Ethologie - Burkhard Schlemmer
Ethologie - Burkhard Schlemmer
Ethologie - Burkhard Schlemmer
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Ethologie</strong><br />
(Die Lehre von den Verhaltensweisen der Lebewesen)<br />
Die Verhaltensforschung (<strong>Ethologie</strong>) untersucht das beobachtbare Verhalten<br />
von Tier und Mensch.<br />
Definition ist schwierig und lückenhaft (Z.B. Zähneknirschen im Schlaf → Verhaltensweise?)<br />
Definitionsversuch:<br />
Als Verhaltensweisen gelten Bewegungen, Körperhaltungen, Lautäußerungen<br />
sowie äußerlich erkennbare Veränderungen z.B. Duftabsonderungen oder<br />
Farbveränderungen, wenn sie der gegenseitigen Verständigung dienen.<br />
Einteilung von Verhaltensweisen in Funktionskreise:<br />
1) Fortpflanzungsverhalten: Sexualverhalten<br />
2) Fortpflanzungsverhalten: Brutpflegeverhalten<br />
3) Agonistisches (agonistikos=kämpferisch) Verhalten: aggressives Verhal-<br />
ten<br />
4) Agonistisches Verhalten: Fluchtverhalten<br />
5) Nahrungsverhalten<br />
6) Sozialverhalten<br />
7) Rangordnungsverhalten<br />
8) Komfortverhalten: Säuberungsverhalten<br />
→ Übungsbeispiel im Unterricht!
Im Allgemeinen unterscheiden die Verhaltensforscher zwischen<br />
deskriptiver und experimenteller <strong>Ethologie</strong>:<br />
• Die deskriptive (beschreibende) <strong>Ethologie</strong>:<br />
Forschungsmethodik liegt im Erstellen einer genauen Bestandsaufnahme<br />
über das Verhalten eines Art von Lebewesen Ethogramm.<br />
Sie setzt eine dauernde Beobachtung voraus und wird durch moderne<br />
technische Hilfsmittel sehr erleichtert (Tonband, Video, Funk, . . . )<br />
Die d.E. ermittelt Ablauf und zeitliche Organisation bestimmter Verhaltensweisen!<br />
Beachte bei der Erstellung von Ethogrammen:<br />
O Verwendung von neutralen, objektiven – möglichst unbelasteten –<br />
Begriffen.<br />
O sachlich schreiben, keine menschlichen Gefühle unterstellen, d. h.<br />
keine Anthropomorphismen.<br />
→ Siehe Textvergleich BREHM/GRZIMEK zum Thema „Der Eichelhäher“<br />
Die beiden am häufigsten angewandten Methoden:<br />
A) Die Focusmethode:<br />
Ein Individuum wird während der Stichprobenzeit ununterbrochen<br />
beobachtet, z. B. 15 Minuten lang.<br />
→ Verhalten notieren (aus- und eingehendes), oder nur das Auftreten<br />
bestimmter Verhaltenskategorien.<br />
In täglich wechselnder Reihenfolge werden mehrere oder alle Tiere<br />
der Gruppe unter Beobachtung gestellt.<br />
Vorteil: sehr detaillierte Protokolle und für die Focuszeit gelten reale<br />
Häufigkeiten.<br />
Nachteil: Pro Zeiteinheit kann nur ein Tier beobachtet werden.<br />
B) Die Scanmethode<br />
Verhalten eines Individuums wird in regelmäßigen Intervallen erfasst<br />
und notiert. Als Intervalle empfehlen sich Zeiten zwischen 15 Sekunden<br />
und 10 Minuten. Am besten geht man bei Gruppenbeobachtung die<br />
Individuen der Reihe nach durch, links oder rechts beginnend.
