Mitschrieb zu Lie-Gruppen II: - The-Jens
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<strong>Mitschrieb</strong> <strong>zu</strong> <strong>Lie</strong>-<strong>Gruppen</strong> <strong>II</strong>:<br />
Hochschuldozent Dr. Baues<br />
Vorlesung Sommersemester 2005<br />
Letzte Aktualisierung und Verbesserung: 26. April 2008<br />
<strong>Mitschrieb</strong> der Vorlesung <strong>Lie</strong>-<strong>Gruppen</strong> <strong>II</strong><br />
von Herrn Dr. Baues im Sommersemester 2005<br />
von Marco Schreck.<br />
Dieser <strong>Mitschrieb</strong> erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Korrektheit.<br />
Kommentare, Fehler und Vorschläge und konstruktive Kritik bitte an Marco.Schreck@gmx.de.
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Einführung 5<br />
1.1 <strong>The</strong>ma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />
1.1.1 <strong>Lie</strong>-Produkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />
1.2 Cartan-Kriterium für Halbeinfachheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />
1.2.1 Klassifikationssatz für einfache <strong>Lie</strong>-Algebren über C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />
1.3 Klassifikation im reellen Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />
1.4 Die klassischen (komplexen) <strong>Lie</strong>-Algebren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />
2 Cartan-Unteralgebren 11<br />
2.1 Charakteristische Funktionen und Rang einer <strong>Lie</strong>-Algebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />
2.2 Cartan-Unteralgebren von halbeinfachen <strong>Lie</strong>-Algebren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />
2.2.1 Anwendungen auf die Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />
3 Die <strong>Lie</strong>-Algebra sl(2, C) und ihre Darstellungen 21<br />
3.1 Lemma von Schur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />
3.2 Mehr über sl(2, C) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />
3.3 Der unitäre Trick für sl(2, C) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />
4 Die Struktur der halbeinfachen <strong>Lie</strong>-Algebren 29<br />
4.0.1 Definition des (abstrakten) Wurzelsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />
4.0.2 Wurzelsystem von G = sl(2, C) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />
4.1 Hauptsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />
4.2 Komplexe und reelle Wurzelsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />
5 Wurzelsysteme und Basen 37<br />
5.1 Winkel zwischen Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />
5.1.1 Geometrische Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />
5.2 Inverse Wurzelsysteme und ihre Basen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />
5.3 Struktur der Weyl-Gruppe und Erzeugendensystem der Weyl-Gruppe . . . . . . . . . . . . . 40<br />
5.4 Weyl-Kammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />
5.4.1 Andere Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />
5.4.2 Geometrisches Bild der Aktion der Weyl-Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43<br />
5.5 Coseter-Graphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />
5.5.1 Irreduzibilität von Wurzelsystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />
6 Realisierung der <strong>Lie</strong>-Algebra G2 47<br />
6.1 Die Cayley-Zahlen (Algebra der Oktonomen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />
6.2 Pierce-Zerlegung in O . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />
7 Struktur halbeinfacher <strong>Lie</strong>-Algebren und ihre Klassifikation durch die Wurzelsysteme 53<br />
7.1 Borel-Unteralgebren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53<br />
7.2 Hauptsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55<br />
3
Kapitel 1<br />
Einführung<br />
1.1 <strong>The</strong>ma<br />
Wir wollen uns mit komplexen (reellen) halbeinfachen <strong>Lie</strong>-Algebren (und <strong>Lie</strong>-<strong>Gruppen</strong>) beschäftigen. <strong>Lie</strong>-<br />
Algebra G, G = (V, [, ]), wobei V ein komplexer (reeller) Vektorraum K = C (algebraisch abgeschossen, K ⊆ D,<br />
K = R, nicht algebraisch abgeschlossen). Das Ziel ist, halbeinfache <strong>Lie</strong>-Algebren G über K = C, K = R <strong>zu</strong><br />
definieren.<br />
1.1.1 <strong>Lie</strong>-Produkt<br />
[, ] : V × V ↦→ V, k bilinear<br />
[X, [Y, Z]] + [Z, [X, Y ]] + [Y, [Z, X]] = 0<br />
G heisst einfach ⇔ G ist nicht abelsch und die einzigen Ideale I von G sind {0}. Ein Ideal von G ist ein<br />
Unterraum I von G, so dass [G, I] ⊆ I. Zu jeder komplexen (reellen) <strong>Lie</strong>-Algebra G gehört eine <strong>zu</strong>gehörige<br />
einfach <strong>zu</strong>sammenhängende, komplexe (reelle) <strong>Lie</strong>-Gruppe G. Eine <strong>Lie</strong>-Gruppe G nennen wir einfach, wenn<br />
<strong>Lie</strong>(G) eine einfache <strong>Lie</strong>-Algebra ist.<br />
Beispiel:<br />
sl(2, C) ist die Menge der Matrizen A ∈ Mat(2 × 2, C) mit Spur 0.<br />
sl(2, C) = {A ∈ Mat(2 × 2, C)|Sp(A) = 0}<br />
Der Kommutator [A, B] := AB − BA ist eine komplexe <strong>Lie</strong>-Algebra.<br />
SL(2, C) = {g ∈ Gl(2, C)| det g = 1}<br />
<strong>Lie</strong>(SL(2, C)) = sl(2, C)<br />
<br />
0<br />
X =<br />
0<br />
<br />
1 0<br />
, Y =<br />
0 1<br />
<br />
0<br />
, H =<br />
0<br />
<br />
1 0<br />
∈ sl(2, C) = Span(X, Y, H)<br />
0 −1<br />
Diese <strong>Lie</strong>-Algebra wird durch die Gleichungen [X, Y ] = H, [H, X] = 2X, [H, Y ] = −2Y vollständig beschrieben.<br />
sl(2, C) ist einfach (Übung). G1 = SL(2, C) ist eine einfache (komplexe) <strong>Lie</strong>-Gruppe.<br />
G2 = PSL(2, C) = SL(2, C)/{E2, −E2}<br />
ist auch eine einfache <strong>Lie</strong>-Gruppe, <strong>Lie</strong>(G2) = sl(2, C).<br />
Definition:<br />
G heißt halbeinfach :⇔ G ist isomorph <strong>zu</strong> einer direkten Summe von einfachen <strong>Lie</strong>-Algebren.<br />
(G G1 ⊕ G2 ⊕ . . . ⊕ GK mit Gi einfach)<br />
Diese Definition ist jedoch praktisch sehr schwer anwendbar, weil man einer <strong>Lie</strong>-Gruppe nicht so einfach<br />
ansieht, wie sie sich zerlegt.<br />
5
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG<br />
Definition:<br />
✵ Eine <strong>Lie</strong>-Algebra G heißt auflösbar :⇔ D K G = {0} (aufsteigende Zentralreihe).<br />
D 0 G = G, D 1 G = [G, D 0 G], . . . , G i+1 G = [G, D i G]<br />
D 0 G = G ⊆ D 1 G ⊆ . . . ⊆ D K G<br />
✵ g heißt halbeinfach ⇒ G = D 1 G = D 2 G = . . ..<br />
Bemerkung:<br />
Ist G eine <strong>Lie</strong>-Algebra, dann besitzt sie ein maximales auflösbares Ideal rads(G) (Radikal).<br />
Satz 1:<br />
G ist halbeinfach ⇔ rads(G) = {0}.<br />
1.2 Cartan-Kriterium für Halbeinfachheit<br />
KG(X, Y ) = Sp(ad(X) ◦ ad(Y ) mit X, Y ∈ G<br />
KG ist die Killing-Form (eine symmetrische bilineare Form auf G).<br />
ad(X) : Y ← ad(X) ∈ Erd(G), ad(X)(Y ) = [X, Y ]<br />
Satz 2:<br />
G ist halbeinfach ⇔ kG nicht ausgeartet ist.<br />
C ⇔ {X ∈ G|k(X, Y ) = 0 ∀ Y ∈ G} = {0}<br />
1.2.1 Klassifikationssatz für einfache <strong>Lie</strong>-Algebren über C<br />
1.) Es gibt vier Familien.<br />
✵ Familie ①:<br />
Die erste Familie heißt An für n ≥ 1. Die einzigen <strong>Lie</strong>-Algebren, die in dieser Familie liegen, sind<br />
sl(n+1, C), SL(n+1, C). Das erste Element dieser Familie ist also sl(2, C), welches wir schon kennen.<br />
sl(n + 1, C) = {A ∈ Mat((n + 1) × (n + 1), C)|Sp(A) = 0}<br />
✵ Familie ②:<br />
Die zweite Familie ist Bn mit n ≥ 2. Hier<strong>zu</strong> gehören O(2n + 1, C), O(2n + 1, C).<br />
o(n, C) = {A ∈ Mat(n + n, C)|A + A ⊺ = 0}<br />
O(n, C) = {g ∈ GlnC|g ⊺ = g −1 }<br />
Man spricht von der orthogonalen <strong>Lie</strong>-Algebra.<br />
✵ Familie ③:<br />
Die dritte Familie ist Cn mit n ≥ 3. Hier<strong>zu</strong> gehören sp(2n, C) und Sp(2n, C) (symplektische <strong>Lie</strong>-<br />
Algebra).<br />
sp(2n, C) = {A ∈ Mat(2n + 2n, C)|A ⊺ Ω + ΩA = 0} mit Ω =<br />
SP(n, C) = {g ∈ GlnC|g ⊺ Ωg = Ω}<br />
<br />
0<br />
<br />
En<br />
−En 0<br />
✵ Familie ding”0AF:<br />
Dies ist die Familie Dn mit n ≥ 4. Hier<strong>zu</strong> gehören o(2n) und O(2n).<br />
2.) Es gibt fünft exzeptionelle Beispiele, nämlich G2, F4, E6, E7 und E8.<br />
Diese sind sehr schwer <strong>zu</strong> beschreiben. Die Dimensionen dieser einfachen <strong>Lie</strong>-Algebren sind 14, 52,<br />
78, 133 und 248.<br />
Hat man eine komplexe einfache <strong>Lie</strong>-Algebra, so ist diese isomorph entweder <strong>zu</strong> einer der vier Familien oder<br />
einem der fünf exzeptionellen Beispiele.<br />
6
1.3 Klassifikation im reellen Fall<br />
1.3. KLASSIFIKATION IM REELLEN FALL<br />
Sei G eine reelle (k = R) einfache <strong>Lie</strong>-Algebra und GC = G ⊗R C die <strong>zu</strong>gehörige Komplexifizierung. Dann<br />
gibt es zwei Möglichkeiten:<br />
1.) GC ist eine einfache komplexe <strong>Lie</strong>-Algebra (G absolut einfach).<br />
2.) GC ist isomorph <strong>zu</strong> S ⊕ S für eine komplexe einfache <strong>Lie</strong>-Algebra S.<br />
S ist das komplex konjugierte von S, ist aber isomorph <strong>zu</strong> S<br />
Im Falle ① nennt man G eine reelle Form von GC.<br />
Beispiel:<br />
1. Fall:<br />
a.) G = sl(2, R), GC = sl(2, C)<br />
G = SU(2), GC = sl(2, C)<br />
sl(2, R) und SU(2) sind reelle Formen von sl(2, C). Die Gruppe SU(2) ist kompakt. Die kann mal algebraisch<br />
erklären, da die Killing-Form von SU(2) negativ definit ist. SU(2) heißt eine kompakte<br />
reelle Form in dieser Eigenschaft.<br />
3.) G = SO(n, R) = {A|A + A⊺ = 0}, yC = SO(n, C) ist eine kompakte reelle Form.<br />
G = SO(p, q, R) = {A|A ⊺ <br />
Ep 0<br />
Ep,q + Ep,qA = 0} mit Ep,q =<br />
0 −Eq<br />
2. Fall: G = sl(2, C)R ist eine reelle sechsdimensionale einfache <strong>Lie</strong>-Algebra.<br />
Satz 3:<br />
GC sl(2, C) ⊕ sl(2, C)<br />
Ist V ein Vektorraum über C, dann ist sl(V ) = {ϕ ∈ Erd(V )|Sp(ϕ) = 0} halbeinfach. (Insbesondere also ist<br />
sl(n, C) halbeinfach.)<br />
1.4 Die klassischen (komplexen) <strong>Lie</strong>-Algebren<br />
Sei V ein komplexer Vektorraum.<br />
gl(V )(= End(V )) = {ϕ : V ↦→ V, komplex linear}<br />
Der Kommutator sei definiert durch:<br />
[ϕ, ψ] = ϕ ◦ ψ − ψ ◦ ϕ mit ϕ, ψ ∈ gl(V )<br />
An−1 : sln(C) = {ϕ ∈ End(C n )|Sp(ϕ) = 0}<br />
Diese <strong>Lie</strong>-Algebra ist isomorph <strong>zu</strong>:<br />
sl(V ) = {ϕ ∈ End(V )|Sp(ϕ) = 0}<br />
G ⊆ gl(V )<br />
ob(V ) = {ϕ ∈ gl(V )|b(ϕx, y) = −b(x, ϕ(y)) mit x, y ∈ V<br />
b ist eine nicht ausgeartete (komplexe lineare) symmetrische Bilinearform auf V .<br />
sp(V ), dimV = 2n<br />
sp(V ) = {ϕ ∈ gl(V )|Ω(ϕx, y) = −Ω(x, ϕ(y))}<br />
Ω ist nicht ausgeartete (komplexe lineare) schiefe Bilinearform (Ω(x, y) = −Ω(y, x)).<br />
7
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG<br />
Lemma 1:<br />
sl(V ), o(V ) und sp(V ) sind <strong>Lie</strong>-Unteralgebren von gl(V ).<br />
Definition:<br />
G heißt halbeinfach :⇔ rads(G) = {0} (⇔ G hat ” kein“ auflösbares Ideal.)<br />
G heißt halbeinfach :⇔ G halbeinfach und G bricht nur {0}, G als Ideale<br />
<strong>The</strong>orem 1:<br />
Die <strong>Lie</strong>-Algebren sl(V ) (dim V ≥ 2), o(V ) (dim V ≥ 4) und sp(V ) (dim V ≥ 4) sind einfach. Wir nennen diese<br />
<strong>Lie</strong>-Algebren die klassischen komplexen <strong>Lie</strong>-Algebren.<br />
Definition:<br />
Sei G eine <strong>Lie</strong>-Algebra, ϱ : G ↦→ gl(V ) ein Homomorphismus von <strong>Lie</strong>-Algebren. ϱ heißt eine Darstellung von<br />
G. ϱ heißt irreduzibel, wenn für alle U ⊆ V , wobei U ein Untervektorraum von V mit ϱ(G)(U) = {ϱ(X)u|X ∈<br />
G, u ∈ U} ⊆ U (U ist G-invarianter Unterraum von V ) gilt U = {0} oder U = V .<br />
Beispiel:<br />
Wir betrachten ϱ = ad: g ↦→ gl(g), wobei ad(X)(Y ) = [X, Y ]. Dies ist die ” adjungierte Darstellung“. ad ist<br />
irreduzibel ⇔ dim g = 1 oder g ist einfach.<br />
Beispiel:<br />
Es sei g auflösbar und ϱ: g ↦→ gl(V ) eine irreduzible Darstellung. Daraus folgt dim V = 1. (Satz von <strong>Lie</strong>)<br />
Satz 4:<br />
1.) gl(V ) hat die Unteralgebra D = {ϕ ∈ gl(V )|ϕ(x) = λϕx für ein λϕ ∈ C und alle x ∈ V }. Dies entspricht<br />
der Menge der Diagonalmatrizen:<br />
⎧⎛<br />
⎞⎫<br />
⎪⎨ λ ⎪⎬<br />
⎜<br />
⎝<br />
. ..<br />
⎟<br />
⎠<br />
⎪⎩<br />
⎪⎭<br />
λ<br />
Diese ist als einziges Ideal verschieden von {0}, gl(V ).<br />
2.) sl(V ) ist halbeinfach.<br />
Lemma 2:<br />
gl(V ) ist irreduzibel auf V . (V hat keinen Unterraum, der invariant ist unter diesen Matrizen.)<br />
” Beweis“:<br />
Es gibt keinen echten Unterraum U ⊆ V , so dass ϕ(U) ⊆ U für alle Endomorphismen ϕ von V . q.e.d.<br />
Satz 6:<br />
Sei G ⊆ ugl(V ) eine irreduzible Unteralgebra (das heißt: V als G-Modul ist irreduzibel) und J ⊆ G ein<br />
auflösbares Ideal mit J ⊆ {0}. Daraus folgt J = D. (Dann besteht dieses Ideal aus Diagonalmatrizen.)<br />
Korollar 1:<br />
Es sei G ⊆ gl(V ), G irreduzibel auf V und D ∩ G = {0}. Daraus folgt, dass G halbeinfach ist.<br />
Beweis:<br />
G kann wegen des Satzes kein echtes auflösbares Ideal haben. ⇒ G ist halbeinfach. q.e.d.<br />
8
Korollar 2:<br />
sl(V ) ist halbeinfach.<br />
Beweis:<br />
1.4. DIE KLASSISCHEN (KOMPLEXEN) LIE-ALGEBREN<br />
sl(V ) ist irreduzibel und außerdem ∀ ϕ ∈ sl(V ) gilt Sp(ϕ) = 0. Aber für ϕλ ∈ D, mit ϕλ(x) = λx erfüllt<br />
Sp(ϕλ) = n · λ, wobei n = dim V . (⇒ ϕ = ϕλ ∈ D ∩ sl(V ) ⇒ λ = 0, ϕ = 0) ⇒ D ∩ sl(V ) = {0}. q.e.d.<br />
Beweis von Satz 6:<br />
Sei J ⊆ G ein auflösbares Ideal; das heißt, J ist auflösbar und für alle ϕ ∈ G, ψ ∈ J, gilt [ϕ, ψ] = ϕ◦ψ−ψ◦ϕ ∈ J.<br />
(G ⊆ n gl(V )(J)) (Die vorherige Gleichung ist Definition des Normalisators n.) Aus dem Satz von <strong>Lie</strong> folgt,<br />
dass es ein v ∈ V , v = 0, Λ: J ↦→ C, linear gibt, so dass ψ(v) = Λ(ψ)v für alle ψ ∈ J. Uns interessiert, was<br />
ψ(ϕ(v)) ist für ϕ ∈ G.<br />
ψϕ(v) = [ψ, ϕ](v) + ϕ ◦ ψ(v) = [ψ, ϕ](v) + Λ(ψ)ϕ(v) = J Λ([ψ, ϕ])v + Λ(ψ)ϕ(v)<br />
Lemma 3:<br />
[ψ, ϕ] ∈ gl(V ) ist nilpotent. (⇔ Alle Eigenwerte von [ψ, ϕ] sind gleich null.)<br />
Weiter im Beweis von Satz 6:<br />
