ÜBerBlick AusBlick einBlick - Deutsche Börse AG
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2/10 5 Euro<br />
Business Journal <strong>Deutsche</strong> <strong>Börse</strong> Group<br />
Tradition<br />
<strong>einBlick</strong><br />
Zu Gast in Englands<br />
kriselnden Pubs<br />
<strong>ÜBerBlick</strong><br />
425 Jahre – die Chronik<br />
der <strong>Deutsche</strong> <strong>Börse</strong> Group<br />
<strong>AusBlick</strong><br />
CEO Reto Francioni<br />
im Interview
www.rado.com CERAMICA CHRONOGRAPH
Titelfoto: Historisches Museum Frankfurt am Main; Bert Bostelmann, Roger Hutchings, dpa/picture-alliance 1585<br />
TradiTion<br />
28<br />
12<br />
18<br />
Inhalt 03<br />
04 nEWS/IMprESSuM<br />
06 Spot on Kredit gegen Käse: In der Emilia Romagna<br />
gilt Parmesan traditionell als beste Sicherheit.<br />
08 WErtarBEIt Made in Solingen, mit Opas<br />
traditioneller Technik: Wie die Messermanufaktur<br />
Güde überlebte – und zur Edelschmiede aufstieg.<br />
12<br />
interview 425 Jahre <strong>Deutsche</strong> <strong>Börse</strong> –<br />
CEO Reto Francioni über ihre reiche Vergangenheit,<br />
ihre Zukunftschancen – und ihre Tradition, sich<br />
ständig neu zu erfinden.<br />
plus: 1585–2010. Eine Zeitreise entlang der<br />
Meilensteine des <strong>Börse</strong>nplatzes Frankfurt.<br />
16 ESSay Wir sollten uns wieder auf alte Ideale<br />
besinnen, fordert Benediktiner-Chef Notker Wolf.<br />
18<br />
wirtschaftswesen Der Pub<br />
ist tot, es lebe der Pub: Englands Institution kriselt<br />
– doch einige clevere Wirte wecken neuen Durst.<br />
23 FotoStory Psychologische Tiefenschärfe per<br />
Plattenkamera: Thomas Struths Familienporträts.<br />
24 auF unD aB Wie Otis seit fast 160 Jahren den<br />
Aufzugoptimiert. Ein Unternehmensbesuch.<br />
28<br />
Brauchtum Massenkeilerei, Farbschlacht,<br />
Tempeltumult oder Wurstwettessen:<br />
Die bizarrsten Bräuche der Welt.<br />
32 GuIDE Mode, Mittelstand und Martini: Salvatore<br />
Capasso von der Banca IMI zeigt sein Mailand.<br />
34 nIcE to havE Das Beste kommt traditionell zum<br />
Schluss. Diesmal: Goldräder und Flügeltürer.<br />
EInE urkunDE, 425 JahrE GESchIchtE<br />
Das Cover dieser Ausgabe zeigt nicht irgendeine alte Handschrift – sondern unsere Geburtsurkunde: einen Ausschnitt des Versammlungsprotokolls der Frankfurter<br />
Messekaufleute vom 9. September 1585. An diesem Montag vor 425 Jahren einigen sich die Kaufleute erstmals auf einheitliche Wechselkurse. Ihre Versammlung ist<br />
somit der Beginn des <strong>Börse</strong>nhandels in Frankfurt und quasi die Keimzelle der heutigen Gruppe <strong>Deutsche</strong> <strong>Börse</strong>.<br />
Effiziente Märkte seit 1585: <strong>Deutsche</strong> <strong>Börse</strong> Group
04 news<br />
ach Golde drängt, am Golde hängt doch<br />
alles“ – nie war Goethes Vers aus „Faust“<br />
aktueller. Nur Gretchens Nachsatz kann ad acta:<br />
„Ach wir Armen!“ Davon kann nun wirklich<br />
keine Rede mehr sein: Der Preis einer Feinunze<br />
ist seit 2001 kontinuierlich gestiegen und hat<br />
sich seitdem nahezu verdreifacht. Euro-Krise<br />
dynamischer Teenie<br />
Gold to go<br />
N<br />
Überholt: Anleger kaufen mehr Gold als Juweliere<br />
Entwicklung von Investment- und Schmucknachfrage nach Gold<br />
von 2002 bis 2009, in Tonnen<br />
520<br />
Investmentnachfrage<br />
2.680<br />
3 39<br />
2002<br />
1021<br />
2.478<br />
133<br />
339<br />
2.611<br />
208<br />
Anteil ETF* Schmucknachfrage<br />
874<br />
2.707<br />
260<br />
830<br />
2.285<br />
2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009<br />
* mit physischem Gold besicherte Wertpapiere.<br />
Quellen: World Gold Council, GFMS, WirtschaftsWoche<br />
253<br />
605<br />
und Inflationsangst treiben den Preis weiter –<br />
Gold ist auf dem besten Weg, wieder das zu<br />
werden, was es Jahrtausende lang war: das traditionelle<br />
Zahlungsmittel schlechthin. Zum Beweis<br />
genügt ein Blick ins Foyer des Fünfsterne-<br />
Hotels Emirates Palace in Abu Dhabi: Dort steht<br />
seit Mai kein neuer Geld-, sondern ein Gold-to-<br />
2.405<br />
891<br />
2.187<br />
321 595<br />
Wann beginnt eine Tradition? Das können nur Historikerkongresse<br />
mit Sicherheit beantworten. Zehn Erfolgsjahre sind aber sicher ein<br />
gutes Indiz: Am 11. April 2000 begann eine Anlage-Ära, an<br />
diesem Tag startete mit dem XTF-Segment der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Börse</strong><br />
die erste europäische Handelsplattform für börsengehandelte Indexfonds (ETFs).<br />
Wenn auch zunächst bescheiden: Bis Ende des Jahres fließen „nur“ 400 Millionen Euro<br />
in die ETFs. Dann jedoch nimmt das neue Modell Fahrt auf und entpuppt sich schnell<br />
als Anlagemagnet: „Die Dynamik des Wachstums hat uns überrascht“, blickt<br />
Frank Gerstenschläger zurück, Kassamarkt-Vorstand der <strong>Deutsche</strong> <strong>Börse</strong> <strong>AG</strong>.<br />
Mehr als 120 Milliarden Euro beträgt das Vermögen, das heute in den ETFs des<br />
XTF-Segments steckt – womit es mit Abstand europäischer Marktführer ist. Und aus<br />
anfänglich zwei notierten Fonds sind mehr als 600 geworden. Das entspricht dem allgemeinen<br />
Trend: Die Nachfrage nach ETFs steigt kontinuierlich, gerade weil sie eine<br />
auch für Privatanleger transparente, nachvollziehbare und relativ günstige Investitionsmöglichkeit<br />
bieten. Allein 2009 ist der europäische ETF-Markt um 42 Prozent gestiegen,<br />
Ende des Jahres hatten Anleger europaweit rund 150 Milliarden Euro in ETFs investiert.<br />
Trotzdem bleibt weiter Luft nach oben – siehe USA: ETFs werden hier schon<br />
seit 1993 gehandelt und entwickelten sich zu einem Markt von umgerechnet rund 500<br />
Milliarden Euro. Und: „Das Wachstum des Segments hat sich etwa ab dem zehnten<br />
Jahr deutlich beschleunigt“, betont Gerstenschläger.<br />
1.775<br />
1.747<br />
go-Automat. Das gelbe Edelmetall gibt’s als Barren<br />
zu einem, fünf oder zehn Gramm, als Plättchen<br />
zu einer Unze oder in Form von bewährten<br />
Münzen wie dem Krügerrand. Der Preis wird<br />
anhand des aktuellen Wertes am Goldmarkt<br />
regelmäßig neu berechnet. Bald sollen die ersten<br />
Automaten auch in Europa folgen.<br />
Abgehängt: Gold ist das bessere Geld<br />
Wertentwicklung von Papierwährungen im Vergleich zu Gold von 1900<br />
bis 2010 (indexiert)<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Euro (DM vor 1999)* Yen Pfund Sterling US-Dollar Gold<br />
1900<br />
1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000<br />
* Die Kurslücken bei der Euro-/DM-Linie sind auf die Hyperinflation von 1922 und den<br />
Zusammenbruch der Wirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg zurückzuführen.<br />
Quellen: World Gold Council, US Geological Survey, WirtschaftsWoche
Fotos: <strong>Deutsche</strong> <strong>Börse</strong> <strong>AG</strong>, Johner/Plainpicture, Archiv Friedrich/Interfoto, TipKick<br />
ERSTER!<br />
Benjamin Franklin hat den Blitzableiter, die<br />
Glasharmonika und die Bifokalbrille erfunden,<br />
den Golfstrom erforscht, einen Verlag geleitet<br />
und, ach ja, ganz nebenbei die Unabhängigkeitserklärung<br />
der Vereinigten Staaten mitgeprägt.<br />
Passt schon, dass so jemand den Traditionssatz<br />
schlechthin aller Hansdampfe geprägt<br />
hat: „Zeit ist Geld“ – bereits 1748 war das, in<br />
seinem Buch „Advice to young Tradesmen“.<br />
Die Erkenntnis gilt natürlich noch heute.<br />
Deshalb empfiehlt „1585“ ganz im Geiste Franklins<br />
allen – und nicht nur den jungen – Händlern<br />
den neuen Algo-News-Feed der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Börse</strong>:<br />
AlphaFlash ist der weltweit schnellste Datenstrom<br />
für maschinenlesbare, handelsrelevante<br />
Veröffentlichungen und liefert mehr als 150 makroökonomische<br />
Indikatoren wie zum<br />
Beispiel Zentralbankentscheidungen,<br />
Beschäftigungszahlen, Verbraucherpreisindizes<br />
oder Bruttoinlandspro-<br />
1585 AUSGABE 2/10<br />
duktveröffentlichungen aus den USA, Kanada<br />
und Europa. Im Laufe dieses Jahres werden sukzessive<br />
auch die Daten und Informationen aus<br />
verschiedenen Ländern Asiens hinzukommen.<br />
Das Rechenfutter für die Algorithmen, mit<br />
deren Hilfe Marktteilnehmer ihre Handelsentscheidungen<br />
treffen, nutzt das Hochgeschwindigkeitsnetzwerk<br />
der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Börse</strong> und ist<br />
gezielt auf die Bedürfnisse von Algo-Tradern bei<br />
Hedge-Fonds und anderen Finanzinstituten zugeschnitten.<br />
AlphaFlash ist die erste Gemeinschaftsproduktion<br />
der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Börse</strong> mit den<br />
beiden US-Nachrichtenagenturen Need to Know<br />
News (NTKN) sowie Market News International<br />
(MNI), die beide selbst Gesellschaften der Gruppe<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Börse</strong> sind. Ihr gemeinsamer News-<br />
Feed AlphaFlash „kombiniert optimal die Stärken<br />
aller Entwicklungspartner“, sagt Georg<br />
Groß, Head of Front Office Data & Analytics der<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Börse</strong> <strong>AG</strong>.<br />
Frau des Anstoßes<br />
Heilig’s Blechle, eine der letzten traditionellen Männerdomänen fällt: Erstmals in 85<br />
Jahren Existenz bringt die schwäbische Edwin Mieg OHG, Herstellerin des Kultspiels<br />
Tipp-Kick, weibliche Spielfiguren auf den Markt. Und schon wird heftigst diskutiert:<br />
Dürfen die das? Der Tipp-Kick-Verband mag die Mädels in seinen Ligen, in denen<br />
unter 800 Männern nur ein Dutzend Frauen antritt, vorerst jedenfalls nicht mitspielen<br />
lassen. Die gusseisernen Damen mit dem Knopf im Kopf seien „im Brustbereich<br />
wohl doch etwas breiter“ und nähmen somit „im Abwehrbereich mehr<br />
Fläche“ ein. Ganz klar, ein unfairer Wettbewerbsvorteil! Dabei hatte Mieg<br />
mit Blick auf unverbesserliche Machos doch bewusst auf allzu betonte<br />
Kurven beim Design der Kickerinnen verzichtet.<br />
o-ton<br />
news 05<br />
„Tradition ist eine<br />
Laterne, der Dumme<br />
hält sich an ihr fest,<br />
dem Klugen leuchtet<br />
sie den weg.“<br />
George Bernard shaw (1856–1950),<br />
irischer schriftsteller<br />
Lieblink<br />
www.newzealand.com<br />
travel/app_templates/haka<br />
nur noch wenige Minuten bis zum alles<br />
entscheidenden Termin beim Vorstand oder<br />
Kunden? Höchste Zeit, sich perfekt einzustimmen:<br />
Mit dem Haka, dem traditionellen<br />
Kampf- und Ritualtanz der Maori. Mit dieser<br />
Masche haben es die „All Blacks“ immerhin<br />
zum weltweit erfolgreichsten Rugby-Team<br />
gebracht: neuseelands nationalmannschaft<br />
motiviert sich mit ihm bereits seit 1884.<br />
wie es geht, lernen sie auf dieser website<br />
(Lautstärkeregler bitte auf Maximum).<br />
IMpRessuM<br />
Herausgeber: <strong>Deutsche</strong> <strong>Börse</strong> <strong>AG</strong>, Neue <strong>Börse</strong>nstraße 1, 60487 Frankfurt am Main, Internet: www.deutsche-boerse.com, E-Mail: 1585@deutsche-boerse.com<br />
Chefredaktion Gruppe <strong>Deutsche</strong> <strong>Börse</strong>: Ulrich Meißner (V.i.S.d.P.), Andreas von Brevern, Ralph Kühn Verlag: corps. Corporate Publishing Services GmbH, Kasernenstraße 69,<br />
40213 Düsseldorf Geschäftsführung corps: Holger Löwe, Wilfried Lülsdorf Redaktion: (Ltg.) Florian Flicke und Christian Pietschner; Frank Burger, Steffan Heuer,<br />
Ulrike Sauer, Olaf Storbeck Objektleitung: Jan Leiskau Anzeigenleitung: Ralf Zawatzky, E-Mail: anzeigen@corps-verlag.de<br />
Artdirection: formwechsel.de Bildredaktion: Sabine Schmidt Druck: Buersche Druckerei Neufang KG, Gelsenkirchen Repro: TiMe GmbH Bestellnummer: 1000-3048<br />
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Verwendung nur mit Genehmigung. ©2010 Gruppe <strong>Deutsche</strong> <strong>Börse</strong>
H<br />
GELD<br />
STINKT<br />
NICHT?<br />
Die Regionalbank Credito Emiliano im<br />
italienischen Reggio Emilia hat eine feine Nase<br />
für erstklassige Sicherheiten:<br />
Seit Jahrzehnten vergibt sie Kredit gegen Käse.<br />
ier ruht seine Majestät, Italiens unangefochtener<br />
Käsekönig, der Parmesan: Hunderttausende strohgelber<br />
Käseräder stapeln sich bis in zehn Meter Höhe auf<br />
Holzregalen in den Lagerstätten der börsennotierten<br />
Bankholding Credito Emiliano (Credem) – kein Banktresor<br />
