1 Und was macht der Notar, wenn ich ein Testament errichten will ...
1 Und was macht der Notar, wenn ich ein Testament errichten will ...
1 Und was macht der Notar, wenn ich ein Testament errichten will ...
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<strong>Und</strong> <strong>was</strong> <strong>macht</strong> <strong>der</strong> <strong>Notar</strong>, <strong>wenn</strong> <strong>ich</strong> <strong>ein</strong> <strong>Testament</strong> err<strong>ich</strong>ten <strong>will</strong>?<br />
Nach <strong>der</strong> Erforschung des Sachverhalts und des Willens des Testators entwirft <strong>der</strong><br />
<strong>Notar</strong> in <strong>der</strong> Regel m<strong>ein</strong>e letzt<strong>will</strong>ige Verfügung.<br />
Er soll s<strong>ich</strong> auch schriftl<strong>ich</strong> in <strong>der</strong> Urkunde selbst äußern, dass er s<strong>ich</strong> von m<strong>ein</strong>er<br />
Geschäfts- und Testierfähigkeit überzeugt hat. Wenn es dazu et<strong>was</strong> Beson<strong>der</strong>es gibt<br />
(krank, Medikamente etc.), soll er das in s<strong>ein</strong>er Urkunde vermerken. Eines ist<br />
w<strong>ich</strong>tig: <strong>der</strong> <strong>Notar</strong> kann n<strong>ich</strong>t selbst bestimmen, ob jemand geschäfts- und<br />
testierfähig ist das kann, <strong>wenn</strong> überhaupt, nur <strong>der</strong> spezialisierte Mediziner. Indessen<br />
ist die Beobachtung des <strong>Notar</strong>s w<strong>ich</strong>tig, <strong>wenn</strong> es zum Streit kommen sollte. Oft<br />
bleibt <strong>der</strong> Streit durch <strong>ein</strong>e präzise Festlegung <strong>der</strong> Beobachtung vermieden.<br />
Wenn die Urkunde verlesen wurde, <strong>ich</strong> sie auch noch durchgelesen und genehmigt<br />
habe und erst <strong>ich</strong> und dann <strong>der</strong> <strong>Notar</strong> -unter m<strong>ein</strong>er Unterschrift - unterschrieben<br />
haben, gilt das <strong>Testament</strong>.<br />
Der <strong>Notar</strong> wird das <strong>Testament</strong> sofort siegeln. Er gibt es in <strong>ein</strong>en speziellen<br />
Umschlag, <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>um versiegelt und vom <strong>Notar</strong> unterschrieben wird. Dann wird<br />
<strong>der</strong> Umschlag sofort beim Nachlassger<strong>ich</strong>t <strong>ein</strong>gere<strong>ich</strong>t. Dieses unterr<strong>ich</strong>tet aufgrund<br />
<strong>der</strong> auf dem Umschlag vermerkten persönl<strong>ich</strong>en Daten das Standesamt, welches für<br />
m<strong>ein</strong>en Geburtsort zuständig ist. Dort ist auch <strong>ein</strong>e Eheschließung, sind m<strong>ein</strong>e<br />
Kin<strong>der</strong> und alle notariellen Akte, die für die Erbfolge bedeutsam sind, <strong>ein</strong>getragen.<br />
Praktischerweise soll <strong>der</strong> <strong>Notar</strong> <strong>ein</strong>e Kopie m<strong>ein</strong>es <strong>Testament</strong>s (beglaubigt) in <strong>ein</strong>em<br />
verschlossenen Umschlag in s<strong>ein</strong>er Urkundensammlung (im Stahlschrank)<br />
verwahren.<br />
<strong>Und</strong> <strong>wenn</strong> <strong>ich</strong> m<strong>ein</strong> <strong>Testament</strong> än<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> wi<strong>der</strong>rufen <strong>will</strong>?<br />
