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Lebenszeiten_2011_12 (PDF) - Hospiz Wuppertal Lebenszeiten eV

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Nr.<br />

34<br />

<strong>Lebenszeiten</strong><br />

Zeitschrift <strong>12</strong> ⁄ <strong>2011</strong><br />

<strong>Hospiz</strong>dienst <strong>Lebenszeiten</strong> e.V.<br />

Thema Trauer


02 LZ <strong>12</strong> ⁄ <strong>2011</strong> An unsere Leserinnen und Leser<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

vielleicht haben Sie verwundert dieses Heft angeschaut, das<br />

vorwiegend in Schwarz und Weiß gehalten ist. Schwarz, aber<br />

auch Weiß (beispielsweise im Islam), sind traditionell Farben<br />

der Trauer und erschienen uns daher angemessen für das Thema<br />

dieser Ausgabe.<br />

Trauer<br />

ist Schwerstarbeit<br />

im steinigen Jammertal<br />

schwarze Kleider schnüren lange<br />

Tränenschleppen<br />

Betty Schmidt<br />

Nach dem Verlust eines geliebten Menschen machen wir<br />

Grenzerfahrungen in unserem Leben. Die Trauer überwältigt<br />

das Leben. Wir bewältigen es nicht mehr.<br />

Den Weg durch die Trauer geht jeder Mensch individuell.<br />

Dennoch lassen sich wie beim Sterbeprozess Phasen des Trauerns<br />

beschreiben (nach Yorick Spiegel):<br />

Zuerst erleben Trauernde ein Gefühl des Nicht-wahr-haben-<br />

Wollens. Die zweite Trauerphase ist die Zeit der Bestattung, in<br />

der viele Dinge zu erledigen sind, die von dem Schmerz ablenken.<br />

In der dritten Phase erlebt man oft einen Rückzug der Trauernden<br />

auf sich selbst. Die letzte Phase wird bestimmt durch eine<br />

Neuorientierung.<br />

Der <strong>Hospiz</strong>dienst <strong>Lebenszeiten</strong> bietet in jeder dieser Phasen<br />

Hilfe und Begleitung durch geschulte Ehrenamtliche an. Auf<br />

Trauerspaziergängen kann man durch die Bewegung in der<br />

Natur wieder neue Kraft schöpfen. Im Café <strong>Lebenszeiten</strong> erlebt<br />

man Gemeinschaft mit Menschen, die ebenfalls einen Verlust<br />

erlitten haben.


Trauer erfahren wir jedoch<br />

nicht nur nach dem Tod eines<br />

geliebten Menschen. Auch die<br />

verpasste Chance, eigene Lebensträume<br />

und -wünsche<br />

umzusetzen, kann Anlass zur<br />

Trauer sein. Dann bedauern<br />

wir vielleicht, diesen mitreißenden<br />

Schwung des »Yes, we<br />

can!« nicht ausgelebt und ausgekostet<br />

zu haben. Wir verabschieden<br />

uns von unserer Idee<br />

und beschäftigen uns nicht<br />

mehr damit. Später holt sie<br />

Foto: Privat<br />

uns vielleicht wieder ein. Und<br />

nun fühlen wir uns dafür zu alt, zu unpässlich, und der Schwung<br />

von damals ist weg. Auch dann gilt es, sich von Resignation<br />

und Angst nicht überwältigen zu lassen und neuen Lebensraum<br />

zu erobern:<br />

Loslassen<br />

Es geht!<br />

Lichtreflexe kitzeln sanft<br />

leuchten in dunkle Lebenslücken<br />

Lebensraum<br />

Betty Schmidt<br />

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen bunten Start in das<br />

Jahr 20<strong>12</strong>,<br />

Ihre<br />

An unsere Leserinnen und Leser LZ <strong>12</strong> ⁄ <strong>2011</strong> 03<br />

PS: Wir freuen uns über Ihre Post!<br />

redaktion@hospizwuppertal.de


04 LZ <strong>12</strong> ⁄ <strong>2011</strong> Inhalt<br />

Inhalt<br />

02 An unsere Leserinnen und Leser<br />

06 Im Gespräch mit Malu Grohs,<br />

der Supervisorin des <strong>Hospiz</strong>diensts <strong>Lebenszeiten</strong><br />

Thema »Trauer«<br />

10 Trauernde lässt man nicht allein Über Trauerund<br />

Bestattungsrituale im Islam gab der Sprecher der<br />

Islamischen Gemeinde in <strong>Wuppertal</strong> (IGW) Auskunft.<br />

<strong>12</strong> Gedicht zum Thema Mascha Kaléko: Memento<br />

13 Können Tiere trauern? Rührende Geschichten scheinen<br />

das zu bestätigen. Was aber sagt die Wissenschaft? Dazu<br />

wurde auch André Stadler, Kurator und wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter des <strong>Wuppertal</strong>er Zoos, befragt.<br />

15 Nachklang zum Trauerseminar Eine Teilnehmerin<br />

erzählt, was sie bei der Ausbildung zur Trauerbegleiterin<br />

auch für ihr eigenes Leben gelernt hat.<br />

Die nächste Ausgabe<br />

der Zeitschrift »<strong>Lebenszeiten</strong>«<br />

erscheint im April 20<strong>12</strong>.