Man sollte sich bei dieser Methode auf einige wenige Verhaltenskategorien<br />
beschränken, das gestaltet die Durchführung etwas einfacher.<br />
Vorteil: Man kann zahlreiche Tiere nahezu gleichzeitig überwachen.<br />
Nachteil: weniger detailliertes Protokoll, kurze und seltene<br />
Verhaltenssequenzen sind kaum zu erfassen, nur relative Häufigkeiten,<br />
nämlich den prozentualen Anteil der Intervallpunkte mit einem<br />
bestimmten Verhalten.<br />
Focus- und Scanmethode lassen sich miteinander kombinieren, indem<br />
man im Anschluss an die Focusbeobachtung die gesamte Gruppe<br />
hinsichtlich einer bestimmten Kategorie scannt. Beispiel: Ein Tier wird<br />
15 Minuten lang beobachtet, danach notiert man Zusatzdaten wie<br />
die Abstände zu Nachbartieren und den Aufenthaltsort.<br />
Demonstrationsbeispiel:<br />
Beobachtung von Sandwespen führt zu folgendem Ethogramm:<br />
Das Sandwespenweibchen legt ein Ei in ein selbst gerabenes Erdnest, in<br />
welches zuvor eine tote oder gelähmte Raupe eingetragen wurde. <br />
Nest wird verschlossen.<br />
Nach dem Schlüpfen der Larve kehrt das Weibchen zurück und bringt<br />
je nach Bedarf neue Beutetiere heran.<br />
Größe und Anzahl der eingebrachten Beutetiere richtet sich nach<br />
Größe und Nahrungsverbrauch der Larve steigt!<br />
• Die experimentelle <strong>Ethologie</strong>:<br />
Durch künstliche Eingriffe lassen sich Aussagen über die Auslöser bestimmter<br />
Verhaltensweisen treffen:<br />
→ Zum Demobeispiel „Sandwespe“:<br />
Durch das reine Ethogramm kann nicht ermittelt werden, ob das Weibchen<br />
automatisch immer mehr Nahrung heranbringt, oder ob der Nachschub<br />
dem Verbrauch angeglichen wird!<br />
Die exp. <strong>Ethologie</strong> kann hier weiter helfen:<br />
Im Experiment wird das Weibchen getäuscht, indem man in seiner Abwesenheit<br />
neue Raupen hinzufügt oder Raupen entfernt Die Wespe passt<br />
sich der Situation an, indem sie bei Bedarf mehr oder weniger Raupen heranbringt.
aber:<br />
Eine Änderung des Nestinhaltes wird nur dann richtig beantwortet, wenn<br />
diese vor dem morgendlichen „Kontrollgang“ der Wespe erfolgt. Die Information<br />
für die Tagesration wird also am Morgen für den ganzen Tag gewonnen<br />
und kann anschließend nicht mehr verändert werden!<br />
Grundverhaltensweisen bei Tier und Mensch<br />
Reflexe<br />
Man versteht darunter angeborene, festgelegte Zuordnungen von Reizen und<br />
Reaktionen. Meist einfache Reflexbögen Beschreibung durch Leitung des<br />
AP durch das NS Reflexbogen (Kniesehnenreflex)<br />
Reflexe verlaufen immer unwillkürlich, d.h., sie können nicht beeinflusst werden.<br />
Man unterscheidet zwei Reflexarten:<br />
a) der unbedingte Reflex:<br />
Immer angeboren, keine Erfahrung mit dem betreffenden Reiz notwendig<br />
• Schutzreflexe: Lidschlussreflex, Rückziehreflex, Nies-, Husten- und Brechreflex,<br />
Pupillenreflex<br />
• Muskelreflexe zur Konstanthaltung der Muskellänge: Kniesehnenreflex<br />
• Reflexe zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichtes<br />
• Reflexe im Bereich des vegetativen Nervensystems<br />
Exp. von Pawlow (Reiz = Anblick oder Geruch von Futter, Reaktion =<br />
Produk-<br />
tion von Verdauungssekreten)<br />
Die meisten Reflexe sind durch eine kurze Ablaufdauer gekennzeichnet,<br />
eine Ausnahme bildet der Klammerreflex junger Primaten!<br />
b) der bedingte Reflex:<br />
er stellt bereits einen einfachen Lernprozess dar.
