ca. 15 - Barmherzige Brüder Gremsdorf
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Epilepsie und Behinderung<br />
Fachtag Epilepsie bei Menschen mit geistiger und/oder<br />
mehrfacher Behinderung, <strong>Gremsdorf</strong>, 18.10.12<br />
Krankenhaus Rummelsberg gGmbH<br />
Dr. med. Frank Kerling<br />
Rummelsberg 71, 90592 Schwarzenbruck<br />
Tel. 09128 50 - 0 | Fax 09128 50 - 3<strong>15</strong>0<br />
verwaltung.khr@rummelsberger.net<br />
www.krankenhaus-rummelsberger.de
WHO 2001<br />
ICF = Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit,<br />
Behinderung und Gesundheit<br />
Behinderung: jede Beeinträchtigung der<br />
Funktionsfähigkeit einer Person<br />
Funktionsfähigkeit: mehrdimensionaler Begriff, der auch<br />
soziale Aspekte umfasst. Neben der Schädigung von<br />
Körperfunktion und -strukturen werden in der ICF<br />
auch die Dimensionen der konkret durchführbaren<br />
Aktivitäten und das Ausmaß der Teilhabe<br />
(Partizipation) an der Gemeinschaft als Messgrößen<br />
für Feststellung einer Behinderung herangezogen.<br />
Schuntermann, Michael F.: Behinderung und Rehabilitation: Die Konzepte<br />
der WHO und des deutschen Sozialrechts. In: Die neue Sonderschule<br />
44 (1999), S. 342-363<br />
Krankenhaus Rummelsberg gGmbH/ Kerling Folie 2<br />
Epilepsie und Behinderung <strong>Gremsdorf</strong> 2012
Körperliche Behinderung<br />
Infantile Cerebralparesen - Definition:<br />
� anhaltende Störung der Entwicklung von Bewegung und Haltung mit<br />
der Folge einer Aktivitätseinschränkung<br />
� charakterisierbar als Spastik, Dystonie oder Ataxie<br />
� Entstehung während der fetalen oder frühen postnatalen<br />
Gehirnentwicklung<br />
� fehlende Progredienz des zugrundeliegenden Prozesses<br />
� aber in Erscheinungsform nicht unveränderliche motorische Störung<br />
� häufig assoziierte Störungen wie Lernbehinderung, geistige<br />
Behinderung, Sehstörung oder Epilepsie (<strong>ca</strong>. <strong>15</strong>-30%)<br />
Rosenbaum P et al (2007) Dev Med Child Neurol 49 (Suppl 109):8-11; Cans C et al (2007)<br />
Dev Med Child Neurol 49 (Suppl 109):35-38; Krägeloh-Mann I, Klassifikation,<br />
Epidemiologie, Pathogenese und Klinik. In: Heinen F, Bartens W (Hrsg). Das Kind und die<br />
Spastik 2001;37-48.<br />
Krankenhaus Rummelsberg gGmbH/ Kerling Folie 3<br />
Epilepsie und Behinderung <strong>Gremsdorf</strong> 2012
Geistige Behinderung<br />
Geistige Behinderung bezieht sich auf substanzielle Einschränkungen<br />
der situativen Handlungsfähigkeit. Die intellektuellen Fähigkeiten<br />
sind signifikant unterdurchschnittlich; gleichzeitig liegen<br />
damit zusammenhängende Erschwernisse in zwei oder mehreren<br />
der nachfolgend genannten Bereiche des täglichen Lebens vor:<br />
� Kommunikation<br />
� Selbstversorgung<br />
� Wohnen<br />
� Sozialverhalten<br />
