PDF-Datei - CCall
PDF-Datei - CCall
PDF-Datei - CCall
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
in Kooperation mit:
2 E I N F Ü H R U N G G R U N D L A G E N S T I M M S T Ö R U N G E N P R Ä V E N T I O N
1<br />
Einführung 4<br />
Einleitung 5<br />
Sprechberufe 6<br />
Auftreten von Stimmstörungen und -beschwerden 7<br />
in den verschiedenen Sprechberufen<br />
Folgen der Stimmbelastung 9<br />
Grundlagen<br />
2<br />
10<br />
Stimmgebung 11<br />
3<br />
Stimmklang 13<br />
Atmung 13<br />
Stimmstörungen 14<br />
Hyperfunktionelle Dysphonie 15<br />
Hypofunktionelle Dysphonie 15<br />
Psychogene Dysphonie 15<br />
Berufsdysphonie 15<br />
Organisch bedingte Stimmstörungen 16<br />
Multikausalität bei der Entstehung 17<br />
von Stimmstörungen<br />
Prävention 18<br />
4<br />
Lärm 20<br />
Ergonomie 20<br />
Raumklima 20<br />
Arbeitsdruck und Stress 21<br />
Präventionsmaßnahmen 21<br />
Weitere Tipps für Sprechberufler 24<br />
Stimmtraining | Stimmbildung 26<br />
Bausteine | Module eines Stimmtrainings 26<br />
Körperwahrnehmung | Körperspannung | Bewegung 27<br />
Atmung 27<br />
Intention | Authentizität | Hörerzuwendung 28<br />
Stimme 28<br />
Artikulation 30<br />
Präventionsmaßnahmen 30<br />
Multiplikatorenschulung 30<br />
Checkliste für Beobachter 30<br />
Stimmcheck bei Einstellung 31<br />
Präventive Maßnahmen in Betrieben 31<br />
Beispielfragebogen 33<br />
Qualifizierung 34<br />
Evaluation 34<br />
7<br />
Therapie und Rehabilitation<br />
von Stimmstörungen 35<br />
5<br />
Selbstcheck 36<br />
Diagnostik 38<br />
Laryngoskopie 38<br />
Stroboskopie 38<br />
Glottographie 39<br />
Auditive Stimmbeurteilung 39<br />
Akustische Analyse 39<br />
Therapie 40<br />
Therapieinhalte 40<br />
Stimmheilkur 41<br />
Erfolge von Stimmtherapien 41<br />
6<br />
Ausblick 42<br />
Literatur 44<br />
Weitere Links zum Thema Stimme 45<br />
8<br />
Anhang 46<br />
Wie finde ich einen Therapeuten in meiner Nähe? 46<br />
Wer bietet Stimmkurse an? 46<br />
I N H A L T<br />
T H E R A P I E U N D R E H A B I L I T A T I O N V O N S T I M M S T Ö R U N G E N A U S B L I C K L I T E R A T U R A N H A N G 3
1<br />
E I N F Ü H R U N G<br />
Frau K. arbeitet seit einem Jahr als Call Center Agentin bei<br />
einem Telefondienstleister. Zu ihren Aufgaben am Telefon<br />
gehört die Kundenbetreuung für einen Energieanbieter.<br />
Frau K. ist gelernte Verkäuferin und hat nach einer<br />
längeren Familienpause eine Umschulung zur Call Center<br />
Agentin gemacht. Sie arbeitet gerne bei ihrem jetzigen<br />
Arbeitgeber und auch wenn das Anrufvolumen hoch ist<br />
und die Kundenanfragen oft komplex sind, hat sie viel<br />
Freude an ihrem neuen Beruf.<br />
Seit einiger Zeit bemerkt sie allerdings, dass sie zunehmend<br />
„geschafft“ ist nach einer sechs oder acht Stunden<br />
Telefonschicht. Abends fühlt sie sich „ausgebrannt“, ihr<br />
Hals ist ständig trocken und kratzt zuweilen als sei sie<br />
erkältet. Ihre Stimme braucht immer länger, um sich<br />
abends zu erholen. Zunehmend spürt sie Schmerzen<br />
im Halsbereich und sie merkt, dass ihre Stimme nicht<br />
mehr so klingt wie früher. Bei Arbeitsbeginn dauert es<br />
immer länger, bis ihre Stimme „anspringt“, das heißt ihre<br />
Stimme klingt rau und belegt und auch häufiges Räuspern<br />
hilft nicht. Frau K. nimmt jetzt immer Halsbonbons mit zur<br />
Arbeit, von denen sie bis zu 10 Stück am Tage lutscht.<br />
Ihre Beschwerden schiebt sie auf die Erkältung, die sie vor<br />
einigen Wochen hatte. Frau K. hat trotz Erkältung weiter<br />
gearbeitet und gegen die andauernde Heiserkeit mit vermehrter<br />
Anstrengung weitergesprochen.<br />
An einem Montag bleibt ihr mitten im Gespräch einfach<br />
die Stimme weg, ihr bleibt nichts anderes übrig als das<br />
Gespräch abzubrechen, was ihr sehr unangenehm ist. Sie<br />
entschuldigt sich bei der Kundin und den Kollegen damit,<br />
dass sie wohl immer noch erkältet sei. Aber auch in den<br />
folgenden Tagen fällt es ihr zunehmend schwerer, längere<br />
Gespräche zu Ende zu führen. Am Freitag schließlich geht<br />
gar nichts mehr. Schon bei nach den ersten Gesprächen<br />
versagt ihr die Stimme. Sie informiert kieksend und<br />
krächzend ihre Teamleiterin und wird von dieser sofort<br />
zum Arzt geschickt. Ihr Hausarzt weiß, dass Frau K. in<br />
ihrem Beruf viel sprechen muss und überweist sie direkt<br />
zu einem Phoniater. Dieser diagnostiziert eine funktionelle<br />
Stimmstörung und verschreibt Stimmtherapie. In der<br />
Therapie lernt Frau K., wie sie ihre Stimme ökonomisch<br />
einsetzt, so dass sie den Belastungen ihres Berufes auch<br />
gewachsen ist. Die Therapie kann nach 5 Monaten erfolgreich<br />
abgeschlossen werden.<br />
4 E I N F Ü H R U N G G R U N D L A G E N S T I M M S T Ö R U N G E N P R Ä V E N T I O N
Fälle – wie oben dargestellt – treten in verschiedenen Berufen auf. Frau K. hatte<br />
Glück, da die Diagnose und die Einleitung rehabilitativer Maßnahmen unmittelbar erfolgten.<br />
In vielen Fällen vergehen zwischen dem Auftreten von Stimmbeschwerden<br />
bzw. Stimmerkrankungen und der Rehabilitation Jahre, in denen die Betroffenen einen<br />
zunehmenden Leidensdruck entwickeln.<br />
Diese Schrift soll dazu beitragen über die besonderen stimmlichen Anforderungen und<br />
präventive Maßnahmen in Sprechberufen zu informieren. Sie erläutert zunächst den Begriff<br />
Sprechberuf und welche Anforderungen damit verbunden sind. Im nächsten Kapitel<br />
wird beschrieben, wie die Stimme funktioniert und welche Belastungsfaktoren das Funktionieren<br />
der Stimme unter Umständen erschweren können. Im Folgenden werden zunächst<br />
Maßnahmen zur Prävention dargestellt und speziell anhand des Sprechberufs Call Center<br />
Agent beispielhaft beschrieben. Im vierten Kapitel wird beschrieben, was zu tun ist, wenn<br />
bereits massive Stimmbeschwerden bzw. -erkrankungen vorliegen und wie eine Therapie<br />
aussehen kann. Im Anhang schließlich werden wichtige Adressen und weiterführende<br />
Literatur zusammengetragen, die Interessierten und Betroffenen weiterhelfen kann.<br />
Einleitung<br />
T H E R A P I E U N D R E H A B I L I T A T I O N V O N S T I M M S T Ö R U N G E N A U S B L I C K L I T E R A T U R A N H A N G 5
Sprechberufe<br />
Qualität Belastung<br />
Hoch<br />
Hoch<br />
Mittel<br />
Mittel<br />
Hoch<br />
Mittel<br />
Hoch<br />
Mittel<br />
Ungefähr ein Drittel der arbeitenden Bevölkerung in Industrienationen ist in Sprechberufen<br />
tätig, also in Berufen, in denen die Stimme das erste und wichtigste Arbeitsinstrument ist.<br />
In einer im Jahr 2000 erschienenen Publikation wird die „hohe Bedeutung kommunika -<br />
tiver Fähigkeiten und Anforderungen” für über 60 % aller Berufe mit steigender Tendenz<br />
hervorgehoben.<br />
Laut neueren Erhebungen des statistischen Bundesamtes arbeiten derzeit ca. 70% aller<br />
Beschäftigten im Dienstleistungsbereich. Die Prävalenz für Stimmfunktionsstörungen bis<br />
hin zum Stimmversagen in den Industrienationen liegt bei 9,8 %. Die Stimme ist von<br />
großer beruflicher, sozialer und damit existentieller Bedeutung, die eher noch zunimmt,<br />
wenn man bedenkt, dass in der heutigen Gesellschaft immer weniger produziert und<br />
immer mehr kommuniziert wird. Die Regeneration der Stimme sinkt während die<br />
Belastung steigt.<br />
Der Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Stimmbeschwerden und Stimm störungen<br />
und der beruflichen Belastung konnte bereits mehrfach wissenschaftlich belegt werden.<br />
Es wurde erkannt, dass Menschen aus Sprechberufen in phoniatrischen Kliniken und<br />
stimmtherapeutischen Praxen überrepräsentiert sind. Mit anderen Worten: Menschen aus<br />
Sprechberufen haben häufiger Stimmprobleme als Zugehörige anderer Berufsgruppen.<br />
Weitere Untersuchungen zeigen, dass bei Patienten aus stimmintensiven Berufen häufiger<br />
eine Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Stimmerkrankungen bescheinigt werden muss und<br />
der Therapieaufwand größer ist als in anderen Berufsgruppen. Weiterhin wird festgehalten,<br />
dass bei diesen Patienten bereits vor Auftreten einer manifestierten Stimmstörung häufig<br />
über längere Zeit „diffuse Beschwerden“ in Form von Stimmproblemen auftraten.<br />
Umso überraschender ist, dass dem Thema Stimme und Stimmhygiene in diesen<br />
Berufen, in denen die Stimme das wichtigste Medium ist, so wenig Bedeutung<br />
beigemessen wird. Man ist gewohnt, dass die Stimme als „Organ“ funktioniert, dass<br />
der Vorgang der Atmung genauso reibungslos funktioniert und merkt erst, wenn<br />
die Störung vorliegt, dass die Stimme ein Körperwerkzeug ist: Ein Instrument, das<br />
gepflegt werden will. Um die Stimme dauerhaft gesund zu halten, sollten sinnvolle und<br />
nachhaltige Maßnahmen gesichtet, entwickelt und in die Praxis umgesetzt werden.<br />
Zu den Stimm- oder Sprechberufen gehören neben den Berufsgruppen Schauspieler,<br />
Sänger, Fernseh- und Radiosprecher auch die meisten sozialen Berufe (Erzieherinnen,<br />
Pfarrer, Berater), die medizinischen Heilberufe (Ärzte, Stimmtherapeuten und Andere),<br />
die lehrenden Berufe (Lehrer, Dozenten, Ausbilder), die verkaufenden Berufe (Verkäufer,<br />
Außendienstmitarbeiter, Manager) und natürlich die Telefonisten und hier speziell die Call<br />
Center Agents.<br />
Beruf<br />
Schauspieler, Sänger (0,3%)<br />
Radio - und TV Journalisten (0,2%)<br />
Lehrer und Erzieher (16%), Telefonisten (0,9%),<br />
Telemarketing, Militär (1,4%), Priester (0,3%)<br />
Bankangestellte, Verrsicherungs - und Vertriebs -<br />
personal (50%), Ärzte, Anwälte, Pflegepersonal<br />
6 E I N F Ü H R U N G G R U N D L A G E N S T I M M S T Ö R U N G E N P R Ä V E N T I O N<br />
Das Ausmaß an Stimmqualität und<br />
-belastung in unterschiedlichen<br />
Berufen<br />
(Der prozentuale Anteil an der<br />
Gesamtzahl der in Stimmberufen<br />
Tätigen ist in Klammern angegeben,<br />
modifiziert nach Vilkmann, 2000)
Die Anforderungen an die Stimme sind nicht in allen Sprechberufen gleich. Dort, wo<br />
die Stimme viel und künstlerisch eingesetzt wird, wie beispielsweise bei Sängern, sind<br />
sowohl die Anforderungen an die Qualität sehr hoch, wie auch die Belastung für die<br />
Stimme durch den häufigen Einsatz und die Nutzungsdauer hoch ist. Bei Lehrenden,<br />
Erziehenden und Call Center Agents ist die Belastung der Stimme durch den dauerhaften<br />
Gebrauch sehr hoch, die Anforderungen an die Qualität liegt aber im mittleren Bereich<br />
(s. Tabelle). Dennoch ist auch in diesen Berufen, in denen es um die Vermittlung von<br />
Wissen und Informationen geht, eine klangvolle und möglichst wohlklingende Stimme<br />
wichtig. Das setzt aber voraus, dass die Stimme gesund und beschwerdefrei ist.<br />
Die Union Europäischer Phoniater (UEP) hat bereits 1979 eine Liste stimmintensiver<br />
Berufe veröffentlicht. Hier wurde unterteilt in Berufe mit gesteigerten Anforderungen an<br />
die Stimmqualität (Rechtsanwälte, Richter, Ärzte, militärische Ausbilder wie Offiziere,<br />
Berufe in Lärmbetrieben), Berufe mit erheblichen Anforderungen an die Stimmqualität<br />
(Lehrer und andere pädagogische Berufe, Berufsredner wie Dolmetscher, Telefonisten<br />
u.a., Politiker, Erzieher) und Berufe mit besonderen Anforderungen an die Stimmqualität<br />
(Solosänger, Chorsänger, Schauspieler, Rundfunk- und Fernsehsprecher). Des weiteren<br />
gelten Berufe mit Publikumsverkehr als stimmbelastend (Geistliche, Verkäufer, Vertreter,<br />
Reiseleiter, Geschäftsleute etc.). Diese Liste lässt sich sicherlich noch ergänzen.<br />
Auftreten von Stimmstörungen und -beschwerden<br />
in den verschiedenen Sprechberufen<br />
Ein massives Auftreten von Stimmbeschwerden ist in Deutschland bereits seit den<br />
dreißiger Jahren bei Lehrern und Lehramtsanwärtern beobachtet und erforscht worden.<br />
Im deutschen Raum schwanken die Zahlen je nach Studie und Fragestellung zwischen<br />
46% und 76% stimmauffälliger und / oder stimmbelasteter Lehrer und Lehramtsanwärter.<br />
Lehrer erleiden einer amerikanischen Studie zu Folge fast fünfmal häufiger eine Stimmstörung<br />
als andere Berufgruppen. Gerade bei Lehrenden mit Stimmstörungen sind die<br />
Folgekosten für die öffentliche Hand nicht zu unterschätzen.<br />
Exkurs<br />
Schätzungen aus Amerika errechnen<br />
für die Behandlung von<br />
stimmgestörten Lehrern und Ersatzpersonal<br />
Kosten in Höhe von<br />
2 Milliarden Dollar jährlich. Hierbei<br />
handelt es sich um konservative<br />
Schätzungen, wobei davon<br />
ausgegangen wurde, dass 15%<br />
der Lehrer mit Stimmproblemen<br />
sich in Behandlung begeben und<br />
aufgrund der Erkrankungen nur<br />
drei Tage im Jahr fehlen.<br />
T H E R A P I E U N D R E H A B I L I T A T I O N V O N S T I M M S T Ö R U N G E N A U S B L I C K L I T E R A T U R A N H A N G 7
Viele Lehrer, die seit Jahren massiv unter Stimmproblemen leiden, sind dauerhaft nicht<br />
mehr in der Lage, ihren Beruf auszuüben und lassen sich vorzeitig pensionieren.<br />
Auch aus anderen Sprechberufen ist bekannt, dass häufiger Stimmstörungen auftreten.<br />
So gibt es beispielsweise Studien über Priester, Aerobictrainerinnen und Erzieherinnen.<br />
Auch Dolmetscher, Versicherungsfachkräfte, Rechtsanwälte und andere Berufsgruppen<br />
mit hohem Sprechanteil und/oder Publikumsverkehr klagen über Stimmbeschwerden.<br />
In letzter Zeit wurden auch Studien bei Call Center Agents durchgeführt. Demzufolge<br />
haben Call Center Agents ein fast dreimal so hohes Risiko, sich wegen Stimmstörungen<br />
behandeln zu lassen, als andere Berufsgruppen. Call Center Agents haben laut einer<br />
anderen Studie doppelt so häufig Stimmprobleme wie eine Kontrollgruppe von<br />
Studenten. Die Telefonie stellt somit ein Merkmal dar, das signifikant mit dem Auftreten<br />
von Stimmbeschwerden verbunden ist. Betroffene Agents gaben an, dass sie trotz<br />
ihrer Stimmprobleme gearbeitet hätten, wobei ihre Arbeitsproduktivität aufgrund der<br />
Stimmprobleme beeinträchtigt wurde.<br />
Durch <strong>CCall</strong> wurden 2001 erste Ergebnisse in Deutschland veröffentlicht, in denen<br />
Stimmbelastungsfaktoren in Call Centern beschrieben wurden und das Auftreten von<br />
Stimmstörungen bei Call Center Agents dokumentiert wurde. Es zeigte sich, dass ab<br />
1998 zunehmend Call Center Agents mit Stimmstörungen in den stimmtherapeutischen<br />
Praxen Hilfe suchen. Außerdem konnten bei einer Untersuchung in verschiedenen Call<br />
Centern deutliche Hinweise auf Stimmbelastung bei Call Center Agents ausgemacht<br />
werden. Unter Symptomen einer Stimmbelastung leiden über 60 % der im Rahmen<br />
eines Interviews befragten Call Center Agents. Am verbreitetsten sind dabei das<br />
Trockenheitsempfinden im Hals, vermehrtes Räuspern sowie Verspannungen.<br />
8 E I N F Ü H R U N G G R U N D L A G E N S T I M M S T Ö R U N G E N P R Ä V E N T I O N
Qualitätsverlust in der Arbeit und sinkende Produktivität sind zunächst die schleichenden<br />
Folgen der Stimmbelastung am Arbeitsplatz. Kann die Stimme nicht mehr so eingesetzt<br />
werden wie gewohnt, entwickeln die Betroffenen verschiedene Strategien<br />
zur Kompensation. Wo es möglich ist, ziehen sie sich zurück in die Schweigsamkeit,<br />
wechseln die Arbeitsgewohnheiten und vermeiden lange Sprechphasen. Ist eine<br />
Reduzierung der Sprechhäufigkeit nicht möglich, so wird häufig mit inadäquaten Mitteln<br />
versucht zu kompensieren. Die Betroffenen müssen sich häufiger wiederholen, erhöhen<br />
die Anstrengung und damit den Druck beim Sprechen und erreichen letztendlich das<br />
Gegenteil von dem, was beabsichtigt war. Die übergroße Anstrengung führt zu Ermüdung<br />
und/oder zu totalem Stimmversagen.<br />
Es stellen sich existentielle Ängste ein, die auch zu Depressionen führen können. Die<br />
Betroffenen berichten von sinkendem beruflichen Selbstbewusstsein und von negativen<br />
Auswirkungen auf die soziale Interaktion bis hin zu sozialer Isolation.<br />
Häufig leben die Betroffenen über einen längeren Zeitraum mit diesen Problemen<br />
bis der Leidensdruck so sehr steigt, dass sie ärztliche Hilfe suchen. Es kommt zu<br />
Krankschreibungen, die zwei Wochen dauern, sich aber auch über vier Wochen und<br />
länger hinziehen können. Bei diagnostizierter Stimmstörung kommt es oft auch zu einer<br />
stimmtherapeutischen Behandlung. Diese Behandlung erstreckt sich über einen Zeitraum<br />
von 3 Monaten bis zu einem Jahr und verlangt einen hohen zeitlichen (anfangs tägliche<br />
Therapie- und Übungsstunden) und einen nicht unbedeutenden finanziellen Aufwand,<br />
da die Therapie nicht zu hundert Prozent von den Krankenkassen übernommen wird. In<br />
vielen Fällen ist eine einmalige Therapie ausreichend, um die Stimmstörung zu beheben.<br />
In anderen Fällen tauchen die Stimmbeschwerden immer wieder auf, so dass im<br />
schlimmsten Fall eine Berufsunfähigkeit droht.<br />
Folgen der Stimmbelastung<br />
T H E R A P I E U N D R E H A B I L I T A T I O N V O N S T I M M S T Ö R U N G E N A U S B L I C K L I T E R A T U R A N H A N G 9
2<br />
G R U N D L A G E N<br />
1 0 E I N F Ü H R U N G G R U N D L A G E N S T I M M S T Ö R U N G E N P R Ä V E N T I O N<br />
Der Sprechvorgang besteht aus drei<br />
Teilen: Der Respiration (Atmung), der<br />
Phonation (Stimmgebung) und der<br />
Artikulation (Aussprache). Bei diesen<br />
drei Vorgängen ist der ganze Körper<br />
beteiligt und eine Vielzahl von Muskeln<br />
wirken zusammen, wobei die<br />
Koordination zentral, also vom Gehirn<br />
gesteuert wird.
