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Suchtkrankenhilfe - Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum ...

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66<br />

Fast zehntausend<br />

Kontakte<br />

Vielfältige<br />

Problemlagen<br />

Mehr Jugendliche<br />

und mehr Ältere<br />

von Sucht bedroht<br />

<strong>Suchtkrankenhilfe</strong><br />

Fachambulanz<br />

Beratung, Ambulante Rehabilitation, Nachsorge<br />

Auch in den Medien wird immer wieder darauf aufmerksam gemacht,<br />

<strong>das</strong>s süchtiges Verhalten in unserer Gesellschaft weiter zunimmt und<br />

damit auch der Bedarf an Behandlungsangeboten <strong>für</strong> suchtgefährdete<br />

und suchtkranke Menschen steigt. Das Sekretariat der Fachambulanz ist die<br />

ers te An laufstelle <strong>für</strong> Rat su -<br />

chende, telefonisch oder<br />

per sönlich Kontakt aufzunehmen.<br />

Die Fachambulanz ver zeich -<br />

nete im Jahr 2012 insgesamt<br />

9.956 Kon tak te mit 1.855<br />

Menschen. Viele Klienten<br />

ha ben einen größeren Bera -<br />

tungsbedarf, da die Viel zahl<br />

an Problemen sowohl <strong>für</strong><br />

Al leinlebende als auch <strong>für</strong><br />

Das Sekretariat der Fachambulanz ist die erste An -<br />

Fa milien z.B. durch Ar beits - laufstelle <strong>für</strong> Ratsuchende.<br />

lo sigkeit, Vereinbarkeit von<br />

Be ruf und Familie und<br />

Burn-Out die Ver net zung und Zusammenarbeit der Hil festrukturen notwendig<br />

macht.<br />

Auch die steigende Zahl an Doppeldiagnosen von Menschen, die neben ihrer<br />

Sucht erkrankung unter Depressionen, Ängsten, Zwängen und Traumatisie -<br />

rung leiden, forderte die Mitarbeiter der Fachambulanz in der Beratung, der<br />

am bu lan ten Rehabilitation und der nachstationären Behand lung heraus. Durch<br />

Fort bil dung, kollegialen Austausch und Supervision wurde fachliches Wissen<br />

wei terentwickelt und dem Bedarf angepasst. An dieser Stelle sei die gute Ko -<br />

ope ration mit den Haus- und Fachärzten, sowie den Fachkrankenhäusern und<br />

Fach kliniken im Rhein Kreis Neuss genannt.<br />

Die immer jünger werdenden Klienten, die verschiedenste Suchtstoffe (Alko -<br />

hol, Cannabis, Amphetamine) konsumieren, sowie die Zunahme von Alters -<br />

sucht erkrankung machten es notwendig, individuelle Angebote <strong>für</strong> diese Ziel -<br />

grup pen zu installieren.<br />

Seit 2005 bietet die Fachambulanz im Rahmen der ambulanten Rehabilitation<br />

<strong>das</strong> Rückfallpräventionsprogramm an. Das Seminar wird geleitet von erfahrenen<br />

Suchttherapeuten. An dem Seminar können insgesamt bis zu zwölf Re -<br />

ha bilitanden teilnehmen. Im Rahmen von Rollenspielen, Fantasiereisen,<br />

Grup pengesprächen und Übungen werden die jeweiligen Modulziele erarbeitet.<br />

Es geht <strong>für</strong> die Teilnehmer um Wissensvermittlung, die Verbesserung der<br />

Selbst einschätzung und die Förderung einer realistischen Selbstwirksamkeits -<br />

er wartung.


<strong>Suchtkrankenhilfe</strong> 67<br />

Die Vermittlung in stationäre Rehabilitation und die nachstationäre Weiter be -<br />

hand lung haben im Jahr 2012 einen großen Stellenwert in der Arbeit mit<br />

Sucht kranken eingenommen. Vermittlungen in stationäre Entwöhnungs be -<br />

hand lung machten eine intensive Vorbereitung und Motivationsarbeit bei den<br />

Be troffenen und Unterstützung der Angehörigen notwendig. Für die Ange hö -<br />

ri gen veränderte die Fachambulanz ihr Angebot und erleichterte durch eine<br />

of fene Angehörigengruppe den Zugang. Die schon seit Jahren etablierte In for -<br />

ma tions- und Motivationsgruppe <strong>für</strong> Betroffene war weiterhin ein fester Be -<br />

standteil in der Anfangsphase einer Beratung und Behandlung.<br />

Immer häufiger zeigt sich, <strong>das</strong>s durch die vielfältigen Belastungen der suchtkranken<br />

Menschen die Nachsorge einen hohen Stellenwert <strong>für</strong> eine nachhalti -<br />

ge Gesundung hat. Die nachstationäre Behandlung in den vier Nachsorge -<br />

grup pen setzt Schwerpunkte bei der Reintegration in den Ar beitsalltag und bei<br />

Beziehungsstrukturen. Die Mitar bei ter sind therapeutisch besonders gefordert,<br />

da viele Erscheinungsbilder der Erkrankung sich erst nachstationär in<br />

den Alltagsstrukturen und nach längerer Abstinenz zeigen.<br />

Durch Personalverän de -<br />

run gen konnte die Fach am -<br />

bulanz <strong>das</strong> erfahrene Team<br />

mit jüngeren Kollegen und<br />

Kolleginnen ergänzen, um<br />

so den unterschiedlichen<br />

An forde run gen der Kli en -<br />

ten noch vielfältiger und<br />

in dividueller zu begegnen.<br />

Viele junge Kolleginnen und Kollegen verstärken <strong>das</strong><br />

Team der Fachambulanz..<br />

Prävention: Das PrEvent-Mobil in Kooperation mit Polizei und Jugendamt<br />

2012 wurde die Suchtprävention der Caritas um ein weiteres Kooperati ons -<br />

pro jekt ausgebaut. Im Rahmen eines Euregio-Projektes startete in Koope ra ti -<br />

on mit der Kreispolizeibehörde und dem Jugendamt Meerbusch <strong>das</strong> Projekt<br />