� Benutzung der Infrastruktur<br />
� Selbstbestimmung<br />
� Gesundheit und Sicherheit<br />
� Lebensbedeutsame Schulbildung<br />
� Arbeit und Freizeit<br />
AAMR: Mental Retardation: Definition, classifi<strong>ca</strong>tion, and systems of supports –<br />
workbook. Washington, DC: 1992b<br />
Krankenhaus Rummelsberg gGmbH/ Kerling Folie 4<br />
Epilepsie und Behinderung <strong>Gremsdorf</strong> 2012
ICD-10<br />
Geistige Behinderung = Intelligenzminderung ?<br />
F70: Leichte Intelligenzminderung (früher Debilität)<br />
IQ 50 - 69. Schulprobleme; als Erwachs. Intelligenzalter(IA) 9-12J.<br />
F71: Mittelgradige Intelligenzminderung (früher Imbezillität)<br />
IQ 35 - 49. Deutliche Entwicklungsverzögerungen in Kindheit.<br />
Später gewisse Unabhängigkeit und ausreichende Kommunikationsfähigkeit/Ausbildung.<br />
IA 6-9J.<br />
F72: Schwere Intelligenzminderung (früher Imbezillität)<br />
IQ 20 - 34. Lesen und Schreiben nicht möglich => Förderschule<br />
für lebensprakt. Bildung. Andauern. Unterstützung nötig. IA 3-6J.<br />
F73: Schwerste Intelligenzminderung (früher Idiotie)<br />
IQ
Ursachen der geistigen<br />
Behinderung<br />
� <strong>ca</strong>. <strong>15</strong> –20% chromosomale Störungen,<br />
� <strong>ca</strong>. 7-10% metabolische Störungen,<br />
� <strong>ca</strong>. 20% exogene Schädigungen<br />
� <strong>ca</strong>. 50% unbekannte Faktoren<br />
Largo RH and von Siebenthal K, Frühkindliche Hirnschäden: Zumeist nicht intrapartal. Zur Ätiologie geistiger and<br />
neurologischer Behinderungen, Archives of Gynecology and Obstetrics, 256, Suppl 1, 1995.<br />
Krankenhaus Rummelsberg gGmbH/ Kerling Folie 6<br />
Epilepsie und Behinderung <strong>Gremsdorf</strong> 2012
Epilepsierisiko verschiedener Erkrankungen bei Mehrfachbehinderung<br />
Epilepsierisiko<br />
>75%<br />
50 – 74%<br />
25 – 49%<br />
< 25%<br />
Angelman Syndrom<br />
Sturge Weber Syndrom; Tuberöse Sklerose<br />
Lissenzephalie und andere schwere Hirnfehlbildungen<br />
MELAS<br />
Periventrikuläre noduläre Heterotopie<br />
Biotinase Defizienz<br />
Rett Syndrom<br />
Landau Kleffner Syndrom<br />
Störungen der Glykosilierung<br />
Glykogenspeichererkrankungen (Typ I und III)<br />
Hypomelanosis Ito<br />
Zerebralparese mit geistiger Behinderung<br />
Metachromatische Leukodystrophie (infantiler Typ)<br />
Schizenzephalie<br />
Zerebralparese ohne geistige Behinderung<br />
Akute intermittierende Porphyrie<br />
Fragiles X Syndrom<br />
Neurofibromatose Typ 1<br />
Trisomie 13 und 21<br />
Leigh Syndrom<br />
Wilson Erkrankung<br />
Parry Romberg Syndrom, Prader Willi Syndrom<br />
7<br />
Krankenhaus Rummelsberg gGmbH/ Kerling Folie 7<br />
Epilepsie und Behinderung <strong>Gremsdorf</strong> 2012<br />
CSTM510-11-1000-EU
Epidemiologie<br />
Populationsbasierte Prävalenz von Epilepsie bei<br />
Patienten mit geistiger Behinderung: <strong>ca</strong>. 26%<br />
