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Das Persönliche Budget aus Sicht der Diakonie (pdf, 60,83 KB)

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<strong>Das</strong> <strong>Persönliche</strong> <strong>Budget</strong> <strong>aus</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>der</strong> <strong>Diakonie</strong><br />

Auswertung vorliegen<strong>der</strong> Stellungnahmen von diakonischen Landesverbänden<br />

Fachverbänden und Einrichtungsträgern<br />

Vorbemerkung: Die folgenden Ausführungen fußen auf <strong>der</strong> Analyse bisher bekannt<br />

gewordener Stellungnahmen diakonischer Verbände und Träger zunächst ohne Bewertung<br />

dieser Stellungnahmen durch die Projektgruppe. (Die <strong>der</strong> Projektgruppe zur<br />

Verfügung stehenden Unterlagen sind in <strong>der</strong> Anlage aufgeführt). Entwicklungen insbeson<strong>der</strong>e<br />

zur Ausgestaltung trägerübergreifen<strong>der</strong> <strong>Budget</strong>s, <strong>der</strong> <strong>Budget</strong>VO o<strong>der</strong> dem<br />

Modellversuch <strong>Persönliche</strong>s <strong>Budget</strong> für pflegebedürftige Menschen sind in die vorliegenden<br />

Stellungnahmen noch nicht eingeflossen. Insgesamt zeigt sich, dass ein<br />

relativ hoher Konsens innerhalb <strong>der</strong> <strong>Diakonie</strong> hinsichtlich <strong>der</strong> Bewertung <strong>Persönliche</strong>r<br />

<strong>Budget</strong>s vorhanden ist.<br />

In Weiterentwicklung <strong>der</strong> vorliegenden Bestandsaufnahme soll eine diakonische Position<br />

entwickelt werden, die Grundlage für einen breiten Diskurs zu diesem Thema<br />

innerhalb <strong>der</strong> <strong>Diakonie</strong> sein soll.<br />

Insgesamt wird das <strong>Persönliche</strong> <strong>Budget</strong> <strong>aus</strong> diakonischer <strong>Sicht</strong> begrüßt, wenn es als<br />

gleichwertige Alternative zur Sachleistung adäquat <strong>aus</strong>gestattet wird. Wesentlich für<br />

eine Bewertung des <strong>Persönliche</strong>n <strong>Budget</strong>s sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />

einschließlich <strong>der</strong> organisatorischen Abläufe und <strong>der</strong> finanziellen Ausstattung <strong>der</strong><br />

<strong>Budget</strong>s. Die vorliegenden Stellungnahmen formulieren sowohl positive Effekte, die<br />

von <strong>der</strong> Einführung eines <strong>Persönliche</strong>n <strong>Budget</strong>s erwartet werden, wie aber auch Befürchtungen<br />

jeweils <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Perspektive von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen (Nutzerperspektive)<br />

und <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> Einrichtungsträger (Anbieterperspektive).<br />

Aus <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> positiven Effekten o<strong>der</strong> aber <strong>der</strong> Befürchtungen lassen sich<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen an die Ausgestaltung <strong>Persönliche</strong>r <strong>Budget</strong>s <strong>aus</strong> diakonischer <strong>Sicht</strong><br />

ableiten.<br />

1. Erwartung positiver Effekte durch die Einführung <strong>Persönliche</strong>r <strong>Budget</strong>s<br />

1.1 Aus <strong>der</strong> <strong>Sicht</strong> von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

Aus <strong>der</strong> <strong>Sicht</strong> behin<strong>der</strong>ter Menschen (insbeson<strong>der</strong>e auch <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Befragung von<br />

<strong>Budget</strong>nehmern <strong>aus</strong> bisherigen Modellversuchen) lassen sich folgende positive Effekte<br />

<strong>der</strong> Einführung <strong>Persönliche</strong>r <strong>Budget</strong>s erwarten:


- Die Wahlfreiheit zwischen verschiedenen Leistungen für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

wird erweitert.<br />

<strong>Persönliche</strong> <strong>Budget</strong>s ermöglichen es, den <strong>Budget</strong>nehmern entsprechend ihrem<br />