Dann mache <strong>ich</strong> <strong>ein</strong> Än<strong>der</strong>ungstestament o<strong>der</strong> verlange beim Nachlassger<strong>ich</strong>t das<br />
dort liegende <strong>Testament</strong> unter Vorlage des Hinterlegungssch<strong>ein</strong>s zurück.<br />
Es gibt auch an<strong>der</strong>e Formen <strong>der</strong> <strong>Testament</strong>serr<strong>ich</strong>tung beim <strong>Notar</strong>. Kurz gesagt:<br />
je<strong>der</strong>, auch wer n<strong>ich</strong>t lesen, schreiben, o<strong>der</strong> n<strong>ich</strong>t sprechen kann, hat die Chance,<br />
beim <strong>Notar</strong> s<strong>ein</strong> <strong>Testament</strong> zu err<strong>ich</strong>ten.<br />
1
Zum Beispiel, <strong>wenn</strong><br />
Wann besteht Regelungsbedarf?<br />
- die Familienverhältnisse unter Einschluss <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong><br />
- die Nationalität o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Wohnsitz<br />
- das Vermögen o<strong>der</strong> s<strong>ein</strong>e Belegenheit<br />
- die Wünsche o<strong>der</strong> Vorstellungen des Testators o<strong>der</strong> <strong>der</strong> mögl<strong>ich</strong>en Erben<br />
- höchstpersönl<strong>ich</strong>e Verhältnisse<br />
vom Normal- und Musterbild des Gesetzgebers abwe<strong>ich</strong>en.<br />
Dazu konkreter:<br />
Die „Patchwork-Familie“; frühere Ehe, adoptierte Kin<strong>der</strong>, großer Altersunterschied <strong>der</strong> Ehegatten,<br />
Versorgungsfragen, Sozialamt, Insolvenz bei <strong>ein</strong>em Familienmitglied, Kin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Ausbildung;<br />
An<strong>der</strong>e als deutsche Staatsangehörigkeit des Testators, Alterssitz im Ausland, „gemischte“<br />
Nationalität <strong>der</strong> Eheleute, Doppelstaater,<br />
Unternehmensbeteiligung im Vermögen, Auslandsbesitz, Auslandsgrundbesitz; Stiftung, „Schweizer<br />
Konto“;<br />
Streitlustige Erben, frühere letzt<strong>will</strong>ige Verfügungen mögl<strong>ich</strong>erweise mit binden<strong>der</strong> Wirkung; Vorund<br />
Nacherbschaft; Vor- und Nachvermächtnisse.<br />
Für den <strong>Notar</strong> gilt § 17 Abs. 1 des Beurkundungsgesetzes.<br />
Aus <strong>der</strong> Vorschrift lässt s<strong>ich</strong> ableiten:<br />
- Erforsche den Sachverhalt!<br />
- Erkläre dem Testator, <strong>was</strong> s<strong>ein</strong>e Verfügung bedeutet!<br />
- Formuliere <strong>ein</strong>deutig und klar!<br />
- Denk daran, dass Erben mit<strong>ein</strong>an<strong>der</strong> auskommen müssen!<br />
- Bleibe <strong>ein</strong>fach, wo immer es geht!<br />
- Vergiss das Finanzamt n<strong>ich</strong>t; die Grundbegriffe musst Du kennen!<br />
2
Was <strong>will</strong> <strong>der</strong> Schenker/<strong>was</strong> <strong>will</strong> <strong>der</strong> Testator?<br />
Der Testator hat oft sehr präzise Vorstellungen. Sind diese immer r<strong>ich</strong>tig?<br />
Lei<strong>der</strong> n<strong>ein</strong>, oft ist das Gegenteil ist <strong>der</strong> Fall.<br />
Warum ist das so?<br />
Wir hören und lesen überall Ratschläge, Tricks und Tipps.<br />
Wo liegt denn da die Schwierigkeit?<br />
Zum <strong>ein</strong>en:<br />
Das Erbrecht ist ungefähr so kompliziert wie das Computer-Programmieren. Es steht<br />
im 5. Buch des BGB; das ist das letzte. Darin hat <strong>der</strong> Gesetzgeber s<strong>ein</strong> Meisterstück<br />
