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Road to Guantanamo - soma

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3.<br />

Wer liest eigentlich Plattenkritiken, und wie? Liest sie überhaupt<br />

jemand, oder setzen das die Redaktionen nur ein, um an Freiexemplare<br />

und Anzeigen zu kommen? Lesen Menschen nur die Besprechungen<br />

von Acts, von denen sie schon mal irgendwo gehört<br />

haben, oder sind sie auf der Suche nach Neuem?<br />

Inzwischen browse ich oft über die Seiten und suche nach Namen,<br />

die ich kenne oder irgendwo schon mal gehört habe. Manchmal lese<br />

ich in die ersten Sätze hinein und breche bei Langeweile oder Desinteresse<br />

für die beschriebene Musik schnell ab. Gemeinhin sind die<br />

Reviews von mir nicht bekannten Bands das, was ich bei Magazinen<br />

als letztes lese, wenn ich in der U-Bahn nichts anderes mehr zu lesen<br />

habe, und eben nur ein paar Minuten Überbrückungszeit. Zunächst<br />

das Interesse am Musikzirkus, dann der persönliche Musikgeschmack<br />

schränken das Interesse für Besprechungen schon mal ein<br />

– vermutlich ist das aber bei der Themensetzung jedes Artikels so<br />

(ach, das Grenzcamp/österreichischer Film/Gedichte interessieren<br />

mich sowieso nicht).<br />

4.<br />

Für die <strong>soma</strong> hat Plattenkritik immer mehr Plattenlob bedeutet, warum<br />

sollten wir etwas Raum geben, was wir sowieso nicht gut finden, oder<br />

wenigstens die Leute dahinter nicht gut finden (ja, zugegeben, vieles<br />

fand seinen Weg ins Heft durch persönlichen Kontakt, aber auch das<br />

spielt beim euphorischen Gutfinden von Musik eine Rolle). Aber auch<br />

über eine Konsumempfehlung hinaus Themen ansprechen oder zumindest<br />

unterhalten. Das Ziel wäre, Texte zu produzieren, die auch<br />

ohne Interesse an der Musik zu lesen sind. Die darüber hinausweisen,<br />

sei es thematisch, in der Form, oder: die einfach als Unterhaltung<br />

dienen können. Die RezensentIn findet sich an einer Position, die<br />

tatsächlich eher affirmativ ist. Vielleicht wäre eine echte (Kulturindustrie-)Kritik,<br />

alle Produkte schlechtzumachen und keinesfalls zu<br />

empfehlen.<br />

Was ist also eine geeignete Form, Musik zu beschreiben? An dieser<br />

Stelle gab es Kritiken in Geschichtenform, die Ideen, den Spieß umzudrehen<br />

und die Besprechung zu singen (zumindest bei Lesungen),<br />

die Kritik durch den Babelizer zu jagen (ein Programm, das einen Text<br />

mit der Babelfish-Übersetzungsroutine so oft zwischen zwei Sprachen<br />

hin und her übersetzt, bis sich nichts mehr ändert), oder gleich einen<br />

Zufallsalgorithmus die Kritik schreiben zu lassen (rockcity.com); die<br />

Suche nach Bildern für Musikbeschreibung, assoziative Wörter - um<br />

bei all diesen Wegen festzustellen, über die Musik sagt es doch mindestens<br />

genauso viel wie eine herkömmliche Kritik. Kulminierend in der<br />

Sofaplanet-Kritik mit dem Satz „Ob sie dich treffen, kannst du in keiner<br />

Plattenkritik erfahren.“<br />

Schaubild 1b<br />

5.<br />

Und die Frage ist, was sagt wirklich etwas über Musik<br />

aus? Die Codes bestimmter Szenen schließen genauso<br />

aus wie ein. Um über Musik zu sprechen, muss man<br />

sich auf eine bestimmte Sprache beziehen können und<br />

diese immer neu erzeugen. Um Musik zu beschreiben,<br />

ist jedes Mittel probat. Denn in Musik(-Produkten)<br />

suchen wir sowohl persönliche Gratifikation, als auch<br />

Gemeinsamkeiten und Anschluss an Diskussionen,<br />

ergo: Zutaten für unsere eigene Identität. Musik ist<br />

nicht nur Klang, sondern erfüllt Funktionen in unserem<br />

Alltag, in diesem System, und vor allem ist sie auch ein<br />

Gebiet, über das sich herzlich gern auseinandersetzen<br />

lässt. <br />

[peer göbel]<br />

kultur25

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