Die Stimmgebung erfolgt im Kehlkopf, der sich am oberen Ende der Luftröhre befindet. Im<br />
Kehlkopf befinden sich die Stimmlippen, zwei Gewebelappen, die mit einer Schleimhaut<br />
umgeben sind und in denen feine Muskelstränge verlaufen.<br />
Um einen stimmlichen Laut zu erzeugen, ist Einatmung nötig (Respiration). Die Luft wird<br />
aus der Lunge durch die Luftröhre zum Kehlkopf gedrückt, in dem sich die Stimmlippen<br />
befinden. Diese werden willentlich eingestellt und durch den Ausatemdruck zum<br />
Schwingen gebracht (Phonation). Der Ton, der hier entsteht, erhält seinen Klang durch die<br />
Resonanzräume, die oberhalb des Kehlkopfes liegen (Rachen,- Mund- und Nasenraum)<br />
und durch die Artikulation.<br />
Die wesentlichsten Bestandteile der Stimmlippen sind die Stimmlippenmuskeln und<br />
die darüber liegenden Schleimhäute. Die Stimmlippen werden von den Kehlkopfnerven<br />
innerviert und von der Kehlkopfmuskulatur bewegt. Die neurale Aktivierung und die<br />
Muskelspannung sind für die Lage und Stellung der Kehlkopfknorpel (Stellknorpel)<br />
verantwortlich und kontrollieren sie. Ebenso wirken sie auf die Spannung und Elastizität<br />
der Stimmlippen. Oberhalb der Stimmlippen befinden sich die Taschenfalten, auch<br />
falsche Stimmlippen genannt. Sie ähneln den Stimmlippen und können bei Ausfall der<br />
Stimmlippen oder bei Funktionsstörungen deren Funktion übernehmen.<br />
Schildknorpel<br />
Ringknorpel<br />
Blick in den Kehlkopf<br />
Stimmritze<br />
Stimmband<br />
Stimmbandmuskel<br />
der Stimmlippe<br />
Stimmfortsatz des<br />
Stellknorpels<br />
(Processus vocalis)<br />
Stellknorpel<br />
Der Kehlkopf<br />
Stimmgebung<br />
Exkurs Anatomie<br />
Der Kehlkopf besteht aus fünf<br />
beweglichen Knorpeln. Der vordere<br />
Teil des Kehlkopfes ist der<br />
sogenannte Adamsapfel (Schildknorpel).<br />
Der Schildknorpel besteht<br />
aus zwei Platten und<br />
schützt das Innere des Kehlkopfes<br />
vor Einwirkungen von außen. Die<br />
Stimmlippen sind am Schildknorpel<br />
befestigt und zwar beide<br />
an einem Punkt. Ihr hinterer Teil<br />
ist an den sogenannten Stellknorpeln<br />
befestigt. Diese Knorpel<br />
sind äußerst beweglich und<br />
stellen die Stimmlippen für Atmung<br />
und Stimmgebung ein. Der<br />
Raum zwischen den Stimmlippen<br />
heißt Stimmritze oder Glottis. Die<br />
Stellknorpel sind nach hinten am<br />
unteren Teil des Kehlkopfes befestigt,<br />
am Ringknorpel. In den<br />
Ringknorpel hinein mündet die<br />
Luftröhre. Der Kehlkopf wird nach<br />
oben hin durch den Kehldeckel<br />
geschützt. Er verhindert, dass<br />
Fremdkörper durch die Luftröhre<br />
in die Lunge gelangen.<br />
T H E R A P I E U N D R E H A B I L I T A T I O N V O N S T I M M S T Ö R U N G E N A U S B L I C K L I T E R A T U R A N H A N G 1 1
Exkurs Primärfunktion<br />
Die Tonhöhe wird einerseits durch die Länge der Stimmlippen und andererseits durch<br />
deren Spannung geregelt. Vereinfacht gesagt: bei tieferen Tönen sind die Stimmlippen<br />
entspannter, kürzer und dicker, bei höheren Tönen sind sie gespannter, werden dünner und<br />
ziehen sich in die Länge, ähnlich wie beim Stimmen der Saiten eines Saiteninstrumentes.<br />
Je gespannter die Stimmlippen sind, desto schneller schließen sie sich wieder und die<br />
Schwingungshäufigkeit steigt. Das bedeutet, dass die ausströmende Luft in mehr Luftscheiben<br />
pro Sekunde zerteilt wird, was gleichbedeutend mit einer höheren Frequenz<br />
(=höherem Ton) ist.<br />
Alle am Sprechen beteiligten Organe tun dies in einer Sekundärfunktion, d. h. ursprünglich (entstehungsgeschichtlich)<br />
wurden sie für andere Funktionen gebraucht. Der Kehlkopf beispielsweise hat auch heute<br />
noch eine Mehrfachfunktion: er wird einerseits gebraucht, um beim Atmen die Luftröhre durch den<br />
Kehldeckel vor Fremdkörpern zu schützen, was überlebenswichtig ist, andererseits dient er in seiner<br />
Sekundärfunktion durch den Stimmlippenschluss der Stimmerzeugung. Eine weitere Kehlkopffunktion<br />
wird als Doppelventilfunktion bezeichnet. Wenn man sich den Kehlkopf im Frontalschnitt anschaut,<br />
so bemerkt man die Ähnlichkeit mit einem Trichter. Die Stimmlippen dienen als Einatmungsventil, die<br />
Taschenfalten als Ausatmungsventil. Sinn ist die Regulierung der Atmung und Atmungsmuskulatur zur<br />
Unterstützung bestimmter Körperfunktionen. (Bei Anstrengungen vom Körper weg, entsteht durch die<br />
Schließung der Taschenfalten ein Überdruck, der den Körper für anstrengende Tätigkeiten stabilisiert:<br />
Heben, Stoßen, beim Stuhlgang; bei Anstrengungen zum Körper hin, schließen die Stimmlippen, und<br />
durch den Unterdruck in der Lunge entsteht eine Stabilisierung des Schultergürtels, z.B. beim Klimmzug).<br />
Die Atmung unter Beteiligung der Lunge und des Zwerchfells dient in erster Linie der lebensnotwendigen<br />
Versorgung mit Sauerstoff (dem Gasaustausch im allgemeinen) und in ihrer Sekundärfunktion der Phonation<br />
(Stimmerzeugung).<br />
Diese Grundlagen sind wichtig, um zu verstehen, warum beispielsweise die Körperhaltung und Stress oder<br />
Anspannung Einfluss auf die Stimmgebung haben.<br />
1 2 E I N F Ü H R U N G G R U N D L A G E N S T I M M S T Ö R U N G E N P R Ä V E N T I O N<br />
Bei der Phonation sind aerodynamische Prozesse und der<br />
subglottale (unterhalb der Glottis=Stimmritze liegende)<br />
Luftdruck verantwortlich für die regelmäßige und schnelle<br />
Schwingung, d. h. das Öffnen und Schließen der Stimmlippen.<br />
Diese Schwingung erfolgt bezogen auf den Grundton<br />
A bei Männern 110 mal pro Sekunde und bei Frauen<br />
bezogen auf den Grundton a doppelt so häufig. Eine<br />
bewusste neurale (vom Gehirn ausgehende Nervenaktivierung)<br />
und Steuerung der Muskeln ist bei diesen<br />
Frequenzen nicht möglich. Das zugrunde liegende Erklärungsmodell<br />
der Phonation basiert auf der myoelastischaerodynamischen<br />
Theorie. Die Phonation funktioniert mit<br />
Druck und Unterdruck. Nach der Einatmung schließen<br />
sich die Stimmlippen, der Ausatemdruck aus der Lunge<br />
bewirkt eine Öffnung der Stimmlippen.<br />
An dieser Stelle entsteht ein Unterdruck,<br />
der dazu führt, dass die<br />
Stimmlippen sich gemäß ihrer Elastizität<br />
schließen. Danach erhöht sich<br />
der Druck, die Stimmlippen öffnen<br />
sich wieder und so weiter. Die ausströmende<br />
Luft wird durch die<br />
Stimmlippen „zerhackt“, das heißt es<br />
entsteht eine Schallwelle.
Für den Stimmklang sind maßgeblich die Resonanzräume oberhalb des Kehlkopfes<br />
verantwortlich. Im Kehlkopf selber wird nur ein Primärklang erzeugt, der durch die<br />
Nutzung der luftgefüllten Räume in Rachen, Mund und Nase einen persönlichen Klang<br />
erhält und durch die Formung der Artikulationswerkzeuge Zunge, Lippen, Gaumen zu<br />
Lauten und Wörtern wird.<br />
Das Sprechen ist ein sehr komplexer Vorgang, der sich in der reinen Beschreibung der<br />
physiologischen Abläufe nur sehr einseitig verdeutlichen lässt. Basis des Sprechens und<br />
damit der verbalen Kommunikation ist aber die Stimmfunktion. Die drei Funktionskreise<br />
Atmung, Stimmbildung und Sprechbewegung (Respiration, Phonation und Artikulation)<br />
verlaufen parallel, tausende von Muskelgruppen müssen in feinabgestimmten Prozessen<br />
synchron geplant und durchgeführt werden. Das Sprechen beinhaltet diesen komplexen<br />
Vorgang und ist daher stark störungsanfällig. Lautstärke, Stimmklang und Artikulation<br />
werden während des Sprechens kontinuierlich überprüft, neu „verrechnet“ und nachgesteuert<br />
mit Hilfe auditiver Rückkoppelungsschleifen. Dieses Nachbessern erfolgt<br />
üblicher Weise automatisch. Deshalb wird in lauter Umgebung sofort lauter gesprochen,<br />
auch wenn dies wie z. B. am Telefon, nicht erforderlich ist.<br />
Wie bereits aufgeführt kommt der Atmung ein wesentlicher Part bei der Stimmgebung zu.<br />
Die Atmung ist sozusagen der Motor für die Stimme. Es wäre aber ein Trugschluss zu<br />
glauben, dass eine stärkere Atmung zu einer größeren Stimmleistung beiträgt. Die<br />
Menge an Luft, die man zum Sprechen oder Singen braucht, ist eher gering. Es kommt bei<br />
der Stimmgebung auf die Koordination zwischen Stimmlippenspannung und Atemführung<br />
an.<br />
Es gibt unterschiedliche Atmungsarten, die bei unterschiedlichen Betätigungen gebraucht<br />
werden. Bei der Ruheatmung beispielsweise erfolgt die Einatmung durch die Senkung<br />
des Zwerchfells. Durch das Einströmen der Luft wird die Lunge ausgedehnt und der<br />
Brustkorb wird geweitet. Ein- und Ausatemphase sind etwa gleich lang.<br />
Bei der Sprech- und Singatmung verlängert sich die Ausatemphase,<br />
wobei auch hier die physiologisch richtige<br />
Atmung unter Einbeziehung von Brust und Bauch geschieht.<br />
Der Unterschied zur Ruheatmung besteht in der Aktitätsverschiebung<br />
der Atemphasen. Die Ausatmung geschieht<br />
nicht mehr passiv, die Einatmungsmuskeln halten<br />
ein Gegengewicht zur Ausatmung und sorgen so für eine<br />
Gegenspannung oder Atemstütze. Für die Einatmung werden<br />
unterschiedliche Techniken genutzt. Eine Technik, die u.a.<br />
von Schauspielern und Sänger verwandt wird und auf die<br />
Atemökonomie setzt, ist die Atemrhythmisch Angepasste<br />
Phonation (AAP) nach Coblenzer/Muhar. Hierbei wird die reflektorische<br />
Atemergänzungsfähigkeit des Zwerchfells genutzt,<br />
die sich bei allen Menschen z.B. beim Husten oder<br />
Lachen einstellt. Das Einatmen ist hierbei kein aktiver<br />
Vorgang. Durch das Rückfedern des Zwerchfell nach der<br />
Ausatmung (abspannen) in die Einatmungsposition, füllt es<br />
sich automatisch mit Luft, wenn man die Verschlussventile<br />
im Kehlkopf und an den Artikulationsstellen öffnet. Bei entsprechender<br />
Gliederung der Sprache und einer deutlichen<br />
Artikulation, kann immer genau soviel Luft ersetzt werden,<br />
wie zuvor verbraucht wurde, ohne dass es zu Luftnot oder<br />
längeren Atempausen kommt. Das Sprechen erfolgt immer<br />
in der Atemmittellage, d.h. ohne zuviel oder zuwenig<br />
Luftdruck.<br />
Stimmklang<br />
Atmung<br />
T H E R A P I E U N D R E H A B I L I T A T I O N V O N S T I M M S T Ö R U N G E N A U S B L I C K L I T E R A T U R A N H A N G 1 3<br />
Beispiel:<br />
Wenn man pfeifen möchte, kommt es ebenfalls auf eine Balance<br />
zwischen Lippenspannung und Luftdruck an. Versuchen Sie beim<br />
Pfeifen den Luftdruck zu erhöhen. Sie werden feststellen, dass<br />
irgendwann kein Ton mehr kommt. Bei zu geringem Luftdruck wird<br />
aber ebenfalls kein Ton entstehen.<br />
Beispiel:<br />
Man stelle sich vor, eine Luftmatratze aufzublasen. Dabei erzeugt man<br />
ein Geräusch „ffft”. Beim „t” strömt die Luft, die man zuvor verbraucht<br />
hat automatisch wieder ein, wenn die Zunge sich nach dem „t” vom<br />
Gaumen löst. Man kann das leicht überprüfen, indem man eine Hand<br />
auf den Bauch legt. Beim erfolgten Abspannen füllt sich das Zwerchfell<br />
deutlich spürbar mit Luft. Man kann also den Vorgang des imaginären<br />
Luftaufblasen unendlich fortsetzen, ohne in Luftnot zu geraten<br />
und ohne aktiv Einatmen zu müssen. Beim beruflichen Sprechen<br />
kann man dieses Prinzip anwenden, indem man seine Rede gliedert,<br />
Atempausen setzt, deutlich artikuliert und die Auslaute nutzt, um<br />
die Luft zu ergänzen.