abgeliefert: pünktl<strong>ich</strong> zum 01.01.1900. Angefangen hat er damit ungefähr 1828.<br />
Ein bisschen Lat<strong>ein</strong> wäre schon praktisch, um es vertieft zu verstehen. Denn es steckt <strong>ein</strong>iges<br />
römische Recht drin. „Gesamthand“ und ähnl<strong>ich</strong>es kommt aus dem germanischen Recht (o<strong>der</strong> dem,<br />
<strong>was</strong> Herr von Gierke darunter verstand).<br />
Zum an<strong>der</strong>en:<br />
Das Gesetz hat s<strong>ich</strong> praktisch n<strong>ich</strong>t geän<strong>der</strong>t, nur: die Welt. Auch die Steuern. Auch<br />
die Moral. Dazu gibt es viele Gesetze, die nur zum kl<strong>ein</strong>en Teil im BGB stehen.<br />
Auch Rechtsprechung:<br />
die Gebiete heißen: Ehevertrag, Zugewinngem<strong>ein</strong>schaft, Gütertrennung, Gütergem<strong>ein</strong>schaft, wie wirkt<br />
s<strong>ich</strong> das auf das gesetzl<strong>ich</strong>e Erbrecht aus, <strong>was</strong> sind die steuerl<strong>ich</strong>en Konsequenzen; soll <strong>der</strong> Güterstand<br />
geän<strong>der</strong>t werden; gibt es Kin<strong>der</strong>, ehel<strong>ich</strong>e/n<strong>ich</strong>tehel<strong>ich</strong>e, frühere Ehen, Versorgungsansprüche gegen<br />
den Nachlass, etc;<br />
Gesellschaftsrecht, Abschreibungsgesellschaft, Familien- GbR, GmbH, Min<strong>der</strong>heits-<br />
/Mehrheitsbeteiligung? § 23 EStG, § 16 EStG? Entnahme, Son<strong>der</strong>betriebsvermögen?<br />
Zum Abschluss des Kapitels noch <strong>ein</strong> Beispiel (zum Gruseln lernen):<br />
Der Sohn X soll das Wertpapierdepot als Vermächtnis bekommen, welches <strong>der</strong> Vater (Erblasser)<br />
leidenschaftl<strong>ich</strong> gepflegt hat. Lei<strong>der</strong> kommt mal wie<strong>der</strong> <strong>ein</strong> Börsencrash, bevor <strong>der</strong><br />
Vermächtnisnehmer über das Depot verfügen kann. Das Finanzamt – und die Geschwister – freuen<br />
s<strong>ich</strong>: den Schaden hat X. Er muss nach dem hohen Wert abrechnen. Auch solches muss bedacht<br />
werden.<br />
3
Die gesetzl<strong>ich</strong>e Erbfolge<br />
Man kann s<strong>ein</strong>en Nachlass <strong>der</strong> gesetzl<strong>ich</strong>en Erbfolge anvertrauen. Im Normalfall ist<br />
sie n<strong>ich</strong>t schlecht. Auch über die Steuer muss man bei <strong>ein</strong>em kl<strong>ein</strong>eren Vermögen<br />
n<strong>ich</strong>t beson<strong>der</strong>s nachdenken. Es gibt – und wird sie geben –: Freibeträge.<br />
In <strong>der</strong> gesetzl<strong>ich</strong>en Erbfolge erben die Kin<strong>der</strong> und <strong>der</strong> Ehegatte. Wenn <strong>ein</strong> Kind schon verstorben ist,<br />
treten die Abkömmlinge an s<strong>ein</strong>e Stelle. Wenn Abkömmlinge n<strong>ich</strong>t existieren, können neben dem<br />
Ehegatten die Eltern des Verstorbenen zum Zuge kommen. Wenn nur Eltern (des Erblassers) leben,<br />
dann diese. Sonst geht es über die Eltern und Voreltern bzw. <strong>der</strong>en Abkömmlinge weiter.<br />
<strong>Und</strong> bei All<strong>ein</strong>stehenden?<br />
Es ermittelt das Nachlassger<strong>ich</strong>t, manchmal <strong>der</strong> Erbensucher, s.o.<br />
Bei mehreren Kin<strong>der</strong>n?<br />
Man sollte schon nachdenken, ob man n<strong>ich</strong>t besser durch letzt<strong>will</strong>ige Verfügung sagt, wer <strong>was</strong><br />