weltweit dürfte besser duften. 24 Monate reifen die<br />
40 Kilo schweren Laiber hier als Pfand und in der Obhut<br />
der Bank, die den Herstellern im Gegenzug einen günstigen<br />
Zinssatz gewährt.<br />
Dank der Werthaltigkeit des begehrten Käse-Kulturguts<br />
ist das Geschäft ohne Risiko: Schon die Gesandten<br />
der See- und Handelsrepublik Venedig reichten die matt<br />
glänzenden Laibe einst dem Sultan als prestigereiche<br />
Gabe. Parmas Bourbonenherzöge führten den feinkörnigen<br />
Parmesan in Paris bei Hofe ein. Auch bei den Berliner<br />
Hohenzollern stand seine milde Würze hoch im Kurs –<br />
Friedrich der Große war ganz verrückt nach Parmesan.<br />
Seine Ursprünge verfolgen die Käser im reichen Herkunftsgebiet<br />
zwischen Parma und Modena bis ins 12. Jahrhundert<br />
zurück.<br />
Sogar die Parmesanreifung im Banktresor hat in der<br />
genussfreudigen Emilia Romagna Tradition. Echte Werte<br />
zählen bei der vor genau 100 Jahren gegründeten Credem<br />
seit langem. In den Nachkriegsjahren galt es, der Landwirtschaft<br />
wieder auf die Beine zu helfen. Und so deponierte<br />
die Bank 1953 in ihren Lagern erstmals Parmesan<br />
als Sicherheit zur Finanzierung von Aufbauhilfen. Inzwischen<br />
kletterte der Wert der streng reglementierten<br />
Parmesanproduktion in der Region auf jährlich 840 Millionen<br />
Euro.<br />
Erfunden hat das Institut das Geldgeschäft mit dem<br />
Parmesan jedoch nicht. „Parmesan wurde schon im Mittelalter<br />
für Finanzoperationen eingesetzt“, sagt Leo Bertozzi<br />
vom Produzentenkonsortium des Parmigiano-Reggiano.<br />
Kein Wunder, das Gourmetprodukt mit dem edlen<br />
Stammbaum taugt einfach als Garantie: Jeder Laib ist über<br />
300 Euro wert. „Immerhin stecken in jedem Rad 550 Liter<br />
Milch drin. Außerdem macht der zweijährige Reifeprozess<br />
eine Überbrückungsfi nanzierung erforderlich“,<br />
erklärt Bertozzi.<br />
Während der jüngsten Finanzkrise fl orierte die kuriose<br />
Kreditpraxis besonders. Sie hielt die vom Preisverfall<br />
gebeutelten Käser auf der rechten Seite des Po liquide. Die<br />
Credem stockte die Parmesanlagerung in ihrem Sicherheitsdepot<br />
vergangenes Jahr sogar um ein Zehntel auf.<br />
Jetzt ist Platz für 440.000 Laibe mit einem Gesamtwert<br />
von rund 130 Millionen Euro. „Wir gewährleisten eine<br />
optimale Käsereifung“, sagt William Bizzari, Generaldirektor<br />
der hundertprozentigen Credem-Tochter Magazzini<br />
Generali delle Tagliate. Auf neuestem Stand ist jedoch<br />
nicht nur die ausgeklügelte Klima-, sondern auch<br />
die Sicherheitstechnik inklusive Videoüberwachung<br />
rund um die Uhr. Schließlich hatten Tresorknacker sich<br />
erst letztes Jahr ins Depot gegraben und waren mit 570<br />
Laiben verschwunden. Die Polizei konnte die Bankräuber<br />
samt ihrer Beute jedoch schnell stellen.
Foto: DaveYoder/AuroraPhotos/AvenueImages<br />
1585 AUSGABE 2/10<br />
spot on 07
08<br />
wertarbeit<br />
Die eliteschmieDe<br />
Mit Großvaters Produktionstechnik im globalisierten Messermarkt punkten zu wollen,<br />
klingt abenteuerlich. Doch genau diese aus der Not geborene Strategie brachte der<br />
Messermanufaktur Güde den Erfolg. Besonders Spitzen- und ambitionierte Hobbyköche<br />
setzen auf die Edelklingen aus Solingen.
G<br />
ehörschutz, Stirnband, Schutzbrille – vom<br />
Schmied ist nicht viel zu sehen. Öffnet er<br />
die Metallklappe des Ofens neben ihm, leuchtet<br />
sein Gesicht kurz im Licht des Feuers auf. Mit<br />
einer langen Zange greift der Arbeiter eines der<br />
orangeroten Spaltstücke und legt es behände in die<br />
Gesenkform. Eine Sekunde später verrichtet der<br />
Riemenfallhammer über ihm sein Werk. Zweieinhalb<br />
Tonnen rasen im freien Fall auf glühenden<br />
Stahl hernieder und bringen ihn in Form. Der<br />
Boden bebt. Wäre das 30-Tonnen-Gewerk nicht<br />
im Keller auf Federn gelagert, es würde sich selbst<br />
in Grund und Boden rammen. Trotz Hightech, ein<br />
altertümlich anmutendes Procedere. So archaisch<br />
und zugleich hoch entwickelt wie das Produkt, das<br />
es formt: ein Messer aus „Stahl 1.4116“. Qualität<br />
von Weltruf. Made in Solingen.<br />
Nur 50 Firmen überlebten<br />
Deutschlands Messerstadt Nummer eins beheimatete<br />
einst 550 Betriebe des Schneidwarenhandwerks.<br />
Heute existieren nur noch etwa 50. „In der<br />
Blütezeit arbeitete jeder vierte Solinger in der<br />
Branche. Heute ist es nur noch jeder 20ste“, sagt<br />
Peter Born, Chef der Messermanufaktur Güde.<br />
Der Niedergang der Branche ist in Solingen allgegenwärtig:<br />
Die Scheiben der ehemals stolzen Jagdmesserfabrik<br />
Othello sind eingeschlagen, der imposante<br />
Backsteinbau des früheren Delta-Werks<br />
wird seit langem fremdgenutzt. Statt 500 Angestellten<br />
arbeiten bei Abraham Herder bloß noch 15.<br />
Und die Maschinen und Werkzeuge der Besteckfabrik<br />
Kierdorf gingen komplett nach China.<br />
Jedes dieser Unternehmen gehörte früher zu den<br />
größeren am Ort. Die Messermanufaktur Güde<br />
zählte nie dazu. Eine Produktionsstraße oder Automatisierung<br />
konnte sich der Betrieb zu keiner Zeit<br />
leisten. Es war der Mangel an Mitteln für die Modernisierung,<br />
die Güde hat überleben lassen. Die<br />
Not erwies sich als Tugend. „Unsere Messer stellen<br />
wir genauso her, wie es einst mein Großvater Franz<br />
tat“, sagt Born. Die Klingen werden geschmiedet,<br />
nicht gestanzt. In Handarbeit, aus einem Stück.<br />
Küchenchefs und die wachsende Zahl von Hobbyköchen<br />
schätzen die schweren und wohl ausbalancierten<br />
Messer des Unternehmens – und bezahlen<br />
den entsprechenden Preis.<br />
Das Konzept funktioniert international. Rund<br />
35 Prozent der Produktion gehen in die USA.<br />
1585 AUSGABE 2/10<br />
80 Prozent der Kunden sind Männer. Die jedoch<br />
kaufen nicht einfach ein Messer, sondern ein<br />
Küchenwerkzeug. „Der Kochboom und die neue<br />
Popularität von Wertarbeit und traditionellem<br />
Handwerk haben uns in einer Premiumnische<br />
überleben lassen“, sagt Born. Sorge bereiten ihm<br />
momentan jedoch der schwache US-Dollar und<br />
die zunehmende Kaufzurückhaltung von Amerikanern<br />
aus der oberen Mittelschicht.<br />
weder spröde noch weich<br />
Die perfekte Balance zwischen Stabilität und Elastizität<br />
erlangen die Messerrohlinge von Güde<br />
durch mehrfaches Weichglühen, Heißhärten, Eishärten<br />
und dem sogenannten Anlassen, dem Erhitzen<br />
und wieder Abkühlen bei Temperaturen<br />
zwischen plus 1.050 und minus 80 Grad Celsius.<br />
wertarbeit 09<br />
Hand- und augenarbeit: Güde setzt auf Qualität – und verlässt sich<br />
lieber auf das gute Auge der Mitarbeiter als auf moderne Messtechnik.<br />
„JeDes messer ist<br />
anDers, JeDes<br />
einzelne eine<br />
herausforDerung.“
10<br />
wertarbeit<br />
Weder spröde noch weich darf eine Klinge sein,<br />
sonst bricht oder verbiegt sie unter Druck. Dafür<br />
sorgt das Wechselbad zwischen ölgefüllten Abkühlbottichen,<br />
brütenden Öfen und frostigen<br />
Auskühlboxen.<br />
Später landet das vom Schmieden schwarzgrau<br />
gefärbte Material in Metallkisten gestapelt bei<br />
Friedhelm Wörder. Der bedient bei Güde den Messerblattschleifer.<br />
Beim Grobschleifen trägt er zunächst<br />
einen halben Millimeter Material in einem<br />
Rutsch ab. Zu sehen ist nicht viel. Unter einer<br />
Schutzhaube aus Plastik rotiert, angetrieben von<br />
einem 60-PS-Motor, der Schleifstein mit rund 100<br />
Stundenkilometern an der Klinge entlang.<br />
60 Schritte für jedes Messer<br />
Mit geschultem Blick über die Brille fixiert Wörder<br />
die Klinge, um seine Arbeit zu prüfen. „Passt.“<br />
Noch weist das Material tiefe Riefen auf. Die eliminiert<br />
der 52-Jährige beim Feinschliff, „Blaupliesten“<br />
genannt, weil die feine Oberfläche nachher<br />
im Licht blau schimmert. Die Riefen sind weg,<br />
die Poren geschlossen, die Klingen nun rostfrei.<br />
„Jedes Messer ist anders, jedes einzelne eine Herausforderung“,<br />
sagt Wörder, der seit 1971 im Betrieb<br />
arbeitet.<br />
Bei Güde durchläuft ein Koch- oder Küchenmesser<br />
bis zu 60 Arbeitsschritte. Auf Holzschemeln<br />
sitzen die Schleifer vor ihren grün lackierten<br />
Maschinen. Der steinerne Boden ist blank getreten<br />
wie die Treppen eines alten Kirchturms. Unter der<br />
Decke münden die Absaugrohre der Maschinen<br />
neben den dort auf Stangen gelagerten Schleifrädern.<br />
Die Motoren der 50er-Jahre-Geräte brummen.<br />
Schneidwarenschleifer Siegfried Talib greift<br />
in die große Kiste neben sich und hält den Griff<br />
eines Messers ans rotierende Schleifband. Der Ton<br />
ähnelt dem eines Zahnarztbohrers. „Ausmachen“<br />
heißt dieser Arbeitsschritt. Immer feiner werden<br />
die Bänder, die Siegfried Talib wählt, um dem Metall<br />
zu Glanz und Glätte zu verhelfen.<br />
Jeder Mensch nutzt täglich ein Messer, ganz wie<br />
unsere Vorfahren in allen Epochen: Kaum jemand<br />
macht sich bewusst, dass es der einzige Gegenstand<br />
ist, den wir von unseren prähistorischen<br />
Ahnen übernommen haben, ohne seine Grundstruktur<br />
im Wesentlichen zu verändern. Dieses<br />
Allzweckwerkzeug diente einst ebenso effizient<br />
der Verteidigung gegen wilde Tiere, wie es heute<br />
helfen kann, eine kleine Notreparatur am Laptop<br />
zu bewerkstelligen.<br />
Das Steinzeitwerkzeug wandelte sich zum industriellen<br />
Massengut. „Messer aus China kaufen Sie<br />
heute für einen Euro. Sie sind allgegenwärtige Alltagsartikel,<br />
die wir völlig selbstverständlich nutzen,<br />
ohne uns Gedanken darüber zu machen,<br />
wie und wo sie gemacht wurden“, sagt Güde-Chef<br />
Born. Weil das so ist, darbt Solingens Schneidwarenindustrie.<br />
Halten konnte sich nur das Hochsegment.<br />
Kunden, die Qualität suchen, interessieren<br />
sich eben doch dafür, wie und wo ihre Messer<br />
gefertigt wurden, wie sie aussehen, wie sie sich<br />
anfühlen, wie sie in der Hand liegen.<br />
aus alten weinfässern werden neue Griffe<br />
Die Wahl folgt dem Wunsch, dem eigenen Leben<br />
Stil zu verleihen – auch in der Küche. Traditionelle<br />
Messergriffe aus Holz sind darum wieder ein großes<br />
Thema: Ein Werkstoff, so wertig wie funktional,<br />
so natürlich wie handwerklich traditionell<br />
bearbeitbar. Zudem wirkt es stets geschmackvoll<br />
und schmeichelt der Hand. In der Produktionshalle<br />
„unsere messer<br />
stellen wir<br />
genauso her,<br />
wie es einst<br />
mein grossvater<br />
franz tat.“<br />
Manufakturchef Peter Born
Fotos: Tillmann Franzen<br />
prüft Dirk Bever die zugeschnittenen Griffteile<br />
auf Risse und schleift die Kanten an, bis sich das<br />
Stück in sein Bett am Messergriff schmiegt. Petra<br />
Wörder befestigt das Holz später am mit Silikon<br />
bestrichenen Metall. Drei Nieten treibt sie durch<br />
das Werkstück. Die mittlere ziert ein Eiland mit<br />
drei Palmen, das Markenzeichen von Güde.<br />
„Holz passt perfekt in die Zeit. Es war ein Glücksgriff<br />
von uns, wieder Griffe aus diesem Material<br />
aufzulegen“, schwärmt Born. Dem Trend zum<br />
Mediterranen folgend, setzte Güde zunächst auf<br />
Olivenholz, später auf Birne, um nun 100 Jahre<br />
alte Rieslingfässer von der Mosel zu verarbeiten.<br />
Das begeistert auch Profis: Sterneköche und Gastronomen<br />
wie Alfons Schuhbeck sowie die Jeunes<br />
Restaurateurs, die Vereinigung Deutschlands junger<br />
Spitzenköche, kooperieren mit Güde.<br />
Im Verkaufsraum zeigt Peter Born das Programm,<br />
das er mit seinen 20 Mitarbeitern produziert. Das<br />
japanische Santoku, das chinesische Chai Dao oder<br />
seine Reminiszenz an die Handwerkskollegen des<br />
antiken Damaskus: Damaststahlmesser, deren<br />
Klingen nach vielfachen Faltungen durch 300 Lagen<br />
sowie kunstvolle Muster bestechen. 45 Zentimeter<br />
Messer belaufen sich in diesem Falle auf<br />
1585 AUSGABE 2/10<br />
3.500 Euro. Dafür erwirbt der Käufer aber auch ein<br />
Unikat, made in Solingen.<br />
einschneidende erfindungen<br />
Hinzu kommen Sondereditionen, die Born nach<br />
seinem Vater und Großvater benannt hat. Letzterer,<br />
Franz Güde, ist in der Branche eine Berühmt-<br />
heit: Niemand anders erfand 1931 den Wellenschliff,<br />
ohne den heute weltweit kein Brotmesser mehr<br />