Da Λ([ψ, ϕ]) ein Eigenwert von [ψ, ϕ] (Eigenvektor = v = 0), folgt Λ([ψ, ϕ]) = 0. Hieraus folgt ψ(ϕ(v)) =<br />
Λ(ψ)ϕ(v). Da g irreduzibel operiert, folgt G · V = {ϕ(V )|ϕ ∈ G} = V (da G · V ein invarianter Unterraum von<br />
V ist). Daraus folgt, dass für alle x ∈ V ψ(x) = Λ(ψ)x und damit ψ = ϕ Λ(ψ) ∈ D. Damit ist J ⊆ D. q.e.d.<br />
Zum Beweis von Lemma 3:<br />
S ⊆ gl(V ) sei eine auflösbare Unteralgebra. Aus dem Satz von <strong>Lie</strong> folgt, dass die Kommutatorunteralgebra<br />
(Menge aller Kommutatoren von Elementen aus S mit sich selber) [s, s] besteht aus nilpotenten Elementen.<br />
(Es gibt eine Basis von V , so dass die Elemente, die <strong>zu</strong> S gehören, in den oberen Dreiecksmatrizen liegen).<br />
⎛ ⎞<br />
[s, s] ⊆<br />
⎜<br />
⎝<br />
0 ∗<br />
. ..<br />
⎟<br />
⎠<br />
0 0<br />
Wir betrachten die von ϕ und J erzeugte Unteralgebra S von gl(V ). S ist auflösbar, denn [s, s] = [ϕ, s] + [J, J].<br />
Es ist S = Cϕ + J. Es ist [ϕ, s] ⊆ [ϕ, J] ⊆ J mit ϕinG. Daraus folgt [s, s] ⊆ J, wobei J auflösbar ist. Dies<br />
impliziert, dass s auflösbar ist und [ϕ, ψ] nilpotent für ale ψ ∈ J ist. q.e.d.<br />
<strong>The</strong>orem 2:<br />
sl(V ) ist einfach. Es gilt sl(V ) sl(Cn ) = {A ∈ Mat(n × n, C)|Sp(A) = 0}.<br />
⎧⎛<br />
⎨<br />
aln = ⎝<br />
⎩<br />
λ1<br />
⎞<br />
⎫<br />
0 <br />
⎬<br />
⎠<br />
λi = 0<br />
0 λn ⎭<br />
i<br />
ist eine abelsche Unteralgebra von sln (= sl(Cn )), die aus halbeinfachen Elementen besteht. Weiterhin ist<br />
n + ⎧⎛<br />
⎞⎫<br />
⎨ 0 ∗ ⎬<br />
= ⎝ ⎠<br />
⎩ ⎭<br />
0 0<br />
ist eine Unteralgebra aus J nilpotenten Elementen mit der Basis Eij mit j > i.<br />
n − ⎧⎛<br />
⎞⎫<br />
⎨ 0 0 ⎬<br />
= ⎝ ⎠<br />
⎩ ⎭<br />
∗ 0<br />
9
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG<br />
ist eine Unteralgebra mit der Basis Eij, wobei i > j. Sei<br />
⎛<br />
λ1<br />
⎜<br />
D(λ1, . . . , λn) := Diag(λ1, . . . , λn) = ⎝<br />
. ..<br />
⎞<br />
0<br />
⎟<br />
⎠ mit λi ∈ C<br />
0 λn<br />
D(λ1, . . . , λn) ∈ Aln<br />
[Dλ1,...,λn , Eij] = (λi − λj)Eij, [Dλ1,...,λn , Aln] = 0<br />
Definition:<br />
Sei Λij: Aln ↦→ C, Λij(Dλ1,...,λn ) = λi − λj eine Funktion. Λij heißt eine Wurzel der <strong>Lie</strong>-Algebra sln.<br />
10
Kapitel 2<br />
Cartan-Unteralgebren<br />
Wir arbeiten immer noch auf dem Körper der komplexen Zahlen C.<br />
Definition:<br />
G sei eine <strong>Lie</strong>-Algebra, h ⊆ G eine Unteralgebra. Dann heißt h eine Cartan-Unteralgebra von G, wenn<br />
i.) h ist nilpotent<br />
Die bedeutet, dass [h, [h, [h, . . . , [h, h]]]] = 0 ist.<br />
ii.) Der Normalisator ng(h) = {x ∈ G|[x, h] ⊆ h} ist gleich h.<br />
Wir erkennen also folgendes:<br />
1.) Wenn G nilpotent ist, so ist G eine Cartan-Unteralgebra von sich selbst.<br />
2.) Schauen wir uns die <strong>Lie</strong>-Algebra der oberen Dreiecksmatrizen Tn an:<br />
⎛<br />
∗<br />
Tn = ⎝<br />
∗<br />
∗<br />
⎞<br />
∗<br />
∗⎠<br />
∗<br />
Dann ist die Algebra der enthaltenen Diagonalmatrizen<br />
⎛ ⎞<br />
∗<br />
⎜<br />
Dn = ⎝<br />
. ..<br />
⎟<br />
⎠<br />
∗<br />
eine Cartan-Unteralgebra, denn<br />
i.) Dn ist abelsch (und damit nilpotent)<br />
⎛ ⎞<br />
0 ∗ ∗<br />
⎜<br />
ii.) x ∈ Nn = ⎝<br />
. ..<br />
⎟<br />
∗⎠,<br />
[Dn, x] ⊆ x<br />
0<br />
Da x /∈ Dn folgt, dass x /∈ nTn(Dn) und daraus folgt wiederum nTn(Dn) = Dn.<br />
3.) Wenn G1 und G2 <strong>Lie</strong>-Algebren sind und h1 ⊆ G1, h2 ⊆ G2 Cartan-Unteralgebren, so folgt, dass h1 ×h2<br />
eine Cartan-Unteralgebra von G = G1 × G2 ist.<br />
4.) Wir betrachten g = gl(V ) Mat(n × n, C), dann ist die Unteralgebra Dn eine Cartan-Unteralgebra.<br />
Zum Beweis:<br />
⎛<br />
0<br />
⎜<br />
Mat(n × n, C) = ⎝∗<br />
. ..<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠ ⊕ Dn ⊕ Nn = N<br />
∗ ∗ 0<br />
− n ⊕ Dn ⊕ Nn<br />
11
KAPITEL 2. CARTAN-UNTERALGEBREN<br />
Lemma 4:<br />
Dn ist eine Cartan-Unteralgebra von gl(n, C) = Mat(n × n, C).<br />
Beweis:<br />
i.) Dn ist abelsch ⇒ Dn ist nilpotent<br />
ii.) Zu zeigen: n gl(n,C)(Dn) = Dn<br />
Wir erinnern uns daran, dass gl(n, C) = N − ⊕ Dn ⊕ N (∗) ist, wobei N − = Span C(Eij|i > j) und<br />
N + = Span C(Eij|i < j).<br />
D = Diag(λ1, . . . , λn) mit [D, Eij] = (λi − λj)Eij<br />
Wir wählen ein x ∈ gl(V ) mit [x, D] ⊆ Dn. Wegen (∗) können wir schreiben:<br />
x = x0 + αijEij wobei x0 ∈ Dn<br />
[x, D] = −[D, x] = − αij(λi − λj)Eij ∈ Dn<br />
Hieraus folgt, dass αij(λi − λj) = 0 ∀ i, j und damit αij = 0 und x ∈ Dn. q.e.d.<br />
2.1 Charakteristische Funktionen und Rang einer <strong>Lie</strong>-Algebra<br />
Wenn wir ein x ∈ G haben, dann gehört da<strong>zu</strong> ad(x) : G ↦→ G, g ↦→ [x, y]. Wir definieren:<br />
n<br />
Px(T ) = det(T · idG − ad(x)) =<br />
i=1<br />
(T − λi) = T n − Sp(ad(x))T n−1 + . . . + (−1) n det(ad(x)) =<br />
n<br />
ai(x)T i<br />
λi sind die Eigenwerte von ad(x). Die ai sind Funktionen G ↦→ C, nämlich Polynome in x aus G. Das heißt,<br />
wenn xi mit i = 1, . . ., n eine Basis von G ist mit X = xix i , dann ist ai ein Polynom, das homogen vom<br />
Grad (n − i) in (x1, . . ., xn) ist.<br />
Es ist an ≡ 1, an(x) = 1, an−1(x) = −Sp(ad(x)) und a0(x) = 0. Dies gilt wegen det(ad(x)) = 0, weil [x, x] = 0.<br />
Definition:<br />
Die Funktionen ai mit i = 1, . . ., n heißen charakteristische Funktionen von G. Wenn x ∈ G, dann nennen wir<br />
den Rang von x die kleinste Zahl lx ∈ N, so dass alx(x) = 0. Die kleinste Zahl lG = l, so dass al ≡ 0, heißt der<br />
Rang von G. x ∈ G heißt regulär, wenn lx = lG.<br />
Bemerkung:<br />
1.) Es gilt 1 ≤ rang(G) ≤ n<br />
2.) Sei G eine <strong>Lie</strong>-Algebra vom Rang l, dann ist Px(T ) von folgender Gestalt:<br />
n<br />
Px(T ) = ai(x)T i n<br />
= ai(x)T i = T l <br />
n<br />
· ai(x)T i−l<br />
<br />
Lemma 5:<br />
i=0<br />
i=l<br />
Daraus folgt, dass der Eigenwert 0 wenigstens Multiplizität l hat.<br />
Die Menge Greg = {x ∈ G|x ist regulär} ist offen, dicht und <strong>zu</strong>sammenhängend in G.<br />
Beweis:<br />
i=l<br />
Dies liegt daran, dass Greg = G \ {x ∈ G|al(x) = 0}. Das heißt, Greg ist das Komplement der komplexen<br />
Nullstellen-Menge Val = {x ∈ G|al(x) = 0} des Polynoms al. Daraus folgt, dass Greg offen und dicht ist. Der<br />
Beweis, dass Greg direkt <strong>zu</strong>sammenhängend ist, ergibt sich folgendermaßen. Es sei x, y ∈ Greg. Dann betrachte<br />
die komplexe Gerade L, die x und y in G verbindet. So folgt, dass L ∩ Val<br />
i=1<br />
eine endliche Menge ist. Daraus<br />
folgt, dass die Menge L \ Val ⊆ Greg ist homöomorph <strong>zu</strong> C \ {P1, . . . , PK} für Pi ∈ C. Also ist insbesondere<br />
L \ Val <strong>zu</strong>sammenhängend, womit sich x und y in L ∩ Greg durch eine Kurve verbinden lassen. Damit ist Greg<br />
<strong>zu</strong>sammenhängend. q.e.d.<br />
12
Beispiel:<br />
2.1. CHARAKTERISTISCHE FUNKTIONEN UND RANG EINER LIE-ALGEBRA<br />
Wir betrachten x ∈ Dl, also von der Gestalt x = Diag(λ1, . . . , λl) mit λi ∈ C.<br />
x ∈ gl(l, C)reg ⇔ λi mit i = 1, . . . , l sind paarweise verschieden<br />
(Die Dimension dieser <strong>Lie</strong>-Algebra ist n = l 2 .)<br />
Beweis:<br />
1.) al(x) = 0 ⇔ λi paarweise verschieden<br />
Wenn die Bedingung an die λi erfüllt ist, dann folgt, dass Dl = gl(l, C) x 0, da [x, Eij] = (λi − λj)Eij.<br />
Eij ist Basis von G = gl(l, C). Das heißt [x, Eij] = 0 ist äquivalent <strong>zu</strong> λi = λj ⇔ λi = λj ⇔ i = j ⇔<br />
Eij = Eii ∈ Dn. (verallgemeinerter Eigenraum mit Eigenwert 0).<br />
2.) l = rang gl(l, C<br />
Dn enthält ein reguläres Element x.<br />
Dn = G x 0 mit G x 0 := {g ∈ G|ad(x) k g ==, k groß genug}<br />
Wir betrachten nun für x ∈ G und λ ∈ C den verallgemeinerten Eigenraum <strong>zu</strong>m Eigenwert λ, nämlich<br />
Gλ = {y ∈ G|(ad(x) − λ) k (y) = 0, für k groß genug und k ∈ N}. Es gibt λ0, . . ., λ ∈ C, so dass λ0 = 0, so dass<br />
G = Gλ0 ⊕Gλ1 ⊕. . .⊕Gλn mit Gλi = {0}. (Jordan-Zerlegung). (λ0 = 0, erfüllt Gλ0 = 0 wegen x ∈ Gλ0 = G0)<br />
Lemma 6:<br />
Es sei x ∈ G und x = 0:<br />
i.) Ist y ∈ Gλ und z ∈ Gµ, so impliziert dies, dass [y, z] ∈ Gλ+µ ist.<br />
ii.) G0 ist eine Unteralgebra von G.<br />
Beweis:<br />
Der zweite Punkt folgt aus dem ersten, denn y, z ∈ G0 impliziert [y, z] ∈ G0+0 = G0. Zum Beweis des ersten<br />
Punktes benötigen wir ein weiteres Lemma.<br />
Lemma 7:<br />
Es seien x, y, z ∈ G und λ, µ ∈ C. Dann gilt:<br />
(ad(x) − λ − µ) n n<br />
<br />
n<br />
([y, z]) =<br />
p<br />
p=0<br />
(ad(x) − λ) p y, (ad(x) − µ) n−p z <br />
Nun können wir den vorherigen Beweis fortführen. Das Lemma 7 zeigt uns folgendes: Wenn y ∈ Gλ und<br />
z ∈ Gµ, so ist [y, z] ∈ Gλ+µ. (Wähle <strong>zu</strong>m Beispiel n = 2 · dim G in obigem Lemma.)<br />
Beweis von Lemma 7:<br />
Wir beweisen dies <strong>zu</strong>erst für den Fall n = 1. Die Jacobi-Identität besagt, dass [x, [y, z]] = −[z, [x, y]]−[y, [z, x]]<br />
ist. Wir formen dies um:<br />
[x, [y, z]] = −[z, [x, y]] − [y, [z, x]] = [[x, y], z] + [y, [x, z]] = [ad(x)y, z] + [y, ad(x)z]<br />
Daraus folgt:<br />
(ad(x) − λ − µ)[y, z] = [ad(x)y, z] − λ[y, z] + [y, ad(x)z] − µ[y, z] = [ad(x)y, z] + [−λy, z] + [y, ad(x)z] + [y, −µz] =<br />
= [ad(x)y − λy, z] + [y, ad(x)z − µz] = [(ad(x) − λ)y, z] + [y, (ad(x) − µ)z]<br />
Damit ist der Fall n = 1 bewiesen. Für den allgemeinen Fall erinnern wir uns an die Formel:<br />
<br />
n n n + 1<br />
+ =<br />
p − 1 p p<br />
Diese erlaubt uns mit vollständiger Induktion die Formel des Lemmas <strong>zu</strong> beweisen.<br />
13
KAPITEL 2. CARTAN-UNTERALGEBREN<br />
Satz 7:<br />
Sei x ∈ G ein reguläres Element, dann ist G x 0 eine Cartan-Unteralgebra von G.<br />
Korollar 3:<br />
Jede <strong>Lie</strong>-Algebra besitzt Cartan-Unteralgebren und jedes reguläre Element ist in einer Cartan-Unteralgebra<br />
von G enthalten.<br />
Beweis:<br />
i.) Wir müssen zeigen, dass G x 0 eine nilpotente Unteralgebra von G ist.<br />
g ∈ G x 0, ad(y)|G x 0 = adG x 0 (y)<br />
ad 1 (y) = ad(y)|G x 0<br />
Der Satz von Engel impliziert, dass G x 0 nilpotent ist, genau dann, wenn die Operatoren ad 1 (y) nilpotent<br />
sind für alle y ∈ G x 0. Wir müssen damit beweisen, dass ad 1 (y) nilpotent ist. Um das <strong>zu</strong> tun, führen wir<br />
den von ad(y): g ↦→ G induzierte Quotientenoperator ad 2 (y): G/G 0 x ↦→ G/G 0 x ein. Wir definieren die<br />
offene Menge U = {y ∈ G 0 x|ad 1 (y) ist nicht nilpotent}. Außerdem definieren wir:<br />
V = {y ∈ G x 0|ad 2 (y) ist regulär, das heißt, invertierbar}<br />
Es gilt U ∩ V = ∅, was an der Definition des Ranges liegt. Wenn g ∈ U ∩ V , dann hat der Eigenwert<br />
0 von ad(y) eine Multiplizität kleiner als dim G 0 x = l. Damit folgt aj(y) = 0 für ein y < l. Dies ist ein<br />
Widerspruch <strong>zu</strong>r Definition des Ranges l. Falls U verschieden von der leeren Menge ist, so ist U offen<br />
und dicht. in G 0 x. Da V ∋ {x} enthält, ist V offen und dicht. Daraus folgt U ∩ V = ∅. Damit ist U = ∅<br />
und ad 1 ist nilpotent. q.e.d.<br />
ii.) Aus y ∈ nG(G0) folgt, dass [y, G0] ∈ G0 ist. Das impliziert, dass [y, x] ∈ G0 ⇔ [x, y] ∈ G0. Damit gibt es<br />
ein k ∈ N, so dass ad(x) k [x, y] = 0 ist und ad(x) k+1 (y) = 0. So ist y ∈ G0. q.e.d.<br />
Definition:<br />
h ⊆ gl(V ) sei eine nilpotente <strong>Lie</strong>-Algebra linearer Transformationen. Für eine Funktion Λ: h ↦→ C definieren<br />
wir:<br />
VΛ = {v ∈ V |(x − Λ(x)) k v = 0 für k groß genug und alle x ∈ h}<br />
Wenn VΛ = {0}, so nennen wir Λ ein Gewicht von h in V .<br />
Satz 8:<br />
Es sei K = C. V zerlegt sich als direkte Summe der Gewichtsräume VΛi für i = 1, . . ., k. Das bedeutet:<br />
V = VΛ1 ⊕ . . . ⊕ VΛk , wobei Λi für i = 1, . . ., k die Gewichte von h in V sind.<br />
Beweis:<br />
Wenn wir ein x ∈ h haben, so können wir die Jordan-Zerlegung von x anschauen. Dann gilt x = xs + xn,<br />
wobei xs als lineare Abbildung von V in sich selbst halbeinfach ist und xn nilpotent ist. Es gilt [xs, xn] = 0.<br />
Wenn wir ad(x): h ↦→ h betrachten, so ist ad(x) = ad(xs) + ad(xn) die Jordan-Zerlegung von ad(x). Da h<br />
nilpotent ist, folgt ad(xs) = 0. Dies impliziert, dass [xs, H] = 0 für alle H = ys oder H = yn mit y ∈ h. Daraus<br />
folgt, dass {xs|x ∈ h} eine abelsche Unteralgebra von gl(V ) ist, die mit allen Elementen aus h kommutiert.<br />
Betrachten wir beispielsweise A := {xs|x ∈ h}. Seien Λ1, . . ., Λk die Gewichte der diagonalisierbaren Unteralgebra<br />
A von gl(V ).<br />
V = VΛ1 ⊕ . . . ⊕ VΛk mit VΛ = {v ∈ V |Av = Λ(A)v}<br />
Dass H mit A kommutiert, folgt hV Λ ⊆ V Λ für jedes Gewicht Λ.<br />
x ∈ h, xn = (x − xs)|V Λ = (x − Λ(xs))|V Λ (∗)<br />
Definiere Λi: h ↦→ C durch Λi(x) = Λi(xs). Aus (∗) folgt, dass V Λi ⊆ VΛi. VΛi ist der Gewichtsraum von h <strong>zu</strong><br />
Λi. Es folgt sogar V Λi = VΛi und damit sind die Λi die Gewichte von h in V und V = ⊕VΛi. q.e.d.<br />
Sei h ⊆ G eine Cartan-Unteralgebra. Dann wissen wir, dass G = h ⊕ GΛ1 ⊕ . . . ⊕ GΛk wobei Λi mit i = 1, . . .,<br />
k die Gewicht Λi der adjungierten Darstellung von h auf G sind ({ad(x)|x ∈ h} = ad(h) ⊆ gl(G)) mit Λi = 0.<br />
Es gilt h = GΛ0 mit Λ0 ≡ 0. Wir nennen Λ1, . . ., Λk die Wurzeln von G (bezüglich h).<br />
14
Satz 9:<br />
2.1. CHARAKTERISTISCHE FUNKTIONEN UND RANG EINER LIE-ALGEBRA<br />
Sei h eine Cartan-Unteralgebra von G. Dann ist h = G x 0 für ein reguläres Element x ∈ G.<br />
Korollar 4:<br />
Der Rang von G ist die Dimension einer Cartan-Unteralgebra von G.<br />
Beweis:<br />
Sei x0 ein Element von h mit Λi(x0) = 0 für alle i = 1, . . ., k. Dann ist x0 ein reguläres Element von G und<br />
außerdem (klar nach der Wahl von x0) gilt h = G x0<br />
0 . q.e.d.<br />
G 0 x0 = {x ∈ G|ad(x0) k (x) = 0 für k groß genug}<br />
G 0 x0 bezeichnet man auch als Nil-Raum von x0 in G. G 0 x0<br />
h(x0) := G 0 x0<br />
<strong>The</strong>orem 3:<br />
k=0<br />
ist eine Cartan-Unteralgebra von G.<br />
Sei h ⊆ G eine Cartan-Unteralgebra. Dann gibt es ein x0 ∈ Greg ∩ h, so dass h = h(x0). Betrachte weiter die<br />
Gruppe G = 〈exp(ad(y))|y ∈ G〉 ∈ GL(G).<br />
∞ ϕ<br />
exp(G) =<br />
k<br />
ϕ2<br />
= Id + ϕ + + . . . mit y ∈ gl(G)<br />
k! 2<br />
