zu bleiben.<br />
Auch hier<br />
gilt: umdenken!<br />
Was<br />
die Kunden<br />
der<br />
amerikanischen<br />
Schnell-<br />
Cafés schätzen,<br />
kann man auch<br />
zu Hause bieten:<br />
Essen to go – Essen<br />
Frühjahr 2013<br />
zum <strong>Mit</strong>nehmen. Eine Möglichkeit ist,<br />
einem demenzkranken Menschen, der<br />
gerne mit dem Essen wandert, ein kleines<br />
Tablett mit hohem Rand in die<br />
Hand zu geben, damit während des<br />
Laufens nichts oder zumindest nicht<br />
so viel verloren geht. Da Demenzkranke<br />
nur Ess- und Trinkgefäße benutzen,<br />
die sie auch als solche erkennen können,<br />
sind Schnabelbecher & Co. ungeeignet.<br />
Ideal sind Speisen, die leicht<br />
aus der Hand gegessen werden können,<br />
die aber nicht kleckern, kleben<br />
oder bröseln.<br />
Die für Demenz typische Unruhe<br />
kann zu einem erhöhten Kalorienbedarf<br />
führen. Dadurch und durch das<br />
veränderte und ungewöhnliche Essverhalten<br />
besteht jedoch immer das Risiko,<br />
dass der Kranke nicht ausreichend<br />
isst und vor allem trinkt. Deshalb ist es<br />
Putzfimmel – von wegen!<br />
Wer demenzkrank ist, hat<br />
unter Umständen eine<br />
ganz eigene Vorstellung<br />
davon, was erledigt<br />
oder in Ordnung<br />
gebracht werden<br />
muss. Logisch<br />
zu argumentieren<br />
hilft nicht weiter.<br />
Foto: © NuStock_istockphoto.com
Frühjahr 2013<br />
Ideal sind<br />
Speisen,<br />
die leicht<br />
aus der<br />
Hand gegessen<br />
werden können.<br />
sinnvoll, Essen nicht nur zu den üblichen<br />
Mahlzeiten anzubieten, sondern<br />
Lieblingsspeisen und Getränke immer<br />
in Sicht- und Reichweite des Kranken<br />
zu platzieren. So kann er etwas zu sich<br />
nehmen, wenn es ihm gerade in den<br />
Sinn kommt.<br />
Soll man also gänzlich auf einen<br />
gedeckten Tisch, Essensrituale, feste<br />
Mahlzeitenangebote usw. verzichten?<br />
Nein. Es kommt eher darauf an, flexibel<br />
zu reagieren und Essen zum <strong>Mit</strong>nehmen<br />
ergänzend anzubieten.<br />
Web-tipps<br />
Informationen im Internet<br />
zum Thema Demenz<br />
n www.alzheimer-forum.de<br />
Alzheimer-Forum Angehörigen<br />
Initiative<br />
n www.dsl-alzheimer.de<br />
Deutsche Senoirenliga, Bonn<br />
n www.deutsche-alzheimer.de<br />
Deutsche Alzheimer<br />
Gesellschaft<br />
Schlafstörungen: An Demenz erkrankte<br />
Menschen leiden häufig unter<br />
Schlafstörungen, sowohl beim Ein-<br />
als auch beim Durchschlafen. Da der<br />
Kranke die Gründe dafür nicht nennen<br />
kann, muss man sich als Angehöriger<br />
oder Betreuender auf die Ursachensuche<br />
machen. Zu den äußeren<br />
Ursachen für Einschlafstörungen zählen<br />
Lärm, Licht, ein überhitzter oder zu<br />
kühler Schlafraum. Kalte Füße sind oft<br />
ein Grund für Schlafstörungen, aber<br />
auch Hunger, Luftnot oder Schmerzen,<br />
die der Kranke nicht mehr äußern<br />
kann. Oft liegt es aber auch einfach nur<br />
daran, dass der Kranke tagsüber kleine<br />
Nickerchen macht und deshalb den<br />
Nachtschlaf nicht mehr braucht. Hier<br />
gilt: Mehr als ein kurzes <strong>Mit</strong>tagsschläfchen<br />
ist nicht nötig.<br />
Durchschlafstörungen<br />