Aus dem Verein<br />

17 Abschied vom ehemaligen Vorsitzenden Dr. Klaus Lemmer<br />

17 Möchten Sie <strong>Hospiz</strong>helferin oder -helfer werden?<br />

Neuer Befähigungskurs 20<strong>12</strong><br />

18 »Gasthaus <strong>Lebenszeiten</strong>« Diesen einladenden Namen<br />

prägte einer der neuen ehrenamtlichen <strong>Hospiz</strong>helferinnen<br />

rinnen und -helfer. Mit Zuversicht blicken sie nach abgeschlossener<br />

Schulung ihren ersten Begleitungen entgegen.<br />

19 Trauerspaziergänge<br />

Rubriken<br />

Ein neues Angebot des <strong>Hospiz</strong>diensts <strong>Lebenszeiten</strong><br />

20 Buch-Tipp Kaum jemand hat so viele Bücher über den<br />

Komplex Trauer verfasst wie die Psychologin Verena Kast.<br />

In ihrem neuen Werk möchte sie Mut machen zum<br />

Lebensrückblick.<br />

21 Internet-Tipp Trauerort Düsseldorf<br />

21 Termine Trauerspaziergang – Café <strong>Lebenszeiten</strong><br />

Auf den Weg gegeben<br />

Inhalt LZ <strong>12</strong> ⁄ <strong>2011</strong> 05<br />

22 Von Thomas Schmidt Der Sozialpädagoge und<br />

Trauerbegleiter beschreitet keine ausgetretenen Pfade<br />

in seinem Beitrag »Wege in der Trauerbegleitung«,<br />

sondern wartet mit überraschenden Einsichten auf.


06 LZ <strong>12</strong> ⁄ <strong>2011</strong> Im Gespräch<br />

Malu Grohs<br />

Im Gespräch mit der Supervisorin des <strong>Hospiz</strong>diensts<br />

Die Fragen stellte Betty Schmidt / Redaktion • Seit Anfang des<br />

Jahres <strong>2011</strong> ist Malu Grohs für den <strong>Hospiz</strong>dienst <strong>Lebenszeiten</strong> tätig.<br />

Ihr Engagement gilt den ehrenamtlichen <strong>Hospiz</strong>helferinnen und<br />

-helfern, denen sie sich einmal im Monat widmet, um Schwierigkeiten<br />

und Konflikte zu besprechen und gemeinsam Lösungsmöglichkeiten<br />

zu erarbeiten.<br />

Frau Grohs, was genau versteht man unter Supervision?<br />

In sozialen Berufen, aber auch bei entsprechenden ehrenamtlichen<br />

Tätigkeiten, steht die Beziehung im Vordergrund. Von<br />

daher ist eine solche Tätigkeit anfällig für Störungen, Wahrnehmungsverzerrungen<br />

oder Konflikte.<br />

Jeder Mensch lässt seine Erfahrungen mit Beziehungen<br />

bewusst oder unbewusst einfließen und ist geneigt, bisherige<br />

Muster zu wiederholen. Das kann gut und hilfreich für den zu<br />

Begleitenden sein, muss es aber nicht.


Im Gespräch LZ <strong>12</strong> ⁄ <strong>2011</strong> 07<br />

In der Gruppensupervision<br />

mit den Ehrenamtlichen werden<br />

in erster Linie »Fälle« eingebracht,<br />

d.h. die Anwesenden<br />

berichten von der Beziehung<br />

zu dem kranken oder<br />

sterbenden Menschen, der<br />

begleitet wird.<br />

Auch wenn die <strong>Hospiz</strong>helferinnen<br />

und -helfer in ihrer<br />

Ausbildung umfassend vorbereitet<br />

werden, so ist es doch<br />

wichtig, sich immer wieder<br />

mit den aktuellen Erfahrungen<br />

Foto: Privat<br />

auseinanderzusetzen, denn die<br />

Begleitung von sterbenden Menschen geht sehr nah, berührt<br />

und löst Erinnerungen an Abschied, Verlust und Tod aus. Sie<br />

führt die eigene Sterblichkeit vor Augen.<br />

Welche Methoden und Inhalte können Sie anbieten?<br />

Es sind die mitgebrachten Fälle, die ich schon erwähnte,<br />

aber daneben können sich Inhalte der Supervision auch aus<br />

Störungen oder Konflikten mit anderen Mitarbeitern, mit den<br />

Koordinatorinnen oder Mitgliedern des Vorstands ergeben.<br />

Neben der Fallanalyse und dem Gespräch setze ich auch<br />

Rollenspiele und die »Aufstellungsarbeit« aus der systemischen<br />

Therapie ein. Hier biete ich die Gelegenheit, in die Rolle des<br />

Begleiteten zu schlüpfen, um ihn so besser zu verstehen, den<br />

Kontext seiner Familie und deren Wechselwirkungen wahrzunehmen<br />

und neue Wege zu finden.<br />

Erlebnisaktivierende Methoden wie Phantasiereisen, Imagination,<br />

Malen oder Musik können das Gespräch ergänzen und<br />

einen Zugang zur eigenen Wahrnehmung eröffnen. >


08 LZ <strong>12</strong> ⁄ <strong>2011</strong> Im Gespräch<br />

Was bewirkt Supervision?<br />

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer finden in der Gruppe<br />