„Pro Ju gend statt Promille“.<br />

Mit Aktionen und In formationsveranstaltungen wurden sowohl die Kinder<br />

und Jugendlichen direkt als auch erwachsene Be zugs personen erreicht, um eine<br />

Sensibilisierung <strong>für</strong> verantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol zu<br />

fördern und ihre Vor bild funktion zu stärken.<br />

Bei Informationsveranstaltungen in Sport- und Schützenvereinen wurden <strong>für</strong><br />

El tern, Erwachsene, Trainer in Vereinen, Jugendwarte, Jugendvertreter, Ju -<br />

gend sprecher sowie <strong>für</strong> alle, die als Bezugspersonen <strong>für</strong> die Kinder und Ju -<br />

gend lichen eine Vor bild funk tion haben, auf verständliche und erfrischende<br />

Wei se (z.B. mit alkoholfreien Cocktails) Ba sisinformationen und Tipps <strong>für</strong><br />

Verhaltens- und Umgangsweisen mit riskanten Konsum mus tern vermittelt.<br />

Offene<br />

Angehörigengruppe<br />

erleichtert Zugang<br />

Nachsorge immer<br />

wichtiger<br />

Neues Projekt:<br />

„ProJugend<br />

statt Promille“


68<br />

Beratung vor Ort<br />

in Vereinen<br />

Hilfen <strong>für</strong> Langzeitarbeitslose<br />

400.000 Menschen<br />

in NRW leiden an<br />

einer Essstörung<br />

Das PrE vent-Mobil der<br />

Sucht kran kenhilfe kam<br />

ergänzend zu den Ver an -<br />

stal tun gen der Vereine<br />

hinzu, um die jugendliche<br />

Ziel gruppe direkt anzusprechen.<br />

Das Projekt<br />

war 2012 so erfolgreich,<br />

<strong>das</strong>s sich die Kommunen<br />

Jü chen, Kor schenbroich<br />

und Rommerskirchen <strong>für</strong><br />

eine Durchführung von<br />

Pro Jugend statt Promille<br />

in 2013 angemeldet haben.<br />

<strong>Suchtkrankenhilfe</strong><br />

Infoveranstaltungen in Sport- und Schützenvereinen sen -<br />

sibilisierten die Teilnehmer <strong>für</strong> riskante Konsummuster.<br />

SGBII – Basisberatung<br />

Die Basisberatung von Langzeitarbeitslosen, die die <strong>Suchtkrankenhilfe</strong> in Ko -<br />

ope ration mit dem Rhein-Kreis Neuss und dem Jobcenter bereits seit 2005 anbietet,<br />

nahm auch 2012 einen erheblichen Teil der Bera tungsarbeit ein. Men -<br />

schen, die <strong>das</strong> Jobcenter aufgrund einer Suchtmittelpro ble matik als schwer in<br />

den Arbeitsmarkt vermittelbar einstuft, wer den hier um fassend beraten und in<br />

wei tere Hilfsangebote vermittelt. Um eine Wiedereingliederung in den Ar -<br />

beits markt zu erreichen, müssen oft schwerwiegende Probleme gelöst und intensive<br />

Beratung und Betreuung geleistet werden.<br />

Essstörungen<br />

Nach Schätzungen gibt es allein in NRW ca. 400.000 Menschen, die an einer<br />

Ess störung leiden. Die Magersucht ist dabei <strong>das</strong> Krankheitsbild mit der höchsten<br />

Sterberate von 10 bis 15 Prozent unter den psychischen Erkrankungen.<br />

Viele von einer Essstörung Betroffene oder deren Angehörige haben auch im<br />

Jahr 2012 Hilfe in der Fachambulanz gesucht. Dabei zeichnete sich zunehmend<br />

ein Trend ab, <strong>das</strong>s vor allem junge Frauen fachlichen Rat benötigen, um<br />

die Essstörung in ihrer akuten Erstmanifestation zu stoppen und einer Chro -<br />

ni fizierung erst gar keine Chance zu geben.<br />

Um insbesondere den Anliegen junger essgestörter Frauen ab 16 Jahren gerecht<br />

zu werden, hat die <strong>Suchtkrankenhilfe</strong> ihr Behandlungsangebot konzeptionell<br />

angepasst und eine Therapiegruppe speziell <strong>für</strong> diese Altersstufe eingerichtet.<br />

Hier können betroffene junge Frauen unter psychotherapeutischer<br />

Leitung in Austausch treten und sich mit ihren persönlichen The men auseinandersetzen.<br />

Einmal im Quartal begleitet eine Ernährungsberaterin die The ra -<br />

pie gruppe, um über ein gesundes Ernährungsverhalten aufzuklären und Fra -<br />

gen zu beantworten.<br />

Um Essstörungen jedoch erst gar keinen Nährboden zu liefern und aufklärend<br />

da gegen vorzugehen, haben 2012 an den Schulen im Rhein-Kreis Neuss er -<br />

neut präventive Veranstaltungen rund um <strong>das</strong> Thema Schönheit, Ernährung