Bedarf unter verschiedenen Angeboten <strong>aus</strong>zuwählen. Wahlfreiheit und Autonomie<br />

behin<strong>der</strong>ter Menschen wird dadurch gestärkt.<br />

- Selbstbestimmung wird geför<strong>der</strong>t<br />

<strong>Persönliche</strong> <strong>Budget</strong>s ermöglichen es Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen selbst zu<br />

entscheiden, welche Leistungen sie in welcher Form von welchem Anbieter in<br />

Anspruch nehmen möchten. Dies ist ein entscheiden<strong>der</strong> Schritt zur Stärkung <strong>der</strong><br />

Selbstbestimmung von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen. Die Entscheidung über die<br />

Art und Form <strong>der</strong> Leistung und die Auswahl des Leistungsanbieters sind jedoch<br />

auch Herh<strong>aus</strong>for<strong>der</strong>ungen und Anfor<strong>der</strong>ungen an Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen.<br />

Dies kann ein Beitrag sein, Selbstbestimmung zu för<strong>der</strong>n und „gelernte Hilflosigkeit“<br />

zu überwinden.<br />

- Größere Zufriedenheit<br />

Trotz <strong>der</strong> in Einzelfällen hohen Anfor<strong>der</strong>ungen, die die Verwendung eines <strong>Persönliche</strong>n<br />

<strong>Budget</strong>s an Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen stellt, ist <strong>aus</strong> Erfahrungsberichten<br />

von <strong>Budget</strong>nehmern (insbeson<strong>der</strong>e <strong>aus</strong> den Modellprojekten im Ausland)<br />

bekannt, dass die Inanspruchnahme <strong>Persönliche</strong>r <strong>Budget</strong>s die Zufriedenheit mit<br />

<strong>der</strong> Lebenssituation behin<strong>der</strong>ter Menschen erheblich verbessert.<br />

- Nachfragemacht wird gestärkt<br />

Der Aufbau ambulanter Angebotsstrukturen – obwohl von fachlicher Seite seit<br />

vielen Jahren gefor<strong>der</strong>t – ist nur sehr langsam vorangekommen. Es wird erwartet,<br />

dass durch die Nachfragemacht von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen, die über ein<br />

<strong>Persönliche</strong>s <strong>Budget</strong> verfügen, rascher ein solcher Wechsel in den Angebotstrukturen<br />

erfolgen kann. Dies setzt allerdings vor<strong>aus</strong>, dass genügend <strong>Budget</strong>nehmer<br />

vorhanden sind, um tatsächlich so etwas wie eine „Nachfragemacht“ darzustellen.<br />

- Mitspracherecht bei Hilfebedarfsfeststellung und Bestimmung <strong>der</strong> Qualität<br />

<strong>der</strong> Leistungen wird verbessert.<br />

Die Inanspruchnahme von <strong>Persönliche</strong>n <strong>Budget</strong>s setzt vor<strong>aus</strong>, dass Menschen<br />

mit Behin<strong>der</strong>ungen bei <strong>der</strong> Hilfebedarfsfeststellung und bei <strong>der</strong> Bestimmung <strong>der</strong><br />

Qualität <strong>der</strong> Leistungen effektive Mitspracherechte haben. Während bisher die<br />

Hilfebedarfsfeststellung sich hauptsächlich beschränkte auf die Zuweisung zu einem<br />

bestimmten Leistungsangebot (z. B. Hilfebedarfsgruppe einer Einrichtung)<br />

beschränkte (s. Gutachten von Frau Prof. Pöld-Krämer), könnten durch die Einführung<br />

<strong>Persönliche</strong>r <strong>Budget</strong>s stärkere Beteiligungsrechte von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

bei dem Verfahren <strong>der</strong> Hilfebedarfsfeststellung entwickelt werden.<br />

- Finanzierung des Hilfebedarfs erfolgt <strong>aus</strong> einer Hand


Gegenüber dem <strong>Budget</strong>nehmer erfolgt die Finanzierung des Hilfebedarfs <strong>aus</strong> einer<br />