sind häufig durch<br />
Angstzustände bedingt.<br />
Der Kranke<br />
kann Traum und<br />
Realität nicht mehr<br />
auseinanderhalten.<br />
Sind keine Ursachen<br />
für die Schlafstörungen<br />
erkennbar, sollte<br />
man sie immer durch<br />
einen Arzt klären lassen.<br />
Das Einschlafen er<strong>leichter</strong>n<br />
besonders Einschlafrituale. Wer<br />
früher vor dem Schlafen gerne noch<br />
etwas gelesen hat, sollte auch und<br />
gerade jetzt in diesen Genuss kommen,<br />
wo er es selbst nicht mehr kann. Man<br />
kann einem Menschen mit Demenz<br />
selbst etwas vorlesen, aber auch Hörbücher<br />
können hier helfen. Auch wenn<br />
der Kranke die Inhalte scheinbar nicht<br />
mehr versteht, weckt die Zuwendung<br />
meist gute Erinnerungen. Auch Musik,<br />
ein Kuscheltier, ja sogar ein lebendes<br />
Haustier wie eine Katze oder ein Hund,<br />
der sanfte Duft eines guten ätherischen<br />
Öls, Einreibungen oder warme<br />
Getränke sind wunderbare Einschlafhilfen.<br />
Bei Haustieren gilt allerdings:<br />
Der Demenzkranke muss auch früher<br />
schon gerne mit Tieren umgegangen<br />
sein.<br />
Im Winter bewirken Wärmflaschen<br />
kleine Wunder. Schlafmittel sind aus<br />
vielen Gründen am wenigsten geeignet<br />
und sollten zudem nur nach ärztlicher<br />
Verordnung verabreicht werden.<br />
Foto: © Miss X_photocase.com<br />
Schmerzen: Ein Mensch, der an Demenz<br />
erkrankt ist, empfindet zwar<br />
Schmerzen, kann aber nicht mehr<br />
sagen, wie weh es tut und wo genau.<br />
Menschen mit Demenz sind also bei<br />
Schmerzen immer auf die Einschätzung<br />
von außen angewiesen. So können<br />
bisher nicht beobachtete Verhaltensauffälligkeiten<br />
ein Hinweis auf<br />
Schmerzen sein. Weil Fachleute inzwischen<br />
eine Reihe von Möglichkeiten<br />
haben, Schmerzen auch dann einzuschätzen,<br />
wenn der Betroffene sich<br />
nicht darüber äußern kann, ist es für<br />
Angehörige ratsam, bei Verdacht auf<br />
Schmerzen die Sozialstation oder den<br />
Hausarzt anzusprechen.<br />
Aggressives Verhalten: Demenzkranke<br />
können sehr aufbrausend und<br />
wütend reagieren. Ein häufiger Grund:<br />
Jeder Mensch entwickelt im Laufe seines<br />
Lebens Verhaltensweisen, die ihm<br />
helfen, das eigene Leben zu gestalten,<br />
innere und äußere Ordnung zu schaffen<br />
und Wohlbefinden zu erreichen.<br />
Um sich im eigenen Leben „einzurichten“,<br />
muss man vor allem selbstständig<br />
handeln können. Sobald wir spü-<br />
Foto: © Simone van den Berg_fotolia.com<br />
ren, dass uns das in bestimmten Situationen<br />
nicht möglich ist (zum Beispiel<br />
wegen Krankheit, finanzieller Engpässe,<br />
Kontrolle, Druck etc. im beruflichen<br />
oder privaten Umfeld), mobilisieren<br />
wir normalerweise Energien, um unsere<br />
Selbstständigkeit und Unabhängigkeit<br />
zu erhalten. Wir verteidigen „unsere<br />
Welt“. Auch Menschen mit Demenz<br />
haben ihre eigene Ordnung, was sie<br />
aber nicht mehr mit dem Verstand<br />
steuern können. Was wir als „verwirrtes<br />
Verhalten“ empfinden, ist der Versuch,<br />
Orientierung und Ordnung zu<br />
Buch-tipps<br />
Ein Kuscheltier ist<br />
eine wunderbare<br />
Einschlafhilfe.<br />
