UIM - Unit Interventie Mariniers - Andrew Balcombe.com
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<strong>UIM</strong> ist die Counter-<br />
Terror-Einheit<br />
der Niederlande<br />
und führt in<br />
Regelmäßigen<br />
Zeiträumen<br />
Großübungen<br />
durch. K-ISOM war<br />
dabei.<br />
K-ISOM 26<br />
counter-terror<br />
Operation Mumbai-Rotterdam<br />
Ganze Seite:<br />
Zugriff<br />
durch <strong>UIM</strong><br />
während<br />
einer<br />
Anti-Terrorübung<br />
mit Geiselnahme<br />
und<br />
Angriff auf<br />
eine Universität.<br />
<strong>UIM</strong> - <strong>Unit</strong> <strong>Interventie</strong> <strong>Mariniers</strong><br />
von <strong>Andrew</strong> <strong>Bal<strong>com</strong>be</strong><br />
(Text & Fotos) und Sören<br />
Sünkler (Text)<br />
otterdam, Frühjahr 2012: Eine Terrorzelle schlägt in<br />
Rden Niederlanden an drei Stellen gleichzeitig zu. Viele<br />
Tote und eine Massenpanik in der Stadt sind das Ergebnis.<br />
Die Regierung ruft den Notstand aus. Anti-Terroreinheiten<br />
begeben sich zu ihren Einsatzorten und versuchen die Terroristen<br />
niederzukämpfen.<br />
So oder ähnlich könnte eine aktuelle Lageentwicklung<br />
dargestellt werden. Es handelt sich konkret um die <strong>UIM</strong>-<br />
Operation „Mumbai-Rotterdam“ und basiert auf bereits<br />
geschehene Szenarien, wie der Überfall in Indien im Jahr<br />
2008. K-ISOM begleitete exklusiv die niederländische <strong>Unit</strong><br />
<strong>Interventie</strong> <strong>Mariniers</strong>, manchen Lesern noch als Bijzondere<br />
Bijstands Eenheid (BBE) bekannt sein müsste. Der Übung<br />
lag zugrunde, dass eine Terrorzelle an drei Orten in Rotterdam<br />
gleichzeitig zugeschlagen hat: The Hague Airport,<br />
Erasmus University sowie Centraal Station und somit sofort<br />
eine Großlage ausgelöst hatte. Alle Einheiten des behördenübergreifenden<br />
Dienst Speciale <strong>Interventie</strong>s (u. a. <strong>UIM</strong><br />
MARSOF, BSB Brigade, Arrestatieteam) werden alarmiert<br />
und eingesetzt. In diesem Fall wurde jedoch nur <strong>UIM</strong> beübt.<br />
Als Ausgangslage nimmt man nach nachrichtendienstlichen<br />
Informationen an, dass nach der Verlängerung der<br />
Anti-Piraten-Missions am Horn von Afrika, in der großen<br />
somalischen Gemeinde in den Niederlanden eine künstlich<br />
geschürte Unzufriedenheit herrscht. Nach einigen Razzien<br />
durch die örtliche Polizei wird jedoch klar, dass mit einem<br />
terroristischen Großangriff vor Ort gerechnet werden muss.<br />
<br />
-<br />
tiven Szenario, dass in der Region um Rotterdam mehrere<br />
Zellen aktiv sind. Besonders erschreckend ist, dass vier bis<br />
<br />
konnten. Ebenso liegt der Annahme zugrunde, dass besonders<br />
die sich sehr konspirativ verhaltende Zellen Ver-<br />
<br />
zwischen zwei und acht Personen, die nicht unbedingt mit<br />
anderen Zellen direkt in Verbindung stehen müssen. Die<br />
Ermittlungen ergeben darüber hinaus, dass die Mitglieder<br />
ehemalige oder aktive Kämpfer sowie Piraten sind. Deren<br />
Struktur ist militärisch ausgerichtet, die Angehörigen wer-<br />
<br />
Weitere Lageentwicklung<br />
Um die Übung so wie realistisch wie möglich zu halten,<br />
wurden einige Annahmen wie in Filmsequenzen durch eine<br />
Übungsleitung konsequent eingespielt.<br />
- Die in der Fachsprache als Tangos bezeichneten Angreifer<br />
werden versuchen, so viel Zivilisten zu töten wie nur<br />
möglich, bis sie nicht selber konsequent gestoppt werden.<br />
Aufgabe und Flucht sind keine Option. Man stellt sich dem<br />
wahrscheinlichen Feuerkampf mit den Sicherheitsbehörden.<br />
Unten: <strong>UIM</strong> verwendet regelmäßig die belgische<br />