Hand, auch wenn mehrere Rehabilitationsträger beteiligt sind (s. <strong>Budget</strong>verordnung).<br />

Dadurch könnten Nachteile des zerglie<strong>der</strong>ten Sozialleistungssystem<br />

überwunden werden.<br />

1.2 Positive Erwartungen, die geäußert wurden <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Sicht</strong> von Leistungserbringern<br />

- Entwicklung von differenzierten Angeboten in <strong>der</strong> Region, insbeson<strong>der</strong>e im<br />

ambulanten Bereich<br />

Diese Erwartung korrespondiert mit <strong>der</strong> Nachfragemacht von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

durch ein <strong>Persönliche</strong>s <strong>Budget</strong>. Insbeson<strong>der</strong>e die gesplittete Leistungszuständigkeit<br />

(örtlicher bzw. überörtlicher Sozialhilfeträger) hat bisher die<br />

Entwicklung von ambulanten Angeboten wesentlich behin<strong>der</strong>t. Da es bei <strong>der</strong><br />

Ausgestaltung <strong>Persönliche</strong>r <strong>Budget</strong>s nur noch einen Leistungsträger gibt, könnte<br />

die Einführung <strong>Persönliche</strong>r <strong>Budget</strong>s zu einer rascheren Umgestaltung <strong>der</strong> Angebotslandschaft<br />

führen.<br />

- Beschleunigung <strong>der</strong> Innovationsbereitschaft <strong>der</strong> Anbieter<br />

Durch die verstärkte Nachfrage (und das über <strong>Persönliche</strong> <strong>Budget</strong>s in den „Sozialmarkt“<br />

eingebrachte Finanzvolumen) wird erwartet, dass die Innovationsbereitschaft<br />

von Anbietern für den Auf- und Ausbau entsprechen<strong>der</strong> ambulanter Angebote<br />

geför<strong>der</strong>t wird.<br />

- Auflösung des sozialrechtlichen Dreiecks<br />

Durch die Einführung des <strong>Persönliche</strong>n <strong>Budget</strong>s wird das sogenannte sozialrechtliche<br />

Dreieck aufgelöst. Anbieter von Leistungen und Nachfrager nach Leistungen<br />

gehen unmittelbar vertragliche Beziehungen ein. Weniger die Vorgaben und Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

des Sozialleistungsträgers (Kostenträgers), als die Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

und Wünsche des <strong>Budget</strong>nehmers werden Art und Qualität <strong>der</strong> Leistungen beeinflussen.<br />

- Größere Flexibilität <strong>der</strong> Leistungserbringung<br />

Durch die Auflösung des sozialrechtlichen Dreiecks wird erwartet, dass eine Reihe<br />

von bisher hemmenden bürokratischen Vorschriften entfallen und somit die<br />

Leistungserbringer größere Flexibilität bei <strong>der</strong> Ausgestaltung bedarfsgerechter<br />

Leistungen entwickeln können.<br />

2. Gefährdungen bzw. Befürchtungen bei <strong>der</strong> Einführung <strong>Persönliche</strong>r <strong>Budget</strong>s<br />

2.1 Nutzerperspektive<br />

Aus <strong>der</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>der</strong> Nutzer von persönlichen <strong>Budget</strong>s werden in bisher veröffentlichten<br />

Papieren Diakonischer Verbände und Träger folgende Befürchtungen bzw.<br />

Gefährdungen formuliert.


