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Die westdeutsche Steinkohle und der niederländische Markt in der ...

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Differenzierungskriterien denkbar. 64 <strong>Die</strong>se - zugegeben generelle - Differenzierung aufgreifend<br />

handelte es sich beim nie<strong>der</strong>ländischen Kohlenmarkt um e<strong>in</strong>en „regulierten“ <strong>Markt</strong>, zum<strong>in</strong>dest am<br />

Vorabend des Ersten Weltkrieges. <strong>Die</strong> Regulierung wurde vom RWKS <strong>und</strong> <strong>der</strong> für den nie<strong>der</strong>ländischen<br />

<strong>Markt</strong> vom RWKS beauftragten Steenkolen-Handelsvereenig<strong>in</strong>g (SHV) etabliert <strong>und</strong><br />

durchgesetzt. Obgleich man wegen <strong>der</strong> britischen Konkurrenz beson<strong>der</strong>s an <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>ländischen<br />

Küste nicht von e<strong>in</strong>er Monopolstellung rhe<strong>in</strong>isch-westfälischer Kohle ausgehen kann, ist zum<strong>in</strong>dest<br />

die Dom<strong>in</strong>anz rhe<strong>in</strong>isch-westfälischer Kohle für den nie<strong>der</strong>ländischen <strong>Markt</strong> nachweisbar.<br />

War <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>ländische Kohlenmarkt bis zum Ersten Weltkrieg <strong>der</strong>art organisiert, stellte die<br />

Zwischenkriegszeit e<strong>in</strong>e Phase <strong>der</strong> Neujustierung <strong>der</strong> <strong>Markt</strong>verhältnisse dar. So galt es, Wettbewerbsstellungen<br />

neu auszutarieren <strong>und</strong> neue <strong>Markt</strong>teilnehmer zu <strong>in</strong>tegrieren, neue Vertragsbeziehungen<br />

auszuhandeln <strong>und</strong> darüber h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong> neues <strong>in</strong>stitutionelles Rahmengebäude zu<br />

schaffen.<br />

Problemaufriss<br />

Fritz Thyssen kritisierte bereits 1911 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Beiratssitzung des RWKS die SHV aufs schärfste:<br />

„<strong>Die</strong>se <strong>Ste<strong>in</strong>kohle</strong>n-Handelsvere<strong>in</strong>igung [SHV] ist für alle Kohlenhandelsgesellschaften e<strong>in</strong><br />

Schlaraffenland. In dieses Schlaraffenland ist bisher das Auge e<strong>in</strong>es Unbefugten noch nie e<strong>in</strong>gedrungen.<br />

Das Geheimnis, was über dieser Gesellschaft waltet, wird strengstens gewahrt.“ 65 Anklagen<br />

dieser Art, mit dem Vorwurf <strong>der</strong> Verschleierung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Geschäftemacherei zu Ungunsten<br />

<strong>der</strong> vere<strong>in</strong>ten Zechen, gab es im Syndikats<strong>in</strong>neren <strong>in</strong> Bezug auf die SHV zu Hauf. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

wurde die Vertriebsstruktur des RWKS bis zum Ersten Weltkrieg nicht angerührt. <strong>Die</strong> Syndikatsleitung<br />

hatte frühzeitig erkannt, dass die Kartellierung von Produktionsmengen (Quote) <strong>und</strong> Preisfestsetzungen<br />

nicht ausreichend war, um weitgehende <strong>Markt</strong>macht durchzusetzen. Daher begann<br />

das RWKS bald nach se<strong>in</strong>er Gründung, den Vertrieb <strong>der</strong> Kohlen zu <strong>in</strong>tegrieren. Auf die Def<strong>in</strong>ition<br />

von Verkaufsgebieten (Verkaufsbezirke) folgte die Zuweisung jeweils e<strong>in</strong>er Syndikatshandelsgesellschaft.<br />

66 <strong>Die</strong> Verkaufsgebiete wurden sowohl für deutsche Belieferungsgebiete als auch für<br />

ausländische Absatzmärkte festgelegt. In diesen Kontext fiel die Gründung <strong>der</strong> SHV 1896 <strong>in</strong><br />

Utrecht, e<strong>in</strong>em Zusammenschluss von mehreren nie<strong>der</strong>ländischen Kohlenhändlern. Laut den<br />

Gründungsstatuten <strong>der</strong> SHV war <strong>der</strong> Geschäftszweck <strong>der</strong> Import <strong>und</strong> Verkauf von <strong>Ste<strong>in</strong>kohle</strong>,<br />

Koks <strong>und</strong> <strong>Ste<strong>in</strong>kohle</strong>nbriketts im „Allgeme<strong>in</strong>en“ <strong>und</strong> im „Beson<strong>der</strong>en“ vom RWKS. 67 Das Syndikat<br />

war daran <strong>in</strong>teressiert, aus dem „allgeme<strong>in</strong>en“ Import e<strong>in</strong>en exklusiven Ruhrkohlenvertrieb zu<br />

machen, also <strong>der</strong> SHV den Handel mit <strong>der</strong> konkurrierenden englischen Kohle zu untersagen.<br />

Spätestens mit dem Vertrag von 1905 sicherte die SHV dem RWKS vertraglich die sogenannte<br />

„Exklusivität“ zu, während das RWKS <strong>der</strong> SHV den „Alle<strong>in</strong>vertrieb“ für den nie<strong>der</strong>ländischen<br />

<strong>Markt</strong> übergab. Dabei wurde e<strong>in</strong>e Art Gewaltenteilung <strong>in</strong> Bezug auf das Transportsystem –<br />

Eisenbahn- o<strong>der</strong> Rhe<strong>in</strong>transport – verankert: Während die per Eisenbahn transportierten Kohlen<br />

64 Gablers Wirtschaftslexikon, 15. Aufl., Bd. 5 (2000), S. 2061ff.<br />

65 Fritz Thyssen (1911) auf e<strong>in</strong>er Beiratssitzung des RWKS zur Absatzfrage, <strong>in</strong>: Bergbauarchiv im Montanhistorischen<br />

Dokumentationszentrum beim Deutschen Bergbaumuseum Bochum (BBA), 33/64.<br />

66 Hardt, Hans-Joachim: Betrachtungen über das rhe<strong>in</strong>isch-westfälische Kohlensyndikat als Absatzorgan <strong>der</strong> Ruhrzechen,<br />

(Diss.) Saarbrücken 1933, S. 7-12.<br />

67 BBA 33/1005, Statuten <strong>der</strong> SHV (1896/97); [Wortlaut: "Zij heeft ten doel den <strong>in</strong>- en verkoop van steenkolen, cokes<br />

en steenkolenbrikets <strong>in</strong> het algemeen en <strong>in</strong> het bijzon<strong>der</strong> van die van het Rhe<strong>in</strong>isch-Westfälische Kohlen Syndicat."]

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