<strong>Suchtkrankenhilfe</strong> 69<br />

und essgestörtes Verhalten stattgefunden. Die kreative Wanderausstellung<br />

„Klang meines Körpers“ mit fünf Mädchentafeln wurde um ein Jungenporträt<br />

erweitert, um die wachsende Zahl männlicher Betroffener (derzeit ca. 5 bis<br />

10%) bzw. die weitaus größere Anzahl gefährdeter Jugendlicher zu erreichen.<br />

Ein neues Pilotprojekt namens „Body meets Soul“ wurde erstmalig in Zu sam -<br />

men arbeit mit der AOK Rheinland am erzbischöflichen Gymnasium Ma ri en -<br />

berg in Neuss umgesetzt. Interessierte Schülerinnen der Jahrgangsstufe 8, die<br />

zu vor die Wanderausstellung be sucht hatten, konnten sich <strong>für</strong> diese mehrwöchige<br />

AG anmelden, um sich vertieft mit den Themen Ernährung, Schön -<br />

heits ideal, Körperwahrnehmung und Selbstwertgefühl auseinander zu setzen.<br />

Die Rückmeldungen der Schülerinnen und Lehrer wa ren durchweg positiv, so<br />

<strong>das</strong>s weitere Angebote in dieser Form auch <strong>für</strong> 2013 geplant sind.<br />

Ambulant Betreutes Wohnen<br />

Das Ambulant Betreute Wohnen der Caritas Fachambulanz richtet sich an<br />

Men schen mit einer chronischen Abhängigkeitserkrankung und wird im gesamten<br />

Kreisgebiet angeboten. Viele Klienten benötigen konkrete Hilfestel -<br />

lung im Alltag, um abstinent zu werden oder zu bleiben. Konkrete Inhalte des<br />

Am bulant Betreuten Wohnens richten sich nach dem individuellen Hilfe be -<br />

darf der betroffenen Menschen. In der Regel sind <strong>das</strong> die Suche, Gestaltung<br />

und der Erhalt des Wohnraums, der Aufbau einer Tagesstrukturierung und so -<br />

zi aler Kontakte, eine sinnvolle Freizeitgestaltung, der Erhalt der Gesund heit,<br />

die berufliche Wiedereingliederung und u.a. auch Unterstützung bei der Re -<br />

ge lung von Strafsachen, Schuldenregulierung, Ämterangelegenheiten.<br />

Zusätzlich können Klienten auch andere Angebote der <strong>Suchtkrankenhilfe</strong> nutzen,<br />

z.B. Vermittlung in stationäre Therapie oder die Durch führung einer ambulanten<br />

Behandlung. Das Betreute Wohnen stabilisiert die Lebenssituation<br />

und bietet eine Perspektive in den eigenen vier Wänden. Ziel ist es, die eigene<br />

Wohnung zu erhalten oder mittelfristig eigenen Wohnraum zu finden. Für<br />

die Betroffenen eröffnet dies eine selbstbestimmte Lebensgrundlage und eine<br />

verbesserte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Die zur Kostenübernahme<br />

er forderliche Antragsstellung beim Landschaftsverband erfolgt durch die<br />

Mitar bei te rin nen des Ambulant Betreuten Wohnens.<br />

Ons Zentrum - der alkoholfreie Treff<br />

Aus der Sicht eines Betroffenen<br />

Ich persönlich habe während meines Entgiftungsaufenthalts <strong>das</strong> erste Mal<br />

vom Ons Zentrum gehört und eine Infoveranstaltung besucht. Daraufhin<br />

ha be ich im November 2011 ein Ehrenamt im Service des Cafés übernommen.<br />

Nach einigen Wochen durfte ich bei der Betreuung der Wan der aus -<br />

stel lung „Klang meines Körpers“ mitarbeiten. Außerdem wurde ich gebeten,<br />

ak tiv in der Suchtprävention in Schulen und Ausbildungsstätten mit zu arbei-<br />

Präventionsarbeit<br />

in Schulen<br />

Pilotprojekt<br />

„Body meets Soul“<br />

Unterstützung<br />

<strong>für</strong> chronisch<br />

Abhängige


70<br />

Ons Zentrum - <strong>für</strong><br />

mich ein<br />

sicherer Hafen<br />

Zur Normalität<br />

zurückfinden<br />

Das Gefühl,<br />

gebraucht<br />

zu werden<br />

<strong>Suchtkrankenhilfe</strong><br />

ten. Durch mein Engagement bekam ich im November die Chance, über eine<br />

Maß nahme des Jobcenters eine befristete Anstellung über zwei Jahre im Ons<br />

Zent rum zu anzunehmen. Das Café Ons Zent rum ist <strong>für</strong> uns Suchtbetroffene<br />

der alkoholfreie Treffpunkt mit vielen verschiedenen Freizeit- und Kul tur an -<br />

ge boten. Die di versen Ak ti vitä ten ermöglichen es uns, neue Interes sen zu entdecken<br />

oder im Ons Zent rum ehrenamtlich tä tig zu werden. Da <strong>das</strong> Haus an<br />

na hezu 365 Tagen im Jahr geöffnet ist, finden wir hier immer eine Anlauf -<br />

stelle in abstinenter Um ge bung.<br />

Die enge Anbindung zur Suchtambulanz der Caritas im gleichen Gebäude sowie<br />

die Unterbringung verschiedener Selbsthilfegruppen (15 habe ich neulich<br />

ge zählt) bieten uns die Möglichkeit, Hilfe zu finden und Kontakte zu knüpfen.<br />

Es tut gut zu wissen, <strong>das</strong>s wir nicht alleine sind mit unseren Proble men.<br />