Die Gruppe G operiert durch Automorphismen der <strong>Lie</strong>-Algebra G.<br />
G = exp(ad(y)), g[X, Y ] = [gX, gY ] (siehe <strong>Lie</strong>-<strong>Gruppen</strong> und <strong>Lie</strong>-Algebren I)<br />
Wir nennen G die Gruppe der inneren Automorphismen der <strong>Lie</strong>-Algebra G. Ist h ⊆ G eine Cartan-<br />
Unteralgebra und g ∈ G ein innerer Automorphismus, so ist g(h) =: g · h eine Cartan-Unteralgebra von<br />
G.<br />
<strong>The</strong>orem 4:<br />
Die Gruppe G operiert transitiv auf der Menge der Cartan-Unteralgebren von G. Das heißt: Wenn h und h ′<br />
Cartan-Unteralgebren sind, dann gibt es ein g ∈ G mit h ′ = g(h).<br />
Bemerkung:<br />
Die Gruppe G ist enthalten in der Automorphismengruppe Aut(G) und heißt die Gruppe der inneren Automorphismen.<br />
Je zwei Cartan-Unteralgebren sind durch einen inneren Automorphismus <strong>zu</strong>einander konjugiert<br />
und entsprechend ihre Wurzelzerlegungen. (Λi sind Elemente aus dem Dualraum h ⋆ .)<br />
Beweis von <strong>The</strong>orem 3:<br />
Sei h ⊆ G eine Cartan-Unteralgebra. Wir betrachten die Wurzel-Zerlegung von G bezüglich h:<br />
G = G0 ⊕ GΛ1 ⊕ GΛ2 ⊕ . . . ⊕ GΛk mit Λi : h ↦→ C, Λi = 0 und i = 1, . . . , k<br />
Insbesondere ist G0 der Nil-Unterraum von h in G. Da h nilpotent ist, gilt h ⊆ G0. q.e.d.<br />
Lemma 8:<br />
Es gilt h = G0.<br />
Beweis von Lemma 8:<br />
Wir betrachten die Darstellung von h auf G/h.<br />
ad 2 (x) : G/h ↦→ G/h mit x ∈ h<br />
Die <strong>Lie</strong>-Algebra ad 2 (h) ⊆ gl(G/h) ist nilpotent, da h nilpotent ist. Nach dem Satz von <strong>Lie</strong> gibt es eine Fahne<br />
0 = D0 ⊆ D1 ⊆ . . . ⊆ Dm = G/h, die invariant unter ad 2 (h) ist. Das bedeutet, es gibt Funktionen αi: h ↦→ C<br />
mit i = 1, . . ., m, so dass ad 2 (x)w = αi(x)w + w ′ , wobei w ∈ Di und w ′ = Di−1. Wir nehmen an, es gibt ein<br />
i ∈ {1, . . . , m}, so dass αi = 0 ist. Wir wählen i minimal ” mit dieser Eigenschaft“. q.e.d.<br />
q.e.d.<br />
15
KAPITEL 2. CARTAN-UNTERALGEBREN<br />
Bemerkung:<br />
Die vorherige Annahme ist genau dann erfüllt, wenn G0/h = {0}. Wir zeigen also, dass diese Annahme <strong>zu</strong><br />
einem Widerspruch führt. Dann ist Lemma 8 bewiesen. Insbesondere gibt es wegen der Annahme ein x0 ∈ h,<br />
αi(x0) = 0 und αj(x0) ≡ 0 für j < i. Außerdem gilt ad 2 (x)Di ⊆ Di−1 für alle x ∈ h. Da αj(x0) = 0 für j < 0<br />
gilt Di = D ⊕ Di−1, wobei D der Nullraum von x0 ist. Daraus folgt für z ∈ D, ad 2 (x)z = {0}, weil dim D = 1<br />
ist.<br />
Behauptung:<br />
ad 2 (h)D ⊆ D ⇒ ad 2 (h) D = 0 <br />
Welche Konsequenz ergibt sich aus der Behauptung? Sei z ∈ G ein Repräsentant der Restklasse z ∈ G/h. Wir<br />
können z ∈ G0 wählen. Dann gilt für alle x ∈ h: [x, z] ∈ h ⇔ [z, x] ∈ h ⇔ z ∈ nG(h). h ist also eine Cartan-<br />
Unteralgebra. Daraus folgt h = nG(h) und z ∈ h, was ein Widerspruch <strong>zu</strong>r Annahme darstellt. Daraus ergibt<br />
sich h = G0.<br />
Beweis der Behauptung:<br />
Für alle z ∈ D ist ad 2 (x0)z = 0, [x0, z] ∈ h. Zu zeigen ist, dass aus x ∈ h folgt, dass ad 2 (x)z ∈ D. Dies ist<br />
äquivalent <strong>zu</strong> ad 2 (x)z ∈ Nullraum x0(= D 0 i , x0). Dies ist wiederum äquivalent <strong>zu</strong> ad 2 (x0) k (ad 2 (x)z) = 0 für k<br />
groß genug (⋆). Formel:<br />
ad 2 (x0) k (ad 2 (x)z) = ad 2 (ad(x0) k x)z<br />
Wir wissen, dass ad(x0) k x = 0 für k groß genug. Das heißt, die Formel impliziert (⋆). Es bleibt der Beweis der<br />
Formel:<br />
ad 2 (x0) k+1 (ad 2 (x)z) = ad 2 (x0) ad 2 (x0) k (ad 2 (x)z) = ad 2 (x0) ad 2 (ad(x0) k x)z <br />
z ∈ G ist ein Repräsentant von z ∈ G/h. Dies ist äquivalent <strong>zu</strong>:<br />
ad(x0) k+1 [z, z] = [x0, [ad(x0) k x, z]] + H mit H ∈ h<br />
Damit folgt weiter:<br />
−[z, [x0, ad(x0) k x]] + [ad(x0) k x, [z, x0]] + H = [ad(x0) k+1 x, z] + H + H ′ mit H, H ′ ∈ h<br />
⇔ Formel im Falle k + 1 q.e.d.<br />
Fortset<strong>zu</strong>ng vom Beweis des <strong>The</strong>orem 3:<br />
Wir haben bewiesen, dass G = h ⊕ GΛ1 ⊕ . . . ⊕ GΛk für Λi = 0. Wähle ein x0 ∈ h mit Λi(x0) = 0 für i = 1, . . .,<br />
h. Daraus folgt h = G 0 x0 , das heißt h = h(x0). Zu zeigen bleibt, dass x0 ein reguläres Element in G ist. Wir<br />
definieren:<br />
hr = {x0|Λi(x0) = 0 mit i = 1, . . . , h}<br />
Dies ist eine offene Teilmenge = ∅ in h. Wir betrachten jetzt die Menge G · hr ⊆ G. q.e.d.<br />
Lemma 9:<br />
G · hr ist offen in G.<br />
Beweis:<br />
Wir betrachten die Abbildung G ×hr ↦→ G, (g, x0) ↦→ gx0. Diese hat das Bild Ghr. Die Ableitung θ: G×h ↦→ G<br />
dieser Abbildung im Punkte (1, x0) ist surjektiv auf G, da x0 ∈ hreg. (Übung oder nächste Stunde) Das Lemma<br />
9 folgt <strong>zu</strong>nächst aus dem Satz über implizite Funktionen. q.e.d.<br />
Mit Lemma 9 folgt, dass G · hr einen nicht-leeren Schnitt mit der offenen und dichten Menge V = Greg der<br />
regulären Elemente in G hat. Damit gibt es ein x0 ∈ h und ein g ∈ G, so dass g · x0 ∈ V = Greg. g · x0<br />
ist regulär und damit ist x0 reguläres Element von G. (Der Automorphismus überführt reguläre Elemente in<br />
reguläre Elemente.) Damit gilt h = G 0 x0 für das reguläre Element x0 ∈ h ∩ Greg. q.e.d.<br />
16
Korollar 5:<br />
2.2. CARTAN-UNTERALGEBREN VON HALBEINFACHEN LIE-ALGEBREN<br />
Ist h eine Cartan-Unteralgebra, so folgt dim h = ragG = l.<br />
Bemerkung:<br />
Dies zeigt, dass sogar alle Elemente in hr regulär sind! Das heißt, hr ⊆ Greg.<br />
Beweis von <strong>The</strong>orem 4:<br />
Wir betrachten eine Äquivalenzrelation R auf der Menge der regulären Elemente Vr = Greg von G:<br />
x0 ∼ y0 ⇔ h(x0) = G<br />
R 0 x0 und h(y0) = G 0 y0 in der Gruppe G <strong>zu</strong>einander konjugiert sind<br />
Lemma 10:<br />
Die Äquivalenzklassen von R sind offene Mengen in G.<br />
Beweis:<br />
Wir hatten im Korollar <strong>zu</strong> <strong>The</strong>orem 3 gesehen, dass x0 ∈ h mit Λi(x0) = 0 für i = 1, . . ., k in G regulär sind.<br />
hr := {x0 ∈ h|Λi(x0) = 0 für i = 1, . . . , k} ⊆ Vr<br />
Das Lemma 9 besagt, dass G·hr offen ist in G. Die Elemente der Menge G·hr bilden genau eine Äquivalenzklasse<br />
für R. q.e.d.<br />
Mit dem Lemma folgt, dass Vr nur eine einzige Äquivalenzklasse bezüglich R besitzt. Dies ist so, da die Menge<br />
der regulären Elemente von G <strong>zu</strong>sammenhängend ist. Daraus ergibt sich <strong>The</strong>orem 4. q.e.d.<br />
2.2 Cartan-Unteralgebren von halbeinfachen <strong>Lie</strong>-Algebren<br />
Satz 10:<br />
Sei G halbeinfach und h ⊆ G eine Cartan-Unteralgebra. Dann gilt:<br />
i.) h ist abelsch und besteht nur aus halbeinfachen Elementen. (In der adjungierten Darstellung können<br />
wir diagonalisieren.)<br />
ii.) Der Zentralisator zG(h) = {x ∈ G|[x, h] = 0} stimmt mit h überein.<br />
iii.) Die Einschränkung der Killing-Form von G auf h ist nicht ausgeartet.<br />
Bemerkung:<br />
x ∈ G heißt halbeinfach, wenn ad(x): G ↦→ G, Y ↦→ [X, Y ] ein halbeinfacher Operator ist.<br />
Satz 11 (Jordan-Zerlegung in G):<br />
G sei halbeinfach und x ∈ G. Dann gibt es Elemente xs und xn ∈ G, so dass<br />
1.) ad(x) = ad(xs) + ad(xn), wobei x = xs + xn<br />
2.) Die Zerlegung von ad(x) ist die Jordan-Zerlegung, mit anderen Worten, ad(xs) ist halbeinfach, ad(xn)<br />
ist nilpotent und [ad(xs), ad(xn)] = 0.<br />
Beispiel:<br />
<br />
α<br />
Sei x =<br />
0<br />
<br />
1<br />
und Gx = C · x ⊆ gl(2, C). Dann haben wir:<br />
α<br />
<br />
α<br />
xs =<br />
0<br />
<br />
0<br />
0<br />
und xn =<br />
α<br />
0<br />
<br />
1<br />
mit xs /∈ Gx und xn ∈ Gx<br />
0<br />
Dies ist eine <strong>Lie</strong>-Algebra von Operatoren, die nicht in die beiden Anteile zerlegt. Wenn G halbeinfach und<br />
G ⊆ gl(V ), dann lässt sich zeigen, dass aus x ∈ G folgt xs ∈ G und xn ∈ G.<br />
17
KAPITEL 2. CARTAN-UNTERALGEBREN<br />
Beweis des Satzes 11:<br />
wenn G halbeinfach ist, dann folgt daraus, dass jede Derivation von G eine innere Derivation ist. Wenn also<br />
D ∈ Der(G), D([X, Y ]) = [X, DY ] + [DX, Y ], dann folgt, dass es ein XD ∈ G gibt, so dass D = ad(XD). Sei<br />
nun D ∈ Der(G) und G = G0 ⊕ Gα1 ⊕ . . . ⊕ Gαk die verallgemeinerte Eigenraumzerlegung von G bezüglich<br />
D, wobei 0 = α0, . . ., αk die Eigenwerte von G sind. Dann gilt Ds|yαi = αi · Id für den halbeinfachen Teil der<br />
Jordan-Zerlegung D = Ds + Dn. q.e.d.<br />
Lemma 11:<br />
Es gilt Ds ∈ Der(G). (Der Beweis kann als Übung <strong>zu</strong> Hause durchgeführt werden.)<br />
Daraus folgt, dass Dn = D − Ds ∈ Der(G). Wenn G halbeinfach ist, folgt daraus, dass es xs ∈ G gibt mit<br />
Ds = ad(xs) und xn ∈ G mit Dn = ad(xn). Daraus folgt, dass ad(x) = D = ad(xs) + ad(xn) für alle x ∈ G.<br />
q.e.d.<br />
Beispiel:<br />
Wir betrachten sl(n, C).<br />
⎧⎛<br />
⎪⎨ α1<br />
Dn<br />
⎜<br />
= ⎝<br />
⎪⎩<br />
0<br />
. ..<br />
⎞<br />
0<br />
⎟<br />
⎠ |<br />
αn<br />
<br />
⎫<br />
⎪⎬<br />
αi = 0<br />
⎪⎭<br />
i<br />
ist eine Cartan-Unteralgebra.<br />
Jetzt können wir den Satz über die Cartan-Unteralgebren von halbeinfachen <strong>Lie</strong>-Algebren beweisen:<br />
Beweis:<br />
iii.) Betrachten wir die Wurzel-Zerlegung G = G0 ⊕GΛ1 ⊕. . .⊕GΛk . Dann wissen wir, dass kG(GΛ1, GΛ2) = 0<br />
ist, außer wenn Λ1 + Λ2 = 0. Damit haben wir eine orthogonale Zerlegung:<br />
G = Λ0 ⊕ <br />
(GΛi + G−Λi)<br />
gewisse<br />
i∈{1,...,k}<br />
Ebenfalls orthogonal ist:<br />
<br />
k<br />
<br />
G = G0 ⊕<br />
i=1<br />
GΛi<br />
Daraus folgt, dass kG|G0=h nicht ausgeartet ist ebenso wie kG| k<br />
GΛi i=1<br />
. Damit ist dieser Punkt gezeigt.<br />
i.) h ist per Definition der Cartan-Unteralgebra nilpotent und insbesondere auflösbar. Ebenso gilt dies<br />
für ad(h) ⊆ gl(G). Der Satz von Cartan besagt, dass Sp(ad(x) · [ad(x ′ ), ad(x ′′ )]) = 0 sein muss. (Das<br />
Kommutatorideal liegt im Kern der Spurform.) Dies ist aber nicht anderes als kG(x, [x ′ , x ′′ ]). Daraus folgt<br />
für alle x ′ , x ′′ ∈ h, dass [x ′ , x ′′ ] ∈ Kern kG|h. (Das Kommutatorideal steht senkrecht auf h.) Wegen Punkt<br />
iii.) folgt, dass [x ′ , x ′′ ] = 0, was impliziert, dass h abelsch ist. Sei nun x ∈ h und ad(x) = ad(xs) + ad(xn),<br />
wobei x = xs + xn. Da xs und xn die Jordan-Komponenten von x sind, so folgt xs, xn ∈ ZG(h). Die<br />
Elemente xs, xn zentralisieren h; sie liegen also insbesondere im Normalisator, womit ZG(h) ⊆ nG(h) = h<br />
gilt und daraus folgt xs, xn ∈ h. Da xn nilpotent ist, folgt, dass xn ∈ Kern(kG|h). q.e.d.<br />
Bemerkung:<br />
Für Y ∈ h ist ad(Y ) von der Gestalt:<br />
⎛<br />
α1<br />
⎜<br />
ad(Y ) = ⎝<br />
. ..<br />
⎞<br />
⎛<br />
∗<br />
0<br />
⎟<br />
⎜<br />
⎠ , ad(xn) = ⎝<br />
. ..<br />
⎞<br />
⎛<br />
∗<br />
0<br />
⎟<br />
⎜<br />
⎠ ⇒ ad(x) · ad(y) = ⎝<br />
. ..<br />
⎞<br />
∗<br />
⎟<br />
⎠<br />
0 αn<br />
0<br />
0<br />
18
Satz 12:<br />
2.2. CARTAN-UNTERALGEBREN VON HALBEINFACHEN LIE-ALGEBREN<br />
Je zwei Cartan-Unteralgebren h und h ′ von G sind konjugiert mit Elementen der Gruppe G = 〈exp(ad(Y )), Y ∈<br />
G〉.<br />
Beispiel:<br />
Wir betrachten die <strong>Lie</strong>-Algebra sl(2, R):<br />
<br />
α 0<br />
h1 =<br />
|α = R<br />
0 −α<br />
ist eine Cartan-Unteralgebra von sl(2, R). Außerdem betrachten wir<br />
<br />
0 a<br />
h2 =<br />
|a = R<br />
−a 0<br />
was ebenfalls eine Cartan-Unteralgebra von sl(2, R) ist. Die Eigenwerte von h1 sind reell, die von h2 jedoch<br />
rein imaginär, womit h1 und h2 nicht <strong>zu</strong>einander konjugiert sein können.<br />
Beispiel:<br />
sl(2, C), h =<br />
<br />
α 0<br />
|α ∈ C<br />
0 −α<br />
ist eine Cartan-Unteralgebra von sl(2, C). Alle Cartan-Unteralgebren von sl(2, C) sind von der Gestalt ghg−1 für ein g ∈ SL2(C).<br />
<br />
α 0<br />
Ein Element H =<br />
ist regulär ⇔ α = 0<br />
0 −α<br />
2.2.1 Anwendungen auf die Wurzeln<br />
Sei Λ: G ↦→ C eine Wurzel. Dann ist auch −Λ eine Wurzel.<br />
Satz 13:<br />
Die Menge der Wurzeln Λ1, . . ., Λk von G bezüglich h erzeugt den Vektorraum h ⋆ . (Insbesondere gilt k ≥<br />
Rang(G) = dim h.)<br />
Beweis:<br />
Es gilt nach Definition G = h ⊕ GΛ1 ⊕ . . . ⊕ GΛk mit Λi: h ↦→ C, Λi ∈ h ⋆ . Falls Λi den Vektorraum h ⋆ =<br />
{Λ : h ↦→ C} (Dual-Raum des Vektorraums h) nicht erzeugen, gibt es ein x ∈ h mit Λi(x) = 0, i = 1, . . .,<br />
k und x = 0. Wegen der obigen Zerlegung von G gilt, dass 0 der einzige Eigenwert von ad(x) ist. Da ad(x)<br />
diagonalisierbar ist, folgt ad(x) = 0 und daraus folgt x = 0 (halbeinfache <strong>Lie</strong>-Algebra ohne Zentrum). q.e.d.<br />
Bemerkung:<br />
Da h aus halbeinfachen Elementen besteht, ist die <strong>Lie</strong>-Algebra ad(h) diagonalisierbar. Das heißt: Für eine<br />
Wurzel Λ: h ↦→ C gilt GΛ = {x ∈ G|ad(H)(x) = Λ(H)x für alle H ∈ h}.<br />
19
KAPITEL 2. CARTAN-UNTERALGEBREN<br />
20
Kapitel 3<br />
Die <strong>Lie</strong>-Algebra sl(2, C) und ihre<br />
Darstellungen<br />
sl(2, C) = {A ∈ Mat(2 × 2, C)|Sp(A) = 0}<br />
Diese enthält folgende Elemente:<br />
<br />
1<br />
H =<br />
0<br />
<br />
0 0<br />
, X =<br />
−1 0<br />
<br />
1<br />
0<br />
und Y =<br />
0<br />
1<br />
<br />
0<br />
0<br />
<br />
α<br />
Hα =<br />
0<br />
<br />
0<br />
−α<br />
Die <strong>Lie</strong>klammer erfüllt hierbei folgende Relationen:<br />
[H, X] = 2X, [H, Y ] = −2Y und [X, Y ] = H<br />
Eine <strong>Lie</strong>-Algebra, die durch solche Relationen gegeben ist, bezeichnet man auch als ” zerfallende dreidimensionale<br />
einfache <strong>Lie</strong>-Algebra“. Außerdem gilt die Wurzelzerlegung:<br />
sl(2, C) = 〈H〉 ⊕ 〈X〉 ⊕ 〈Y 〉 = h ⊕ G2 ⊕ G−2<br />
Wenn G eine <strong>Lie</strong>-algebra ist, dann heißt ϱ: G ↦→ gl(V ) (<strong>Lie</strong>-Algebra-Homomorphismus) eine Darstellung von<br />
G.<br />
✵ Das Ziel ist, die Darstellungen von sl(2, C) auf komplexen Vektorräumen <strong>zu</strong> verstehen.<br />
✵ Bemerkung: Für g = sl(2, C) ist eine Darstellung ϱ entweder injektiv oder gleich Null.<br />
Sei ϱ: G ↦→ gl(V ) eine Darstellung.<br />
i.) Wenn W ⊆ V ein Unterraum ist mit ϱ(x)W ⊆ W für alle x ∈ G, dann heißt W invarianter Unterraum<br />
(von ϱ).<br />
ii.) Eine Darstellung ϱ heißt irreduzibel, wenn die einzigen invarianter Unterräume von V genau {0} und<br />
{V } sind.<br />