Ratgeber für Angehörige und<br />
professionell Betreuende<br />
n Caroline Osborn, Pam Schweitzer, Angelika Trilling<br />
Erinnern<br />
Eine Anleitung zur Biografiearbeit<br />
Lambertus 2013, 21 EUR<br />
schaffen und alles „richtig hinzukriegen“.<br />
Menschen mit Demenz wollen<br />
deshalb oft möglichst alles selbst<br />
machen, empfinden Hilfe schnell als<br />
Bevormundung und Übergriff, was sie<br />
dann wütend macht. Dabei nutzen sie<br />
doch nur alle vorhandenen Fähigkeiten,<br />
um sich und ihr Leben zu ordnen. I<br />
Quelle: Siegfried Huhn, Krankenpfleger und<br />
Gesundheitspädagoge, Berlin<br />
Redaktion: GRIESHABER Redaktion + Medien, Bonn<br />
n „Es selbst in die Hand nehmen!“<br />
Praxishandbuch für den Aufbau einer Wohngemeinschaft<br />
für Menschen mit Demenz<br />
Leben wie ich bin e.V., 2012, Stephensonstraße 24, 14482 Potsdam<br />
Schutzgebühr 12 EUR<br />
n Ursula Schmid<br />
Seelen – Spiegel – Bilder<br />
Die fremde Welt der Demenz<br />
Schlütersche 2011, 14,95 EUR<br />
n Simone Schmidt, Martina Döbele<br />
Demenzbegleiter<br />
Leitfaden für Betreuungskräfte<br />
Springer 2010, 19,95 EUR<br />
Foto: © Thomas K._photocase.com
Bu<br />
gepfLegt<br />
Menschen bewegen sich nur absichtlich.<br />
Wenn wir ein bestimmtes Ziel verfolgen,<br />
gerne etwas erreichen wollen<br />
– wie zum Beispiel eine Freundin<br />
besuchen, mit dem Hund gehen,<br />
Kräuter pflanzen, über den Markt laufen<br />
– dann kommen wir in Gang. Auch<br />
im Alter noch. Die Motivation, sich zu<br />
bewegen, spielt eine große Rolle. Das<br />
kennt man auch aus anderen Zusammenhängen:<br />
Sorgen zum Beispiel kran-<br />
IMpReSSUM<br />
HeRAUSgeBeR<br />
ViSdp: <strong>Ökumenische</strong> Sozialstation St. Martin<br />
Gengenbach-Hohberg e.V.<br />
Telefon 07803 980540<br />
Kirchliche Sozialstation<br />
Bernhard von Baden e.V., Achern,<br />
Telefon 07841 62020<br />
Kirchliche Sozialstation Kehl-Hanauerland e.V.,<br />
Kehl,<br />
Telefon 07851 9496-0<br />
Sozialstation (Diakoniestation) Ried e.V.,<br />
Meißenheim,<br />
Telefon 07824 64970<br />
Sozialstation Schiltach/Schenkenzell,<br />
Schiltach,<br />
Telefon 07836 939340<br />
Auflage 3.650 Exemplare<br />
Konzept, Redaktion,<br />
produktionsmanagement:<br />
GRIESHABER Redaktion + Medien, Bonn<br />
Grafik: ImageDesign, Köln<br />
Fotos (3): © Kirchliche Sozialstation Bernhard von Badene.V., Achern<br />
kengymnastische Übungen dafür, dass<br />
unsere Rückenschmerzen nachlassen,<br />
führen wir sie konsequent durch. Fehlt<br />
der Schmerz, fehlt schnell auch die Lust,<br />
sich zu bewegen und den Rücken zu<br />
trainieren.<br />
So wie der Mensch geht,N<br />
geht’s ihm N<br />
Bewegung bedeutet auch Selbstbestimmung<br />
und Selbstwert. Man könnte<br />
auch sagen: So wie der Mensch geht,<br />
geht’s ihm. Deshalb ist es enorm wichtig,<br />
auch alten Menschen, die gesundheitlich<br />
und in ihrer Beweglichkeit<br />
angeschlagen sind, dazu zu verhelfen,<br />
dass sie sich GERNE bewegen. Die Erfahrung<br />
zeigt: Wenn Freude, wenn etwas<br />
Lohnendes winkt, werden selbst solche<br />
<strong>Bewegungen</strong> gemacht, die mühsam<br />
sind. Bewegungsübungen dagegen, für<br />