Das Versuchstier wird einem Reiz ausgesetzt (=Orginalreiz z.B. Futter).<br />
Gleichzeitig wird ein Signalreiz engeboten der völlig unabhängig ist (z.B.<br />
ein Geräusch oder ein Lichtsignal)<br />
Nach einiger Zeit kann dieser Signalreiz alleine ebenfalls die Reaktion auslösen.<br />
Bedingte Reflexe sind jedoch auslöschbar!<br />
Instinkthandlungen<br />
Definition:<br />
Meist komplizierte Bewegungs- oder Verhaltenskombinationen, die durch bestimmte<br />
Reize oder Reizfolgen ausgelöst werden, so genannte Schlüsselreize!<br />
Beispiele für Schlüsselreize:<br />
• Zecken:<br />
• Amselnestlinge:<br />
o Schlüsselreiz 1: Buttersäure(Abbauprodukt von Schweiß), Kohlendioxid<br />
u.a.<br />
Zecke nimmt eine suchende Haltung ein, indem sie ihre Taster mit<br />
dem Haller´schen Organ suchend hin und her bewegt.<br />
o Schlüsselreiz 2: Wärmestrahlung und Feuchtigkeit.<br />
Zecke klammert sich fest, sucht einen geschützten Ort auf (warm,<br />
feucht, dunkel) und beginnt Blut zu saugen<br />
Das „Sperren“ der Jungvögel kann durch zwei Schlüsselreize ausgelöst<br />
werden:<br />
aber:<br />
o Erschütterungen am Nestrand<br />
o Plötzliche Schattenbildung über dem Nest<br />
Bei erstmaliger Imitation eines Schlüsselreizes liegt die Reizschwelle<br />
sehr niedrig Schwacher Reiz notwendig!<br />
Bei Erfolglosigkeit und wiederholter Imitation steigt die Reizschwelle<br />
laufend an, bis schließlich der Reiz nicht mehr beantwortet wird.<br />
Werden Kombinationen aus mehreren Schlüsselreizen angeboten, dann<br />
werden diese oft bis zur Erschöpfung beantwortet. Daraus folgt die so<br />
genannte Reizsummenregel:<br />
Aus das selbe Zentrum gerichtete Schlüsselreize addieren sich in ihrer<br />
Wirkung!
Das Fütterverhalten der Altvögel wird ebenfalls durch Schlüsselreize<br />
ausgelöst:<br />
o Lautgebung der Jungvögel<br />
o Signalreiz des roten Rachens der sperrenden Jungvögel<br />
• Brutpflege bei Truthühnern<br />
Die Jungen werden ausschließlich durch akustische Reize erkannt:<br />
• Mensch:<br />
o Die Pute füttert einen ausgestopften Marder, wenn dieser<br />
durch ein eingebautes Tonbandgerät Kückenschreie ausstößt.<br />
o Ein Junges, welches unter einer schalldichten Glasglocke<br />
piepst, wird nicht betreut. Auch dann nicht, wenn der Weg der<br />
Pute direkt an der Glasglocke vorbei führt.<br />
o Kindchenschema:<br />
Bestimmte Proportionen (große Stirn, große Augen, kleines<br />
Kinn, hohe Stimme, abgerundete Formen) und eine bestimmte<br />
Lautgebung löst beim Menschen Zuwendung bzw. Brutpflegeverhaltensweisen<br />
aus:<br />
Weinen eines Säuglings Kontaktruf nach betreuender<br />
Person (Löst Suchreaktionen aus)<br />
Lächeln des Säuglings Zuneigungsreaktionen<br />
Schreien des Säuglings Intensive Brutpflege, Fütterungsverhalten<br />
(Kuss als Relikt des Fütterungsverhaltens)
Schlüsselreize können nur dann erfolgreich sein, wenn sie eine bestimmte<br />
Reizstärke überschreiten und wenn ein innerer Antrieb<br />
(ausreichende Triebenergie) vorliegt<br />
O Die notwendige Reizstärke<br />
wird auch als Schwellenwert (Reizschwelle) bezeichnet.<br />
Nicht ausreichende Reizstärken sind unterschwellige Reize.<br />
Die Höhe der Reizschwelle ist variabel Unterschied zum Reflex!!!<br />
O Der Innere Antrieb:<br />
Dieser wird durch viele Faktoren beeinflusst. Diese bestimmen somit die<br />
Triebenergie, d.h. den Druck, der für das jeweilige Verhalten ausgeübt<br />
wird. Die Triebenergie verhält sich daher verkehrt proportional zur Reizschwellenhöhe.<br />
Funktionsschaltbilder einer Instinkthandlung<br />
Bestehen aus:<br />
o Variabler Phase → Orientierungsbewegungen (= Taxiskomponente)<br />
Laufen nur in Anwesenheit von Außenreizen ab<br />
Der Verlauf ist situationsabhängig<br />
Können vor oder neben der Erbkoordination ablaufen<br />
o Formkonstanter Phase → Erbkoordination<br />
läuft einmal ausgelöst auch ohne Außenreiz ab<br />
der Verlauf ist immer gleich<br />
genetisch fixiert und artspezifisch<br />
Ob die Instinkthandlung ausgelöst wird oder nicht, bestimmt das Koinzidenzelement.<br />
Es erhält<br />
o Impulse aus der Umwelt über Sinnesorgane (Reizstärke) und<br />
o Impulse aus dem Inneren Antrieb (Triebenergie)<br />
Treffen die beiden Impulse gleichzeitig im Koinzidenzelement aufeinander<br />
und sind gemeinsam stark genug, setzt die Instinkthandlung<br />
über Effektoren ein.<br />
o Effektoren sind meist Muskeln, seltener auch Drüsen.
