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Sexuelle Bildung

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Institut für für Pädagogik – Abteilung Sozialpädagogik<br />

Prof. Dr. Uwe Sielert<br />

Impulse zur sexuellen<br />

<strong>Bildung</strong> und Sexualkultur<br />

(nicht nur)<br />

für Kinder und Jugendliche<br />

in einer pornofizierten (!?)<br />

Gesellschaft<br />

Bildnachweise:<br />

Kytom L. Netzkunst<br />

Vortrag zum<br />

Fachtag<br />

Pornofizierung,<br />

Liebe, Sexualität<br />

am 12, April in<br />

München


Institut für Pädagogik – Abt. Sozialpädagogik<br />

Gliederung<br />

1. Sexualität heute: Begriff, Konzept und<br />

systemische Ausdifferenzierungen<br />

2. Perspektiven auf Pornographie<br />

3. Sexualerziehung und sexuelle <strong>Bildung</strong><br />

4. Sexualkultur gestalten<br />

5. Sexualkultur durch sexuelle <strong>Bildung</strong><br />

6. Sexualkultur - gesamtgesellschaftlich<br />

Bildnachweis:<br />

Kytom L.Netzkunst


1. Sexualität heute<br />

Systemische Ausdifferenzierung<br />

der Sexualität: „weiche Systeme“<br />

Intimi-<br />

tät<br />

Geschlecht <br />

Sexualität <br />

Reproduktion<br />

Moral


1. Sexualität heute<br />

Systemische Ausdifferenzierung<br />

der Sexualität: „harte Systeme“<br />

Politik<br />

Wirtschaft<br />

<strong>Bildung</strong><br />

Sexu-<br />

alität<br />

Recht<br />

Wissen<br />

schaft<br />

Medien


1. Sexualität heute<br />

Vom Trieb zum Ressourcenmodell<br />

Quelle: Gunter Schmidt Triebmodell Ressourcenmodell<br />

Definition „Dampfkessel“ Verlangen,<br />

Erregung, Lust<br />

Gesellschaftlicher<br />

Hintergrund<br />

Repression Liberalität<br />

Soziale Kontrolle Moral „von oben“<br />

Strenge Ordnung<br />

<strong>Sexuelle</strong>s Erleben Spannungsentladung<br />

Sexualisierende<br />

Momente<br />

Moral „von unten“<br />

Selbstregulierung<br />

Spiel mit Erregung,<br />

Reizen, Genuss<br />

Verbot / Tabu Pluralität der<br />

Bedeutungen<br />

<strong>Sexuelle</strong> Klagen Zuviel an Spannung<br />

„Triebdurchbruch“<br />

Minderung von Lust<br />

/ „Sexsucht“


1. Sexualität heute<br />

Ambivalenzen der sexuellen Ausdifferenzierung:<br />

Einerseits:<br />

Erweiterte sexuelle Selbstbestimmung<br />

und sexueller Identität(en)<br />

Wollust und Wohllust in allen<br />

Lebensphasen und -situationen<br />

differenziertes, individuelles Spiel<br />

mit Erregung, Reizen, Genuss<br />

„palliative“ Kompensation frustrierender<br />

Situationen


1. Sexualität heute<br />

Ambivalenzen der sexuellen Ausdifferenzierung:<br />

Andererseits:<br />

Entwicklung zum „nimmersatten“<br />

Erregungssammeln<br />

Verharren in der Un-Blance der<br />

schnellen Befriedigung<br />

Lockerung moralischer Selbst- und<br />

Fremdkontrolle<br />

Ökonomisierung eines zentralen<br />

Bedürfnisses<br />

Mediale Standardisierung sexueller<br />

Lüste


1. Sexualität heute<br />

Zwischenbilanz:


2. Perspektiven auf Pornographie<br />

Institut für Pädagogik – Abteilung Sozialpädagogik<br />

Sexualwissenschaftlich -<br />

quantitative Perspektive:<br />

Die Jugendlichen werden gefragt<br />

verallgemeinerbare Ergebnisse<br />

wissenschaftlich abgesichert<br />

realistische Sicht auf Wirklichkeit<br />

:<br />

bleibt äußerlich, repräsentativ<br />

wenig Hilfe für pädagogische Praxis<br />

1. Diskursräume<br />

1.1 Forschungs-<br />

perspektive<br />

Diskursräume<br />

und<br />

–perspektiven<br />

1.2 Lebensweltperspektive<br />

1.3 normative<br />

Perspektive


2. Perspektiven auf Pornographie<br />

Institut für Pädagogik – Abteilung Sozialpädagogik<br />

Sozialpädagogische<br />

Lebensweltperspektive<br />

biografische (Milieu)forschung<br />

Bewältigungsmuster fokussierend<br />

:<br />

Subjektive Konfliktdynamiken im Blick<br />

Referenzsystem für die Praxis<br />

:<br />

Milieubeschränkung<br />

Dramatisierungsgefahr<br />

1. Diskursräume<br />

1.1 Forschungs-<br />

perspektive<br />

1.2 Lebenswelt-<br />

perspektive2.<br />

Perspektiven auf<br />

Pornographie<br />

1.3 normative<br />

Perspektive


2. Perspektiven auf Pornographie<br />

Institut für Pädagogik – Abteilung Sozialpädagogik<br />

Normativ -<br />

weltanschauliche Perspektive<br />

:<br />

Vorstellung vom gelingenden Leben<br />

Normative Schlüssigkeit<br />

Zielperspektive wird wachgehalten<br />

Streit um das Gelingen möglich<br />

:<br />

Missionarshaltung<br />

pseudowissenschaftliche Grundlagen<br />

1. Diskursräume<br />

1.1 Forschungs-<br />

perspektive<br />

1.2 Lebenswelt-<br />

perspektive<br />

1.3 normative<br />

Perspektive


2. Perspektiven auf Pornographie<br />

Institut für Pädagogik – Abteilung Sozialpädagogik<br />

Ambivalenzen der Pornographie<br />

<strong>Sexuelle</strong>s Vorratswissen<br />

(„overscription“) kann erleichtern<br />

irritieren ( Japan)<br />

Phantasieförderung und<br />

Kultivierungshilfe<br />

Standardisierung und Entsinnlichung<br />

Befriedigung und Erregung<br />

Abscheu und Ekel („geiler Scheiß“)<br />

Individuelle Unterhaltung<br />

Gruppenzwang<br />

2. Forschungs-<br />

ergebnisse<br />

2.1 Studien<br />

2.2 Jugendliche →<br />

Pornografie<br />

2.3 Pornografie →<br />

Jugendliche<br />

2.4 Jugendliche als<br />

Produzenten


2. Perspektiven auf Pornographie<br />

Institut für Pädagogik – Abteilung Sozialpädagogik<br />

Konsequenzen<br />

Quantitative um qualitative Forschung<br />

ergänzen<br />

den polit-ökonomischen<br />

Rahmen kritisch betrachten<br />

sexualethische Diskurse führen<br />

den pädagogischen Impetus<br />

nicht ausklammern<br />

2. Forschungs-<br />

ergebnisse<br />

2.1 Studien<br />

2.2 Jugendliche →<br />

Pornografie<br />

2.3 Pornografie →<br />

Jugendliche<br />

2.4 Jugendliche als<br />

Produzenten


<strong>Sexuelle</strong> <strong>Bildung</strong><br />

und Gestaltung der Sexualkultur


3. Sexualerziehung und <strong>Sexuelle</strong> <strong>Bildung</strong><br />

Paradigmenwechsel<br />

in der Sexualpädagogik<br />

Repressionsdiskurs<br />