die es keinen Anreiz gibt, kein erkennbar<br />
sinnvolles Ziel, verlaufen meist im<br />
Sande, weil Motivation und Spaß fehlen.<br />
Wenn aber der Bewegungsradius<br />
im Ruhestand (!) immer kleiner wird,<br />
dann landen auch Lebendigkeit und<br />
Lebensfreude über kurz oder lang auf<br />
dem Abstellgleis.<br />
Gut gemeint ist nicht N<br />
immer gut N<br />
Wie kann man sich als alter Mensch<br />
selbst motivieren? Was muss man als<br />
Dem Kopf im Alter Beine machen<br />
Beweg-gründe schaffen<br />
Wer rastet, der rostet, sagt man und das gilt nicht nur für Muskeln und<br />
Gelenke, sondern auch für Geist und Seele. Die Devise für das Leben im Alter<br />
lautet deshalb: Dem Kopf Beine machen und möglichst viele gute Gründe<br />
schaffen, sich zu bewegen.<br />
Angehöriger zum Thema Bewegung<br />
wissen und beachten? Ganz oben auf<br />
der Liste der Empfehlungen steht:<br />
Hände weg von dem oft gut gemeinten<br />
Angebot, älteren Menschen so viel<br />
wie möglich an Aufgaben abnzuehmen!<br />
Das schadet oft mehr als es nutzt,<br />
so stellen Pflegeexperten immer wieder<br />
fest. Besser: Vorlieben nutzen, Interessen<br />
anregen und Fähigkeiten unterstützen<br />
– zum Beispiel<br />
• fordern und fördern: Arbeiten auf dem<br />
Balkon und im Garten, Schaufensterbummel,<br />
Tisch decken, Geschirr einräumen,<br />
Besteck sortieren, Kleidung an-<br />
und ausziehen, Wäsche legen, Schrank<br />
aufräumen, Staub fegen, Laub kehren,<br />
Klavier spielen ... und und und. Alles<br />
was geht, auch in abgespeckter Form<br />
oder mit Unterstützung, ist gut!<br />
• Drei-Schritte-programm: Patienten<br />
beim Transfer vom Bett auf den Rollstuhl<br />
und umgekehrt dazu auffordern,<br />
mindestens drei Schritte zu gehen. Das<br />
schult die Standfähigkeit und der Kreislauf<br />
wird angeregt. Wenn’s gut läuft,<br />
können aus drei Schritten mehr werden.<br />
• <strong>Mit</strong> Musik geht alles <strong>leichter</strong>: Ob flottes<br />
Wanderlied, Marschmusik oder italienische<br />
Oper – Bewegung und Musik<br />
kombinieren.<br />
• fachlicher Rat und praktische Hilfe:<br />
Ihre Kirchliche Sozialstation (Adresse<br />
Frühjahr 2013<br />
Drinnen oder<br />
draußen, mit dem<br />
Rollator gehen<br />
oder im Rollstuhl<br />
tanzen: Hauptsache<br />
in Bewegung<br />
kommen!<br />
siehe Vorderseite dieser Ausgabe von<br />
GEPFLEGT ZU HAUSE) unterstützt alte<br />
Menschen und Angehörige durch Schulungen,<br />
berät und informiert über interessante<br />
Angebote und Möglichkeiten,<br />
bietet Gesprächs- und Betreuungsgruppen<br />
rund um das Thema Bewegung.<br />
• Hilfsmittel wie Rollatoren (mit dem<br />
Vorteil einer Ablagefläche zum Transport<br />
von Gegenständen und einer Sitzfläche),<br />
dreirädriges Fahrrad für den<br />
Außenbereich, Bettfahrrad, Sitzfahrrad,<br />
Gehhilfen) wirken dem Mobilitätsverlust<br />
entgegen und können ebenfalls<br />
durch die Kirchliche Sozialstation empfohlen<br />
und vermittelt werden. I<br />
Quelle: Angelika Abt-Zegelin (Huber-Verlag 2005):<br />
Festgenagelt sein – Dissertation zur Bettlägerigkeit<br />
Klavierspielen bewegt – auch die<br />
Musikantin selbst!