einen Schutz- und Schonraum, in dem sie über belastende<br />

Erfahrungen, Unsicherheiten und eigenes Erleben sprechen<br />

können. Man erlebt oft: Anderen geht es ähnlich, dies bestärkt.<br />

Thema in der Supervision ist auch zu lernen, für sich zu sorgen.<br />

Es ist einerseits gut, sich berühren zu lassen vom Schicksal und<br />

von den Gefühlen des andern. Aber andererseits ist es notwendig,<br />

auch genügend Abstand zu haben, um nicht mit dem Gegenüber<br />

zu verschmelzen.<br />

Frau Grohs, woher nehmen Sie Ihre Motivation für diese<br />

anspruchsvolle Tätigkeit?<br />

Meine Motivation speist sich durch meine Erfahrungen mit<br />

Verlust, Tod und Trauer. Ich habe früh und plötzlich meine<br />

Eltern verloren und konnte nicht von ihnen Abschied nehmen.<br />

Im Vinzenz Pallotti Hospital (Bergisch Gladbach) erlebe ich<br />

als Musik- und Kunsttherapeutin schwerstkranke und sterbende<br />

Menschen. Bei der Leitung von Fortbildungsseminaren, in<br />

Therapie- und Supervisionssitzungen bin ich nicht nur Gebende,<br />

sondern bekomme auch viel zurück an neuen, bereichernden<br />

Erfahrungen, oft auch Dankbarkeit und Anerkennung.<br />

Dies gibt mir immer wieder die Kraft weiterzumachen. Auch<br />

meine eigene Persönlichkeit entwickelt sich dabei. Für mich<br />

gibt es nichts Spannenderes als Menschen mit ihrer Geschichte.<br />

Sterben und Abschied gehören mit dazu. Selbstverständlich<br />

hole auch ich mir bei Bedarf Hilfe und Unterstützung bei<br />

Supervisoren. Ich bin für meine beruflichen Möglichkeiten und<br />

meine Entwicklung sehr dankbar.<br />

Frau Grohs, ich bedanke mich für dieses Gespräch! •


Trauer<br />

Die Fotomotive für diese Ausgabe hat Renate Elamin auf <strong>Wuppertal</strong>er Friedhöfen<br />

entdeckt; das Titelbild und das Foto auf Seite 10 zeigen Skulpturen der<br />

Bildhauerin Christiane Püttmann (Gedenkstätte für verstorbene Kinder<br />

und Geschwister am Friedhof Ehrenhainstraße).


10 LZ <strong>12</strong> ⁄ <strong>2011</strong> Trauernde lässt man nicht allein<br />

Trauernde<br />

lässt man nicht allein<br />

Trauer- und Bestattungsrituale im Islam<br />

Von Saskia Zierold / Redaktion • 14 Moscheen gibt es mittlerweile<br />

in <strong>Wuppertal</strong>. Die älteste ist die Abu Bakr-Moschee in der Wittensteinstraße.<br />

Sie gehört zur Islamischen Gemeinde <strong>Wuppertal</strong> (IGW),<br />

die seit 31 Jahren im Tal ansässig ist. Samir Bouaissa, Zweiter Stellvertretender<br />

Vorsitzender und Sprecher der Gemeinde, auch zuständig<br />

für den interreligiösen und interkulturellen Dialog, nahm sich<br />

Zeit für ein ausführliches Gespräch, das die Grundlage für diesen<br />

Bericht ist.<br />

Als Samir Bouaissa die Nachricht vom tödlichen Unfall seines<br />

Schwagers erhielt, machte er sich innerhalb weniger Stunden<br />

mit seiner Frau auf nach Den Haag, wo dessen Familie lebt,<br />

um der Schwägerin beizustehen. Das war den beiden nicht nur<br />

ein Bedürfnis, sie befolgten damit auch die Gesetze des Islam.<br />

Diese fordern, dass sich die Familienmitglieder umgehend nach<br />

Erhalt der Todesnachricht bei der Trauerfamilie einfinden. Sie<br />

bringen Essen und Getränke mit, um die trauernden Angehöri-


Trauernde lässt man nicht allein LZ <strong>12</strong> ⁄ <strong>2011</strong> 11<br />

gen zu entlasten. Was zubereitet<br />

wird, richtet sich dabei<br />

nach den persönlichen Vorlieben<br />

und der sozialen Situation<br />

der Familie.<br />

Vor der Bestattung, die<br />

zeitnah stattfindet, im Idealfall<br />

noch am selben Tag, sollen<br />

sich eventuelle Gläubiger des<br />

oder der Verstorbenen melden,<br />

damit die Angehörigen<br />

die Schulden begleichen können.<br />

Denn Tote sollen möglichst<br />

schuldenfrei bestattet<br />

Foto: Privat<br />

werden.<br />

Die Männer versammeln sich zum Totengebet in der<br />

Moschee, in der Trauerhalle oder auf dem Friedhof, um für<br />

den Toten zu beten und um Vergebung seiner Schuld zu bitten.<br />

Eine bestimmte Trauerkleidung ist nicht vorgeschrie-ben, die<br />

Farbe der Trauer ist vorzugsweise Weiß. Gefühle der Trauer<br />

können von Männern und Frauen gleichermaßen gezeigt<br />

werden. Die Tradition der Klageweiber ist dem Islam fremd,<br />

obwohl sie in schiitischen Gemeinden teilweise praktiziert wird.<br />

Nach der traditionellen Waschung des Toten durch ein<br />

Gemeindemitglied – in <strong>Wuppertal</strong> geschieht das in der Pathologie<br />