- Angebotsstrukturen nicht vorhanden<br />

<strong>Persönliche</strong> <strong>Budget</strong>s können nur dann zur Verstärkung von Selbstbestimmung,<br />

Autonomie und Wahlfreiheit von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen beitragen, wenn<br />

sie zwischen unterschiedlichen Angeboten <strong>aus</strong>wählen können. Insbeson<strong>der</strong>e in<br />

ländlichen Gebieten sind jedoch solche unterschiedliche Angebote (insbeson<strong>der</strong>e<br />

im ambulanten Bereich) nicht vorhanden, so dass die angestrebte Wahlfreiheit<br />

zwischen verschiedenen Leistungen und zwischen verschiedenen Anbietern von<br />

Leistungen ins Leere läuft.<br />

- Nutzer – Anbieter – Abhängigkeitsverhältnis bleibt erhalten<br />

Bei einem unzureichenden Angebot an Teilnahmeleistungen in <strong>der</strong> Region, bleibt<br />

<strong>der</strong> <strong>Budget</strong>nehmer auf die Leistungen des vorhandenen Anbieters angewiesen,<br />

Da sich das bei Sachleistungen bestehende sogenannte Dreiecksverhältnis nun<br />

zu einem zweiseitigen Verhältnis zwischen Anbieter und Nutzer des persönlichen<br />

<strong>Budget</strong>s verkürzt hat, können neue Abhängigkeitsverhältnisse entstehen. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

wenn noch relativ wenige <strong>Budget</strong>nehmer in einer Region vorhanden<br />

sind, ist <strong>der</strong>en Position gegenüber größeren Anbietern relativ schwach.<br />

- Unterlaufung des Bedarfsdeckungsprinzips durch P<strong>aus</strong>chalierung und finanzielle<br />

Deckelung<br />

Zwar sehen die Regelungen des SGB IX vor, dass ein persönliches <strong>Budget</strong> so<br />

bemessen sein muss, dass <strong>der</strong> individuelle Bedarf dadurch gedeckt werden kann.<br />

Dennoch ist die Gefahr nicht von <strong>der</strong> Hand zu weisen, dass bei <strong>der</strong> Feststellung<br />

des Bedarfes finanzielle Interessen <strong>der</strong> Leistungsträger dominieren, zumal noch<br />

kein allgemein anerkanntes und valides Verfahren zur (trägerübergreifenden) Bedarfsfeststellung<br />

bzw. zur Verpreislichung des Bedarfes vorhanden ist.<br />

- Absenkung von Qualitätsstandards<br />

Es wird die Gefahr gesehen, dass es zu einer Absenkung von erreichten Qualitätsstands<br />

<strong>der</strong> Leistungen kommt entwe<strong>der</strong> dadurch, dass die <strong>Budget</strong>nehmer von<br />

sich <strong>aus</strong> Leistungen mit geringerem Qualitätsstandards einkaufen o<strong>der</strong> aber dadurch,<br />

dass das persönlichen <strong>Budget</strong>s nicht <strong>aus</strong>reichend bemessen ist, um Leistungen<br />

in <strong>der</strong> notwendigen Qualität einkaufen zu können o<strong>der</strong> aber dass (neue)<br />

Leistungsanbieter nur Leistungen von geringerer Qualität erbringen. In diesem<br />

Zusammenhang kommt auch Fragen des Verbraucherschutzes eine größere Bedeutung<br />

zu.<br />

- Absenkung von Fachlichkeit<br />

Diese Befürchtung korrespondiert mit <strong>der</strong> Befürchtung <strong>der</strong> Absenkung von Qualitätsstandards.<br />

- Fehlende Qualitätskontrolle<br />

Durch die Auflösung des sozialrechtlichen Dreiecks min<strong>der</strong>t sich die Einflussnahme<br />

des Sozialleistungsträgers auf die Kontrolle und Festlegung <strong>der</strong> Qualität <strong>der</strong>


Leistungen. Entsprechende Regelungen zum Verbraucherschutz o<strong>der</strong> im Rahmen<br />

von Zielvereinbarungen zur Verwendung des persönlichen <strong>Budget</strong>s etc. sollen<br />

die notwendige Qualität <strong>der</strong> Leistungen sicherzustellen.<br />

- Ausgrenzung von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

Es wird befürchtet, dass bestimmte Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen (z.B. nicht geschäftsfähige<br />

Personen) kein persönliches <strong>Budget</strong> erhalten, da Ihnen die Verwendung<br />

des persönlichen <strong>Budget</strong>s nicht zugetraut wird.<br />

- Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen als Objekt <strong>der</strong> Bedarfsfeststellung<br />