Reiz<br />
(Beutetier)<br />
o Beispiel 1: Fressverhalten einer Libellenlarve:<br />
Rezeptoren<br />
Die eigentliche Instinkthandlung:<br />
Annähern → Kopf und Körper zur Beute drehen → Endhaken der<br />
Fangmaske öffnen → Fangmaske ausstrecken → Endhaken<br />
schließen → Fangmaske mit Beute einziehen → Beute verzehren.<br />
Orientierungsbewegung und Erbkoordination erfolgen hier nacheinander!<br />
Beispiel 2: Die Eirollbewegung der Graugans:<br />
→ Demonstration der Eirollbewegung im Unterricht ...<br />
Arbeitstext:<br />
Sensor. Neurone<br />
Triebenergie<br />
KE<br />
Instinkt-<br />
handlung<br />
Wenn einer brütenden Graugans ein Ei aus dem Nest rollt oder man<br />
legt es im Experiment aus dem Nest, holt sie es mit typischen Bewegungen<br />
ins Nest zurück:<br />
Mit langem Hals greift sie mit dem Schnabel über das Ei und versucht es<br />
mit der Schnabelunterseite zu sich hin zu rollen. Nachdem das Ei auf<br />
dem unebenen Boden nicht kontrollierbare Seitwärtsbewegungen<br />
macht muss die Gans zusätzlich zu den Rückrollbewegungen zeitweise<br />
seitliche Führungsbewegungen mit dem Schnabel durchführen.<br />
Wenn man im Experiment das Ei gleich nach dem Anlaufen der Rückholaktion<br />
entfernt rollt sie das nunmehr imaginäre Ei dennoch weiter ins<br />
Nest. Dabei werden jedoch keine seitlichen Führungsbewegungen<br />
mehr durchgeführt.<br />
Effektoren
Aufgabenstellung:<br />
1) Welcher Unterschied zum Beutefangverhalten der Libellenlarven<br />
lässt sich aus dem obigen Ethogramm erkennen?<br />
2) Welche Rezeptoren vermitteln dem Tier, welche Orientierungsbewegungen<br />
gerade erforderlich sind?<br />
3) Erörtere das oben beschriebene Verhalten und baue in deine<br />
Erörterung die Begriffe „Erbkoordination“, „Orientierungsbewegungen“<br />
und „Instinkthandlung„ sinnvoll ein!<br />
4) Was kann durch den experimentellen Eingriff in den Ablauf<br />
der Instinkthandlung (Entfernung des Eies) nachgewiesen werden?<br />
5) Fertige ein geeignetes Funktionsschaltbild der Eirollbewegungen<br />
der Graugans an.<br />
Faktoren, welche die Triebenergie zu einer Instinkthandlung beeinflussen<br />
sind:<br />
1) Der zeitliche Abstand zum letztmaligen Auftreten<br />
Mit zunehmendem Abstand sinkt die Reizschwelle ab. Tiere werden unruhig<br />
und steigern die Bewegungsaktivität. Dies wird als „Suche nach<br />
dem Schlüsselreiz“ interpretiert Ungerichtetes Appetenzverhalten.<br />
Führt dieses zu einer Situation, in welcher ein Schlüsselreiz erwartet werden<br />
kann, konzentriert sich die Aufmerksamkeit des Tieres darauf, die<br />
Bewegungsaktivität lässt nach Gerichtete Appetenz.<br />
Ein plötzlich angebotener Schlüsselreiz führt darauf hin zur Instinktiven<br />
Endhandlung. Beispiel des Beutefangverhaltens beim Frosch.<br />
Im Extremfall führt die Schwellenwerterniedrigung dazu, dass das Verhalten<br />
spontan (ohne Schlüsselreiz) hervorbricht! Leerlaufhandlung!