– wird er, lediglich eingehüllt in ein Leinentuch, ohne<br />

Sarg bestattet. Dabei werden Suren des Koran gesprochen. Es<br />

gibt keine individuelle Würdigung, etwa durch eine Trauerrede<br />

und keine musikalische Beleitung. Die Verbrennung der Toten<br />

widerspricht dem Islam, denn der Körper muss unversehrt<br />

bleiben. Auch die Grabruhe soll auf keinen Fall gestört werden.<br />

Die Gräber dürfen nicht, wie in Deutschland üblich, nach 20<br />

Jahren aufgegeben werden. Sie werden nach Mekka ausgerichtet<br />

und sind in der Regel schlicht gehalten, Kopf- und Fußende<br />

werden mit hölzernen Brettchen markiert.<br />

Die Verwandten bleiben so lange bei den trauernden Angehörigen,<br />

bis diese keine Unterstützung mehr brauchen. Eine<br />

Trauerzeit ist nicht festgelegt. >


<strong>12</strong> LZ <strong>12</strong> ⁄ <strong>2011</strong> Trauernde lässt man nicht allein<br />

Nach einer gewissen Frist – häufig sind es 40 Tage, was aber<br />

religiös nicht begründet ist –, lädt die Familie zu einem Essen.<br />

Dazu werden auch Bedürftige gebeten. Im Namen des Verstorbenen<br />

Gutes zu tun oder gar eine Pilgerfahrt nach Mekka zu<br />

unternehmen, verbessert dessen Situation im Hinblick auf das<br />

jüngste Gericht, auf das er im Grab von Engeln vorbereitet<br />

wird.<br />

Die Trauer- und Bestattungsrituale werden in der Regel<br />

auch von säkularisierten muslimischen Familien eingehalten,<br />

die sich manchmal erst im Todesfall von Angehörigen auf ihre<br />

religiösen Wurzeln besinnen.<br />

Bedauert wird von den islamischen Gemeinden in Deutschland,<br />

dass es hier kaum Möglichkeiten gibt, Bestattungen dem<br />

vorgeschriebenen Ritus entsprechend durchzuführen. In <strong>Wuppertal</strong><br />

sind auf dem Städtischen Friedhof in Ronsdorf einige<br />

Muslime beerdigt. Doch auch da kann der Vorschrift des Ewigkeitsgrabs<br />

nicht entsprochen werden. Daher werden die meisten<br />

Verstorbenen in ihren Herkunftsländern bestattet.<br />

Memento<br />

Vor meinem eigenen Tod ist mir nicht bang,<br />

nur vor dem Tode derer, die mir nah sind.<br />

Wie soll ich leben, wenn sie nicht mehr da sind?<br />

Allein im Nebel tast ich todentlang<br />

und lass mich willig in das Dunkel treiben.<br />

Das Gehen schmerzt nicht halb so wie das Bleiben.<br />

Der weiß es wohl, dem Gleiches widerfuhr –<br />

und die es trugen, mögen mir vergeben.<br />

Bedenkt: Den eignen Tod, den stirbt man nur;<br />

doch mit dem Tod der anderen muss man leben.<br />

Mascha Kaléko (19<strong>12</strong>–1975)


Können Tiere trauern? LZ <strong>12</strong> ⁄ <strong>2011</strong> 13<br />

Da die Familie Samir Bouaissas aus Marokko stammt, wurde<br />

der Leichnam des Schwagers dorthin überführt, selbstverständlich<br />

begleitet von den nächsten Verwandten.<br />

An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank an Samir<br />

Bouaissa, der geduldig auf alle meine Fragen und Nachfragen<br />

eingegangen ist. •<br />

Können Tiere trauern?<br />

Von Renate Elamin / Redaktion • Man erzählt sich rührende Geschichten<br />

von Hunden oder Katzen, die den Tod ihrer Halter noch<br />

lange betrauerten. Wie aber gehen Tiere mit dem Tod von Artgenossen<br />

um?<br />

Einige Verhaltensforscher vertreten die Ansicht, dass manche<br />

Tiere durchaus um ihre Artgenossen trauern, zum Beispiel<br />

Menschenaffen und Elefanten. Die Verhaltensforscherin Anne<br />

Rasa berichtet gar von hingebungsvoller Krankenpflege und<br />

Totenwache bei Zwergmungos.<br />

Da streiten sich die Geister<br />

Aber dürfen wir von den »Trauerritualen«, von denen<br />

Forscher berichten, auch auf Gefühle der Trauer schließen? Der<br />

Diplombiologe André Stadler, Wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

