1 Predigt im Gottesdienst zum Wochenschluss am 14.1.2012 ...
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<strong>Predigt</strong> <strong>im</strong> <strong>Gottesdienst</strong> <strong>zum</strong> <strong>Wochenschluss</strong> <strong>am</strong> <strong>14.1.2012</strong><br />
<strong>Predigt</strong>grundlage: 1. Kor 1 & 2. Kor 12,9<br />
- Es gilt das gesprochene Wort -<br />
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus –<br />
Amen!<br />
Der Ort: die Hauptstadt, die Hauptstadt einer Provinz in Griechenland.<br />
Das Jahr: 54.<br />
Griechenland ist hilflos – sie kennen das –<br />
Denn ganz Griechenland ist römisch, besetzt von Römern.<br />
Es ist besetzt, aber nicht erstarrt.<br />
Ja es bewegt sich was <strong>im</strong> Land, <strong>im</strong> Land der Griechen und der Römer.<br />
Es rumort in der Stadt.<br />
Die Götter, die die Römer brachten, sie verlieren an Menge, sie verlieren an Zahl, sie<br />
verlieren an Einfluss.<br />
Zumindest in Maßen und bei manchen.<br />
Die alten Götter verändern sich – Gott tritt auf den Plan.<br />
Der Gott des Paulus, der Gott des Kephas, der Gott des Apollos, der Gott des Christus.<br />
Und so, während die Einwohner in ganzen Stadtteilen noch <strong>im</strong>mer den alten Göttern<br />
nachsinnen, gehören in den besseren Vierteln einige Bewohner ihrer Taufe nach zu<br />
Paulus, andere reden für Kephas, andere für Apollos und wieder andere gehören zu<br />
Christus…<br />
Ein Gott, drei Taufen?, viel Glaube…!<br />
Auch bei einem Gott können sich viele anderswo zugehörig fühlen.<br />
Je nachdem von wem sie getauft wurden, je nachdem, wen sie <strong>am</strong> charismatischsten<br />
finden.<br />
Ein Gott, eine Taufe, viel Glaube…<br />
… und ein Paulus.<br />
Paulus, der die Gemeinde einst gründete, hatte den Kontakt nie abreißen lassen.<br />
Er wollte <strong>im</strong>mer wissen, was los war.<br />
Und da erfuhr er so einiges: Geschichten und Gerüchte gehen ja gern auf Reisen…<br />
Er erfuhr so einiges und vieles gefiel ihm gar nicht:<br />
„Diese komischen Aufspaltungen, Parteiungen und Gruppenbildungen.“<br />
Er verstand einfach nicht, wie man von einem Gott zu mehreren Gruppen k<strong>am</strong>.<br />
Paulus war richtig froh, dass er nicht allzu viele dort getauft hatte – schade eigentlich,<br />
wenn sich ein Gemeindeleiter freut, nicht zu taufen, wenn er froh ist, dass sich nur<br />
wenige auf ihn berufen.<br />
Paulus entschied: „ein Brief muss her!“<br />
Und wie <strong>im</strong>mer, wenn er <strong>zum</strong> Papier griff, dann war es mit einer Seite nicht getan.<br />
Paulus war kein Mann der kurzen Rede. Das sind Gemeindeleiter ja selten.<br />
Und so dauerte das Reden und es dauert das Scheiben, bei Paulus oft mehrere Wochen.<br />
An Korinth hatte er vorgestern wieder angefangen zu schreiben.<br />
1
Heute setzt er sich und liest noch einmal die ersten Zeilen.<br />
Paulus, durch Gottes Willen berufener Apostel Christi Jesu, hmh, hmh, usw. usf. an die<br />
Gemeinde in Korinth. Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn<br />
Jesus Christus.<br />
„Schön, sehr schön geschrieben, der Briefanfang, so schön persönlich,<br />
… jetzt was positives:<br />
Habe gehört, dass die <strong>Predigt</strong> von Christus ist in euch kräftig geworden ist usw. usf.<br />
Dann aber in medias res:<br />
Ich ermahne euch aber, liebe Brüder,…<br />
dass ihr alle mit einer St<strong>im</strong>me redet und lasst keine Spaltungen unter euch zu!<br />
Genau! Denn es ist ein Gott, ein Glaube, eine Taufe!<br />
Und ein Kreuz, d<strong>am</strong>it geht der Brief dann weiter.<br />
Und hier wird die Sache kompliziert.<br />
Ich bin unsicher, ob Sie verstehen, was Ich geschrieben habe.<br />
Es ist aber auch komplex: Wie kann man etwas erklären, dass man selbst <strong>im</strong>mer erst zu<br />
verstehen beginnt? Immer neu zu verstehen suchen muss.<br />
Und dann diese Gemeinde, die haben schon genug Probleme, auch ohne Theologie und<br />
dogmatische Gedanken. Ja, sie haben genug Probleme<br />
Wenn die Nachbarn einen für selts<strong>am</strong> halten, für irgendwie defizitär,<br />
wenn die Nachbar an alles mögliche und an alle möglichen glauben, nur nicht an den<br />
einen Gott…<br />
Aber genau darum geht es:<br />
für die Nachbarn mag das alles eine Torheit sein, auch die Sache mit dem Kreuz – eine<br />
Torheit;<br />
für die Nachbarn ist das alles bloß ein Ärgernis, auch die Sache mit dem Kreuz – ein<br />
Ärgernis – aber für mich, für Paulus, ist sie die Kraft aus der wir leben, die Sache mit<br />