Beispiele für Leerlaufhandlungen:<br />
o „Totschütteln“ beim Hund<br />
o Nestbauverhalten bei Käfigvögeln<br />
o Exp. Schwäne, die auf zugeeisten Wasserflächen gehalten werden,<br />
beginnen im Frühjahr Bewegungen auszuführen, die exakt<br />
aus dem Handlunsablauf des Nestbaues stammen.<br />
2) Alters- und Entwicklungsstadien der Lebewesen<br />
• Sexualverhaltensweisen setzen z.B. erst bei geschlechtreifen Tieren<br />
ein. Bei Tieren sind die jeweiligen Schlüsselreize hauptsächlich<br />
PHEROMONE<br />
• Altersabhängige Aufgaben der Bienen im Bienenvolk (Wh.!)<br />
3) Endogene Rhythmik<br />
Bestimmte Verhaltensweisen treten immer zu bestimmten Tages- oder<br />
Jahreszeiten auf.<br />
• Z.B. Aktivitäten der Goldhamster im Käfig Wird auch bei gleich<br />
bleibenden Helligkeitsverhältnissen beibehalten.<br />
• Nestbauverhalten bei Vögeln Auslöser sind jahreszeitlich bedingte<br />
natürlich Rhythmen<br />
• Vogelzug<br />
• Lachswanderungen<br />
• Winterruhe und Winterschlaf<br />
Die Funktion dieser Inneren Uhr ist größtenteils unbekannt!<br />
4) Hormone<br />
Viele Verhaltensweisen sind hormonell gesteuert. Eine zentrale Steuerungsfunktion<br />
kommt dabei den Sexualhormonen zu.<br />
Hormon induziertes Verhalten<br />
Häutungshormon (Ecdy- Aufsuchen eines geschützten Platzes<br />
son)<br />
Adrenalin Alarmreaktionen (FFS)<br />
Sexualhormone Balz, Nestbau, Brutpflege, Revierverteidigung
5) Ernährungszustand (Hunger, Durst)<br />
• Hoher Glucosespiegel im Blut senkt die Triebenergie bei Amselnestlingen<br />
• Während der Hirschbrunft nehmen die Tiere kaum Nahrung zu sich.<br />
Ein künstlich erhöhter Glucosespiegel im Blut hemmt das Brunftverhalten<br />
Übersprungshandlungen:<br />
Wenn für eine Instinkthandlung eine hohe Triebenergie und auslösende Reize<br />
gegeben sind, jedoch hemmende Faktoren entgegen wirken, kommt es zu<br />
Übersprungshandlungen.<br />
Dabei wird die aufgestaute Triebenergie auf andere Verhaltensweisen abgeleitet,<br />
die mit der ursprünglichen Handlung nichts zu tun haben.<br />
Beispiele:<br />
• Werden zwei annähernd gleich starke Kampfhähne miteinander konfrontiert,<br />
tritt ein Konflikt zwischen Angriffs- und Fluchtverhalten auf häufig<br />
reagieren die Tiere mit Übersprungshandlungen, z.B. mit Futtersuche oder<br />
Gefiederpflege.<br />
• Beim Menschen stammen Übersprungshandlungen häufig aus dem Bereich<br />
der Körperpflege (Kopf kratzen, Hände reiben, Brille zurecht rücken, ..<br />
Weitere Übersprungshandlungen können sein:<br />
Pendelflucht (unkoordinierte Bewegungen, z.B. Links- Rechtsbewegungen)<br />
und<br />
Umorientierung (aggressive Handlung wird an einem anderen Objekt ausgelebt<br />
→ „Radfahrreaktion“ = nach unten treten und noch oben buckeln)
Das Erkennen angeborener Verhaltensweisen<br />
Extrem schwierig!<br />
Am ehesten durch Kaspar Hauser Versuche möglich.<br />
Kaspar Hauser:<br />
1828 in Nürnburg aufgefundenes ca. 16-jähriges Findelkind, stark begrenzte<br />
geistige Entwicklung, vermutlich wegen fehlender Erfahrungsmöglichkeiten<br />