und Kurator beim <strong>Wuppertal</strong>er Zoo, meint dazu: »Wildtiere<br />

können sich Trauer gar nicht leisten im Überlebenskampf. Eine<br />

Delphinmutter, die in Trauer versunken durchs Wasser dümpelt,<br />

würde schnell Opfer des nächstbesten Hais«. Klingt logisch.<br />

Wissenschaftlich gesehen abstrus, aber durchaus liebenswert<br />

war die Denkweise von Franziskus von Assisi (13. Jh.), der sogar<br />

den Vögeln predigte, für ihn beseelte Brüder und Schwestern,<br />

die es zu missionieren galt. Ein frommer Gedanke. Doch auch<br />

der Forscher Charles Darwin soll geäußert haben, dass Tiere<br />

nicht nur körperlichen Schmerz fühlen können, und Nobelpreisträger<br />

Konrad Lorenz sprach davon, was Tiere empfin- >


14 LZ <strong>12</strong> ⁄ <strong>2011</strong> Können Tiere trauern?<br />

den, wenn sie einen Gefährten verlieren. Für René Descartes<br />

hingegen, einen richtungweisenden Philosophen des 17.<br />

Jahrhunderts, waren Tiere fühllose Automaten.<br />

Woran erkennt man Traurigkeit?<br />

Das Wort Trauer hat ursprünglich die Bedeutung von »den<br />

Kopf hängen lassen« oder »die Augen niederschlagen«. Das<br />

alles kann man auch bei Tieren beobachten. Wer kennt nicht<br />

die Aufmunterung: »Halt die Ohren steif!« Das ist den Hunden<br />

abgeguckt. Die Sprache enthüllt: Wir billigen den Tieren traurige<br />

Gefühle zu.<br />

Die Frage bleibt: Kann man aus einer ähnlichen Körpersprache<br />

und Mimik auch auf ähnliche Empfindungen schließen<br />

oder nicht? Was sagen uns ein niedergeschlagener Blick, hängende<br />

Schultern, ein schleppender Gang wirklich?<br />

Krokodilstränen<br />

Wer würde bestreiten, dass Hunde sich freuen, wenn sie<br />

schwanzwedelnd und hin und her trippelnd ihr Herrchen oder<br />

Frauchen an der Tür begrüßen? Wieso können sie sich freuen,<br />

aber nicht das Gegenteil empfinden? Wobei traurig sein zu<br />

unterscheiden ist von der Trauer um ein anderes Lebewesen.<br />

Das Verhalten der Tiere folgt den Geboten des Überlebenskampfes.<br />

Das leuchtet ein. Aber könnten Gefühle nicht auch<br />

einen Nutzen haben? Könnten sie den Zusammenhalt einer<br />

Gruppe stärken und damit ihre Überlebenschancen? Und was<br />

ist Trauer eigentlich? Nur Trennungsschmerz? Oder auch die<br />

Angst vor dem Verlassenwerden, vor Schutzlosigkeit? Fest steht,<br />

dass man die im Titel gestellte Frage (noch?) nicht mit Gewissheit


Nachklang zum Trauerseminar LZ <strong>12</strong> ⁄ <strong>2011</strong> 15<br />

beantworten kann. Wir können es ja nicht einmal einem<br />

Menschen ansehen, was wirklich in ihm vorgeht. Es gibt auch<br />

Krokodilstränen. Die Frage, ob Tiere trauern können, wirft<br />

weitere Fragen auf, darunter auch die, wie ähnlich oder<br />

unähnlich wir unseren Mitgeschöpfen letztlich sind. •<br />

Nachklang<br />

zum Trauerseminar<br />

Von Rita Witt ⁄ Ehrenamtliche <strong>Hospiz</strong>helferin und Trauerbegleiterin<br />

Sechs Ehrenamtliche des <strong>Hospiz</strong>diensts <strong>Lebenszeiten</strong> nahmen Anfang<br />

des Jahres <strong>2011</strong> an einer Ausbildung zur Trauerbegleiterin teil.<br />

Wir waren eine kleine Gruppe, ganz unterschiedliche Menschen,<br />

aber dennoch vereint in der Sache – Schwestern im Geiste eben.<br />

Was empfinden Trauernde, die einen geliebten Menschen<br />

verloren haben? Wie funktioniert professionelle Kommunikation?<br />

Welcher Persönlichkeitstyp bin ich? Wie verstehen<br />

unterschiedliche Religionen den Sterbeprozess? Das waren nur<br />

einige der Fragen, die wir bearbeitet haben. Jede von uns konnte<br />

dabei viel über sich selbst erfahren, auch weil wir sehr ehrlich<br />

und behutsam miteinander umgegangen sind. Unser Referent,<br />

der Sozialpädagoge und Trauertherapeut Thomas Schmidt, war<br />

uns dabei der beste Lehrmeister. Er verfügt über ein großes<br />

Wissen, wirkt absolut authentisch und lebenserfahren und ist<br />

zudem humorvoll.<br />

Dieses Seminar hat mich ein weiteres Puzzleteil finden lassen<br />

auf meinem Weg zu mehr Gelassenheit. All die kleinen und<br />

großen Verluste, die ein Mensch im Leben aushalten muss,<br />

dürfen wir durchaus betrauern: den Verlust der jugendlichen<br />

Leichtigkeit, der eigenen Stärke und Kraft oder den Abschied<br />

von den Kindern, denen Flügel wachsen, die sie ins Leben<br />

tragen. Wenn wir uns diesen Verlusten stellen und die Trauer<br />

annehmen, wird das Risiko, darüber an unserer Seele zu<br />

erkranken, geringer. Mit diesen Erinnerungen im Gepäck sind<br />

wir vielleicht sogar auf dem Weg zur Weisheit. •


Aus dem Verein


Wir trauern um unser ehemaliges Vorstandsmitglied<br />

Dr. Klaus Lemmer<br />

*05.05.1933 † 24.09.<strong>2011</strong><br />

Seit 2000 war Dr. Lemmer Mitglied in unserem Verein und hat mit viel<br />

Tatkraft und Engagement zum Bekanntwerden des <strong>Hospiz</strong>gedankens<br />

beigetragen. Viele Jahre war er selbst in der Sterbebegleitung tätig,<br />

denn es war ihm wichtig, die Menschen auf ihrem letzten Weg nicht<br />

allein zu lassen.<br />

Wir werden ihn stets in dankbarer Erinnerung behalten.<br />

Joachim Schau Erika Bräuer<br />

Vorsitzender stellvertretende Vorsitzende<br />

Abschied ⁄ Befähigungskurs LZ <strong>12</strong> ⁄ <strong>2011</strong> 17<br />