bekommen soll; und/o<strong>der</strong> <strong>Testament</strong>svollstreckung anordnet.<br />
Die gesetzl<strong>ich</strong>e Erbfolge bringt manchmal Überraschungen (Beispiele):<br />
Bei Zugewinngem<strong>ein</strong>schaft hat <strong>der</strong> Ehegatte Anspruch auf die Hälfte des Nachlasses. Bei <strong>ein</strong>er kurzen<br />
Ehe kann das z.B. die Kin<strong>der</strong> aus <strong>ein</strong>er 1. Ehe verwun<strong>der</strong>n.<br />
Bei <strong>der</strong> Gütertrennung (Ehevertrag) ist <strong>der</strong> gesetzl<strong>ich</strong>e Erbteil <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> größer als bei <strong>ein</strong>em<br />
Erblasser, <strong>der</strong> im Güterstand <strong>der</strong> Zugewinngem<strong>ein</strong>schaft gelebt hat. Damit kann <strong>der</strong> überlebende<br />
Ehegatte zu kurz kommen.<br />
Bei all<strong>ein</strong> Stehenden kommt mögl<strong>ich</strong>erweise <strong>der</strong> Erbensucher zu s<strong>ein</strong>em Recht. Es kommt so zu <strong>ein</strong>er<br />
Zufallserbschaft, vielle<strong>ich</strong>t auch mit <strong>ein</strong>er Vielzahl von Erben.<br />
Der Partner <strong>ein</strong>er heterosexuellen Lebensgem<strong>ein</strong>schaft erbt von Gesetzes wegen N<strong>ich</strong>ts. <strong>Und</strong> <strong>was</strong> ist,<br />
<strong>wenn</strong> beide gem<strong>ein</strong>sam <strong>ein</strong>e Eigentumswohnung besaßen?<br />
Praktische Fragen zur Abwicklung kann man mit <strong>ein</strong>er Voll<strong>macht</strong> lösen.<br />
Vorwiegend <strong>wenn</strong> Grundbesitz im Spiel ist, braucht es den <strong>Notar</strong> für diese<br />
4
Voll<strong>macht</strong>. Achtung: Die Voll<strong>macht</strong> sagt n<strong>ich</strong>t, wem <strong>was</strong> zusteht. Sie ist nur <strong>ein</strong><br />
Vehikel aber k<strong>ein</strong>e Zielauswahl.<br />
Vermögensbindung, Berliner <strong>Testament</strong>, <strong>Testament</strong>svollstreckung<br />
Erbvertrag:<br />
Ein Erblasser kann mit s<strong>ein</strong>em zukünftigen Erben o<strong>der</strong> Vermächtnisnehmer <strong>ein</strong>en Vertrag machen.<br />
Dieser Vertrag enthält dann mindestens <strong>ein</strong>e bindende letzt<strong>will</strong>ige Verfügung. In <strong>ein</strong>em solchen<br />
Vertrag kann s<strong>ich</strong> <strong>der</strong> Erblasser auch sozusagen <strong>ein</strong>en Kaufpreis für s<strong>ein</strong> Erbe versprechen lassen.<br />
Auch <strong>der</strong> Vermögensübernehmer beziehungsweise Vertragspartner kann ihnen geltend sprechen, dass<br />
er über s<strong>ein</strong> eigenes Vermögen nur in bestimmter Weise verfügt. N<strong>ich</strong>t selten sind Rentenversprechen.<br />
Der Vertragserbe ist aber grundsätzl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t davor geschützt, dass <strong>der</strong> Erblasser s<strong>ein</strong> Vermögen ganz<br />
o<strong>der</strong> teilweise verbraucht.<br />
Vor- und Nacherbschaft:<br />
Der erste Erbe darf grundsätzl<strong>ich</strong> nur die Früchte des Nachlasses genießen. Wenn er stirbt (o<strong>der</strong> <strong>ein</strong><br />
an<strong>der</strong>es spezielles Ereignis <strong>ein</strong>tritt), fällt das Erbe an den nächsten.<br />
Beispiel: „ M<strong>ein</strong>e Frau ist Vorerbe. Wenn sie stirbt, ist unser gem<strong>ein</strong>sames Kind Nacherbe“.<br />