Entscheidende Bedeutung für die Höhe des persönlichen <strong>Budget</strong>s wird einer<br />

sach- und fachgerechten Feststellung des Bedarfs und <strong>der</strong> Verpreislichung des<br />

Bedarfes zukommen. Es wird befürchtet, dass durch mangelnde Beteiligung betroffener<br />

Personen die Bedarfsfeststellung weitestgehend über die Köpfe behin<strong>der</strong>ter<br />

Menschen hinweg erfolgt und somit in dem Verfahren <strong>der</strong> Bedarfsfeststellung<br />

behin<strong>der</strong>te Menschen nur als Objekt des Verfahrens behandelt werden.<br />

- Missbräuchliche Verwendung von persönlichen <strong>Budget</strong>s<br />

Es wird die Gefahr gesehen, dass Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen ihr persönliches<br />

<strong>Budget</strong> nicht sachgerecht im Sinne <strong>der</strong> Beschaffung von Teilhabeleistungen verwenden.<br />

2.2 Anbieterperspektive<br />

Aus <strong>der</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>der</strong> Leistungserbringer werden folgende Probleme genannt die mit<br />

<strong>der</strong> Einführung persönlicher <strong>Budget</strong>s entstehen könnten.<br />

- Hilfsplanung nicht mehr durch freie Träger<br />

Da bei <strong>der</strong> Feststellung des Bedarfs und <strong>der</strong> Aushandlung von Zielvereinbarungen<br />

freie Träger nicht mehr beteiligt sind, wird befürchtet, dass freie Träger bei<br />

<strong>der</strong> Hilfeplanung nicht mehr einbezogen werden und insofern einen Kompetenzverlust<br />

erleiden.<br />

- Verlust von Kundenbindung<br />

Es wird befürchtet, dass Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen ihre Leistungen bei an<strong>der</strong>en<br />

Anbietern einkaufen und deshalb ein Verlust <strong>der</strong> Kundenbindung bei etablierten<br />

Trägern zu erwarten ist. (Die Erfahrungen <strong>der</strong> Auswertung bisheriger Modellversuche<br />

ergeben jedoch, dass <strong>Budget</strong>nehmer ihre Leistungen vorwiegend<br />

von etablierten Anbietern beziehen.)<br />

- Größere Träger-/ Anbieterkonkurrenz<br />

Es wird erwartet, dass es durch die verstärkte Nachfragemacht von Menschen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ungen, die über ein persönliches <strong>Budget</strong> verfügen, in einzelnen Regionen<br />

zu größerer Anbieterkonkurrenz kommen wird.


3. Perspektiven und For<strong>der</strong>ungen an die Ausgestaltung persönlicher <strong>Budget</strong>s<br />

Aus den bisherigen Verlautbarungen Diakonischer Verbände und Träger lassen sich<br />

zu sieben Bereichen For<strong>der</strong>ungen bzw. Perspektiven für eine fachgerechte Ausgestaltung<br />

persönlicher <strong>Budget</strong>s ableiten:<br />

- Rechte behin<strong>der</strong>ter Menschen stärken<br />

An <strong>der</strong> Möglichkeit ein persönliches <strong>Budget</strong> in Anspruch nehmen zu können,<br />

sollten alle Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen teilhaben können. Es darf keine Ausgrenzung<br />

von bestimmten Personengruppen geben.<br />

Es ist ein uneingeschränktes Wahlrecht zwischen Geld- und Sachleistungen<br />

(bzw. Kombination <strong>aus</strong> Geld- und Sachleistungen) zu garantieren.<br />