Möchten Sie <strong>Hospiz</strong>helferin<br />

oder -helfer werden?<br />

Neuer Kurs 20<strong>12</strong><br />

Von Christine Schlegel ⁄ Koordination • Die Schulung soll die<br />

Teilnehmer befähigen und ermutigen, schwerkranke und sterbende<br />

Menschen und ihre Familien zugewandt und kompetent<br />

zu begleiten. Spezielle Voraussetzungen gibt es nicht, ein<br />

grundsätzliches Interesse an den Themen Sterben, Tod, Verlust<br />

und Trauer wird jedoch vorausgesetzt; ebenso werden Offenheit<br />

und Bereitschaft zur persönlichen Weiterentwicklung und zur<br />

Auseinandersetzung mit der Gruppe erwartet. Vor der verbindlichen<br />

Anmeldung steht immer ein persönliches Gespräch mit<br />

der Koordinatorin. Der Grundkurs dient der Auseinandersetzung<br />

mit den relevanten Themen und der persönlichen<br />

Weiterentwicklung. Er findet an drei Wochenenden und sechs<br />

Abenden in der Woche statt. >


18 LZ <strong>12</strong> ⁄ <strong>2011</strong> Gasthaus <strong>Lebenszeiten</strong><br />

Folgende Themen werden bearbeitet:<br />

• Wahrnehmen, Begegnung und Berührung<br />

• Eigener Umgang mit Sterben, Tod, Verlust und Trauer<br />

• Situationen Sterbender und ihrer Angehörigen<br />

• Kommunikation und Gesprächsführung<br />

• <strong>Hospiz</strong>arbeit konkret, Lebenssituationen im Altenheim<br />

Der Aufbaukurs umfasst Vorträge und Seminarunterricht durch<br />

verschiedene Referentinnen und Referenten. Kursbeginn ist am<br />

24.02.20<strong>12</strong>. Die Geschäftsstelle informiert Sie gerne:<br />

Tel.: 0202 ⁄ 459 88 19 •<br />

»Gasthaus <strong>Lebenszeiten</strong>«<br />

<strong>Hospiz</strong>helferschulung <strong>2011</strong><br />

Von Reinhild Behrendt ⁄ Koordination • Dank der Förderung der<br />

Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung konnte zeitnah<br />

nach dem letzten Kurs diese weitere Schulung durchgeführt werden.<br />

Neun Teilnehmerinnen und Teilnehmer der <strong>Hospiz</strong>helferschulung<br />

<strong>2011</strong> nahmen am 15. Oktober <strong>2011</strong> ihre Zertifikate entgegen<br />

und stehen damit für die Begleitung schwerstkranker und<br />

sterbender Menschen in den Altenheimen der Stadt <strong>Wuppertal</strong><br />

und im häuslichen Umfeld bereit.<br />

Von Mai bis Oktober verbrachte die Gruppe viele Samstage<br />

und etliche Abende damit, sich gemeinsam auf diese anspruchsvolle<br />

Tätigkeit vorzubereiten. So wurden im Grundkurs ebenso<br />

eigene Erfahrungen mit Verlusten, Tod und Trauer besprochen<br />

als auch die Situation Sterbender und ihrer Angehörigen. Formen<br />

der Kommunikation und Gesprächsführung, Wahrnehmung,<br />

Begegnung, Nähe und Distanz wurden in praktischen<br />

Übungen erlebt und vertieft.<br />

Der intensive offene Austausch über die persönlichen Berührungspunkte<br />

mit den Themen schuf eine freundschaftliche und<br />

vertraute Atmosphäre. Im Aufbaukurs gab es dann neben informativen<br />

Einheiten (z.B. zu Palliativmedizin, Validation,


Foto: Privat<br />

Trauerspaziergänge LZ <strong>12</strong> ⁄ <strong>2011</strong> 19<br />

Psychoonkologie, Betreuungsrecht u.a.) eine intensive Einführung<br />

in die Rahmenbedingungen der hospizlichen Tätigkeit<br />

und die Abklärung der persönlichen Einsatzmöglichkeiten.<br />

Für mich war es spannend zu erleben, mit welcher Ernsthaftigkeit<br />

und Wissbegierde sich alle den Themen zuwandten,<br />

mit welcher Offenheit sie sich auf die teils sehr persönlichen<br />

Übungen und Fragestellungen einließen und mit wie viel Humor<br />

und Freundlichkeit die Gruppe gemeinsam diesen Weg ging.<br />

Ein Teilnehmer prägte den Begriff vom »Gasthaus <strong>Lebenszeiten</strong>«<br />

(abgeleitet vom lateinischen Begriff Hospitium: Gastfreundschaft,<br />

Bewirtung, gastliche Herberge), in dem er gerne mitarbeiten<br />

möchte.<br />

Und so fanden wir uns zum Abschluss des Kurses auch in<br />

einem Gasthaus ein, um mit gutem Essen und viel Gelächter<br />

zu feiern. •<br />

Trauerspaziergänge<br />

Neues Angebot des <strong>Hospiz</strong>diensts <strong>Lebenszeiten</strong><br />