auskommt. „Seine Idee war im Grunde die letzte<br />
wirkliche Innovation in der Messerfertigung“,<br />
betont Enkel Peter Born. Die einzige war es jedoch<br />
nicht: Der Firmengründer bewies, dass tradi-<br />
tionelle Handwerkskunst und Innovation sich<br />
keineswegs automatisch ausschließen – Franz<br />
Güde hielt eine ganze Reihe Patente, etwa für<br />
völlig neue Kreismesser von Brotschneide-<br />
maschinen. Profitieren konnte die Firma davon<br />
jedoch nicht: Während des Zweiten Weltkriegs<br />
waren die Patente nichts wert, danach waren sie<br />
abgelaufen.<br />
Geblieben ist der Stolz des Enkels auf den Großvater<br />
– Peter Born produziert im Wesentlichen<br />
noch genauso wie der alte Meister der Familie: aus<br />
einem Stück Stahl geschmiedet, von Hand geschliffen<br />
und abgezogen. <br />
760 Jahre Messer<br />
made in Solingen<br />
wertarbeit<br />
ideenschmiede: Technik und Techniken von Güde mögen<br />
althergebracht sein – wegweisende Messer-Innovationen brachte<br />
die Manufaktur dennoch hervor.<br />
11<br />
Solingen ist Stadt- und Markenname zugleich:<br />
Schneidwaren, Bestecke oder<br />
Scheren dürfen nur das Label Solingen<br />
tragen, wenn sie auch überwiegend in<br />
Deutschlands Klingenstadt Nummer eins<br />
hergestellt worden sind, wo die Schwertfertigung<br />
bereits für das Jahr 1250 nachweisbar<br />
ist. Vergleichbare Messerhochburgen<br />
sind nur das französische Thiers,<br />
das spanische Albacete oder Premana<br />
und Maniago in Italien. Daneben genießt<br />
auch die japanische Stadt Seki Weltruf<br />
bei Qualitätsmessern. Solingens traditionell<br />
schärfster Konkurrent spielt dagegen<br />
keine Rolle mehr: Sheffield steht eher für<br />
Englands weitgehende Deindustrialisierung.<br />
Doch auch Solingen steht als Branchenstandort<br />
auf Messers Schneide: Seit<br />
den 1980er Jahren werden seine Messerschmieden<br />
durch fernöstliche Billiganbieter<br />
verdrängt. Die meisten Unternehmen<br />
suchten ihr Heil in der Automatisierung,<br />
Handwerkskunst wie bei Güde findet sich<br />
kaum noch – eine ganze Generation von<br />
Schleifern nahm ihr Wissen mit ins Grab.
„Nur wer sich neu<br />
erfindet, bleibt seiner<br />
Tradition treu“<br />
Zur Person: Reto Francioni<br />
Seit November 2005 ist der promovierte Jurist Reto Francioni, 5 5,<br />
Vorstandsvorsitzender<br />
der <strong>Deutsche</strong> <strong>Börse</strong> <strong>AG</strong>. Zuvor war der gebürtige Schweizer drei Jahre lang Vorsitzender des<br />
Verwaltungsrats der Schweizer <strong>Börse</strong> SWX Gruppe und Präsident des <strong>Börse</strong>nvereins. Schon<br />
von 1993 bis 2000 war der Vater von zwei Söhnen in verschiedenen Führungsfunktionen<br />
für die <strong>Deutsche</strong> <strong>Börse</strong> tätig gewesen, zuletzt von 1999 bis 2000 als stellvertretender<br />
Vorstandsvorsitzender. Zu Francionis größten Verdiensten aus dieser Zeit gehört die Einführung<br />
von Xetra, dem vollelektronischen System für den Wertpapierhandel. Seither hat sich<br />
die traditionsreiche <strong>Deutsche</strong> <strong>Börse</strong> durch kontinuierliche Innovationen zu einem der weltweit<br />
führenden Marktplätze entwickelt.
1585 AUSGABE 2/10<br />
Vor 425 Jahren legten Kaufleute den Grundstein für die<br />
heutige Gruppe <strong>Deutsche</strong> <strong>Börse</strong>. Viele der Ideen von damals<br />
haben nichts an Aktualität eingebüßt. Doch Vorstandschef<br />
Reto Francioni macht im Interview zugleich deutlich, wie<br />
wichtig anhaltende Innovationskraft ist und warum etablierte<br />
<strong>Börse</strong>n bei der Bewältigung der Krise eine besondere Rolle<br />
spielen werden.<br />
inteRview 13<br />
Herr fraNcioNi, herzlichen Glückwunsch zum 425sten!<br />
Vielen Dank für die Glückwünsche, die aber den Frankfurter Messekaufleuten<br />
zustehen, die anno 1585 mit marktgerechten einheitlichen Wechselkursen für die<br />
Geburtsstunde der späteren Frankfurter Wertpapierbörse sorgten.<br />
Nur wenige Unternehmen können auf eine mehr als 400-jährige Existenz zurückblicken. Sehen Sie<br />
sich als CEO eines Traditionsunternehmens?<br />
Ohne Frage ist die Gruppe <strong>Deutsche</strong> <strong>Börse</strong> ein Unternehmen mit langer Tradition.<br />
Und darauf sind unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch ich zu Recht<br />
stolz. Tradition und das Wissen, für welche Ideen und Werte man einsteht, sind<br />
gerade in Umbruchphasen wie heute immens wichtig. Aber Tradition ist auch<br />
etwas, auf dem man sich niemals ausruhen sollte. Tradition bedeutet, Verantwortung<br />
für die Zukunft zu tragen und sich permanent neu zu erfinden.<br />
Was genau meinen Sie damit?<br />
Die Welt und besonders die Finanzmärkte haben sich in den 17 Jahren seit Gründung<br />
der <strong>Deutsche</strong> <strong>Börse</strong> <strong>AG</strong> in einer Geschwindigkeit verändert, für die das<br />
Wort „atemberaubend“ eine Untertreibung wäre. Mit dem Parketthandel von<br />
damals hat das vollelektronische <strong>Börse</strong>ngeschäft noch weniger gemein als das<br />
erste Benzinauto der Welt von 1885 mit modernen Limousinen. Blicken wir in<br />
unserer Geschichte nur einmal auf die Ereignisse vor zehn Jahren zurück, so wirkt<br />
das wie eine ganz ferne Zeit. Bei all ihrer langen Historie: Die Gruppe <strong>Deutsche</strong><br />
<strong>Börse</strong> war und ist stets auch Innovationstreiber und Pionier.<br />
Es gibt also 2010 auch ein Zehnjähriges zu feiern?<br />
Sogar gleich mehrere: So entstand im Jahr 2000 Clearstream International, aus<br />
der Fusion der <strong>Deutsche</strong> <strong>Börse</strong> Clearing <strong>AG</strong> mit Cedel International. Heute ist<br />
Clearstream als hundertprozentiges Tochterunternehmen der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Börse</strong><br />
Europas führender Anbieter integrierter Dienstleistungen für die Abwicklung<br />
und Verwahrung von Wertpapieren. Auch unsere US-Tochter International<br />
Securities Exchange (ISE) – die erste vollelektronische und inzwischen eine der<br />
führenden Aktienoptionsbörsen der USA – begeht in diesem Jahr ihr zehnjähriges<br />
Bestehen. Seit einer Dekade werden auch passiv und aktiv gemanagte Exchange<br />
Traded Funds an speziellen Marktsegmenten der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Börse</strong> gehandelt. Im<br />
Jahr 2000 wussten in Europa nur wenige Investoren den Vorteil von Indexfonds zu<br />
schätzen – heute gehören ETFs in jedes Depot.
Die Urväter der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Börse</strong> waren Kaufleute, die faire Kurse angestrebt hatten. Damit hat sich<br />
– der Hightech-Entwicklung der jüngsten Zeit zum Trotz – doch im Laufe der Jahrhunderte eigentlich<br />
nicht viel verändert, oder?<br />
An den Grundzügen in der Tat nicht. Damals wie heute sind Integrität, Transparenz,<br />
Präzision und Zuverlässigkeit entscheidend für die Qualität eines Marktplatzes.<br />
Und da muss sich die Gruppe <strong>Deutsche</strong> <strong>Börse</strong> vor niemandem in der Welt<br />
verstecken. Bei uns gilt von jeher die Regel: Du bekommst, was Du siehst, und<br />
Du siehst, was Du bekommst. Wenn Produkte, die das Zeug dazu haben, Märkte<br />
zu bewegen, über eine <strong>Börse</strong> gehandelt werden, dann geschieht das nicht im Verborgenen,<br />
sondern sehr transparent und damit berechenbar. Das ist ein unschätzbarer<br />
Vorteil. Unsere Systemkette wird zudem staatlich überwacht.<br />
Und damit willkommen im Hier und Heute. Sie spielen auf die Finanzkrise an, deren Kernursache<br />
viele Experten im unregulierten Handel vermuten.<br />
Ganz richtig. Der Großteil der Auslöser lag im unregulierten außerbörslichen<br />
Handel. Die weltweiten <strong>Börse</strong>n sind dagegen nicht die Verursacher der Turbulenzen<br />
– im Gegenteil. Sie haben beim Ausbruch der Finanzkrise als Stabilisatoren<br />
gewirkt. Den außerbörslichen Handel samt des Clearings auf die transparenten<br />
Systeme etablierter <strong>Börse</strong>n zu bringen, das würde Stabilität schaffen.<br />
Sie als <strong>Börse</strong>nchef müssen das sagen.<br />
Das ist kein Lobbyismus, sondern belegbare Erfahrung der vergangenen Jahre.<br />
Die Ausnutzung nichtregulierter Freiräume im außerbörslichen oder OTC-Handel<br />
hat die Finanzkrise mit entfacht und wesentlich verschärft.<br />
Deutliche Worte gegen die wachsende Konkurrenz aus OTC-Handel und alternativen Handelsplätzen.<br />
Haben Sie Angst, an Boden zu verlieren?<br />
Den Wettbewerb mit außerbörslichem Handel gab es schon immer. Das beunruhigt<br />
mich nicht sehr. Vielmehr zeigen sich heute die überragenden Vorteile unseres<br />
Geschäftsmodells: Unabhängigkeit, Neutralität und ganz zentral das Thema Risikomanagement.<br />
Nur unser Modell des Zentralen Kontrahenten oder kurz CCP<br />
garantiert den Handelsteilnehmern absolute Anonymität gepaart mit modernem<br />
Risikomanagement in Echtzeit. Insofern hat die Krise etwas Gutes, sie beweist<br />
die Notwendigkeit einer stärkeren Rolle von <strong>Börse</strong>n. Die Lehre ist ganz eindeutig:<br />
Nur regulierte <strong>Börse</strong>n sind kontrollierbar.<br />
Hören wir da einen liberalen Schweizer, der für mehr staatliche Eingriffe plädiert?<br />
Ich setze mich entschieden dafür ein, dass Licht in die bisherigen Grauzonen des
Fotos: Bert Bostelmann<br />
1585 AUSGABE 2/10<br />
„Der Handel wird noch schneller,<br />
noch internationaler. rein<br />
nationale Marktplätze wird es<br />
bald kaum noch geben.“<br />
inteRview 15<br />
OTC-Markts kommt und künftig etablierte, transparente Marktplätze zumindest<br />
einen Teil des Geschäfts etwa mit Credit Default Swaps, den CDS, übernehmen.<br />
Regulierung sollte aber grundsätzlich maßvoll und angemessen sein. In funktionierenden<br />
Märkten darf es keineswegs zu einer Überregulierung kommen. Dies<br />
würde Innovationen verhindern und auch der Effizienz der Märkte insgesamt<br />
schaden.<br />
Werden wir konkreter. Wie stehen Sie zu nationalen Verboten, etwa von ungedeckten Leerverkäufen<br />
wie in Deutschland, oder zu einer Steuer auf Finanztransaktionen?<br />
Keine Branche ist heute vernetzter als das Finanzgeschäft. Das heißt: Rein nationale<br />
Schritte bringen nichts, sondern verlagern lediglich die Finanzströme. Wenn<br />
reguliert wird, dann nur intelligent und vor allem international abgestimmt. Was<br />
die Finanztransaktionssteuer angeht, habe ich große Zweifel: Auch sie würde<br />
Anreize schaffen, noch stärker als bisher in die Nischen auszuweichen, die von<br />
dieser Steuer nicht erfasst sind. Eine solche Steuer wäre ein Geschenk an die<br />
unregulierten Märkte und Finanzplätze der Welt. Noch schlimmer wäre eine <strong>Börse</strong>numsatzsteuer,<br />
die den regulierten, transparenten Handel bestrafen und den<br />
unregulierten belohnen würde. Die Probleme, die wir ohne Frage heute haben,<br />
werden auf diese Weise nicht gelöst, sondern verschlimmert. Selbst wenn das<br />
utopische Kunststück gelingen würde, eine solche Steuer weltweit flächendeckend<br />
einzuführen, wäre ihre Wirkung zweifelhaft: Ihr unmittelbarer Effekt wäre eine<br />
Verringerung der Liquidität der Märkte – und das in einer Situation, in der genau<br />
das Gegenteil Ziel sein sollte.<br />
Gute Tradition ist der Blick in die Zukunft. Wie sieht die <strong>Börse</strong>nlandschaft künftig aus?<br />
Der Handel wird noch schneller, noch internationaler. Rein nationale Marktplätze<br />
wird es bald kaum noch geben. Schon heute sind die <strong>Börse</strong>n eng miteinander<br />
verwoben, die Konsolidierung der <strong>Börse</strong>nlandschaft wird diesen Trend abermals<br />
verstärken. Von zentraler Bedeutung wird zudem sein, für welche Regulierungsschritte<br />
sich die Politik entscheidet.<br />
Sie warten also erst einmal ab?<br />
Überhaupt nicht. Seit jeher ist Innovation ein fundamentaler Bestandteil unserer<br />
Unternehmenskultur. Über die Jahre hinweg haben wir das integrierte Geschäftsmodell<br />
auf- und ausgebaut. Heute kopieren es unsere Wettbewerber und teilweise<br />
auch unsere Kunden. Seiner Tradition treu bleiben kann eben nur, wer sich<br />
unentwegt neu erfindet. Denn auch die Welt, in der wir agieren, wandelt sich<br />
unentwegt – und die <strong>Börse</strong>nwelt ganz besonders.