Sollten die <strong>Budget</strong>nehmer/innen das persönliche <strong>Budget</strong> als nicht geeignet für<br />

sich ansehen, ist je<strong>der</strong>zeit eine Rückkehr zur Inanspruchnahme von Sachleistungen<br />

zu ermöglichen.<br />

- Bedarfsdeckung und Bedarfsfeststellung<br />

<strong>Persönliche</strong> <strong>Budget</strong>s müssen so bemessen sein, dass mit ihnen eine Deckung<br />

des gesamten Bedarfs möglich ist.<br />

Die Bedarfsfeststellung sollte unabhängig von Interessen Dritter, nachvollziehbar<br />

und interdisziplinär erfolgen. Dabei ist eine echte Beteiligung für Menschen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ungen unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Situation und ihrer<br />

Wünsche (Individualisierungsprinzip) sicherzustellen.<br />

Geeignete Instrumente zur Bedarfsfeststellung (insbeson<strong>der</strong>e bei trägerübergreifenden<br />

<strong>Budget</strong>s) sind zu entwickeln.<br />

<strong>Das</strong> Gesamtverfahren sollte verwaltungstechnisch ökonomisch, transparent und<br />

nachvollziehbar für den potentiellen <strong>Budget</strong>nehmer sein.<br />

- Hilfeplanung<br />

Die Hilfeplanung muss beteiligungsorientiert, prozessorientiert und interdisziplinär<br />

erfolgen. Die im Leistungsrecht verankerten Grundsätze des Wunsch- und Wahlrechtes<br />

und <strong>der</strong> Beteiligung behin<strong>der</strong>ter Menschen darf nicht über das Verfahrensrecht<br />

bei <strong>der</strong> Hilfeplanung wie<strong>der</strong> <strong>aus</strong>gehebelt werden.<br />

- Verbraucherschutz<br />

Um die Rechte behin<strong>der</strong>ter Menschen bei Inanspruchnahme von Leistungen mittels<br />

eines persönlichen <strong>Budget</strong>s zu sichern, ist <strong>der</strong> Aufbau eines unabhängigen<br />

Verbraucherschutzes unabdingbar. Dies kann in unterschiedlichsten Formen organisiert<br />

und realisiert werden, z.B. durch die Einrichtung (neutraler) Beschwerdestellen,<br />

die För<strong>der</strong>ung von Peer-Counseling usw.<br />

Zum Schutz von Übervorteilung durch unseriöse Anbieter sind Qualitätsprüfungen<br />

<strong>der</strong> Leistungen von Anbietern vorzusehen. Weiterhin ist ein Verfahren zu entwikkeln,<br />

um ein angemessenes Preisleistungsverhältnis <strong>der</strong> angebotenen Leistungen<br />

zum Schutze <strong>der</strong> Betroffenen zu garantieren.<br />

- Angebotsstrukturen


Der Aufbau ambulanter Angebotsstrukturen ist voranzutreiben. Da bei Einführung<br />

des persönlichen <strong>Budget</strong>s vermutlich die „Nachfragemacht“ <strong>der</strong> <strong>Budget</strong>nehmer<br />

noch relativ gering ist, sind Anschubfinanzierungen für den Aufbau neuer ambulanter<br />

Versorgungsstrukturen notwendig. Beson<strong>der</strong>es Augenmerk ist dabei darauf<br />

zu richten, regionale Unterversorgung <strong>aus</strong>zugleichen.<br />

Durch den Aufbau neuer ambulanter Versorgungsstrukturen, darf das bestehende<br />

System an Angeboten nicht in Frage gestellt werden. Insbeson<strong>der</strong>e schwerstbehin<strong>der</strong>te<br />

Menschen sind weiterhin auf hochkompetente teilstationäre und stationäre<br />

Angebote angewiesen. Darüber hin<strong>aus</strong> muss den betroffenen Menschen auch<br />

in Zukunft die Wahlmöglichkeit zwischen Inanspruchnahme ambulanter Dienste<br />

und stationärer Dienste offen stehen.<br />

- <strong>Budget</strong>assistenz<br />

Nicht je<strong>der</strong> behin<strong>der</strong>te Mensch wird in <strong>der</strong> Lage sein, ohne Unterstützung o<strong>der</strong><br />

Assistenz über das persönliche <strong>Budget</strong> zu verfügen und sich die notwendigen<br />

