Hartmut Gossow · Wildökologie - Forstbuch.de
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1 Einleitung<br />
1.1 Probleme im Umgang <strong>de</strong>s Menschen mit Wildtieren<br />
Im Laufe <strong>de</strong>r Jahrhun<strong>de</strong>rte hat <strong>de</strong>r Mensch es fertiggebracht, sehr viele wildleben<strong>de</strong> Tierarten ganz<br />
o<strong>de</strong>r doch bis auf kleine Restbestän<strong>de</strong> auszurotten. Betroffen waren einmal die als Nahrungskonkurrenten<br />
o<strong>de</strong>r lebensbedrohend angesehenen Großraubtiere, andrerseits sogenannte Nutztierarten,<br />
<strong>de</strong>ren Ausrottungsgeschichte fast noch bezeichnen<strong>de</strong>r ist – man <strong>de</strong>nke etwa an die nordamerikanischen<br />
Bisonher<strong>de</strong>n, an Pelzrobben, <strong>de</strong>n Seeotter, die Dronte und an<strong>de</strong>re mehr. Als beson<strong>de</strong>rs<br />
geeignet zur Darstellung dieser ganzen Problematik erweist sich immer wie<strong>de</strong>r die Entwicklung<br />
<strong>de</strong>s antarktischen Walfangs, die <strong>de</strong>nn auch in kaum einem Ökologie- o<strong>de</strong>r „Umwelt“-Buch fehlt<br />
(Abb. 1).<br />
In Dennis Meadows‘ »Grenzen <strong>de</strong>s Wachstums« stehen in diesem Zusammenhang folgen<strong>de</strong><br />
Sätze: »Die Geschichte <strong>de</strong>s Walfangs zeigt in einem kleinen Bereich, was dabei herauskommt,<br />
wenn ein begrenzter Lebensraum immer stärker ausgebeutet wird. Die Walfänger haben einen<br />
Grenzwert nach <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren erreicht und stets versucht, diese Begrenzungen durch <strong>de</strong>n Einsatz<br />
noch besserer technologischer Hilfsmittel zu durchbrechen. Sie haben eine Walart nach <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />
ausgerottet. Das En<strong>de</strong>rgebnis dieser Haltung, die Wachstum um je<strong>de</strong>n Preis verlangt, kann<br />
nur die totale Ausrottung aller Walarten und <strong>de</strong>r Walfänger (als Beruf) selbst sein. Als Alternative<br />
bietet sich nur die Einhaltung einer von Menschen bestimmten Fangziffer, die <strong>de</strong>n Walarten die<br />
Möglichkeit läßt, einen bestimmten Bestand zu erhalten«. Also eine Wal-Bewirtschaftung unter<br />
wissenschaftlicher Kontrolle.<br />
Tatsächlich bestün<strong>de</strong> die Möglichkeit dazu durchaus, wie ein sehr lehrreiches Beispiel belegen<br />
möge. 1963 hatte ein Wissenschaftler-Gremium <strong>de</strong>r Internationalen Walfang-Kommission empfohlen,<br />
die Jagd auf Blau- und Buckelwale ganz zu verbieten und an Finnwalen nur 5000 o<strong>de</strong>r<br />
weniger als Fangquote freizugeben. An<strong>de</strong>rnfalls könne man – statt <strong>de</strong>r vom japanischen Kommissionsmitglied<br />
gefor<strong>de</strong>rten Quote von 10.000 »Blauwal-Einheiten« (BWE) 1 – mit nur 8.500 BWE<br />
rechnen und das auch nur auf Kosten von rund 14.000 Finnwalen. Wie genau diese Prognosen<br />
waren, zeigte sich in <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Saison (1963/64), als von <strong>de</strong>r schließlich freigegebenen Quote<br />
von 10.000 BWE nur 8.429 erreicht wur<strong>de</strong>n und in diesem Fangergebnis 13.870 Finnwale<br />
enthalten waren. Diese erstaunlich genauen Zahlen-Voraussagen <strong>de</strong>r Walbiologen spiegeln das<br />
wachsen<strong>de</strong> Wissen darüber wi<strong>de</strong>r, wie Tierbestän<strong>de</strong> anwachsen, sich verringern, in welchem Maß<br />
sich selbst regulieren und wie stark sie gegebenenfalls vom Menschen genutzt wer<strong>de</strong>n können.<br />
Aber während vor 10 o<strong>de</strong>r 20 Jahren noch eine durchaus auch wirtschaftlich interessante Entwicklung<br />
eines gezielten Wal-Managements <strong>de</strong>nkbar gewesen wäre, kann man sich heute ausrechnen,<br />
daß erst ein 30 o<strong>de</strong>r mehr Jahre währen<strong>de</strong>s Verschonen <strong>de</strong>r kärglichen Restbestän<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>r<br />
Wal-Populationen entstehen ließe, welche sicher überlebensfähig, aber auch in grösserem Ausmaß<br />
nachhaltig nutzbar wären.<br />
1 Man sprach damals im Walfang von Blauwal-Einheiten als Richtwert, wobei 1 Blauwal 2 Finn-,<br />
2-3 Pott- o<strong>de</strong>r 6 Seiwale entsprechen: Nicht Größenunterschie<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn relative Häufigkeiten<br />
wur<strong>de</strong>n damit bewertet.<br />
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