Das Kind im Rettungsdienst
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<strong>Das</strong> <strong>Kind</strong> <strong>im</strong> <strong>Rettungsdienst</strong><br />
Caroline Piscol-Haritz<br />
Abtlg.f.Anästhesiologie, Ostseeklinik Damp<br />
Christoph Europa 5, DRF-Luftrettung, Niebüll<br />
8.Symposium für <strong>Kind</strong>eranästhesie und Notfallmedizin<br />
Celle 13.-14.November 2009<br />
Anatomische Unterschiede<br />
die Zunge ist größer<br />
zum Beispiel<br />
die engste Stelle des Larynx liegt subglottisch<br />
die Trachea ist kürzer<br />
der Bronchialdurchmesser ist kleiner<br />
die Lunge ist weniger dehnbar<br />
Pharmakologische Unterschiede<br />
zum Beispiel<br />
größeres Verteilungsvolumen für Medikamente<br />
geringere Eiweißbindung<br />
leichteres Passieren der Blut-Hirnschranke für<br />
Analgetika und Sedativa<br />
daraus folgt:<br />
Dosierungen nicht proportional<br />
zum Erwachsenen<br />
<strong>Das</strong> <strong>Kind</strong><br />
ist kein kleiner Erwachsener<br />
Je jünger das <strong>Kind</strong> ist,<br />
desto größer sind die Unterschiede<br />
zum Erwachsenen<br />
Physiologische Unterschiede<br />
zum Beispiel<br />
der Blutdruck ist niedriger<br />
das Herz hat ein konstantes Schlagvolumen, d.h.<br />
Änderung des HZV nur über die Frequenz<br />
größere Körperoberfläche bezogen auf das<br />
Körpergewicht (! cave Wärmeverlust !)<br />
<strong>Kind</strong>ernotfälle sind selten<br />
etwa 5 % aller Notfälle<br />
daraus folgt:<br />
geringere persönliche Erfahrung<br />
größere emotionale Belastung<br />
größere Unsicherheit <strong>im</strong> Umgang mit dem <strong>Kind</strong><br />
19.11.2009<br />
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Wichtige Grundsätze für den Einsatz<br />
altersadaptiertes spezielles Equipment vorhalten<br />
und damit vertraut sein<br />
(evtl. regelmäßiges Puppen- und S<strong>im</strong>ulatortraining)<br />
standartisiertes Vorgehen für einzelne Notfallsituationen<br />
festlegen<br />
alters- und gewichtsbezogene Tabellen bereithalten<br />
und benutzen<br />
Kommunikation <strong>im</strong> Einsatz , CRM/CCC<br />
(z.B. Medikamentenverdünnungen <strong>im</strong>mer ansagen)<br />
Der Umgang mit dem <strong>Kind</strong><br />
1. Stellen Sie sich mit (Vor-)Namen und<br />
Funktion verständlich vor.<br />
2. Fragen Sie das <strong>Kind</strong> nach seinem Vornamen<br />
und sprechen Sie es <strong>im</strong> Verlauf auch damit<br />
an.<br />
Der Umgang mit dem <strong>Kind</strong><br />
6. Begeben Sie sich auf die Höhe des <strong>Kind</strong>es,<br />
indem Sie sich hinhocken oder hinknien.<br />
7. Sprechen Sie mit dem <strong>Kind</strong>, erklären Sie<br />
jede Maßnahme, bitte nicht lügen !<br />
Ihre Sprache und Wortwahl sollte verständlich<br />
und kindgerecht und vor allem altersgemäß<br />
sein.<br />
8. Bedecken Sie Verletzungen.<br />
Der Umgang mit dem <strong>Kind</strong><br />
infolge traumatisierender Ereignisse entwickeln<br />
<strong>Kind</strong>er häufig eine akute Belastungsreaktion,<br />
bis zu 40 % der <strong>Kind</strong>er leiden länger darunter.<br />
durch angemessenes Verhalten und psychische<br />
Betreuung <strong>im</strong> Einsatz ist eine Prävention der<br />
PTBS (posttraumatische Belastungsstörung)<br />
möglich.<br />
Der Umgang mit dem <strong>Kind</strong><br />
3. Sagen Sie dem <strong>Kind</strong>, daß Sie ihm helfen<br />
werden, daß Sie es nicht alleine lassen und<br />
daß Sie es versorgen werden.<br />
4. Schirmen Sie das <strong>Kind</strong> vor neugierigen<br />
Blicken ab, auch <strong>Kind</strong>er haben Schamgefühl.<br />
5. Nehmen Sie mit dem <strong>Kind</strong> körperlichen<br />
Kontakt auf, es beruhigt und wird als angenehm<br />
empfunden.<br />
Der Umgang mit dem <strong>Kind</strong><br />
9. Beziehen Sie Personen mit ein, die dem <strong>Kind</strong><br />
nahestehen. <strong>Das</strong> gibt Sicherheit und Geborgenheit.<br />
10. Lassen Sie dem <strong>Kind</strong> - soweit möglich -<br />
Entscheidungsfreiheit. <strong>Das</strong> erhält das Gefühl<br />
relativer Selbstkontrolle.<br />