während der Kindheit.<br />
Seine Herkunft bleibt ungeklärt, wurde 1833 von Unbekannten ermordet.<br />
Die verwendeten Kaspar Hauser Versuchsobjekte können unterschiedlich sein:<br />
K.H. 1. Ordnung:<br />
Sind durch vollständigen Erfahrungsentzug in der Kindheitsphase gekennzeichnet.<br />
Sie sind eigentlich theoretische Versuchstiere, weil Erfahrungen mit<br />
dem eigenen Körper nicht verhindert werden können.<br />
K.H. Versuche 1. Ordnung sind außerdem nicht aussagekräftig, weil starke<br />
Entwicklungsstörungen auftreten.<br />
Teil – Kaspar Hauser Versuche:<br />
sind durch selektiven Erfahrungsentzug gekennzeichnet.<br />
• Beute-Kaspar Hauser<br />
Zur Erforschung angeborener Nahrungspräferenzen<br />
Jede Erfahrung mit natürlicher Nahrung wird verhindert, anschließend<br />
wird geprüft, ob das ausgewachsene Jungtier eine Nahrungspräferenz erkennen<br />
lässt.<br />
• Feind-Kaspar Hauser . . . . . . . Erkennen von Feinden<br />
• sozialer Kaspar Hauser . . . . . . . Erkennen von Artgenossen<br />
o akustischer K. H.<br />
o optischer K. H.<br />
Diese K.H. Form ist bei vielen Wirbellosen anzutreffen, weil diese ihre Eltern<br />
nie zu Gesicht bekommen und trotzden komplizierte Verhaltensmuster<br />
beherrschen, wie z.B. der Netzbau der Spinnen
Objektlos angeborene Verhaltensweisen:<br />
Sie liegen in ihrem Ablauf genetisch fixiert vor, die Kenntnis der zugehörigen<br />
Reize muss jedoch erst erworben werden:<br />
• Enten und Gänse zeigen eine deutlich ausgebildete Prägung . . . . . .<br />
sie müssen jedoch erst lernen, wer/was als Bezugsperson/-gegenstand gilt.<br />
• Junge Marder zeigen immer dasselbe Beutefangmuster:<br />
Jagen Umwerfen Packen Tot schütteln<br />
Anfangs wird an jeder möglichen Stelle zugepackt, erst später wird der gezielte<br />
Nackenbiss erlernt und ausschließlich angewandt.<br />
Das Reifen angeborener Verhaltensweisen:<br />
Man versteht darunter eine Vervollkommnung von Verhaltensweisen ohne<br />
Übung:<br />
• K.H. Goldhamster-Weibchen, die mit 70 Tagen erstmals werfen bauen unordentliche,<br />
zu kleine Nester. Unter gleichen Bedingungen aufgezogene 90<br />
Tage alte Weibchen bauen Nester, die von denen normal aufgewachsener<br />
Ziere nicht unterscheidbar sind.<br />
• Versuch zum Futterpicken von Haushühnern: (Immelmann, Seite 90)<br />
Erlernte Verhaltensweisen<br />
Def.: Lernen ist die Summe aller Prozesse, die zu einer Verhaltensanpassung<br />
an sich ändernde Umweltbedingungen führen.<br />
Lernen erfolgt in drei Teilschritten:<br />
• Aufnahme von Information<br />
• Speicherung im Gedächtnis<br />
• Abrufbarkeit im Bedarfsfall<br />
Der Vorteil von Lernprozessen gegenüber angeborenen Verhaltensweisen<br />
liegt in der größeren Anpassungsfähigkeit! Z.B.:<br />
Ist eine Tierart auf eine bestimmte Nahrungssorte spezialisiert und erkennt<br />
diese angeborener maßen, ist sie zum Aussterben verurteilt, wenn diese Nahrung<br />
verschwindet. Bei entsprechendem Lernvermögen ist eine Umstellung<br />
und so ein Überleben möglich.
