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Fernsehkultur - KOBRA

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dacht' wurde. In der Darstellungsweise der ZEIT (Nr. 48,26.11.1993, S. 14f.) liest<br />

sich das in den Schlagzeilen folgendermaßen:<br />

"Im Fernsehen tobt die Marktwirtschaft. ARD und ZDF müssen um ihre Gebühren-<br />

einnahmen fürchten - die Zuschauer laufen ihnen davon. Private Sender sichern sich<br />

durch steigende Einschaltquoten Werbegelder. Doch wo immer mehr Kanäle konkurrie-<br />

ren, verflacht das Programm zum Einheitsangebot. Die einzige Quote mit Zukunft ist<br />

die der Abschalter."<br />

Daneben beschwört die Graphik noch das alte Theoriemodell vom aktiven Sender,<br />

dem passiven Empfänger und der Transportbeziehung: Aus einem altmodischen<br />

Femsehmöbel stößt eine Faust auf den Zuschauer zu und würgt ihn. Der Arm ist<br />

mit den Narnensetiketten von 12 Fernsehsendern gespickt.<br />

Die Auflösung des Programmschemas, sie begann mit der Videokonserve, ent-<br />

spricht der Auflösung des Rezeptionsraumes in diverse soziale Lebenswelten, die<br />

sich die Rezipienten als eigene Interpretationsleistung, u.a. per Fernbedienung,<br />

zusarnmrnengernischen. Das Programmschema löst sich als Bezugsrahmen, ähnlich<br />

dem Bezugsraum der Rezeption, auf.<br />

Ein Vierteljahr später diskutiert "Die Zeit" erneut die Veränderung des Fernse-<br />

hens, weg vom BBC-Modell des differenzierten und verantworteten Gesamtpro-<br />

gramms für ein Massenpublikum, diesmal unter dem Aspekt der Individualisierung.<br />

Dazu folgendes Situationsszenario (Die Zeit, Nr.10, 4.3.1994, S. 17):<br />

"Gerade heute morgen haben sie den letzten Rest Zahnpasta aus der Tube gequetscht.<br />

Am Abend schalten sie den Fernseher ein, und was flimmert da geballt über den Bild-<br />

schirm? Werbung für Zahnpasta. Zufall? Im Konsumparadies der Zukunft vielleicht<br />

nicht mehr. Amerikanische Marktforscher wissen längst, daß eine Zahnpasta durch-<br />

schnittlich sechs Wochen hält. In der digitalen Welt von morgen hat die Supermarkt-<br />

kasse Ihren Einkauf registriert, als Sie mit ihrer Chipkarte bezahlt haben, und exakt<br />

fünfeinhalb Wochen später sorgt ein Computer der Handelskette dafür, daß Sie in Ihrem<br />

ganz persönlichen Fernsehprogramm mit entsprechender Werbung überschüttet werden.<br />

Zur gleichen Zeit wird Ihr Nachbar vielleicht via Bildschin daran erinnert, daß sein<br />

Auto neue Reifen braucht."<br />

Die Raumsituation wird hier noch recht altmodisch gedacht, letztlich immer noch<br />

als das private Familienwohnzimmer der fünfziger und sechziger Jahre. Computer<br />

plus Bildschirm schaffen jedoch neue soziale Beziehungszusammenhänge, die auch<br />

die körperlichen Räume in ihrer Funktion ablösen und durch primär symbolische<br />

Zusammenhange ersetzen. Konkret läuft das so ab, wie es die Werbung für den<br />

Kabelanschluß von Homecomputern nahelegt: alle Heimmedien, Video, Foto,<br />

Tonträger sind per CD-Rom verbunden und werden zu einem Gerät. Da sich der<br />

Desktop-PC zum Portable miniaturisiert, wird die Mediennutzung zur raumunab-<br />

hängigen Computer-Display-Aktivität mit interaktiver Software.

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