Tabelle 1: Auftreten von Epilepsie (%) bei Erwachsenen (Leicestershire Learning Disability Register)<br />
Altersgruppe Anzahl der Erwachsenen<br />
mit Behinderung<br />
Mc Grother et al., Seizure 2006, <strong>15</strong>, 376-386.<br />
Mc Grother et al., Seizure 2006, <strong>15</strong>, 376-386.<br />
Behinderte Erwachsene mit Epilepsie<br />
Männer Frauen Alle Geschlechter<br />
% n % n % n<br />
20-29 917 29.4 <strong>15</strong>7 29.8 114 29.6 271<br />
30-39 572 28.4 86 30.9 83 29.6 169<br />
40-49 436 18.2 47 19.1 34 18.6 81<br />
50-59 251 25.9 38 19.2 20 23.1 58<br />
60-69 143 22.1 17 22.7 <strong>15</strong> 22.4 32<br />
70+ 74 5.4 2 18.9 7 9.5 9<br />
Alle 2393 25.6 347 26.3 273 25.9 620<br />
Krankenhaus Rummelsberg gGmbH/ Kerling Folie 8<br />
Epilepsie und Behinderung <strong>Gremsdorf</strong> 2012
Körperliche<br />
Behinderung<br />
Geistige Behinderung<br />
Epilepsie<br />
Krankenhaus Rummelsberg gGmbH/ Kerling Folie 9<br />
Epilepsie und Behinderung <strong>Gremsdorf</strong> 2012
Probleme im Alltag<br />
� Lückenhafte Vorinformationen<br />
� Verhaltensaufälligkeiten mit erschwerter<br />
Kooperationsfähigkeit<br />
� Erhöhter Pflegeaufwand<br />
� Erschwerte Kommunikation<br />
� Schwerer behandelbar<br />
Krankenhaus Rummelsberg gGmbH/ Kerling Folie 10<br />
Epilepsie und Behinderung <strong>Gremsdorf</strong> 2012
Orthopäde<br />
Orthopädetechniker<br />
Lehrer für Behinderte<br />
Internist bei Bedarf<br />
Ergotherapie<br />
Patient<br />
Heilerziehungspflege<br />
Logopädie<br />
erfahrene Pflegekräfte<br />
Sozialpädagogik<br />
Physiotherapie<br />
Neurologe/Epileptologe/Spezialist für Bewegungsstörungen<br />
Psychologie<br />
Krankenhaus Rummelsberg gGmbH/ Kerling Folie 11<br />
Epilepsie und Behinderung <strong>Gremsdorf</strong> 2012
Therapieansätze bei Epilepsie<br />
• Nichtmedikamentös (Verhalten, Tagesstruktur)<br />
• Ketogene Diät<br />
• Medikamentös<br />
• Operativ (Epilepsiechirurgie, Vagusstimulation)<br />
12<br />
Krankenhaus Rummelsberg gGmbH/ Kerling Folie 12<br />
Epilepsie und Behinderung <strong>Gremsdorf</strong> 2012<br />
CSTM510-11-1000-EU
Ziele bei der Behandlung von Epilepsie<br />
Erstdiagnose Refraktäre Epilepsie<br />
AEDs – 1. Behandlungsversuch:<br />
Monotherapie<br />
AEDs – 2. Behandlungsversuch:<br />
Monotherapie oder Polytherapie<br />
Behandlungsziel<br />
• Anfallsfreiheit<br />
Epilepsiechirurgischer<br />
Eingriff<br />
Video-EEG<br />
Behandlungsziel<br />
• Maximierung der Lebensqualität<br />
• Optimierung der langfristigen Anfallskontrolle<br />
• Minimierung der Nebenwirkungen von AEDs<br />
• Maximierung der Adhärenz<br />
Kwan P, et al. Epilepsia 2009; doi: 10.1111/j.<strong>15</strong>28-1167.2009.02397.x Gilliam F. Neurology 2002; 58: S9-S19. Wheless JW.<br />
Neurostimulation Therapy for Epilepsy. In: Wheless JW, Willmore LJ, Brumback RA, eds. Advanced Therapy in Epilepsy.<br />
