Semiotische Strukturen und Prozesse - Universität Klagenfurt
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Vorwort<br />
Mein neues Buch präsentiert 40 kürzere <strong>und</strong> längere Aufsätze, in denen die mathematische<br />
Semiotik weiterentwickelt wird, deren F<strong>und</strong>amente ich in meinem Buch “Gr<strong>und</strong>legung einer<br />
mathematischen Semiotik” (<strong>Klagenfurt</strong> 2007) gelegt hatte. Es geht also zunächst einmal<br />
mehr um den Nachweis, dass die Semiotik keine bloß hermeneutische Disziplin ist, welche<br />
in den Text- <strong>und</strong> Bildwissenschaften <strong>und</strong> gelegentlich auch in anderen heterogenen Disziplinen<br />
in inkonsistenter Weise angewandt wird, sondern, ähnlich wie die mathematische<br />
Logik, ein Teil der Mathematik ist. In einer mathematischen Semiotik wird also mit Bedeutung<br />
<strong>und</strong> Sinn gerechnet, was vom Standpunkt der monokontexturalen aristotelischen Logik<br />
aus sicher wie ein “Harakiri” (Prof. Dr. Frieder Nake zum gegenwärtigen Autor) ausschauen<br />
muss. Im Rahmen einer polykontexturalen, nicht-klassischen Logik jedoch erweitert das<br />
Rechnen mit Bedeutung <strong>und</strong> Sinn natürlich in immenser Weise das angestammte Feld der<br />
traditionellen Mathematik. Es liegt im vorliegenden Buch also wie schon in meiner “Gr<strong>und</strong>legung”<br />
- um einen Vergleich zu wagen – Ähnliches vor, wie wenn die Niederländer mit<br />
ihren Marschen <strong>und</strong> Poldern dem Meer Land abgewinnen, um das eigene Land zu erweitern.<br />
Es geht somit, <strong>und</strong> das sei hier betont, nicht um eine neue Variante der bekannten Krankheit<br />
der Kybernetik, durch die Anwendung mathematischer Methoden in geisteswissenschaftlichen<br />
Fächern diese letzteren “kontrollierbar” zu machen, sondern es geht schlicht <strong>und</strong><br />
einfach um das meines Erachtens erregende Experiment, mathematische <strong>Strukturen</strong> in a<br />
priori nicht-mathematischen Gebieten zu entdecken <strong>und</strong> freizulegen.<br />
Schaut man sich die Entwicklung der Mathematik der letzten Jahrzehnte an, erkennt man,<br />
dass zahlreiche neue Begriffe, Theoreme <strong>und</strong> ganze Gebiete aus der Computerwissenschaft<br />
stammen. Da auch die Entwicklung der mathematischen Semiotik letztendlich auf deren<br />
Implementierung in Computern abzielt, ist diese Entwicklung zu begrüßen, denn die<br />
Informatik hat bewiesen, dass sie imstande ist, schon alleine die traditionelle Mathematik zu<br />
erweitern. Besonders im Rahmen der Objektorientierten Programmierung sind Konzepte<br />
wie Bigraphen <strong>und</strong> Petri-Netze, ist das ganz neue Gebiet der Coalgebra eingeführt <strong>und</strong><br />
weitgehend ausgebaut worden, die rückwirkend natürlich auch innerhalb der Semiotik<br />
untersucht werden mussten. Innerhalb der Polykontexturalitätstheorie ist die Diamanten-<br />
Theorie entwickelt worden. Ferner stelle ich mit einer gewissen Befriedigung fest, dass meine<br />
ursprüngliche Überzeugung, dass die Semiotik konsequent auf die Kategorietheorie begründet<br />
werden sollte, durch die gegenwärtig zu betrachtende Tendenz einer “categorification”<br />
<strong>und</strong> einer “decategorification” innerhalb der Informatik eine gewisse Bestätigung zu finden<br />
scheint.<br />
Mein vorliegendes neues Buch setzt damit nicht nur meine “Gr<strong>und</strong>lagen” fort, sondern auch<br />
die ersten Ideen zu einer polykontexturalen Semiotik, die ich in “Die Hochzeit von Semiotik<br />
<strong>und</strong> Struktur” (<strong>Klagenfurt</strong> 2003) publiziert hatte sowie auch die Begründung einer<br />
komplexen Semiotik, die den zentralen Gegenstand meines Buches “Zwischen den Kontexturen”<br />
(<strong>Klagenfurt</strong> 2007) bildet. Einzelne Kapitel nehmen sogar Bezug auf meine übrigen<br />
in der <strong>Klagenfurt</strong>er Reihe publizierten Bücher, insbesondere “Semiomorphogenetische<br />
Stabilität <strong>und</strong> Instabilität” (<strong>Klagenfurt</strong> 2007) sowie “In Transit” (<strong>Klagenfurt</strong> 2008).<br />
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