3<br />
S T I M M S T Ö R U N G E N<br />
Eine Stimmstörung (Dysphonie) zeichnet sich vornehmlich<br />
dadurch aus, dass der Klang sich verändert. Vorstechendstes<br />
Symptom einer Stimmstörung ist die<br />
Heiserkeit, wobei man hier bei genauem Hinhören noch<br />
differenzieren kann: eine Stimme kann rau, belegt, verhaucht,<br />
gepresst etc. klingen. Heiserkeit entsteht, wenn<br />
die Schwingung der Stimmlippen nicht mehr periodisch<br />
verläuft. Die Ursache dafür ist eine ein- oder beidseitige<br />
Stimmlippenmuskelverspannung oder eine ein- oder<br />
beidseitige Stimmlippenmuskelermüdung. Die Stimme ist<br />
nicht mehr belastungsfähig, sie ermüdet rasch, ihre<br />
Qualität lässt nach. Die Regeneration der Stimme dauert<br />
länger. Es kommt zunehmend zu Anstrengungsgefühlen,<br />
Ermüdung und Schmerzen im Hals. Das kann einhergehen<br />
mit vermehrter Schleimbildung oder auch Trockenheitsgefühl,<br />
ein Räusper-, Husten- oder Schluckzwang kann<br />
sich einstellen, ebenso wie ein Brennen, Druck- oder<br />
Kloßgefühl im Hals.<br />
Bei Stimmstörungen unterscheidet man zwischen organischen<br />
und funktionellen Stimmstörungen. Diese Gruppen<br />
werden spezifiziert, wobei vorliegende Klassifikationen<br />
von Stimmstörungen nicht einheitlich sind, weder in der<br />
Terminologie noch in der Klassifizierung.<br />
Im Folgenden werden nur die Stimmstörungen beschrieben,<br />
die bei berufsbedingter Beanspruchung am häufigsten<br />
auftreten.<br />
1 4 E I N F Ü H R U N G G R U N D L A G E N S T I M M S T Ö R U N G E N P R Ä V E N T I O N
Sie wird auch als Belastungsdysphonie bezeichnet und entsteht durch Anspannung<br />
der Stimmlippenmuskeln bei falscher Sprechtechnik und Fehlfunktionen im Atem- und<br />
Haltungsapparat. Auch psychosomatische Gründe können beteiligt sein. Symptomatisch<br />
für eine hyperfunktionelle Dysphonie ist die Heiserkeit. Bei der Tonproduktion herrscht<br />
eine Dysbalance zwischen Atemdruck und Muskelspannung. Ein elastisches Zusammenspiel<br />
wird durch die überhöhte Muskelspannung verhindert. Meistens liegt<br />
neben einem erhöhten Gesamttonus (Überspannung des gesamten Körpers) eine<br />
Hochatmung vor. Zunehmend können sich auch weitere Beschwerden einstellen, wie<br />
Kopf- und Nackenschmerzen, Rückenbeschwerden. Die Verspannungen in diesem<br />
Bereich wiederum verschlimmern die Stimmsymptomatik.<br />
Es handelt sich hierbei sozusagen um das Gegenteil der oben beschriebenen Störung,<br />
wobei die eine Art sich aus der anderen entwickeln kann oder aber sich Mischformen<br />
bilden. Symptomatisch für diese Störung ist die verhauchte, leise, kraftlose Stimme.<br />
Es kommt durch eine Stimmlippenermüdung zu keinem guten Stimmlippenschluss und<br />
das Zusammenspiel zwischen Phonation und Stimmlippenspannung ist gestört durch<br />
einen hohen Luftverbrauch. In der Regel liegt eine hypotone Gesamtspannung vor<br />
(Unterspannung des Muskeltonus). Die Ermüdung entsteht im Normalfall durch zu starke<br />
Stimmbeanspruchung, allerdings können auch psychische Komponenten ohne zu starke<br />
Beanspruchung die Symptomatik erzeugen (psychogene Stimmstörung).<br />
Psychogene Stimmstörungen haben ihre Ursache in der psychischen Verarbeitung von<br />
Stress. Die Symptomatik kann sich in völliger Stimmlosigkeit (Aphonie) oder durch eine<br />
funktionelle Dysphonie darstellen. Generell muss man davon ausgehen, dass auch die<br />
anderen funktionellen Störungen psychische Komponenten aufweisen, ohne dass eine<br />
Kausalkette festgemacht werden kann. Um psychische Faktoren für Stimmstörungen<br />
identifizieren zu können, bedarf es einer umfangreichen Diagnostik.<br />
Viele Experten verwenden den Begriff Berufsdysphonie für eine funktionelle und/oder<br />
sekundär organische Stimmstörung, die auf die Berufstätigkeit zurückzuführen ist. Sie tritt<br />
demzufolge im Zusammenhang mit der Ausübung sprechintensiver Berufe (s.o.) auf und<br />
stellt ponogene (s.u.) Faktoren in den Vordergrund der Verursachung.<br />
Hyperfunktionelle Dysphonie<br />
Hypofunktionelle Dysphonie<br />
T H E R A P I E U N D R E H A B I L I T A T I O N V O N S T I M M S T Ö R U N G E N A U S B L I C K L I T E R A T U R A N H A N G 1 5<br />
Exkurs<br />
Manche Experten gehen davon aus, dass bei beruflicher Belastung<br />
eine Stimmstörung wegen einer Stimmschwäche auftritt, sie sehen<br />
also die hypofunktionelle (=unzureichende Funktion; Unterfunktion)<br />
Dysphonie als die primäre Störung. Zur Kompensation wird dann die<br />
Hyperfunktion (=Überfunktion) eingesetzt.<br />
Psychogene Dysphonie<br />
Berufsdysphonie
Organisch bedingte Stimmstörungen<br />
Es gibt eine Reihe von organischen und/oder neurologischen Schädigungen, die eine<br />
Stimmstörung hervorrufen können. Hier werden nur die organischen Veränderungen<br />
benannt, die durch zu hohe Stimmbelastung auftreten, also die sogenannten sekundären<br />
organischen Stimmstörungen. Hierzu gehören Schwellungen der Stimmlippenschleimhaut,<br />
Stimmlippenpolypen und -ödeme, bei denen sich ein buntes Bild in Lokalisation,<br />
Größe bzw. Ausdehnung und Form bietet. Zu den Ursachen gehören neben der Stimmüberlastung<br />
auch häufig chronisch-entzündliche Faktoren, die die Atemwege betreffen.<br />
Beim sogenannten Reinke-Ödem ist das Rauchen ein wesentlicher Faktor.<br />
Die bekanntesten auftretenden Veränderungen bei hoher Stimmbelastung sind die sogenannten<br />
Stimmlippenknötchen. Bei der Entstehung der Knötchen liegt eine hyperfunktionelle<br />
Störung zugrunde. Die Stimme ist für den Sprecher nur noch unbefriedigend<br />
zu nutzen, sie „folgt“ nicht mehr, eine gezielte Modulation und Lautstärkeregelung ist<br />
nicht mehr möglich. Die Höhe der Stimme schwankt, zum Teil versagt sie völlig.<br />
Stimmlippenknötchen treten bei Kindern zwischen 5 und 8 Jahren als sogenannte<br />
Schreiknötchen, besonders häufig bei Jungen auf. Ein zweiter Häufigkeitsgipfel von<br />
Stimmlippenknötchen findet sich um das 35. Lebensjahr und hier fast ausschließlich bei<br />
Frauen. Bei Männern treten häufiger Kontaktgranulome auf.<br />
1 6 E I N F Ü H R U N G G R U N D L A G E N S T I M M S T Ö R U N G E N P R Ä V E N T I O N
Multikausalität bei der Entstehung von Stimmstörungen<br />
Bei der Entstehung einer Stimmstörung wirken eine Vielzahl verursachender Faktoren<br />
zusammen. Neben eher internen Faktoren wie Konstitution, Persönlichkeit eines Sprechers,<br />
Disposition zu Erkrankungen der Atemwege, organische Veränderungen etc.,<br />
können externe Faktoren benannt werden (z.B. Sprechen gegen Hintergrundlärm im<br />
Arbeitsumfeld, ungünstiges Raumklima, sprechintensive Tätigkeit, Stress etc.).<br />
Eine Klassifikation von verursachenden Faktoren orientiert sich an den praktischen<br />
Notwendigkeiten. Hierbei wird unterschieden zwischen konstitutionellen, habituellen,<br />
ponogenen, psychogenen und symptomatischen Faktoren.<br />
Konstitutionelle Faktoren bezeichnen die anlagebedingte Leistungsfähigkeit der<br />
stimmgebenden Organe, v. a. Anomalien im Bereich des Kehlkopfes. Diese können zu<br />
funktionellen Dysphonien führen. Darüber hinaus ist auch die gesamtkörperliche, neurovegetative<br />
und psychische Konstitution gemeint.<br />
Habituelle Faktoren bezeichnen die gewohnheitsmäßig durch bewusstes oder unbewusstes<br />
Lernen erworbenen stimmschädigenden Angewohnheiten.<br />
Ponogene Faktoren (gr. ponos = Arbeit) bezeichnen die starke stimmliche Anstrengung,<br />
langes oder zu lautes Sprechen, vor allem im Berufsalltag, wobei eine besondere<br />
Bedeutung dem andauernden Abweichen von der Sprechstimmlage zukommt. Hier<br />
handelt es sich um eine Grundlage für eine Berufsstimmstörung, wenn ein Missverhältnis<br />
zwischen geforderter und realisierbarer Stimmleistung besteht.<br />
Psychogene Faktoren bezeichnen klinisch relevante und mitauslösende Faktoren für<br />
funktionelle Dysphonien, die eher im psychischen Bereich zu finden sind. Dazu gehört<br />
arbeitsbedingter Stress, Angst etc. Ohne ausreichende (auch psychologische) Diagnostik<br />
ist jedoch Vorsicht geboten.<br />
Symptomatische Faktoren bezeichnen Faktoren, die durch eine andere Grundkrankheit<br />
bedingt sind. Die Stimmstörung ist hier nur ein Symptom der Krankheit.<br />
Generell kann man sagen, dass sich eine ganzheitliche Betrachtungsweise der<br />
Verursachung von Stimmstörungen durchgesetzt hat. Es wird hierbei von einem<br />
bio-psycho-sozialen Krankheitsmodell ausgegangen, wobei organische, psychische<br />
und soziale Faktoren in unterschiedlichen Gewichtungen und Konstellationen an einer<br />
Stimmstörung beteiligt sind.<br />
T H E R A P I E U N D R E H A B I L I T A T I O N V O N S T I M M S T Ö R U N G E N A U S B L I C K L I T E R A T U R A N H A N G 1 7
4<br />
P R Ä V E N T I O N<br />
Arbeitsfaktoren<br />
Individuelle Faktoren<br />
Wenn in diesem Kapitel von Prävention die Rede ist, so<br />
sind damit in erster Linie Maßnahmen der primären Prävention<br />
von Stimmerkrankungen gemeint, also die Vermeidung<br />
des Erstauftretens einer Erkrankung.<br />
Auch wenn die Verursachung einer Stimmstörungen<br />
immer multifaktoriell ist, so gibt es viele Studien, die das<br />
Arbeitsumfeld bei Sprechberuflern in den Blickpunkt<br />
rücken. Gerade im skandinavischen Raum wird erforscht,<br />
wie sich beispielsweise das Raumklima oder die Raumakustik<br />
auf die Stimme auswirkt. Man kann bei Sprechberufen<br />
davon ausgehen, dass es Risikofaktoren gibt, die<br />
das Entstehen einer Stimmstörung wahrscheinlicher<br />
machen.<br />
Stimmbelastung durch die Kommunikationssituation<br />
(z.B. am Telefon)<br />
Hintergrundgeräusche<br />
Schlechte Raumakustik<br />
Hohe Sprechfrequenz<br />
Luftqualität, Trockenheit, Staub, Klimaanlagen<br />
Schlechte Haltung<br />
Stress<br />
Inadäquate Ausstattung (Headsets)<br />
Unangemessener Umgang mit ersten Symptomen<br />
Schlechte Stimmkonstitution<br />
Mangelnde Sprechtechnik<br />
Schlechte Stimmgewohnheiten<br />
Sprechintensiver Typ<br />
Stimmbelastende Hobbies<br />
Schlechte Lebensgewohnheiten<br />
Schlechte allgemeine Verfassung<br />
Atembeschwerden (z.B. Allergien, Asthma)<br />
Sodbrennen (nach Vilkman 2000)<br />
1 8 E I N F Ü H R U N G G R U N D L A G E N S T I M M S T Ö R U N G E N P R Ä V E N T I O N
Aus diesem Grund ist es notwendig, Kenntnisse und Methoden<br />
aus dem Arbeits- und Gesundheitsschutz auf<br />
Sprechberufler anzuwenden. Dazu gehört es, Belastungsfaktoren<br />
in den Berufen herauszuarbeiten und Präventionskonzepte<br />
zu erarbeiten.<br />
Für den Sprechberuf Call Center Agent wurde Entsprechendes<br />
bereits erarbeitet. Hier zeigte sich, dass häufig<br />
Faktoren, die im Arbeitsumfeld liegen, als verursachende<br />
Faktoren für die Stimmstörung genannt wurden.<br />
fehlende Pausen<br />
zwischen Anrufen 3%<br />
falsche Bestuhlung 3%<br />
Hörer 3%<br />
Raumklima 4%<br />
Großraumbüro 6%<br />
Psychischer Druck 6%<br />
Sprechfrequenz 20%<br />
Körperhaltung 7% Arbeitsdruck 12%<br />
falsche Atemtechnik<br />
4%<br />
falscher Stimmgebrauch<br />
9%<br />
Stimmspezifische Belastungen (20%)<br />
Geräuschkulisse 16%<br />
mangelndes<br />
Stimmbewußtsein<br />
3%<br />
organische<br />
Voraussetzungen<br />
3%<br />
Rauchen<br />
1%<br />
Stimmspezifische und<br />
allgemeine Belastungsfaktoren<br />
T H E R A P I E U N D R E H A B I L I T A T I O N V O N S T I M M S T Ö R U N G E N A U S B L I C K L I T E R A T U R A N H A N G 1 9
Lärm<br />
Ergonomie<br />
Raumklima<br />
Ein bekanntes Problem in Call Centern ist die Lärmbelastung. Störgeräusche am Ohr, die<br />
über 45-50 dB (A) liegen, führen dazu, dass Menschen, die zeitgleich sprechen müssen,<br />
lauter werden (Lombardeffekt). Ein unangestrengtes, entspanntes Sprechen, wie es<br />
notwendig ist, um einen Sprechvorgang über Stunden ohne Fehlbeanspruchung für die<br />
Stimme zu gewährleisten, ist dann nicht mehr möglich. Ein lauteres Sprechen (Zunahme<br />
der Sprechlautstärke um 0,5 dB, wenn das Störgeräusch 1 dB lauter wird) führt durch<br />
die Anspannung der Stimmlippen zu einer erhöhten Sprechstimmlage: die Stimme wird<br />
gleichzeitig höher, was die Belastung zusätzlich erhöht.<br />
Call-Center-Arbeitsplätze sollten je nach Projekt einen Lärmpegel zwischen 55 dB (A) und<br />
70 dB (A) einhalten.<br />
Sitzhaltung und Stimme stehen in einem unmittelbaren Wirkungszusammenhang. Aus<br />
diesem Grunde ist die Gestaltung des Arbeitsplatzes auch von großer Bedeutung für die<br />
Stimme. Ergonomisch aufeinander abgestimmte Stühle und Tische, ausreichend Platz<br />
etc. bilden die Grundlage für eine optimale Haltung, die einer ökonomischen Stimmgebung<br />
förderlich ist. Sind Sitzhöhe und die Höhe des Computers nicht aufeinander abstimmbar,<br />
so führt das zu einer falschen Kopfhaltung (Über- oder Unterstreckung des<br />
Nackens), die wiederum die Stellung des Kehlkopfes bedingt und damit die Stimme<br />
negativ beeinflusst. Diese Zusammenhänge sind insofern zu beachten, da einige Fälle<br />
von hyperfunktionellen Dysphonien allein auf Muskelverspannungen der den Kehlkopf<br />
umgebenden Muskulatur zurückzuführen sind.<br />
Das Klima in Büroräumen hat eine besondere Bedeutung: Für die Stimme gilt das gleiche,<br />
was in vielen Untersuchungen bereits über trockene Schleimhäute bei mangelnder<br />
Luftfeuchtigkeit gesagt wurde. Für die Aufrechterhaltung der Stimmgebung ist ein gutes,<br />
feuchtes Raumklima erforderlich. Ein schlechtes Raumklima, hier speziell mangelnde<br />
Luftfeuchtigkeit und Staub wird in der Literatur häufig als ein verursachender Faktor<br />
für Stimmstörungen angesehen. Da die Stimmlippen<br />
von Schleimhäuten umgeben sind, ist eine ausreichende<br />
Befeuchtung für die Aufrechterhaltung einer guten Stimmfunktion<br />
notwendig. Diese Befeuchtung ist nicht allein<br />
durch angemessene Versorgung des Sprechers durch<br />
Getränke zu erreichen. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte<br />
bis zu 65% betragen.<br />
2 0 E I N F Ü H R U N G G R U N D L A G E N S T I M M S T Ö R U N G E N P R Ä V E N T I O N
Die Wörter ‚Stimme‘ und ‚Stimmung‘ haben nicht zufällig den gleichen Wortstamm. Die<br />
psychische Verfassung und Emotionen beeinflussen die Stimmgebung. Bei Überlastung<br />
reagiert die Stimme mit den unterschiedlichsten Symptomen. Am leichtesten<br />
wahrzunehmen ist das bei erregten oder verärgerten Menschen: die Stimme wird in der<br />
Regel höher und lauter.<br />
Natürlich wirkt sich auch die Art der Kommunikation (über das Medium Telefon) und die<br />
Art, wie in Call Centern gesprochen wird (serielle Kommunikation, bei der die Freundlichkeit<br />