FN P90 TR (Fabrique Nationale, Project 90, Triple<br />
Rail) in 5,7 mm x 28 die als PDW entwickelt<br />
wurde (Personal Defence Weapon).<br />
- Alle operierenden Zellen greifen gleichzeitig an. Dabei werden<br />
mehrere Schwerpunktziele ausgesucht und gemeinsam<br />
mit Sprengmitteln und Handfeuerwaffen angegriffen. Danach<br />
verteilen sich die bewaffneten Angreifer in der Stadt und sickern<br />
als Einzelpersonen oder kleinen Teams in das urbane<br />
Umfeld ein und versuchen weiter zu töten.<br />
- Als Übungsannahme wird jedoch eingespielt, dass sechs<br />
Tangos sich nur die Universität vorgenommen haben. Die<br />
Aufklärung ergibt, dass der Flughafen nicht angegriffen wird.<br />
Die Einsatzteams am Rotterdam-Hague Airport kehren zu ihrem<br />
Sammelpunkt zurück und werden in Reserve gehalten.<br />
- 23:00 Uhr: Die <strong>UIM</strong>-Operators verlassen den Hauptbahnhof<br />
und werden zum geschlossenen Einsatz in der Universität<br />
gerufen. Die Erasmus University ist ein hohes Lehrgebäude,<br />
dass von den Terroristen nun besetzt gehalten wird. Sie halten<br />
mehrere Geiseln in ihrer Gewalt aber Teile der Studenten<br />
und des Lehrpersonal irren in Panik durch die Anlage.<br />
- Als Aufgabe für die Rettungsteams steht nun eine Geiselbefreiung<br />
im Mittelpunkt sowie das Ausschalten der Terroristen<br />
um weitere Opfer zu verhindern. Die Terroristen haben keine<br />
erfüllbaren Forderungen und wollen nur soviel Schaden wie<br />
möglich anrichten. Ihr eigener Tod ist dabei mit einkalkuliert.<br />
Ein Feuerkampf ist dabei sehr wahrscheinlich.<br />
Zugriff<br />
Um in das Innere des Gebäudes zu kommen, werden von<br />
<strong>UIM</strong> Motorsägen eingesetzt, die die Verbarrikadierten Türen<br />
öffnen. Auf der Stelle wird beim Zugang ein Tango ausgeschaltet,<br />
eine Geisel versteckt sich panisch in der Ecke. Ein<br />
<br />
ein. Schwere ballistische Schilde werden vorgeschoben. LED-<br />
<br />
als Sicherung hochgenommen. Die Rettungsteams biegen in<br />
die Fahrstuhlhalle ab und werden von einem zweiten Tango<br />
angegriffen, der jedoch sofort ausgeschaltet wird. Die<br />
Halle wird nun an allen Punkten taktisch gesichert und der<br />
Täter auf Lebenszeichen überprüft. Zwischenzeitlich ist auch<br />
ein Medic-Team eingetroffen, dass einen verletzten Kameraden<br />
unmittelbar behandelt. Ein weiterer Operator sichert<br />
die Versorgung ab, damit sich die Helfer auf den verletzten<br />
konzentrieren können. Nun arbeiten sich die <strong>UIM</strong>-Teams die<br />
Treppen hoch. In den Zimmern, Fluren und Arbeitsräumen<br />
treffen sie nun auf Tangos, Geiseln, panische Zivilisten und<br />
Links: <strong>UIM</strong>-<br />
Operator mit<br />
Ulbrichts Us 95<br />
mit ballistischen<br />
Schutzvisier und<br />
Nackenschutz.<br />
K-ISOM 27
Oben: <strong>UIM</strong>-Sturmtrupps dringen in die Räumlichkeiten die Universität<br />
von Rotterdam ein, wo sich während der Anti-Terror-Übung Geiselnehmer<br />
verschanzt hatten.<br />
herumlaufendes Lehrpersonal gleichermaßen. Jedes<br />
<strong>UIM</strong>-Team wird seit Beginn der Operation durch die<br />
Einsatzzentrale in der Kaserne in Rotterdam einzeln<br />
geführt, damit diese sich nicht gleichzeitig über den<br />
Weg laufen und unkoordiniert vorgehen, was Zeit<br />
und somit Leben kosten würde. Stunden später ist<br />
die Lage endlich unter Kontrolle gebracht. Marine-<br />
EOD-Spezialisten übernehmen nun, um das Gebäude<br />
nach Sprengmitteln und IED-Fallen abzusuchen. Alle<br />
Zivilisten werden nun einzeln befragt um auszuschließen,<br />
dass sich keine weiteren Terroristen im Gebäude<br />
aufhalten bzw. dass sich keiner der Angreifer unter<br />