iii.) Die Darstellung ϱ heißt vollständig reduzibel, wenn es eine Zerlegung V = W1 ⊕ . . . ⊕ Wk in invariante<br />
Unterräume Wi ⊆ V gibt, wobei alle Wi für i = 1, . . ., k irreduzibel sind.<br />
3.1 Lemma von Schur<br />
Es sei K = C. Wenn ϱ: G ↦→ gl(V ) eine irreduzible Darstellung ist, dann gilt, dass der Zentralisator Z gl(V )(ϱ) =<br />
{ψ ∈ gl(V )|[ψ, ϱ(x)] = 0 ∀ x ∈ G} mit der Menge {ψ|∃ α ∈ C mit ψ(v) = αv für alle v ∈ V } überein. (Etwas,<br />
das irreduzibel operiert, besteht immer aus Diagonalmatrizen.)<br />
Beweis:<br />
Sei α Eigenwert von ψ und Vα = W der Eigenraum <strong>zu</strong> α. Dann gilt: Vα ist ein invarianter Unterraum für ϱ(!!)<br />
(Das folgt aus dem Kommutator.) Da Vα = 0 und V irreduzibel ist, folgt daraus V = Vα. q.e.d.<br />
21
KAPITEL 3. DIE LIE-ALGEBRA SL(2, C) UND IHRE DARSTELLUNGEN<br />
Beispiel:<br />
Wenn h ⊆ gl(V ) eine abelsche Unteralgebra ist, die aus diagonalisierbaren Matrizen besteht, dann ist die<br />
Darstellung von h auf V vollständig reduzibel und alle invarianten Unterräume sind eindimensional.<br />
sl(2, C) ⊆ gl(2, C) = gl(C 2 ) ist die ” Standard-Darstellung von sl2(C) ” (auf dem Vektorraum C 2 ). Diese ist<br />
irreduzibel.<br />
Beispiel:<br />
Wenn G auflösbar ist, dann folgt, dass jede irreduzible Darstellung von G eindimensional ist. (Dies ist eine<br />
Umformung des Satzes von <strong>Lie</strong>.)<br />
<strong>The</strong>orem 5:<br />
Sei G halbeinfach. Dann ist jede Darstellung ϱ: G ↦→ gl(V ) vollständig reduzibel. (Insbesondere ist jede<br />
Darstellung von sl(2, C) vollständig reduzibel.<br />
Zum Beweis:<br />
• 1.Beweis:<br />
Dieser benutzt keine <strong>The</strong>orie der <strong>Lie</strong>-Algebren, sondern <strong>Gruppen</strong>theorie (transzendenter Beweis) und<br />
wurde von Hermann Weyl <strong>zu</strong>m ersten mal durchgeführt. (Man spricht vom ” unitären Trick“.)<br />
• 2.Beweis: Anwendung der White-Bred-Lemmata<br />
Dabei handelt es sich um einen algebraischen Beweis.<br />
3.2 Mehr über sl(2, C)<br />
sl(2, C) = {A ∈ Mat(2 × 2, C)|Sp(A) = 0}<br />
sl(2, C) ist eine komplexe <strong>Lie</strong>-Algebra. Wir betrachten nun die Menge SU(2) ⊆ sl(2, C).<br />
SU(2) = {A ∈ sl(2, C)|A = −A ⊺ }<br />
Dies ist also die Menge der schiefhermiteschen Matrizen. Seien A, B ∈ SU(2), dann ist die <strong>Lie</strong>klammer<br />
[A, B] = AB − BA ∈ SU(2). Wir rechnen dies nach:<br />
[A, B] ⊺<br />
= (AB − BA) ⊺<br />
= (AB − BA) ⊺ = B ⊺ A ⊺ − A ⊺ B ⊺ = −B(−A) − (−A)(−B) = BA − AB = −[A, B]<br />
SU(2) ist ein reeller Unterraum des <strong>zu</strong> sl(2, C gehörenden reellen Vektorraums. Es ist dim SU(2) = 3.<br />
p := iSU(2), sl(2, C) = SU(2) ⊕ p<br />
p = {A ∈ sl(2, C)|A = A ⊺ }<br />
Jede Matrix A ∈ sl(2, C) lässt sich in eine hermitesche und eine schiefhermitesche Matrix zerlegen:<br />
A =<br />
(A − A)⊺<br />
2<br />
⊕<br />
(A + A)⊺<br />
2<br />
Es gilt sl(2, C) = SU(2) ⊕ iSU(2), wobei SU(2) ja eine reelle Unteralgebra ist. Komplexifizierung von SU(2):<br />
SU(2) ⊕ C −→ sl(2, C)<br />
Deswegen nennt man SU(2) ⊆ sl(2, C) eine reelle Form von SU(2). Man bezeichnet sl(2, C) auch als ” kompakte<br />
reelle Form“. Ein anderes Beispiel für eine reelle Form ist sl2(R) ⊆ sl(2, C) ( ” verfallende Form“). Zu der<br />
Unteralgebra SU(2) ⊆ sl(2, C) gehört SU(2) ⊆ SL(2, C).<br />
22
3.3 Der unitäre Trick für sl(2, C)<br />
<br />
<br />
Wofür wir uns interessieren, sind die komplexen <strong>Lie</strong>-Algebra-Homomorphismen:<br />
HomC(sl2(C), gl(V ))<br />
<br />
HomR(SU(2), gl(V ))<br />
<br />
<br />
Hom(SL2(C), GLC(V )) <br />
Hom(SL2(C), GLC(V ))<br />
<br />
<br />
3.3. DER UNITÄRE TRICK FÜR SL(2, C)<br />
Die vertikalen Abbildungen sind Bijektionen, weil SL2(C) und SU(2) = S 3 einfach <strong>zu</strong>sammenhängende <strong>Lie</strong>-<br />
<strong>Gruppen</strong> sind. Zu jeder Darstellung von SU(2) gehört eine Darstellung von sl(2).<br />
Sei ϱ: sl2(C) ↦→ gl(V ) ein <strong>Lie</strong>-Algebra-Homomorphismus, wobei V ein komplexer (endlich dimensionaler)<br />
Vektorraum ist.<br />
Satz 14:<br />
Jede Darstellung ϱ: sl(2, C) ↦→ gl(V ) ist vollständig reduzibel. Mit anderen Worten: Sei U ⊆ V ein Untervektorraum<br />
mit der Eigenschaft ϱ(x)U ⊆ U, ∀ x ∈ sl(2, C), so gibt es ein Komplement W von U in V , so dass<br />
V = U ⊕ W und ϱ(x)W ⊆ W ∀ x ∈ ls(2, C).<br />
Lemma 12:<br />
Wenn G kompakt ist, dann gibt es ein G-invariantes Integral/Maß µ auf G. Wenn f ∈ C∞ (G) ist, dann können<br />
wir folgendes Integral bilden:<br />
<br />
f dµ = L ⋆ <br />
gf dµ = R ⋆ gf dµ wobei per Definition L ⋆ gf = f(g · x) und R ⋆ gf(x) = f(x · g)<br />
G<br />
G<br />
G<br />
(Man spricht auch von einem Haarschen Maß.<br />
Beweis:<br />
Sei G die <strong>Lie</strong>-Algebra von G. Wähle auf G eine nicht-verschwindende n-Form ω1 ∈ ΛnG⋆ mit ω1 = 0 und<br />
n = dim G. Wenn Ad(g): G ↦→ G die adjungierte Darstellung von g ∈ G ist (Ad(g) ist die Ableitung der<br />
Abbildung x ↦→ g × g−1 in der Identität), dann gilt, dass Ad(g) ⋆ω1 = ω1 (der Raum der n-Formen ist<br />
eine Gerade), weil G kompakt ist. Durch ω|g := L⋆ gω1, Lg: x ↦→ gx für x ∈ G wird eine bi-invariante, nicht<br />
verschwindende n-Form auf G definiert. Das heißt, es gilt also L⋆ gω = ω = R⋆ gω. Damit ist das Maß µ konstruiert:<br />
<br />
µ(f) = fω q.e.d.<br />
G<br />
(Mehr über kompakte <strong>Lie</strong>-<strong>Gruppen</strong> findet man im Bröcker: ” Compact <strong>Lie</strong>-groups“.)<br />
Lemma 13:<br />
Wenn G ⊆ GL(V ) eine kompakte <strong>Lie</strong>-Untergruppe ist, dann gibt es ein G-invariantes hermitesches positiv<br />
definites Produkt h auf V . Das hermitesche Produkt h: V × V ↦→ C lässt G invariant. Daraus folgt für alle<br />
g ∈ G, dass h(gv, gw) = h(v, w) ist.<br />
Beweis:<br />
Sei h ein beliebiges positiv definites hermitesches Produkt. Dann definieren wir:<br />
<br />
h(v, w) := h(gv, gw) dµ<br />
G<br />
g ↦→ h(gv, gu) ist eine C ∞ -Funktion auf G. Als Übungsaufgabe kann man nun beweisen, dass h invariant und<br />
positiv definit ist.<br />
Satz 15:<br />
Sei G eine kompakte <strong>Lie</strong>-Gruppe (<strong>zu</strong>m Beispiel G = SU(2) ⊆ SL(2, C), dann ist jede Darstellung von G auf<br />
V vollständig reduzibel.<br />
23
KAPITEL 3. DIE LIE-ALGEBRA SL(2, C) UND IHRE DARSTELLUNGEN<br />
Beweis:<br />
Nun lässt sich der Satz 15 mittels des Lemmas beweisen:<br />
Sei U ⊆ V ein G-invarianter Unterraum und h ein G-invariantes, positiv definites, hermitesches Produkt,<br />
W = U ⊥h = {v ∈ V |h(v, U) = 0}. Da h positiv definit ist, folgt, dass V = U ⊕ W . Es gilt gW ⊆ W für alle<br />
g ∈ G. Da h G-invariant ist: v ∈ V , h(v1, u) = 0 ∀ u ∈ U, impliziert dies, dass h(gv, u) = h(gv, g(g −1 u)) =<br />
h(v, g −1 u) = h(v, u ′ ), wobei g −1 v = u ′ ∈ U. q.e.d.<br />
Sei G eine <strong>Lie</strong>-Algebra über C. Wir nennen GR die <strong>zu</strong>gehörige reelle <strong>Lie</strong>-Algebra. Wir nennen einen Automorphismus<br />
σ von GR mit σ(ix) = −iσ(x) und σ2 = idGR eine reelle Struktur von G.<br />
Bemerkung:<br />
Der Unterraum G0 = G 0 = {x ∈ G|σ(x) = x} ⊆ GR ist eine reelle Unteralgebra von G. Die Abbildung G0 ⊗ C,<br />
x0 ⊗α ↦→ α ·x0 ∈ G definiert einen Isomorphismus der Komplexifizierung G0,C := G0 ×C mit der <strong>Lie</strong>-Algebra G<br />
(Isomorphismus komplexer <strong>Lie</strong>-Algebren). Insbesondere gilt dann G = G0 ⊕ iG0, [iG0, iG0] ⊆ G0. iG0 ist deshalb<br />
keine Unteralgebra.<br />
Der Beweis kann als Übungsaufgabe durchgeführt werden.<br />
Beispiel:<br />
Wir betrachten sl(2, C) als <strong>Lie</strong>-Algebra. Dann schauen wir uns die Abbildung A ↦→ A, (αij) ↦→ αij) an,<br />
wobei ” A“ das komplex Konjugierte bedeuten soll. σ0(A) = A erfüllt die Eigenschaften σ(iA) = −iσ(A) und<br />
[A, B] = [A, B].<br />
sl(2, C) σ0 = sl(2, R) = {(αij) ∈ sl(2, C)|αij ∈ R}<br />
Beispiel:<br />
Wieder betrachten wir die <strong>Lie</strong>-Algebra sl(2, C). Wir definieren σ1(A) = −A ⊺ . Auch hier gilt σ1(iA) = −i}σ1(A)<br />
und σ1([A, B]) = [σ1(A), σ1(B)], womit auch σ1 eine reelle Struktur ist.<br />
sl2(C) σ1 = SU(2) = {A ∈ sl(2, C)|A = −A ⊺ }<br />
<br />
Die Darstellungen von sl2(C) sind vollständig reduzibel.<br />
HomC(SL2(C), GLC(V ))<br />
a<br />
HomR(SU(2), GLC(V ))<br />
<br />
<br />
HomC(sl2(C), glC(V ))<br />
d<br />
<br />
<br />
<br />
HomR(su(2), glC(V ))<br />
Wir wissen, dass SU(2) topologisch eine einfach <strong>zu</strong>sammenhängende und kompakte Sphäre S 3 ist.<br />
Wir wollen nun beweisen, dass die Darstellungen von sl(2, C) (und damit auch SL(2, C)) vollständig reduzibel<br />
sind. Wir wissen, dass die SU(2)-Darstellungen vollständig reduzibel sind. Deswegen sind auch alle su(2)-<br />
Darstellungen vollständig reduzibel. Sei nun ϱ: sl(2, C) ↦→ gl(V ) eine Darstellung und U ⊆ V ein sl(2, C)invarianter<br />
Unterraum. Betrachte die Darstellung ϱ0 = d(ϱ), das heißt, ϱ eingeschränkt auf su(2), nämlich<br />
ϱ0: su(2) ↦→ gl C(V ), wobei x ∈ SU(2) ↦→ ϱ(x) ∈ gl C(V ). ϱ0 ist ein reell-linearer Homomorphismus und<br />
ϱ0(su(2))U ⊆ U. Wegen der vollständigen Reduzibilität von ϱ0 gibt es einen komplexen Unterraum W ⊆ V ,<br />
so dass ϱ0(SU(2))W ⊆ W und U ⊕ W = V . Wir zeigen nun noch, dass ϱ(sl(2, C))W ⊆ W ist. Das folgt, da<br />
sl2(C) = su(2) ⊕ isu(2). Für ein x ∈ sl(2, C), x = x0 + x1 mit x0 ∈ su(2) und x1 ∈ isu(2), ix1 ∈ su(2) folgt:<br />
ϱ(x)w = ϱ(x0)w + ϱ(x1)w = ϱ0(x0)w + ϱ(−i(ix1))w = w ′<br />
<br />
∈W<br />
− iϱ(ix)w<br />
<br />
ϱ0(ix1)w=w ′′ ∈W<br />
= w ′ − iw ′′<br />
Da W ein komplexer Unterraum von V ist, folgt ϱ(x)W ⊆ W . q.e.d.<br />
(Als Übungsaufgabe kann nun noch gezeigt werden, dass die Abbildung b eine Bijektion ist.) Um die Darstellungen<br />
von sl2(C) <strong>zu</strong> studieren, genügt es damit, die irreduziblen Darstellungen an<strong>zu</strong>schauen.<br />
Definition:<br />
ϱ: sl(2, C) ↦→ gl(V ) heißt eine irreduzible Darstellung, falls ∀ U ⊆ V mit ϱ(sl(2, C)) ⊆ U folgt, dass U = {0}<br />
ist oder U = V .<br />
24
Beispiele:<br />
1.) Wir betrachten die Standard-Darstellung V = C 2 , ϱ1(x) = xv mit v ∈ C 2 .<br />
3.3. DER UNITÄRE TRICK FÜR SL(2, C)<br />
2.) Adjungierte Darstellung auf V = C 3 = sl(2, C), ϱ1(X)(A) = X · A − A · X für A ∈ V = sl(2, C)<br />
Es gibt nämlich keinen Unterraum der fest bleibt unter allen Elementen.<br />
<br />
1<br />
ϱ1(H) =<br />
0<br />
⎛<br />
<br />
2<br />
0<br />
, ϱ2(H) = ⎝0 −1<br />
0<br />
0<br />
0<br />
0<br />
⎞<br />
0<br />
0 ⎠ bezüglich der Basis X, H, Y von sl(2, C)<br />
−2<br />
In beiden Fällen ist das Bild von H ein halbeinfaches Element.<br />
Tatsächlich gilt folgender Satz:<br />
Satz 16:<br />
Sei ϱ: sl(2, C) ↦→ gl(V ) eine irreduzible Darstellung, dann folgt, dass ϱ(H) ein halbeinfaches Element ist.<br />
Beweis:<br />
Wir gehen von der Jordan-Zerlegung ϱ(H) = ϱ(H)s + ϱ(H)n. ϱ(H)s ist halbeinfach und ϱ(H)n ist nilpotent.<br />
Weiterhin gilt [ϱ(H)s, ϱ(H)n] = 0. Es gilt S ≡ ϱ(sl2(C) ⊆ gl(V ), s sl(2, C), ϱ = 0.<br />
ad(ϱ(H)) : S ↦→ S, S ∋ X ↦→ [ϱ(H), X] = ϱ(H)X − Xϱ(H)<br />
Wenn man einen Operator in seine Jordan-Komponenten zerlegt, dann hat man die Beziehung<br />
ad(ϱ(H)) = ad(ϱ(H)s) + ad(ϱ(H)n) = ad(ϱ(H))s + ad(ϱ(H))n<br />
was der Jordan-Zerlegung entspricht. Da S halbeinfach ist und H ∈ Cartan-Unteralgebra von S, folgt,<br />
dass ad(ϱ(H)) ein halbeinfacher Operator ist, in anderen Worten: ad(ϱ(H))n = 0 = ad(ϱ(H)n). Daraus folgt<br />
[ϱ(H)n, X] = 0 ∀ X ∈ S = ϱ(sl(2, C)). Da ϱ irreduzibel ist, können wir das Schursche Lemma anwenden.<br />
Es gilt ϱ(H)n = α · IdV mit α ∈ C. Da ϱ(H)n nilpotent ist, folgt ϱ(H)n = 0 und damit ist ϱ(H) = ϱ(Hs)<br />
halbeinfach. q.e.d.<br />
Korollar 6:<br />
ϱ = sl(2, C) ↦→ gl(V ) sei eine Darstellung. ϱ(H) ist dann ein halbeinfaches Element für jede Darstellung.<br />
Beweis:<br />
Benutze die vollständige Reduzibilität, also dass V in irreduzible Summanden zerlegt werden kann. q.e.d.<br />
Lemma 14:<br />
Sei ϱ eine Darstellung und v ∈ H mit ϱ(H)v = λv (v = 0). Dann gilt ϱ(H)[ϱ(X)v] = (λ + 2)(ϱ(X)v) und<br />
ϱ(H)[ϱ(Y )v] = (λ − 2)(ϱ(Y )v). Sei X · v = ϱ(X)v ∀ v ∈ V und X ∈ sl(2, C). Dann gilt H · (X · v) = (λ + 2)X · v<br />
und H(Y · v) = (λ − 2)Y · v. Mit anderen Worten:<br />
Ist vλ der Eigenraum von H <strong>zu</strong>m Eigenwert λ mit Vλ ⊆ V , so folgt<br />
x · Vλ ⊆ Vλ+2 und Y · Vλ ⊆ Vλ−2<br />
Wir haben also die Zerlegung V = ⊕Vλ, wobei λ Eigenwert von H ist.<br />
Beweis:<br />
H · (X · v) = [H, X] · v + X(H · v) = (2X) · v + X · λv = (2 + λ)X · v<br />
Für Y gilt dies analog, was als Übungsaufgabe <strong>zu</strong> empfehlen ist. q.e.d.<br />
Definition:<br />
Ein Element e ∈ V heißt primitives Element, falls ϱ(H)e = λ · e, ϱ(X)e = 0 für e = 0 und λ ∈ C.<br />
25
KAPITEL 3. DIE LIE-ALGEBRA SL(2, C) UND IHRE DARSTELLUNGEN<br />
Bemerkung:<br />
e ist ein primitives Element genau dann, wenn C · e invariant unter der Borel-Unteralgebra b von sl(2, C) ist.<br />
Hier ist<br />
<br />
α β<br />
b =<br />
|α, β ∈ C = CH + CX<br />
0 −α<br />
eine auflösbare Unteralgebra von sl(2, C).<br />
Zum Beweis der Bemerkung:<br />
Sei b · e ⊆ C · e. Insbesondere ist Xe = µ · e, He = λ · e.<br />
2µ · e = 2X · e = [HX − XH] · e = HX · e − XH · e = λ · µ · e − µ · λ · e = 0<br />
Hieraus folgt für e = 0 2µ = 0. q.e.d.<br />
Korollar 7:<br />
V besitzt ein primitives Element e.<br />
Beweis:<br />
Wegen des Satzes von <strong>Lie</strong> gibt es e = 0 mit b·e ⊆ Ce. (Es gibt einen eindimensionalen invarianten Unterraum).<br />
q.e.d.<br />
Satz 17:<br />
n e<br />
Sei e ein primitives Element von V . Definiere en := Y n! , außerdem sei He = λe. Dann gilt:<br />
1.) H · en = (λ − 2n)en<br />
2.) Y · en = (n + 1)en+1<br />
3.) X · en = (λ − n + 1)en−1<br />
Beweis:<br />
Den ersten Punkt haben wir schon bewiesen; der zweite Punkt folgt direkt aus der Definition von Y n . Kommen<br />
wir also <strong>zu</strong>m Punkt 3: Dies soll als Übungsaufgabe mit vollständiger Induktion durchgeführt werden. q.e.d.<br />
Die Situation ist nun folgende:<br />
Vλ = C · e Y −→ Vλ−2<br />
Vn = C · en<br />
Korollar 8:<br />
Y Y<br />
−→ Vλ−4 −→ Vλ−6<br />
Sei V ein sl(2, C)-Modul. Dann gilt:<br />