Durch die gemeinsamen<br />

Unterneh -<br />

mun gen, angefangen<br />

mit Motorrad -<br />

aus flü gen ins Ber -<br />

gische Land oder<br />

in die Eifel, über<br />

Sport angebote wie<br />

Jog gen oder Tisch -<br />

tennis – wir nehmen<br />

bereits an<br />

Turnieren teil – bis<br />

hin zu Tanz- oder<br />

Töpferkursen etc.,<br />

haben wir im Ons<br />

Zentrum die Chan -<br />

Comedy im Ons Zentrum: „Herr Schneider, lassen sie <strong>das</strong>“ mit<br />

Johannes Schwelm und Thomas Schneider.<br />

ce, wieder in einen „normalen Umgang“ mit anderen Menschen zurückzufinden.<br />

Viele von uns haben durch ihre Sucht ihr ge regeltes Leben, ihre Familie<br />

und ihre Freunde verloren – hier können wir <strong>das</strong> ändern und „Verlorenes“<br />

wie derfinden und Neues entdecken.<br />

Highlights im Ons Zentrum sind <strong>das</strong> jährliche Sommerfest mit Livemusik,<br />

Gril len, großer Kuchenauswahl, Ponyreiten, Kinderschminken, sowie <strong>das</strong> alljährliche<br />

„Saar ländi sche Grillfest“.<br />

Weiterhin bietet <strong>das</strong> „Ons“ denjenigen, die durch ihre Sucht arbeitslos geworden<br />

oder ohne Beschäftigung sind, die Möglichkeit, ein Praktikum zu absolvieren<br />

oder ehrenamtlich tätig zu werden, um die Tagesstruktur zu verbessern<br />

und <strong>das</strong> Selbstwertgefühl wieder aufzubauen. Hier können wir uns einbringen,<br />

gewinnen wieder <strong>das</strong> Gefühl, gebraucht zu werden und schaffen es<br />

nach langer Zeit, morgens wieder rechtzeitig aufzustehen.<br />

Die Besucher der Einrichtung (es waren rund 28.000 Besuche in 2012) treffen<br />

im Café ein gemischtes Publikum: Nicht nur Betroffene suchen <strong>das</strong> Café


<strong>Suchtkrankenhilfe</strong> 71<br />

Zum Dank ein Ausflug mit den Ehrenamtlichen. 2012 ging<br />

es nach Brüggen.<br />

auf, sondern viele Gäs -<br />

te wegen des leckeren<br />

und günstigen Mittags -<br />

tischs oder aufgrund<br />

der vielen Freizeit ange -<br />

bo te. Durch die Gesprä -<br />

che miteinander werden<br />

Vorurteile gegen<br />

Suchterkrankungen abgebaut,<br />

denn viele sehen<br />

in einem Alko holi -<br />

ker zunächst nur den<br />

„Säu fer unter der Brü -<br />

cke“. Das dem nicht so<br />

ist wird hier ständig<br />

neu erlebt: Wir sind<br />

Ärz te, Penner, gutsituierte Geschäfts leu te, Arbeitslose, eben ganz normale<br />

Menschen aus jeder Gesellschafts schicht, und es ist uns wichtig, anerkannt<br />

und respektiert zu werden – im Ons ist <strong>das</strong> möglich, hier spüren wir <strong>das</strong>. Es<br />

fragt Dich hier niemand wer Du bist und was Du hast. Du bist hier, und Du<br />

willst Hilfe, <strong>das</strong> reicht.<br />

Auf der Entgiftungsstation hat man mir vor etwa eineinhalb Jahren geraten,<br />

ich solle neue Wege gehen – beruflich wie privat. Das Ons Zentrum hat mir<br />

die Möglichkeit dazu gegeben. F. R.<br />

Kids im Zentrum - KiZ<br />

Hilfen <strong>für</strong> Kinder aus sucht- bzw. psychisch belasteten Familien<br />

Rund sechs Millionen Kinder wachsen in Deutschland mitbeeinflusst<br />

von Sucht- oder psychischen Erkrankungen ihrer Eltern auf. Die Fol -<br />

ge: Rund ein Drittel der Betroffenen entwickelt in der Jugend oder im<br />

Erwachsenenalter eine eigene Problematik. Oft selbst vernachlässigt, müssen<br />

die Kinder schon in jungen Jahren Verantwortung <strong>für</strong> Aufgabenbereiche der<br />

El tern übernehmen. Überdies sind sie häufig deren starken Stimmungs -<br />

schwan kungen ausgesetzt. Nicht selten sind die Kinder Opfer von Misshand -<br />

lun gen. Oft glauben sie auch, selbst die Ursache <strong>für</strong> die Erkrankung der Eltern<br />

zu sein und entwickeln quälende Schuldgefühle.<br />

Die Strategien, die die Kinder daher zum Schutz ihrer selbst wie auch ihrer<br />

