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politik! - Lesben- und Schwulenverband in Deutschland

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Am 9. Februar 2005 kündigte CSU-Chef Edm<strong>und</strong> Stoiber e<strong>in</strong>e<br />

Verfassungsklage gegen das von Rot-Grün beschlossene Adoptionsrecht<br />

für homosexuelle Paare an. Aber schon se<strong>in</strong> Versuch, die alten Gegner<br />

des Lebenspartnerschaftsgesetzes (Sachsen <strong>und</strong> Thür<strong>in</strong>gen) noch e<strong>in</strong>mal um<br />

sich zu scharen, scheiterte. Antragsteller<strong>in</strong> der Anfang September 2005 beim<br />

B<strong>und</strong>esverfassungsgericht e<strong>in</strong>gereichten Normenkontrollklage (AZ 1BvF3/05)<br />

ist alle<strong>in</strong> die bayerische Staatsregierung.<br />

Die als abstrakte Normenkontrollklage angelegte Überprüfung richtet sich<br />

gegen das im November 2004 beschlossene Überarbeitungsgesetz. Rot-Grün<br />

hatte dar<strong>in</strong> weitere Angleichungen zwischen Ehe <strong>und</strong> Lebenspartnerschaft<br />

vorgenommen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>ige Unstimmigkeiten beseitigt. Ideologisch besonders<br />

umkämpft war das dar<strong>in</strong> enthaltene Adoptionsrecht: Die Stiefk<strong>in</strong>dadoption, die<br />

es <strong>Lesben</strong> <strong>und</strong> Schwulen erlaubt, die K<strong>in</strong>der des Partners oder der Partner<strong>in</strong><br />

zu adoptieren.<br />

Allen Verfassungsorganen, dem B<strong>und</strong>estag, dem B<strong>und</strong>esrat <strong>und</strong> 16<br />

B<strong>und</strong>esländern steht das Recht auf e<strong>in</strong>e solche Klage zu. Dennoch hat sich<br />

ke<strong>in</strong>er dem Ans<strong>in</strong>nen der Bayern angeschlossen. Selbst im Münchener Kab<strong>in</strong>ett<br />

ist die Entscheidung umstritten: Die Justizm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Dr. Beate Merk ist gegen<br />

die Klage. Aber Stoiber sche<strong>in</strong>t das Votum der Kolleg<strong>in</strong> ebenso wenig zu <strong>in</strong>teressieren<br />

wie der Aufruf der B<strong>und</strong>esjustizm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong>, Brigitte Zypries, die Klage<br />

zurück zu ziehen.<br />

Das Gericht hat Wichtigeres zu tun<br />

Das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht hat sich erst e<strong>in</strong>mal Zeit genommen. Zwei<br />

Jahre lang lag der Antrag des Klagevertreters Prof. Dr. Jestädt auf dem Stapel.<br />

Erst <strong>in</strong> diesem Sommer s<strong>in</strong>d alle Verfassungsorgane <strong>und</strong> die Verbände um<br />

Stellungnahmen gebeten worden. Auch da wiederholt sich das Bild: Die Bayern<br />

haben sich isoliert. Selbst der B<strong>und</strong>esrat, das Forum der Landesfürsten, hat<br />

von e<strong>in</strong>er Äußerung abgesehen, da „ke<strong>in</strong>e Umstände ersichtlich s<strong>in</strong>d, die e<strong>in</strong>e<br />

Stellungnahme des B<strong>und</strong>esrates geboten ersche<strong>in</strong>en lassen“.<br />

Prof. Jestädt sieht e<strong>in</strong>en Verstoß gegen Artikel 6, Abs. 1 GG (Besonderer<br />

Schutz von Ehe <strong>und</strong> Familie), e<strong>in</strong>en Verstoß gegen Artikel 3, Abs. 1 (Gleichheit<br />

vor dem Gesetz) <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en Verstoß gegen Artikel 6, Abs. 2, Satz 1 GG (das<br />

natürliche Recht der Eltern). Im Kern werden dabei die Argumente wiederholt,<br />

die das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht schon bei der ersten gescheiterten<br />

Normenkontrollklage (2002) zurückgewiesen hatte. Schon damals sah die<br />

Staatsregierung den Schutz des Gr<strong>und</strong>gesetzes für Ehe <strong>und</strong> Familie <strong>in</strong> Gefahr.<br />

K<strong>in</strong>deswohl entscheidet<br />

In der Antragsschrift wird nur mit der besonderen Stellung der Ehe argumentiert,<br />

die es nicht zulasse, dass gleichgeschlechtlichen Paaren volle Elternrechte übetragen<br />

werde. Der LSVD hat dagegen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er umfangreichen Stellungnahme<br />

betont, dass für die Zulässigkeit von Adoptionen auf das K<strong>in</strong>deswohl abgestellt<br />

werden müsse. Für uns liegt das Hauptaugenmerk auf dem Schutz des K<strong>in</strong>des<br />

<strong>und</strong> se<strong>in</strong>en Interessen. Die K<strong>in</strong>der, die aus heterosexuellen Vorbeziehungen<br />

stammen oder durch Insem<strong>in</strong>ation gezeugt wurden, leben schon mit beiden<br />

Lebenspartnern <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Familie. Auch die Lebenspartner, die nicht leibliche<br />

<strong>politik</strong>!<br />

Alle<strong>in</strong> auf weiter Flur<br />

Die bayerische Staatsregierung vor dem Verfassungsgericht<br />

VON MANFRED BRUNS UND RENATE H. RAMPF<br />

Eltern s<strong>in</strong>d, übernehmen Verantwortung für die K<strong>in</strong>der. Die Regenbogenfamilien<br />

bieten den K<strong>in</strong>dern gute Entwicklungschancen. Entscheidend ist die Stabilität<br />

der Beziehung, nicht die Frage, ob sie hetero- oder homosexuell ist. An alldem<br />

ändert sich nichts, ob nun die Stiefk<strong>in</strong>dadoption zugelassen wird oder nicht.<br />

Entscheidend ist deshalb, dass durch die Stiefk<strong>in</strong>dadoption die Rechtsstellung<br />

des K<strong>in</strong>des verbessert wird: Das K<strong>in</strong>d erhält e<strong>in</strong>en weiteren Unterhaltsverpflichteten.<br />

Nur die Adoption stellt sicher, dass die Verantwortung, auch über das<br />

Bestehen der Beziehung h<strong>in</strong>aus, e<strong>in</strong>klagbar ist.<br />

Der LSVD sieht der Klage gelassen entgegen. Das Gericht hat ke<strong>in</strong>en Anlass,<br />

die eigene Auffassung zu korrigieren. Das Verfahren ist eigentlich vollkommen<br />

überflüssig. Aber e<strong>in</strong>e Zurückweisung des Normenkontrollantrags durch<br />

Beschluss als offensichtlich unbegründet lässt das Gesetz nicht zu. Während<br />

Anträge von Bürgern, die sich <strong>in</strong> ihren Gr<strong>und</strong>rechten beschnitten sehen, häufig<br />

gar nicht angenommen werden, muss e<strong>in</strong>e abstrakte Normenkontrollklage<br />

verhandelt werden, egal wie begründet oder aussichtslos die Angelegenheit<br />

ist. Aller Voraussicht nach wird also noch e<strong>in</strong>mal höchstrichterlich festgestellt<br />

werden, dass homosexuelle Ehen <strong>und</strong> Familien verfassungsgemäß s<strong>in</strong>d.<br />

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02/2007 7

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