Lernphasen<br />
Bestimmte Lernvorgänge sind meist auf sogen. sensible Phasen beschränkt,<br />
die sich im Allgemeinen mit sehr frühen Entwicklungsstufen decken (sinnvoll,<br />
weil in dieser Zeit der Kontakt mit dem Familienverband am intensivsten ist).<br />
Sensible Phasen können bereits vor der Geburt liegen:<br />
• Spielt man Hühnerembryonen während der Bebrütung bestimmte Laute<br />
vor, so bevorzugen die Kücken nach dem Schlüpfen die bekannten gegenüber<br />
den unbekannten Lauten.<br />
• Wachtelembryonen können von Ei zu Ei Rufe austauschen und dadurch<br />
ihren Schlüpftermin synchronisieren<br />
Das Lernvermögen<br />
Das Lernvermögen einer Tierart richtet sich:<br />
• nach der stammesgeschichtlichen Entwicklungshöhe:<br />
es wird durch die zunehmende Zentralisierung und Vervollkommnung des<br />
NS gesteigert. Höhepunkte findet man bei Gliederfüßern und Wirbeltieren.<br />
• nach den Lebensbedingungen der Tierart<br />
Bodenbrütende Möwenarten besitzen die Fähigkeit, ihre Jungen persönlich<br />
kennen zu lernen werden die Jungen später als 1 Woche nach dem<br />
Schlüpfen ausgetauscht, werden sie nicht mehr angenommen!<br />
Bei felsenbrütenden Möwen kann diese Fähigkeit nicht beobachtet werden.<br />
Erklärung der Brutbiologie (Immelmann, Seite 94)<br />
Verschiedene Arten von Lernprozessen<br />
1) Gewöhnung<br />
Der Organismus passt sich an wiederholt auftretende Reize so an, dass<br />
er nicht mehr reagiert! (Antwortbereitschaft wird abgebaut ein „negativer“<br />
Lernprozess)
2) Lernen von bedingten Reflexen<br />
auch „klassische Konditionierung“ genannt. Exp. von Pawlow!<br />
3) Lernen von bedingter Appetenz<br />
Versuch:<br />
Hungrige Fische im Aquarium erhalten Futter immer vor einer roten<br />
Scheibe. Nach vielen Wiederholungen suchen die Fische Futter nur<br />
noch an der roten Scheibe, auch wenn gar kein Futter angeboten wird!<br />
Der Orginalreiz (Futter) wird mit einem Signalreiz (Farbe) verknüpft<br />
und löst schließlich auch isoliert das Appetenzverhalten aus.<br />
Bei Bienen ist diese Verknüpfung die Ursache für die Blütenstetigkeit<br />
Erklärung!<br />
4) Lernen bedingter Aktionen ( = Lernen am Erfolg = operante Konditionierung)<br />
Bestimmte, spontan auftretende Verhaltensweisen (Drücken einer Hebeltaste)<br />
werden wiederholt belohnt (Futter) Es wird eine Verbindung<br />
geknüpft!<br />
Beispiele:<br />
o Junge Welpen könne bereits durch Aufrichten auf die Hinterbeine<br />
ein hochgehaltenes Futterstück erreichen.<br />
Wird dieses „drollige“ Verhalten vom Menschen belohnt, so<br />
wird es jedes mal vom mittlerweile ausgewachsenen Hund<br />
präsentiert, wenn er einen Leckerbissen entdeckt und haben<br />
will ... „macht Männchen“<br />
o Die Skinner-Box (Burrhus Frederic Skinner, ein amerikanischer<br />
Ethologe)<br />
o Labyrinth – Versuche (Hoch- und Gassenlabyrinthe)<br />
5) Lernen bedingter Aversionen (Lernen am Misserfolg)<br />
Pferde scheuen an Orten, an denen sie einmal erschreckt<br />
wurden.<br />
Stachelhalsbänder zur Hundedressur (Stacheln nach innen!)<br />
Im Allgemeinen gilt: Positive Verstärkungen führen zu besseren<br />
Lernerfolgen als negative Verstärkungen!