An gehörigen entwickeln (Lügen, Ausreden, falsche Entschuldigungen uvm.),<br />

ma chen die Ausbildung sozialer Kontakte sehr schwierig. Die Entwicklung<br />

ei ner gesunden, klar konturierten, gefestigten Persönlichkeit ist überdies<br />

nach haltig gestört.<br />

KiZ – bietet Kindern und Jugendlichen zwischen sechs und 18 Jahren sowie<br />

den betroffenen, erwachsenen Bezugspersonen an drei Standorten (Neuss,<br />

Ärzte, Penner,<br />

Geschäftsleute,<br />

Arbeitslose<br />

Du bist hier,<br />

und Du willst<br />

Hilfe - <strong>das</strong> reicht<br />

Sechs Millionen<br />

Kinder betroffen


72<br />

Selbstwertgefühl<br />

stärken<br />

Ehrenamtliche<br />

sichern Fahrdienst<br />

Vor-Ort-Hilfe<br />

<strong>für</strong> Familien<br />

<strong>Suchtkrankenhilfe</strong><br />

Dor ma gen, Grevenbroich) ein Angebot, <strong>das</strong> auf eine langfristige Vermin de -<br />

rung der Probleme abzielt.<br />

In regelmäßigen wöchentlichen Gruppentreffen haben die Kinder und Ju gend -<br />

lichen bei KiZ die Möglichkeit zum offenen Austausch über die jeweilige Er -<br />

kran kung ihrer Eltern und die damit verbundenen Probleme. In diesem ge -<br />

schützten Rahmen erhalten sie Informationen über die Krankheit Sucht und<br />

andere psychische Erkrankungen. Sie erfahren, <strong>das</strong>s es weder ihre Aufgabe ist,<br />

die Eltern zu heilen, noch deren Aufgaben innerhalb des Familiengefüges wahr -<br />

zunehmen. Sie erfahren auch, <strong>das</strong>s die Erkrankung ihre Eltern nicht zu schlech -<br />

ten Menschen macht, sondern <strong>das</strong>s viele der unverständlichen, oft be ängs ti -<br />

genden Verhaltensweisen der Eltern Symptome ihrer Erkrankung sind. Die se<br />

Informationen entlasten die Kinder, helfen ihnen, Ängste abzubauen, Schuldund<br />

Schamgefühle zu überwinden und ihr Selbstwertgefühl zu stärken.<br />

Flankiert wird <strong>das</strong> Gruppen- und Freizeitangebot von KiZ durch Ein zel-, El -<br />

tern- und Familiengespräche. Sie sensibiliseren die Eltern <strong>für</strong> die Befind lich -<br />

kei ten und Bedürfnisse ihrer Kinder und ermutigen sie dazu, sich auch selbst<br />

Un terstützung zur Bewältigung ihrer Sucht pro ble ma tik bzw. psychischen Er -<br />

kran kung zu holen.<br />

Zur Sicherstellung der regelmäßigen Gruppenteilnahme der jüngeren Kinder<br />

wird ein Hol- und Bringdienst u.a. durch ehrenamtliche Mitarbeiter organisiert.<br />

Durch den stetig wachsenden Bedarf seitens der Familien sind hier die<br />

Ka pazitäten von KiZ jedoch ausgelastet.<br />

Sozialpädagogische Familienhilfe – Kids vor Ort<br />

Bei der sozialpädagogischen Familienhilfe (SPFH) suchen Fachkräfte von<br />

KiZ die betroffenen Familien zu Hause auf. Unter anderem vermitteln die<br />

Mitarbeiter in den Familien nützliches Wissen über ihre Erkrankung, helfen<br />

bei der Entwicklung geeigneter Strategien zur Vermeidung von Rückfällen,<br />

unterstützen die Ausbildung angemessener, innerfamiliärer Kommunikationsund<br />

Interaktionsprozesse, begleiten zu wichtigen Terminen. Zusätzlich besteht<br />

die Möglichkeit, die Kinder aus diesen Familien in <strong>das</strong> Gruppenangebot<br />

von KiZ zu integrieren.<br />

Im Bedarfsfall werden Kriseninterventionen durchgeführt, die in der Ko -<br />

operation und Vernetzung mit anderen Fachstellen oder Institutionen die Si -<br />

cher stellung des Kinderschutzauftrages gemäß § 8a SGB VIII gewährleisten.<br />

Sommerferien 2012 - KiZ on tour<br />

Im Sommer 2012 organisierte KiZ wieder eine viertägige Ferienfahrt nach<br />

Nettersheim in die Eifel. KiZ bot den Kindern die Möglichkeit, einen intensiveren<br />

Kontakt in der Beziehung mit den Mitarbeitern und den anderen Kin -<br />

dern einzugehen.<br />

14 Mädchen und Jungen zwischen zehn und 15 Jahren nahmen <strong>das</strong> Angebot<br />

wahr. Im Jugendgästehaus gut untergebracht und verpflegt, gab es jeden Tag<br />

ein besonderes Erlebnis, <strong>das</strong> die Gruppe näher zusammenbrachte und den ein-