i.) Der von en (mit n ∈ N) erzeugte Unterraum von V ist ein sl(2, C)-Unterraum von V .<br />
ii.) Es ist en0 = 0 für n0 ∈ N.<br />
iii.) λ ist eine positive ganze Zahl, also ∈ N.<br />
26
Beweis:<br />
3.3. DER UNITÄRE TRICK FÜR SL(2, C)<br />
i.) Dies folgt aus dem vorherigen Satz. q.e.d.<br />
ii.) Die Vektoren ei sind Eigenvektoren von H <strong>zu</strong>m Eigenwert λ − 2i, sie sind also alle linear unabhängig,<br />
falls die = 0. Für ein minimales n0 ist en0 linear abhängig von den ei, i < n0. Daraus folgt en0 = 0. q.e.d.<br />
iii.) Nach dem dritten Punkt aus dem vorherigen Satz gilt:<br />
0 = X · en0 = (λ − n0 + 1)en0−1<br />
Da en0−1 = 0 folgt λ − n0 + 1 = 0, was äquivalent <strong>zu</strong> λ = n0 − 1 ≥ 1 ist. q.e.d.<br />
Der von e erzeugte sl(2, C)-Untermodul Vn ist bis auf Isomorphie eindeutig durch seine Dimension dim Vn =<br />
n + 1 bestimmt und hat folgende Eigenschaften:<br />
✵ Die Matrix ϱ(H) hat als Eigenwerte ganze Zahlen n, n − 2, . . ., −n + 2, −n.<br />
✵ Vn hat eine Basis e0, . . ., en, so dass H · ei = (n − 2i)ei, X · ei = ei−1 und Y ei = (i + 1)ei+1.<br />
Korollar 9:<br />
Sei V ein irreduzibler Modul für sl(2, C) mit dim V = n + 1. Dann gilt V Vn.<br />
Beispiel:<br />
Betrachten wir C 2 , also den Standard-Modul für sl(2, C). e1 = (1, 0) ⊺ ist ein primitiver Vektor mit He1 = e1,<br />
Y e1 = e2 He2 = −e2 und Xe2 = e2, wobei<br />
<br />
1<br />
H =<br />
0<br />
<br />
0<br />
−1<br />
<br />
0<br />
und Y =<br />
1<br />
<br />
0<br />
0<br />
und X =<br />
0<br />
0<br />
<br />
1<br />
0<br />
Dieser Modul ist also isomorph <strong>zu</strong> V1.<br />
Beispiel:<br />
Die adjungierte Darstellung sl(2, C) ist irreduzibel isomorph <strong>zu</strong> V2. Es ist [H, X] = 2X, [Y, X] = −H, [Y, −H] =<br />
−[Y, H] = [H, Y ] = −2Y und X ist ein primitives Element.<br />
Korollar 10:<br />
Die <strong>Lie</strong>-Gruppe sl(2, C) hat in jeder Dimension eine eindeutige irreduzible Darstellung. Jede irreduzible Darstellung<br />
ist ein solches Vn.<br />
1.) C 2 , der Standardmodul für SL2(C) ist isomorph <strong>zu</strong> V1.<br />
2.) Die Darstellung von SL2(C) auf sl(2, C) durch Konjugation ist isomorph <strong>zu</strong> V2.<br />
3.) Sei Pn der SL2(C)-Modul der homogenen Polynome in zwei Variablen vom Grad n. Ist P ∈ Pn, g ∈<br />
SL2(C), dann gilt (g · P )(x, y) = P (g t (x, y)). Der Modul Pn ist isomorph <strong>zu</strong> Vn mit (x, y) ∈ C 2 .<br />
Der Beweis sei als Übungsaufgabe gedacht. (Man muss in dem Modul C 2 eine Basis finden, welche die Eigenschaften<br />
erfüllt.)<br />
Korollar 11:<br />
Sei V ein sl(2, C)-Modul. Dann gilt:<br />
a.) Die Anzahl der irreduziblen Summanden in V ist gleich der Dimension des Kerns von ϱ(x), also des<br />
Unterraums aller primitives Vektoren.<br />
b.) Für ein n ∈ N gilt<br />
Y n : Vn<br />
X n : V−n<br />
<br />
−→ V−n<br />
<br />
−→ Vn<br />
und insbesondere dim Vn = dim V−n.<br />
27
KAPITEL 3. DIE LIE-ALGEBRA SL(2, C) UND IHRE DARSTELLUNGEN<br />
28
Kapitel 4<br />
Die Struktur der halbeinfachen<br />
<strong>Lie</strong>-Algebren<br />
Sei G eine halbeinfache <strong>Lie</strong>-Algebra und h ⊆ G eine Cartan-Unteralgebra. Die Wurzel-Zerlegung hatten wir<br />
folgendermaßen definiert:<br />
G = h ⊕ <br />
α∈k<br />
Gα<br />
Ist R ⊆ h ⋆ (also des dualen Unterraums) und α ∈ R, so folgt:<br />
α = 0 und Gα = {X ∈ G|[H, X] = α(H)X für alle H ∈ h} = {0}<br />
Weiter wissen wir:<br />
✵ [Gα, Gβ] ⊆ Gα+β.<br />
✵ R enthält eine Basis von h ⋆ .<br />
✵ 〈, 〉 sei eine nicht ausgeartete symmetrische Bilinearform (Killing-Form) auf G, die invariant ist; das<br />
heißt, es gilt 〈[X, Y ], Z〉 + 〈Y, [X, Z]〉 = 0 für alle X, Y , Z ∈ G.<br />
✵ dim Gα = dim G−α<br />
Dies ist eine Konsequenz aus dem nachfolgendem Lemma 15.<br />
✵ dim[Gα, G−α] = 1<br />
Dies folgt aus Korollar 12. Beachte, dass Gα, G−α und [Gα, G] = hα eine Unteralgebra Sα = Gα ⊕G−α ⊕hα<br />
von G erzeugen.<br />
Lemma 15:<br />
i.) G α ⊥ 〈,〉G β ⇔ α + β = 0.<br />
ii.) 〈, 〉 ist nicht ausgeartet auf h und den Unterräumen Gα⊕G−α. Außerdem sind Gα und G−α dual <strong>zu</strong>einander<br />
bezüglich 〈, 〉.<br />
iii.) G = h ⊕ (Gα ⊕ G−α) ist eine orthogonale Zerlegung.<br />
Beweis:<br />
i.) Sei X ∈ G α und Y ∈ G β .<br />
〈[H, X], Y 〉 + 〈X, [H, Y ]〉 = 0 ⇔ α(H)〈X, Y 〉 + β(H)〈X, Y 〉 = 0<br />
Also gilt (α + β)(H)〈X, Y 〉 = 0. Wähle H0 ∈ h, so dass (α + β)(H) = 0. Daraus folgt dann 〈X, Y 〉 = 0.<br />
(Dies ist möglich, falls α + β = 0. q.e.d.<br />
iii.) Dies folgt aus dem ersten Punkt. q.e.d.<br />
ii.) Dies ergibt sich wiederum aus dem dritten Punkt, da 〈, 〉 nicht ausgeartet ist. q.e.d.<br />
29
KAPITEL 4. DIE STRUKTUR DER HALBEINFACHEN LIE-ALGEBREN<br />
Lemma 16:<br />
i.) Sei X ∈ G α , Y ∈ G −α und H ∈ h, dann gilt 〈H, [X, Y ]〉 = α(H)〈X, Y 〉.<br />
ii.) [X, Y ] = 〈X, Y 〉 ˆ Hα, wobei ˆ Hα ∈ h definiert ist durch α(H) = 〈 ˆ Hα, H〉.<br />
Beweis:<br />
i.) 〈H, [X, Y ]〉 = −〈[X, H], Y 〉 = 〈[H, X], Y 〉 = α(H)〈X, Y 〉<br />
Dies gilt, da der Operator schief ist. q.e.d.<br />
ii.) Mit α(H)〈X, Y 〉 = 〈 ˆ Hα, H〉〈X, Y 〉 folgt:<br />
〈H, [X, Y ]〉 = 〈 ˆ Hα, H〉〈X, Y 〉 = 〈 ˆ Hα〈X, Y 〉, H〉<br />
Daraus folgt also [X, Y ] = ˆ Hα · 〈X, Y 〉. q.e.d.<br />
Korollar 12:<br />
[Gα, G−α] =: hα ist eindimensional.<br />
Satz 18:<br />
Die Unteralgebra Sα = C · X2 + C · Y2 + C · Hα ist isomorph <strong>zu</strong> sl(2, C).<br />
Lemma 17:<br />
i.) Es gibt (genau) ein Hα ∈ hα, so dass α(Hα) = 2.<br />
ii.) Es gibt Xα, Yα mit Xα ∈ Gα und Yα ∈ G−α, wobei [Xα, Yα] = Hα.<br />
iii.) Die Abbildung X ↦→ Xα, Y ↦→ Yα, H ↦→ Hα definiert einen Isomorphismus von sl(2, C) auf die von Xα,<br />
Yα, Hα erzeugte Unteralgebra von G. (Insbesondere ist dim Gα = 1.)<br />
Beweis:<br />
i.) Es ist X ∈ Gα, [H, X] = α(H)X, H ∈ C · Hα und [Hα, X] = α(Hα)X. Wir zeigen, dass α(Hα) = 0 ist.<br />
(Dann können wir Hα = 2α(Hα) −1 ·Hα wählen.) Falls α(Hα) = 0, dann können wir folgende <strong>Lie</strong>-Algebra<br />
betrachten: Sα = Gα + G−α + C · Hα mit [Sα, Sα] = C · Hα.<br />
[Sα, [Sα, Sα]] = [Sα, C · Hα] = 0<br />
Das heißt, Sα ist auflösbar (sogar nilpotent). G ist damit ein Modul für Sα (adjungierte Darstellung<br />
der Unteralgebra Sα auf G). Es gilt Hα ⊆ [Sα, Sα]. Daraus folgt nach dem Satz von <strong>Lie</strong>, dass ad(Hα)<br />
ein nilpotenter Endomorphismus von G ist. Da Hα ∈ H (Cartan-Unteralgebra von G), ist ad(Hα)<br />
halbeinfach und damit ad(Hα) = 0, woraus wiederum Hα = 0 folgt, was ein Widerspruch <strong>zu</strong>r vorherigen<br />
Aussage ist. (Die Unteralgebra Sα kann nicht auflösbar sein.) q.e.d.<br />
ii.) Es reicht <strong>zu</strong> zeigen, dass es Xα und Yα gibt mit [ Xα, Yα] = 0, was äquivalent <strong>zu</strong> [Gα, G−α] = 0 ist. Wähle<br />
Xα ∈ Gα und Yα ∈ G−α mit 〈 Xα, Yα〉 = 0. Daraus folgt also, dass<br />
[ Xα, Yα] = 〈 Xα, Yα〉Hα = 0<br />
Die Tatsache, dass die Killing-Form nicht ausgeartet ist, impliziert, dass die <strong>Lie</strong>-Klammer nicht verschwinden<br />
kann. q.e.d.<br />
iii.) Sα = C·Xα⊕C·Yα⊕C·Hα bildet eine Unteralgebra von G, die isomorph ist <strong>zu</strong> sl(2, C) = 〈X, Y, H〉 : X ↦→<br />
Xα, Y ↦→ Yα, H ↦→ Hα. Zu zeigen ist, dass dim Gα = 1, was äquivalent <strong>zu</strong> Sα = Sα ist. (Insbesondere ist<br />
dann dim Gα = 1.) Wir nehmen nun an, dass dim Gα > 1. Dann gibt es ein Y ∈ G−α, so dass [Xα, Y ] = 0<br />
ist für y = 0. (Dies gilt nach Lemma 16 Punkt ii.), wenn man Y = 0 mit 〈Xα, Y 〉 = 0 (senkrecht auf Xα)<br />
wählt.) Weiter gilt:<br />
[Hα, Y ] = −α(Hα)Y = −2Y<br />
Y ist aber ein primitives Element für die Darstellung von Sα auf G. Die Darstellungstheorie von sl(2, C)<br />
und die Endlichkeit des Moduls impliziert, dass die höchsten Gewichte positive ganze Zahlen sind. Es<br />
ist also ein Widerspruch <strong>zu</strong>r Tatsache, dass die primitiven Elemente der Darstellungen von sl(2, C) nur<br />
positives ganzes Gewicht haben. Damit ist dim Gα = 1. q.e.d.<br />
30
4.0.1 Definition des (abstrakten) Wurzelsystems<br />
Sei V ein (komplexer) Vektorraum und sei α ∈ V mit α = 0. Die Spiegelung von α heißt ein Element<br />
Sα ∈ GL(V ) mit der Eigenschaft Sα(v) = v − α ∗ (v)α, wobei α ∗ ∈ V ∗ (dualer Raum) und α ∗ (α) = 2. (Der<br />
Kern von α ∗ ist eine Hyperebene.)<br />
Definition:<br />
R ⊆ V heißt Wurzelsystem in V , wenn<br />
i.) R endlich, 0 /∈ R und R als Vektorraum V erzeugt.<br />
ii.) Für jedes α ∈ R gibt es eine Spiegelung Sα mit der Eigenschaft, dass sie das Wurzelsystem in sich selbst<br />
überführt, dass also SαR ⊆ R ist.<br />
iii.) Für α, β ∈ R gilt Sα(β) − β ∈ Zα. (Ganzzahligkeitsbedingung)<br />
Bemerkung:<br />
a.) Wenn Sα(x) = x − α ∗ (x)α ist, dann ist Punkt iii.) äquivalent <strong>zu</strong> α ∗ (β) ∈ Z.<br />
b.) Zu einem Wurzelsystem R ist die Spiegelung Sα mit SαR ⊆ R eindeutig bestimmt.<br />
c.) Wenn V ein reeller Vektorraum ist, so sprechen wir von einem reellen Wurzelsystem. Ist V komplex, so<br />
liegt ein komplexes Wurzelsystem vor.<br />
d.) Der Rang eines Wurzelsystems ist gegeben durch dim V .<br />
Beweis:<br />
S 1 α(X) = x − α ∗ 1(x)α und S 2 α(x) = x − α ∗ 2(x)α seien Spiegelungen von α mit S i α(R) ⊆ R. Wir betrachten eine<br />
Kombination dieser beiden Spiegelungen: U = S 1 α ◦ S 2 α mit U(R) ⊆ R. Hier gilt U(α) = α.<br />
S i α : V/α · C Id<br />
−→ V/2C<br />
S i α| V/α·C = Id V/α·C<br />
Daraus folgt U| V/α·C = Id V/α·C, womit U nur Eigenwerte eins hat (unipotentes Element). Da R endlich ist,<br />
folgt, dass es ein n ∈ N gibt (<strong>zu</strong>m Beispiel n = (Anzahl R)!), so dass U n (β) = β ∀ β ∈ R. Daraus folgt<br />
U n = IdV und damit U = idV . Somit ist S 1 α das Inverse von S 2 α und damit wieder selbst S 2 α, womit S 1 α = S 2 α<br />
gilt.<br />
Beispiel:<br />
a.) Wir betrachten V mit dim V = 1, R = {α, −α}.<br />
Dies ist ein Wurzelsystem. R bezeichnet man als A1.<br />
b.) Auch ist R = {α, 2α, −α, −2α} ein Wurzelsystem.<br />
Bemerkung:<br />
Wenn α ∈ R, dann sind α, −α, 2α, −2α oder α, −α, 1 1<br />
2α, − 2α die einzigen <strong>zu</strong> α proportionalen Wurzeln.<br />
Wenn α, −α die einzigen <strong>zu</strong> α proportionalen Wurzeln sind (für alle α ∈ R), nennen wir das Wurzelsystem<br />
reduziert. Nur solche werden im folgenden für uns wichtig sein.<br />
31
KAPITEL 4. DIE STRUKTUR DER HALBEINFACHEN LIE-ALGEBREN<br />
Beweis:<br />
α sein eine Wurzel und β = tα ebenfalls.<br />
Z ∋ α ∗ (β) = α ∗ (tα) = tα ∗ (α) = 2t<br />
Wir können annehmen, dass t ∈ (0, 1), woraus sich t = 1<br />
2 ergibt. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. q.e.d.<br />
Kommen wir nun <strong>zu</strong>rück <strong>zu</strong> halbeinfachen <strong>Lie</strong>-Algebren (über C).<br />
G = h ⊕ <br />
Gα mit α ∈ h (∗) und R ⊆ h (∗) \ {0}<br />
α∈R<br />
Sei α ∈ R. Wir definieren Sα(β) := β − β(Hα)α mit β ∈ h ∗ (∗). (Dies ist eine Spiegelung an α. Welche<br />
Eigenschaft hat Hα? Wir erinnern uns, dass α(Hα) = 2 und Hα = [Xα, Yα] mit Xα ∈ Gα und Yα ∈ G−α (Hα,<br />
Xα und Yα sind sl(2)-Tripel.)<br />
<strong>The</strong>orem 6<br />
Es sei V := h ∗ und R ein Wurzelsystem von G. Dann ist R ⊆ V \ {0} ein komplexes Wurzelsystem und R ist<br />
reduziert.<br />
Beweis:<br />
i.) R ist endlich und erzeugt V , was bereits (oft) gezeigt wurde.<br />
ii.) Behauptung: Sα wie in (∗) definiert, sind Spiegelungen eines Wurzelsystems.<br />
Sα ist nach Definition 〈Xα, Yα, Hα〉 sl(2, C). Wir wissen, dass [Gα, Gβ] ⊆ Gα+β ist. Sei β ∈ R. Dann<br />
gilt [Hα, y] = β(Hα)y für y ∈ Gβ \ {0}. Wir wissen, dass β(Hα) ∈ Z ist werden der Darstellungstheorie<br />
von Sα, da β(Hα) ein Gewicht für die Darstellung von Sα ist. Setze nun Z ∋ p = β(Hα). Zu zeigen ist,<br />
dass Sα(β) = β − pα ∈ R. Wir wissen aus der Darstellungstheorie von Sα sl(2, C), dass mit p auch −p<br />
ein Gewicht ist und genauer: Y p α y ist ein Gewichtsvektor <strong>zu</strong>m Gewicht −p von Hα. Dann ist Y p α y = 0.<br />
Es gilt 0 = Y p α ∈ Gβ−pα. Hieraus folgt β − pα ∈ R. Falls p ≤ 0, ist X−p α y Gewichtsvektor <strong>zu</strong>m Gewicht<br />
−p von Hα und daraus folgt 0 = X−p α y ∈ Gβ−pα. Daraus folgt, dass β − pα eine Wurzel ∈ R ist. Somit<br />
ist R ⊆ h∗ = V ein komplexes Wurzelsystem. q.e.d.<br />
iii.) Wir beweisen nun die Reduziertheit: Mit α ∈ R ist auch 2α ∈ R.<br />
Es ist 0 = y ∈ G 2α . Dann ist (2α)(Hα) = 2 · α(Hα) = 4. R ist ein Wurzelsystem, woraus folgt, dass 3α<br />
keine Wurzel ist. Es ist [Xα, y] ∈ G2α+α = {0}, also Xα · y = 0. Dies bedeutet mit Hα = [Xα, Yα]:<br />
Hαy = (XαYα − YαXα)y = Xα · (Yαy)<br />
Es ist Yαy ∈ G, da y ∈ G2α und Yα ∈ G−α. Wegen dim Gα = 1 und Gα = C〈Xα〉 folgt Xα(Yαg) = 0.<br />
Außerdem gilt werden y ∈ G2α: Hα · y = 2α(Hα) = 4y, woraus y = 0 resultiert, was ein Widerspruch ist.<br />
q.e.d.<br />
Satz 19 (Ergän<strong>zu</strong>ng):<br />
Sei α ∈ R, dim Gα = 1 und [Gα, Gβ] ⊆ Gα+β.<br />
1.) dim Gα = 1 für alle α ∈ R<br />
2.) [Gα, Gβ] = Gα+β, falls α + β = 0<br />
Lemma 18:<br />
α, β ∈ R seien nicht proportional. Wähle nun p, q ∈ N, so dass β − pα ∈ R und β + qα ∈ R. Betrachte<br />
E = <br />
Gβ+kα. Dann ist E ein irreduzibler Sα-Modul mit dim E = p + q + 1. Weiterhin ist ad(Xα): Gβ+kα ↦→<br />
k∈Z<br />
G β+(k−1)α ein Isomorphismus für alle −p ≤ k ≤ q − 1 und weiterhin β(Hα) = p − q.<br />
32
Beweis:<br />
E ist ein Sα-Modul, da YαGβ+kα ⊆ G β+(k−1)α, XαGβ+kα ⊆ G β+(k+1)α und HαGβ+kα ⊆ Gβ+kα. Hα hat auf Gβ<br />
das Gewicht β(Hα). Alle Gewicht auf E sind von der Gestalt β(Hα) + 2K mit K ∈ Z und β(Hα) + 2q ist das<br />
maximale Gewicht. Der Gewichtsraum <strong>zu</strong> β(Hα) + 2K ist Gβ+Kα und ist eindimensional. Daraus folgt, dass<br />
der Modul E irreduzibel ist mit maximalem Gewicht β(Hα) + 2q und minimalem Gewicht −β(Hα) − 2q =<br />
β(Hα) − 2p, was äquivalent ist <strong>zu</strong> 2p − 2q = 2β(Hα). q.e.d.<br />
Bemerkung:<br />
Der zweite Teil von Satz 19 ist erhalten im Lemma 18 für k = 0.<br />
4.0.2 Wurzelsystem von G = sl(2, C)<br />
Wir betrachten folgende Menge von Matrizen:<br />
<br />
a 0<br />
h = H =<br />
mit α(H) = 2a und α ∈ h<br />
0 −a<br />
∗<br />
<br />
0<br />
Gα = Xα =<br />
0<br />
<br />
1<br />
, G−α = Yα =<br />
0<br />
<br />
1<br />
Hα =<br />