16<br />
Essay<br />
„Lasst uns die aLten ideaLe<br />
wiederentdecken“<br />
Tradition ist das Fundament für eine menschliche Zukunft – und eine<br />
Rückbesinnung auf sie gerade für die Wirtschaft unabdingbar.
Foto: OSB<br />
N<br />
ein, das Wort Tradition hat keinen guten Klang mehr.<br />
Man denkt an sturen Konservativismus, an Menschen,<br />
die hartnäckig am Vergangenen festhalten, weil sie Angst<br />
vor dem Neuen haben. Mehr noch, seit den Blumenkindern<br />
und der Studentenbewegung ist dieser Begriff gesellschaftlich<br />
geradezu diskreditiert. Fragt sich nur: Auch zu Recht?<br />
Der Beinahe-Zusammenbruch der Finanzmärkte hat<br />
ganze Volkswirtschaften in Mitleidenschaft gezogen. Doch<br />
kaum scheint die Krise überwunden, zeichnet sich wieder<br />
die Rückkehr zu altem Finanzgebaren ab, mit denselben undurchschaubaren<br />
Produkten und ungeachtet deren Risiken.<br />
Der Ruf nach Transparenz und Kontrolle scheint vergessen<br />
oder wird bewusst missachtet. Genauso wie das Verlangen<br />
nach mehr Moral in der Wirtschaft.<br />
Wohin führt das? Oder anders gefragt: Wo bleiben die<br />
Orientierungen? Unter den Führungskräften gibt es zweifelsohne<br />
viele, die einem ethischen Imperativ folgen und<br />
nicht nur auf das rasche Geld schauen. Doch die Welt droht<br />
endgültig aus den Fugen zu geraten, wenn bei einer Finanzkrise<br />
einige wenige hohe Gewinne machen, die Verluste<br />
aber von der Allgemeinheit getragen werden müssen, und<br />
wenn sogar das Schicksal ganzer Völker von Spekulanten<br />
und Ratingagenturen abhängt. Zu Recht beklagte der deutsche<br />
Ex-Bundespräsident Horst Köhler, der moderne Finanzkapitalismus<br />
steigere seine eigenen Renditen ohne Rücksicht<br />
darauf, ob das dem Wohlergehen der Nationen nutze,<br />
und verlangte drastische Konsequenzen für Banken und<br />
Investoren sowie strenge Regeln für die Finanzmärkte.<br />
Natürlich, an sich sollten Regierungen nicht in die<br />
Wirtschaft eingreifen. Aber dann müssten Topmanager einerseits<br />
an Good Governance und einem Ehrenkodex interessiert<br />
sein und sich selbst entsprechende Regeln auferlegen.<br />
Die Selbstdisziplin, die jeder Mensch braucht, müsste<br />
auch für Banken und Unternehmen gelten. Das allerdings<br />
erfordert ein geradezu kopernikanisches Umdenken. Galt es<br />
bislang, den Ertrag eines Unternehmens zu steigern, damit<br />
auch die gesamte Gesellschaft daran teilhat, so müssen nun<br />
Banker, Investoren und Unternehmer an das Wohlergehen<br />
der Völker denken. Wie die Gründerväter nur an das Wohlergehen<br />
der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu<br />
denken, genügt nicht mehr – falls es überhaupt noch praktiziert<br />
wird. Heute müssen sich globale Konzerne für die ganze<br />
Bevölkerung, ja mitunter die ganze Welt verantwortlich<br />
zeigen. Werden sie dieser Verantwortung gerecht? Nein,<br />
vielmehr heben ihre Manager allzu leicht von der Basis ab,<br />
weil sie selbst von den Auswirkungen ihres Handelns nichts<br />
Dr. Notker Wolf ist Abtprimas des Benediktinerordens mit Sitz in Rom. Er ist damit höchster Repräsentant des Ordens und verantwortlich für weltweit mehr als 800 Klöster<br />
und Abteien mit über 20.000 Ordensmitgliedern und Mitarbeitern.<br />
1585 AUSGABE 2/10<br />
Essay<br />
zu spüren bekommen: Ihr Schreibtisch steht weit entfernt<br />
von der Armut, in die unzählige Familien stürzen. Ihre alleinige<br />
Konzentration auf abstrakte Zahlen, Renditen und<br />
Quartalsergebnisse ist ein Armutszeugnis.<br />
Wirtschaftliches Handeln greift ein in die Zukunft eines<br />
Landes und insbesondere in die der kommenden Generationen:<br />
Unser Tun und Handeln muss eine positive Nachhaltigkeit<br />
einbeziehen. Wenn Manager und Unternehmer<br />
ihre Verantwortung dafür nicht erkennen oder aus Egoismus<br />
nicht wahrhaben wollen, dann muss die Politik eingreifen.<br />
Kurzum, Unternehmer und Politiker müssen endlich<br />
und deutlich enger zusammenarbeiten als bisher.<br />
Sind sie dazu fähig und bereit? Hier lohnt der weite Blick<br />
zurück – auf angeblich ach so überholte Traditionen. Siehe<br />
die Stadtväter der deutschen Hansestädte oder die Handelsfamilien<br />
Venedigs. Selbstverständlich ging es auch ihnen um<br />
die eigene Tasche, aber darüber hinaus nahmen sie ihre Verantwortung<br />
für ihre Städte wahr und brachten sie und die<br />
ganze Bürgerschaft zur Blüte. Neben dem Streben nach eigenem<br />
Reichtum und persönlicher Anerkennung sorgten<br />
sie sich um das Gemeinwohl, das heute den ganzen Globus<br />
einbeziehen müsste, das Klima, die Umwelt, die Ressourcen<br />
und das soziale Wohlergehen der Menschen. Fairness und<br />
Ehrbarkeit, zwei grundlegende Prinzipien alter Kaufmannschaften,<br />
müssen heute zu einer weltweiten Fairness und<br />
Ehrbarkeit wieder und weiter entwickelt werden.<br />
Das aus den Kaufleuten hervorgegangene Bürgertum<br />
mit seinem Ideal humanistischer Bildung wird heute gern<br />
kritisiert. Sein Standesdenken sei in einer demokratischen<br />
Zeit überholt. Mag sein. Aber seine Ideale haben erst den<br />
Grundstock für eine menschliche und charakterliche Verantwortung<br />
gebildet. Je größer heute die Verantwortung der<br />
Führungspersonen ist, desto stärker muss an dieses Bewusstsein<br />
für Verantwortung appelliert werden. Ethische<br />
Bildung ist nicht einfach machbar. Ethisches Verhalten kann<br />
nicht oktroyiert werden. Es gründet in der verantwortlichen<br />
Freiheit und muss heranwachsen durch Vorbilder und die<br />
Orientierung, die junge Menschen in ihrer Ausbildung erhalten.<br />
Prinzipien wie Gerechtigkeit, Ehrlichkeit, Offenheit<br />
und Transparenz sind Fundamente unseres Menschseins.<br />
Alles Handeln, auch das wirtschaftliche, muss der Verwirklichung<br />
der Menschen dienen.<br />
Das ist die gesunde Tradition unseres Abendlandes, die<br />
bei allem Wandel von Werten in die Globalisierung eingebracht<br />
werden muss, will der Mensch letztlich noch als<br />
Mensch überleben. <br />
17
18 wirtschaftswissenschaften<br />
N<br />
Last order,<br />
pLease!<br />
Hohe steuern und rauchverbot,<br />
veränderte Lebens gewohnheiten und Wirtschaftskrise<br />
– der britische pub, die jahrhundertealte<br />
soziale Institution, steckt in der tiefsten Krise seiner<br />
Geschichte. Manchem guten Wirt<br />
gelingt es trotzdem, den Hort der tradition für<br />
die Zukunft fit zu machen.<br />
ach 48 Stunden ist die Zukunft wieder Vergangenheit.<br />
Die Stammgäste machen einfach<br />
nicht mit. Fernsehgeräte? Im „Lamb“? No way!<br />
Zwei Tage dauert es, dann sieht der Wirt seinen<br />
Fehler ein. Kleinlaut baut er das neumoderne Teufelszeug<br />
wieder ab.<br />
Drei oder vier Jahre ist das her, Leigh Tuohy weiß<br />
es nicht genau. Genauso wenig, ob er lachen oder<br />
den Kopf schütteln soll, wenn er von dieser Episode<br />
erzählt. Seinem Vorgänger ist das passiert. Fernseher<br />
in dieser 281 Jahre alten Institution, in der es noch<br />
nicht mal ein Radio oder einen CD-Spieler gibt –<br />
shocking! Was Tuohy sicher weiß, ist: Ihm wird<br />
solch ein Fehler nicht passieren. Seit einem Jahr<br />
führt der 35-Jährige das „Lamb“ im Londoner Intellektuellenviertel<br />
Bloomsbury. Einer der ältesten<br />
Pubs in der englischen Hauptstadt, und einer der<br />
schönsten.<br />
stammlokal von Dickens und Keynes<br />
Berühmt ist das „Lamb“ vor allem für seine Bar aus<br />
der frühen viktorianischen Zeit: Ein großes, rundes<br />
U in der Mitte des Raums. Über der Theke in Kopfhöhe<br />
finden sich reich mit Ornamenten verzierte,<br />
drehbare Milchglasscheiben. Im 19. Jahrhundert<br />
waren diese „Snob Screens“ an der Bar typisch. Im<br />
verklemmten viktorianischen Zeitalter sollten<br />
sie die reichen Edelmänner, die mit ihrer Geliebten<br />
einen Drink nehmen wollten, vor den neugierigen<br />
Blicken des Thekenpersonals schützen. Die „Snob<br />
Screens“ im „Lamb“ stehen schon lange offen und<br />
unter Denkmalschutz, genauso wie die grünen<br />
Ledersofas gegenüber der Bar, die niedrige, rot gestrichene<br />
Holzdecke und der rot-grün gemusterte<br />
Teppichboden.<br />
So sah es hier schon aus, als Charles Dickens<br />
Stammgast im „Lamb“ war oder als sich der<br />
Bloomsbury Circle um Virginia Woolf und John<br />
Maynard Keynes in den 1920er und 1930er Jahren<br />
hier traf. „Das ‚Lamb‘ ist ein guter viktorianischer<br />
Pub, gemütlich, dunkel und intim“, schrieb der<br />
englische Architekturkritiker und Pub-Fan Ian<br />
Nairn im Jahr 1966.