Beim Gehen kommt auch in uns etwas in Bewegung. Vielen<br />

Menschen fällt es dann leichter, miteinander ins Gespräch zu<br />

kommen, auch über belastende Themen. Die Natur lädt ein,<br />

lenkt ab und ist im Wandel der Jahreszeiten immer wieder neu<br />

zu betrachten, ein Symbol der Hoffnung.<br />

Die Spaziergänge werden begleitet von geschulten ehrenamtlichen<br />

Trauerbegleiterinnen, ein freundlicher Hund ist mit von<br />

der Partie (Termin siehe Seite 21). •


Rubriken<br />

Buch-Tipp<br />

Verena Kast: Was wirklich zählt, ist das gelebte Leben • Kreuz Verlag,<br />

180 Seiten, 18,95 Euro (ISBN 3783134927)<br />

Von Erika Bräuer ⁄ Vorstand • Haben wir noch Sehnsüchte? Oder<br />

beklagen wir uns nur noch und nörgeln? Dann ist es vielleicht<br />

an der Zeit, dieses Buch zu lesen. Verena Kast, bekannt durch<br />

ihre Bücher zum Thema Trauer, möchte hier vor allem über<br />

50-Jährige dazu anregen zurückzuschauen. Gespickt mit<br />

unterschiedlichsten Lebensberichten, vermittelt das Buch<br />

psychologische Zusammenhänge auf seriöse Weise und sehr<br />

menschennah. Wir alle haben das Bedürfnis, unserem Leben<br />

Sinn und Bedeutung zu geben. Die erfahrene Therapeutin zeigte<br />

mir beim Lesen des Buches auf faszinierende Weise, wie wir<br />

neue Lebenshorizonte entdecken und davon profitieren können,


Internet-Tipp ⁄ Termine LZ <strong>12</strong> ⁄ <strong>2011</strong> 21<br />

wenn es gelingt, das gelebte Leben als das wirklich eigene Leben<br />

anzunehmen. Freundlich auf das Vergangene blickend, lebt es<br />

sich besser. Mich hat das Buch animiert, nicht erst in meinem<br />

letzten Lebensabschnitt Bilanz zu ziehen – wer weiß schon,<br />

wann der beginnt. Ich wünsche dem Leser viel Freude und dem<br />

Buch viele Freunde. •<br />

Internet-Tipp<br />

www.trauerort-duesseldorf.de<br />

Am 20. November <strong>2011</strong> wurde der »Trauerort Düsseldorf«<br />

eingeweiht, der sich neben der Berger Kirche in der Düsseldorfer<br />

Altstadt befindet (Berger Str. 18b). Er ist eine Gedenkstätte für<br />

Menschen aus allen Kulturen, die bespielsweise wegen Flucht<br />

und Migration ihre Toten nicht in ihrer Heimat betrauern<br />

können. Auch im Internet können Sie diesen Ort besuchen und<br />

finden zudem interessante Links, z.B. über Trauerrituale in<br />

anderen Religionen. •<br />

Termine<br />

der <strong>Hospiz</strong>bewegung in <strong>Wuppertal</strong><br />

Café <strong>Lebenszeiten</strong><br />

Jeden 1. Donnerstag im Monat<br />

17 bis 18.30 Uhr<br />

Seit dem 01.09.<strong>2011</strong> findet das<br />

Café für Trauernde in der Färberei,<br />

Stennert 8 (1. Etage, Raum<br />

1), in <strong>Wuppertal</strong>-Oberbarmen<br />

statt.<br />

Trauerspaziergang<br />

14. Dezember <strong>2011</strong><br />

14.30 Uhr<br />

Der letzte Trauerspaziergang im<br />

Jahr <strong>2011</strong> findet am 14.<strong>12</strong>. statt.<br />

Treffpunkt 14.30 Uhr, Hardt,<br />

Botanischer Garten, Elisenturm<br />

(Buslinie 643). Die Geschäftsstelle<br />

informiert Sie gerne<br />

über die Termine im neuen Jahr:<br />

Tel.: 0202 ⁄ 4598819


22 LZ <strong>12</strong> ⁄ <strong>2011</strong> Auf den Weg gegeben<br />

Auf den Weg gegeben<br />

Von Thomas Schmidt<br />

Der Sozialpädagoge und Trauertherapeut, der das Trauerseminar<br />

des <strong>Hospiz</strong>diensts <strong>Lebenszeiten</strong> leitete, zeigt Wege in der Trauerbegleitung<br />