0<br />
<br />
0<br />
, (α(Hα) = 2)<br />
−1<br />
R(sl(2, C)) = {α, −α} ⊆ h ∗ \ {0}<br />
Sα(α) = −α, Sα(−α) = α<br />
A1<br />
Betrachten wir außerdem G = sl(3, C):<br />
⎧⎛<br />
⎨<br />
h = ⎝<br />
⎩<br />
a1<br />
⎞<br />
⎫<br />
0<br />
⎬<br />
⎠ |a1 + a2 + a3 = 0<br />
⎭<br />
a2<br />
0 a3<br />
α(H) = a1 − a2(= α12)<br />
β(H) = a2 − a3(= α23)<br />
γ(H) = a1 − a3 = α + β(= α13)<br />
<br />
0 0<br />
1 0<br />
R = {α, β, γ, −α, −β, −γ} ist das Wurzelsystem von sl(3, C).<br />
A2<br />
Gespiegelt wird an den Seitenhalbierenden dieses regulären Sechsecks. Die Weylgruppe ist die Symmetriegruppe<br />
des regulären Sechsecks (Dieder-Gruppe): W (A2) D6.<br />
Definition:<br />
R ∗ = {α ∗ |α ∈ R} ⊆ V ∗ heißt die Menge der inversen Wurzeln.<br />
33
KAPITEL 4. DIE STRUKTUR DER HALBEINFACHEN LIE-ALGEBREN<br />
4.1 Hauptsatz<br />
G sei eine halbeinfache <strong>Lie</strong>-Algebra und h ⊆ G eine Cartan-Unteralgebra. Es sei h ⊕ <br />
Gα die Wurzelzerle-<br />
gung von G bezüglich h. R ⊆ h ∗ sei ein komplexes Wurzelsystem mit Sα(β) = β − β(Hα)α.<br />
Hα ∈ [Gα, G−α], Sα = Gα ⊕ G−α + CHα sl(2, C)<br />
α(Hα) = 2, R ∗ = {Hα|α ∈ R} ⊆ h<br />
4.2 Komplexe und reelle Wurzelsysteme<br />
Sei R ⊆ V ein reelles Wurzelsystem und W (r) = {Sα|α ∈ R} (Spiegelungen an diesen Wurzeln) die Weylgruppe<br />
von R. Wähle ein positiv definites Skalarprodukt 〈, 〉 auf V , so dass die Elemente von W (R) Isometrien des<br />
Skalarproduktes 〈, 〉 sind. Insbesondere ist Sα(x) = x − 〈α ′ , x〉α mit α ∗ (x) = 〈α ′ , x〉. Aus α ∗ (α) = 2 folgt<br />
〈α ′ , α〉 = 2 und damit α ∗ = 2α<br />
|α| 2 = 2α<br />
〈α,α〉 . Die Konsequenz ist, dass R∗ V ∗ erzeugt.<br />
Satz 20:<br />
R ∗ ⊆ V ∗ ist ein Wurzelsystem und (R ∗ ) ∗ = R.<br />
Beweis:<br />
Wir wissen, dass R ∗ V ∗ erzeugt. Es ist Sα ∗(x) = x − α(x)α∗ . Für x ∈ V ∗ und β ∗ ∈ R ∗ gilt α(β ∗ ) = α ∗ (β) ∈ Z.<br />
q.e.d.<br />
Sei R ⊆ V ein reelles Wurzelsystem. Dann ist R ⊆ VC = V ⊗ C ein komplexes Wurzelsystem.<br />
Satz 21:<br />
Wenn R ⊆ V ein komplexes Wurzelsystem ist, dann ist dieses Wurzelsystem die Komplexifizierung eines reellen<br />
Wurzelsystem R ⊆ V0, wobei V0 ein reeller Vektorraum ist und V V0 ⊗ C = V0,C.<br />
Beweis:<br />
Wir betrachten R ⊆ V und V0 = 〈R〉R, was ein reeller Untervektorraum von V ist. Außerdem betrachten wir<br />
die Abbildung V mit V0 ⊗ C ↦→ V , x ⊗ α ↦→ α · x. Diese Abbildung ist surjektiv, da R und somit V0 V über C<br />
erzeugt. Sei V ∗ = Hom(V, C) ↦→ Hom(V0 ⊗ C, C) die duale Abbildung.<br />
R ∗ ∋ α ∗ ↦→ α ∗ 0<br />
Was passiert mit den Spiegelungen Sα(x) = x − α∗ (x)α? Haben wir β ∈ R und Sα(β) = β − α∗ (β)α, wobei<br />
α∗ (β) ∈ Z. Damit induziert Sα eine Abbildung von V0 nach V0, die reell linear ist. Es gibt ein α∗ 0 ∈ V ∗<br />
0 =<br />
HomR(V0, R), so dass Sα(x) = x − α∗ 0(x)α für x ∈ V0. Außerdem stimmt α∗ |V0 überein mit α∗ 0. So folgt, dass<br />
R ⊆ V0 ein reelles Wurzelsystem ist. Dies impliziert, dass die Abbildung R∗να∗ ↦→ α∗ 0 surjektiv ist, also handelt<br />
es sich um eine Isomorphismus. q.e.d.<br />
Anmerkung:<br />
Man kann aus verschiedenen Wurzelsystemen auch ein Produkt-Wurzelsystem bilden.<br />
Beispiel:<br />
B2<br />
α∈R<br />
34
4.2. KOMPLEXE UND REELLE WURZELSYSTEME<br />
Hier taucht die Spiegelungsgruppe eines regulären Vierecks auf. Es stellt sich die Frage, welche <strong>Lie</strong>-Algebra<br />
dieses Wurzelsystem haben (Rang 2). In Frage kommen so(5, C) oder auch sp(4, C).<br />
35
KAPITEL 4. DIE STRUKTUR DER HALBEINFACHEN LIE-ALGEBREN<br />
36
Kapitel 5<br />
Wurzelsysteme und Basen<br />
Definition:<br />
R ⊆ V sei en reelles Wurzelsystem. S ⊆ R heißt eine Basis des Wurzelsystems, wenn folgendes gilt:<br />
1.) S ist eine Basis von V .<br />
2.) Jedes α ∈ R schreibt sich<br />
a.) α = <br />
nγγ mit nγ ∈ Z und nγ ≥ 0 für alle γ ∈ S oder<br />
γ∈S<br />
b.) α = <br />
nγγ mit nγ ∈ Z und nγ ≤ 0 für alle γ ∈ S.<br />
γ∈S<br />
Es gilt R = R + ∪ R − und R − = −R + .<br />
Wenn R eine Basis S besitzt, so schreiben wir R + = {α ∈ R|die a.) erfüllen} oder R − = {α ∈ R|die b.) erfüllen}.<br />
Der Menge der positiven/negativen Wurzeln erzeugt also einen Halbraum, so dass alle positiven/negativen<br />
Wurzeln innerhalb dieses Halbraums liegen.<br />
Satz 22:<br />
Eine Basis S existiert und jede Basis lässt sich folgendermaßen konstruieren: Es gibt ein t ∈ V ∗ \ {0} (nicht-<br />
verschwindende lineare Form), so dass t(α) = 0 für alle α ∈ R und R +<br />
S = {α ∈ R|t(α) > 0} = R+ t und die<br />
Basis S stimmt überein mit der Menge St der unzerlegbaren Elemente von R + t .<br />
Satz 23:<br />
Sei t ∈ V ∗ eine Linearform mit 〈t, α〉 = 0 für alle α ∈ R. Dann bildet die Menge St = {α ∈ R + t |α ist<br />
unzerlegbar} eine Basis von R.<br />
Bemerkung:<br />
Für t ∈ V ∗ ist R + t = {α ∈ R|〈t, α〉 > 0}. α ∈ R + heißt unzerlegbar, wenn α nicht als Linearkombination<br />
α = β + γ mit β, γ ∈ R + t geschrieben werden kann.<br />
37
KAPITEL 5. WURZELSYSTEME UND BASEN<br />
Lemma 19:<br />
Wenn α ∈ R + t , dann gilt α = <br />
γ∈S +<br />
t<br />
” nicht-negative“ Linearkombination von Elementen aus St.<br />
Beweis:<br />
nγγ mit nγ ∈ Z und nγ ≥ 0. Jedes Element von R + t schreibt sich als<br />
Wir betrachten I = {α ∈ R + t |schreiben sich nicht als positive Kombination von Elementen aus St}. Wenn<br />
I = ∅, so gibt es ein α ∈ I mit 〈t, α〉 > 0 und 〈t, α〉 minimal unter den β ∈ I. Darüber hinaus wissen<br />
wir, dass α zerlegbar ist. (Sonst wäre α ∈ St.) Wir können also schreiben α = β + γ mit β, γ ∈ R + t . Aus<br />
〈t, α〉 = 〈t, β〉 + 〈t, γ〉 > 0 mit 〈t, β〉 > 0 und 〈t, γ〉 > 0 folgt 〈t, β〉 < 〈t, α〉 bzw. 〈t, γ〉 < 〈t, α〉, womit sich β /∈ I<br />
bzw. γ /∈ I ergibt. Somit schreibt sich α als positive Linearkombination, was ein Widerspruch ist. Damit ist<br />
I = ∅. q.e.d.<br />
Aus dem Lemma 19 folgt R + t ⊆ R +<br />
S , −R+ t ⊆ −R +<br />
S = R−<br />
S , R = R+ t ∪ R − t = R +<br />
S ∪ R−<br />
S und R+<br />
S = R+ r . S = St<br />
erfüllt die zweite Bedingung aus obiger Definition für die Basis.<br />
Satz 24:<br />
Sei S eine Basis von R. Dann ist jede Basis S von R von der Gestalt St für ein t ∈ V ∗ . (Es gilt R = R + ∪ R − .)<br />
Beweis:<br />
Wähle t ∈ V ∗ mit t(γ) > 0 für alle γ ∈ S. Dann gilt S = St. Wichtig ist S ⊆ R + t , R +<br />
S ⊆ R+ t . Da R = R +<br />
S ∪ R−<br />
S<br />
gilt R +<br />
S = R+ t . Daraus folgt, dass die Menge S unzerlegbar ist und damit S ⊆ St. Da St eine Basis ist, folgt<br />
S = St. q.e.d.<br />
5.1 Winkel zwischen Wurzeln<br />
Lemma 20:<br />
Wenn α, β ∈ St, so schließen α und β einen stumpfen Winkel ein; es gilt also 〈α, β〉 ≤ 0. Es gilt:<br />
Sα(β) = β − α ∗ (β)α = β − nα,βα = β −<br />
〈α, β〉 = (cos φ)|α||β|<br />
nα,β ist ein Winkel:<br />
nαβnβα =<br />
2〈α, β〉<br />
|α| 2 α mit nαβ ∈ Z<br />
4〈α, β〉2<br />
|α| 2 |β| 2 = 4 cos2 φ ∈ {0; 1; 2; 3; 4} da cos 2 φ ∈ [0, 1] und nαβ ∈ Z<br />
➢ 1.Fall: α, β sind proportional. Damit ist cos 2 φ = 1.<br />
Wenn α = ±β ist, dann ist nαβ = ±2 und nβα = ±2. (In allen reduzierten Wurzelsystemen spielt nur<br />
dieser Teil eine Rolle.) Wenn α = ±2β ist, gilt nαβ = ±1 und nβα = ±4.<br />
➢ Weitere Fälle: nichtproportionale Wurzeln α, β ∈ R<br />
cos φ φ nαβ nβα<br />
0 π<br />
2 0 0<br />
1<br />
2<br />
− 1<br />
2<br />
1√<br />
2<br />
− 1 √<br />
√ 2<br />
3<br />
2<br />
− √ 3<br />
2<br />
π<br />
3 1 1 |α| = |β|<br />
2π<br />
3 -1 -1 |α| = |β|<br />
π<br />
4 1 2 |β| = √ 2|α|<br />
3π<br />
4 -1 -2 |β| = √ 2|α|<br />
π<br />
6 1 3 |β| = √ 3|α|<br />
5π<br />
6 -1 -3 |β| = √ 3|α|<br />
38
nαβ =<br />
2〈α, β〉<br />
|α| 2<br />
2〈α, β〉<br />
= 1 =<br />
|β| 2 = nβα<br />
Das Verhältnis der Wurzellängen hängt ab vom Verhältnis nαβ <strong>zu</strong> nβα.<br />
Korollar 13:<br />
Seien α, β Wurzeln mit 〈α, β〉 > 0. Dann ist α − β eine Wurzel.<br />
Beweis:<br />
Die Tatsache, dass 〈α, β〉 > 0 ist, ist äquivalent <strong>zu</strong> nαβ > 0.<br />
5.1. WINKEL ZWISCHEN WURZELN<br />
a.) Ist nαβ = 1, dann folgt Sα(β) = β − nαβα = β − α ∈ R. Daraus folgt, dass α − β ∈ R ist.<br />
b.) Wenn nβα = 1, dann gilt Sβ(α) = α − nβα) = α − β ∈ R.<br />
Nach der Tabelle impliziert nαβ > 0 die Bedingung a.) oder b.).<br />
Korollar 14:<br />
Sei S ⊂ R + t eine unzerlegbaren Elemente. Dann gilt für α, β ∈ S, dass 〈α, β〉 ≤ 0.<br />
Beweis:<br />
Wir nehmen an, dass 〈α, β〉 > 0 ist. Nach Korollar 13 gilt γ = α − β ∈ R, also α = γ + β. α ist zerlegbar, falls<br />
γ ∈ R + t . Wenn γ ∈ R − t , schreiben wir β = α − γ. Falls γ ∈ R − t , ist β zerlegbar. q.e.d.<br />
Lemma 21:<br />
Sei t ∈ V ∗ und A ⊆ R + t und gilt für alle α, β ∈ A, dass 〈α, β〉 ≤ 0 und α = β ist, dann sind die Elemente von<br />
A linear unabhängig.<br />
Korollar 15:<br />
Sei t ∈ V ∗ . Dann ist die Menge St linear unabhängig (und also eine Basis des Wurzelsystems). (Die erste<br />
Bedingung wird von St erfüllt.)<br />
Damit ist der Satz über Basen bewiesen.<br />
Beweis:<br />
Wir nehmen an, es gibt eine Relation zwischen den Elementen von A.<br />
<br />
mγγ = 0<br />
γ∈A<br />
λ = <br />
yαα = <br />
zββ für yα ≥ 0 und zβ ≥ 0<br />
α∈A<br />
β∈A<br />
Es ist yα = mα und zβ = −mβ.<br />
0 ≤ 〈λ, λ〉 = <br />
yαzα〈α, β〉<br />
α,β∈A<br />
Aus 〈α, β〉 ≤ 0 folgt 〈λ, λ〉 = 0 und damit λ = 0.<br />
0 = 〈t, λ〉 = <br />
yα〈t, α〉<br />
α∈A<br />
Aus 〈t, α〉 > 0 folgt yα = 0. Ebenso ist zβ = 0, woraus sich mγ = 0 ergibt. Damit ist A linear unabhängig.<br />
q.e.d.<br />
Jedes Wurzelsystem hat eine Basis! Unsere erste Aufgabe ist nun, Wurzelsysteme vom Rang 2 <strong>zu</strong> bestimmen,<br />
also Wurzelsysteme, deren Basis aus zwei Vektoren besteht.<br />
Es sei R ⊂ V und R ⊂ V . Die Wurzelsysteme R und R sind isomorph genau dann, wenn g: V ↦→ V hom mit<br />
gR = R. Dann folgt S g(β) = gSβg −1 (wegen der Eindeutigkeit der Spiegelungen).<br />
39
KAPITEL 5. WURZELSYSTEME UND BASEN<br />
5.1.1 Geometrische Interpretation<br />
Wir betrachten R + t = {α|〈t, α〉 > 0}. Sei C ein konvexer Kegel erzeugt von R + t , dann gilt:<br />
A2<br />
Die Basiselemente sind die Wurzeln, die sich auf dem Rand dieses Kegels befinden.<br />
5.2 Inverse Wurzelsysteme und ihre Basen<br />
Es sei R ⊂ V und R ∗ ⊂ V ∗ . Dann ist R ∗ = {α ∗ |Sα(x) = x − α ∗ (x)α, α ∈ R} ein inverses Wurzelsystem. Diese<br />
inversen Wurzelsysteme können wir gut veranschaulichen. Wir können nämlich ein invariantes Skalarprodukt<br />
〈, 〉 auf V wählen, <strong>zu</strong> dem es ein Homomorphismus V ↦→ V ∗ gibt, so dass<br />
α ∗ (x) = 〈α ′ , x〉 mit α ′ = 2α<br />
|α| 2 ∈ V mit R′ = {α ′ |α ∈ R} ⊆ V<br />
gilt und R ′ ein Wurzelsystem ist.<br />
Satz 25:<br />
Wenn S eine Basis von R ist, so ist S ∗ = {α ∗ |α ∈ S} eine Basis von R ∗ .<br />
Beweis:<br />
Es genügt <strong>zu</strong> zeigen, dass S ′ = {α ′ |α ∈ S} eine Basis von R ′ ist, da R ′ und R∗ ja isomorph sind. Wenn<br />
t ∈ V ∗ eine lineare Form mit 〈t, α〉 > 0 für α ∈ S, das heißt S = St, dann erzeugt R + t den gleichen konvexen<br />
Kegel C = C(R + t ) wie die Menge R ′+<br />
t . (Die Elemente von R ′ sind nur Vielfache von den Elementen von R. Zu<br />
jedem positiven Element α gehört ein positives Element α ′ und umgekehrt.) Die Basis S ′ = S ′ t von R ′ sind die<br />
Wurzeln α ′ , die auf dem Rand von C liegen und dies sind die Vielfachen von den Elementen aus S. Damit ist<br />
S ′ = {α ′ |α ∈ S}. q.e.d.<br />
5.3 Struktur der Weyl-Gruppe und Erzeugendensystem der Weyl-<br />
Gruppe<br />
Wenn R ein Wurzelsystem ist, dann ist W (r) = 〈Sα|α ∈ R〉.<br />
Satz 26:<br />
Wenn S eine Basis von R ist, so folgt W (R) = WS =: 〈Sγ|γ ∈ S〉. (Dies ist das Erzeugnis der Spiegelungen,<br />
die aus der Basis stammen.)<br />
Satz 27:<br />
Wenn β ∈ R +<br />
S , wobei S eine Basis von R ist, dann lässt sich eine Darstellung β = α1 + . . . + αk mit αi ∈ S<br />
finden, so dass Rνα1 + . . . + αl gilt für alle l ≤ k.<br />
40
Beweis:<br />
5.3. STRUKTUR DER WEYL-GRUPPE UND ERZEUGENDENSYSTEM DER<br />
WEYL-GRUPPE<br />
Sei t ∈ V ∗ und 〈t, α〉 = 1 für alle α ∈ S und 〈t, β〉 = k > 0 für k ∈ Z. Wir führen nun eine Induktion nach k<br />
durch. Behauptung: Es gibt ein α ∈ S mit 〈α, β〉 > 0.<br />
✵ 1.Fall: Aus β ∈ S folgt der Satz.<br />
✵ 2.Fall: γ = α − β ist eine Wurzel.<br />
〈t, γ〉 = 〈t, α〉 − 〈t, β〉 = 1 − k<br />
Aus β = α − γ folgt 〈t, −γ〉 = k − 1. q.e.d.<br />
Lemma 22:<br />
Sei α ∈ S und R reduziert. Dann ist Sα(R +<br />
S \ {α}) ⊆ R+<br />
S \ {α}.<br />
Beweis:<br />
Wenn β ∈ R +<br />
S<br />
<br />
\{α〉, so ist β = mγγ mit mγ ≥ 0. Es gibt ein γ0 = α, so dass mγ0 = 0. Da Sα(β) = β−α∗ (β)α,<br />
γ∈S<br />
ist Sα von folgender Gestalt:<br />
Sα(β) = <br />
mγγ mit mγ0 = mγ0 > 0<br />
γ∈S<br />
Daraus folgt Sα(β) ∈ R +<br />
S .<br />
Lemma 23:<br />
Sei ϱS := 1<br />
2<br />
<br />
α und R reduziert. Dann gilt α(ϱS) = ϱS − α für α ∈ S.<br />
Beweis:<br />
α∈R +<br />
Wir betrachten:<br />
ϱS = 1 <br />
2<br />
γ∈R +<br />
S \{α}<br />
γ<br />
Dann gilt ϱS = ϱα + 1<br />
Lemma 24:<br />
2α. Aus Sα(ϱα) = ϱα und S(α) = −α folgt Sα(ϱS) = ϱα − 1<br />
2α. q.e.d.<br />
Sei t ∈ V ∗ . Dann gibt es ein w ∈ WS, so dass 〈w(t), α〉 ≥ 0 für alle α ∈ S.<br />
Bemerkung:<br />
Sei w ⊆ GL(V ) mit t ∈ V ∗ . Dann ist 〈w(t), x〉 = 〈t, w −1 (x)〉 für t ∈ V ∗ und x ∈ V .<br />
Beweis:<br />
Wir betrachten 〈w(t), ϱS〉 für w ∈ WS. Wir wählen w0 so, dass 〈w0(t), ϱS〉 maximal ist. Dieses w0 hat die<br />
behauptete Eigenschaft.<br />
〈w0(t), ϱS〉 ≥ 〈Sαw0(t), ϱS〉 = 〈w0(t), SαϱS〉 = 〈w0(t), ϱS〉 − 〈w0(t), α〉<br />
Daraus folgt, dass 〈w0(t), α〉 ≥ 0 (wegen der Maximalität in w0). q.e.d.<br />
Satz 28:<br />
Seien S und S Basen von R. Dann gibt es ein w ∈ WS, so dass w( S) = S. (Die Untergruppe der Weyl-Gruppe<br />
operiert transitiv auf den Basen. Damit sind alle Basen aus dem Wurzelsystem gleichberechtigt. Dies ist nicht<br />
selbstverständlich, da die Basen verschiedene Gestalt haben könnten.)<br />
41
KAPITEL 5. WURZELSYSTEME UND BASEN<br />
Beweis:<br />
Zu S gehört ein t ∈ V ∗ mit t(α) > 0 für alle α ∈ S. Insbesondere gilt dann R +<br />
S<br />
= R+<br />
t<br />
. Nach dem Lemma 24<br />
gibt es ein w0 ∈ WS, so dass 〈w0(t), α〉 = 〈t, w −1<br />
0 α〉 ≥ 0 für alle α ∈ S. Insbesondere gilt also 〈w0(t), α〉 > 0<br />
