Dual-Process-Theorien: Neuere Untersuchungen ... - Gestalt Theory
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Metz-Göckel, <strong>Neuere</strong> <strong>Untersuchungen</strong> zu Intuition und Inkubation<br />
rational erfolgen, wie es die klassische Entscheidungstheorie nahe legt. Wenn<br />
Entscheidungen und Problemlösungen von Impulsen aus System 1 gespeist sind,<br />
und System 2 untätig ist, folgen sie oft bestimmten Heurismen, also ‚Daumenregeln’,<br />
die sich auf Auffälligkeiten, sich einstellende Gedächtnisbestände, sich<br />
aufdrängende Vermutungen etc. beziehen. Die Autoren konnten zeigen, dass viele<br />
Reaktionen durch die Zugänglichkeit (‚availability‘) von Inhalten bestimmt<br />
sind. Das, was unmittelbar einfällt, wird generell überschätzt und kann auch<br />
Ankerfunktion haben. Intuitive Urteile haben Eigenschaften der Wahrnehmung:<br />
Sie sind konkret und spezifisch, oft affektiv aufgeladen und transportieren<br />
Kausalbeziehungen (Kahneman & Frederick 2002). Wir bilden schnell<br />
ein Urteil, wissen aber nicht, wie es zustande kam. Diese Urteile können falsch<br />
sein. Fehler können insbesondere aufgrund der kapazitativen Beschränkung und<br />
Störanfälligkeit von System 2 entstehen. Korrektive Operationen von System 2<br />
können beeinträchtigt sein durch: Zeitdruck, alternatives Engagement in einer<br />
anderen Aufgabe, Stimmung etc. (Kahneman 2003) oder Oberflächlichkeit und<br />
fehlende Motivation, wie folgende Aufgabe zeigt.<br />
Ein Tennisschläger und ein Tennisball kosten zusammen $1.10. Der Schläger kostet<br />
einen Dollar mehr als der Ball. Wie viel kostet also der Ball?<br />
Die meisten Personen antworten „10 Cent“, weil sich 1.10 sehr schön in 1.0 $<br />
und 10 Cent aufteilen lässt. Hier sieht man aber, wie ungenau System 2 System<br />
1 überwacht. Kahneman folgerte daraus, dass viele Personen nicht gewohnt sind,<br />
hart zu denken, und dass sie oft einem plausiblen Urteil vertrauen, das schnell<br />
ins Bewusstsein tritt.<br />
Tversky & Kahneman (1973) haben folgende weitere Aufgabe gestellt:<br />
„Consider the letter R.<br />
Is R more likely to appear<br />
_____ in the first position?<br />
_____in the third position of a word? (check one)<br />
My estimate for the ratio of these two values is _________ : 1.” (212)<br />
Die meisten Vpn antworteten mit der ersten Position und einer Relation von 2:<br />
1. Sie waren demnach der Meinung, der Buchstabe käme doppelt so häufig als<br />
Anfangsbuchstabe als an dritter Stelle vor, weil sie einer Heuristik der Zugänglichkeit<br />
folgen. Es ist einfacher, Wörter zu erinnern, die mit ‚r’ beginnen als solche<br />
mit einem ‚r’ an dritter Position3 .<br />
Eine andere Verzerrung haben sie Attribut-Substitution genannt. Etwa wenn<br />
eine gestellte Frage gar nicht angemessen beantwortet wird, sondern durch einen<br />
3 ‚r’ gehört zu den Buchstaben, die bei Wörtern der englischen Sprache häufiger an dritter als an erster Stelle<br />
vorkommen.<br />
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