die Geiseln gemischt hat. Ebenso wird weiter nach<br />
Verletzten gesucht, damit diese einer Versorgung zugeführt<br />
werden können.<br />
<strong>UIM</strong>, <strong>Unit</strong> <strong>Interventie</strong> <strong>Mariniers</strong> und DSI<br />
<br />
elitären Korps <strong>Mariniers</strong> übertragen. Aus besonders<br />
ausgewählten Marineinfanteristen wurde die Spezialeinheit<br />
Bijzondere Bijstandseenheid <strong>Mariniers</strong><br />
(BBE-M) sorgfältig aufgebaut. Im Jahr 2005 wurde<br />
<br />
bei einer Geiselnahme in einem Zug in Groningen’s<br />
De Punt zum Einsatz. Leider starben neben den sechs<br />
<br />
kam die BBE-M bei einer Gefängnisrevolte in Scheveningen<br />
zum Einsatz. Beim Einsatz im Inneren wird<br />
die <strong>UIM</strong> heute zur besseren Koordination vom Dienst<br />
Speciale <strong>Interventie</strong> (DSI) geführt. Die DSI wurde<br />
im Jahr 2006 gegründet. Diese führt nun unter dem<br />
Links: <strong>UIM</strong>-<br />
Operator in leichter<br />
Ausrüstung. Neben<br />
den Tourniquet auf<br />
der Schutzweste<br />
nutzt er auch eine<br />
<br />
(Tactikka) mit<br />
<br />
Anzeigen<br />
Links, unten:<br />
Während des<br />
Sturms auf<br />
das Gebäude<br />
werden<br />
Verletzte in<br />
Sicherheit<br />
gebracht<br />
sowie<br />
unbekannte<br />
Personen in<br />
Gewahrsam<br />
genommen.<br />
Kommando von Spezialisten der Korps Landelijke<br />
Politiediensten (KLPD) einheitlich alle Anti-Terroroperationen.<br />
Bei der DSI versehen behördenübergreifend<br />
Experten der Polizei, Marinekorps und Militärpolizei<br />
ihren Dienst. Nach einigen Änderungen<br />
besteht die DSI heute aus folgenden Einheiten:<br />
- <strong>Unit</strong> <strong>Interventie</strong>, Interventionseinheit bestehend<br />
aus Militär und Polizeipersonal.<br />
- <strong>Unit</strong> Expertise & Operationale Ondersteuning<br />
(UE&OO), die Unterstützungseineheit der Task<br />
Force mit u. a. Präzisionschützen von Polizei und<br />
Militär.<br />
- Wenn es die Lage verlangt, werden auch die Arrestatieteams<br />
der Polizei (Spezialeinsatzkommandos)<br />
unter die Führung der DSI gestellt.<br />
Durch die gemeinsame Controll & Command-Möglichkeiten<br />
ist es einfacher in einem Alarmfall die<br />
unterschiedlichen Einheiten zu mobilisieren, zu koordinieren<br />
und einzusetzen. In der Regel werden<br />
jedoch erst die Spezialeinsatzkommandos der Polizei<br />
zum Einsatz gebracht. Stellt sich in der weiteren<br />
Lageentwicklung eine größere Notsituation heraus,<br />
werden die <strong>Unit</strong> <strong>Interventie</strong> mit Militär- und Polizeipersonal<br />
aktiviert. Im höchsten Alarmfall kommt<br />
dann <strong>UIM</strong> zum Einsatz.<br />
K-ISOM 28 K-ISOM 29<br />
Links: <strong>UIM</strong>-<br />
Operator<br />
mit HK 416<br />
in 5,56 mm<br />
x 45 die<br />
zusätzlich<br />
zur P90<br />
geführt<br />
wird.<br />
MARSOF<br />
Seit Januar 2009 werden alle Sondereinheiten des<br />
niederländischen Marinekorps als MARSOF geführt,<br />
als Marine Special Operations Forces. Dazu zählen<br />
<strong>UIM</strong> sowie andere MSO-Einheiten (Marine Special<br />
Operations). Seither wurden viele Erfahrungen vor<br />
der Küste Somalias in der Piratenbekämpfung gemacht.<br />
Darunter Geiselbefreiungen, Rettungseinsätze<br />
sowie die Erstürmung des deutschen Schiffes<br />
MV TAIPAN im Jahr 2010, das entführt worden<br />
war. Deutschland konnte sich nicht zu einer Aktion<br />
durchringen. Ebenso wollte Deutschland die gefangen<br />
genommenen Piraten lange Zeit nicht übernehmen<br />
aber die Voraussetzungen für ein deutsches<br />
Verfahren waren geradezu zwingend. Reeder, Flag-<br />
<br />
Besatzung sind deutsch. Der niederländische Verteidigungsminister<br />
