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Uni & Job - Stellenmarkt - Süddeutsche Zeitung

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Studieren,<br />

allein.<br />

VON NADJA SCHLÜTER / TEXT<br />

KLEID VON AUGUSTIN TEBOUL / augustin-teboul.com<br />

Das Schönste an meinem Studium war das Gebäude. Das<br />

mag vielleicht tragisch klingen, ist es aber nicht, wenn<br />

man bedenkt, dass es ein herausragend schönes Gebäude<br />

war, in dem ich meine Seminare besucht, meine Klausuren<br />

geschrieben und meine Referate gehalten habe. Ein<br />

altes, kurfürstliches Schloss mit einem großen Park davor<br />

und mit riesigen Fenstern, durch die immer mehr Licht<br />

hereinzukommen schien, als draußen überhaupt vorhanden<br />

war. So ein Gebäude war das.<br />

Leider war es auch sehr verwirrend. Dritter Stock war<br />

zum Beispiel nicht unbedingt gleich dritter Stock. Wenn<br />

man die falsche Treppe nahm, landete man unter Umständen<br />

in einem ganz anderen Flügel als geplant, und<br />

dann gab es keinen Durchgang in den anderen Teil. Man<br />

musste also wieder runter und die richtige Treppe suchen<br />

oder auf einen Wink des Schicksals hoffen, der einem einen<br />

geheimen Übergang in den anderen Gebäudeteil<br />

wies. Manchmal hatte ich das Gefühl, mich in Hogwarts<br />

zu be nden, wenn ich die Treppe, die ich beim letzten<br />

Mal genommen und die mich an den richtigen Zielort geführt<br />

hatte, einfach nicht mehr nden konnte. Oder wenn<br />

ich vor dem Lageplan des Hauptgebäudes stand und trotz<br />

aller Anstrengung nicht verstand, wie dieser eine Raum<br />

dort, bitte schön, zu erreichen sein sollte. Ich kann mich<br />

nicht mehr genau erinnern, aber ich bin mir ziemlich sicher,<br />

dass ich im ersten Semester mindestens einmal ein<br />

Seminar nur geschwänzt habe, weil ich den Raum nicht<br />

nden konnte.<br />

Dass ich mich im <strong>Uni</strong>gebäude verirrte, lag nicht allein an<br />

meinem extrem schlechten Orientierungssinn, der mich<br />

sogar im eigenen Viertel immer wieder in die Irre führt.<br />

Es lag vor allem auch daran, dass ich ihn nicht mithilfe<br />

der Schwarmintelligenz ausgleichen konnte. An der <strong>Uni</strong><br />

hat man nicht mehr den Pulk bekannter Mitschüler, an<br />

den man sich halten kann und in dem irgendeiner zum<br />

Schuljahresbeginn schon wissen wird, wo es langgeht. Jedes<br />

Semester standen auf dem Stundenplan neue Räume,<br />

in denen man mit neuen Menschen sitzen würde, die zu<br />

unterschiedlichen Zeiten und aus unterschiedlichen Richtungen,<br />

aus einem anderen Raum, dem Park oder von zu<br />

Hause dorthin kamen. Da war niemand, dem man hinterherlaufen<br />

konnte, zumindest die ersten drei oder vier Wochen<br />

nicht. Und manchmal auch für immer nicht.<br />

Wenn ich an der <strong>Uni</strong> etwas gelernt habe, dann ist es das:<br />

mich allein zu verlaufen, allein wieder zurechtzu nden,<br />

allein anzukommen und allein wieder zu gehen. Und ich<br />

glaube, dass ich nicht die Einzige bin, sondern dass im<br />

besten Falle jeder an der <strong>Uni</strong> lernt, sein eigenes Ding zu<br />

machen: allein in der P ichtvorlesung zu sitzen, ein Buch<br />

auf den Knien; sich im Seminar zu melden und zu widersprechen,<br />

ohne Rückhalt durch einen vertrauten Nebensitzer;<br />

sich scheinbar rettungslos in einem Hausarbeitsthema<br />

zu verrennen und niemanden zu haben, der das<br />

gleiche Thema bearbeitet und einem heraushelfen kann.<br />

All das ist ein bisschen wie verloren auf dem Treppenabsatz<br />

im dritten Stock stehen und merken, dass das ein anderer<br />

dritter Stock ist, als man dachte. Aber dann wuselt<br />

man sich durch und kommt doch noch irgendwo an. Findet<br />

den Raum beim nächsten Mal schneller, wählt das<br />

Hausarbeitsthema weiser, hat ein Gespür dafür bekommen,<br />

neben wem es sich gut sitzt.<br />

Vielleicht war das Schönste an meinem Studium doch<br />

nicht das Gebäude. Sondern dieses Gefühl, dass am Ende<br />

alles hinhauen wird. Dass da immer irgendwo riesige<br />

Fenster sind, durch die Licht reinkommt.<br />

IMPRESSUM jetzt UNI&JOB Eine Verlagsbeilage der <strong>Süddeutsche</strong>n <strong>Zeitung</strong> im April 2013 Verlag <strong>Süddeutsche</strong> <strong>Zeitung</strong> GmbH, Hultschiner Straße 8,<br />

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