Öffentlichkeitsarbeit<br />

KiZ beteiligte sich auch 2012 an<br />

der Ak tionswoche von Nacoa<br />

Deutsch land, der Interessen ver tre -<br />

tung <strong>für</strong> Kinder aus Suchtfamilien<br />

e.V. In der Woche vom 13. bis 17.<br />

Februar wurde die Öffentlichkeit<br />

durch unterschiedlichste Ak ti o nen<br />

bundesweit auf die Le benswelt der<br />

Kinder in suchtbelas teten Familien<br />

auf merksam gemacht.<br />

<strong>Suchtkrankenhilfe</strong> 73<br />

Viel Spaß - unter anderem beim Staudammbau - hatten<br />

die Kinder und Jugendlichen bei der Farienfahrt nach<br />

Nettersheim in der Eifel.<br />

KiZ organisierte in Zusam men ar beit<br />

mit der Stadtbibli o thek Neuss eine<br />

Le sung. Hier<strong>für</strong> wurde die Autorin<br />

San dra Bergmann gewon nen, die<br />

aus ihrem Buch „Abstinenz“ las. Im<br />

Anschluss an die Le sung entwickelte<br />

sich ein reger persönlicher Ge dan -<br />

ken aus tausch zwischen Autorin und<br />

Publikum.<br />

zelnen Kindern eine willkommene<br />

Abwechslung<br />

vom oft belasteten Alltag<br />

brachte. Highlights wa ren<br />

eine große Rad tour entlang<br />

eines Er lebnisweges,<br />

an dem z.B. auf einem<br />

Fos si li en acker allerlei<br />

Schät ze zu finden waren,<br />

eine Ent de ckungstour<br />

durch den angrenzenden<br />

Wald mit anschlie ßendem<br />

Lagerfeuer und Stock -<br />

brot backen sowie <strong>das</strong> gemeinsame<br />

Bauen eines<br />

Stau damms am nahegelegenen<br />

Bachlauf des Na -<br />

turzentrums. Für viele der<br />

Kinder und Ju gend li chen<br />

bot diese Ferienfahrt die<br />

einzige Gelegenheit, in<br />

den Fe rien Urlaub zu machen.<br />

Die Autorin Sandra Bergmann las aus ihrem<br />

Buch „Abstinenz“.<br />

Spaß und Abenteuer<br />

bei der Ferienfahrt<br />

Lebenswelt der<br />

Kinder in suchtbelasteten<br />

Familien


74<br />

Sicht der Kinder<br />

im Fokus<br />

Dynamik auf dem<br />

Glücksspiel-Markt<br />

Prognose: Zahl der<br />

abhängigen Glücksspieler<br />

wird steigen<br />

<strong>Suchtkrankenhilfe</strong><br />

KiZ <strong>für</strong> Kinder psychisch kranker Eltern in „Aufwind“<br />

Das zeitlich begrenzte Projekt „Auf wind“ richtet sich an Familien im Rhein-<br />

Kreis Neuss, in denen Kinder und Jugendliche mit psychisch erkrankten El -<br />

tern(teilen) leben. Dabei unterstützt <strong>das</strong> Kooperations pro jekt von KiZ - Kids<br />

im Zentrum, der Erziehungs- und Familien bera tungs stel le „balance“, und des<br />

SkF (Sozialdienst katholischer Frauen) Kinder und ihre Familien in die ser<br />

schwie rigen Situation. (siehe hierzu auch Seite 10).<br />

KiZ-Mitarbeiterin Dipl. Psych. Lea Sliwak bringt seit diesem Jahr als Ko or -<br />

di natorin des Projektes im Rhein-Kreis Neuss die Sicht der betroffenen Kin -<br />

der und Eltern in den Fokus, indem sie die Familien, die Fachleute und die Öffentlichkeit<br />

informiert. Sie macht es sich zur Aufgabe, die Einrichtungen der<br />

Jugendhilfe und Gesundheitsdienste im Rhein-Kreis Neuss zu vernetzen und<br />

Strukturen der Zusammenarbeit zu entwickeln und zu etablieren.<br />

Als sehr erfolgreiches Ergebnis dieser bisherigen Zusammenarbeit und gemeinsam<br />

durchgeführten Öffentlichkeitsarbeit wertet KiZ die Teilnahme von<br />

16 Kindern im Alter von sechs bis 16 Jahren, die sich schon fest in <strong>das</strong> Grup -<br />

pen geschehen integriert haben, sowie zahlreiche weitere Anfragen. Es zeichnete<br />

sich damit bereits innerhalb des ersten Projektdrittels ein höherer Bedarf<br />

als erwartet ab.<br />

Fachstelle Glücksspielsucht<br />

Zentrum <strong>für</strong> Prävention und Information<br />

Der deutsche Glücksspielmarkt entwickelt derzeit eine ganz eigene Dy -<br />

na mik. Den Kräften, die den Schutz der Bevölkerung vor den negativen<br />

Folgen von Glücksspielen hin zu einer Suchtentwicklung in den<br />

Mit telpunkt stellen, stehen Industrie-Interessen gegenüber. Diesen Inter essen -<br />

kon flikt versuchte die Politik nach Auftrag durch <strong>das</strong> Bundesverfassungs ge -<br />

richt zu lösen. Eine Neuregelung war notwendig geworden, nachdem <strong>das</strong> Ge -<br />

richt 2006 den mangelnden Spielerschutz moniert hatte, weil <strong>das</strong> Spiel hal len -<br />

glücks spiel nicht einbezogen war. Das Ergebnis: eine Öffnung des Marktes<br />

<strong>für</strong> Sportwetten <strong>für</strong> 20 Anbieter in Deutschland. Sportwetten und Lotto können<br />

nun erstmals legal im Internet gespielt werden. Internetglücksspiele wie<br />

Po ker oder Roulette bleiben weiterhin verboten.<br />

Die Fachstelle Glücksspielsucht be<strong>für</strong>chtet, <strong>das</strong>s diese Entwicklung nur ein<br />

erster Schritt in Richtung einer weiteren Marktliberalisierung ist. Im nächsten<br />

Jahr werden bis zu 13 Milliarden Euro Umsatz auf dem Sportwettenmarkt erwartet.<br />

Fazit: Die Zahl der abhängigen Glücksspieler wird steigen!<br />

Die Landesregierung erließ ein Ausführungsgesetz zum Glücks spiel staats ver -<br />

trag, <strong>das</strong> erstmals zwar <strong>das</strong> gewerbliche Auto ma ten glücks spiel mit einbezog,