Eimert van Middelkoop drohte<br />
damals bereits mit der Freilassung der Piraten, sollten<br />
sie nicht von Deutschland übernommen werden.<br />
Insgesamt wieder das übliche Berliner Drama<br />
mit vielen sicherheitspolitischen Kollateralschäden.<br />
Ebenso wurden <strong>UIM</strong>-Operators zusammen mit den<br />
KCT-Spezialkräften des niederländischen Heeres<br />
zwischen dem Jahr 2006 und 2010 unter den<br />
Decknamen Viper und Task Force 55 in Afghanistan<br />
eingesetzt. Unter die MSO-Rolle fallen zudem Marine-Aufklärungsspezialisten,<br />
der Heeresbergführer-<br />
Aufklärungszug der Marines und der amphibische<br />
Aufklärungszug. Derbritischen SBS-Struktur folgend<br />
ist <strong>UIM</strong> in vier Schwadrone unterteilt:<br />
- M Squadron ist für den Einsatz im Innland zuständig.<br />
- C Squadron ist für Auslandseinsätze vorbehalten.<br />
- T Squadron für Aus- und Weiterbildung.<br />
Mögliche Kandidaten können sich für alle drei<br />
Schwadrone bewerben, jedoch sind die Eingangsvoraussetzungen<br />
identisch. Eine Zeit als Marineinfanterist<br />
ist jedoch grundlegend erforderlich. In
Links: <strong>UIM</strong>-<br />
Sturmtrupps dringen<br />
in das Gebäude ein<br />
und bekämpfen ein<br />
„Tango“ nach dem<br />
anderen.<br />
Praxis kann also jeder Marine, der die Basisanforderungen<br />
innerhalb der Kompanien erfüllt,<br />
sich für den Dienst bei MARSOF bewerben. Die<br />
erste Hürde für MARSOF ist jedoch der drei Wochen<br />
lange dauernde Eignungstest. Dort werden<br />
die mentale und körperliche Beweglichkeit des<br />
Kandidaten geprüft. Weniger als die militärischen<br />
Kenntnisse wird die Fähigkeit überprüft unter<br />
hohen Druck Aufträge auszuführen. Insgesamt<br />
dienen ca. 130 Operators in <strong>UIM</strong>. Innerhalb der<br />
Schwadrone sind Teamaufgaben wie folgt vergeben:<br />
- Kampf im urbanen Gebiet mit Kletterfähigkeiten.<br />
- Nachtkampffähigkeit mit umfangreicher Nachtsichtgerät-Expertise.<br />
- Zugangstechniker mit „leisen“ Methoden aber<br />
auch Sprengmitteln und Werkzeugen.<br />
- Taucher und amphibische Fähigkeiten.<br />
- HALO-/HAHO-Fallschirmspringer und weitere<br />
Fallschirmexperten.<br />
- Internationale Counter-Terror-Experten.<br />
Nach 20 Wochen MARSOF-Ausbildung sind in der<br />
Regel von 60 Anwärtern nur noch 15 oder 20 übrig.<br />
Erst dann wird eine Spezialistenausbildung<br />
durchgeführt. Für die Heeresbergführer dauert<br />
die Ausbildung über ein Jahr und wird hauptsächlich<br />
im Ausland (u. a. Deutschland) durchgeführt.<br />
Taucher durchlaufen eine 26 Wochen andauernde<br />
Ausbildung. Die Spezialistenausbildung dauert in<br />
<br />
zu den KCT-Spezialkräften des Heeres, die ihre<br />
gesamte Zeit im Verband verbringen, verlassen<br />
nach ca. drei Jahren die Operators <strong>UIM</strong> und werden<br />
anderen MARSOF-Einheiten zugeteilt oder<br />
wirken an anderen Stellen in der Marineinfanterie.<br />
Dies bewirkt einen insgesamt hohen Ausbildungsstand<br />
in der Marineinfanterie, die in den<br />
Niederlanden als Elite angesehen wird.<br />
Oben: Die Terror-<br />
Lage ging davon aus,<br />
dass an drei Stellen in<br />
Rotterdam gleichzeitig<br />
ein Terror-Angriff<br />
erfolgt, wie im Jahr<br />
2008 in Mumbai<br />
(Indien). Während der<br />
Übung sollte die DSI<br />
und <strong>UIM</strong> schnell und<br />
angemessen auf die<br />
Bedrohung und auf den<br />
Alarm reagieren.<br />
Oben: „Neutralisierte“ Attentäter. In der Lage geht man<br />
davon aus, dass die Terroristen nicht verhandeln wollen,<br />
sondern ein Selbstmordkommando sind.<br />
K-ISOM 30 K-ISOM 31<br />
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