Fotos: Ryu Seung-il/Polaris/laif; Ralph Orlowski/Reuters/corbis<br />
1585 AUSGABE 2/10<br />
wirtschaftswissenschaften 19
20<br />
wirtschaftswissenschaften<br />
ein frisches Pint ale im Pub: Der Brite braucht es – gibt sich mit ihm allein aber nicht mehr<br />
zufrieden, weiß Matthew O’Keeffe. Er hat den ältesten Pub Englands wieder flottgemacht: Im<br />
„Royal Standard of England“ bietet der Wirt weit mehr als nur den Standard.<br />
Was sich seitdem geändert hat? „Nicht viel“, sagt<br />
ein Stammgast, der ein paar Straßen weiter wohnt.<br />
Na gut, seine selbst gedrehten Zigaretten muss der<br />
Rentner seit ein paar Jahren draußen auf der Straße<br />
rauchen, vor der grün gekachelten Fassade und den<br />
großen Milchglasscheiben mit den eingravierten,<br />
goldenen Lämmern in der Mitte. Aber sonst ist<br />
eigentlich noch alles wie 1957, als der Mann nach<br />
seinem Militärdienst nach Bloomsbury zog. Ob er<br />
täglich hier vorbeischaut? „Nein“, sagt er bedauernd.<br />
„Das kann ich mir nicht leisten.“<br />
Und genau hier fangen die Probleme an. Die<br />
Pubs, ein Hort der britischen Tradition mit ihren<br />
festen Ritualen wie der Glocke und der „Last Order“,<br />
stecken tief in der Krise. Immer mehr Briten bleiben<br />
zu Hause und trinken ihr Bier lieber alleine vor dem<br />
Fernseher. Vor allem die hohe Biersteuer verleidet<br />
ihnen den Pub-Besuch: Von den rund drei Pfund,<br />
die sie dort für ein Pint bezahlen, gehen gut 70<br />
Pence an den Staat. In den nächsten Jahren soll die<br />
Abgabe noch steigen.<br />
Die Folge: 39 englische Pubs geben derzeit jede<br />
Woche auf, meldet die British Beer and Pub Association.<br />
2009 waren es sogar 52 pro Woche. Ginge<br />
das ungebremst so weiter, würde im Jahr 2036 der<br />
letzte zumachen. „Unsere Umsätze sind auf ein<br />
Niveau eingebrochen, wie wir es seit der Großen<br />
Depression nicht mehr gesehen haben“, klagt eine<br />
Gruppe Pub-Wirte in einem Protest-Manifest.<br />
Probleme auch hausgemacht<br />
Klagen können sie. Selbst aktiv gegensteuern aber<br />
oft nicht. Nur ein Drittel aller Kneipen ist unabhängig,<br />
der Rest gehört Brauereien oder landesweiten<br />
Pub-Ketten – bei denen der Controller das Sagen<br />
hat. Der Wirt ist nur noch angestellt. Oder arbeitet<br />
als Lizenznehmer ohne unternehmerischen Spielraum,<br />
dafür aber mit Verträgen, die ihn zum Kauf<br />
von überteuertem Bier zwingen. „Im Supermarkt<br />
ist eine Flasche Becks manchmal billiger als für<br />
mich im Einkauf“, berichtet ein Wirt. Unterbezahltes<br />
und überlastetes Bar-Personal und standardisiertes<br />
Fabrik-Essen, das vor Ort nur noch in die<br />
Mikrowelle kommt, sind in der britischen Pub-<br />
Landschaft an der Tagesordnung.<br />
Auch traditionsreichste Pubs gehören diesen<br />
Ketten, etwa das 1520 gegründete „Prospect of<br />
Whitby“, eine alte Seefahrer- und Schmugglerkneipe<br />
direkt an der Themse im Osten von London.
Draußen steht noch der Galgen, an dem früher<br />
die Schmuggler gehenkt wurden. Drinnen blinkt<br />
neben dem alten Holzkamin ein Spielautomat, die<br />
Karte bietet Falafel-Burger und asiatisches Curry.<br />
Authentisch ist anders.<br />
Die Krise der Pubs, sie ist also auch hausgemacht.<br />
Trotzdem trifft sie das Inselvolk tief im<br />
Innern seiner Seele. Dass Autozulieferer oder<br />
Maschinenbauer in den 1980er und 1990er Jahren<br />
reihenweise vor die Hunde gingen, nahmen die<br />
Briten stoisch hin. Die Probleme ihrer Kneipen<br />
aber, die gehen ihnen ans Herz. Ein Pub ist eben viel<br />
mehr als „eine Einrichtung, die in Großbritannien<br />
und Regionen mit britischem Einfl uss alkoholische<br />
Getränke anbietet, die vor Ort konsumiert werden“,<br />
wie die altehrwürdige Encyclopaedia Britannica<br />
defi niert. Tatsächlich ist das „Public House“<br />
eine zutiefst soziale Institution – und in<br />
ihrer örtlichen Funktion sogar wichtiger als die<br />
Kirche, wie eine Umfrage der British Beer and Pub<br />
Association unter 100 aussichtsreichen Wahlkreiskandidaten<br />
vor der britischen Parlamentswahl im<br />
Mai ergab. Die Anthropologin Kate Fox, Direktorin<br />
des Social Issues Research Centres in Oxford, ist<br />
überzeugt: „Wer nicht in einem Pub war, der war<br />
nicht in England.“<br />
Schon 2001 startete deshalb niemand Geringeres<br />
als Prince Charles die Initiative „Pub is the hub“, die<br />
bedrohte Kneipen in der Provinz rettet. Eine „Dead<br />
Pubs Society“ dokumentiert im Internet den Niedergang,<br />
und erst im Februar berief die britische<br />
Regierung sogar offi ziell einen „Minister for Pubs“<br />
– den damaligen Transport- und Planungsminister<br />
John Healey. Arbeitsauftrag: eine Strategie zu entwickeln,<br />
den Niedergang der Branche zu stoppen.<br />
es geht auch anders<br />
Vielleicht sollten die vereinten Pub-Retter einmal<br />
nach Forty Green bei Beaconsfi eld fahren, ein<br />
11.000-Einwohner-Städtchen in den Chilterns, der<br />
Hügelkette 50 Kilometer nordwestlich von London.<br />
Dort hat Matthew O’Keeffe vor sechs Jahren<br />
den „Royal Standard of England“ gekauft. Der älteste<br />
nicht an eine Brauerei gebundene Pub („Freehouse“)<br />
Englands ist über 950 Jahre alt. Schon vor<br />
der normannischen Invasion im Jahr 1066 haben<br />
hier die Arbeiter aus den Ziegeleien der Umgebung<br />
ihren Durst gelöscht. Und im Jahr 1485 haben hier<br />
tanzende Männer mit geschwärzten Gesichtern die<br />
Krönung von Henry Tudor zum englischen König<br />
gefeiert. Doch im 21. Jahrhundert waren die ruhmreichen<br />
Tage zusehends Vergangenheit. Der „Royal<br />
wirtschaftswissenschaften<br />
englands Mittelpunkt: Der Pub ist<br />
mehr als eine Kneipe, er ist eine<br />
Institution – und seine soziale Funktion<br />
angeblich wichtiger als die der Kirche.<br />
21
22 wirtschaftswissenschaften<br />
Britisch bestellen,<br />
bezahlen und benehmen<br />
Was ausländische Gäste wissen müssen,<br />
um im Pub nicht unangenehm aufzufallen:<br />
Bestellt wird an der Theke. Die Drinks<br />
nimmt man selbst mit, das Essen aber wird<br />
zum Tisch gebracht. Jede Bestellung wird<br />
meist auch direkt bezahlt. Bei Gruppen<br />
ordert und bezahlt übli cherweise immer ein<br />
Gast eine komplette Runde für alle.<br />
Die auswahl überfordert leicht: Pubs<br />
haben oft mehr als ein Dutzend verschiedene<br />
Biersorten im Angebot. Die meisten<br />
Varianten gibt es beim einheimischen Ale<br />
(„Bitter“). Wer ein Pils möchte, muss ein<br />
„Lager“ bestellen. Das Standard-Gebinde<br />
ist ein Pint (ca. 568 Milliliter). Wem das zu<br />
viel ist, der kann ein kleines Bier bestellen:<br />
„A half of lager, please“ – Männer<br />
bekommen dann ein paar Kostproben<br />
britischen Humors gratis dazu.<br />
trinkgeld wird nicht erwartet. Wer<br />
Wechselgeld liegen lässt, outet sich sofort<br />
als dummer Tourist. Lieber ein Glas für<br />
den Barkeeper mitbestellen: „And one for<br />
yourself!“<br />
Buchtipp<br />
Kate fox: „Passport to the Pub –<br />
the tourist’s Guide to Pub etiquette“;<br />
76 Seiten, The Do-Not Press, 1996,<br />
ISBN-10: 1899344098,<br />
ISBN-13: 978-1899344093.<br />
Download unter:<br />
www.sirc.org/publik/pub.html<br />
Standard“, außerhalb der Stadt gelegen und nicht<br />
ganz leicht zu erreichen, dümpelte vor sich hin. Die<br />
Einrichtung: muffig. Die Öffnungszeiten: eingeschränkt.<br />
Die Küche: lieblos.<br />
Dann kam O’Keeffe. Die alten Teppiche aus den<br />
1960er Jahren riss er raus und legte die Fliesen aus<br />
dem Mittelalter offen; die charakterlosen Tische mit<br />
den pflegeleichten Plastik-Oberflächen kamen auf<br />
den Sperrmüll. Das neue, alte Mobiliar suchte er<br />
sich aus Restbeständen von Pleite-Pubs, geschlossenen<br />
Kirchen und Antiquitätenhändlern zusammen.<br />
Einen guten Koch stellte er ein und verbannte<br />
alle Fertiggerichte aus der Küche. Sein Fleisch kauft<br />
er bei einem Bauern, den er seit 15 Jahren kennt und<br />
der auch das englische Königshaus beliefert. Das<br />
Bier, das er ausschenkt, ist „real Ale“ – naturtrüb,<br />
ungefiltert, nicht pasteurisiert. Eine schnell verderbliche<br />
Ware, O’Keeffe hat trotzdem sieben verschiedene<br />
Sorten im Angebot. Was nach vier Tagen<br />
nicht verkauft ist, wird weggeschüttet. „Natürlich<br />
könnte man das Bier noch ein paar Tage länger verkaufen“,<br />
sagt O’Keeffe, „aber dann schmeckt es<br />
nicht mehr richtig.“<br />
Und diese Verschwendung zahlt sich aus. Seit<br />
O’Keeffe den „Royal Standard“ übernommen hat,<br />
boomt das Geschäft. Krise, welche Krise? „Davon<br />
merke ich nichts, überhaupt nichts“, meint O’Keeffe.<br />
Wenn, dann profitiere er eher von der Rezession.<br />
„Das ist eine gute Gelegenheit, den ein oder anderen<br />
Pub günstig zu kaufen“, sagt er. Einen zweiten<br />
Pub hat O’Keeffe vor gut einem Jahr schon übernommen.<br />
Nachdem er ihn umgekrempelt hat, ist<br />
dort der Wochenumsatz von 2.500 auf über 12.000<br />
Pfund gestiegen. Sein Erfolgsgeheimnis, es klingt<br />
so einfach: „Ich mache einfach das, was die Kunden<br />
wollen und was zum Pub passt. Nicht das, was sich<br />
irgendwelche Aktionäre wünschen, die nur an kurzfristigen<br />
Profit denken.“<br />
My pub, my home: Manch ein Brite wählt sogar seine<br />
Wohnung nach dem benachbarten Pub. Im Londoner „Lamb“<br />
fühlt er sich garantiert wie zu Hause.<br />
Probleme haben andere Pubs. Vor allem solche, die<br />
hauptsächlich Bier ausschenken und kein Essen<br />
oder nur standardisierte Fabrik-Kost anbieten, die<br />
vor Ort nur noch in die Mikrowelle kommt. So gesehen<br />
ist das Pub-Sterben eine wünschenswerte<br />
Marktbereinigung. Die alarmistischen Berichte in<br />
der britischen Presse sind zum Teil sind die Konsequenz<br />
einer professionellen PR-Kampagne der<br />
Brauerei- und Pub-Branche. Deren Lobbyisten fordern<br />
Staatshilfen für die Branche und laufen Sturm<br />
gegen die Biersteuer. „Es sind überwiegend die<br />
schlecht geführten Pubs, solche, die schon lange<br />
nicht mehr ins Geschäft investiert haben, die Pleite<br />
gehen“, sagt Fiona Stapley, eine der Autorinnen des<br />
jährlich erscheinenden Pub-Führers „The Good<br />
Pub Guide“. „Die Kunden sind anspruchsvoller geworden.<br />
Und wer ihre Ansprüche erfüllt, dessen<br />
Geschäft floriert.“<br />
„Luxus und notwendigkeit zugleich“<br />
Trotz des jahrelangen Pub-Sterbens aber ist die<br />
Kneipendichte in England, Schottland und Wales<br />
nach wie vor viel größer als etwa im Bierland<br />
Deutschland. Auf einen Pub kommen statistisch<br />
1.100 Einwohner – in der Bundesrepublik sind es<br />
fast doppelt so viele. Das frisch gezapfte Pint Ale,<br />
diese 568,26 Milliliter braune, schaumlose, lauwarme<br />
Flüssigkeit für um die drei Pfund, ist für den<br />
Angelsachsen „Luxus und Notwendigkeit zugleich“,<br />
wie der Londoner „Lamb“-Wirt Leigh Tuohy<br />
sagt. „Bei den vielen Regentagen hier brauchen<br />
wir einfach einen gemütlichen Ort.“<br />
Manche Briten suchen sich sogar ihren Wohnort<br />
nach dem Pub in der Nähe aus. Zum Beispiel<br />
Doug, 45, Rechtsanwalt und Partner eines britischen<br />
Medienhauses. „Ja“, versichert er, „das war wirklich<br />
so.“ Vor fünf Jahren hat er ein Haus im verträumten<br />
Cloudesley Square im nördlichen Londoner Stadtteil<br />
Islington gekauft – 72 Schritte von seiner Haustür<br />
befindet sich „The Crown“, ein über 100 Jahre<br />
alter, wunderschöner Pub mit guter, gehobener Küche,<br />
der der Londoner Familienbrauerei Fullers gehört.<br />
Nach der ersten Besichtigung der Immobilie<br />
sei er noch unentschlossen gewesen, erzählt Doug.<br />
„Auf dem Rückweg habe ich die ,Crown‘ gesehen“,<br />
erzählt er an der Bar und nimmt einen Schluck belgisches<br />
Erdbeer-Bier. Von so einem Laden habe er<br />
immer geträumt – und sofort den Immobilienmakler<br />
angerufen, um den Kauf klarzumachen. „Manche<br />
meiner Freunde sagen, das hier sei mein Wohnzimmer“,<br />
sagt er. „Ich glaube, sie haben recht.“ <br />
Fotos: www.rogerhutchings.com
Familienporträts aus aller Welt<br />
F<br />
amilien Schäfer aus Meerbusch und Hirose<br />
aus Hiroshima. Fotograf Thomas<br />
Struth kennt beide persönlich. Beide hat er zu<br />
Hause vor der Kamera Platz nehmen lassen.<br />
Beide Bilder entstanden bei Tageslicht, mit<br />
langen Belichtungszeiten. Aber die Unterschiede<br />
könnten kaum größer sein. Hier die<br />
östliche Großfamilie dicht aneinander auf<br />
dem gemeinsamen Sofa, dort die westliche<br />
Kernfamilie, in der jeder für sich allein steht.<br />
Das große Originalformat gewährt Einblicke<br />
in Details, die dem flüchtigen Alltagsblick<br />
verborgen bleiben. Die Menschen sehen ernst<br />
und konzentriert aus und schauen frontal in<br />
die Kamera. Struth wählte bewusst ein traditionelles,<br />
fast altertümliches Verfahren mit<br />
fotostory<br />
23<br />
einer unhandlichen Plattenkamera. Seinen<br />
Porträts verlieh er damit psychologische Tiefe.<br />
Struth hat eine ganze Serie dieser Familienbilder<br />
geschaffen, sechs davon gehören zur<br />
Art Collection <strong>Deutsche</strong> <strong>Börse</strong>. Die direkte<br />
Gegenüberstellung verdeutlicht die unterschiedlichen<br />
Familientraditionen in Deutschland,<br />
Japan, Italien, Schottland und China. <br />
thomas struth, the hirose family<br />
Hiroshima, 1987<br />
silver gelatin print, 68,0 x 84,0 cm<br />
© 2010 Thomas Struth<br />
art collection <strong>Deutsche</strong> <strong>Börse</strong><br />
Im Jahr 1999 hat die Gruppe <strong>Deutsche</strong><br />
<strong>Börse</strong> mit dem Aufbau einer Sammlung<br />
zeitgenössischer Fotografie begonnen. Die<br />
Art Collection <strong>Deutsche</strong> <strong>Börse</strong> ist Teil der<br />
Unternehmenskultur der Gruppe <strong>Deutsche</strong><br />
<strong>Börse</strong>. Die Sammlung umfasst heute mehr<br />
als 700 überwiegend großformatige Arbeiten<br />
von rund 70 internationalen Künstlern.<br />
Die Fotografien werden an den Haupt-<br />
standorten der Gruppe in Frankfurt am<br />
Main, Eschborn und Luxemburg gezeigt.<br />
thomas struth, the schäfer family<br />
Meerbusch, 1990<br />
chromogenic color print, 97,6 x 113,3 cm<br />
© 2010 Thomas Struth
Gut<br />
Geliftet<br />
Seit bald 160 Jahren<br />
entwickelt Otis Elevator<br />
Fahrstühle und Rolltreppen<br />
für die Hochhäuser<br />
der Welt. Von den meist<br />
unsichtbaren Innovationen<br />
kriegen die Passagiere<br />
kaum etwas mit.