für alle α ∈ S. Somit ist t := w0(t) und es gilt S = St und S = St . Andererseits ist w0(S) eine Basis des<br />
Wurzelsystems und t > 0 auf w0(S). Damit gilt w0(S) = St = S. q.e.d.<br />
Lemma 25:<br />
Sei β ∈ R. Dann gibt es eine Basis S von R mit β ∈ S.<br />
Beweis:<br />
Sei Lβ ⊆ V ∗ die Hyperebene β ⊥ (die senkrecht auf β steht). Es gibt endlich viele weitere Hyperebenen Lγ = γ ⊥<br />
mit γ = β und γ ∈ R. Es gibt ein t1 ∈ Lβ mit t1(γ) = 0, da R endlich ist. Es sei ε = min{|t1(γ)|γ ∈ R, γ =<br />
β} > 0. Es gibt t0 ∈ V ∗ mit t0(β) = ε0 > 0 und |t0(γ)| > ε0 für γ = β und γ ∈ R. Daraus folgt β ∈ St0. q.e.d.<br />
Lemma 26:<br />
Sei β ∈ R. Dann gibt es ein w ∈ WS, so dass Sβ = w.<br />
Beweis:<br />
Sei S eine Basis, die β enthält und w ∈ WS, so dass w S = S. Daraus folgt wβ = α ∈ S und damit folgt, dass<br />
Sα = Swβ = wSβw −1 und daraus folgt, dass Sβ = w −1 Sα ∈ WS. q.e.d.<br />
5.4 Weyl-Kammer<br />
Die Weyl-Gruppe ist eine Spiegelungsgruppe. Die Frage ist nun, woran gespiegelt wird.<br />
Bemerkung:<br />
Die Abbildung S ↦→ C(S) ist eine Bijektion. (Aus der Umkehrabbildung t ∈ C(S) folgt S = St.) Aus t ∈ C(s)<br />
folgt, dass S = St ist.<br />
Definition:<br />
Sei S eine Basis und C(S) = {t ∈ V ∗ |t(α) > 0 ∀ α ∈ S}. Wir nennen C(S) die Weyl-Kammer von S.<br />
C(s) ⊆ V ∗ ist ein offener konvexer Kegel.<br />
5.4.1 Andere Betrachtungsweise<br />
Es sei α ∈ R und Hα = {u ∈ V ∗ |u(α) = 0} ⊆ V ∗ .<br />
Satz 29:<br />
Die Menge der Weyl-Klammern stimmt überein mit den Zusammenhangskomponenten von V ∗ \ ∪α∈RHα<br />
(ohne die singulären Hyperebenen).<br />
Eine Weyl-Kammer ist ein symplizialer Kegel.<br />
Beweis:<br />
Sei C eine Komponente in V ∗ \ ∪α∈RHα. Für t ∈ C gilt nach Konstruktion C(α) = 0 für alle α ∈ R. Daraus<br />
folgt, dass es eine Basis S gibt (die durch t eindeutig bestimmt ist) mit t(γ) > 0 ∀ γ ∈ S, S = St. Nach<br />
Definition ist also t ∈ C(S). Für alle t ∈ C ist t ′ (γ) > 0 ∀ γ ∈ S (nach Konstruktion von C). (Es müsste<br />
aus der Menge C herauslaufen und einmal die Hyperebene treffen, was jedoch nicht sein kann.) Wegen der<br />
Eindeutigkeit einer Basis ist S = St ′ und somit t′ ∈ C(S). Damit haben wir bewiesen, dass C ⊆ C(S).<br />
Umgekehrt ist klar, dass alle C(S) (wobei S eine Basis von R ist) in einer Komponente von V ∗ \ ∪α∈RHα<br />
liegen. (Die Mengen C(S) treffen nie eine dieser Hyperebenen Hα.) q.e.d.<br />
42
5.4.2 Geometrisches Bild der Aktion der Weyl-Gruppe<br />
5.4. WEYL-KAMMER<br />
w(R) operiert auf V und auch auf V ∗ . Für t ∈ V ∗ ist w(t)(x) := 〈t, w −1 x〉 für w ∈ W und x ∈ V . Sα<br />
sind bekanntlich die Spiegelungen an der Wurzel α, Sα: V ↦→ V . Die duale Abbildung Sα: V ∗ ↦→ V ∗ ist eine<br />
Spiegelung an der Hyperebene Hα ⊆ V ∗ . Für t ∈ Hα gilt:<br />
Sα(t)(x) = 〈t, Sα(x)〉 = 〈t, x − α ∗ (x)α〉 = 〈t, x〉 da t(α) = 0<br />
Damit gilt Sαt = t für t ∈ Hα. Die Spiegelungen Sα lassen also die Elemente der Hyperebene fest. Sα ist damit<br />
eine Spiegelung an der Hyperebene.<br />
W ist Teilmenge der Automorphismengruppe Aut(R) = {ϕ : V ↦→ V |ϕ(R) ⊆ R} mit ϕ ∈ GL(V ).<br />
Zusammenfassung:<br />
Die Weyl-Kammer C(S) ist eine Komponente von V ∗ \ ∪α∈RHα und ihr Rand ist durch die Hyperebene Hα<br />
mit α ∈ S gegeben. (Die Hα heißen auch ” Mauern“.) Die Aktion der Weyl-Gruppe auf V ∗ wird also erzeugt<br />
von den Spiegelungen Sα an den Mauern einer Kammer. Weiterhin operiert die Weyl-Gruppe W transitiv<br />
auf der Menge der Kammern (da sie auch transitiv auf der Menge der <strong>zu</strong>gehörigen Basen operiert) (Simplexe<br />
Spiegelungsgruppen, Gruppe die erzeugt wird von den Spiegelungen an diesem Kegel).<br />
Satz 30:<br />
Sei w ∈ W mit wC = C für eine Weyl-Kammer C. Hieraus folgt dann w = 1. (Die Weyl-Gruppe operiert<br />
einfach transitiv auf der Menge der Kammern.)<br />
Beweis:<br />
Sei S eine Basis und C = C(S) die <strong>zu</strong>gehörige Kammer. Für w ∈ W mit w = S1, . . ., Sd (∗), wobei die Si<br />
Spiegelungen an den Mauern von C sind. Si sei die Spiegelung an der Mauer Hi = Hαi für αi ∈ S. Wir<br />
betrachten W ⊆ GL(V ∗ ) und nehmen an, dass d die minimale Länge einer solchen Darstellung (∗) ist. Sei<br />
wi = S1, . . ., Si eine Folge von Kammern Ci = wiC. Die Folge Ci bildet eine sogenannte Gallerie.<br />
➢ Zwei Kammern C und C heißen benachbart, wenn sie eine gemeinsame Mauer in ihrem Rand haben.<br />
➢ Ci und Ci+1 sind benachbarte Kammern.<br />
Wir betrachten die Kammern Ci = s1 . . . Si(C) und Ci+1 = S1 . . . Si+1(C). C hat eine Mauer Hi+1, an<br />
der Si+1 die Spiegelung ist.<br />
C |<br />
Hi+1<br />
Si+1C −→ wi<br />
wi(C) | wi+1(C)<br />
wi(Hi+1)<br />
Wir nehmen an, dass w(C) = C ist. (Eine Gallerie ist ein geschlossener Weg. Es muss deswegen einen Index j<br />
geben, so dass wj(Hj+1) = H1 ist. Die Mauer H1 muss also noch einmal durchlaufen werden.) Dies bedeutet,<br />
dass wjSj+1w −1<br />
j = S1 ist. Daraus ergibt sich wjSj+1 = S1wj und somit S1 . . . SjSj+1 = S1S1 . . . Sj = S2 . . . Sj,<br />
wobei S1 = wj+1. Der Wert wj+1 lässt sich durch j Spiegelungen ausdrücken.<br />
Bemerkung:<br />
Man kann zeigen, dass die Weyl-Gruppe eine sogenannte Coseter-Gruppe ist.<br />
1.) W wird erzeugt von Spiegelungen Si mit i = 1, . . ., n mit S 2 i<br />
2.) Das Produkt zweier Spiegelungen SiSj ist eine Drehung, wobei der Winkel zwischen den Hyperebenen<br />
der <strong>zu</strong>gehörige Drehwinkel ist. Es gibt ganze Zahlen mij, so dass (SiSj) mij = 1 für i = j ist. (Es handelt<br />
sich ja um eine endliche Gruppe.)<br />
Das heißt, als abstrakte Gruppe ist W durch 1.) und 2.) bis auf Isomorphien bestimmt.<br />
Wir wissen schon, dass Sα(β) = β −β ∗ (α)α ist für β ∗ (α) ∈ Z und α, β ∈ S. Die Matrix (nαβ) mit nαβ := β ∗ (α)<br />
(wobei α, β ∈ S) heißt Cartan-Matrix des Wurzelsystems. Diese hat folgende Gestalt:<br />
⎛<br />
2 a<br />
⎞<br />
. . .<br />
⎜<br />
(nαβ) = ⎜<br />
⎝<br />
b<br />
.<br />
. ..<br />
. ..<br />
. ..<br />
⎟<br />
⎠<br />
2<br />
= 1.<br />
43
KAPITEL 5. WURZELSYSTEME UND BASEN<br />
G2 hat beispielsweise die Cartan-Matrix:<br />
<br />
2 −1<br />
(nαβ) =<br />
−3 2<br />
Dies ist eine Invariante der Wurzelsysteme (hängt also nicht von der Basis ab). Das Wurzelsystem ist eindeutig<br />
durch eine solche Matrix festgelegt.<br />
Beobachtung:<br />
Sei S eine Basis und nαβ für α, β ∈ S, wobei Sα(β) = β − nαβα ist. Ist ϕ ∈ Aut(R), so gilt n ϕ(α)ϕ(β) = nαβ.<br />
Das heißt: Ist S eine Basis von R, so ist S ′ = ϕ(S) wieder eine Basis von R. Für ϕ(α) ∈ S ′ gilt wegen der<br />
Eindeutigkeit S ϕ(α) = ϕSαϕ −1 . Dann erhalten wir nach Definition:<br />
S ϕ(α)(ϕ(β)) = ϕ(β) − n ϕ(α)ϕ(β)ϕ(α) = ϕ(β − n ϕ(α)ϕ(β)α) = ϕ(Sα(β)) = ϕ(β − nαβα)<br />
Dies folgt aus S ϕ(α) = ϕSαϕ −1 . Daraus ergibt sich also nαβ = n ϕ(α)ϕ(β).<br />
Definition:<br />
Sei S ⊆ R eine Basis, so heißt C(R) = (nαβ), wobei α und β ∈ S sind, die Cartan-Matrix von R (bezüglich<br />
S).<br />
Bemerkung:<br />
Es gilt n = Rang(R) =Anzahl der s ∈ S. Damit ist C(R) eine n × n-Matrix mit Elementen ∈ Z, also<br />
C(R) ∈ Mat(n × n, Z). Wir erinnern uns an die Definition von nαβ <strong>zu</strong>rück:<br />
Sα(β) = β − nαβα = β −<br />
2〈α, β〉<br />
α<br />
|α| 2<br />
Dann hatten wir folgendes festgestellt:<br />
1.) nαβ ∈ Z<br />
2.) nαβ · nβα = 4 cos 2 φ, wobei φ der Winkel zwischen α und β ist<br />
3.) Falls α = β, so folgt nαβ ≤ 0 und nαα = 2.<br />
Aus diesen drei Bedingungen folgt für α = β: nαβ ∈ {0; −1; −2; −3}.<br />
Beispiele:<br />
Betrachten wir das Wurzelsystem A1, dann ist C(A1) = 2.<br />
Das Produkt mit sich selbst A1 × A1:<br />
A1 × A1 : C(A1 × A1) =<br />
A2 : C(A2) =<br />
B2 : C(B2) =<br />
G2 : C(G2) =<br />
<br />
2 0<br />
0 2<br />
<br />
2<br />
<br />
−1<br />
−1 2<br />
<br />
2<br />
<br />
−2<br />
−1 2<br />
<br />
2<br />
<br />
−3<br />
−1 2<br />
44
Satz 31:<br />
5.5. COSETER-GRAPHEN<br />
Seien S und S ′ Basen der (reduzierten) Wurzelsysteme R ⊆ V und R ′ ⊆ V ′ . Außerdem sei f: S ↦→ S ′ eine<br />
Bijektion mit n f(α)f(β) = nαβ. Dann gibt es einen eindeutigen Isomorphismus ϕ: V ↦→ V ′ von Wurzelsystemen<br />
(das heißt ϕ(R) = R ′ ) mit ϕ(α) = f(α) für alle α ∈ S.<br />
Beweis:<br />
Wir definieren ϕ(α) = f(α) für α ∈ S. Dann ist dadurch ein eindeutiger Vektorraumisomorphismus ϕ: V ↦→ V ′<br />
bestimmt. Zu zeigen bleibt ϕ(R) = R ′ .<br />
(ϕSαϕ −1 )ϕ(β) = ϕSα(β) = ϕ(β − nαβα) = ϕ(β) − nαβϕ(α) = f(β) − n f(α)f(β)f(α) =<br />
= S f(α)(f(β)) mit ϕ(β) = f(β)<br />
Damit gilt S f(α) = ϕSαϕ −1 für α ∈ S. Daraus ergibt sich W ′ = W (R ′ ) = ϕW (R)ϕ −1 , da Weyl-<strong>Gruppen</strong> aus<br />
den Spiegelungen Sα ′ mit α′ ∈ S ′ bzw. Sα mit α ∈ S erzeugt werden.<br />
R ′ = W (R ′ ) · S ′ = ϕW (R)ϕ −1 S ′ = ϕW (R)S = ϕ(R) q.e.d.<br />
Korollar 16:<br />
Die Cartan-Matrix legt das Wurzelsystem bis auf Isomorphie fest.<br />
Beweis:<br />
R und R ′ seien isomorphe Wurzelsysteme und S eine Basis von R. ϕ(S) = S ′ ist also eine Basis von R ′ . Aus<br />
S = {α1, . . . , αn} folgt C(R, S) = (nαiαj ) = C(R, S′ ) = (nα ′ iα′ j ), wobei S′ = {α ′ 1, . . . , α ′ n} mit α ′ i = ϕ(αi).<br />
Wenn S und S ′ verschiedene Basen von R sind, so existiert ein w ∈ W mit wS = S. Daraus folgt C(R, S) =<br />
C(R, S) mit w ∈ Aut(R). Somit ist C(R) wohlbestimmt (bis auf eine Permutation der Basis).<br />
Seien R und R ′ Wurzelsysteme, so dass C(R) und C(R ′ ) durch Permutation der Basis auseinander hervorgehen,<br />
dann folgt nach Satz 31, dass R und R ′ isomorph sind. q.e.d.<br />
Korollar 17:<br />
Wir betrachten die Gruppe Aut(R) = W (R)E, wobei W (R) die Weyl-Gruppe von R und E = {ϕ ∈<br />
Aut(R)|ϕ(S) = S} ist. Dann gilt:<br />
i.) W (R) ist ein Normalteiler in Aut(R).<br />
ii.) W (R) ∩ E = {1}<br />
iii.) Aut(R)/W (R) = E<br />
Weiterhin ist E isomorph <strong>zu</strong>r Menge {f: S ↦→ S, f ∈ Perm(S), f(nαβ) = n f(α)f(β)}. Aus i.) und ii.) folgt, dass<br />
Aut(R) ein semidirektes Produkt ist.<br />
Beweis:<br />
i.) Dies folgt, da W (R) = 〈Sα|α ∈ R〉 und ϕ ∈ Aut(R), ϕSαϕ −1 = S ϕ(α) ∈ W (R). Damit ist ϕW (R)ϕ −1 ⊆<br />
W (R) für alle ϕ ∈ Aut(R) (Normalteiler).<br />
ii.) Dies ist bereits bewiesen (einfache Transitivität von W (R) auf der Menge der Basen).<br />
iii.) Hier ist <strong>zu</strong> zeigen, dass Aut(R) = W · E ist. Dies folgt aus der Transitivität von W auf der Menge der<br />
Basen. Ist S eine Basis von R mit ϕ ∈ Aut(R), so existiert wϕ ∈ W (R) mit wϕS = ϕ(S). Daraus ergibt<br />
sich e = ϕw −1<br />
ϕ ∈ E und damit ϕ = ewϕ.<br />
5.5 Coseter-Graphen<br />
Definition:<br />
Ein Coseter-Graph ist ein endlicher Graph, so dass je zwei Ecken durch 0, 1, 2 oder 3 Kanten verbunden ist.<br />
45
KAPITEL 5. WURZELSYSTEME UND BASEN<br />
Beispiel:<br />
A2 B2 G2 A1 × A1<br />
Jeder Cartan-Matrix lässt sich ein Coseter-Graph <strong>zu</strong>ordnen. Als Ecken wählen wir α1, . . ., αn ∈ S und zwei<br />
Ecken αi, αj sind durch nαiαj · nαjαi Kanten verbunden.<br />
5.5.1 Irreduzibilität von Wurzelsystemen<br />
Definition:<br />
Wir nenne R ⊂ V reduzibel, wenn V = V1 ⊕ V2 und R = (R ∩ V1) ∪ (R ∩ V2), wobei wir die Schnitte R ∩ Vi<br />
mit Ri bezeichnen wollen und Vi = {0} sei. Das Wurzelsystem R heißt die (direkte) Summe von R1 und R2.<br />
R heißt irreduzibel genau dann, wenn eine Zerlegung mit Vi = {0} nicht möglich ist.<br />
Bemerkungen:<br />
✵ Jedes Wurzelsystem ist eine direkte Summe von irreduziblen Wurzelsystemen.<br />
✵ Die Zerlegung ist eindeutig.<br />
Satz 32:<br />
Sei R = R1 ∪ R2 ein reduzibles Wurzelsystem. Dann gilt:<br />
1.) V1 ist senkrecht <strong>zu</strong> V2.<br />
2.) R1 ⊆ V1 und R2 ⊆ V2 sind Wurzelsysteme.<br />
Beweis:<br />
Sei S eine Basis des Wurzelsystems R. Dann ist insbesondere S eine Basis von V . Mit S = (S ∩ R1) ∪ (S ∩ R2)<br />
gilt S ⊆ R1 ∪ R2 = S1 ∪ S2; damit ist Si eine Basis von Vi. Mit α ∈ S1 und β ∈ S2 folgt 〈α, β〉 ≤ 0 (weil S<br />
eine Basis ist) und außerdem 〈α, −β〉 ≤ 0. Damit ist 〈α, β〉 = 0. Falls 〈α, −β〉 > 0 für α = ±β ist, folgt, dass<br />
α + β ∈ R eine Wurzel ist. α + β ist damit /∈ V1 und /∈ V2, was ein Widerspruch <strong>zu</strong> R = R1 ∪ R2 darstellt.<br />
Damit ist 〈α, −β〉 ≤ 0 und α, β stehen senkrecht aufeinander.<br />
Für α ∈ R1 gilt Sα(v) = v für v ∈ V2, da V2 ⊥ α. Aus Sα(R2) = R2 und Sα(R) = R folgt Sα(R1) = R1,<br />
woraus 2.) folgt. q.e.d.<br />
Satz 33:<br />
Ein Wurzelsystem R ist irreduzibel genau dann, wenn der Coseter-Graph CG(R) <strong>zu</strong>sammenhängend ist. (Die<br />
irreduziblen Summanden entsprechen den Zusammenhangskomponenten des Coseter-Graphs.)<br />
Beweis:<br />
Wenn zwei Wurzeln senkrecht aufeinander stehen, sind sie im Coseter-Graph nicht miteinander verbunden.<br />
q.e.d.<br />
Bemerkung:<br />
Dies zeigt auch, dass die Zerlegung in irreduzible Summanden (bis auf Permutationen) ” eindeutig“ ist. Wir<br />
werden sehen, dass eine halbeinfache <strong>Lie</strong>-Algebra G mit Wurzelsystem R genau dann einfach ist, wenn R<br />
irreduzibel ist. Mann kann also am Wurzelsystem erkennen, ob die <strong>Lie</strong>-Algebra einfach ist.<br />
Beispiel:<br />
Der Coseter-Graph von A1 × A2 ist Punkt-Punkt und damit nicht <strong>zu</strong>sammenhängend. Deshalb ist A1 × A2<br />
reduzibel. A2, G2 und B2 sind jedoch irreduzibel, da ihre Coseter-Graphen <strong>zu</strong>sammenhängend sind.<br />
46
Kapitel 6<br />
Realisierung der <strong>Lie</strong>-Algebra G2<br />
Es stellen sich folgende Fragen:<br />
1.) Gibt es eine <strong>Lie</strong>-Algebra <strong>zu</strong>m Wurzelsystem G2?<br />
2.) Wie finden wir eine Darstellung?<br />
6.1 Die Cayley-Zahlen (Algebra der Oktonomen)<br />
O = OC ist eine Algebra der Dimension 8 über C. Eine ” Algebra“ ist ein Vektorraum V mit einem C-bilinearen<br />
Produkt V × V ↦→ V . (Wir verlangen keine Assoziativität oder Kommutativität!)<br />
Wir betrachten jetzt die Quaternionen-Algebra H = HC, welche eine vierdimensionale C-Algebra ist.<br />
H = C · E ⊕ C · I ⊕ C · Y ⊕ C · K<br />
Außerdem verlangt man, dass I 2 = J 2 = K 2 = IJK = −E (⇒ IJ = −JI = K) ist und, dass H eine assoziative<br />
Algebra ist: x · (y · z) = (x · y) · z. Dies legt ein eindeutiges Algebraprodukt auf diesem vierdimensionalen<br />