im Mittelpunkt steht), auf die Stimme aus. Besonders bei hohem Stimmgebrauch<br />
können Fehlnutzungen, falsche Sprechgewohnheiten etc. die Stimmgesundheit dauerhaft<br />
negativ beeinflussen.<br />
Dies gilt selbstverständlich auch für andere Sprechberufe.<br />
Lehrer und Ausbilder haben häufig mit dem Geräuschpegel<br />
in Klassen oder an Ausbildungsstätten zu kämpfen, ebenso<br />
wie Erzieherinnen. In der Schule ist zudem die besondere<br />
Kommunikationssituation zu beachten. Besonders beim<br />
sogenannten Frontalunterricht müssen Lehrende alle Schüler<br />
gleichzeitig mit ihrer Stimme erreichen. An Ausbildungsstätten<br />
kommen häufig noch Hintergrundgeräusche<br />
hinzu. Das führt dazu, dass die Stimme von vorneherein<br />
mit vermehrter Anstrengung eingesetzt wird, die<br />
sich mit fortschreitender Unterrichtsdauer noch verstärkt.<br />
Psychische Belastung und Burnout Symptome können die<br />
Stimmsymptomatik mit verursachen oder verschlimmern.<br />
Um eine nachhaltige Wirkung von Präventionskonzepten zu gewährleisten, sollten<br />
Verhältnisprävention und Verhaltensprävention zusammenwirken.<br />
Verhältnisprävention setzt an den Arbeitsbedingungen an, also an der Arbeitsumgebung,<br />
der Arbeitsorganisation und den Arbeitsinhalten. Verhältnisprävention gehört zum<br />
betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz.<br />
Verhaltensprävention setzt am Mitarbeiter an. Hierzu gehören Maßnahmen, die dem<br />
Mitarbeiter gesundheitsschädigendes Verhalten bewusst machen und aufzeigen, welches<br />
Verhalten gesundheitsfördernd wirkt. Die Unterweisung von verhaltenspräventiven<br />
Maßnahmen am Arbeitsplatz liegt in der Verantwortung der Arbeitgeber, allerdings ist<br />
bei der Umsetzung dieser Maßnahmen jeder Einzelne gefragt.<br />
Prävention orientiert sich in der Regel an den Risikofaktoren. Wenn wie im Beispiel<br />
des Sprechberufs Call Center Agent bestimmte Risikofaktoren bekannt sind, können<br />
die präventiven Maßnahmen hier ansetzen.<br />
Arbeitsdruck und Streß<br />
Präventionsmaßnahmen<br />
T H E R A P I E U N D R E H A B I L I T A T I O N V O N S T I M M S T Ö R U N G E N A U S B L I C K L I T E R A T U R A N H A N G 2 1
R I S I K O F A K T O R M A S S N A H M E<br />
Frau K. nimmt im Call Center bis zu 20 Anrufe pro Stunde<br />
entgegen. Das tut sie an acht Stunden pro Tag. Ihre Stimmlippen<br />
vollbringen in dieser Zeit Höchstleistungen. Wenn man<br />
davon ausgeht, dass Frau K. in einer Stunde eine halbe<br />
Stunde aktiv spricht, so kann man hochrechnen, dass ihre<br />
Stimmlippen am Tag ca. 3,6 Millionen mal schwingen. Für Frau<br />
K., die nie eine Stimmbildung erhalten hat, ist das eine enorme<br />
Beanspruchung. In der Folge können Stimmsymptome aufgrund<br />
der mechanischen Belastung entstehen.<br />
Frau K. arbeitet mit sechs anderen Kollegen in einem Büro.<br />
Wenn ihre Kollegen und sie zeitgleich telefonieren, fällt es Frau<br />
K. manchmal schwer, sich zu konzentrieren, da es recht laut ist.<br />
Frau K. merkt dann, dass sie selber lauter wird.<br />
Was Frau K. nicht weiß ist, dass sie nicht nur lauter und bewusst<br />
deutlicher spricht, wenn sie gegen Geräusche anspricht, sondern<br />
dass ihre Stimme durch die höhere Anspannung in der<br />
Stimmmuskulatur auch höher wird, was ihre Stimme sehr<br />
belasten kann.<br />
Besonders im Winter leidet Frau K. häufig unter einem trockenen<br />
Hals und einen ausgetrocknetem Mund. Ihren Kollegen<br />
geht es ähnlich, viele sind häufiger erkältet als im Sommer.<br />
Erkältungserkrankungen entstehen durch Viren, allerdings<br />
haben Viren eine größere Chance sich anzusiedeln, wenn die<br />
Schleimhäute im Nasen- und Rachenraum nicht ausreichend<br />
befeuchtet sind. Auch die Stimmlippen sind von Schleimhäuten<br />
umgeben und müssen ausreichend befeuchtet sein. In vielen<br />
Call Centern ist gerade im Winter die Luft zu trocken.<br />
Frau K. kann am Telefon nur ihre Stimme einsetzen, um<br />
Freundlichkeit, Anteilnahme und Kompetenz zu vermitteln.<br />
Unterstützende Kommunikationsmittel, wie Körpersprache<br />
oder Mimik stehen ihr am Telefon nicht zur Verfügung. Damit<br />
wächst die Anforderung an die Stimme. Zusätzlich werden<br />
bestimmte Frequenzen, die der Stimme beispielsweise<br />
Wärme und Freundlichkeit geben, durch die schlechte Übertragungsqualität<br />
am Telefon weggefiltert. Im Telefontraining<br />
wurde Frau K. mitgeteilt, sie solle am Telefon lächeln oder<br />
„singen“, also stark modulieren. Bei vielen Agents führt dies<br />
dazu, dass eine Sprechstimmlage eingenommen wird, die nicht<br />
der physiologischen Sprechstimmlage entspricht. Dies belastet<br />
die Stimme zusätzlich.<br />
Dauerhafter Stimmgebrauch<br />
Hintergrundlärm<br />
Trockenheit<br />
Kommunikation am Telefon<br />
2 2 E I N F Ü H R U N G G R U N D L A G E N S T I M M S T Ö R U N G E N P R Ä V E N T I O N<br />
Frau K. sollte eine Stimmbildung erhalten. Nur durch den<br />
angemessenen Umgang mit dem Instrument Stimme kann gewährleistet<br />
werden, dass es den Belastungen eines Sprechberufs<br />
standhält. Die Stimmbildung als Bestandteil eines<br />
Stimmtrainings sollte von qualifizierten Stimmtherapeuten/<br />
Trainern durchgeführt werden und sich nicht auf Hinweise und<br />
Tipps zum verständlichen Sprechen und Atmen beschränken.<br />
Frau K´s hohes Sprechaufkommen könnte durch Mischarbeit und<br />
durch regelmäßige Pausen reduziert werden.<br />
In den Call Center Räumen, in denen Frau K. arbeitet, sollten<br />
schallreduzierende Maßnahmen durchgeführt werden. Frau K.<br />
und ihre Kollegen sollten mit guten Headsets arbeiten können,<br />
die die Hintergrundgeräusche abdämmen.<br />
In Stimmtrainings sollte Frau K. vermittelt werden, wie man sich<br />
beim Sprechen mehr auf das Fühlen (kinästhetische Wahrnehmung)<br />
verlässt, als auf das Hören (auditive Wahrnehmung),<br />
so dass sie lernt, wie sie verständlich und resonanzreich<br />
sprechen kann, ohne die Lautstärke zu erhöhen.<br />
Die relative Luftfeuchte muß zwischen 30% und 65% liegen<br />
(empfehlenswert: 50%). Frau K. und ihre Kollegen sollten<br />
viel trinken, vorzugsweise nicht gekühltes Wasser. Das geht<br />
leichter, wenn wie im Fall von Frau K. das Call Center kostenlos<br />
Trinkwasser in Behältern zur Verfügung stellt und das Trinken<br />
am Arbeitsplatz erlaubt ist.<br />
Hinweise in bezug auf das Sprechen und die Stimme (z.B.<br />
höhere Stimmen wirken freundlicher), wie sie Frau K. in<br />
ihrem Telefontraining erhalten hat, sollten nur durch Fachleute<br />
gegeben werden. Auch die Vermittlung von Atemtechniken<br />
sollte nur durch Fachleute erfolgen.<br />
Frau K. kann in Trainings vermittelt werden, wo ihre physiologische<br />
mittlere Sprechstimmlage liegt.
R I S I K O F A K T O R<br />
Frau K. und ihre Kollegen haben es scheinbar gut. Sie haben eine<br />
sitzende Tätigkeit, alles was sie für ihre Tätigkeit brauchen, liegt<br />
griffbereit und sie müssen keine schweren Lasten tragen. Trotzdem<br />
klagen viele über Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen.<br />
Häufig werden diese Schmerzen durch eine einseitige Körperhaltung<br />
mit verursacht. Was Frau K. nicht weiß: eine ausbalancierte<br />
Körperspannung ist auch notwendig, um ökonomisch zu<br />
sprechen. Die Stimme wird zwar im Kehlkopf erzeugt, getragen<br />
wird sie vom ganzen Körper. Bei einer rein sitzenden Tätigkeit,<br />
die nur wenig Bewegung ermöglicht, kommt es zu einseitiger<br />
Belastung und Verspannungen, was sich auf die Stimmgebung<br />
auswirken kann.<br />
Auch die ergonomische Ausrichtung von Stühlen, Tischen und<br />
Bildschirmgeräten kann Fehlhaltungen verursachen, die die Kehlkopfstellung<br />
beeinflussen. Bei Über- oder Unterdehnung<br />
des Kopfes kommt es bspw. dazu, dass der Kehlkopf eingeklemmt<br />
wird, was das Schwingen der innenliegenden Stimmlippen<br />
erschwert.<br />
An manchen Tagen ist es wie verhext, das Anrufvolumen ist<br />
sehr hoch und die Kunden sind gereizt und unfreundlich. An<br />
solchen Tagen ist Frau K. abends doppelt erschöpft. Oft schon im<br />
Verlaufe des Tages merkt sie, dass ihr das Sprechen zunehmend<br />
schwer fällt und sie sehr angestrengt spricht. Ihre Kehle ist „wie<br />
zugeschnürt“, sie spürt einen „Kloß im Hals“. Ihre Verspannung<br />
nimmt zu und es fällt ihr schwer, dabei noch freundlich zu sein.<br />
Tatsächlich wirken Stress und psychische Belastung auch auf die<br />
Stimme ein. Durch Stress fallen die an der Stimmgebung beteiligten<br />
Organe in ihre Primärfunktion zurück, die Atmung wird<br />
höher oder stockt, der Kehldeckel schließt sich, um die Speiseröhre<br />
zu schützen und die Speichelproduktion wird reduziert.<br />
Psychische und/oder emotionale Belastung wie sie in Call<br />
Centern entstehen kann, wirkt auch indirekt über die<br />
Muskelspannung (Tonus) und die Atmung auf die Stimme.<br />
Die Stimme wird durch die Anspannung höher, was sich<br />
schädigend auswirken kann.<br />
Frau K. hat nie ein Stimm- und Sprechtraining erhalten. Nicht<br />
ausgebildete Sprecher oder Menschen mit Atemproblemen<br />
ermüden schneller beim Sprechen, weil sie nicht gelernt haben,<br />
ökonomisch zu sprechen und zu atmen. Sie verbrauchen zuviel<br />
Luft, sie sprechen häufig zu schnell, zu laut oder zu leise, zu<br />
hart oder zu verhaucht; sie sprechen überartikuliert oder zu<br />
undeutlich. Unnötig viel Energie muss aufgewendet werden,<br />
um ein insgesamt dennoch nicht befriedigendes Ergebnis zu<br />
erreichen.<br />
Ergonomie | mangelnde Bewegung<br />
Stress und psychische Belastung<br />
Unökonomisches Sprechen<br />
M A S S N A H M E<br />
Ergonomisches Mobiliar muss zur Grundausstattung eines<br />
jeden Call Centers gehören. Frau K. sollte aber auch wissen,<br />
wie und warum man sich seinen Arbeitsplatz bei Arbeitsbeginn<br />
individuell einstellt.<br />
Mischarbeit mit unterschiedlichen Bewegungsabläufen wäre<br />
ideal.<br />
Insgesamt ist es wünschenswert, dass Frau K. und ihre Kollegen<br />
sich in ihren regelmäßigen Pausen viel bewegen. Das hilft, den<br />
Körper zu eutonisieren, d. h. in den richtigen Spannungszustand<br />
zu bringen. Frau K. bleibt auch in ihren Arbeitspausen häufig an<br />
ihrem Platz, da sie nicht raucht und daher keine Veranlassung<br />
sieht, sich in einen anderen Raum zu bewegen. Sie könnte<br />
aber beispielsweise Pausengymnastik machen, die auch ihrer<br />
Stimme zu gute kommt.<br />
Steharbeitsplätze bieten eine sinnvolle Abwechslung zur<br />
sitzenden Tätigkeit.<br />
Frau K. muss nach besonders stressigen Gesprächen die<br />
Möglichkeit haben, eine kurze Pause zu machen, um die Atem-<br />
und Stimmfunktionen zu regenerieren. Sie sollte in einem<br />
Stimmtraining die Zusammenhänge zwischen Stress, Körperspannung<br />
und Stimme kennen lernen und lernen, die Stimme<br />
konfliktmindernd einzusetzen.<br />
Speziell Call Center Agents an Beschwerdehotlines oder<br />
stressintensiven Telefonprojekten sollten Trainings zum Stressmanagement<br />
erhalten und in der Lage sein, die eigene Stimme<br />
als Stressbarometer kennen zu lernen.<br />
Durch ein Stimmtraining, das stark mit praxisorientierten<br />
Modulen arbeitet, kann Frau K. lernen, wie man ökonomisch<br />
spricht und atmet. Durch das Erlernen einer ökonomischen<br />
Sprechweise wird bei Frau K. und ihren Kollegen einerseits das<br />
Risiko für Stimmbeschwerden und -erkrankungen gemindert<br />
und andererseits die stimmliche Qualität verbessert.<br />
T H E R A P I E U N D R E H A B I L I T A T I O N V O N S T I M M S T Ö R U N G E N A U S B L I C K L I T E R A T U R A N H A N G 2 3
Weitere Tipps für Sprechberufler<br />
Diese Hinweise gelten für alle<br />
Sprechberufler:<br />
Sprechweise<br />
Lautstärke<br />
Sprechhöhe<br />
Sprechtempo<br />
Atem<br />
Warming-up<br />
Körperhaltung<br />
Neben dem nachfolgend ausführlicher behandeltem Stimmtraining gibt es weitere Hinweise zur<br />
Verhaltensprävention, die man unter dem Begriff „Stimmhygiene“ zusammenfassen kann.<br />
Achten Sie auf eine natürliche Sprechweise, kopieren Sie nicht fremde Stimmen oder<br />
Sprechweisen. Das passiert unbewusst leichter als man denkt. Denken Sie daran, Ihrer Stimme<br />
geht es am besten, wenn Sie Ihre natürliche Stimmhöhe und Lautstärke beibehalten. Sprechen<br />
Sie entspannt, weich und ohne Druck.<br />
Sie müssen nicht laut sprechen, um bei Ihrem Gesprächspartner anzukommen. Wenn Sie gut<br />
artikulieren und Ihre Resonanzräume nutzen, wird man Sie auch in großen Räumen verstehen.<br />
Man neigt dazu, die Hintergrundgeräusche übertönen zu wollen. Verlassen Sie sich weniger auf<br />
Ihr Gehör und mehr auf Ihr Sprechgefühl. Zu lautes Sprechen erhöht den Druck auf Ihre Stimme<br />
und belastet sie auf Dauer sehr. Passen Sie ihre Sprechlautstärke der Umgebung und der Gesprächssituation<br />
an. Wenn Sie laut sprechen müssen, setzen Sie ihren Körper unterstützend ein.<br />
Besonders, wenn man freundlich sein will, neigt man dazu, zu hoch zu sprechen. Aber auch, wenn<br />
man erregt oder verärgert ist. Das ist situationsangemessen völlig in Ordnung. Achten Sie aber<br />
darauf, dass Sie stimmlich „wieder runterkommen“.<br />
Achten Sie auf Ihre Sprechstimmhöhe. Am wenigsten belastend für Ihre Stimme ist die sogenannte<br />
physiologische mittlere Sprechstimmlage. Diese befindet sich im unteren Drittel Ihres<br />
Stimmvolumens. Sie können diese Stimmlage leicht finden, wenn Sie aus einem Summen oder<br />
Brummen heraus sprechen.<br />
Speziell nach stressigen Gesprächen ist es wichtig, die Stimmlage zu überprüfen, da Stress und<br />
Anspannung die Stimmlage besonders erhöhen.<br />
Sprechen Sie nicht zu schnell. Gliedern Sie Ihre Sprache und lassen Sie sich Zeit für Atempausen.<br />
Sprechen Sie nicht zu lange auf einen Atemzug, um nicht geräuschvoll Luft nachziehen<br />
zu müssen. Gezielt gesetzte Atempausen helfen Ihnen, um zu Luft zu kommen und Ihrem Zuhörer,<br />
um das Gehörte zu verarbeiten.<br />
Vermeiden Sie das aktive Einatmen, atmen Sie vor Sprechbeginn nicht tief ein. Sie haben immer<br />
genug Luft zum Sprechen. Das aktive Einatmen ist unökonomisch und kraftraubend. Lassen<br />
Sie in kurzen Sprechpausen die Luft einfach nachströmen. Das Zwerchfell funktioniert wie der<br />
Gummiballon einer Fahrradhupe. Beim Hupen wird die Luft rausgedrückt, der Ton entsteht, dann<br />
lässt man los und die Luft strömt von selbst wieder ein.<br />
Wie bei jeder Art von Betätigung, bei der Muskeln stark beansprucht werden, empfiehlt sich<br />
auch beim Dauersprechen ein Warming-up der beteiligten Muskeln. Ein Warming-up sollte<br />
allgemein mit Lockerungsübungen beginnen, bevor Sie Ihre Stimme „anwärmen“. Als einfache<br />