auf.<br />

Trauer überwinden zu wollen ist<br />

– meines Erachtens nach – ein<br />

völlig falscher Ansatz für die<br />

Begleitung von trauernden und<br />

sterbenden Menschen. Hindernisse<br />

können überwunden werden;<br />

der innere Schweinehund<br />

kann überwunden werden.<br />

Trauer aber muss durchlebt werden.<br />

Oftmals flüchten sich trauernde<br />

Menschen in Aktivismus<br />

und Verdrängung. Dies ist verständlich,<br />

aber wenig hilfreich.<br />

Gibt man Trauer keine Zeit und<br />

keinen Raum, staut sie sich auf<br />

und kommt mit Sicherheit zu<br />

einem anderen, völlig unpassenden<br />

Zeitpunkt mit größerer<br />

Macht wieder zum Vorschein.<br />

In der professionellen Trauerarbeit<br />

gilt es, eine noch nicht<br />

bewältigte Trauer zu bearbeiten,<br />

die nicht unbedingt an den<br />

letzten Verlust gebunden sein<br />

muss. Trauernde Menschen leben<br />

oft in dem Glauben, dass sie<br />

um den zuletzt erlittenen Verlust<br />

trauern. Dies ist aber nicht<br />

immer richtig. Nicht bearbeitete<br />

Trauer kumuliert sich auf – soll<br />

heißen, dass es oftmals um Ereignisse<br />

und Verluste geht, die<br />

vielleicht schon Jahre oder Jahrzehnte<br />

zurückliegen und bereits<br />

aus dem Alltagsbewusstsein<br />

verschwunden sind. Nur wenn<br />

solche Ereignisse ihrer Wichtigkeit<br />

nach aufgearbeitet werden,<br />

ist es möglich, auch die aktuelle<br />

Trauer anzuschauen und zu verarbeiten.<br />

Trauerarbeit und<br />

Trauerbegleitung stellen hohe<br />

Anforderungen an den Trauernden.<br />

Sich aktiv mit diesem Thema<br />

auseinanderzusetzen ist<br />

wesentlich schwerer, als es nur<br />

auszusitzen.<br />

So gehört zu den wichtigsten<br />

Fähigkeiten von Trauerbegleitern<br />

– und das viel mehr als in<br />

der Sterbebegleitung – die Fähigkeit<br />

zu konfrontieren, in die<br />

Auseinandersetzung zu gehen<br />

und dies auch auszuhalten.<br />

Trauern ist nicht ein Privileg<br />

für Menschen, die bereits einen<br />

Verlust erlitten haben. Vielmehr<br />

trauern Menschen auch schon


Foto: Privat<br />

im Vorfeld um den nahenden<br />

Tod eines Menschen oder aber<br />

auch um eigene erlittene Mängel<br />

und nicht erfüllte Bedürfnisse.<br />

Trauer ist immer auch in<br />

hohem Grade egoistisch. Dies<br />

anzuerkennen ist von existenzieller<br />

Notwendigkeit.<br />

Trauer kann in die Isolation<br />

führen oder Emotionen in einem<br />

Menschen hervorbringen, die<br />

ihm bisher völlig fremd oder unverständlich<br />

waren. Allerdings<br />

gilt in der Arbeit mit trauernden<br />

Menschen für mich der Satz:<br />

Jedes Gefühl ist erlaubt, aber<br />

nicht jedes Verhalten.<br />

Auf den Weg gegeben LZ <strong>12</strong> ⁄ <strong>2011</strong> 23<br />

Tod, Trauer und Verlust zählen<br />

in unserer Kultur zu den wenigen<br />

letzten Tabuthemen. Diesbezüglich<br />

befinden wir uns in<br />

Deutschland im Vergleich zu anderen<br />

Ländern mit anderen Kulturen<br />

und Religionen in einem<br />

Entwicklungsland.<br />

Allerdings glaube ich daran,<br />

dass wir im Laufe der Zeit auch<br />

die Wichtigkeit der Trauer für die<br />

Gesundung und das Wohlbefinden<br />

der Menschen erkennen<br />

und akzeptieren werden und<br />

dass somit die Trauer und die<br />

Arbeit mit trauernden Menschen<br />

den Platz in unserer Gesellschaft<br />

einnehmen, der ihnen<br />

gebührt. Nur durch das Durchleben<br />

der Trauer kann eine Seele<br />

heilen, kann sie Abschied nehmen,<br />

gesunden und wieder den<br />

Weg zurück ins Leben finden.<br />

Und dies ist eine wundervolle<br />

Aufgabe für eine Begleitung.<br />

»Wohlan denn Herz! Nimm Abschied<br />

Herz und gesunde!«<br />

(Hermann Hesse) •


Unser Angebot:<br />

• Begleitung schwerkranker<br />

und sterbender Menschen<br />

sowie ihrer Angehörigen<br />

• Individuelle Beratung<br />

in Krisensituationen<br />

• Informationen u.a. zu<br />

Möglichkeiten der Schmerztherapie,<br />

Palliativpflege und<br />

Patientenverfügung<br />

• Trauerbegleitung<br />

für Einzelne<br />

• Befähigungskurse<br />

für Ehrenamtliche<br />

HOSPIZ<br />

DIENST<br />

WUPPERTAL<br />

LEBENSZEITEN e.V.<br />

Sprechen Sie uns an,<br />

wenn Sie<br />

• unsere Hilfe brauchen,<br />

• mehr über den <strong>Hospiz</strong>dienst<br />

erfahren möchten,<br />

• sich für eine Mitarbeit<br />

bei uns interessieren,<br />

• uns ideell oder materiell<br />

unterstützen wollen.<br />

Bürozeiten: montags bis freitags von 9 bis <strong>12</strong> Uhr<br />

Schusterstraße 1 • 42105 <strong>Wuppertal</strong><br />

Tel.: 02 02 ⁄ 4 59 88 19 • Fax: 02 02 ⁄ 7 58 55 45<br />

E-Mail: info@hospizwuppertal.de<br />

Internet: www.hospizwuppertal.de<br />

Impressum<br />

»<strong>Lebenszeiten</strong>« wird herausgegeben vom <strong>Hospiz</strong>dienst <strong>Wuppertal</strong><br />

<strong>Lebenszeiten</strong> e.V. • Redaktion (redaktion@hospizwuppertal.de):<br />

Renate Elamin, Betty Schmidt, Saskia Zierold • Fotos: Renate Elamin<br />

Schlussredaktion: Juliane Dinn • Verantwortl.: Saskia Zierold<br />

Gestaltung: Anni Roolf • Druck: Börje Halm • Auflage: 4000 Stück

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