<strong>Suchtkrankenhilfe</strong> 75<br />

jedoch den Spielerschutz nicht ausreichend berücksichtigt. So gibt es nach<br />

wie vor keine Sperrmög lich keit <strong>für</strong> Spielhallenspieler. Das ist umso unverständlicher,<br />

da es mitt lerweile 235.750 Geldspielgeräte in Deutschland gibt.<br />

Al lein in NRW stieg die Zahl der Geldspielgeräte in Spielhallen von 2000 bis<br />

zum Jahr 2012 von 17.459 Geräten auf rund 45.000.<br />

Dies spiegelt sich auch in den Umsatzzahlen. Insgesamt wurden in Deutsch -<br />

land in 2010 auf dem Glücksspielmarkt 31,51 Mil li ar den Euro umgesetzt. Die<br />

staatlichen Einnahmen aus Glücks spie len liegen bei rund 3,4 Mil li ar den Euro.<br />

Beratung und Behandlung in der Fachstelle Glücksspielsucht<br />

Insgesamt beriet und behandelte die Fachstelle Glücksspielsucht 302 Men -<br />

schen mit einer Glücksspielsucht oder deren Ange hö rige. Die Mitarbeiter registrierten<br />

eine spürbare Zunahme der Beratungsanfragen sehr jun ger Glücks -<br />

spie lerInnen, vor allem im Alter zwischen 17 und 23 Jahren. Auch hier liegt<br />

die Abhängigkeit von ge werblichen Glücks spielautomaten zahlenmäßig deutlich<br />

vorne. Sport wetten und Poker sind die in dieser Alters grup pe ebenfalls<br />

häufig genannten Glücks spielmedien. Jugendliche haben in der Regel keine<br />

Er fahrungen mit Glücks spielen, sie sind neugierig, risikobereit und damit<br />

emp fänglich <strong>für</strong> die Werbestrategien der Glücksspiel automa ten in dus trie, die<br />

mit kostenlosen Getränken, Snacks und sehr per sönlicher An spra -<br />

che um die Anfänger im Glücksspiel werben.<br />

Allein im Rhein-Kreis Neuss erhöhte sich die Anzahl der Au to ma -<br />

ten in Spiel hallen in den letzten zwölf Jahren von 407 auf 730 Ge -<br />

rä te. Dabei blieb die An zahl der Spielhallen (36) gleich. Die Hal -<br />

len mutieren zu großen En tertainmentcentern, die mit ihrem Kun -<br />

den service einen besonderen Reiz auf Jugendliche ausüben. Um<br />

ge rade junge Menschen zu erreichen, bedarf es zeitgemäßer Zu -<br />

gangs wege in die Hilfesysteme.<br />

Online-Hilfe via E-Mail, interaktivem Forum, Chatberatung<br />

Eine wachsende Zahl von Hilfesuchenden nimmt via E-Mail<br />

Kontakt zur Be ra tungsstelle auf. Die Fachstelle Glücksspielsucht<br />

sowie die stoffgebundene Sucht hilfe bieten gemeinsam mit dem<br />

<strong>Diözesan</strong>-<strong>Caritasverband</strong> in Köln ein ano nymes, ortsbezogenes<br />

Onlineberatungsangebot an. Unter der Adresse www.beratungcaritasnet.de<br />

werden alle Fragen rund um <strong>das</strong> Thema Glücks -<br />

spielsucht innerhalb von 24 Stunden beantwortet. Die On li ne be ra -<br />

tung bietet ei nen schnellen Zugang zum Hilfesystem und ergänzt<br />

die persönliche Be ra tung von Betroffenen und Angehörigen.<br />

Die Anonymität senkt die Hemmschwellen, erstmalig Kontakt<br />

zum Hil fe sys tem aufzunehmen, deutlich. Die Erfahrungen aus der<br />

Pra xis zeigen, <strong>das</strong>s die emo tionale Intensität der Pro blembe -<br />

schrei bungen durch die Anonymität der Beratung im Internet<br />

nicht leidet. Vielmehr ermöglicht erst die Anonymität die ses Me -<br />

di ums vielen Hil fe su chen den, <strong>für</strong> sie schambesetzte Themen und<br />

Immer mehr<br />

Automaten im<br />

Rhein-Kreis Neuss


76 <strong>Suchtkrankenhilfe</strong><br />

Forum als<br />

Plattform <strong>für</strong><br />

den Austausch<br />

www.spielsucht.net<br />

Lebensumstände<br />

festigen<br />

Der Weg in die<br />

Sucht fängt<br />

harmlos an<br />

Pro blembereiche zu nennen. Ziel ist es, die Hilfesuchenden langfristig zu einer<br />

persönlichen Beratung zu motivieren.<br />

Das interaktive Forum der Fachstelle Glücksspielsucht<br />

Das interaktive Forum der Fachstelle Glücksspielsucht wurde 2012 erfolgreich<br />

überarbeitet. Die Nutzer hatten zuvor den Wunsch nach einer Verän de -<br />

rung im Fo rum und einer stärkeren Moderation bzw. Beteiligung der Mit ar -<br />

bei ter der Fach stelle geäußert. Daraufhin wurden konkrete Verbesserungs ide -<br />

en bei den Usern erfragt und im Fachstellenteam entwickelt. Die Vorschläge<br />

wurden im November unter Einbindung der Fachstellenmitarbei ter umgesetzt.<br />

Ergebnis ist unter anderem eine strukturelle Veränderung der Forum ru -<br />

bri ken.<br />

Die Folge war eine deutlich stärkere Beteiligung der User, die sich wieder in<br />

einem regen, konstruktiven Austausch befinden. Wichtig <strong>für</strong> diese positive<br />

Entwicklung war vor <strong>das</strong> Anregen von Diskussionen durch die Fach stel -<br />

lenmitarbeiter, beispielsweise durch die neue Rubrik „Thema des Monats“.<br />

Die Entwicklung zeigt, <strong>das</strong>s der Bedarf nach einem interaktiven, fachlich moderierten<br />