11. Strahlen Sie Ruhe aus. Kontrollieren Sie<br />
eigene Äusserungen, Gestik und M<strong>im</strong>ik.<br />
19.11.2009<br />
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Der Umgang mit dem <strong>Kind</strong><br />
12. Benutzen Sie ein Kuscheltier zur Ablenkung,<br />
zum Trost und evtl. um Maßnahmen zu demonstrieren.<br />
13. Sorgen Sie dafür, daß dem <strong>Kind</strong> keine Schuld<br />
für die Situation gegeben wird.<br />
14. Weisen Sie die Eltern auf die mögliche Entwicklung<br />
einer PTBS hin.<br />
Analgesie be<strong>im</strong> <strong>Kind</strong><br />
Schmerz und Angst sind Auslöser der PTBS<br />
<strong>Das</strong> Nervensystem kann ein „Schmerzgedächtnis“<br />
entwickeln<br />
Inadäquat behandelte Schmerzen können zur Entwicklung<br />
übersteigerten Schmerzempfindens<br />
führen<br />
daraus folgt<br />
Immer für adäquate Analgesie be<strong>im</strong> <strong>Kind</strong> sorgen<br />
K U S S – Verhaltensbeobachtung<br />
K indliche U nbehagens- und S chmerz-S kala<br />
Weinen gar nicht 0 Pkt.<br />
stöhnen, jammern, w<strong>im</strong>mern 1<br />
schreien 2<br />
Gesichtsausdruck entspannt, lächelnd 0<br />
Mund verzerrt 1<br />
Mund u. Augen gr<strong>im</strong>assieren 2<br />
Rumpfhaltung neutral 0<br />
unstet 1<br />
aufbäumen, krümmen 2<br />
Beinhaltung neutral 0<br />
strampelnd, tretend 1<br />
an den Körper gezogen 2<br />
Motorische Unruhe nicht vorhanden 0<br />
mäßig 1<br />
ruhelos 2<br />
ab 4 Punkten => Analgesie<br />
Analgesie be<strong>im</strong> <strong>Kind</strong><br />
Die Analgesie be<strong>im</strong> <strong>Kind</strong>ernotfall ist<br />
! häufig unzureichend !<br />
Die Wahrnehmung und Einschätzung von<br />
Schmerzen ist be<strong>im</strong> <strong>Kind</strong> schwierig<br />
Es besteht oft Unsicherheit in der Auswahl<br />
und in der Dosierung von Schmerzmitteln<br />
Analgesie be<strong>im</strong> <strong>Kind</strong><br />
Einschätzung der Schmerzstärke<br />
Bei <strong>Kind</strong>ern < 4 Jahren Beurteilung nach physiologischen<br />
Parametern :<br />
Herzfrequenz<br />
Atemfrequenz<br />
Blutdruck<br />
Muskeltonus<br />
und nach Verhaltensbeobachtung<br />
Analgesie be<strong>im</strong> <strong>Kind</strong><br />
bei <strong>Kind</strong>ern > 4 Jahre ist die Selbsteinschätzung<br />
des Schmerzes möglich ( z.B. Smiley-Skala 0 – 5 )<br />
Bei <strong>Kind</strong>ern > 7 Jahre ist sprachlich eine Angabe<br />
von Schmerzlokalisation und -intensität möglich<br />
( z.B. visuelle Analog-Skala 1 – 10 )<br />
19.11.2009<br />
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Analgesie be<strong>im</strong> <strong>Kind</strong><br />
Dosierungsvorschläge<br />
Paracetamol : 20 mg/kg KG rectal<br />
30 – 40 mg/kg KG als „loading dose“<br />
max. 100 mg/kg KG pro Tag<br />
Säuglinge 125 mg supp.<br />
Kleinkinder 250 mg supp.<br />
Schulkinder > 25 kg 500 mg supp.<br />
Metamizol : ED 10 – 15 mg/kg KG i.v.<br />
max. 75 mg/kg KG<br />
zugelassen > 1 Jahr<br />
Analgesie be<strong>im</strong> <strong>Kind</strong><br />
Dosierungsvorschläge<br />
Midazolam : 0.1 – 0.2 mg/kg KG i.v.<br />
0.5 – 1 mg/kg KG rectal<br />
Diazepam : 0.1 – 0.2 mg/kg KG i.v.<br />
Rectiole 5 mg für <strong>Kind</strong>er < 10 kg<br />
Rectiole 10 mg für <strong>Kind</strong>er > 10 kg<br />
Analgesie be<strong>im</strong> <strong>Kind</strong><br />
Dosierungsvorschläge<br />
<strong>im</strong>mer titrierend verabreichen<br />
Fentanyl : ED 1µg/kg KG i.v.<br />
pur 0.05 mg/ml 0.2 ml/10 kg<br />
verdünnt 1:10 = 5 µg/ml 0.2 ml/kg<br />
Morphin : ED 50 – 100 µg/kg KG i.v.<br />
verdünnt 1:10 = 1000 µg/ml 0.5 ml/10 kg<br />
Ketanest-S : 1 – 3 mg/kg KG rectal<br />
0.1 – 0.5 mg/kg KG i.v.<br />
2 mg/kg KG i.m.<br />
Zusammenfassung<br />
das <strong>Kind</strong> ist kein kleiner Erwachsener<br />
es bedarf eines überlegten kindgerechten<br />
Verhaltens unsererseits<br />
wir müssen gut vorbereitet sein und<br />
regelmäßig trainieren<br />
Schmerztherapie bei <strong>Kind</strong>ern ist nötig und<br />
möglich<br />
keine Angst vor dem <strong>Kind</strong>ernotfall<br />
19.11.2009<br />
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