Vektorraum fest. Es gibt eine Konjugationsabbildung:<br />
u = αE + βI + γJ + δK ⇒ αE − βI − γJ − δK =: u =: τ(u)<br />
Es gilt τ(u·v) = τ(v)·τ(u) (Antihomomorphismus). Auf H existiert eine Norm N(u)·E = µ·τ(u) (N: H ↦→ C).<br />
Dies ist eine nicht ausgeartete quadratische Form auf H.<br />
B(u, v)E =<br />
µ · τ(v) + v · τ(u)<br />
2<br />
ist die <strong>zu</strong>gehörige symmetrische Bilinear-Form. Es gilt N(u · v) = N(u) · N(v) (Vier-Quadrate-Satz). Die<br />
Spurfunktion ist gegeben durch t: H ↦→ C (αE + βI + γJ + δK ↦→ α).<br />
t(u) · E =<br />
µ + τ(u)<br />
2<br />
Die Cayley-Algebra O über C definieren wir als VO = H ⊕ H · e. (Dieser Vektorraum ist isomorph <strong>zu</strong> C 8 .)<br />
(x1 + x2e) · (y1 + y2e) := x1y1 − y 2x2 + (x2y 1 + y2x1)e<br />
O = (VO, ) ist eine Algebra und H ist eine Unteralgebra.<br />
✵ Die Algebra ist nicht assoziativ.<br />
e(I · J) = e(−K) = K · e<br />
(e · I) · J = (−I · e) · J = (J · I) · e = −K · e<br />
✵ Natürliche Konjunktion:<br />
τ : O ↦→ O, τ(x1 + x2 · e) := x1 − x2 · e<br />
τ(u · v) = τ(v) · τ(u)<br />
47
KAPITEL 6. REALISIERUNG DER LIE-ALGEBRA G2<br />
✵ N(u)E = uτ(u) (N: O ↦→ C)<br />
Dies ist eine nicht ausgeartete quadratische Form. Es gilt N(u · v) = N(u) · N(v) für alle u, v ∈ O.<br />
(Acht-Quadrate-Satz, ” Zahlen“ (Springer-Verlag)). (Es gibt keinen 16-, 32-, . . .-Quadrate-Satz! Bei 8<br />
ist Schluss.)<br />
✵ Spurfunktion: t(u) =<br />
Lemma 27:<br />
u + τ(u)<br />
2<br />
Für alle x ∈ O gilt x 2 = −N(x)E + 2t(x) · x ∈ CE ⊕ C · x. (Algebren, welche diese Eigenschaft aufweisen,<br />
bezeichnet man als quadratische Algebren. In quadratischen Algebren sind also Normfunktion N und<br />
Spurfunktion t automatisch vordefiniert.)<br />
Beweis als Übung<br />
Definition:<br />
Eine Algebra A heißt alternativ, wenn für alle x, y ∈ A gilt: x · (x · y) = (x · x) · y = x 2 · y und y · x 2 =<br />
y · (x · x) = (y · x) · x. (Der Assoziator mit einem gleichen Objekt ist symmetrisch. Die Unteralgebren, die von<br />
zwei Elementen erzeugt werden, sind assoziativ.)<br />
Satz 34:<br />
Die Cayley-Algebra O ist alternativ.<br />
Bemerkung:<br />
Es gilt ” Potenz-Assoziativität“, nämlich (x m ) · (x n ) = x m+n . (Den Beweis wollen wir an dieser Stelle nicht<br />
durchführen.)<br />
Wir betrachten D ∈ End(A) = gl(A), wobei A eine Algebra ist. D ∈ Der(A) heißt Derivation von A genau<br />
dann, wenn D(u · v) = (Du) · v + v · (Du) gilt.<br />
Lemma 28:<br />
Der(A) ist eine Unter-<strong>Lie</strong>-Algebra von gl(A). Das bedeutet, dass aus D1, D2 ∈ Der(A) folgt, dass [D1, D2] =<br />
D1 · D2 − D2 · D1 ∈ Der(A) ist.<br />
<strong>The</strong>orem 7:<br />
Sei G = Der(O) ⊆ gl(O). Dann gilt:<br />
i.) G ist eine Unteralgebra von SO(8, C) ⊆ gl(O).<br />
ii.) G ist halbeinfach mit Wurzelsystem G2 und Rang(G) = 2.<br />
iii.) G ist einfach und es gilt dim G = 14.<br />
(Dies bedeutet also Der(P) = G2.)<br />
Die Cayley-Algebra über den komplexen Zahlen O = OC (achtdimensionale komplexe Algebra) ist nicht<br />
assoziativ und nicht kommutativ.<br />
✵ Die Algebra ist alternativ. Die von je zwei Elementen erzeugte Unteralgebra ist assoziativ.<br />
✵ Quadratisch: x 2 ∈ CE + C · x, x 2 = −N(x)E + 2t(x)x<br />
t: O ↦→ C ist eine lineare Abbildung. Man bezeichnet sie als Spur. N: O ↦→ C ist eine quadratische Form,<br />
nämlich die sogenannte Norm. Man definiert die Konjugation als τ: O ↦→ O mit τ(xy) = τ(y)τ(x) und τ 2 = id.<br />
Die Normfunktion ist von der Gestalt N(x) = xτ(x) mit t(x)(x + τ(x))/2. Elemente mit Spur 0 sind also die<br />
Elemente, für die x = −τ(x)/2 gilt. Dies ist äquivalent <strong>zu</strong> Im(O) = Kern(t).<br />
xτ(y) + yτ(x)<br />
EN(x) = xτ(x) und C · E + Im(O), E〈x, y〉 =<br />
2<br />
O hatten wir <strong>zu</strong>sammengesetzt als O = H ⊕ He mit H = CE ⊕ CI ⊕ CJ ⊕ C]K. Es ist v ∈ O und v = x1 + x2e<br />
mit xi ∈ H.<br />
Der(O) = {D|Da · b = (Da) · b + b · D(a), ∀ a, b ∈ O} ⊆ gl(O) = gl 8(C)<br />
48
Satz 35:<br />
6.1. DIE CAYLEY-ZAHLEN (ALGEBRA DER OKTONOMEN)<br />
Der(O) ist eine einfache komplexe <strong>Lie</strong>-Algebra mit Wurzel-System G2. (Aus der <strong>The</strong>orie der Wurzelsysteme<br />
wissen wir insbesondere dim(Der(O)) = 14.)<br />
Korollar 18:<br />
Die Automorphismengruppe Aut(O) ist eine komplexe <strong>Lie</strong>-Gruppe vom ” Typ“ G2 (nach Freudenthal,<br />
Jacobson, Tits).<br />
Satz 36:<br />
Es gilt Der(O) ⊆ ϑ(〈, 〉) (<strong>Lie</strong>-Algebra der orthogonalen Gruppe von N)<br />
Bemerkung:<br />
Für jede Derivation D gilt DE = 0.<br />
Dx = (D(Ex)) = (DE)x + EDx = (DE)x + Dx<br />
Es ist damit (DE)x = 0 für alle x ∈ O und daraus folgt DE = 0. Die Konsequenz hieraus ist, dass Der(O)<br />
identifiziert werden kann mit einer Unteralgebra O(Im(O), 〈, 〉) SO(7, C).<br />
Beweis:<br />
Es seien x, y ∈ Im(O) mit x ◦ y = (x · y + y · x)/2. Dies ist eine sogenannte Jordan-Algebra. Die meisten<br />
exzeptionellen <strong>Lie</strong>-Algebren (auch G2) stehen in direktem Zusammenhang mit solchen Jordan-Algebren.<br />
x ◦ y =<br />
x · y + y · x<br />
2<br />
Die zeigen wir durch:<br />
= −〈x, y〉E<br />
(x + y) 2 = x 2 + x · y + y · x + y 2<br />
x · y + y · x<br />
−N(x + y)E = −N(x)E + − N(y)E<br />
2<br />
Hieraus ergibt sich die Behauptung. Aus (∗) folgt<br />
D(x · y + y · x) = Dx · y + xDy + Dy · x + y · Dx == 0<br />
und hieraus resultiert:<br />
〈y, Dx〉 = y · τDx + τyDx<br />
〈Dy, x〉 = Dy · τ(x) + y · Dτ(x)<br />
Da x, y ∈ Im(O) folgt, dass 〈y, Dx〉 + 〈Dy, x〉 = 0. (Orthogonalitätsbedingung). Es bleibt noch <strong>zu</strong> zeigen, dass<br />
D: Im(O) ↦→ Im(O). (Dies wollen wir jedoch aus Zeitgründen nicht tun.) q.e.d.<br />
Für (x, y, z) ∈ O wollen wir nun den Assoziator A bezüglich des Jordan-Produkts studieren:<br />
A(x, y, z) = x ◦ (y ◦ z) − (x ◦ y) ◦ z)<br />
Für beliebige Elemente ∈ O gilt A(x, y, z) ∈ Im(O). Daraus folgt Im(O) = {A(x, y, z)|x, y, z ∈ O} (Charakterisierung<br />
des Imaginärteils durch das Produkt). Wenn D ∈ Der(O), dann ist D eine Derivation des<br />
Jordan-Produkts.<br />
A(Dx, y, z) + A(x, Dy, z) + A(x, y, Dz) = DA(x, y, z)<br />
Dies ist die Formel, die der Assoziator unter einer Derivation annimmt. Daraus folgt DIm(O) ⊆ Im(O). q.e.d.<br />
49
KAPITEL 6. REALISIERUNG DER LIE-ALGEBRA G2<br />
6.2 Pierce-Zerlegung in O<br />
Wir definieren:<br />
f1 =<br />
E + ie<br />
2<br />
und f : 2 :=<br />
Hieraus ist sofort ersichtlich:<br />
τ(f1) =<br />
E + iτ(e)<br />
2<br />
= E − ie<br />
2<br />
E − ie<br />
2<br />
= f2<br />
Dies sind also Elemente, die <strong>zu</strong>einander konjugiert sind. Außerdem ist E = f1 + f2 sofort klar und:<br />
f 2 1 =<br />
E + ie + ie + (ie)2<br />
4<br />
= 2E + 2ie<br />
4<br />
= f1 da e 2 = −E<br />
(1) Darüber hinaus gilt f1 · f2 = 0(3) und f 2 2 = f2. (2)<br />
✵ f1, f2 bezeichnet man auch als orthogonale idempotente Elemente in O.<br />
✵ Für a ∈ O gilt a = f1 · a + f2 · a.<br />
Satz 37 (Pierce-Zerlegung in O):<br />
O = C · f1 ⊕ Cf2 ⊕ f1Of2 ⊕ f2Of1 = Cf1 ⊕ Cf2 ⊕ J12 ⊕ J23 wobei τ(J12) = J21 und dim(Jij) = 3<br />
Beweis:<br />
Es gilt O = O · O.<br />
(f1 · a + f2 · a)(b · f1 + b · f2) = f1 · a · f1 + f1 · a · b · f2 + f2 · a · b · f1 + f2 · b · f2<br />
Lemma 29:<br />
Es gilt f1Of2 = Cf1 und f2Of2 = Cf2. Dies folgt aus der Pierce-Zerlegung.<br />
Lemma 30:<br />
Aus D ∈ Der(O) folgt Df1 = a − b mit a ∈ J12 und b ∈ J21. Entsprechend gilt Df2 = −a + b. Dies folgt aus<br />
den Derivationseigenschaften.<br />
Definition:<br />
Sei D0 ⊆ De(O) die Unteralgebra von Der(O) mit Df1 = Df2 = 0 für alle D ∈ D0.<br />
Satz 38:<br />
D0 operiert auf J12 und J21. Die Darstellung von D0 auf J12 ist die Standard-Darstellung von sl(3, C). Die<br />
Darstellung auf J21 ist die duale Darstellung. Die Folgerung hieraus ist, dass D0 sl(3, C).<br />
Definition:<br />
Es sei Lx: O ↦→ OP mit v ↦→ x · v und Rx : O ↦→ O mit v ↦→ v · x. (Links- und Rechtsmultiplikation).<br />
Dx,y := [Lx, Ly] + [Lx, Ry] + [Rx, Ry] ∈ Der(O)<br />
Dies ist richtig für jede alternative Algebra. Aus a ∈ J12 gilt Df1,af1 = a. Dies folgt durch Einsetzen und mit<br />
f 2 1 = 1. Außerdem gilt analog für b ∈ J21: Df2,bf2 = b. Auf diese Art und Weise erhalten wir Untervektorräume<br />
von Derivationen:<br />
D12 = {Df1,a|a ∈ J12} ⊆ Der(O)<br />
D21 = {Df2,b|b ∈ J21} ⊆ Der(O)<br />
50
Satz 39:<br />
6.2. PIERCE-ZERLEGUNG IN O<br />
Es gilt Der(O) = D0 + D12 + D21. Jede Derivation zerfällt in Derivationen vom obigen Typ. (Der Beweis<br />
folgt elementar aus der Definition heraus.) Die Unterräume D12 und D21 sind invariant unter der adjungierten<br />
Darstellung von D0 und die Darstellungen sind isomorph <strong>zu</strong> J12 und J21 (als D0).<br />
[D0, Dl1,a] = D l1,D0(a)<br />
51
KAPITEL 6. REALISIERUNG DER LIE-ALGEBRA G2<br />
52
Kapitel 7<br />
Struktur halbeinfacher <strong>Lie</strong>-Algebren<br />
und ihre Klassifikation durch die<br />
Wurzelsysteme<br />
Wir haben halbeinfache <strong>Lie</strong>-Algebren und Cartan-Unteralgebren untersucht. Danach sind wir auf die Wurzelsysteme<br />
gekommen, haben und mit Basen und Weyl-<strong>Gruppen</strong> beschäftigt. Jetzt schlagen wir den Bogen<br />
<strong>zu</strong>rück und versuchen, halbeinfache <strong>Lie</strong>-Algebren mittels ihrer Wurzelsysteme <strong>zu</strong> klassifizieren.<br />
7.1 Borel-Unteralgebren<br />
Sei G eine halbeinfache <strong>Lie</strong>-Algebra über C und h ⊆ G eine Cartan-Unteralgebra. R = R(G, h) sei das<br />
Wurzelsystem <strong>zu</strong> G und h. In diesem Wurzelsystem S können wir eine Basis wählen und die Wurzeln nach<br />
R = R + ∪ R − in positive und negative Wurzeln zerlegen. Dies führt <strong>zu</strong> einer neuen Anwendung, nämlich <strong>zu</strong><br />
den Borel-Unteralgebren. Wir definieren:<br />
n = <br />
Gα und n − := <br />
α∈R<br />
α>0<br />
Satz 39:<br />
α∈R<br />
α
KAPITEL 7. STRUKTUR HALBEINFACHER LIE-ALGEBREN UND IHRE KLASSIFIKATION<br />
DURCH DIE WURZELSYSTEME<br />
Als Übung:<br />
<br />
B<br />
A =<br />
D<br />
<br />
C<br />
E<br />
und h =<br />
Beweis:<br />
Dn<br />
−Dn<br />
i.) Die Zerlegung G = n ⊕ h ⊕ n − ist klar.<br />
ii.) n ist eine Unteralgebra.<br />
Aus X ∈ G α , α ∈ R + , Y ∈ G β und β ∈ R + folgt<br />
[X, Y ] ∈ G α+β mit α + β ∈ R +<br />
und daraus ergibt sich wiederum G α+β ⊆ n und [X, Y ] ∈ n.<br />
iii.) ad(X) mit X ∈ n ist nilpotent.<br />
<br />
Es gilt ad(X) k (Y ) = 0 für alle Y ∈ G und k groß genug. Es reicht an<strong>zu</strong>nehmen, dass Y ∈ G β und β ∈ h ⋆ .<br />
ad(X) k (Y ) ∈ <br />
α1...αk<br />
αi>0<br />
G β+α1+α2+...+αk für X ∈ n<br />
Da R endlich ist, folgt β + α1 + α2 + . . . + αk /∈ R für k groß genug. Damit ist ad(X) k (Y ) = 0. q.e.d.<br />
Bemerkung (Borel-Mirnov):<br />
Alle Borel-Unteralgebren von G, sogar jede regulär auflösbare Unteralgebra ist durch einen inneren<br />
Automorphismus <strong>zu</strong> b konjugiert.<br />
Weyl-Basen von G<br />
Sei S eine Basis von R mit S = {α1, . . . , αn} mit n = rang(G) = dim(h). Es sei Hi ∈ h, αi(Hi) = 2,<br />
Sαi(β) = β − β(Hi)αi und Xi ∈ Gαi, Yi ∈ G−αi. Außerdem ist [Xi, Yi] = Hi und sl(2, C) 〈Xi, Yi, Hi〉 und<br />
nij = αi(Hj) ∈ Z, wobei (nij) die Cartan-Matrix von R ist.<br />
Satz 40:<br />
a.) Die <strong>Lie</strong>-Algebra G wird von den Elementen Xi, Yi und Hi für i = 1, . . ., n erzeugt (als <strong>Lie</strong>-Algebra). Man<br />
spricht von der Weyl-Basis, wobei ” Basis“ nicht im Sinne von einer ” Vektorraumbasis“ <strong>zu</strong> verstehen ist.<br />
b.) Es gelten die Weyl-Relationen [Xi, Yi] = Hi und [Xi, Yi] = 0 für i = j, [Hi, Hj] = 0, [Hi, Xj] = nijXj<br />
und [Hi, Yj] = −nijYj (Spezialfall: [Hi, Xi] = 2Xi, [Hi, Yi] = −2Yi).<br />
c.) Ferner gelten die Relationen (für n und n − ) ad(Xi) −nij+1 (Xj) = 0 und ad(Yi) −nij+1 (Yj) = 0 jeweils für<br />
i = j.<br />
Beweis:<br />
a.) Es reicht <strong>zu</strong> zeigen, dass n von den Xi erzeugt wird und analog n − von den Yi. Sei X ∈ G α für α ∈ R + .<br />
Wir zeigen, dass X im Erzeugnis der Xi liegt. Es sei da<strong>zu</strong> α = γ1 + . . . + γk für γi ∈ S und i = 1,<br />
. . ., k. Es gilt für j ≤ k, dass γ1 + . . . + γj ∈ R + ist. γj ist von der Form γj = α i(j) mit α i(j) ∈ S und<br />
x(j) := x i(α(j)).<br />
[X (k), [X (k−1), [. . . [X (2), X (1)] . . .]]] ∈ G α<br />
Der Fakt ist, dass Y = 0! Für α ∈ R, β ∈ R und α + β ∈ R gilt ad(Xα): Gβ<br />
Konsequenz aus der Darstellungstheorie, Sα sl(2, C)).<br />
<br />
−→ Gβ+α. (Dies war eine<br />
b.) Außer [Xi, Yj] = 0 für i = j folgen alle Weyl-Relationen auf der Definition der Basis. Es gilt [Xi, Yj] ∈<br />
G αi−αj = {0}, da R = R +<br />
S<br />
∪ R−<br />
S . Es ist αi − αj /∈ R.<br />
c.) Es ist ad(Xi) −nij+1 (Yj) ∈ G −nijαi+αi+αj ≡ G δ .<br />
Der Trick ist, δ als Spiegelung einer gemischten Kombination dar<strong>zu</strong>stellen, nämlich durch δ = Sαi(αj−αi).<br />
Es ist jedoch αj − αi /∈ R und damit ist δ /∈ R, da eine Spiegelung eine Wurzel in eine Wurzel überführen<br />
muss.<br />
54
<strong>The</strong>orem 8:<br />
7.2. HAUPTSÄTZE<br />
Die Weyl-Relationen und die Relationen c.) für n und n − legen die <strong>Lie</strong>-Algebra G bis auf Isomorphie fest.<br />
Das heißt, G ist ein Quotient der freien <strong>Lie</strong>-Algebra von WB erzeugt dividiert durch das Ideal J in Q(Wb)<br />
erzeugt von den Weyl-Relationen b.) und den Relationen c.), also G = Q(Wb)/J(b, c).<br />
7.2 Hauptsätze<br />
<strong>The</strong>orem 9:<br />
Die <strong>Lie</strong>-Algebra G ist durch das Wurzel-System R bis auf Isomorphie bestimmt. (Wenn wir G und G ′ mit den<br />
Wurzelsystemen R und R ′ haben und R R ′ gilt, dann ist G isomorph <strong>zu</strong> G ′ .<br />
Die beiden Systeme von Weyl-Relationen werden ineinander überführt, da diese nur von den Wurzelsystemen<br />
abhängen.<br />
<strong>The</strong>orem 10:<br />
Zu jedem Wurzelsystem R existiert eine halbeinfache <strong>Lie</strong>-Algebra G, so dass R = R(G, h). Es gilt dim(G) =<br />
n + |R|, wobei n = Rang(G) = dim(h) und |R| die Anzahl der Wurzeln ist.<br />
Dies sind die beiden Hauptresultate, welche unsere <strong>The</strong>orie abschließen.<br />
55