Forum weiterhin hoch ist, aber gleichzeitig einen angemessenen<br />

Rah men und entsprechende personelle Ressourcen <strong>für</strong> einen gelingenden<br />

Aus tausch erfordert.<br />

Auf der Homepage der Fachstelle Glücksspielsucht www.spielsucht.net finden<br />

Interessenten auch ein Chatangebot zum Thema.<br />

Eingliederungshilfen<br />

Die stationären und ambulanten Angebote der Eingliederungshilfe richten<br />

sich an suchtkranke Menschen, die ihre Lebenssituation mit professioneller<br />

Hilfe verändern wollen. Ziel ist es, sich entweder durch<br />

einen an den individuellen Hilfebedarf angepassten Aufenthalt im stationären<br />

Be reich des „Hauses am Stadtpark“ und der Außenwohngruppe zu stabilisieren<br />

oder seine Lebensumstände in der eigenen Wohnung zu festigen.<br />

So wie bei vielen Betroffenen fing der Weg <strong>für</strong> Martin R. in die Sucht harmlos<br />

an. „In der Pubertät habe ich mit meinen Kumpels aus dem Sportverein<br />

<strong>das</strong> erste Bier getrunken. Ich wollte mich gegenüber den Älteren beweisen“.<br />

Es folgten in den nächsten Jahren auch Erfahrungen mit illegalen Drogen. Mit<br />

Anfang Zwanzig war er alkohol- und drogenabhängig, zudem erkrankte R. an<br />

einer Psychose. Am Ende standen Arbeits- und Wohnungslosigkeit und der<br />

Abbruch sämtlicher tragfähiger Kontakte. „Meine Eltern wollten nichts mehr<br />

mit mir zu tun haben. Ich stand vor dem Nichts.“<br />

Im Anschluss an eine stationäre Therapie bewarb sich Martin R. um einen<br />

Platz im „Haus am Stadtpark“, da er sich ein eigenständiges Wohnen nicht zutraute.<br />

Hier fand er die notwendige fachliche Unterstützung, um langfristig


<strong>Suchtkrankenhilfe</strong> 77<br />

suchtmittelfrei zu leben. Durch Hilfestellungen bei der Tagesstrukturierung,<br />

dem (Wieder-)Aufbau sozialer Kontakte, dem Erhalt der Gesundheit, einer<br />

befriedigenden Freizeitgestaltung, der beruflichen Wiedereingliederung, der<br />

Regelung von Strafsachen und der Schuldenregulierung sowie behördlicher<br />

Angelegenheiten erarbeitete er sich<br />

eine stabile Basis, um in die Außen -<br />

wohn gruppe auf der Kapitelstraße<br />

zu ziehen.<br />

Hier organisieren die Bewohner/innen<br />

ihren Tagesablauf weitgehend<br />

selbstständig. Zum Großteil sind sie<br />

bereits in unterschiedlichen Ar -<br />

beits projekten oder in einem beschützten<br />

Arbeitsverhältnis beschäftigt,<br />

z.B. den Gemeinnützigen<br />

Werkstätten. Begleitet wird ihr All -<br />

tag von zwei Sozialarbeitern. Re -<br />

gel mäßige Alkohol- und Drogen -<br />

kon trollen werden weiterhin durch-<br />

Selbstständiges Wohnen ist <strong>das</strong> Ziel im Haus geführt, um die Abstinenz der<br />

am Stadtpark und in der Au ßen wohn gruppe.<br />

Grup penmitglieder sicherzustellen.<br />

Mit Abschluss seiner beruflichen<br />

Re habilitation und der Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis bei den<br />

Gemeinnützigen Werkstätten Neuss zog Mar tin R. in eins der zusätzlich eingerichteten<br />

(Probe-)Appartements der Au ßen wohngruppe.<br />

Im Rahmen des zeitlich befristeten Einzelwohnens trainieren die Klienten die<br />

selbstständige Bewältigung von Alltagsanforderungen, um ihren Auszug in<br />

eine eigene Wohnung vorzubereiten. Der Sozialdienst wirkt bei der Woh -<br />

nungs suche mit und bietet Unterstützung bei den erforderlichen Be hör den an -<br />

gele gen hei ten sowie Renovierungs- und Umzugsarbeiten.<br />

Herr R. war in der Lage, innerhalb eines halben Jahres seine eigene Wohnung<br />

zu beziehen. Zusätzlich hat er sich zu einer anschließenden Begleitung durch<br />

<strong>das</strong> ambulant Betreute Wohnen entschlossen.<br />

Umfang und Inhalt des ambulant Betreuten Wohnens werden durch den Hil -<br />

fe bedarf und die Wünsche des Betroffenen bestimmt. Der Schwerpunkt der<br />

Zu sammenarbeit liegt auf allen Maßnahmen, die dem Erhalt des selbstständigen<br />

Wohnens dienen. Das Angebot können alle Interessenten kreisweit nutzen.<br />

Die erforderliche professionelle Hilfe des ambulant Betreuten Woh nens<br />

wird in der Regel über Fachleistungsstunden durch den Landschafts ver band<br />

fi nanziert.<br />

Martin R. fasst seine Erfahrungen zusammen: „Auf meinem Weg ins normale<br />

Leben gibt es immer wieder neue Herausforderungen. So weiß ich, wen ich<br />

bei eventuellen Problemen ansprechen kann, um nicht wieder zu trinken.“<br />

Lernen, den Tagesablauf<br />

selbst zu<br />

organisieren<br />

Alltagsanforderungen<br />

trainieren

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