Leistungen einzukaufen. Sicherzustellen ist deshalb, notwendiger Unterstützungs-<br />

, Beratungs- und Assistenzbedarf. Diese Unterstützung muss bei <strong>der</strong> Bemessung<br />

des <strong>Budget</strong>s berücksichtigt werden.<br />

<strong>Budget</strong>assistenz kann in verschiedenen Formen erfolgen. Bewährt haben sich<br />

bisher insbeson<strong>der</strong>e Formen des Peer-Counseling, <strong>der</strong> Unterstützung durch Angehörige<br />

o<strong>der</strong> gesetzliche Betreuer. Vorgesehene Unterstützungsformen durch<br />

die Gemeinsamen Servicestellen <strong>der</strong> Rehaträger sind genau zu beobachten und<br />

zu evaluieren.<br />

- <strong>Budget</strong>kontrolle<br />

<strong>Das</strong> persönliche <strong>Budget</strong> dient <strong>der</strong> Beschaffung notwendiger Teilhabeleistungen.<br />

Es sind Regelungen vorzusehen, die eine missbräuchliche Verwendung des persönlichen<br />

<strong>Budget</strong>s verhin<strong>der</strong>n.<br />

Zu vermeiden sind allerdings bürokratische Verfahren <strong>der</strong> <strong>Budget</strong>kontrolle. Den<br />

<strong>Budget</strong>nehmern muss, wenn das persönliche <strong>Budget</strong> überhaupt attraktiv sein soll,<br />

eine gewisse Dispositionsfreiheit eingeräumt werden.<br />

Vorstellbar wäre z.B. dass ein gewisser Grundbetrag dem <strong>Budget</strong>nehmer zur freien<br />

Verfügung steht (ohne Verwendungsnachweis). Die zweckentsprechende<br />

Verwendung des übrigen persönlichen <strong>Budget</strong>s ist nachzuweisen.


Materialien die <strong>der</strong> Projektgruppe zur Verfügung standen:<br />

- Fachverband Evangelische Behin<strong>der</strong>tenhilfe und Sozialpsychiatrie in Bayern<br />

e.V.: Eckpunkte zur Einführung von Modellvorhaben zum <strong>Persönliche</strong>n <strong>Budget</strong><br />

nach § 17 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX (ohne Datum)<br />

- Evangelischer Fachverband für Behin<strong>der</strong>tenhilfe im Diakonischen Werk Württemberg:<br />

<strong>Persönliche</strong>s <strong>Budget</strong> für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen, Positionspapier vom<br />

17.10.2001<br />

- Fachverband Behin<strong>der</strong>tenhilfe in den Diakonischen Werken Westfalen-Lippe:<br />

<strong>Persönliche</strong>s <strong>Budget</strong> in <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenarbeit – Mogelpackung o<strong>der</strong> Zukunftszukunftsprogramm?<br />

Dokumentation <strong>der</strong> Fachtagung am 07. Juni 2000.<br />

- Kreuznacher <strong>Diakonie</strong>: Modellprojekt in Rheinland-Pfalz: „Selbstbestimmen,<br />

Hilfe nach Maß für Behin<strong>der</strong>te“<br />

- Rummelsberger Anstalten <strong>der</strong> Inneren Mission e.V.: <strong>Persönliche</strong>s <strong>Budget</strong> –<br />

Ein Schlüssel zu mehr Selbstbestimmung? Dokumentation des Fachtages am<br />

26. Februar 2002<br />

- Bundesverband Evangelische Behin<strong>der</strong>tenhilfe: Was können personenbezogene<br />

<strong>Budget</strong>s leisten? Bewertung und Mindestanfor<strong>der</strong>ungen <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Sicht</strong><br />

des BEB.<br />

- Arbeitspapier des Theologischen Ausschusses <strong>der</strong> Diakonischen Konferenz:<br />

<strong>Persönliche</strong>s <strong>Budget</strong> – Theologisch- ethische Reflektion eines sozialpolitischen<br />

Innovationspotentials (Diskussionsstand 04.06.2004)

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