Praktisch: Behin<strong>der</strong>tentestament; Patchwork-<strong>Testament</strong><br />
Gem<strong>ein</strong>schaftl<strong>ich</strong>es <strong>Testament</strong> von Ehegatten:<br />
Ehegatten können in <strong>ein</strong>er Urkunde testieren. Das Berliner <strong>Testament</strong>, in gle<strong>ich</strong> welcher Form, muss<br />
sehr überlegt s<strong>ein</strong>. Es hat et<strong>was</strong> Herz liebes, aber es ist rechtstechnisch und steuerl<strong>ich</strong> oft<br />
unzweckmäßig. N<strong>ich</strong>t ohne Fachberatung! Der <strong>Notar</strong> wird dem Erbvertrag unter Ehegatten den<br />
Vorzug geben. Dabei können die Kin<strong>der</strong> beteiligt werden. Ein w<strong>ich</strong>tiges Instrument <strong>der</strong><br />
Streitvermeidung.<br />
<strong>Testament</strong>svollstreckung:<br />
Die gesetzl<strong>ich</strong>e Ausgestaltung <strong>der</strong> <strong>Testament</strong>svollstreckung läuft in vielen Punkten<br />
auf <strong>ein</strong> „ganz o<strong>der</strong> gar n<strong>ich</strong>t" hinaus. Wer überwacht den <strong>Testament</strong>svollstrecker?<br />
Wer setzt ihn ab? Die detaillierte Regelung <strong>der</strong> <strong>Testament</strong>svollstreckung ist die<br />
gegebene Lösung für viele Erbprobleme. Die mögl<strong>ich</strong>erweise<br />
pfl<strong>ich</strong>tteilsberechtigten Erben müssen aber zustimmen! Daher: Anordnung per<br />
Erbvertrag!<br />
5
Wann brauche <strong>ich</strong> <strong>ein</strong>en Erbsch<strong>ein</strong>?<br />
Ich habe geerbt. Entwe<strong>der</strong> in gesetzl<strong>ich</strong>er Erbfolge o<strong>der</strong> nach <strong>ein</strong>em handschriftl<strong>ich</strong>en <strong>Testament</strong>.<br />
Jetzt möchte <strong>ich</strong> <strong>ein</strong>en Grundbesitz (Haus, Eigentumswohnung o<strong>der</strong> ähnl<strong>ich</strong>es) auf m<strong>ich</strong> umschreiben<br />
lassen.<br />
Das Grundbuchamt verlangt <strong>ein</strong>en Erbsch<strong>ein</strong>.<br />
O<strong>der</strong>:<br />
<strong>der</strong> Erblasser hatte Außenstände. Diese möchte <strong>ich</strong> beitreiben. Ich muss m<strong>ich</strong> gegenüber dem<br />
Schuldner o<strong>der</strong> auch dem Ger<strong>ich</strong>t, <strong>wenn</strong> <strong>ich</strong> <strong>ein</strong>en Prozess führen muss, als Erbe ausweisen.<br />
Das sind Fälle, in denen man <strong>ein</strong>en Erbsch<strong>ein</strong> braucht.<br />
Wie bekomme <strong>ich</strong> <strong>ein</strong>en Erbsch<strong>ein</strong>?<br />
Wenn <strong>ein</strong> (handschriftl<strong>ich</strong>es) <strong>Testament</strong> da ist, muss es zum Nachlassger<strong>ich</strong>t <strong>ein</strong>gere<strong>ich</strong>t werden.<br />
Zuständig ist das Nachlassger<strong>ich</strong>t des letzten Wohnsitzes des Erblassers. Wenn das <strong>Testament</strong> gültig<br />
ist, r<strong>ich</strong>tet s<strong>ich</strong> die Erbfolge danach.<br />
Wenn k<strong>ein</strong> <strong>Testament</strong> da ist, gilt die gesetzl<strong>ich</strong>e Erbfolge.<br />
In beiden Fällen muss <strong>der</strong> Erbe (unter Umständen kann das auch <strong>ein</strong> Gläubiger) <strong>ein</strong>en Antrag auf<br />
Erteilung des Erbsch<strong>ein</strong>s stellen. Dazu muss er <strong>ein</strong>e eidesstattl<strong>ich</strong>e Vers<strong>ich</strong>erung über bestimmte<br />