festung für Geisteraufzüge: Zwischen Wiesen erhebt<br />
sich der Otis-Testturm mit 14 Aufzugschächten. Nur einen<br />
der Lifte dürfen auch Menschen nutzen.<br />
D<br />
ie bequeme Aufzugfahrt beginnt im<br />
Testturm zu Bristol. Bevor Büroangestellte<br />
in Manhattan, Familien auf Einkaufsbummel<br />
in Tokio und Pendler in München<br />
oder Stockholm ihren Fuß in einen Aufzug<br />
der Firma Otis setzen, werden die Einzelteile<br />
in dieser Kleinstadt in Connecticut getestet –<br />
vom Schacht und dem Motor, der einen Aufzug<br />
hunderte Male am Tag auf- und abbefördert,<br />
über die Aufhängung der Kabine bis zur<br />
Knopfleiste für die Wahl des Stockwerks.<br />
Der 117 Meter hohe Testturm steht alleine<br />
und mitten auf der grünen Wiese. Die wenigen<br />
Fenster des weißen Kolosses gleichen<br />
den Schießscharten einer mittelalterlichen<br />
Festung. Das alles andere als einladende Gebäude<br />
ist nicht auf Publikumsverkehr ausgelegt.<br />
Hier wird geforscht und gefeilt. Im<br />
Inneren des Turms verbergen sich 14 unterschiedlich<br />
hohe und breite Fahrstuhlschächte.<br />
In den Betonröhren verkehren Geisterauf-züge,<br />
die mit allerlei Messinstrumenten<br />
bestückt sind, damit Otis-Ingenieure Beschleunigung,<br />
Bremsen, Geräuschpegel, Vibration<br />
und das einwandfreie Funktionieren<br />
der Türen testen können.<br />
Platten statt Passagiere<br />
Dicke Bleiplatten simulieren das Gewicht der<br />
Passagiere. Menschen dürfen nur einen dieser<br />
Aufzüge benutzen. „In dieses Gebäude kommen<br />
außer uns Tüftlern nur potenzielle Kunden,<br />
denen wir etwas vorführen wollen“,<br />
sagt Ed Yetter, der Manager des Testturms,<br />
und drückt auf den Knopf fürs 28. Stockwerk.<br />
Hier oben steht auf einem Podest mit Blick<br />
über die Wiesen von Neuengland die Erfindung,<br />
die Otis vor 157 Jahren zum ersten<br />
Anbieter sicherer Fahrstuhlanlagen machte:<br />
eine überdimensionale Bremsbacke, die an<br />
eine Guillotine erinnert. Sie wurde mit den<br />
1585 AUSGABE 2/10<br />
Elisha Otis, der Pionier des Aufzugs<br />
Ed Yetter, Manager des Otis-Testturms<br />
auf und aB 25<br />
Blattfedern einer Kutsche auf Spannung gehalten<br />
und schnappte in zwei Reihen Metallzähne<br />
ein, falls das Seil nachgeben sollte, an<br />
dem der Fahrstuhl aufgehängt war. Zu Werbezwecken<br />
stellte sich Firmengründer Elisha<br />
Otis 1853 in New York demonstrativ selbst auf<br />
den Aufzug – und schnitt das Seil vor den erschrockenen<br />
Zuschauern eigenhändig durch.<br />
Von Eiffelturm bis Burj Khalifa<br />
„Diese scheinbar simple Erfindung gebar die<br />
gesamte Aufzugindustrie, wie wir sie heute<br />
kennen“, erklärt Richard Pulling, der Direktor<br />
für Hochhausbetrieb bei Otis. Er ist wie<br />
Yetter ein Veteran des Unternehmens. Dem<br />
Besucher gegenüber übertrumpfen sich die<br />
beiden Männer geradezu, die Innovationen<br />
im Testturm und die technischen Details der<br />
allerersten Aufzüge zu erklären – und die historische<br />
Leistung von Mr. Otis herauszustreichen:<br />
„Ohne seine automatische Sicherheitsvorkehrung<br />
wäre der Wettlauf um immer<br />
höhere Wolkenkratzer, Bürotürme und Einkaufszentren<br />
nicht möglich gewesen.“<br />
Seit bald 160 Jahren arbeiten die Ingenieure<br />
von Otis daran, dass Fahrstühle ihre Transportarbeit<br />
immer schneller, lautloser, komfortabler<br />
und sicherer verrichten. Die Firma,<br />
die seit 1976 zum US-Konzern United Technologies<br />
Corp. (UTC) gehört, beschäftigt<br />
weltweit 61.000 Mitarbeiter und setzte im<br />
Jahr 2009 mit der Installation und Wartung<br />
von gut 2,3 Millionen Aufzügen rund 11,7 Milliarden<br />
US-Dollar um. Da Fahrstühle extrem<br />
langlebig sind, macht die Wartung inzwischen<br />
fast 60 Prozent des Umsatzes aus.<br />
Die Aufzüge aus dem Hause Otis fanden<br />
ihren Weg in die bekanntesten Bauwerke der<br />
Welt – vom Eiffelturm über das Empire State<br />
Building bis zuletzt in den 828 Meter hohen<br />
Burj Khalifa Luxus-Wolkenkratzer in Dubai.
28 26 auf und aB<br />
antrieb 2.0: Plastikgürtel statt Stahlkabel<br />
Bitte nach oben – die Branche<br />
Eine Handvoll Firmen aus aller Welt<br />
bedienen den Bedarf an Aufzügen und<br />
Rolltreppen von Wolkenkratzern bis<br />
zu Flughäfen. die nummer eins weltweit<br />
ist Otis aus dem uS-Bundesstaat<br />
Connecticut. Die Tochter des Konzerns<br />
United Technologies Corp.<br />
(UTC) kann rund 2,3 Millionen Installationen<br />
weltweit vorweisen und erzielte<br />
2009 einen Jahresumsatz von<br />
umgerechnet 9,1 Milliarden Euro.<br />
In den Etagen darunter folgen<br />
Schindler aus der Schweiz (8,3 Mrd.<br />
Euro Umsatz), die deutsche Thyssen-<br />
Krupp Elevator (5,3 Mrd. Euro Umsatz)<br />
und das finnische unternehmen<br />
Kone (4,7 Mrd. Euro Umsatz).<br />
Noch im Erdgeschoss der Branche befindet<br />
sich die erst 1996 gegründete<br />
Hitachi Elevator, die in China<br />
fertigt (687 Mio. Euro Umsatz).<br />
Otis 1.0: Das allererste Modell anno 1852<br />
Was früher luftige Käfige aus Holz und Metall<br />
waren, die an Seilen hingen und von Herren<br />
in Livree bedient wurden, sind heute klimatisierte<br />
Kabinen oder Doppeldecker-Fahrstühle,<br />
die wie ein Hybridfahrzeug bis zu 70<br />
Prozent ihrer Bremsenergie wieder ins Elektrizitätsnetz<br />
einspeisen.<br />
Dahinter steckt viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit.<br />
Nur bekommen die Nutzer<br />
nichts davon mit: Mechanik und Elektronik<br />
sind hinter Chrom, Glas und Edelholz gut<br />
versteckt. In den Eingeweiden eines modernen<br />
Hochhauses verbergen sich jedoch tonnenschwere<br />
Komponenten wie der Antrieb<br />
und der Controller, der bei unerwarteter Beschleunigung<br />
bis zu vier Sicherheitsbremsen<br />
an der Kabine aktiviert. Hinzu kommt komplexe<br />
Software, die die Aufzüge ins richtige<br />
Stockwerk schickt, sie ausgeklügelt sanft<br />
beschleunigt oder abbremst und die Türen<br />
überwacht, die sich zügig, aber nicht zu<br />
schnell schließen sollen.<br />
„Wir nennen alle diese Faktoren die Fahrqualität“,<br />
sagt Pulling und macht vor zwei<br />
Getriebewellen Halt, die zwei Transportwelten<br />
verkörpern. Bis zum Jahr 2000 hingen<br />
Aufzüge an Stahlkabeln, die von mannshohen<br />
Motoren am oberen Ende des Schachts<br />
ab- und aufgewickelt wurden. Sie können 70<br />
bis 100 Tonnen Gewicht hieven, kosten aber<br />
Platz und müssen regelmäßig geölt werden.<br />
Die Ingenieure in Bristol fanden eine bessere<br />
Lösung, erzählt Pulling und lässt die<br />
Hände über einen schmalen grauen Plastikstreifen<br />
gleiten, der auf einer Antriebswelle<br />
der zweiten Generation ruht. In seinem Inneren<br />
verbergen sich, ähnlich einem Gürtelreifen,<br />
Dutzende von Stahldrähten. „Diese Gurte<br />
halten länger, wiegen weniger und können<br />
nicht rosten“, rattert der Otis-Mann die Vorteile<br />
herunter. Gekoppelt mit einer kleinen<br />
getriebelosen Maschine erlaubt das neue System<br />
Architekten, in kleinen bis mittelgroßen<br />
Gebäuden auf den Maschinenraum zu verzichten:<br />
Denn die Steuerungselektronik lässt<br />
sich überall installieren.<br />
Gut für den Bauherrn. Das Hauptaugenmerk<br />
der Entwickler richtet sich aber auf die<br />
Aufzugnutzer: „Das Ziel ist, die Leute von<br />
dem seltsamen Gefühl abzulenken, dass sie in<br />
einem Aufzug stehen“, so Pulling. Bildschirme,<br />
die Wetter und Nachrichten einblenden,<br />
sind dabei nur der Zuckerguss. Wichtiger ist<br />
das Design des subjektiven Fahrerlebnisses.<br />
Ein moderner Lift legt im Schnitt zehn Meter<br />
pro Sekunde zurück – technisch ist deutlich<br />
mehr Tempo drin, aber ab diesem Wert<br />
nimmt der Mensch den Druckunterschied als<br />
unangenehm wahr. Dazu kommen die Geräusche,<br />
die Luftwiderstand und Reibung im<br />
Schacht erzeugen, sowie Vibrationen beim<br />
Sprint über manchmal 100 Etagen oder mehr.<br />
Jeder Kontinent fährt anders<br />
Entscheidend für die Techniker ist auch der<br />
Kulturkreis: „Asiaten wollen eine lautlose<br />
Fahrt, bei der sie am besten gar nicht merken,<br />
dass sie sich bewegen“, sagt Pulling. Amerikaner<br />
hingegen haben es immer eilig – sie<br />
wollen spüren, dass die Kabine Gas gibt und<br />
sie keine Zeit mit unnützer Warterei verlieren.<br />
Europäer liegen irgendwo in der Mitte.<br />
Deswegen lässt sich die Beschleunigung eines<br />
Aufzugs zwischen 1,2 Meter pro Sekunde<br />
in New York und gerade einmal einem halben<br />
Meter pro Sekunde in Tokio regulieren.<br />
Hat die Kabine ihre maximale Reisegeschwindigkeit<br />
erreicht, sorgen Gummiräder,<br />
die auf Metallfedern oder Gelpuffern ruhen,<br />