Befreiungsdiskurs<br />

Aufklärungsdiskurs<br />

Professionalisierungsdiskurs<br />

Gefahrendiskurse<br />

<strong>Bildung</strong>sdiskurs


3. Sexualerziehung und <strong>Sexuelle</strong> <strong>Bildung</strong><br />

<strong>Sexuelle</strong> <strong>Bildung</strong><br />

ist selbstbestimmt und auf<br />

die Lernenden zentriert<br />

hat einen Wert an sich<br />

ist konkret und brauchbar<br />

spricht den ganzen Menschen in<br />

allen Lebensphasen an<br />

ist politisch


3. Sexualerziehung und <strong>Sexuelle</strong> <strong>Bildung</strong><br />

Verstehen, was ist:<br />

Das Vorfindbare (auch) als soziale und<br />

sexuelle Bewältigungspraxis betrachten:<br />

Zugewinn an „Weltwissen“: Infos, Anreiz,<br />

Unterhaltung, Modell<br />

Verstärkendes „Futter“ für beschädigte<br />

sexuelle Skripte<br />

Unbalancen (Lust – Beziehung –<br />

Identität – Fruchtbarkeit) erspüren<br />

Alternativen für Gewalt und<br />

Vereinseitigung suchen und verstärken


3. Sexualerziehung und <strong>Sexuelle</strong> <strong>Bildung</strong><br />

Beziehung anbieten:<br />

Beispiel sein:<br />

authentische und lebendige „Lehrkörper“<br />

Vertrauen gewinnen durch Zuwendung<br />

und Autorität durch „Sich-auskennen“<br />

Eigene „gelebte Ethik“ zeigen und<br />

mit anderen Haltungen konfrontieren<br />

Sinnliche Kontakte zulassen aber<br />

Sexismus und Gewalt verhindern


3. Sexualerziehung und <strong>Sexuelle</strong> <strong>Bildung</strong><br />

befähigen und aktivieren:<br />

das Recht auf Selbstbestimmung<br />

bekannt machen und qualifizieren<br />

mit allen kreativen didaktischen Mitteln<br />

in Liebeskunst einführen<br />

aus Sackgassen und Unbalancen<br />

heraushelfen


Kompo-<br />

nenten<br />

Ebenen<br />

Bewertungs-<br />

kompetenz<br />

Nutzungs-<br />

kompetenz<br />

Gestaltungs-<br />

kompetenz<br />

Medienkunde<br />

Definitionen<br />

Inhalte<br />

Ethische<br />

Positionen<br />

Auffinden<br />

ethisch<br />

vertretbarer<br />

Inhalte<br />

Wenn<br />

Interesse:<br />

Wo Wie aktiv<br />

beteiligen?<br />

:<br />

Pornografie-Kompetenz<br />

(Nicola Döring in: ZfS 2011:24 S. 240)<br />

Kritikfähigkeit<br />

Risiken ?<br />

Präventions-<br />

Interventionskonzepte<br />

Reduktion<br />

potentieller<br />

Risiken für mich<br />

/uns<br />

Reduktion<br />

potentieller<br />

Risiken für mich<br />

und andere<br />

Genussfähigkeit<br />

Allgemein:<br />

Welche<br />

Chancen und<br />

wie fördern?<br />

Chancen für<br />

mich und<br />

andere? Wie<br />

ausschöpfen?<br />

Chancen für<br />

mich und<br />

andere? Wie<br />

ausschöpfen?<br />

Metakommunikation<br />

Mit wem kann<br />

ich darüber<br />

reden?<br />

Mit wem über<br />

pos. / neg.<br />

Effekte reden?<br />

Mit wem über<br />

pos./neg.<br />

Effekte<br />

austauschen?<br />

Selbst-<br />

reflexion<br />

Wie kompetent<br />

bin ich?<br />

Was meine<br />

ich persönlich?<br />

Was realisiere<br />

ich warum?<br />

Wie weiterentwickeln?<br />

Wie kompetent<br />

bin ich ?<br />

Wie kann ich<br />

mich weiterentwickeln?