Tatsachen abgeben. Dazu wendet er s<strong>ich</strong> an den <strong>Notar</strong>. Man könnte die eidesstattl<strong>ich</strong>e Vers<strong>ich</strong>erung<br />
aber auch beim Nachlassger<strong>ich</strong>t abgeben.<br />
Das Verfahren dauert. Es kostet auch die Gebühren für den Antrag bzw. die eidesstattl<strong>ich</strong>e<br />
Vers<strong>ich</strong>erung sowie für die Erteilung des Erbsch<strong>ein</strong>s.<br />
Ersetzt <strong>ein</strong> notarielles <strong>Testament</strong>/Erbvertrag den Erbsch<strong>ein</strong>?<br />
In <strong>der</strong> Regel ja. Man spart also die Gebühr für den Erbsch<strong>ein</strong>. Diese kostet soviel wie<br />
das <strong>Testament</strong>. Auch die Banken müssen das notarielle <strong>Testament</strong> grundsätzl<strong>ich</strong><br />
akzeptieren.<br />
6
„Lieber mit warmer Hand geben“:<br />
Vorweggenommene Erbfolge<br />
Das ist r<strong>ich</strong>tig, <strong>wenn</strong> <strong>ein</strong> Betrieb übergeben werden muss und <strong>ein</strong>e<br />
Nachfolgeregelung getroffen werden kann.<br />
Diese Nachfolgeregelung ist <strong>ein</strong> komplexes Thema. Es ist <strong>der</strong> Gesellschaftsvertrag, es sind die<br />
Führungsstrukturen anzupassen. Es muss <strong>ein</strong> System von „checks and balances“ etabliert und<br />
ausprobiert werden. Es seien die St<strong>ich</strong>worte Beirat, <strong>Testament</strong>svollstreckung<br />
(<strong>Testament</strong>svollstreckung am Unternehmen, <strong>ein</strong> Son<strong>der</strong>thema) genannt. Umglie<strong>der</strong>ung,<br />
Umwandlung, Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Gesellschaftsform, Einsatz <strong>ein</strong>er Stiftung bzw. Doppelstiftung: so heißt<br />
das Instrumentarium.<br />
Bei kl<strong>ein</strong>eren Vermögen warne <strong>ich</strong> vor <strong>der</strong> vorweggenommenen Erbfolge. Sie muss<br />
sorgfältig bedacht werden. Nur selten sind die erbschaftsteuerl<strong>ich</strong>en Gründe triftig<br />
und halten <strong>ein</strong>er Nachprüfung stand. Die beliebte Übergabe unter<br />
Nießbrauchsvorbehalt immobilisiert den neuen Eigentümer genauso wie die<br />
Nießbraucher. Än<strong>der</strong>ungen können in <strong>der</strong> Regel nur noch <strong>ein</strong>vernehml<strong>ich</strong><br />
vorgenommen werden. Das kann gefährl<strong>ich</strong> s<strong>ein</strong>. Den Vorrang muss die Versorgung<br />
<strong>der</strong> älteren Generation haben. "S<strong>ich</strong> arm schenken" kann zum Rückgriffsanspruch<br />
des Sozialamtes gegen den Beschenkten führen.<br />
Wer weiß, dass er bestimmte Vermögensteile n<strong>ich</strong>t mehr braucht, kann schenken.<br />
Bei großen Vermögen müssen wir aber das gesamte Instrumentarium des<br />
Erbschaftsteuerrechts nutzen können. Dazu gehört die Verteilung des Vermögens<br />
unter <strong>der</strong> Erblassergeneration so, dass die Freibeträge maximal genutzt werden<br />
können. Dazu gehört die Wahrnehmung <strong>der</strong> 10 Jahresgrenze für Schenkungen, aber<br />
auf die Nutzung <strong>der</strong> Bewertungsvorteile des <strong>der</strong>zeit noch aktuellen Erbschaft- und<br />
Schenkungsteuerrechts.<br />
Vermieteter Immobilienbesitz (<strong>wenn</strong> das Grundstück n<strong>ich</strong>t übergroß ist) mag gegen<br />