für eine möglichst ruhige Fahrt. „Der Grundgedanke<br />
ist derselbe wie vor 100 Jahren: sicher<br />
und bequem. Aber die Details haben sich
Fotos: Sascha Pfläging, Bettmann/corbis, Jens Neumann+Edgar Rodtmann/laif<br />
entscheidend verbessert – und es bleibt noch<br />
immer Raum für Verbesserungen“, betont<br />
Pulling. Dazu gehört auch die elektronische<br />
Überwachung von oft Dutzenden von Aufzügen<br />
in einem Gebäude, deren Auf und Ab<br />
sich wie im Tower eines Flughafens beobachten<br />
und feinjustieren lässt. Wenn ein stecken<br />
gebliebener Passagier oder ein ratloser Hausmeister<br />
beim Kundendienst Otisline anruft,<br />
können die telefonischen Helfer die Pläne<br />
und Reparaturgeschichte jedes Lifts aufrufen.<br />
Allein im Callcenter für Nordamerika in<br />
Connecticut klingelt das Telefon rund 8.000<br />
Mal am Tag, berichtet Otisline-Managerin<br />
Beth Ann Nyerick. „Wenn ein Kunde mehr<br />
als zwei bis drei Mal im Jahr Probleme hat, sehen<br />
wir uns das genauer an.“ Da moderne<br />
Aufzüge am Internet hängen und Störungen<br />
selbst weitermelden, kommt die Fehlerdiagnose<br />
immer öfter aus der Ferne.<br />
Diese Online-Verbindung mit dem Hersteller<br />
ist für Otis-CEO Didier Michaud-Daniel<br />
nur der Anfang. Für den gebürtigen Franzosen,<br />
der das Unternehmen seit 2008 leitet,<br />
markiert das Steuerungssystem Compass<br />
den nächsten Schritt der Aufzug-Evolution:<br />
Compass nimmt den Passagieren seit 2007<br />
das Denken und die Warterei ab. Als eine Art<br />
elektronischer Butler ruft es nicht nur den<br />
Aufzug, sondern weist den Fahrgästen vorweg<br />
eine bestimmte Kabine zu, um für jede<br />
Reisegesellschaft die Zahl der Stopps zu minimieren.<br />
„In zehn Jahren werden so nicht<br />
nur Menschen in Bürotürmen ans Ziel kommen,<br />
sondern auch in Hotels oder Apartmenthäusern“,<br />
sagt Michaud-Daniel.<br />
Im Idealfall findet diese logistische Rechenarbeit<br />
statt, sobald ein Passagier seine<br />
Magnetkarte am Eingang oder Drehkreuz<br />
präsentiert. Bis er die paar Meter zum Fahrstuhl<br />
zurückgelegt hat, hat der Computer die<br />
1585 AUSGABE 2/10<br />
157 Jahre i nnovation<br />
1853<br />
Elisha Otis erfindet eine Sicherheitsbremse für Aufzüge<br />
und gründet seine Firma in Yonkers, New York.<br />
1888<br />
Otis installiert Aufzüge im Eiffelturm.<br />
1902<br />
Otis installiert Aufzüge im Flatiron Building in Manhattan,<br />
einem der ersten Wolkenkratzer.<br />
1931<br />
Installation der Aufzüge im Empire State Building<br />
1967<br />
Installation von 255 Aufzügen und 71 Rolltreppen<br />
im World Trade Center<br />
1993<br />
Installation in den Petronas Twin Towers in Kuala Lumpur<br />
1997<br />
Installation von 97 Aufzügen im<br />
Grand Gateway Complex in Shanghai<br />
2001<br />
Installation der Aufzüge in der Christus-Figur<br />
über Rio de Janeiro<br />
2003<br />
Installation von 111 Aufzügen und Rolltreppen<br />
in der Guangzhou Grand View Mall,<br />
dem größten Einkaufszentrum Asiens<br />
2005<br />
Auftrag für 51 Aufzüge und 11 Rolltreppen<br />
der Münchner U-Bahn<br />
2010<br />
Einweihung von 66 Aufzügen und Rolltreppen<br />
im Burj Khalifa in Dubai,<br />
dem höchsten Bauwerk der Welt<br />
auf und aB 27<br />
ideale Besatzung für die nächste Kabine<br />
berechnet. Das bedeutet nicht nur weniger<br />
Warterei: „In Gebäuden, in denen sich Firmen<br />
aus Kostengründen dasselbe Stockwerk<br />
teilen, kann man die Etagen besser bedienen<br />
und gleichzeitig für mehr Sicherheit im Haus<br />
sorgen“, ergänzt der Otis-Chef.<br />
Geschüttelt, gewässert und bestaubt<br />
Den Großteil des Geschäfts machen aber<br />
nicht solche intelligenten Aufzüge. Sondern<br />
Aufträge aus boomenden Schwellenländern,<br />
die Millionenstädte aus dem Boden stampfen.<br />
Zum Vergleich: Der weltweite Markt<br />
liegt bei 420.000 Aufzügen im Jahr. Davon<br />
entfallen allein auf China 250.000, auf Nordamerika<br />
nur 15.000. Ebenso große Hoffnungen<br />
machen sich Otis und seine Mitbewerber<br />
für Indien und schließlich Brasilien – dank<br />
Fußball-WM 2014 und Olympia 2016.<br />
Der Otis-Testturm ist jedenfalls voll ausgelastet.<br />
Die Erfindungen, die sich Ed Yetter<br />
und sein Team hier einfallen lassen, versuchen<br />
die Kollegen im Qualitätszentrum nebenan<br />
jedoch gleich wieder zu zerstören. Eine<br />
Kältekammer simuliert den Betrieb bei minus<br />
100 Grad Celsius, andere Vorrichtungen<br />
in der 2.200 Quadratmeter großen Halle<br />
schütteln die Aufzugkomponenten tagelang<br />
durch, berieseln sie mit Salzwasser oder feinem<br />
Staub. In einem hermetisch abgeschirmten<br />
Raum, in dem die Aufzüge Funkwellen<br />
aller Art ausgesetzt werden, endet der Rundgang.<br />
„Besser, wir finden ein Problem hier im<br />
Qualitätszentrum – und nicht erst, wenn ein<br />
System tausendfach in aller Welt installiert<br />
ist“, sagt Yetter und verlässt das mit Schaumstoffkeilen<br />
vollgeklebte Verlies schnell wieder.<br />
Mit dem Fahrerlebnis in einem modernen<br />
Aufzug hat die klaustrophobisch-düstere<br />
Kammer wirklich nichts gemein.
1<br />
Was<br />
machen<br />
DIE<br />
denn da?<br />
Traditionen sind steif, überkommen, engen ein? nicht alle.<br />
manche sind auch einfach irrsinnig, andere machen irrsinnig viel spaß.<br />
Für diese events gilt beides: Eine Reise um den Globus zu<br />
den bizarrsten Bräuchen der Welt.<br />
INDIEN<br />
Alles so schön bunt hier Es soll eines der ältesten religiösen Feste überhaupt sein – das farbenfroheste ist es aber ganz sicher: Das hinduistische Frühlingsfest Holi feiert die Rückkehr der<br />
Farben in der Natur – was vor allem die Nordinder so direkt wie anschaulich umsetzen: Am ersten Vollmond des Monats Phalguna be werfen, bespritzen, besprengen und beschmieren sie<br />
sich zwei, in manchen Regionen sogar zehn Tage lang mit Farbe. Wobei sie längst nicht mehr nur auf die traditionellen und pflanzlichen Farbpuder setzen: Pumpguns, Farbballons und<br />
Massen farb duschen aus dem Wasserwerfer befördern die ausgelassene Partystimmung deutlich wirkungsvoller in einen kollektiven Farb rausch, in dem alle Standesschranken fallen: An<br />
Holi sind selbst die strengen hinduistischen Kastenregeln aufgehoben – bunt sind alle Menschen gleich.
Fotos: Meola/ImageBank/Gettyimages, Juinen/Staff/Gettyimages, Darren Staples/Reuters, BorkumerZeitung<br />
2<br />
SPANIEN<br />
Tomate total! „Tomaten, Tomaten, wir wollen die Tomaten!“ Mit diesem Ruf beginnt die Schlacht: Seit den 1940er Jahren bewerfen sich die Einwohner des sonst so beschaulichen<br />
9.000EinwohnerOrtes Buñol bei Valencia immer am letzten Mittwoch im August mit Tomaten – zusammen mit mittlerweile rund 30.000 extra angereisten Touristen. genau eine Stunde<br />
dauert die Tomatina, das weltweit berühmteste gemüsemassaker mit rund 120 Tonnen ausschließlich überreifen Früchten. Warum das Dorf jedes Jahr rotsieht, weiß allerdings niemand<br />
mehr. Der legende nach sei einst eine Prozession zu Ehren des Stadtpatrons San luis Bertrán im Handgemenge inklusive Tomatenwürfen geendet. Andere behaupten dagegen, ein grottenschlechter<br />
Straßenmusiker sollte einmal mit Tomaten vertrieben werden, habe aber zurückgeworfen.<br />
3 4<br />
ENglAND<br />
Die Mutter aller Derbys Das älteste und gleichzeitig kurioseste Fußballspiel der Welt findet<br />
seit dem 12. Jahrhundert jedes Jahr in der englischen grafschaft Derbyshire statt: Beim<br />
Royal Ashbourne Shrovetide Football tritt die ganze gemeinde gegeneinander an, Oberstädter<br />
gegen Unterstädter. Das Spiel dauert zwei Tage, das Spielfeld ist fünf Kilometer lang.<br />
Und die Spielregeln sind überschaubar: gräber, gedenkstätten und Privatgärten sind<br />
„Aus“, der Ball darf nicht in Taschen versteckt oder in motorisierten Fahrzeugen transportiert<br />
werden – und Mord oder fahrlässige Tötung, darauf weist das uralte Regelwerk eigens<br />
hin, sind ein böses Foul und damit verboten.<br />
1585 AUSGABE 2/10<br />
DEUTSCHlAND<br />
brauchtum 29<br />
St. Nikolaus’ wilder Verwandter Auf der Nordseeinsel Borkum kommt am 6. Dezember<br />
nicht der heilige Nikolaus: Dort geht dann Onkel Klaus um, der Klaasohm, und schlägt mit<br />
seinem Kuhhorn den Frauen auf den Hintern. gleich mehrere, streng geheim bestimmte<br />
Männer ziehen als Klaasohm über die Insel, tragen dabei meterhohe, mit Schafspelz bezogene<br />
Helme und sind mit Möwenfedern und flügeln beklebt. Ihr Ziel ist eine zentrale litfaßsäule,<br />
von der sie sich kopfüber in die Menge stürzen. Das Klaasohmfest soll eine Mixtur aus<br />
Nikolaus und Bräuchen der Walfänger sein: Spätestens Anfang Dezember kehrten sie nach<br />
Monaten auf See heim – und eroberten ihre Insel von den daheim gebliebenen Frauen zurück.