Warming-up Übung ist Gähnen und Dehnen zu empfehlen. Summen und brummen oder<br />
entspanntes Singen vor Sprechbeginn entlasten Ihre Stimme.<br />
Unterstützen Sie Ihre Stimme durch eine angemessene Körperhaltung (kein Rundrücken oder<br />
Hohlkreuz). Wechseln Sie Ihre Haltung häufiger, um Verspannungen zu vermeiden, die auch Ihre<br />
Atmung und Ihre Stimme beeinflussen. Achten Sie darauf, dass Ihr Kehlkopf nicht durch Kopfüber-<br />
oder unterstreckung eingeklemmt wird. Stellen Sie Tisch und Stuhl immer individuell auf Ihre<br />
Größe ein. Ebenso sollten Sie darauf achten, dass Ihr Bauch nicht durch falsche Sitzhaltung oder<br />
beengende Kleidung eingeklemmt wird , da sonst Ihre Atmung beeinträchtigt wird.<br />
2 4 E I N F Ü H R U N G G R U N D L A G E N S T I M M S T Ö R U N G E N P R Ä V E N T I O N
Sprechweise<br />
Lautstärke<br />
Sprechhöhe<br />
Lutschbonbons und Medikamente<br />
Sprechtempo<br />
Atem<br />
Flüssigkeit<br />
Erkältungen<br />
Warming-up<br />
Machen Sie regelmäßige Pausen, soweit es Ihnen möglich ist.<br />
Nutzen Sie die Pausen dazu, sich zu bewegen. Die Bewegung<br />
hilft Ihrem Körper die Muskelspannung auszubalancieren und<br />
wirkt so auch entspannend auf Ihre Stimme.<br />
Trinken Sie viel, wenn Sie viel sprechen müssen. Sie sollten<br />
immer ungekühltes Wasser, Kräuter- oder Früchtetee am Arbeitsplatz<br />
haben. Trinken Sie möglichst 2-3 Liter am Tag.<br />
Kaffee und schwarzer Tee sind weniger gut geeignet, da sie<br />
dehydrierend (austrocknend) wirken.<br />
Medikamente können austrocknend auf die Stimme wirken.<br />
Scharfe, pfefferminzhaltige Lutschbonbons können die Schleimhäute<br />
reizen. Achten Sie bei Medikamenten auf die Beipackzettel.<br />
Weisen Sie den Arzt auf Ihre Sprechtätigkeit hin. Vermeiden<br />
Sie austrocknende und/oder schleimhautschädigende<br />
Medikamente oder Lutschbonbons.<br />
Lutschen und Kaugummikauen helfen, die Schleimhäute zu<br />
befeuchten.<br />
Sie sollten das Rauchen einschränken oder einstellen. Besonders,<br />
wenn Sie viel sprechen müssen. Die Schadstoffe der<br />
Zigarette greifen Ihre Schleimhäute massiv an.<br />
Vermeiden Sie häufiges und hartes Räuspern. Durch das<br />
Räuspern versuchen Sie, Schleimbelege zu entfernen. Beim<br />
Räuspern knallen aber die Stimmlippen hart aufeinander. In<br />
der Folge wird mehr Schleim produziert, um die Stimmlippen<br />
zu schützen.<br />
Summen Sie stattdessen oder sprechen Sie einfach weiter.<br />
Durch die entstehende Vibration löst sich der Schleim von<br />
selbst. Bei einem Frosch im Hals hilft das Aushüsteln.<br />
Als Sprechberufler handeln Sie verantwortungsbewusst,<br />
wenn Sie sich und besonders Ihre Stimme bei einer Erkältung<br />
schonen. Wenn Sie keine Tätigkeit ausüben können, bei<br />
der Sie Ihre Stimme schonen können, sollten Sie lieber zu Hause<br />
bleiben und Ihrer Stimme Ruhe gönnen.<br />
Flüstern Sie nicht, um Ihre Stimme zu schonen. Flüstern ist<br />
anstrengend. Bei Heiserkeit sollten Sie so wenig wie möglich<br />
sprechen.<br />
Rauchen<br />
Räuspern<br />
Pausengestaltung<br />
Körperhaltung<br />
Pausengestaltung<br />
Flüssigkeit<br />
Lutschbonbons und<br />
Medikamente<br />
Rauchen<br />
Räuspern<br />
Erkältungen<br />
T H E R A P I E U N D R E H A B I L I T A T I O N V O N S T I M M S T Ö R U N G E N A U S B L I C K L I T E R A T U R A N H A N G 2 5
Stimmtraining | Stimmbildung<br />
Bausteine | Module eines Stimmtrainings<br />
Stimmtrainings zur Prävention von Stimmstörungen sollten allen Sprechberuflern angeboten<br />
werden. Im Stimmtraining wird der Umgang mit dem körpereigenen Arbeitsinstrument<br />
Stimme erfahrbar gemacht und ein aktiver Beitrag zur Gesundheitsförderung<br />
geleistet.<br />
Ein Stimmtraining für Sprechberufler darf sich nicht auf die Theorie beschränken, obwohl<br />
Basisinformationen zur Stimmgebung (Anatomie, Physiologie) genauso Bestandteil<br />
sind, wie Hinweise zu Belastungsfaktoren und zur Stimmhygiene. Der Augenmerk muss<br />
aber in der praktischen Arbeit und der Stimmbildung liegen. Stimmbildung vermittelt<br />
in Übungen die Funktionen der Stimme und greift dort korrektiv ein, wo es notwenig<br />
erscheint. Anschließend können dann gezielte Trainingseinheiten die Grundfunktion<br />
stabilisieren und die Stimme kräftigen.<br />
Eine ökonomische Stimmgebung ist nur praktisch erfahrbar und bedarf der Übung.<br />
Aus diesem Grund muss die Teilnehmerzahl eines solchen Trainings auf 10–12 Personen<br />
begrenzt werden. Es muss praxisbezogen und berufsspezifisch sein, wenn es<br />
ausschließlich für eine Berufsgruppe angeboten wird. Die Arbeitsaufgabe (der Stimme)<br />
ist angemessen zu berücksichtigen. Somit wird gewährleistet, dass der Transfer in den<br />
Arbeitsalltag unterstützt wird. Hierzu bietet sich neben der Gruppenphase ein Coaching<br />
an, das am Arbeitsplatz durchgeführt wird. Der Trainer hilft dabei, das zuvor Erlernte in<br />
der Realsituation anzuwenden und einzuüben.<br />
Da es sich bei der Umstellung von Sprechgewohnheiten und Stimmeinsatz um eine<br />
Verhaltensänderung handelt, der zunächst eine Veränderung der Einstellung voraus<br />
gehen muss, hat es sich als wirksam erwiesen, wenn in einigem Abstand Auffrischungstermine<br />
stattfinden. Optimal wäre eine kontinuierliche Stimmbetreuung, um<br />
eine nachhaltige Wirkung zu gewährleisten.<br />
1. Körperwahrnehmung | Körperspannung | Bewegung<br />
2. Atmung<br />
3. Intention | Authentizität | Hörerzuwendung<br />
4. Stimme<br />
a) Stimmeinsatz | Stimmabsatz<br />
b) Mittlere Sprechstimmlage<br />
c) Resonanz<br />
5. Artikulation<br />
6. Präventionsmaßnahmen<br />
2 6 E I N F Ü H R U N G G R U N D L A G E N S T I M M S T Ö R U N G E N P R Ä V E N T I O N
Hier werden Zusammenhänge zwischen der Körperhaltung<br />
und der gesamtkörperlichen Spannung und der<br />
Stimmgebung aufgezeigt bzw. durch Übungen wahrnehmbar<br />
gemacht. Eine eutonische (Eutonus=Wohlspannung)<br />
Steh- oder Sitzhaltung wird erarbeitet und eingeübt. Dabei<br />
geht es vornehmlich darum, Zusammenhänge sinnlich<br />
zu erfahren. In einem zweiten Schritt werden diese<br />
Zusammenhänge auch anatomisch und physiologisch<br />
erklärt.<br />
Körperwahrnehmung | Körperspannung | Bewegung<br />
Stimmarbeit ist immer auch Atemarbeit, da die Atmung der Motor oder das Medium<br />
der Stimme ist. In einem ersten Schritt wird die physiologisch richtige Atmung durch<br />
Übungen vermittelt.<br />
Hier geht es speziell um die Wahrnehmung von Ruheatmung und die Einübung einer<br />
ökonomischen Sprechatmung. Ein besonderer Augenmerk liegt hierbei auch auf den<br />
Atempausen und damit der Gliederung der Sprache und auf der Wahrnehmung der<br />
Atemstütze. Typische Fehlatmungen werden an Fremdbeispielen aufgezeigt.<br />
T H E R A P I E U N D R E H A B I L I T A T I O N V O N S T I M M S T Ö R U N G E N A U S B L I C K L I T E R A T U R A N H A N G 2 7<br />
Übung 1<br />
In einer Übung wird mit einem<br />
Overball eine Ballmassage vorgenommen.<br />
Diese Übung trägt<br />
dazu bei, den Körper zu sensibilisieren,<br />
eine eutone Muskelspannung<br />
zu erreichen. Außerdem<br />
trägt sie zur Aufrichtung des<br />
gesamten Körpers und des<br />
Kopfes bei.<br />
Atmung<br />
Übung 2<br />
Das Abspannen (die reflektorische<br />
Atemergänzung) wird mit<br />
Hilfe von Luftballons eingeübt.<br />
Beim Antippen der Luftballons<br />
werden Silben wie Hop, Hep etc.<br />
lautiert. Das Abspannen (also das<br />
Zurückfedern des Zwerchfells in<br />
die Einatemposition bei gleichzeitiger<br />
Luftergänzung) wird<br />
durch die Berührung mit dem<br />
elastischen Material unterstützt.
Übung 3<br />
Intention | Authentizität | Hörerzuwendung<br />
Es werden Dreiergruppen gebildet.<br />
Mit einem vorgegebenen<br />
Text übernimmt einer den Part<br />
des Call Center Agent (Inbound<br />
oder Outbound) und ein zweiter<br />
Teilnehmer eine zuvor bestimmte<br />
Rolle (z.B. älterer Mitbürger,<br />
unsicher im Gespräch). Das<br />
dritte Gruppenmitglied beobachtet<br />
und „belauscht“ die<br />
Szene. Anschließend erfolgt der<br />
Rollentausch, so dass jeder<br />
mindestens als Agent mit zwei<br />
unterschiedlichen Personen telefoniert<br />
hat. Im Anschluss oder<br />
bei Bedarf auch zwischendrin<br />
werden die Unterschiede in<br />
Körperhaltung und Stimme, sowie<br />
die Zielgerichtetheit des<br />
Gesprächs reflektiert. Es zeigt<br />
sich, dass Call Center Agenten<br />
sich häufig automatisch stimmlich,<br />
körperlich und intentional<br />
auf ihre Kommunikationspartner<br />
einstellen.<br />
Übung 4<br />
Stimme<br />
Verdeutlichen der unterschiedlichen<br />
Stimmeinsätze mit taktiler<br />
Hilfe.<br />
Man bohrt sich den Zeigefinger<br />
der einen Hand fest in die andere<br />
Hand und lautiert dazu ein A,<br />
so dass es fast wie ein Schmerzausruf<br />
klingt (harter Einsatz).<br />
Man tippt mit dem Finger leicht<br />
die Hand an und lautiert das A,<br />
so dass es wie ein Ha klingt, mit<br />
sehr viel Luft (verhauchter Einsatz).<br />
Man leckt den Finger kurz an und<br />
tippt leicht und kurz auf die Hand<br />
und lautiert dabei das A (weicher<br />
Einsatz).<br />
Anschließend wird der weiche<br />
Einsatz anhand von verschiedenen<br />
vokalbetonten Sätzen eingeübt.<br />
„Aber am Abend aß Anton Apfelmus<br />
und Ananas als Abschluss.“<br />
In diesem Baustein wird vermittelt, dass es sich beim Sprechen um ein dialogisches<br />
Geschehen, um Interaktion handelt. Die Stimmgebung erfolgt koordinierter, wenn man<br />
erstens meint und weiß, was man sagt und zweitens genau weiß, zu wem man etwas<br />
sagt. Dieser kommunikative Aspekt soll verdeutlicht werden. In verschiedenen Übungen<br />
wird erfahrbar gemacht, welche Auswirkungen die koordinierte Einstellung beim<br />
Sprechen auf die Körperhaltung, Körperspannung, Atmung und Stimmgebung hat.<br />
Zur Verdeutlichung ein Beispiel:<br />
Einem Baby oder Tier wendet man sich anders zu, als einem Erwachsenen mit entsprechenden<br />
Auswirkungen auf Körperhaltung, Atmung, Stimmeinsatz und Stimmklang.<br />
Die Intention begleitet damit alle Stimmfunktionen.<br />
Im folgenden werden Teilelemente der Stimmgebung unter dem Baustein Stimme<br />
aufgeführt.<br />
Stimmeinsatz | Stimmabsatz<br />
Der Stimmeinsatz entscheidet, ob eine Stimme bereits zu Sprechbeginn (Wortbeginn)<br />
optimal einsetzt. Der Einsatz kann hart, weich oder verhaucht erfolgen. Anzustreben<br />
ist der weiche Einsatz. Auch beim Wortausklang kann stimmschädigend agiert werden<br />
durch beispielsweise ein deutlich vernehmbares „Rausknarren“.<br />
Beim harten Einsatz knallen die Stimmlippen hart aufeinander, die Stimme klingt<br />
gequetscht, beim verhauchten Einsatz strömt zuviel Luft vorbei, die Stimmlippen<br />
schließen nicht richtig. Am einfachsten wird der Stimmeinsatz vermittelt, wenn man<br />
die möglichen falschen Stimmeinsätze/absätze aufzeigt und die Unterschiede zum<br />
physiologischen herausarbeitet.<br />
2 8 E I N F Ü H R U N G G R U N D L A G E N S T I M M S T Ö R U N G E N P R Ä V E N T I O N
Mittlere Sprechstimmlage<br />
Die physiologische mittlere Sprechstimmlage oder Indifferenzlage<br />
ist die Stimmlage, in der am ökonomischsten<br />
gesprochen werden kann. Das Finden und Einhalten<br />
dieser Stimmlage ist eine Basisübung der Stimmprävention.<br />
Nur in der physiologischen mittleren Sprechstimmlage<br />
kann die Stimme unbelastet schwingen und durch<br />
Klang überzeugen. Diese Lage befindet sich im unteren<br />
Drittel der Sprechstimme. Durch Übungen wird den<br />
Teilnehmern vermittelt, wo sich diese Lage befindet und<br />
wie sie diese Lage jederzeit wiederfinden können.<br />
Resonanz<br />
In Übungen wird die Nutzung der Resonanzräume erlernt.<br />
Eine bessere Resonanz bedeutet, dass die Stimme besser<br />
trägt, d.h. dass die eigene Verständlichkeit wächst, ohne<br />
dass die Lautstärke erhöht werden muss. Ein entspanntes<br />
Sprechen ohne unnötigen Druck wird möglich.<br />
Übung 7<br />
Jeder Teilnehmer bekommt einen Korken. Nacheinander wird zunächst ein Übungssatz normal deutlich<br />
gesprochen, dann wird der Satz dreimal mit dem Korken zwischen den Zähnen gesprochen.<br />
Anschließend wird der Korken entfernt und der Satz noch einmal gesprochen. Die anderen Teilnehmer<br />
verfolgen jede einzelne Übung und nehmen die Unterschiede wahr.<br />
In einigen Fällen sind für das ungeübte Ohr kaum Unterschiede zu vermerken. In vielen Fällen aber<br />
hören die Teilnehmer eindeutig eine Verbesserung der Deutlichkeit der Aussprache, was sich durch<br />
eine größere Trennschärfe zwischen den einzelnen Lauten und Wörtern, aber auch durch eine weichere,<br />
klangintensivere Stimme ausdrückt. Der Sprecher selbst gibt meistens an, nicht angestrengter<br />
gesprochen zu haben. Die verbesserte Deutlichkeit und Verständlichkeit ergibt sich durch eine Erhöhung<br />
des Tonus der Mundmuskulatur und eine Verlagerung des Stimmansatzes nach vorne.<br />
T H E R A P I E U N D R E H A B I L I T A T I O N V O N S T I M M S T Ö R U N G E N A U S B L I C K L I T E R A T U R A N H A N G 2 9<br />
Übung 5<br />
Der Call Center Standardsatz<br />
(Begrüßungsformel: Schönen guten<br />
Tag, mein Name ist, was<br />
kann ich für Sie tun) wird<br />
zunächst wie gewohnt gesprochen.<br />
Im Anschluss wird dieser<br />
Satz in verschiedenen Tonhöhen<br />
gesprochen. Die Wirkung des<br />
Satzes in einer hohen Stimmlage<br />
bzw. in einer tiefen Stimmlage<br />
auf die Zuhörer und auf die<br />
eigene Sprechempfindung wird<br />
reflektiert.<br />
Aus einem Summen heraus, bei<br />
dem man die Vibrationen auch im<br />
Brustraum spürt, wird der Satz<br />
nochmals gesprochen. Dabei<br />
wird die Vibration weiterhin manuell<br />
kontrolliert. In Rollenspielen<br />
am Telefon wird überprüft, ob<br />
die mittlere Sprechstimmlage<br />
eingehalten wird, zunächst weiterhin<br />
mit manueller Kontrolle,<br />
bis die Eigenwahrnehmung soweit<br />
geschult ist, dass die Lage<br />
durch die Empfindungen bei der<br />
Phonation sicher erkannt wird.<br />
Die Einhaltung der Stimmlage<br />
wird in der reellen Gesprächssituation<br />
überprüft. Gemeinsam<br />
mit dem Coach wird das Verhalten,<br />
besonders nach „stressigen“<br />
Gesprächen reflektiert.<br />
Übung 6<br />
Die Schwingungen, die durch<br />
Töne erzeugt werden, werden<br />
vom Luftballon „aufgefangen”.<br />
Die Vibrationen kann man mit den<br />
Händen erspüren. Diese Übung<br />
führt zu einer Wahrnehmung und<br />
Steigerung der eigenen Resonanz.<br />
Eine Verlagerung des<br />
Stimmansatzes nach vorne sowie<br />
eine Öffnung der hinteren<br />
Resonanzräume (Gaumen, Rachen)<br />
soll erreicht werden.