Rentenzahlungen (steuerl<strong>ich</strong> gefährdet), unter Nießbrauchsvorbehalt<br />
(Rückfor<strong>der</strong>ungsrechte, Instandhaltung, Versorgungsbedarf beachten!) noch rasch<br />
übertragen werden.<br />
7
Wer <strong>will</strong>, kann es probieren, die heutige Begünstigung für neu geschaffenes<br />
Betriebsvermögen zu nutzen. Dafür gibt es Modelle. Die Personengesellschaft ist<br />
dafür von beson<strong>der</strong>em Interesse.<br />
Drei Regelungskreise:<br />
Voll<strong>macht</strong>en<br />
1.<br />
Wer sorgt für m<strong>ein</strong> Geld, m<strong>ein</strong>e Wohnung?<br />
Antwort: Generalvoll<strong>macht</strong>, Vorsorgevoll<strong>macht</strong> für den Fall <strong>der</strong><br />
Handlungs<strong>ein</strong>schränkung<br />
2.<br />
Wer sorgt für m<strong>ein</strong> leibl<strong>ich</strong>es Wohl, wer gibt die zur Behandlung notwendigen<br />
Erklärungen ab? Wer wird m<strong>ein</strong> Betreuer?<br />
Antwort: Vorsorgevoll<strong>macht</strong> mit Betreuerbenennung<br />
3.<br />
Darf <strong>ich</strong> sterben, <strong>wenn</strong> es soweit ist?<br />
Antwort: Patientenverfügung.<br />
W<strong>ich</strong>tig: Registrierung und Sofortabfrage bei <strong>der</strong> Bundesnotarkammer.<br />
8
Warum <strong>ein</strong>e neue Erbschaftsteuer?<br />
Das bisherige Erbschaftsteuerrecht (seit 1996) hat angenehme Freibeträge. In <strong>ein</strong>er<br />
Familie (überleben<strong>der</strong> Ehegatte, 2 Kin<strong>der</strong>) stehen zusammen gut Euro 800.000,00 an<br />
Freibeträgen zur Verfügung, ferner <strong>ein</strong> Versorgungsfreibetrag für den überlebenden<br />
Ehegatten.<br />
Was muss s<strong>ich</strong> än<strong>der</strong>n?<br />
Nach <strong>der</strong> Entscheidung des Bundesverfassungsger<strong>ich</strong>tes müssen die<br />
Bewertungsvorschriften neugefasst werden.<br />
Beispiel:<br />
Eine Eigentumswohnung, <strong>wenn</strong> sie schon älter ist, wird gerade mal mit dem halben<br />
Verkehrswert angesetzt. Entsprechendes könnte auch für <strong>ein</strong>en sehr großen<br />
Mietshausbesitz gelten. Die Erbschaftssteuer wäre dann nur halb so hoch wie beim<br />
vollen Ansatz des Verkehrswerts.<br />
Kapitalvermögen, Wertpapiere, Geld werden aber mit dem vollen Wert angesetzt.<br />
Erbschaftsteuerl<strong>ich</strong> ist also im Vorteil, wer <strong>ein</strong> Mietshaus vererbt.<br />
Ein Schlupfloch:<br />
Betriebl<strong>ich</strong>es wird begünstigt bewertet. Man kann also künstl<strong>ich</strong> Betriebsvermögen<br />
schaffen, z. B. indem man Privatvermögen in <strong>ein</strong>e Gesellschaft <strong>ein</strong>bringt.<br />
Fragen an die neue Erbschaftsteuer:<br />
Schaffen wir <strong>ein</strong> neues System? Nach den <strong>der</strong>zeitigen Nachr<strong>ich</strong>ten: N<strong>ein</strong>. Auch die<br />
so genannte Abschmelzregelung ist k<strong>ein</strong> Durchbruch. Es bleibt kompliziert;<br />
schlimm ist die Uns<strong>ich</strong>erheit. Manches spr<strong>ich</strong>t dafür, die Erbschaftssteuer ganz<br />
abzuschaffen. Das werden wir wohl n<strong>ich</strong>t erleben.<br />
9
Der Rechtsanwalt als <strong>Notar</strong><br />
Der Anwaltsnotar ist <strong>ein</strong> „Doppelberufler“:<br />
Als Anwalt ist er Dienstleister, <strong>der</strong> <strong>ein</strong>seitig Interessen wahrzunehmen hat.<br />