5<br />
KENIA<br />
Auf Fisch komm raus Fischen ist Muße, Meditation, Kontemplation. Meistens jedenfalls. Beim Argungu Fishing Festival allerdings nie: Einmal jährlich sieht man den Fluss vor Fischern<br />
nicht mehr, wenn tausende Männer – Frauen sind nicht einmal als Zuschauerinnen zugelassen – mit ihren traditionellen Handnetzen und begleitet von Trommlern in Kanus den<br />
fl achen Matan Fada stürmen. Wer innerhalb einer Stunde den dicksten Fisch aus dem aufgewühlten Wasser holt, gewinnt eine Million Naira, rund 5.000 Euro. Seit 1934 fi ndet das<br />
Spektakel statt, damals aus Anlass des Friedensschlusses zwischen dem Königreich Kebbi mit dem Kalifat Sokoto. genug Beute machen die Teilnehmer übrigens immer: Zwischen den<br />
Fishing Festivals ist Angeln im Matan Fada strengstens verboten.<br />
6 7<br />
RUSSlAND USA<br />
Fausten vorm Fasten Masleniza, die orthodoxe „Butterwoche“ vor der Fastenzeit – Fleisch<br />
ist schon verboten, Milcherzeugnisse noch nicht – kennt unzählige Bräuche. Allerdings auch<br />
einen, der dem gebot der christlichen Nächstenliebe eher weniger gerecht wird: Die MaslenizaMassenschlägerei.<br />
Die Männer stellen sich in einer Reihe oder im Kreis auf und schlagen<br />
aufeinander ein, bis der gegner umfällt. Verloren hat aber auch schon, wer ausweicht<br />
oder nur zurückzuckt. Bei der Variante „Wand gegen Wand“ dagegen rennen zwei Männergruppen<br />
wild aufeinander los. In früheren Jahrhunderten endete die Keilerei erst, wenn ein<br />
gegner blutüberströmt am Boden lag oder seiner Kleidung beraubt war. Und weil diese schöne<br />
Tradition allen so viel Spaß macht, mag man sich nicht mehr allein auf Masleniza beschränken:<br />
Weihnachtsfaustkämpfe werden immer beliebter.<br />
dpa/picture-alliance<br />
Imago/LFI,<br />
Hier geht’s um die Wurst! Wenn das kein Fall schwer verdaulicher und höherer logik ist:<br />
Hotdogs essen heißt, die Heimat zu lieben. Am 4. Juli 1916 ermittelten vier USEinwanderer<br />
Karpukhin/Reuters,<br />
in Nathan’s Imbiss auf Coney Island genau so, wer von ihnen der patriotischste sei. James<br />
Sergei<br />
Mullen schaffte 13 Stück in zehn Minuten – das internationale HotdogWettessen war geboren<br />
und fi ndet seitdem jährlich am USNationalfeiertag statt. Aktueller Champion und<br />
nun schon seit vier Jahren in Folge Träger des „senfgelben gürtels“ ist Joey Chestnut. Dieses<br />
Jahr schwächelte der 26jährige Kalifornier jedoch: Er verschlang nur 54 Hot Dogs in zehn<br />
Minuten statt deren 68 wie noch im Vorjahr. Platz zwei verleibte sich Tim "Eater X" Janus<br />
kpei/AFP/Gettyimages,<br />
mit 45 Wurstbrötchen ein. Dritter wurde Patrick "Deep Dish" Bertoletti mit 37 Hotdogs. Alle<br />
drei hielten die wichtigste Regel ein: Sich während des Wettkampfs nicht zu übergeben. Fotos:
8<br />
1585 AUSGABE 2/10<br />
brauchtum 31<br />
JAPAN<br />
Tollhaus im Tempel Eigentlich sind Japaner eher zurückhaltend. Einmal im Jahr aber werfen japanische Männer alle Hemmungen und jedes Benehmen über Bord, ziehen blank und<br />
balgen sich in einer riesigen, schwitzenden und schreienden Menschenmasse. Ziel der gut 9.000 nur mit einem lendenschurz bekleideten Kämpfer: Zwei heilige Holzstäbchen, die der<br />
buddhistische Priester beim EyoHadakaFest im Tempel Saidaiji in Okayama von der Brüstung in die Menge wirft. Wer eins ergattert – und behauptet! –, dem sind ein ganzes Jahr<br />
glück und Erfolg sicher. Was stört da schon ein nebensächlicher Nasenbeinbruch? Heute stürzen sich insbesondere Manager und Führungskräfte jedes Jahr als glücksritter in die rituelle<br />
Rauferei, die vor über 500 Jahren erstmals ausgetragen wurde und gegen die selbst das härteste RugbySpiel zum Ringelreihen verblasst.
32<br />
guide<br />
„Unsere TradiTion<br />
isT innovaTion“<br />
Salvatore Capasso verantwortet bei Banca IMI, Italiens größter Investmentbank<br />
und Teil der Intesa Sanpaolo Group, den Eigenhandel mit Aktienprodukten. Der gelernte<br />
Marineoffizier und überzeugte Familienmensch zeigt „1585“ sein Mailand.<br />
I<br />
talien als Nationalstaat ist erst 150 Jahre<br />
alt“, schickt Salvatore Capasso vorweg.<br />
Daher seien bis heute viele Unternehmen in<br />
den Regionen verankert – und familiär geprägt.<br />
„Mia famiglia“ – wir sind schließlich in<br />
Italien: Norditaliens Metropole Mailand zählt<br />
wie die umgebende Lombardei auffällig viele<br />
erfolgreiche Familienunternehmen. Mit ihrer<br />
starken Exportorientierung bilden diese Mittelständler<br />
das wirtschaftliche Rückgrat. Und<br />
diese Unternehmen wünschen eine enge Beziehung<br />
zu einer Hausbank. Anders als in anderen<br />
Ländern, so Capasso, habe sich wegen<br />
dieser beiden Traditionen – Mittelstand und<br />
Relationship Banking – die Finanzkrise in Italien<br />
nicht so heftig ausgewirkt.<br />
Als Händler von europäischen Aktien, Derivaten<br />
und verstärkt auch ETFs hat Salvatore<br />
Capasso nicht viel Zeit für seine Mittagessen.<br />
Nur freitags lädt er sein Team zu angelieferter<br />
Pizza an seinen Händlertisch. Aber heute<br />
macht er für „1585“ eine Ausnahme: Der<br />
„Head of Delta 1 Products, Capital Markets,<br />
Risk Trading, Equity“ der Banca IMI, so lautet<br />
Capassos Titel offiziell, führt uns zwei Stun<br />
den durch die Mailänder Innenstadt zu den<br />
wichtigsten Sehenswürdigkeiten.<br />
Nur 300 Meter von seinem Büro entfernt<br />
liegt die kurz nach der nationalen Einheit im<br />
Jahr 1864 eingeweihte, wohl prächtigste Einkaufspassage<br />
Europas: Die Galleria Vittorio<br />
Emanuele II, benannt nach Italiens erstem<br />
König, bietet Shopping auf höchstem Niveau.<br />
Bei Borsalino etwa lässt man sich gepflegt<br />
behüten oder bei Gucci und Prada bestens<br />
bekleiden. Capasso, selbst elegant gekleidet,<br />
kennt natürlich die Bedeutung der Mode
Fotos: Sakis Lalas<br />
industrie für die Stadt, die in jedem Frühjahr<br />
und Herbst dem internationalen Publikum die<br />
neuen Kollektionen präsentiert. Und er weiß,<br />
dass die Branche mit ihren Flagshipstores<br />
auch zur gehobenen Gastronomie beiträgt. Im<br />
Shop des Lederspezialisten Trussardi etwa<br />
sind eine Cocktailbar mit Blick auf die Scala<br />
und ein Restaurant mit einem MichelinStern<br />
beheimatet. In der Galleria selbst empfiehlt<br />
sich dagegen das „Zucca“: Schon Verdi und<br />
Toscanini ließen sich hier Traditionelles auftischen.<br />
Und in der zugehörigen Jugendstil<br />
Bar wurde einst der Campari erfunden.<br />
In der Mitte der Passage sind im Boden die<br />
Wappen der bedeutendsten italienischen<br />
Städte eingelassen. Das Stierwappen der Rivalin<br />
Turin dient den Milanesen einem pikanten<br />
Brauch: Sich mit dem Absatz auf dem Gemächt<br />
des Stiers zu drehen, soll Glück und<br />
Fruchtbarkeit bringen. Wir aber machen auf<br />
dem Absatz kehrt und steuern die wenige<br />
Schritte entfernte, bedeutendste Sehenswürdigkeit<br />
der Stadt an: den Mailänder Dom, mit<br />
157 Metern Länge eine der größten Kirchen der<br />
Welt. Wer sein Dach besteigt, überblickt den<br />
riesigen Vorplatz und die gesamte Altstadt.<br />
Erst weiter draußen sind einige Hochhäuser<br />
zu erkennen, nicht etwa Banken, sondern die<br />
Unternehmenszentralen von Pirelli oder Martini.<br />
„Auf der Dachterrasse von<br />
Martini kann man den Mailänder<br />
Brauch des Aperitivo pflegen,<br />
bei schönem Wetter sogar<br />
mit Alpenblick“, sagt Capasso.<br />
Er selbst meidet den touristischen Trubel am<br />
Dom jedoch. Lieber führt er den Besucher<br />
weiter zur Piazza Mercanti: Ins mittelalterliche<br />
Herz Mailands mit dem im Jahre 1233 erbauten<br />
alten Rathaus. Zeit für ein schnelles<br />
Mittagessen. Unser Guide empfiehlt das „Obikà“.<br />
Concept Food in Italien? Ja, wenn die<br />
Qualität stimmt: So schmackhaft und variantenreich<br />
wie hier ist Büffelmozzarella selten.<br />
Beim Lunch erzählt Capasso, welche Traditionen<br />
er persönlich hochhält: „Als Italiener<br />
natürlich die Familie. Kinder sind der beste<br />
Deal meines Lebens!“ Mit zwei Töchtern im<br />
Teenageralter und einem anderthalb Jahre alten<br />
Sohn liegen seine Frau und er weit über<br />
dem Landesdurchschnitt: Allen Klischees<br />
1585 AUSGABE 2/10<br />
Bringt glück: Mailänder drehen sich gern auf dem<br />
Wappentier Turins – auf dessen empfindlichster Stelle.<br />
zum Trotz liegt er bei unter 1,3 Kindern. Die<br />
Capassos kochen gern zusammen: „Zum Beispiel<br />
Gnocchi. Sie gemeinsam zuzubereiten<br />
und zu essen, das ist für uns fast ein Ritual.“<br />
Auch der Urlaub wird gemeinsam verbracht.<br />
Der passionierte Taucher fährt mit seiner Familie<br />
gern an die Küste bei Portofino, aber<br />
auch zu exotischen Zielen wie Papua Neuguinea<br />
oder Borneo. Abwechslung reizt Capasso.<br />
Die Mailänder Tradition, eine Zweitwohnung<br />
am Mittelmeer oder in den Alpen zu<br />
unterhalten, pflegt er deshalb nicht.<br />
Bevor Salvatore Capasso Wirtschaft studierte<br />
und ab 1986 zunächst in Rom, dann in Mailand<br />
als Händler auf dem <strong>Börse</strong>nparkett ar<br />
beitete, wurde er an der Marineakademie<br />
Offizier: Auf dem Windjammer Amerigo<br />
Bringt Qualität: Capasso schätzt Xetra, vor allem wegen dessen optimaler Verfügbarkeit.<br />
guide 33<br />
Vespucci fuhr er zur See. Das Meer blieb seine<br />
Leidenschaft: Jedes Jahr lädt er seine Kinder,<br />
Neffen und Nichten – und nur sie – zu einem<br />
einwöchigen Segeltörn ein, zuletzt um die<br />
Insel Lampedusa. Berührungsängste gegenüber<br />
der Jugend kennt er jedenfalls nicht: Mit<br />
seinen Töchtern und deren Freundeskreis besucht<br />
er gern Konzerte – nicht nur Klassik in<br />
der weltberühmten Scala, sondern auch Rockkonzerte.<br />
Aber jetzt muss er dringend zurück<br />
in die Bank, denn die Märkte sind volatil und<br />
bieten beste Arbitragemöglichkeiten.<br />
Nach Handelsschluss empfängt er uns wieder,<br />
diesmal direkt an seinem Arbeitsplatz.<br />
Hier, so ist er überzeugt, spielt Tradition aber<br />
kaum eine Rolle. „Wir schauen nur<br />
nach vorn, nicht zurück. Handeln<br />
können wir heute überall,<br />
sogar zu Hause. Die einzige Tradition<br />
ist die Innovation!“ Das Parkett,<br />
auf dem er einst begann, ist längst abgeschafft<br />
und auf den acht Handelsbildschirmen<br />
an seinem Platz hat er Zugriff auf alle wesentlichen<br />
europäischen Handelssysteme. Xetra<br />
schätzt er besonders: „Es hat eine gute Verbindungsqualität<br />
mit minimaler Verzögerung<br />
und ist praktisch immer voll verfügbar – ohne<br />
Probleme auch während des New Yorker<br />
Kurssturzes Anfang Mai.“
34<br />
NICE TO HAVE<br />
NICE<br />
TO HAVE<br />
Erst das Lesen, dann das schöne Leben –<br />
das Beste kommt traditionell zum Schluss,<br />
auch in „1585“: Unsere Empfehlungen<br />
aus der Welt der schönen Dinge.<br />
Traditionelle Brettspiele sind nicht wegzudenken<br />
– aber immer noch exklusiver anzubieten.<br />
Bestes Beispiel ist der in aufwendiger<br />
Handarbeit gefertigte Game Cube von<br />
Geoffrey Parker: Auf dem Lederspielbrett<br />
und mit Silbersteinen machen die 24 Klassiker<br />
von Schach über Scrabble bis Monopoly<br />
gleich viel mehr Spaß.<br />
Preis: ab 13.000 Euro<br />
www.zontikgames.com<br />
Vorhang auf für die Wiedergeburt der Sportwagenlegende<br />
300 SL: Tradition trifft Hightech – mit dem<br />
SLS AMG gelingt Mercedes die perfekte Neuinterpretation<br />
der eigenen Design-Ikone.<br />
Preis: ab 177.310 Euro<br />
www.mercedes-benz.com<br />
Auf 300 Jahre Tradition blickt<br />
die Staatliche Porzellan-Manu-<br />
faktur Meissen Meissen zurück. Ihre<br />
gekreuzten Schwerter setzt sie<br />
jedoch nicht nur auf „weißes<br />
Gold“, Gold“, sondern sondern auch auf echtes<br />
(Weiß-) Gold: Wie bei diesen<br />
Manschettenknöpfen.<br />
Preis: 2.600 Euro<br />
www.meissen.com<br />
Rennrad-Fans fachsimpeln traditionell am liebsten über die Gewichtsreduzierung<br />
ihrer Bikes. Wahrscheinlich bietet der Däne Bo Franch-<br />
Mærkedahl sein Gold-Velo genau deshalb auch in einer Version ohne<br />
Swarowski-Kristalle an. Das spart nicht nur ein paar Gramm –<br />
sondern drückt auch den Preis um gut 60.000 Euro.<br />
Preis: ab 21.000 Euro<br />
www.aurumania.com<br />
Man(n) kauft nicht mehr oft einen Chapeau-Claque-Zylinder.<br />
Aber wenn, dann von Meinrad Jülg: Der Hutmachermeister<br />
aus Achern im Schwarzwald ist weltweit einer der drei letzten<br />
Klappzylindermacher. Auf dessen Marke „Aleisa“ schwörten<br />
schon Winston Churchill oder Marlene Dietrich.<br />
Preis: ab 300 Euro<br />
www.aleisa.de<br />
Fotos: PR, Bildagentur-Online
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