4. Sexualkultur gestalten<br />

Die eigene Organisation<br />

als Gedeihraum für sexuelle <strong>Bildung</strong>!<br />

Sexualkultur der Einrichtung bewusst<br />

machen und sexuelle <strong>Bildung</strong> gestalten<br />

sinnenfreundliche Ausgestaltung der<br />

Lern- und Lebensräume<br />

Risikokorridore für potentielle<br />

Gewaltverhältnisse benennen<br />

Konzept / Verbindlichkeiten gemeinsam<br />

festlegen und beim Träger vertreten


4. Sexualkultur gestalten<br />

Anfangen im Team:<br />

Reflektierte Intimität unter Kolleg_innen<br />

• Interpersonelle Intimität existiert<br />

in allen Organisationen<br />

… mit positiven und negativen<br />

Effekten<br />

… kann gestaltet werden<br />

• Sexualpädagogik und<br />

Sexualkultur brauchen sexuell<br />

gebildetes Personal:


5. Sexualkultur durch sexuelle <strong>Bildung</strong><br />

Persönliche „Sexualanamnese“:<br />

Welche Besonderheiten bringe ich aus meiner<br />

eigenen Körper-, Beziehungs-, Bedürfnis-<br />

Geschlechtsgeschichte mit?<br />

In welchem Verhältnis stehen bei mir<br />

rein körperliche Erregung, Flirt, erotisches<br />

Flimmern, emotionale oder geistige Intimität?<br />

Welche Schlüsselreize lassen mich so<br />

reagieren, wie ich es eigentlich nicht will?


5. Sexualkultur durch sexuelle <strong>Bildung</strong><br />

Mein persönliches „Konzept“<br />

von Sexualität und Intimität:<br />

Für mich eher gefährlich, weil nicht steuerbar<br />

oder eher wünschenswert und kultivierbar?<br />

nur privat und in Beziehung relevant oder als<br />

„Gravitation“ in allen sozialen Kontexten?<br />

Wie wirken Kleidung, Gesten, Berührungen auf<br />

mich und andere?


5. Sexualkultur durch sexuelle <strong>Bildung</strong><br />

Mein sexueller <strong>Bildung</strong>sgrad:<br />

Bin ich in der Lage, mein Fühlen zu be-denken<br />

(wahrnehmen, annehmen, bewerten)?<br />

Bin ich in der Lage, mein Denken zu befühlen<br />

(empathisch und intuitiv)?<br />

Habe ich Erfahrungen mit Gefühlsregulation bei<br />

mir und anderen?<br />

Habe ich gelernt, Emotionen zeit-, orts- und<br />

situationsadäquat zu variieren?


5. Sexualkultur durch sexuelle <strong>Bildung</strong><br />

Sexualität und Macht:<br />

Kenne ich meine eigene Verführbarkeit und<br />

Verführungskunst?<br />

Weiß ich um die Indienstnahme von Sexualität<br />

für persönliche und institutionelle Zwecke?<br />

Bin ich willens und in der Lage,<br />

Grenzüberschreitungen wahrzunehmen,<br />

anzusprechen und ggf. einzuschreiten?<br />

Sind mir/uns die „toxischen“ Situationen<br />

bewusst, in denen Machtmissbrauch leicht<br />

wird?


5. Sexualkultur durch sexuelle <strong>Bildung</strong><br />

Sexualkultur<br />

und Organisationszweck<br />

Erkenne ich Produktives, Indifferentes und<br />

Destruktives zwischen Sexualkultur und<br />

Organisation?<br />

„gute“ und „schlechte“ Geheimnisse: Was muss,<br />

soll bei uns bleiben, was muss transparent<br />

werden?<br />

Wie wirkt die Sexualkultur im „Lehrkörper“ auf<br />

das Klient_innensystem?<br />

Beachte ich die widersprüchliche Ausrichtung<br />

von Sexualität (Bindung) und Erziehung<br />

(Emanzipation)?


6. Sexualkultur - gesamtgesellschaftlich<br />

Qualfizierung einer „ars erotika“<br />

:<br />

Das Lieben so ernst nehmen wie das Arbeiten,<br />

Rahmenbedingungen für sexuelle<br />

Selbstbestimmung und sexuelle <strong>Bildung</strong><br />

Diskurse zu sexueller Lebenskunst und<br />

sexueller <strong>Bildung</strong> organisieren<br />

Sinn mit Sinnlichkeit verbinden, ethisches<br />

Bewusstsein stärken durch Moraldiskurse<br />

Begleitung bei Wertekonflikten und Scheitern

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