Artikulation<br />
Präventionsmaßnahmen<br />
Multiplikatorenschulung<br />
Checkliste für Beobachter<br />
Haltung<br />
Aufrichtung Rumpf?<br />
Aufrichtung Nacken?<br />
Flexibilität | Beweglichkeit beim Sitzen?<br />
Atmung<br />
hörbare Einatmung?<br />
nur Brustatmung?<br />
Ökonomische Sprechatmung | Abspannen?<br />
Stimme<br />
Mittlere Sprechstimmlage zu hoch | zu tief | physiologisch ?<br />
Hinterer | vorderer Stimmansatz?<br />
Weicher | harter Stimmeinsatz | Stimmabsatz?<br />
Modulation?<br />
Lautstärke laut | leise | angemessen?<br />
Artikulation<br />
Artikulation deutlich | undeutlich | Kieferöffnungsweite?<br />
Intention<br />
Text glaubwürdig vermittelt?<br />
auf Gesprächspartner eingegangen?<br />
Eine gute, lockere Artikulation entlastet die Stimme und führt zu größerer Verständlichkeit<br />
bei geringerer Lautstärke.<br />
In diesem Baustein wird die Stimmhygiene zur Vorbeugung von Stimmbeschwerden<br />
thematisiert, also der eigene Umgang mit der Stimme (s. Hinweise für Sprechberufler).<br />
Darüber hinaus werden Stimmbelastungsmerkmale und Symptome thematisiert und<br />
darüber aufgeklärt, an wen man sich im Fall von andauernden Stimmbeschwerden<br />
wenden kann.<br />
Neben den Grundübungen in den Bausteinen, die für alle Sprechberufe gleich sind,<br />
sollten, wenn möglich, in jedem Baustein bereits berufsspezifische Übungen eingebaut<br />
werden. Solche Übung wurden mit den Übungen 3 und 5 bereits für den Beruf Call<br />
Center Agent geschildert.<br />
Ein Stimmtraining mit Coachingphase hat in der Regel eine Dauer von zweimal acht<br />
Stunden plus Auffrischungstermin. Besonders im Call Center Bereich, wo bis zu 500<br />
Mitarbeiter und mehr geschult werden müssten, sind derartige Schulungen aus<br />
Kostengründen nicht immer realisierbar. Zu diesem Zweck können Multiplikatorenschulungen<br />
für Trainer und Teamleiter durchgeführt werden. Solche Schulungen sind als<br />
Training oder als Workshop denkbar.<br />
In kürzeren Workshops kann hauptsächlich die Theorie, unterstützt durch einige Übungen<br />
zur Verdeutlichung, behandelt werden. Es kann auf den Bereich Verhältnisprävention<br />
eingegangen werden, mit dem Focus schneller Interventionen (Feuchtigkeitsspender,<br />
Getränke am Arbeitsplatz, Einführung von Kurzpausen).<br />
Ein Multiplikatorentraining dauert ebenfalls mindestens zwei Tage. Hier liegt der<br />
Schwerpunkt zunächst auf der Eigenwahrnehmung, bevor die Fremdwahrnehmung<br />
gefördert wird. Mit Hilfe einfacher Checklisten wird die Beobachtungs- und (Zu-)Hörfähig<br />
der Teilnehmer geschult.<br />
3 0 E I N F Ü H R U N G G R U N D L A G E N S T I M M S T Ö R U N G E N P R Ä V E N T I O N<br />
Zunächst erscheint es relativ einfach, Stimm-, Sprech-<br />
und Haltungsfehler bei anderen zu erkennen. Die<br />
Schwierigkeit liegt darin, angemessen zu intervenieren,<br />
um dem Betroffenen Hilfestellung geben zu können. Die<br />
Multiplikatoren müssen daher ihre eigenen Grenzen klar<br />
erkennen können.<br />
Die Multiplikatorenschulungen dienen in erster Linie<br />
dazu, für das Thema zu sensibilisieren, Problembereiche<br />
einzugrenzen und zu reduzieren und die eigene Aufmerksamkeit<br />
zu schulen.<br />
Einfache Interventionsmaßnahmen können hier zur Weitervermittlung<br />
ebenso vermittelt werden wie Gestaltungen<br />
zur Verhältnisprävention.
Die Prävention von Stimmstörungen kann bereits<br />
früher ansetzen. Von Experten wurde immer wieder<br />
ein Auswahlverfahren gefordert und zum Teil auch<br />
praktiziert, das von vorneherein Menschen aussondert,<br />
die für einen Sprechberuf nicht geeignet sind. In einem<br />
solchen Auswahlverfahren wurden die organischen<br />
Voraussetzungen phoniaterisch abgeklärt und die Stimme<br />
einem Stimmbelastungstest ausgesetzt. Eine solche<br />
Auswahl nach geeignet/nicht geeignet würde aber<br />
implizieren, dass allein die Disposition darüber entscheidet,<br />
ob Stimmbelastung kompensiert werden kann. Von<br />
dieser Meinung sind die meisten Phoniater inzwischen<br />
abgerückt. Zwar halten sie eine phoniaterische Abklärung<br />
nach wie vor für sinnvoll, um organische Schäden<br />
auszuschließen, setzen aber auch auf die Qualifizierung<br />
von angehenden Sprechberuflern. In Anbetracht der<br />
Zunahme von kommunikationsabhängigen Berufen ist<br />
eine Zugangsverweigerung für Menschen zu bestimmten<br />
Berufen weder sinnvoll noch realisierbar.<br />
Dem Arbeitgeber steht es letztendlich frei, ob er die<br />
Stimme der Bewerber zu einem Einstellungskriterium<br />
macht, wobei allerdings die gesunde Stimme und nicht<br />
die subjektiv wahrgenommene angenehme Stimme im<br />
Mittelpunkt stehen sollte.<br />
Ein Stimmcheck vor Berufsanfang ist in jedem Fall hilfreich,<br />
um Qualifizierungsbedarf aufzudecken. Bei einem solchen<br />
Stimmcheck könnte beispielsweise durch Fachpersonal<br />
oder geschultes Personal beurteilt werden, ob das<br />
Sprechverhalten Gefahren birgt, die durch dauerhaftes<br />
Sprechen zu einer Fehlbeanspruchung führen könnten.<br />
In den Betrieben sind der Arbeitsmediziner und die Fachkraft<br />
für Arbeitssicherheit dafür zuständig, geeignete Präventionsmaßnahmen<br />
einzuleiten. Der Arbeitsmediziner,<br />
der Betriebsarzt oder arbeitsmedizinische Dienst hat insbesondere<br />
die Aufgabe, arbeitsbedingte Erkrankungen zu<br />
erfassen, die Ursache der Erkrankungen zu ermitteln und<br />
geeignete Maßnahmen vorzuschlagen. Die Mitarbeiter<br />
werden in der arbeitsmedizinischen Betreuung auf Gesundheitsgefahren<br />
hingewiesen und über Verhaltensweisen<br />
zur Abwendung von Gefahren informiert.<br />
Stimmcheck bei Einstellung<br />
Mögliche Kriterien wären:<br />
Körperhaltung<br />
Atemgeräusche<br />
Atem- und Sprechkoordination<br />
Stimmeinsatz | Stimmabsatz<br />
Stimmlage<br />
Stimmklang | Resonanz<br />
Sprechtempo<br />
Modulation<br />
Artikulation<br />
Bereits hörbare Stimmbelastung<br />
(Heiserkeit)<br />
Dialekt<br />
Sprachfehler<br />
Präventive Maßnahmen in Betrieben<br />
T H E R A P I E U N D R E H A B I L I T A T I O N V O N S T I M M S T Ö R U N G E N A U S B L I C K L I T E R A T U R A N H A N G 3 1
unterstützt und berät den<br />
Arbeitgeber bei allen Fragen<br />
des Gesundheitsschutzes (z.B.<br />
Raumklima)<br />
untersucht arbeitsbedingte Erkrankungen<br />
wertet die Untersuchungsergebnisse<br />
aus<br />
schlägt dem Arbeitgeber geeigneteVerhütungsmaßnahmen<br />
vor (z.B. Stimmtrainings)<br />
Arbeitsmedizinische Betreuung<br />
untersucht und beurteilt die<br />
Mitarbeiter arbeitsmedizinisch<br />
belehrt die Mitarbeiter über<br />
Gesundheitsgefahren<br />
informiert über Massnahmen<br />
zur Abwendung der Gefahren<br />
und wirkt darauf hin, dass sich<br />
die Mitarbeiter entsprechend<br />
verhalten<br />
3 2 E I N F Ü H R U N G G R U N D L A G E N S T I M M S T Ö R U N G E N P R Ä V E N T I O N<br />
arbeitet mit der Fachkraft für<br />
Arbeitsicherheit zusammen<br />
arbeitet mit dem Betriebsrat<br />
und anderen zuständigen Personen<br />
zusammen<br />
ist Mitglied im Arbeitsschutzausschuss
Mitarbeiterbefragungen können hilfreich sein, um die stimmliche Verfassung von<br />
Sprechberuflern nach ihrem Arbeitstag zu ermitteln. Solche Fragebögen können vom<br />
Arbeitgeber ausgegeben werden, um mögliche Beschwerden zu erfragen und zu erfahren,<br />
ob Maßnahmen zur Prävention notwendig sind. Allerdings werden Stimmbeschwerden<br />
häufig nicht oder zu spät wahrgenommen, wenn über mögliche Symptome nicht im<br />
Vorfeld aufgeklärt wurde.<br />
Beispielfragebogen<br />
Ein Fragebogen zum Selbstcheck<br />
finden Sie auf Seite<br />
36|37 und unter:<br />
www.ccall.de<br />
T H E R A P I E U N D R E H A B I L I T A T I O N V O N S T I M M S T Ö R U N G E N A U S B L I C K L I T E R A T U R A N H A N G 3 3
Qualifizierung<br />
Evaluation<br />
JA 74%<br />
NEIN 26%<br />
Eine Stimmschulung für Sprechberufler ist bereits während der Ausbildung sinnvoll. Einige<br />
Experten sind der Meinung, dass von angehenden Sprechberuflern das Thema Stimme<br />
nicht ernst genug genommen wird, wenn eine Stimmbelastung nicht bereits über einen<br />
längeren Zeitraum stattgefunden hat. Dennoch sollte eine Stimmschulung bereits hier<br />
beginnen, um die Bedeutung des Arbeitsinstrumentes Stimme in den richtigen Kontext<br />
zu stellen. Insgesamt kann man sagen, dass außer in den Berufen, wo künstlerisch oder im<br />
Kontext von elektronischen Medien mit der Stimme gearbeitet wird (Schauspieler, Sänger,<br />
Radio- und Fernsehjournalisten), die Stimm- und Sprechausbildung für Sprechberufler in<br />
Deutschland weder geregelt noch befriedigend gelöst ist. Auch Präventionsangebote<br />
finden nur vereinzelt statt. Aus diesem Grunde gibt es auch noch keine gesicherten<br />
Auskünfte über die Wirksamkeit von Qualifizierungs- und Präventionskonzepten. Es ist<br />
eine alte Erkenntnis, dass durch die Verankerung der Stimmbildung die Lehrerausbildung<br />
die Zahl der Lehrer, die an Stimmstörungen erkranken, verringert werden kann.<br />
Effekte des Stimmtrainings<br />
67%<br />
Ich achte bewußter<br />
auf meine Stimme<br />
30%<br />
Ich räuspere<br />
mich weniger<br />
Durchführung von Übungen im Arbeitsalltag<br />
3 4 E I N F Ü H R U N G G R U N D L A G E N S T I M M S T Ö R U N G E N P R Ä V E N T I O N<br />
Die Evaluation von Stimmtrainings bei Call Center Agents,<br />
die einen Monat nach Stimmtraining durchgeführt wurde,<br />
ergab, dass das Bewusstsein der Teilnehmer für die eigene<br />
Stimme erhöht werden konnte.<br />
Zwei Drittel (N=18) der Teilnehmer gaben an, bewusster<br />
auf ihre Stimme zu achten. 70% (N=19) gaben an, auf ihre<br />
Stimmlage zu achten. 60% (N=15) der Teilnehmer gaben<br />
an, auf die Lautstärke zu achten und mehr zu trinken.<br />
30 % gaben an, sich weniger zu räuspern.<br />
60%<br />
70%<br />
Ich trinke mehr Ich achte auf<br />
meine Stimmlage<br />
60%<br />
Ich achte auf<br />
meine Lautstärke<br />
Weiterhin ergab die Evaluation, dass die meisten Teilnehmer<br />
(74%) die vermittelten Übungen zur Prävention<br />
von Stimmstörungen auch im Alltag angewandt haben.<br />
Ob diese Wirkung nachhaltig ist und ob so dauerhaft<br />
Stimmstörungen vermieden werden können, müsste durch<br />
eine großangelegte Langzeitstudie evaluiert werden.