Hamilton, Ontario: BC Decker, Inc. 2008. Faught E, et al. Epilepsia 2009; 50(3): 501-509.<br />
Vagusstimulation<br />
AEDs (Polytherapie)<br />
Ketogene Diät<br />
DBS<br />
Krankenhaus Rummelsberg gGmbH/ Kerling Folie 13<br />
Epilepsie und Behinderung <strong>Gremsdorf</strong> 2012
Nichtmedikamentöse Therapieansätze<br />
• eine gleichmäßige, kalkulierbare Tagesstruktur<br />
• gleichbleibende unmittelbare Bezugspersonen<br />
• ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus<br />
• Vermeidung nachvollziehbarer Auslöser für epileptische Anfälle<br />
14<br />
Krankenhaus Rummelsberg gGmbH/ Kerling Folie 14<br />
Epilepsie und Behinderung <strong>Gremsdorf</strong> 2012<br />
CSTM510-11-1000-EU
Die Qual der Wahl: Epilepsiemedikamente mit Jahr der ersten Einführung in die<br />
Behandlung<br />
Bromid 1857<br />
Phenobarbital 1912<br />
Phenytoin 1938<br />
Carbamazepin 1962<br />
Valproat 1973<br />
Vigabatrin 1983<br />
Gabapentin 1986<br />
Felbamat 1995<br />
Lamotrigin 1993<br />
Tiagabin 1998<br />
Topiramat 1998<br />
Ox<strong>ca</strong>rbazepin 1999<br />
Levetiracetam 2000<br />
Pregabalin 2004<br />
Zonisamid 2005<br />
Rufinamid 2007<br />
Stiripentol 2007<br />
Lacosamid 2008<br />
Esli<strong>ca</strong>rbazepinacetat 2009<br />
Retigabine 2011<br />
Perampanel 2012<br />
Krankenhaus Rummelsberg gGmbH/ Kerling Folie <strong>15</strong><br />
Epilepsie und Behinderung <strong>Gremsdorf</strong> 2012
Potentielle Nebenwirkungen der antikonvulsiven Medikation<br />
� Kognitive Störungen<br />
� Müdigkeit<br />
� Gangunsicherheit<br />
� Doppelbilder<br />
� Übelkeit<br />
� Gewichtszunahme<br />
� Haarausfall<br />
Mattson RH. Epilepsy Res. 2001;45:109-117.<br />
Gilliam F. Neurology. 2002;58(suppl 5):S9-S19.<br />
� Zahnfleischwucherungen<br />
� Leberschäden<br />
� Aplastische Anämie,<br />
Agranulozytose,<br />
Thrombozytopenie<br />
� Hautausschläge, Stevens-<br />
Johnson<br />
� Missbildungen in der SS<br />
� Bauchspeicheldrüsenentz.<br />
� Osteoporose<br />
Krankenhaus Rummelsberg gGmbH/ Kerling Folie 16<br />
Epilepsie und Behinderung <strong>Gremsdorf</strong> 2012
Zusammenfassung<br />
• Epilepsien bei Patienten mit (schwerer) geistiger Behinderung sind<br />
in der Behandlung oft problematischer als bei Patienten ohne<br />
geistige Behinderung<br />
• Patienten mit (schwerer) geistiger Behinderung<br />
sind oft anfälliger für NW, daher individualisiert<br />
sorgfältige Medikamentenauswahl mit engmaschigem<br />
Verlauf; Sensibilisierung der Bezugspersonen für NW.<br />
• Interdisziplinäre Zusammenarbeit (Ärzte, Pflege, Psychologen, KG, Ergo,<br />
SD) unerläßlich<br />
• Spezielles ambulantes und stationäres Umfeld nötig<br />
Krankenhaus Rummelsberg gGmbH/ Kerling Folie 17<br />
Epilepsie und Behinderung <strong>Gremsdorf</strong> 2012