Als <strong>Notar</strong> ist im Rahmen <strong>der</strong> vorsorgenden Rechtspflege tätig. Damit ist er Mittler<br />
zwischen verschiedenen Interessen. Insoweit hat er <strong>ein</strong>e Pfl<strong>ich</strong>t zu absoluter<br />
Neutralität.<br />
Die zentralen Rechtsvorschriften sind § 3 BeurkG, § 45 Bundesrechtsanwaltsordnung und § 14<br />
BNotO. Sie behandeln die Mitwirkungsverbote. Wo sie gelten, darf <strong>der</strong> Anwaltsnotar entwe<strong>der</strong> nur als<br />
<strong>Notar</strong> o<strong>der</strong> nur als Anwalt tätig werden.<br />
Der Grundgedanke ist:<br />
bei <strong>der</strong> anwaltl<strong>ich</strong>en Tätigkeit muss s<strong>ich</strong> <strong>der</strong> Mandant darauf verlassen können, dass <strong>der</strong> Anwalt nur<br />
die Interessen des Mandanten wahrnimmt. Bei <strong>der</strong> Tätigkeit des <strong>Notar</strong>s muss im Interesse des Bürgers<br />
die Unparteil<strong>ich</strong>keit des <strong>Notar</strong>s den größtmögl<strong>ich</strong>en Schutz haben.<br />
Wer entscheidet, in welcher s<strong>ein</strong>er beiden Funktionen <strong>der</strong> Anwaltsnotar tätig wird?<br />
Zunächst muss s<strong>ich</strong> <strong>der</strong> Anwaltsnotar vergegenwärtigen, welcher Fallgruppe das Problem zuzuordnen<br />
ist, Interessenwi<strong>der</strong>streit/Interessenausgle<strong>ich</strong>?<br />
Der Mandant/Auftraggeber kann auch - mit dem Einverständnis des zu Beauftragenden<br />
selbstverständl<strong>ich</strong> - entscheiden, ob er <strong>ein</strong>en anwaltl<strong>ich</strong>en Auftrag geben möchte. Wenn <strong>der</strong> Fall für<br />
den Anwaltsnotar neu ist und deswegen k<strong>ein</strong> Hin<strong>der</strong>ungsgrund aus <strong>der</strong> Vergangenheit vorliegt, kann<br />
immer die Einschaltung als Anwalt gewählt werden.<br />
Wenn k<strong>ein</strong> Hin<strong>der</strong>ungsgrund aus früherer anwaltl<strong>ich</strong>er Tätigkeit vorliegt, ist <strong>der</strong> Bere<strong>ich</strong> des <strong>Notar</strong>s<br />
eröffnet.<br />
In <strong>der</strong> Regel geht es um notarielle Tätigkeit, <strong>wenn</strong> die Beratung bzw. <strong>der</strong><br />
Entwurf des <strong>Notar</strong>s in <strong>ein</strong>e notarielle Urkunde münden sollen. Beim <strong>Testament</strong><br />
ist die Beurkundung praktisch immer zweckmäßig. Beim Erbvertrag,<br />
Erbverz<strong>ich</strong>t, beim Pfl<strong>ich</strong>tteilsverz<strong>ich</strong>t und an<strong>der</strong>en erbrechtl<strong>ich</strong>en Vorgängen<br />
geht es überhaupt n<strong>ich</strong>t ohne den <strong>Notar</strong>. Sie wären sonst n<strong>ich</strong>t wirksam.<br />
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Die planende Tätigkeit – zumal für die Interessen <strong>ein</strong>er Person – ist anwaltl<strong>ich</strong>e<br />
Tätigkeit.<br />
Faustregel:<br />
<strong>Und</strong> <strong>was</strong> kostet <strong>der</strong> <strong>Notar</strong>?<br />
0,15 % vom Wert, <strong>wenn</strong> nur <strong>ein</strong>er beteiligt ist.<br />
0,3 % vom Wert, <strong>wenn</strong> zwei o<strong>der</strong> mehrere beteiligt sind.<br />
Wenn es n<strong>ich</strong>t um Geldeswert geht, ist in <strong>der</strong> Regel <strong>ein</strong> geringer Wert anzusetzen.<br />
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