5<br />
T H E R A P I E U N D R E H A B I L I T A T I O N<br />
V O N S T I M M S T Ö R U N G E N<br />
Treten Symptome einer Stimmstörung über einen<br />
längeren Zeitraum bzw. gehäuft auf, so ist es notwendig,<br />
ihrem Hausarzt die Symptome zu schildern, der dann die<br />
notwendige Überweisung zum Facharzt für Phoniatrie<br />
ausstellen kann. Die Hauptsymptome einer Stimmstörung<br />
sind eine länger andauernde Heiserkeit und eine<br />
mangelnde Belastbarkeit der Stimme. Die Stimme ermüdet<br />
schon nach kurzer Zeit, das Sprechen ist anstrengend.<br />
Weitere Symptome sind: ein trockener Hals, Druck- oder<br />
Kloßgefühl im Hals, Räusperzwang, Wegkippen oder<br />
Wegbleiben der Stimme, vermehrte Schleimbildung und<br />
eine allgemeine Abgespanntheit. Erkältungserkrankungen<br />
und Erkrankungen der oberen Atemwege treten bei allen<br />
Menschen gelegentlich auf. Auch eine nachfolgende<br />
Heiserkeit kann unter Umständen ein paar Tage bestehen<br />
bleiben, ohne dass in jedem Fall eine Stimmstörung<br />
vermutet werden muss. Treten diese Erkrankungen aber<br />
gehäuft auf, so kann auch die berufliche Sprechbelastung<br />
in Verbindung mit auftretenden Risikofaktoren (z.B.<br />
schlechtes Raumklima, ungenügende Kompensation) dazu<br />
beitragen. Eine Heiserkeit, die mehr als 10 Tage unverändert<br />
andauert, sollte in jedem Fall beobachtet werden.<br />
In diesem Fall sollte ein Facharzt aufgesucht werden.<br />
(Hals-, Nase-, Ohrenarzt; Phoniater). Hinter einer lang<br />
andauernden Heiserkeit können sich ernsthafte Erkrankungen<br />
verbergen.<br />
Hilfreich kann auch ein Selbstcheck für Sprechberufler<br />
sein, in dem neben Beschwerden auch Risikofaktoren<br />
erfragt werden.<br />
T H E R A P I E U N D R E H A B I L I T A T I O N V O N S T I M M S T Ö R U N G E N A U S B L I C K L I T E R A T U R A N H A N G 3 5
Selbstcheck<br />
Checkliste Stimme<br />
Bitte beachten Sie: ein solcher Selbstcheck kann und soll eine spezifische Diagnostik<br />
durch den Betriebsarzt, Facharzt und Fachtherapeut nicht ersetzen. Bei dauerhaften<br />
Beschwerden sollten Sie sich in jedem Fall an einen Spezialisten wenden.<br />
Nehmen Sie sich einige Minuten Zeit um die folgenden Fragen zu beantworten. Denken<br />
Sie über die Fragen nach und bewerten Sie in Ihrer Antwort nicht nur den aktuellen Tag,<br />
sondern Ihre allgemeine Situation und Befindlichkeit.<br />
Die Checkliste kann keine genaue Auskunft darüber geben, ob eine Stimmstörung vorliegt<br />
oder nicht. Sie zeigt allerdings auf, ob Sie in Ihrem Beruf einer erhöhten stimmlichen Belastung<br />
ausgesetzt sind und ob sich Beanspruchungssymptome zeigen.<br />
Ich bin oft heiser<br />
Ich muss mich häufig wiederholen,<br />
um verstanden zu werden<br />
Mir bleibt manchmal die Stimme weg<br />
Ich spreche lauter, um andere Geräusche zu übertönen<br />
Ich empfinde das Sprechen oft als anstrengend<br />
Ich fühle mich häufig gestresst<br />
Ich spüre oft einen Druck im Hals<br />
Ich rede immer mehr als die anderen<br />
Mein Hals oder Mund ist oft trocken<br />
Ich leide häufig unter Kopf- oder Nackenschmerzen<br />
3 6 E I N F Ü H R U N G G R U N D L A G E N S T I M M S T Ö R U N G E N P R Ä V E N T I O N<br />
trifft<br />
genau zu<br />
trifft<br />
nicht zu
Ich muss mich häufig räuspern<br />
Nach der Arbeit bin ich oft sprechfaul<br />
Mir brennt häufig der Hals<br />
Ich bin oft unsicher in der Kommunikation<br />
Ich habe häufig ein Kloßgefühl im Hals<br />
Die Luft am Arbeitsplatz ist zu trocken<br />
Ich habe häufig Schleim im Hals<br />
Ich kann nicht so laut sprechen wie andere<br />
Meine Stimme ändert sich im Laufe des Tages.<br />
Sie wird heiser / kratziger / kraftloser / gepresster<br />
Ich verspanne mich häufig beim Sprechen<br />
Ich war wegen meiner Stimme schon beim Arzt<br />
Ich rauche viel<br />
Ich bin nach der Arbeit erschöpft und ausgebrannt<br />
Ich spreche mehr als sechs Stunden am Tag<br />
Die Leute fragen mich häufig, ob ich erkältet oder heiser bin<br />
Ich trinke in der Regel sehr wenig bei der Arbeit und<br />
überwiegend schwarzen Tee oder Kaffee<br />
trifft<br />
genau zu<br />
trifft<br />
nicht zu<br />
Auswertung<br />
Die Aussagen mit den geraden<br />
Zahlen beschreiben<br />
eher Belastungs- bzw. Risikofaktoren<br />
für die Stimme.<br />
Wenn mehrere dieser Aussagen<br />
auf Sie zutreffen, so<br />
haben Sie eine hohe stimmliche<br />
Belastung. Die Möglichkeit,<br />
dass Stimmprobleme<br />
auftreten können, ist<br />
gegeben.<br />
Die Aussagen mit den ungeraden<br />
Zahlen beschreiben<br />
eher Beanspruchungssymptome.<br />
Sie schildern<br />
Stimmprobleme. Treffen<br />
mehrere dieser Aussagen<br />
auf Sie zu, so sollten Sie<br />
einen Facharzt aufsuchen<br />
und abklären lassen, ob eine<br />
Stimmstörung vorliegt.<br />
Spezifische Auswertung im<br />
Internet unter:<br />
www. ccall.de/interaktiv/index.htm<br />
T H E R A P I E U N D R E H A B I L I T A T I O N V O N S T I M M S T Ö R U N G E N A U S B L I C K L I T E R A T U R A N H A N G 3 7
Diagnostik<br />
Fallbeispiel Frau K.:<br />
Zu Beginn der Stimmuntersuchung führt die Ärztin mit Frau K. ein<br />
ausführliches Anamnesegespräch, das der Ärztin einen ersten<br />
Eindruck vermitteln soll. In dem Eingangsgespräch erzählt Frau K.,<br />
welche Beschwerden vorliegen und wann die Beschwerden zum<br />
ersten Mal aufgetreten sind, Die Ärztin möchte auch wissen, wie sie<br />
sich in verschiedenen Situationen genau äußern. Die Ärztin fragt<br />
Frau K. auch genau nach ihrer Stimmentwicklung sowie nach ihrer<br />
beruflichen Tätigkeit. Sie möchte auch wissen, ob es noch andere<br />
Dinge gibt, die Frau K. im Moment belasten.<br />
Laryngoskopie<br />
Danach führt die Ärztin eine Kehlkopfspiegelung durch, um organische<br />
Schäden auszuschließen. Sie findet außer einer leichten Rötung<br />
der Stimmlippen keine Anzeichen einer organischen Veränderung.<br />
Luftröhre<br />
Ansicht bei<br />
Kehlkopfspiegelung<br />
Stroboskopie<br />
Stimmritze<br />
Stimmlippen<br />
Hypopharynx<br />
Supra-glottischer<br />
Raum<br />
Kehldeckel<br />
Darum führt die Phoniaterin auch eine Stroboskopie durch, das heißt<br />
sie „blitzt“ die Stimmlippen, so dass die Bewegungen für das<br />
menschliche Auge sichtbar werden.<br />
Hierbei zeigt sich, dass die Schwingung der Stimmlippen nicht mehr<br />
optimal erfolgt.<br />
3 8 E I N F Ü H R U N G G R U N D L A G E N S T I M M S T Ö R U N G E N P R Ä V E N T I O N<br />
Ob eine Stimmstörung vorliegt, kann und sollte nur von<br />
einem Facharzt festgestellt werden. Fachärzte für die<br />
Stimme sind die Phoniater. Auch Hals-, Nase-, Ohrenärzte<br />
verfügen zum Teil über die notwendigen diagnostischen<br />
Instrumente. Der Facharzt sollte auf die sprechintensive<br />
Tätigkeit hingewiesen werden, weil das unter Umständen<br />
Auswirkungen auf die einzusetzenden Diagnoseverfahren<br />
und die Dokumentation und Behandlung der Erkrankung<br />
haben kann.<br />
Neben der Beurteilung der Stimmfunktion ist die Bewertung<br />
der organischen Grundlagen der Stimme wichtiges<br />
Element der phoniaterischen Diagnostik.<br />
Die Laryngoskopie gehört zur Grundlage jeder Stimmdiagnostik.<br />
Hiermit ist eine erste Beurteilung der Respirations-<br />
und Phonationsstellung der Stimmlippen möglich.<br />
Mit Hilfe eines Kehlkopfspiegels schaut der Phoniater in<br />
den Rachen und auf die Glottisebene des Kehlkopfes.<br />
Bedeutender zur Erfassung von funktionellen Stimmstörungen<br />
ist jedoch eine Stimmfunktionsdiagnostik, die auf<br />
Ebene der Stimmlippenschwingungen beobachtet, wo die<br />
Störung liegt. Dies geschieht durch die Stroboskopie oder<br />
die Glottographie (Hochgeschwindigkeitsaufnahme der<br />
Stimmlippenschwingung).<br />
Wegen ihrer differenzierten Beurteilungsmöglichkeit der<br />
Stimmlippenschwingungen ist die Larynx-Stroboskopie<br />
eine wichtige Untersuchung bei Stimmstörungen. Da<br />
Stimmlippenschwingungen mit so hoher Frequenz erfolgen,<br />
können sie nur mit Hilfe des stroboskopischen Prinzips<br />
sichtbar gemacht werden: durch die Beleuchtung der sich<br />
schnell bewegenden Stimmlippe mit einem Lichtblitz von<br />
der gleichen Frequenz erhält man ein „stehendes Bild“<br />
und kann sich so z.B. die Schließphase der Phonation<br />
ansehen. Moderne Videostroboskopie erlaubt durch eine<br />
Dokumentation den Vergleich zu Vorbefunden.
Die Glottographie ist eine Videoaufnahme mit einer Hochgeschwindigkeitskamera<br />
während der Stimmgebung. Die<br />
Bewertung der Stimmlippenschwingungen durch die<br />
Glottographie ist aussagekräftiger als eine stroboskopische<br />
Diagnostik. Zur Zeit ist die Glottographie noch keine<br />
Routinemethode, da die Kosten zu hoch sind.<br />
Glottographie<br />
Auditive Stimmbeurteilung<br />
Neben den visuellen Verfahren sind die auditiven Verfahren<br />
wichtig, um eine Stimmstörung zu diagnostizieren.<br />
Es werden subjektive oder semi-subjektive Verfahren<br />
eingesetzt. Im ersten Fall werden verschiedene Parameter,<br />
die auf eine gestörte Stimme hinweisen, erfasst<br />
und anhand von Skalen festgehalten (Tonhaltedauer,<br />
Stimmeinsatz, Stimmklang bei lautem u. leisem Sprechen<br />
etc.).<br />
Auch die auditive Beurteilung ergibt, dass eine Störung vorliegt.<br />
Frau K. soll einen Ton anstimmen und so lange halten, wie es<br />
geht. Frau K. kann den Ton nur kurze Zeit halten, außerdem hat sie<br />
Schwierigkeiten die Tonhöhe zu halten.<br />
Es werden auch semi-objektive Verfahren in der Diagnostik<br />
eingesetzt. Dazu werden spezielle Apparate genutzt,<br />
um z. B. eine Stimmfeldmessung durchzuführen oder eine<br />
akustische Analyse durchgeführt (Heiserkeits-Diagramm).<br />
Bei diesen Verfahren wird u. a. der Stimmumfang der<br />
Sprech- und Singstimme festgehalten, die mittlere<br />
Sprechstimmlage ermittelt, der Grad der Heiserkeit bestimmt<br />
und durch einen Test festgestellt, wie die Stimme<br />
auf Belastung reagiert.<br />
Grundsätzlich gilt, je genauer die Diagnostik und Differenzialdiagnostik<br />
vom Arzt vorgenommen wird, desto<br />
spezifischer kann eine Stimmtherapie erfolgen. Auch<br />
eine Erfolgskontrolle der Therapie durch den Arzt wird so<br />
besser möglich.<br />
Akustische Analyse<br />
Außerdem muss Frau K. einen vorgegebenen Text in ein Mikrofon<br />
sprechen, wobei auf einem speziellen Gerät u. a. sichtbar wird, in<br />
welcher Tonhöhe und mit welcher Lautstärke Frau K. spricht.<br />
Die Ärztin diagnostiziert bei Frau K. eine funktionelle Stimmstörung.<br />
Sie schreibt Frau K. für eine Woche krank und verordnet Stimmschonung.<br />
Zusätzlich verschreibt sie eine Stimmtherapie in einer<br />
stimmtherapeutischen Praxis. Sie gibt Frau K. eine Heilmittelverordnung<br />
und die genaue Diagnose mit und empfiehlt ihr eine<br />
logopädische Praxis, mit der sie gute Erfahrungen gemacht hat.<br />
T H E R A P I E U N D R E H A B I L I T A T I O N V O N S T I M M S T Ö R U N G E N A U S B L I C K L I T E R A T U R A N H A N G 3 9
Therapie<br />
Frau K. bekommt nach einer Woche einen Termin bei einem Logopäden.<br />
Sie geht in diese erste Therapiesitzung mit einem mulmigen<br />
Gefühl, da sie nicht weiß, was sie erwartet. Zunächst findet aber ein<br />
normales Gespräch statt, ähnlich wie bei ihrer Ärztin. Allerdings fragt<br />
der Logopäde auch nach Atembeschwerden, Bewegungs- und Haltungsbeschwerden.<br />
Außerdem weist er Frau K. darauf hin, dass eine<br />
Behandlung nur dann erfolgreich ist, wenn sie auch zu Hause die in<br />
der Therapie erlernten Übungen durchführt. Er erläutert Frau K. die<br />
weitere Vorgehensweise und bespricht mit ihr, welche Erwartungen<br />
sie hat. Zuletzt muss Frau K. wieder einen Text sprechen, der vom<br />
Logopäden auf Band aufgezeichnet wird. Es werden zunächst 10<br />
Therapieeinheiten durchgeführt. In der Therapie werden spezifische<br />
Stimmübungen durchgeführt, die Frau K.´s Stimmfunktion bessern<br />
sollen. Außerdem werden Wahrnehmungsübungen, Bewegungs-<br />
und Haltungsübungen und Übungen zur Atmung durchgeführt. Frau<br />
K.´s Stimmprobleme bessern sich, allerdings ist die Stimme immer<br />
noch nicht belastungsfähig. Im Verlaufe eines Arbeitstages nehmen<br />
die Symptome wieder zu. Frau K. bekommt von ihrer Ärztin weitere<br />
Therapieeinheiten verschrieben. In den nächsten Monaten verbessert<br />
sich Frau K´s Stimmklang, was auch durch die regelmäßig<br />
erfolgten Bandaufnahmen dokumentiert wird. Frau K. lernt, wie sie<br />
auch in anstrengenden Situationen mit ihrer Stimme angemessen<br />
umgehen kann. Bei der Arbeit hat sie dadurch kaum noch Probleme<br />
mit ihrer Stimme. Manchmal ist sie selber erstaunt, wie sehr sich<br />
ihre Stimme verändert hat. Nach 5 Monaten ist die Therapie beendet.<br />
Frau K. hätte vorher nie gedacht, dass eine Behandlung so<br />
lange dauert. Als sie das erste Mal zum Arzt ging, dachte sie, dass<br />
ihre Probleme innerhalb kürzester Zeit beseitigt sein würden. Inzwischen<br />
ist Frau K. froh, soviel über die Funktion ihrer eigenen Stimme<br />
gelernt zu haben.<br />
4 0 E I N F Ü H R U N G G R U N D L A G E N S T I M M S T Ö R U N G E N P R Ä V E N T I O N<br />
Qualifizierte Stimmtherapeuten können eine Stimmtherapie<br />
durchführen. In Deutschland sind das: staatl. geprüfte<br />
Atem-, Sprech- und Stimmlehrer, Logopäden, Sprachheilpädagogen<br />
und klinische Sprechwissenschaftler.<br />
In den meisten Fällen nennen die verschreibenden Ärzte<br />
Therapeuten, mit denen sie gute Erfahrungen gemacht<br />
haben. Auch die Krankenkassen haben Listen mit erprobten<br />
und spezialisierten Therapeuten. Je nach Leidensdruck<br />
findet die Therapie anfangs zweimal die Woche bis täglich<br />
statt. Reichen die Therapieeinheiten nicht aus, so wird<br />
nach weiterführenden Untersuchungen eine Folgeverordnung<br />
erstellt. Die Therapie kann nach sechs Wochen<br />
beendet sein, sie kann aber auch sechs Monate dauern. In<br />
der Regel ist es mit 10 Therapieeinheiten nicht getan. Bei<br />
Sprechberuflern ist häufig auch eine berufliche Wiedereingliederung<br />
notwendig. Hierbei wird vom behandelnden<br />
Phoniater nach Rücksprache mit dem Arbeitgeber ein<br />
Wiedereingliederungsplan erstellt, der den Patienten stufenweise<br />
(z.B. durch die sukzessive Erhöhung der täglichen<br />
Arbeitsstunden oder die Einschränkung von Tätigkeiten)<br />
wieder an die Erwerbstätigkeit heranführt.<br />
Therapieinhalte Bevor die Therapie beginnt, wird auch der Stimmtherapeut ein ausführliches Anamnesegespräch<br />
durchführen, um festzustellen, was die Stimmstörung verursacht haben<br />
könnte. Beobachtet wird hierbei auch, ob eine erhöhte Körperspannung vorliegt und<br />
wie der Patient atmet. Auch Gestik und Mimik, die Artikulation, die Steh- oder Sitzhaltung<br />
werden in die Therapieplanung mit einbezogen. Darüber hinaus wird zu Beginn der Therapie<br />
eine Tonaufnahme erstellt, um den Verlauf der Therapie durch Vergleichsaufnahmen<br />
zu einem späteren Zeitpunkt darstellen zu können. Auch der Patient selber kann so Erfolge<br />
nachvollziehen. In der Therapie werden stimmschädigende Verhaltensweisen aufgezeigt<br />
und durch gezielte Übungen abgestellt. Ein ökonomischer und gesunderhaltender<br />
Umgang mit der Stimme wird vermittelt. In Anlehnung an die Differenzialdiagnose wird<br />
so im Optimalfall eine störungsspezifische Therapie durchgeführt.<br />
Die Inhalte und Übungen ähneln denjenigen, die bereits im Präventionsteil vorgestellt<br />
wurden, nur verläuft eine Therapie spezifischer im Hinblick auf die Störungsursache und<br />
die Störungsart. Häufig werden auch Atem- und Entspannungsübungen angeboten.<br />
In der Logopädie / Sprachheilpädagogik bzw. Klinischen Sprechwissenschaft sind viele<br />
verschiedene Methoden der Stimmtherapie entwickelt und erprobt worden. Gute<br />
Therapeuten kennen und arbeiten mit mehreren Methoden. Allerdings ist für den<br />
Patienten weniger entscheidend, mit welcher Methode ein Therapeut arbeitet, als<br />
vielmehr, ob er oder sie sich gut aufgehoben und betreut fühlt. Die Arbeit an der Stimme<br />
ist etwas sehr Persönliches und kann nur funktionieren, wenn ein Vertrauensverhältnis<br />
zwischen Patient und Therapeut entsteht. Darüber hinaus ist es für den Patienten wichtig,<br />
darauf zu achten, ob die in der Therapie erreichten Effekte auch im Alltagsleben Bestand<br />
haben. Es ist Aufgabe des Therapeuten, dies zu gewährleisten.