dem Kreuz!<br />
Wie soll ich aber das beschreiben woraus ich lebe – außer, dass ich es lebe.<br />
Denn die Juden fordern Zeichen und die Griechen fragen nach Weisheit,<br />
wir aber predigen den gekreuzigten Christus, den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine<br />
Torheit…<br />
So versuche ich es, aber es klingt nur nach Torheit…<br />
Das lässt sich nämlich gar nicht einfach so leben, vielleicht fehlt uns da ein bisschen<br />
Weisheit, aber wir sollten es versuchen, wohl wissend, dass selbst die Torheit Gottes<br />
weiser ist, als die Menschen es je sein können.<br />
Es ist schon selts<strong>am</strong>, ich weiß, dass ich schon einiges verstanden habe, von Christus und<br />
von Paulus, und dennoch überkommen mich auch <strong>im</strong>mer wieder Zweifel – kennen sie<br />
das?<br />
Wenn es einfach nicht zus<strong>am</strong>men passt, nicht zus<strong>am</strong>men gehen will, wenn es einfach<br />
nicht zus<strong>am</strong>men kommen kann<br />
ich fühle mich dann schwach… ich fühle mich dann töricht…<br />
2
… irgendwann will ich den Provinzhauptstädtern davon schreiben, will ihnen schreiben,<br />
welches Gotteswort mich in solchen Momenten begleitet, denn er spricht zu uns: Lass dir<br />
an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.<br />
Der Ort: die Provinz-Hauptstadt, Potsd<strong>am</strong>, Hauptstadt Brandenburgs<br />
Das Jahr: 2012.<br />
Vieles hat sich verändert, Gott sei´s gedankt…<br />
Wir sind mehr geworden, und <strong>im</strong>mer noch wenige und viele davon aus den besseren<br />
Vierteln,<br />
und schon wieder Torheiten? Für die anderen best<strong>im</strong>mt.<br />
Unter uns? Vielleicht ...<br />
und schon wieder Ärgernisse? Unter uns best<strong>im</strong>mt.<br />
Für andere? Vielleicht?<br />
Schon wieder der Streit der Meinungen – Und <strong>im</strong>mer noch, aber <strong>im</strong>mer auch noch das:<br />
ein Glaube, eine Taufe und viel, ja ganz viel Glaube.<br />
So werdet nun klug ihr Häupter einer Provinz, ihr Provinzhäupter, es soll unter euch keine zwei<br />
Meinungen geben!<br />
Ist es das? dass wir alle mit einer St<strong>im</strong>me reden und keine Spaltungen unter uns zulassen?<br />
Haben wir in 2000 Jahren Christentum alles falsch gemacht, weil wir anderer Meinung<br />
waren?<br />
Gäbe es das überhaupt ... was wir heute Christentum nennen – gäbe es das ohne<br />
Spaltung?<br />
Gäbe es ihn überhaupt ... den wir heute Protestantismus nennen – gäbe es ihn ohne<br />
Streit?<br />
Ja gäbe es sie überhaupt ... die Kapelle, in der wir heute Abend sitzen – gäbe es sie, ohne<br />
dass sie anderer Meinung gewesen wären?<br />
Das alles gäbe es nicht, wenn nicht ein paar wenige anderer Meinung gewesen wären<br />
und wenn sie nicht anderer Meinung geblieben wären<br />
Das hieße dann, 500 Jahre evangelische Kirche gäbe es nicht ... uns gäbe es nicht.<br />
Das hieße dann, 67 Jahre Ringen um die Garnisonkirche gäbe es nicht ... uns gäbe es<br />
nicht hier<br />
… einer Meinung sein,<br />
hätte uns nie dahin gebracht, wo wir heute Abend stehen.<br />
Ja, zugegeben, unterschiedliche Meinungen sind oft schwer zu ertragen,<br />
wir haben eine Schwäche für Harmonie und Einst<strong>im</strong>migkeit,<br />
und wir haben eine Schwäche für unsere eigene Meinung.<br />
Und genau diese Schwäche ist unsere Stärke – wir können und dürfen anderer, wie<br />
können und dürfen eigener Meinung sein – wir können das, ich, sie und jeder unter uns<br />
und jeder mit uns und ... auch jeder gegen uns<br />
3
Denn stark nur scheint zu sein, der in Einheit zus<strong>am</strong>men steht –<br />
aber jeder von uns ist stark genug, so schwach zu sein, eine eigene Meinung zu haben<br />
und eine eigene Meinung zu hören<br />
Und in dieser Schwachheit bringen wir beides zus<strong>am</strong>men, Nächstenliebe und Egoismus,<br />
wenn ich meinen Nächsten liebe, wie ich bin, wie mich selbst, dann wird wahr, was uns<br />
zugesagt ist:<br />
27 Sondern was töricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, d<strong>am</strong>it er die Weisen zuschanden<br />
mache; und was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, d<strong>am</strong>it er zuschanden mache, was<br />
stark ist;<br />
Und der Friede Gottes, der heute, wie d<strong>am</strong>als größer ist, als wir uns das vorstellen<br />
können, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus unserem Herrn –<br />
Amen.<br />
4<br />
Juliane Rumpel, Pfarrerin i.E.