Einsichtiges Verhalten<br />
Def.: Das Lösen eines Problems aufgrund der Verknüpfung von Gedächtnisinhalten!<br />
(Ohne Probieren!)<br />
Affenversuche von W. Köhler ...<br />
Leistungsgrenze: Die Bedeutung eines Stockes als Kratz- und Angelwerkzeug<br />
kann nicht gleichzeitig erfasst werden.<br />
Sozialverhalten<br />
Def.: Länger dauernde Zusammenschlüsse artgleicher Tiere, die nicht nur dem<br />
Nahrungserwerb oder dem Aufsuchen geschützter Plätze dienen. ( also keine<br />
Aggregationen, wie z.B. bei Blattläusen, Raupen oder Asseln . . . ).<br />
Man unterscheidet:<br />
o Offene anonyme Verbände<br />
lockere Vergesellschaftung ohne individuellen Kontakt<br />
Bei Heuschrecken, Fischschwärmen (Heringe, Aale, Lachse, . . . ), Vogelschwärmen<br />
(Stare . . . )<br />
o Offene nicht anonyme Verbände<br />
es werden nachbarschaftliche Kontakte geknüpft (bei großen Vogelkolonien)<br />
o Geschlossene anonyme Verbände<br />
Sämtliche Tierstaaten (Bienen, Wespen, Ameisen, Hummeln, . . . ), das<br />
Erkennen erfolgt im einfachsten Fall über den Stockgeruch.<br />
o Geschlossene nicht anonyme Verbände (Rudel oder Familienverbände)<br />
In ihnen vollziehen sich die meisten und offensichtlichsten Sozialverhaltensweisen:
o häufig enge Partnerbindungen und Arbeitsaufteilung (Nachkommenspflege<br />
und Nahrungserwerb)<br />
o Intensive Kommunikation<br />
o Fremde Artgenossen werden nur selten aufgenommen<br />
o Immer strenge Rangordnungen:<br />
durch Ausscheidungskämpfe fixiert<br />
Alfa-Tiere genießen alle Vorrechte<br />
Ein Affe, der von einem Ranghöheren bedroht wird, wehrt<br />
sich nicht und greift einen Rangniedrigeren an.<br />
Der Schwächere in einem Zweikampf flieht zum Alfa-Tier<br />
nimmt Demutsgebärden (Tötungshemmung) ein und droht<br />
dem Angreifer.<br />
o Revierverhalten<br />
Definition: Reviere sind Zonen, in denen Tiere Nester bauen, sich<br />
fortpflanzen und Nahrung erwerben.<br />
Markierunsmöglichkeiten:<br />
Duftdrüsen<br />
Harn<br />
Kot<br />
Lautgebung<br />
Revierbesitzer zeigen immer Kampfbereitschaft, Fremdlinge<br />
im Revier immer Fluchtbereitschaft ( daraus kann sich eine<br />
Dominanz des Schwächeren ergeben!)<br />
Werden Reviere durch Überbevölkerung eingeengt, resultieren<br />
daraus körperliche Störungen und Verhaltensänderungen<br />
(sozialer Stress).<br />
Z.B. bei Spitzhörnchen:<br />
• Agression<br />
• Nierenversagen durch Bluthochdruck<br />
• Duftmarkierung der Jungen unterbleibt<br />
• Fehlgeburten<br />
• verzögerte Hodenreifung
Kommunikation bei Tieren<br />
o Bienensprache (erforscht von Karl v. Frisch Nobelpreis 1973 )<br />
Funktionsprinzip im Unterricht!<br />
o Sprachähnliche Kommunikation bei Schimpansen (Gardner Experimente)<br />
In 22 Monaten konnten 34 Zeichen erlernt und zugeordnet werden:<br />
• Zungenspitze mit Zeigefinger berühren süß<br />
• Mund mit abgespreiztem Daumen berühren Trinken von Wasser,<br />
Medikamenten und Limonade<br />
o Sprachähnliche Kommunikation bei Schimpansen (Premack Experimente)<br />
Kunststoffsymbole wurden mit Bedeutungen versehen. Durch unterschiedliches<br />
Auflegen der Elemente konnte mit den Tieren kommuniziert werden.