Stimmtherapien werden nicht nur ambulant durchgeführt, sondern auch stationär. Eine<br />
Stimmheilkur bietet neben den stimmspezifischen Interventionen auch medizinische und<br />
physiotherapeutische Anwendungen, Entspannungsverfahren, Psychotherapie, Atemtherapie<br />
und Akupädie. Eine Kur dauert vier Wochen und kann bei Bedarf verlängert<br />
werden. Sie kann bei Patienten erforderlich sein, bei denen in ihrer normalen Umgebung<br />
aufgrund besonderer Umstände keine Heilung möglich zu sein scheint.<br />
Die Erfolge von Stimmtherapien sind unbestritten. In den meisten Fällen verschwinden<br />
die akuten Symptome der Stimmstörung durch die Therapie und es kann bewirkt<br />
werden, dass die Stimme auch im Alltag und Beruf befriedigend genutzt werden kann.<br />
Die Patienten werden insgesamt für ihre Stimme und auftretende Stimmbeschwerden<br />
sensibilisiert, so dass auch im Fall wieder auftretender Beschwerden und Symptome<br />
angemessene Gegenmaßnahmen ergriffen werden können, noch bevor sich eine weitere<br />
Stimmstörung manifestiert. Die Erfolge werden auch durch den behandelnden Arzt<br />
kontrolliert, der anhand objektiver Diagnoseverfahren (s.o.) abklären kann, ob sich am<br />
Stimmstatus etwas verändert hat.<br />
Dennoch kann es zu Rückfällen kommen, speziell dann, wenn sich an den beruflichen<br />
Stimmanforderungen nichts ändert. In solchen Fällen sollte das weitere Vorgehen mit<br />
dem behandelnden Arzt und dem Therapeuten abgeklärt werden. In Extremfällen kann ein<br />
Berufswechsel notwendig sein.<br />
Eine erfolgreich durchgeführte Stimmtherapie kann Veränderungen bewirken, die über<br />
den verbesserten Stimmklang hinaus reichen. Manche Patienten berichten von einem<br />
gesteigerten Selbstwertgefühl oder von weitreichenden, positiven Veränderungen im<br />
privaten und|oder beruflichen Leben.<br />
Stimmheilkur<br />
Erfolge von Stimmtherapien<br />
T H E R A P I E U N D R E H A B I L I T A T I O N V O N S T I M M S T Ö R U N G E N A U S B L I C K L I T E R A T U R A N H A N G 4 1
6<br />
A U S B L I C K<br />
Obwohl es schon seit den dreißiger Jahren Studien zu<br />
Stimmbeschwerden und Stimmstörungen bei Sprechberuflern<br />
gibt, wird diesem Thema nicht die Beachtung<br />
geschenkt, die notwendig ist, um Stimmstörungen zu<br />
verhindern.<br />
Einige Menschen mit Stimmproblemen haben gelernt<br />
damit umzugehen, sie empfinden keinen Leidensdruck<br />
und kommen auch in ihrem Beruf gut zurecht. Andere<br />
versuchen ihre Beschwerden durch häufig ungeeignete<br />
Maßnahmen zu kompensieren und entwickeln dadurch<br />
Stimmstörungen, die letztendlich auch ihre berufliche<br />
Existenz bedrohen können.<br />
Aus der Literatur ist bekannt, dass viele Sprechberufler<br />
jahrelang mit ihren Beschwerden leben, bevor sie sich<br />
professionelle Hilfe suchen. Auch den Unternehmen entsteht<br />
ein nicht zu unterschätzender Schaden durch die<br />
Mitarbeiter, die aufgrund ihrer Stimmprobleme nicht voll<br />
einsatzfähig sind, krankheitsbedingt fehlen oder von den<br />
Kunden als Gesprächspartner abgelehnt werden.<br />
Durch mehr Aufklärung über die Stimme und ihre Störungen<br />
und die Vermittlung geeigneter Präventionsmaßnahmen<br />
trägt diese Schrift dazu bei, Arbeitnehmern<br />
in Sprechberufen und Unternehmern die richtigen Instrumente<br />
an die Hand zu geben, um einen möglichen<br />
Schaden abzuwenden.<br />
4 2 E I N F Ü H R U N G G R U N D L A G E N S T I M M S T Ö R U N G E N P R Ä V E N T I O N
T H E R A P I E U N D R E H A B I L I T A T I O N V O N S T I M M S T Ö R U N G E N A U S B L I C K L I T E R A T U R A N H A N G 4 3
7<br />
L I T E R A T U R<br />
Berger, R. (1998). Stimm- und Sprachbefunde bei Pädagogikstudenten. In H. Gundermann (Hrsg.). Die Ausdruckswelt der<br />
Stimme. 1. Stuttgarter Stimmtage. Heidelberg: Hüthig.<br />
<strong>CCall</strong> (2001b). Call Center Agent als Sprechberuf – Belastungsfaktoren und Stimmerkrankungen, <strong>CCall</strong> Report 2,<br />
Verwaltungs-Berufsgenossenschaft, Hamburg März 2001.<br />
<strong>CCall</strong> (2002). Maßnahmen zur Verhütung von Stimmstörungen. <strong>CCall</strong> Report 15. Hamburg Verwaltungs-<br />
Berufsgenossenschaft Juni 2002.<br />
<strong>CCall</strong> Tool 5 (2002): Stimmtraining für Call Center Agenten. Hamburg: Verwaltungs-Berufsgenossenschaft<br />
<strong>CCall</strong> Tool 6 (2002): Stimmbeschwerden, was tun?. Hamburg: Verwaltungs-Berufsgenossenschaft<br />
<strong>CCall</strong>-Infoline Modul (2002): Stimmig arbeiten im Call Center. Lösungen für Stimmbeschwerden. Hamburg: Verwaltungs-<br />
Berufsgenossenschaft: Juni 2002.<br />
Coblenzer, H., Muhar , F. (1999). Atem und Stimme – Anleitung zum guten Sprechen (18. Auflage). Wien: öbv & hpt.<br />
dgs Deutsche Gesellschaft für Sprachheilpädagogik e.V. (Hrsg.). (1998). Stimmstörungen bei Jugendlichen und<br />
Erwachsenen. Emsdetten: Lechte Druck.<br />
Eckert, H., Laver, J. (1994). Menschen und ihre Stimmen. Weinheim: Beltz, Psychologie- Verlags- Union.<br />
Grohnfeldt, M. (1994). Handbuch der Sprachtherapie, Bd. 7: Stimmstörungen. Berlin: Ed. Marhold im Wiss.- verl. Spiess.<br />
Gundermann, H. (1991). Die Krankheit der Stimme – die Stimme der Krankheit. Stuttgart: G. Fischer.<br />
Gundermann, H. (1995). Heiserkeit und Stimmschwäche – ein Leitfaden zur Selbsthilfe, wenn die Stimme versagt.<br />
( 4. Aufl.). Stuttgart. G. Fischer.<br />
Hammann, C. (1996). Stimmstörungen im Lehrberuf – eine unumgängliche Berufserkrankung? In: Die Sprachheilarbeit-<br />
Fachzeitschrift für Sprachbehindertenpädagogik 41 , 75-88.<br />
Hammann, C. (2001). Von „voice care” bis „Effective Speaking”. In: In: Die Sprachheilarbeit-Fachzeitschrift für Sprachbehindertenpädagogik<br />
46, 254-262.<br />
Haupt, E. (2000). Stimmt’s? Stimmtherapie in Theorie und Praxis. Idstein: Schulz- Kirchner.<br />
Heidelbach, J.-G. (1991). Stimmprobleme bei der stimmintensiven beruflichen Tätigkeiten – eine Krankheit der Stimme?<br />
In H. Gundermann (Hrsg.). Die Krankheit der Stimme – die Stimme der Krankheit. Stuttgart: G. Fischer.<br />
Heidelbach, J-G. (1994). Stimmprobleme bei stimmintensiven Berufen. In M. Grohnfeldt (Hrsg.). Handbuch der Sprachtherapie,<br />
Bd. 7: Stimmstörungen. Berlin: Ed. Marhold im Wiss.- verl. Spiess.<br />
Horst [Hrsg.] (1991): Die Krankheit der Stimme – die Stimme der Krankheit. Stuttgart: G. Fischer.<br />
Jansen, N. (2001). Arbeitsbedingungen im Call Center – Belastungen und Beanspruchungen im Outbound Bereich.<br />
Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW.<br />
Jessen, M. (2000). Der Einfluss von Stress auf Sprache und Stimme. In H. K. Geissner, (Hrsg.]). Stimme hören.<br />
2. Stuttgarter Stimmtage. St. Ingbert: Röhrig.<br />
Jones, K.; Sigmon, J.; Hock, L.; Nelson, E; Sullivan, M.; Ogren, F.: Prevalence and Risk Factors for Voice Problems<br />
Among Telemarketers. Poster Presented at the AAO-HNSF / ARO Research Forum during the 2001 Annual<br />
Meeting of the American Academy of Otolaryngology-Head and Neck Surgery Foundation in Denver, Colorado<br />
September 10 – 11, (2001).<br />
Kitzing, P. Akerlund, L. (1991). Änderungen der Sprechstimmlage im Stimmbelastungstest. In H. Gundermann (Hrsg.).<br />
Die Krankheit der Stimme – die Stimme der Krankheit. Stuttgart: G. Fischer.<br />
Kruse, E. (2001). Systematik der konservativen Stimmtherapie. In G. Böhme (Hrsg.). Sprach-, Sprech-, Stimm- und<br />
Schluckstörungen. Band 2: Therapie. München, Jena: Urban&Fischer.<br />
Lazarus, H.; Parthey, W.; Schust, M. (2001): “Gefährdungsanalyse - Lärm”; in: Ratgeber zur Ermittlung gefährdungsbezogener<br />
Arbeitsschutzmaßnahmen im Betrieb (S. 235-255), Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und<br />
Arbeitsmedizin, Sonderschrift S 42, 3. Auflage. Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 2001.<br />
Long J, Williford HN, Olson MS, Wolfe V. Voice problems and risk factors among aerobics instructors. J Voice. 1998;<br />
12:197-207.<br />
Mathelitsch, L., Friedrich, G. (2000). Die Stimme. Instrument für Sprache, Gesang und Gefühl. Wien: öbv & hpt.<br />
Oetken-Ishorst, E., Zückner, H. (1998) . Stimmschulung als Prophylaxe gegen Stimmstörungen von BerufssprecherInnen.<br />
Forum Logopädie ,1998, 4, 17-19.<br />
Pascher, W. (1991). Die Dysphonie – das Hauptsymptom der Stimmkranken? Die Bedeutung unklarer Halssymptomatik<br />
ohne nachweisbare Stimmfunktionsstörung. In H. Gundermann (Hrsg.). Die Krankheit der Stimme – die Stimme der<br />
Krankheit. Stuttgart: G. Fischer.<br />
Pfau, E.-M., Streubel, H.-G. (1982). Die Behandlung der gestörten Sprechstimme- Stimmfunktionstherapie.<br />
Leipzig: Georg Thieme.<br />
4 4 E I N F Ü H R U N G G R U N D L A G E N S T I M M S T Ö R U N G E N P R Ä V E N T I O N
Rantala, L.; Lindholm, P.; Vilkman, E. (1998). FO change due to voice loading under laboratory and field conditions.<br />
A pilot study. Logopedics Phoniatrics Vocology, 1998, 23(4), 164-168.<br />
Ruben RJ (2000) Redefining the survival of the fittest: communication disorders in the 21 century. Laryngoscope 111:<br />
241-245.<br />
Scholz, J.F. (1991). Auswirkungen der Belastungen und Beanspruchungen im Arbeitsleben auf die Stimme.<br />
In H. Gundermann (Hrsg.). Die Krankheit der Stimme – die Stimme der Krankheit. Stuttgart: G. Fischer.<br />
Sihvo, M.; Alku, P.; Lauri, E-R.; Vilkman, E. (1999). Effects of ergonomic and environmental factors on phonation at a<br />
low pitch. Logopedics Phoniatrics Vocology, 24 84-91.<br />
Simberg S, Laine A, Sala E, Rönnemaa A-M (2000) Prevalence of voice disorders among future teachers.<br />
J Voice 14:231-235.<br />
Skupio, V., Hammann, C. (2000). Stimm- und Sprecherziehung an deutschen Universitäten – eine Untersuchung der dgs.<br />
In: In: Die Sprachheilarbeit-Fachzeitschrift für Sprachbehindertenpädagogik 45 , 75-88.<br />
Smith E, Lemke J, Taylor M, Kirchner HL, Hoffman H. Frequency of voice problems among teachers and other occupations.<br />
J Voice. 1998;12:480-488.<br />
Titze IR, Lemke J, Montequin D.: Populations in the U.S. workforce who rely on voice as a primary tool of trade:<br />
a preliminary report. J Voice. (1997), 11 S. 254-259.<br />
Verdolini, K., Ramig, L.O. (2001) Review: Occupational risks for voice problems. Logopedics Phoniatrics Vocology,<br />
26, 37-46.<br />
Vilkman, E. (2000). Voice problems at work: a challenge for occupational safety and health arrangement. Folia Phoniatrica<br />
et Logopaedica, 2000, 52, 120-125.<br />
Wendler, J., Seidner, W. (1987). Lehrbuch der Phoniatrie. (2. Aufl.) Leipzig: Thieme.<br />
Weitere Links zum Thema Stimme<br />
info<br />
T H E R A P I E U N D R E H A B I L I T A T I O N V O N S T I M M S T Ö R U N G E N A U S B L I C K L I T E R A T U R A N H A N G 4 5<br />
www.intervoice.de<br />
www.dgss.de<br />
www.dgpp.de
8<br />
A N H A N G<br />
Wie finde ich einen Therapeuten in meiner Nähe?<br />
http://www.dba-ev.de<br />
http://www.dbks.net<br />
http://www.dbl-ev.de<br />
http://www.dbs-ev.de/index2.htm<br />
http://www.dgs-ev.de/index3.htm<br />
http://www.dvaap.de/<br />
Wer bietet Stimmkurs an?<br />
CJD Schule Schlaffhorst-Andersen Bad Nenndorf<br />
Bornstraße 20<br />
31542 Bad Nenndorf<br />
Telefon: 05723 / 9418-0<br />
Fax: 05723 / 9418-18<br />
E-Mail : info@schlaffhorst-andersen.de<br />
http://www.schlaffhorst-andersen.de<br />
Deutscher Bundesverband Klinischer Sprechwissenschaftler e.V.<br />
Hilgenfeldweg 6<br />
07743 Jena<br />
Email: servicedbks@aol.com<br />
www.dbks.net<br />
Deutscher Bundesverband für Logopädie e.V. (dbl)<br />
Bundesgeschäftsstelle<br />
Augustinusstraße 11 a<br />
50226 Frechen<br />
Telefon: 02234 - 69 11 53<br />
Telefax: 02234 - 96 51 10<br />
E-Mail: info@dbl-ev.de<br />
http://www.dbl-ev.de<br />
Deutscher Bundesverband der Sprachheilpädagogen (dbs)<br />
Goethestraße 16<br />
47441 Moers<br />
Tel: (02841) 988 919<br />
Fax: (02841) 988 914<br />
Email: info@dbs-ev.de<br />
http://www.dbs-ev.de<br />
4 6 E I N F Ü H R U N G G R U N D L A G E N S T I M M S T Ö R U N G E N P R Ä V E N T I O N<br />
Namen und Adressen von Therapeuten in Ihrer Nähe<br />
erhalten Sie von Ihrem Phoniater oder Hals-, Nase-,<br />
Ohrenarzt. Im Internet finden Sie auf folgenden Seiten<br />
die Adressen von Stimmtherapeuten, die zum Teil nach<br />
Regionen und|oder Therapieschwerpunkten sortiert sind.<br />
Informationen über Stimmkurse oder Stimmseminare<br />
für Sprechberufler oder Interessierte erhalten Sie unter<br />
folgenden Adressen:<br />
Deutsche Gesellschaft für Sprachheilpädagogik e.V. (dgs)<br />
Goldammerstraße 34<br />
12351 Berlin<br />
Tel: 030 / 661 6004<br />
Fax: 030 / 661 6024<br />
Email: info@dgs-ev.de<br />
http://www.dgs-ev.de<br />
Deutsche Vereinigung für Atemrhythmisch Angepasste<br />
Phonation nach Coblenzer / Muhar e.V. (dvaap)<br />
c/o Uwe Schürmann<br />
Peterstraße 5<br />
D-48151 Münster<br />
Telefon: 0251-7779708<br />
Telefax: 0251-7779709<br />
e-mail: office@dvaap.de<br />
www.dvaap.de<br />
TekoMedia GmbH<br />
Castroper Str. 12<br />
44791 Bochum<br />
Tel: (0234) 89390<br />
Fax: (0234) 893928<br />
Email: as@tekomedia.de<br />
www.tekomedia.de
T H E R A P I E U N D R E H A B I L I T A T I O N V O N S T I M M S T Ö R U N G E N A U S B L I C K L I T E R A T U R A N H A N G 4 7
Für die Unterstützung bei der Erstellung<br />
dieser Informationsschrift danken wir:<br />
Deutsche Gesellschaft für<br />
Phoniatrie und Pädaudiologie e.V.<br />
Impressum<br />
Herausgeber<br />
Verwaltungs-Berufsgenossenschaft, Hamburg<br />
Koordination<br />
Dr. Ralf Schweer, Verwaltungs-Berufsgenossenschaft<br />
Texterstellung<br />
Anja Sportelli, Tekomedia GmbH<br />
Gestaltung | Grafik<br />
Karen Weinert<br />
Fotos<br />
Anja Sportelli<br />
C. Borland<br />
Nikolaus Brade<br />
Joachim Giesel<br />
Jo Kirchherr<br />
Jürgen Männl<br />
Illustration<br />
Henriette Rintelen<br />
<strong>CCall</strong>-Projektteam<br />
Verwaltungs-Berufsgenossenschaft Dresden<br />
Schützenhöhe 26<br />
01099 Dresden<br />
Internet: www.ccall.de<br />
E-Mail: info@ccall.de<br />
Abteilung Phoniatrie und Pädaudiologie der<br />
Städtischen Kliniken Dortmund<br />
Praxis für Logopädie Sabine Lemke, Dortmund<br />
Deutscher Bundesverband<br />
der Sprachheilpädagogen<br />
Deutsche Gesellschaft für<br />
Sprachheilpädagogik<br />
Deutscher Bundesverband<br />
Klinischer Sprechwissenschaftler<br />
Deutscher Bundesverband<br />
für Logopädie